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Das erste und letzte Kapitel

Dies ist eine Zombiegeschichte. Sie handelt von Zombies. Von was auch sonst. Startschuss für unseren Zombie-Lauf von Pamplona war vor einem halben Jahr im Nirgendwo von hier. Die Gruppe von Menschen, die ich euch jetzt vorstellen möchte, könnte genauso gut einem amerikanischen Horrorfilm mit blutigem Ende entsprungen sein: eine Gruppe Studenten, die einen Wochenendtrip in einer einsamen Gegend geplant hatten. Um ihre Überflüssigkeit zu unterstreichen, nennen wir sie cooler Typ da, Kerl mit Brille, Klugscheißerin („Ich hab´s euch ja gesagt!“), Schlampe und coole Tussi.

Damit wir uns die ganze Einführung, von wegen wer sieht wann den ersten Zombie, was sagen die im Fernsehen und bla bla bla nicht geben müssen, fangen wir mitten im Geschehen an. Unsere fünf Freunde zelteten also im Wald, wissen aber ganz genau, dass im ganzen Land schlechtgelaunte Hirnfetischisten herum torkelten und anderen die Eingeweide aus dem lebendigen Leib puhlten. Aber was soll´s, der Ausflug war schon vor Wochen geplant und ihn nur wegen der Zombieapokalypse abzubrechen, schien ihnen doch ein klein wenig übertrieben.

„Oh Scheiße!“, fluchte die Schlampe und zog sich die Hose über die Knöchel. „Noch nicht mal in Ruhe pinkeln kann man hier.“
Sie griff nach der Axt neben sich und schlug damit auf den Kopf des dicken Zombies ein, der mit seinen grauen, blutverschmierten Händen nach ihr grapschte. So etwas wie „das stille Örtchen“ gibt es in einer Welt voller Zombies einfach nicht mehr, schoss es ihr durch den Kopf. Sie packte sich die Axt über die Schulter und marschierte zurück zum Zeltlager.

Auf halben Weg kam ihr schon der coole Typ entgegen. Er hatte ihre Schreie gehört.
„Alles in Ordnung“, murmelte sie und rückte ihre Brüste in ihrem engen Top zurecht. Es war ja so anstrengend, bei diesen Strapazen gut auszusehen. Dem coolen Typ musste sie sowieso nicht imponieren, der hatte nur Augen für die coole Tussi. Auch der Kerl mit Brille und die Klugscheißerin reckten besorgt die Köpfe.

„Warst du wieder alleine im Wald? Und das, obwohl es schon dämmert? Kein Wunder, dass die Zombies kommen. Ich hab´s dir ja gesagt…!“
Dafür erntete die Klugscheißerin nur einen entnervten Blick von der Schlampe. Die coole Tussi kam vom Lagerfeuer her zu ihnen gelaufen, einen großen Löffel in der Hand. „Hört auf zu streiten. Kommt lieber rüber, das Essen ist fertig!“

Die restliche Gruppe verzog das Gesicht, folgte aber widerwillig, denn der Brei aus Pilzen und Brennnesseln war immer noch besser, als nichts. Ihre Essensvorräte waren seit gestern aufgebraucht und die Schlampe war schuld daran. Sie hatte schon eine Woche vor Reisebeginn die Konserven gepackt, hatte aber nicht daran gedacht, den Vorrat aufzustocken, als die Zombieepedemie ausgebrochen war.
„Ich hab eben ein paar McDonalds-Besuche mit eingeplant. Woher soll ich denn wissen, dass die sich da alle von so ´nem Vieh beißen lassen und die deswegen schließen müssen?!“, hatte sie empört gefiept, als ein Streit über den letzten Müsliriegel ausgebrochen war. Gut, das war wirklich sehr dumm von ihr. Sie konnte allerdings nicht ahnen, dass sie ihren Campingurlaub wegen der umherstreifenden Zombies und einem Marderschaden an ihrem Bus um einen unbekannten Zeitraum verlängern mussten.

Jetzt saßen sie alle zusammen um das Lagerfeuer und würgten den Brei herunter, den die coole Tussi „Nahrung“ schimpfte. Der Abend verlief schweigsam. Die Klugscheißerin schaffte es überraschender Weise, nicht mehr als zehn Worte zu sagen , der coole Typ da und die coole Tussi saßen nebeneinander und hielten Händchen, der Kerl mit der Brille lief um das Lager und hielt nach stinkenden Menschen Ausschau und die Schlampe versuchte verzweifelt, ihre abgeblätterten Nägel überzulackieren. Langsam wurden sie müde und bis auf die Schlampe kletterten alle in ihre Zelte. „Kommst du nicht?“, fragte der Kerl mit der Brille.
Die Schlampe schüttelte den Kopf „Ich muss noch meine Nägel fertig machen.“
Der Kerl mit der Brille nickte und ging Schlafen.
Die Klugscheißerin verdrehte die Augen. „Mach das Feuer aus, es zieht die Zombies an! Du schickst uns noch alle ins Verderben!“

„Ja-ha!“, die Schlampe rollte mit den Augen und widmete sich ihrem abgebrochenen Daumennagel. Nur kurze Zeit später nickte sie vor dem lodernden Feuer ein - und wachte davon auf, dass jemand ihre Knöchel packte und sie über den Waldboden zog. Ihr entfuhr ein gellender Schrei und sie versuchte panisch, auf die Beine zu kommen und sich ihrem Entführer zu entreißen. Im Schein des Feuers leuchteten leere Augen aus einem grauen, aufgequollenen Gesicht. Schon kamen hinter ihr ihre Freunde aus dem Zelt und versuchten die Zombies abzuwehren, die überall zwischen den Bäumen auftauchten. Die Klugscheißerin schwang ein Beil über ihrem Kopf und stieß einen Kampfschrei aus. Leider übersah sie den Dicken, der von hinten an sie heranstürmte. Sie schaffte es gerade noch, „Ich habs dir ja gesagt!“ zu brüllen, bevor ihr der Hals zerbissen wurde.

Die Schlampe wunderte sich gerade darüber, dass so viele Zombies, die sie gesehen hatte, so fett waren, als sie bemerkte, dass die Gestalt, die sie am Knöchel gepackt hatte, anfing an ihrem Fuß zu knabbern. Mit einem leisen „Meine schönen Nägel!“ fiel sie ihn Ohnmacht.

Währenddessen schlugen sich die übrigen drei mehr oder weniger erfolgreich durch die Zombiemenge. Verzweifelt sahen sie sich an. Der coole Typ nickte fragend in Richtung des Waldwegs, der zu der Straße führte, von der sie vor fünf Tagen hierher gefahren waren. Die anderen beiden zuckten mit den Schultern. Sie hatten keine andere Wahl, als von hier zu verschwinden. Es wurden immer mehr. Die coole Tussi warf sich den Rucksack über die Schulter, den sie stets gepackt in ihrem Zelt bereitstehen hatte. Sie rannten los und versuchten dabei den Zombies auszuweichen, die ihre angefaulten Arme nach ihnen ausstreckte. Dem coolen Typ und der coolen Tussi gelang das ganz gut, der Kerl mit der Brille hatte jedoch die Arschkarte gezogen. Er rannte direkt einem Zombie in die Arme, der sein Glück erst gar nicht fassen konnte. Doch seine Überraschung hielt nur kurz an, vergnügt fing der Zombie an, sein Gesicht aufzufressen.
Erschrocken rannten die beiden weiter. Sie waren cool. Die coole Tussi warf einen letzten Blick auf die leblose Gestalt am Waldrand.
„Schlampe“, murmelte sie und rannte weiter.

Es dauerte nicht lange, bis sie die Zombies hinter sich gelassen hatte. Nach Luft ringend blieben die beiden stehen. „Es ist vorbei“, japste die coole Tussi.
Der coole Typ ließ sich auf den Boden fallen „Wie kommst du bitte darauf?“
„Es ist immer so, in allen Filmen, alle bis auf einen Mann und eine Frau sterben. Und die schaffen es, sich in Sicherheit zu bringen und überleben! So ist es immer!“
Der coole Typ stand wieder auf und sie liefen weiter. „Wenn du meinst.“

Nach einer Stunde erreichten sie die geteerte Straße. Sie waren beide völlig erschöpft, doch keiner dachte daran, stehen zu bleiben oder sich auszuruhen. Wie Zombies schlurften sie die Straße entlang, der inzwischen langsam aufgehenden Sonne entgegen.

Hier endet unsere Geschichte. Zumindest das, was spannend ist. Und für alle, die sich jetzt über dieses klischeehafte Ende beschweren wollen: keine Sorge, der coole Typ da und die coole Tussi wurden an diesem Tag um 9:49 Uhr von einem Linienbus überfahren, als sie sich zum Ausruhen an den Straßenrand setzten. Die Schlampe war übrigens nicht tot. Der Zombie, der ihr am Fuß geknabbert hatte, hatte sich an ihrem Zehennagel verschluckt und war keuchend neben der Schlampe hingefallen. Den anderen Zombies war das eine Lehre und keiner wagte es mehr, sie anzuknabbern.

Ansonsten ist nichts passiert. Außer, dass die Welt von Zombies belagert wurde, aber das tut hier ja nichts zur Sache.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 16.10.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meine Schwester Zanna, die richtig einen an der Klatsche hat

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