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Prolog

 Seit jeher sind Menschen und Dämonen Feinde. Es ist die Natur der Dämonen Menschen zu töten, egal ob Erwachsene oder Kinder, Frauen oder Männer. Sie zogen durch das Land und ließen nur den Tod zurück. Sie sind ein Heer ohne Gnade, eine Meute mit einem unstillbaren Durst nach Blut, angeführt vom Dämonenkönig, dem Fürsten der Finsternis. Niemand weiß wie er aussieht, oder wie sein wahrer Name lautet. Nie hat ein Mensch ein Aufeinandertreffen mit ihm überlebt. Doch dann kam die Garde, Helden in glänzender Rüstung, ausgestattet mit Magie, wie sie uns niemals zuvor Vorstellbar war. Die Garde besiegte das Dämonen-Heer und versiegelte den König. Es wird noch heute berichtet, dass der Dämonenkönig in seinem letzten Atemzug ewige Rache schwor. Heute ist das Schlachtfeld eine Gedenkstätte, die niemand außer der Garde betreten darf und es ist auch eine stille Mahnung der Garde, sich ihnen niemals zu widersetzen, denn sie sind die Einzigen, die sich dem Dämonenkönig stellen können, falls sich die Versiegelung je lösen sollte. Kurz nach dem Sieg wurde die Garde gefeiert und verehrt. Sie wurde zur obersten Instanz des Landes. Die drei Kommandeure wurden zu Kaisern, gottgleich, unnahbar. Ihre Untergebenen übernahmen alle höheren Regierungspositionen im ganzen Land. Doch der Jubel hielt nicht lange an, denn die Herrschaft der Garde war grausam. Leid und Hunger legte sich über das Land, die Armen wurden ärmer und die Mitglieder der Garde reicher, brutaler und skrupelloser. Gesetze wurden erschaffen, die es dem normalen Volk verbieten sich der Garde zu widersetzen und so herrscht auch noch heute, 200 Jahre nach dem großen Sieg, Willkür und Leid im Land.

Kapitel 1

Es regnet. In den Gassen von Idun, der Hauptstadt des Heiligen Kaiserreichs der Garde, bilden sich feine Rinnsale zwischen den groben Holpersteinen. Heute ist Markt, eine gute Gelegenheit für Levi einen seine Streifzüge zu machen. Er hofft, wenigstens ein Stück Brot stibitzen zu können, denn er hat seit drei Tagen nichts Richtiges mehr gegessen. Er windet sich durch die Menschenmasse, die sich trotz des Regens auf dem Marktplatz versammelt hat. Heute ist wohl wieder eine Hinrichtung, denn die Menschen drängen sich, vor das Holzpodest, auf dem die Galgen baumeln, wie eine hungrige Meute Hunde auf ein Stück Fleisch. Wahrscheinlich sind es wieder ein paar Straßenkinder wie er, die beim Stehlen erwischt wurden, oder ein Armer Bauer, der seine Steuern nicht zahlen konnte. Er hasst diesen Anblick. Ein Teil der Menschen blickt mit angstvollen Gesichtern zum Podest, in der Hoffnung, dass sie die zu Tode Verurteilten nicht kennen. Zum anderen Teil gehören die Menschen, welche sich an dem Anblick ergötzen, denen Hinrichtungen als Unterhaltung dienen. Angewidert schaut Levi zu den Gardisten von denen die meisten zur letzten Sorte gehören. Manchmal reicht es, wenn man sie nur schief anschaut, um am Galgen zu landen. Aber auch wenn sie in der Nähe sind, ist es der beste Moment um etwas zu stehlen, denn die meisten Leute sind zu sehr von der Hinrichtung abgelenkt, als dass sie Levi bemerken würden, wenn er versucht sich an ihrem Eigentum zu vergreifen.

Nicht weit ist der Brotstand, der Geruch des frischen Brotes lässt Levis Magen knurren. Der Inhaber steht gut drei Meter davor, um das Spektakel besser sehen zu können. Levi schleicht sich hinter dem dicklichen Mann zum Stand, er greift ohne hinzusehen nach den Broten, den Besitzer immer im Blick, falls sich dieser doch mal zu seinem Stand umsieht. Levi fühlt etwas Weiches unter seinen Fingern, greift zu und schafft es sich das Fladenbrot zu schnappen. Nun muss er nur noch schnell hier weg. Er rennt in die nächste Gasse und lehnt sich an die verdreckte Hauswand um kurz durchzuatmen. Das wäre geschafft! Innerlich muss Levi jubeln, er hat selten das Glück so einfach und schnell etwas zu Erbeuten. Ein ganzes Fladenbrot würde nicht nur für ihn sondern, auch für Maja reichen.  Sie ist seine beste Freundin, mit einem Alter von 16 Jahren ist sie rund drei Jahre älter als er und lebt auch auf der Straße, doch meist übernimmt er das Stehlen, denn er hat die flinkeren Finge.

Wenn er Maja nicht hätte, würde er wahrscheinlich nicht mehr leben, denn sie hat ihn damals gerettet, als er ausgehungert in einer schmutzigen Gasse saß. Sie gab ihm ein Stück Brot und den Mut weiter zu machen, am Leben zu bleiben. Levi möchte ihr zurückzahlen, was sie damals für ihn getan hat.

Er läuft zurück in Richtung Norden, zu ihren Versteck, welches in einer entlegenen Straße auf einem Hausdach liegt. Zuvor kommt er aber nochmal an einer Kreuzung vorbei, von der aus er zum Hinrichtungsplatz blicken kann. Er bleibt kurz stehen und schaut zum Podest, auf das gerade drei Menschen geführt wurden. Wie er es erwartet hatte, waren dort keine Schwerverbrecher, sondern ein alter Mann, wahrscheinlich ein Bauer, ein älterer Junge, welcher der Sohn des Mannes zu sein scheint und ein junges Mädchen...

Überall würde er die Kastanienbraunen Haare wiedererkennen, die zu zwei Zöpfen geflochten über ihre Schultern hängen. Es ist Maja, die auf das Podest geführt wird.

Der Soldat der Garde verliest gerade das übliche von diebischer Bosheit und Widersetzen gegen die Regeln der Garde, doch Levi hört nicht zu.

Er rennt so schnell er kann zum Platz und versucht sich durch die Menge zu kämpfen

„Majaaaa, Majaaaa“!, schreit er.

Als er am Galgen ankommt schaut er zu seiner Freundin auf. Ihr Hals hängt schon in der Schlinge, sie schaut ihm in die Augen und lächelt ihn an und dann wird die Klappe geöffnet...

Es sieht noch immer in ihren grünen Augen, er sieht wie das Funkeln, ihr Leben verschwindet und damit eine unendliche Leere zurückbleibt. Es geht viel zu schnell, Levi kann sich nicht bewegen, kann nicht fassen was er gerade sieht.

„Das ist nicht wahr, nein das ist nicht wahr“, schluchzt er.

Langsam löst sich seine Erstarrung und Levi springt auf das Podest, er will zu Maja, sie in den Arm nehmen, sie nochmal zum Lächeln bringen. Doch er kommt nur einen Schritt weit, schon wird ihm eine Kling an den Hals gehalten. Das Metall glänzt in der Sonne, an einigen Stellen sind noch Reste von Blut zu erkennen. Ein Soldat der Garde hat ihm den Weg versperrt.

„Lass mich durch, ich muss zu Maja!“, schreit Levi.  „Ich muss sie retten!“

„Du kannst deine kleine Freundin nicht mehr retten, die ist mausetot, genau wie du gleich“, der Gardist lacht noch dreckig und hebt seine Klinge, „Hiermit verurteile ich diesen Jungen wegen Respektlosigkeit gegenüber der Garde zum Tode“.

Die Klinge fuhr herunter, sie blitzte scharf in der Sonne. Durch einen Instinkt duckt sich Levi und stürmt sogleich vom Podest, stürzt sich durch die Menge, ein paar Hände versuchen ihn zu fassen, andere weichen vor ihm zurück, Levi rennt weiter, die Rufe hinter sich beachtet er nicht. Er weiß nicht wohin er läuft, er läuft einfach nur, läuft aus der Stadt hinaus, über Felder und durch den Wald, er läuft so lange, bis er nicht mehr kann und sich auf den Boden wirft. Er fängt bitterlich an zu weinen. „Warum, warum!“ schluchzt er „Maja! Ich hätte sterben sollen, ich, nicht sie. Warum bin ich weggerannt, wie ein Feigling? Ich habe Maja im Stich gelassen!“ er weint so lange, bis er auch das nicht mehr kann, nur ein stumpfes Brennen bleibt noch in seinem Herzen zurück. Er liegt einfach da, auf dem weichen moosbewachsenen Waldboden und tut nichts, denkt an nichts. Durch die Blätter der alten Bäume treten vereinzelt Sonnenstrahlen auf sein Gesicht. Am liebsten würde Levi hier einschlafen, für immer einschlafen. Es ist so schön still hier, nicht einmal ein Vogel singt. Plötzlich bemerkt er, dass etwas nicht stimmt, es ist zu still, totenstill. Er kann kein Tier hören und nicht einmal die Blätter der Bäume rauschen. Er steht langsam auf und schaut sich um. Nicht weit ist der Wald zu Ende. Levi stolpert bis zum letzten Baum und schaut auf einen Krater. Ein riesiger Krater in dem keine einzige Pflanze wächst. Außer Sand und Erde sieht er nur noch einen großen Stein in der Mitte. Das muss das Schlachtfeld sein in dem der Dämonenkönig versiegelt wurde. Er weiß, dass es nicht weit weg von der Hauptstadt ist, hat aber nie daran gedacht je hier hinzugehen, denn das ist strengstens verboten und wird mit sofortigem Tode bestraft.

Plötzlich hört der Stimmen hinter sich, Levi erstarrt. Das sind die Soldaten! Er dreht sich um und sieht den Soldaten vom Podest, welcher ihn mit dem Schwert töten wollte. Als dieser Levi entdeckt erscheint ein grausames Lächeln auf seinem Gesicht.

„Hab ich dich gefunden, kleine Bastard. Niemand beleidigt mich erst und kommt dann einfach davon. Was sollen denn meine Männer von mir denken, wenn ich mich von einem kleinen Jungen zum Narren halten lasse.“

Levi tritt vor Schreck einen Schritt zurück…und fällt.

Mist, er hat den Krater ganz vergessen. Er purzelt den Sand hinunter, bis er in auf dem Boden liegen bleibt. Er öffnet die Augen, die er zuvor geschlossen hatte. Er befindet sich nun schon fast in der Mitte des Kraters. Levi schaut in die Richtung aus der er gekommen ist. Der Soldat steigt ihm nach. Dessen Füße graben sich in den Sand und er hat sichtliche Schwierigkeiten nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Doch er kommt schneller näher, denn der Hang wird immer ebener, mit jedem Schritt, welcher dieser tut. Levi bekommt wieder Angst, aber ist auch wütend zugleich. Er weiß zwar nicht wie er ab jetzt weiterleben soll, aber hat auch Angst vorm Tod.

Doch egal ob er gleich sterben wird oder nicht, Levis Wut wird immer rasender. Er wird alles daran setzten den Soldaten mit in den Tod zu reißen, wenn es so kommen sollte.

Er nimmt all seinen Mut zusammen und schreit: „Du hast Maja getötet, das wirst du büßen“.

Doch darauf lacht der Soldat nur überheblich „Warum würde ein kleiner unbewaffneter Bastard wie du auch nur davon träumen Mir, einem Mitglied der Garde, auch nur einen Kratzer zuzufügen?“

Der Gardist ist nun fast bei Levi angekommen und läuft mit schwingender Klinge auf Levi zu. Drei weitere Soldaten warten oben am Krater und beobachten schaulustig das Spektakel. Die Klinge saust auf Levi herunter und er kann nur mit Mühe ausweichen, immer wieder lässt der Soldat die Klinge hinuntersausen und Levi stolpert immer weiter zurück. Mittlerweile ist sein Mund voller Sand und er kann nur noch kriechen. Er kann auch nicht angreifen, hat zu viel Angst, bestimmt wird er hier sterben. Einem Schlag schafft er es noch auszuweichen, aber das wird wohl das letzte Mal sein, denn er kann sich kaum noch bewegen. Plötzlich trifft er auf etwas hinter ihm, es ist der Fels, den er schon vom Hang aus gesehen hat.  

„Hahaha, wie gerne ich doch einen Ratte in der Klemme sehe“ höhnt der Soldat „Wo möchtest du denn noch hinlaufen? Vielleicht sollte ich erst ein wenig mit dir spielen, bevor ich dich töte.“ Ein sadistisches Funkeln tritt in die Augen des Gardisten. „Als Wiedergutmachung dafür, dass du mir so viel Ärger bereitet hast will ich dich Leiden sehen“, sagt er noch und schneidet Levi mit der Klinge ins Gesicht. Levi schreit, er fasst mit der linken Hand an seine Wange und fühlt etwas Warmes daran herunterlaufen. Er versucht seine letzte Kraft zu sammeln, um am Felsen entlang zu kriechen, doch der Soldat hält ihn mit seinem Schwert davon ab. Levi drückt sich an den kalten Fels. Er zittert, krallt seine Hände das Gestein, spürt wie er sein Blut an dem rauen Fels verschmiert. Er ist zu schwach um noch einmal auszuweichen. Er weiß, dass er jetzt sterben wird, also schreit er mit aller Kraft den Soldaten an: „Komm schon, töte mich“ es ist eher ein Flüstern als ein Schreien, Levi erhofft sich wenigstens einen schnellen Tod, wenn der Soldat wütend wird und die Kontrolle verliert.

„Eigentlich wollte ich noch ein wenig mit dir spielen, aber wenn du dich vor mir verbeugst dann mach ich es vielleicht schneller“, sagt der Gardist im Plauderton. Levi nimmt seine zitternden Hände von dem Stein und legt sie vor sich in den Sand. „Tiefer, ich will deine Nase im Sand sehen“, kläfft der Soldat.

Levi beugt sich weiter runter, da dreht ihn der Soldat mit dem Fuß auf den Rücken und tritt ihm immer wieder in den Bauch. Levi muss würgen, Blut quillt ihm aus dem Mund. Die Tritte sind hart, der Soldat hat immerhin eine Rüstung an. Levi spürt wie es sich in seinem Inneren verkrampft, mit jedem Atemzug zieht ein stechender Schmerz durch seinen ganzen Körper, er stöhnt. Wahrscheinlich wurde ein wichtiges Organ beschädigt.

„Du hast mir doch nicht ernsthaft geglaubt“, kommentiert der Gardist Levis Stöhnen lachend.

Warum konnte er nicht einfach ohnmächtig werden, denkt Levi noch, da spürt er plötzlich eine Wärme hinter sich. Der Felsen hinter ihm  fängt an unaufhaltsam wärmer zu werden. Der Soldat bemerkt es nicht und hebt seine Klinge um es zu beenden. Levi macht seine Augen zu. Dann fängt es an zu Beben. Hinter ihm zischt es und er hört einen ohrenbetäubenden Knall. Der Soldat weicht, mit vor Angst geweiteten Augen, zurück und fällt in den Sand. Levi blickt zum Felsen. Eine schwarze Wolke, aus welcher rote Blitzen herausschießen, steigt aus dem Stein hervor und der Himmel wird schwarz. „Der Dämonenkönig!“ quietscht der Soldat. Levis Augen weiten sich. Das kann nicht sein, dort soll der Dämonenkönig, der größte Schrecken der Menschheit, erscheinen? Aber der ist doch eigentlich versiegelt.

 „Endlich frei!“, schallt eine tiefe Stimme, aus den Wolken, begleitet von einem diabolischen Lachen. Langsam lichtet sich Himmel wieder und es erscheint die Gestalt eines Mannes. Levi kann seine Macht spüren, sie drückt sein inneres zusammen, sodass er kaum noch atmen kann. Der Dämonenkönig hat pechschwarzen Haaren und um ihn herum zucken noch immer die roten Feuerblitze als würden sie aus seinem Körper hervorgehen. Der Dämonenkönig schwebt auf den Grund des Kraters zu und landet sanft auf dem Sand. Winzige Körner erheben sich aus dem Sand und wirbeln in die Luft. Er schaut sich interessiert um, zuerst in Richtung Wald, dann zum Soldaten, der noch immer im Sand lag, und als letztes zu Levi. Lange sieht er ihn an, bevor er anfängt zu sprechen:

„Menschenjunge, anscheinend hat dein Blut mich erweckt und damit hast du das Schicksal der Menschheit besiegelt“

Levi merkt erst jetzt, dass er gerade die Luft angehalten hat fängt an zu keuchen und zu husten, wobei auch jetzt wieder viel Blut auf den Boden spritzt. Er würde den Tag so, oder so nicht überleben. Es ist nur die Frage was ihn zuerst tötet, seine inneren Wunden oder der Dämonenkönig.

„Das sieht ja gar nicht gut aus, Menschenjunge“,  der Dämonenkönig lacht erheitert. Es klingt so, als hätte Levi nur ein blaues Augen und nicht, als würde er gerade im Sterben liegen. Das tut er aber offensichtlich gerade, haha, ein Witzbold, der Dämonenkönig. Doch genau dieser kommt jetzt auf ihn zu und die Angst nimmt Levi wieder in Besitz. Er kneift die Augen fest zusammen, als könnte er dadurch überleben. Eine Hand berührt seine Schulter und er zuckt zusammen. Er erwartet Schmerz, doch stattdessen spürt er eine unerwartete Wärme durch seinen Körper fließen und sein Schmerz verschwindet langsam. So hat er sich den Tod nicht vorgestellt, er dachte eher an unerträgliche Schmerzen, als würde er von innen Verbrennen, oder so. Die sanfte Wärme verschwindet wie sie gekommen ist und Levi spürt wieder den Sand unter seinen Händen. Er öffnet seine Augen…und schaut zum Dämonenkönig auf.  Also ist er wohl doch nicht tot, im Gegenteil, er fühlt sich wieder richtig lebendig.

 „I..I..Ich bin nicht tot“ stottert Levi einfältig.

Darauf lächelt der Dämonenkönig, ja richtig er lächelt, kein boshaftes Grinsen, nein der grausame, alles vernichtende finstere Herrscher lächelt ihn freundlich an. Levi berührt sein Gesicht. Der Schnitt ist weg und auch von den Prellungen durch den Tritt des Gardisten ist nichts mehr zu sehen.

„Weißt du, ich hatte nie den Ruf undankbar zu sein, böse, grausam, unnachgiebig ja, aber nicht undankbar. Das wäre gegen meinen Stolz, also habe ich dir dein Leben für meine Befreiung gegeben“. Der Dämonenkönig wendet sich von Levi ab und schaut zu dem Soldaten. Schlagartig tritt Hohn in sein Gesicht, dazu gesellt sich ein grausames Lächeln, fast so, wie der Soldat Levi vor gar nicht allzu langer Zeit angesehen hat. „Ich kenne dieses Wappen, welches du trägst, doch wer hätte gedacht, dass solch ein schwacher Wurm wie du in der Garde sein könnte.“

„Bitte verschont mich, ii…i…ich gehöre g...gar nicht zur Garde, d...das ist nur Blödsinn, eine Verkleidung“, stottert der Gardist.

Wie schnell sich Gesichter doch ändern können, Levi hasst Menschen, die schwächere nieder machen, verletzen und sogar töten, doch wenn das Gleiche ihnen selbst geschieht heulen sie rum. Trotzdem kann Levi mit dem Gardisten Mitfühlen, man merkt eben erst kurz vor dem Tod, dass man noch leben möchte. Wahrscheinlich musste der Mann noch nie solche Angst erfahren.

„Ich hätte dich ja vielleicht sogar am Leben gelassen, aber ich kann Lügner und besonders Leugner nicht ausstehen“, der Dämonenkönig hebt die rechte Hand und streckt seinen Zeigefinger aus. Ein roter Blitz schießt aus diesem und dort, wo zuvor noch der Soldat lag, ist jetzt nur noch ein Haufen Asche übrig. Levi hört einen grellen Schrei aus dem Wald. Die anderen Soldaten waren wohl noch nicht weggelaufen und haben dem Spektakel zugesehen.

„Sie hätten verschwinden sollen, als sie noch die Zeit dazu hatten“, sagt der Dämonenkönig kaum hörbar zu sich selbst und schoss einen weiteren Blitz in den Wald. „Die Zeit meiner Rache ist nun endlich gekommen, heute werde ich die Garde vernichten und damit die Menschheit unterjochen.“

Levi rutscht im Sand zurück, womit er die Aufmerksamkeit des Dämonenkönigs auf sich zieht. Dieser kommt näher, bis er kurz vor Levi stand. Er selbst liegt noch immer im Sand und schaut gegen die Sonne, über sich die Umrisse des Dämonenkönigs.

„Erzähl mir Menschenjunge, wie lange war ich versiegelt?“, fragt dieser in diesem Augenblich. Der Angstschweiß läuft Levi kalt den Nacken hinunter. Mit leicht zitternder Stimme wispert er: „Ungefähr 200 Jahre“

„Was ist mit meinen Leuten?“ -

„I...Ich habe noch nie einen Dämon gesehen, ich weiß nicht ob es noch welche gibt.“

Wut tritt in das Gesicht des Dämonenkönigs „Das kann nicht sein, die Dämonen sind die stärkste Rasse der Welt, wie soll es da keine mehr geben“, brüllt er, während er wütend auf und ab läuft und etwas Unverständliches murmelt. Obwohl der Dämonenkönig noch immer vor ihm steht muss Levi zurück denken, an den heutigen Tag, an Maja, daran, dass er sie nie wiedersehen wird und er fragt sich, was jetzt aus ihm werden soll. Ihm kommen wieder die Tränen.

„Junge, was weinst du denn schon wieder, warum sollte ich meine kostbare Energie verschwenden um dich zu heilen, nur um dich dann zu töten. Ich hab doch gesagt, dass ich dein Leben verschone“

„Ich weiß, aber ich hab sowieso keinen Grund mehr zu leben, also kannst du mich auch gleich töten, Maja ist ja auch tot, also habe ich eh keine Familie mehr. Ich hasse sie, ich hasse die Garde!“

„Ich weiß zwar nicht, wer diese Maja ist, von der du sprichst, aber wenn du die Garde so hasst, dann kann ich dir helfen, denn ich werde sie zusammen mit der Hauptstadt vernichten.“

Die Hauptstadt vernichten? „Warte mal, das kannst du nicht tun, dabei könntest du auch unschuldige Menschen verletzen!“

„Warum sollte ich mich um Menschenleben scheren? Ich bin der Dämonenkönig, ich vernichte die Städte der Menschen wie es mir beliebt und hole mir die Rache, die mir zusteht. Glaube ja nicht ich hätte Nachsicht, nur weil ich dir geholfen habe. Das war allein dazu, um meine Schuld zu bezahlen. Du hast es doch selber gesehen, am eigenen Leib gespürt, wie die Menschen sind. Sie handeln gegen ihr eigenes Volk, sind voller Egoismus und gieren nach allem, was sie nicht haben. Die Menschheit ist abgrundtief verdorben. Sie brennen Wälder nieder, nehmen sich alles ohne etwas zu geben. Sie werden die Welt in der sie leben eigenständig vernichten, wenn sie niemand aufhält. Selbst wenn man Herrscher vernichtet kommen neue. Ich werde ihre Städte vernichten, die Herrschenden auslöschen und die, welche überleben, versklaven, auf das sie sich niemals wieder erheben!“

Der Dämonenkönig erhebt sich in die Lüfte und fliegt auf die Hauptstadt zu. Levi ist noch immer wie erstarrt, was soll er tun? Warum sollte er überhaupt  etwas tu? Der Dämonenkönig hat ja schon irgendwie Recht. Was haben die Menschen je für ihn getan, außer ihm Leid gebracht. Nein, Maja hätte das nicht gewollt! Nicht dass Unschuldige sterben, aber was kann er schon tun. Ein Waisenjunge, der nie ein anderes Ziel hatte, als zu überleben. Der Dämonenkönig ist ein Wesen ohne Mitleid, fast unbezwingbar. Doch warum hat er dann Levi gerettet? Selbst wenn er etwas von ‚Schuld bezahlen‘ erzählt hat, er hätte ihn trotzdem töten können, dies sollte einem mitleidlosen Wesen ja eigentlich nichts ausmachen. Ein Mensch an seiner Stelle hätte es wahrscheinlich getan. Also muss der Dämonenkönig nicht abgrundtief böse sein. Vielleicht kann er ihn ja überzeugen, auf jeden Fall muss er in die Hauptstadt zurück.

Levi klettert den Krater hinauf und rennt durch den Wald. Nach einiger Zeit lichten sich die Bäume, es riecht nach Feuer. Oh nein! Er schaut über die Felder, dahinter erheben sich die Stadtmauern, oder eher das was von ihnen übrig ist. Rauchwolken hängen über der Stadt und Menschen fliehen über die Trümmer auf die Felder. Levi rennt ihnen entgegen und klettert über einen Schutthaufen, der mal Teil der Stadtmauer war. Links und rechts von ihm liegen Verwundete und Tote, Schreie dringen von überall in sein Ohr. Levi rennt weiter, aus der Richtung in welcher der Marktplatz liegt steigen rote Blitze in die Luft. Für wenige Sekunden starrt er auf die Blitze, welche den Himmel zu zerreißen scheinen, grauenerregend und gleichzeitig wunderschön. Er schüttelt den Kopf, dafür hat er jetzt keine Zeit, er muss schnell ins Innere der Stadt.

Nachdem er durch einige Gassen gelaufen ist und öfters Umwegen, nehmen musste wegen Schuttbergen von eingestürzten Häusern, ist er endlich am Ziel. Er sieht den Dämonenkönig in der Mitte des Marktplatzes, umzingelt von Magiern der Garde, welche anscheinend gerade dabei sind einen Bannzauber zu sprechen. Levi kann nicht verstehen, welche Worte sie sprechen, denn nur Magiern ist es erlaubt die Alte Sprache zu lernen, in welcher alle Zauber verfasst sind. Obwohl es fast zwanzig Magier sind scheint der Bannzauber dem Dämonenkönig nichts anzuhaben. Levi könnte locker von einem Magier festgehalten werden.

„Hahaha, ihr seid also die Magier der Garde, eure Magie ist nicht mehr als ein Kribbeln auf der Haut. Nach 200 Jahren seid ihr also so schwach geworden. Früher war selbst der schwächste Lehrling stärker als ihr zusammen. Habt es wohl nicht mehr nötig talentierte Leute zu suchen“, ruft der Dämonenkönig über den Marktplatz, und fegt mit einer Handbewegung sämtliche Magier zur Seite. Da hört Levi ein Schluchzen nicht weit entfernt, drei Meter rechts von ihm, am Rande des Marktplatzes, kauert ein kleines Mädchen neben einem Schutthaufen. Sie hält eine Hand fest, welche leblos aus den Steinen ragt und schreit verzweifelt: „Mama, Mama! Komm da raus Mama, hör auf zu schlafen.“ und weint bitterlich. Levi denkt an sich selbst, wie er ohne Familie aufgewachsen ist. Jetzt muss auch das Mädchen da durch und nur weil er den Dämonenkönig erweckt hat. Levi geht zu ihr und sagt: „Deine Mutter wird nicht mehr aufwachen, sie ist jetzt an einem besseren Ort, aber du musst mir jetzt zuhören. Lauf so schnell wie möglich aus der Stadt und halte dich von den Hauswänden fern. Wenn du jemanden siehst, den du kennst, dann geh zu demjenigen.“-

„Ich will aber nicht weg, nicht ohne meine Mama, Mama soll einfach zurückkommen, oder mich mitnehmen“, das Mädchen schreit und klammert sich an die Hand ihrer Mutter.

Er muss das Ganze irgendwie beenden, er kann nicht zulassen, dass noch weitere Menschen sterben, weitere Kinder zu Weisen werden. Nicht weit entfernt sieht er eine junge Frau vorbei hasten. Er zerrt das Mädchen von seiner toten Mutter weg und schreit: „He sie da warten sie kurz!“ Die Frau hält inne und schaut sich zu Levi um. Er rennt auf die Frau zu und drückt ihr das Mädchen in die Hände „Bitte bringen sie sie aus der Stadt hinaus in Sicherheit, ihre Mutter…“, er zeigt auf den Schutthaufen, unter dem Die Mutter des Mädchens begraben liegt. Die Frau schaut auf das Mädchen hinunter und nickt kurz, bevor sie mit dem Mädchen im Arm in Richtung Stadttor läuft. Puh das wäre geschafft, jetzt kommt wohl der schwierigere Teil. Levi macht sich auf den Weg zurück, wo vorhin noch der Dämonenkönig war.

Am Marktplatz angekommen sieht er, dass sich nun Soldaten um den Dämonenkönig herum versammeln und sich mit gezückten Schwertern nähern. Wieder erhebt der Dämonenkönig nur seine Hand und die Soldaten stieben in alle Richtungen auseinander. Eine Druckwelle fegt durch die Luft und lässt die Häuser bröckeln.

„So, nach dem ganzen Spaß sollte ich wohl endlich ernst machen. Seht Soldaten, wie ich eure teure Stadt gleich in Staub verwandle.“ Der Dämonenkönig streckt seine Hand in die Luft und es sieht so aus, als würde er die Wolken aufsaugen, all jene Energie die in der Luft ist ballt sich zu einer Kugel zusammen. Gleich wird er es beenden und es wird bestimmt nicht mehr als ein Krater von der Stadt übrig bleiben. Levi rennt auf die Mitte des Platzes zu. Er erreicht den Dämonenkönig gerade, als er den Zauber loslassen möchte und schmeißt sich von hinten gegen ihn. Dieser verliert das Gleichgewicht, fällt nach hinten und verliert die Kontrolle über den die Magie. Doch es ist zu spät, der Zauber war schon vollendet. Ohne nachzudenken wirft sich Levi auf die rot glühende Kugel, kurz bevor die darin enthaltene Magie freigesetzt wird. Wahrscheinlich wird sein Körper die enorme Macht der Explosion kaum verringern. Er schließt seine Augen, spürt wie sich der Druck ausbreitet, wie die Magie an seinem Körper zerrt. Gleich ist es so weit und er wird zerreißen, zerbröseln, wie ein trockenes Blatt auf dem Gehweg. Gerade jedoch als der Schmerz unerträglich wird hört er plötzlich auf. Es wurde schwarz.

Kapitel 2

Er ist Tod, ja so muss es sein. Levi fühlt Nichts außer einer unendlichen Ruhe.

Da erscheint plötzlich ein Licht vor ihm, oder eher eine Gestalt, getaucht in einen sanften, warmen Schein. Levi spürt eine Uralte Energie von der Gestalt ausgehen. Diese kommt näher und das Licht umfängt ihn. Ob er nun abgeholt wird, in das Reich der Toten? Wenn das der Tod ist, dann möchte er gar nicht mehr Leben. Hier spürt er keinen Schmerz, keine Trauer. Ja, so ist es gar nicht schlecht. Levi schaut zu der Gestalt, von der die Wärme und Geborgenheit ausgeht. Er kann ihr Gesicht nicht sehen, kann nicht beurteilen ob sie weiblich oder männlich ist. Die Gestalt beginnt zu sprechen: „Du wirst mein Friedensbote sein, Levi. Bitte bringe Frieden in meine Welt, leider kann ich dir nur dieses eine Mal helfen, denn meine Zeit auf Erden ist begrenzt. Doch ich gebe dir noch etwas, das du im Notfall benutzen kannst.“

Die Gestalt und die Wärme verschwinden so plötzlich, wie sie gekommen sind. Es ist, als wird ihm etwas entzogen. Nun nimmt er wieder Kälte wahr, spürt einen leichten Windzug der seine Haut kitzelt und riecht verbrannte Luft. Als nächstes fühlt er, dass er auf etwas, nein, eher auf jemandem liegt.

Levi öffnet langsam seine Augen. Wie beim letzten Mal, als er seine Augen öffnete sieht er den Dämonenkönig vor sich. Doch diesmal steht dieser nicht über ihm, sondern liegt unter ihm. Schnell rutscht Levi von ihm runter und schaut sich um. Alles sieht so aus wie vorher. Also in Schutt liegende Häuser und Qualm, der in den Himmel steigt, aber es ist nicht so als wurde Alles weggefegt, eingeäschert, oder was auch immer. Das heißt also, der Zauber ist fehlgeschlagen. Levi schaut an sich herunter. An der Stelle, wo die Magie ihn traf klafft nun ein Loch in seiner Kleidung. Die Ränder sind schwarz und riechen verkohlt. Seine Haut ist von schwarzem Ruß bedeckt, er wischt darüber und sieht, dass er nicht einmal einen Kratzer abbekommen hat. Er müsste doch Tod sein, stattdessen sitzt er hier schwer atmend, aber unverletzt, im Staub des Marktplatzes. Wer oder was war nur diese Gestalt? Und was meinte sie damit, dass er den Frieden bringen soll? Er ist doch nur ein gewöhnlicher Mensch, ohne magische Kräfte oder Kampfkunst.

Dann erweckt etwas Leuchtendes seine Aufmerksamkeit. Es kommt von seiner rechten Hand. Auf dem Handrücken ist etwas schimmerndes, auf seiner Haut ist ein Kreis aus zwei Linien, die sich umeinander winden und in dessen Mitte befindet sich eine Blume. Es ist eine Abbildung der Weltenblume, ein Symbol des Friedens. Levi kennt niemanden, der je eine Echte gesehen hat, er sah nur die Bilder in den Alten Tempeln. Langsam erlischt das glimmen um die Tätowierung und Levis Aufmerksamkeit richtet sich nun auf den Dämonenkönig, welcher noch immer im Sand liegt. Dieser fängt nun an zu stöhnen und sich leicht zu bewegen. Er wurde vermutlich von seiner eigenen Magie getroffen, ob er wohl schwer verletzt ist? Levi krabbelt zu ihm hin.

„Hallo! Geht es dir gut?“, fragt Levi, fast ihn an den Schultern und rüttelt.

Der Dämonenkönig ist noch immer nicht richtig wach, seine Kleidung ist zerfetzt und er hat überall Schürfwunden und leichte Verbrennungen. Eine Tiefere Wunde kann Levi zum Glück nicht erkennen, doch er weiß noch wie sich das angefühlt hat, der Druck der Magie war enorm, also könnte sie auch im inneren Schaden angerichtet haben. Warum sorgt er sich überhaupt um den Dämonenkönig, dieser wollte sie immerhin alle vernichten. Er wird Levi bestimmt töten wenn er aufwacht.

„Und was mache ich jetzt?“, murmelt Levi zu sich selbst.

Er schaut sich um, die meisten Soldaten oder Magier liegen Tod oder Ohnmächtig über den Platz verteilt, doch ein paar regen sich schon wieder. Er muss hier weg, sonst sind er und der Dämonenkönig sicher tot, denn irgendwann wird bestimmt Verstärkung eintreffen. Levi weiß selbst nicht genau, warum er dem Dämonenkönig hilft, er würde es am ehesten als Bauchgefühl beschreiben. Es wäre einfach nicht richtig ihn hier zu lassen. Levi hievt sich den Dämonenkönig auf den Rücken und schleppt ihn in die nächste Gasse, in die Richtung, in der sein Versteck, sein Zuhause liegt. Er hofft nur, dass es noch steht, nach der ganzen Verwüstung die hier angerichtet wurde. Je weiter sie sich vom Marktplatz entfernen, desto geringer ist die Zerstörung. Gut. Zweimal muss sich Levi von vorbeilaufenden Wachen verstecken, bis sie endlich an der alten Hütte aus mittlerweile brüchigem Gestein ankommen. Es ist ein kleines Haus, welches zwei Etagen besitzt. Im Inneren wohnt ein altes Ehepaar, das es nicht stört, ein paar Kinder auf ihrem Dach wohnen zu haben. Levi schleppt sich die Treppe hoch. Zum Glück hat er durch das Leben auf der Straße einiges an Kraft gewonnen, sonst hätte er den Dämonenkönig nie hier her schleifen können.

Auf dem Dach ist ein wackeliges Holzgestell, welches mit Stroh und Lehm bedeckt ist, so hält es den Regen ab, obwohl es bei starkem Regen auch mal hineintropft. Marie und er haben sich dann immer unter die dünnen Decken gekauert und sich an die Wand des Nachbarhauses gelehnt, welches drei Etagen besitzt und somit ihrem Unterschlupf wenigstens von einer Seite aus Schutz bietet. Außerdem haben sie auch immer ein paar Stoffreste zusammengeflickt und in Richtung Straße als Sichtschutz angebracht, worüber Levi jetzt mehr als froh ist. Er legt den Dämonenkönig vorsichtig auf eine der Strohmatten, die auf dem Boden liegen und deckt ihn zu. Puh war das schwer, der König ist um einiges größer als er. Er schaut den Dämonenkönig eine Weile an, er erscheint so Menschlich, wenn man mal von den etwas zu spitzen Ohren, der unnatürlich weißen Haut und den roten Augen absieht. Er hatte ihn sich anders vorgestellt. Wie? Eher mit Hörnern und Krallen und Haut aus Schuppen, oder so ähnlich. Der Himmel verdunkelt sich, die Nacht ist hereingebrochen, doch die Stadt ist nicht still, wie sonst um diese Zeit. Weit entfernt kann man die Fackellichter der Soldaten sehen, und Klagerufe der Menschen hören. Levi schaut auf das Zeichen auf seinem Handrücken. Wie soll er denn in dieser Welt voller Gewalt den Frieden bringen? Wenn nicht der Dämonenkönig, dann die Garde oder jemand anderes. Irgendwer wird sich immer über andere erheben und die Gewalt herrschen lassen.

Er denkt an Maja, sie hat oft davon gesprochen, wie schön es doch wäre, wenn Frieden herrschen würde. Ihr größter Wunsch war es in einer kleinen Hütte auf einer Wiese voller Blumen zu wohnen und Schafe und Hühner zu halten. Sie würde dann immer in das Dorf gehen und Milch, Wolle und Eier verkaufen.

Sie hat ihm beigebracht, dass das Glück nicht im Geld, oder in der Macht zu finden ist, sondern in den kleinen, einfachen Dingen, wie ein Lächeln oder eine gute Tat. Wenn sie mal ein wenig mehr zum Essen hatten, da hat Maja es immer mit den anderen Straßenkindern geteilt. Sie hat Ihm jedoch nie von ihrer Vergangenheit erzählt, die sie zu der Person gemacht hat, die sie gewesen ist. Levi wusste nur schon immer, dass sie ihrem Alter um einiges voraus war, andere Mädchen in ihrem Alter hätten sich Schmuck gewünscht, oder einen Mann mit Geld. Für Maja wird er es tun. Er wird ihren Traum erfüllen, auch wenn sie nichts mehr davon hat, aber für anderen, so hätte sie es gewollt. Er wird Frieden über die Welt bringen.

Levi wird müde, ein kühler Wind lässt ihn frösteln, er nimmt sich die zweite Decke, hüllt sich darin ein und lehnt sich an die Hauswand. Er versucht wach zu bleiben, doch seine Erschöpfung ist zu groß und so sinkt er schon nach kurzer Zeit in einen tiefen Schlaf.

Die Sonne scheint warm auf sein Gesicht, als Levi erwacht. Der Wind kitzelt leicht in seien Haaren. Ein schöner Morgen, denkt er noch, bevor die Erinnerungen, des vergangenen Tages zurückkommen. Er ist eingeschlafen, der Dämonenkönig! Levi reißt die Augen auf. Kurz sieht er nur verschwommene Umrisse, doch dann klärt sich sein Blick. Vor ihm sitzt der Dämonenkönig im Schneidersitz und spielt mit einem kleinen Flämmchen in seiner Hand.

„Ah du bist erwacht.“, sagt der Dämonenkönig ohne ihn anzusehen.

„Du fragst dich sicher, warum ich noch hier sitze. Ich habe Fragen, weißt du?“

Blitzschnell erscheint ein Schwert in der Hand des Dämonenkönigs, es scheint aus purer Dunkelheit zu bestehen. Es sieht gleichzeitig fest aus und scheint aus Rauch zu bestehen, denn dünne schwarze Schwaden breiten sich in alle Richtungen vom Schwert aus. Es ist auf Levis Kehle gerichtet. Er hält den Atem an. „Du hast meine Magie aufgehalten. Wer hätte je gedacht, dass ich von einem kleinen Bengel durch meine eigene Magie besiegt werde. Und das bringt mich zu meiner ersten Frage. Wie hast du das gemacht, oder eher, wie hast du das überlebt?“

Levi fängt an zu zittern. Beruhige dich Levi, schalt er sich selbst. Er bekommt seine Angst soweit unter Kontrolle, dass er mit fester Stimme antworten kann.

„Ich weiß nicht genau wie, nur dass mich jemand gerettet hat. Ich dachte ich wäre tot und da erschien eine Gestalt in meinem Traum, die mich gerettet hat.“

Er hat sich entschlossen einfach die Wahrheit zu sagen, denn er weiß gut, was der Dämonenkönig von Lügnern hält.

„Erzähl mir keine Märchen, Junge. Diesen Zauber hätte höchstens ein hochrangiger Magier neutralisieren können. Manche werden mit hohen magischen Kräften geboren, vielleicht weißt du ja nur noch gar nicht dass du solche besitzt. Wenn dem so ist stellst du jedenfalls eine Gefahr für mich da, ich sollte dich vernichten, bevor du stärker werden kannst.“

„Aber ich habe doch gar keine Magischen Kräfte, ich hab die Wahrheit gesagt. Mich hat jemand gerettet, hier schau!“

Levi hält dem Dämonenkönig seinen Handrücken hin.

„Das habe ich seit gestern. Ich werde Frieden bringen! Für meinen Retter, für Maja und für alle die ihn sich wünschen!“

Der Dämonenkönig betrachtet Levis Hand lange, dann blickt er wieder auf und schaut Levi an.

„Ich habe schon lange gelebt und viel gesehen, du trägst das Zeichen der Andrira, der Göttin des Friedens. Aber warum sollte sie einen Jungen ohne Kraft auswählen? Du kannst ja nicht einmal kämpfen, so wie du aussiehst, wie kannst du denn Frieden bringen? Doch gegen das Zeichen einer Göttin stelle ich mich nicht. Ich achte sie im Gegensatz zu den Menschen“

Der Dämonenkönig lässt sein Schwert verschwinden und Levi atmet erleichtert aus.

„Eine Frage habe ich aber noch“, redet der König weiter. „Warum hast du mich gerettet? Du weißt bestimmt genauso gut wie ich, dass ich durch die Gardisten getötet worden wäre, wenn du mich einfach liegen gelassen hättest. Dann wärst du deinem Ziel einen Schritt näher gekommen.“

„Ich kann nicht genau sagen warum, vielleicht habe ich einfach schon zu viel vom Tod gesehen, ich wollte nicht, dass wegen mir jemand stirbt“

„Also rettest du den Dämonenkönig, den Verursacher vom Leid und Tod der Menschen, haha, du bist zu naiv, Junge. Aber mir gefällt dein Denken. In all den Jahrhunderten habe ich viele Menschen getroffen, doch keiner war wie du. Ich habe zu viele gesehen, die der Gier verfallen sind, reiche Menschen, die nie zufrieden waren, Räuber die für ein Goldstück die eigenen Kameraden verraten. Aber du bist doch anders. Wie ist dein Name, Menschenjunge?“

„Ich heiße Levi und wie heißen sie? Oh Entschuldigung, sollte ich sie Majestät nennen?“

„Nein, nein, duze mich einfach, das hat langekeiner mehr getan, mein Name ist Amon. Was hast du jetzt eigentlich vor. Nur weil ich jetzt hier sitze bedeutet das nicht, dass ich meine Rache völlig aufgebe. Aber ich habe nur beschlossen, dass ich die Stadt erst einmal in Ruhe lasse.“

Eine Sorge weniger, denkt sich Levi noch, da kommt ihm auch schon eine Idee.

„Wie wäre es wenn du mir einfach hilfst, Amon? Ich meine, dass wir eine Reise zum Hauptquartier der Garde machen könnten und dabei Unrecht aus der Welt schaffen, dann entmachten wir damit die Garde und das willst du doch oder? Aber du musst mir versprechen, dass du niemanden tötest, wenn es nicht sein muss!“

„Wie willst du denn die Garde besiegen, ohne jemanden zu töten? Das ist wirklich sehr naiv. Ich werde nichts versprechen, das ich nicht halten kann, also musst du damit leben. Aber ich werde mit dir kommen, es wird bestimmt interessant werden, mit dir zu reisen, Levi. Nach einem so langen Leben ist dies mal eine willkommene Abwechslung und könnte eine Auszeit von meinem eigentlichen Leben gut gebrauchen.“

Levi glaubt es nicht. Das ist also der schreckliche Dämonenkönig von dem die Sagen erzählen und was tut er? Zustimmen mit ihm zu reisen. Levi muss lachen, seit langem kann er mal wieder richtig Lachen.

„Hey, warum lachst du so plötzlich, ist irgendwas lustig?“

„Glucks... Entschuldigung, ich kann einfach nicht anders“ langsam kriegt Levi sich wieder ein „Übrigens... Danke für alles“

Amon schaut Levi erstaunt an.

„Das so Etwas mal vorkommt, du bedankst dich bei mir, nachdem ich die halbe Stadt zerstört habe und dich fast umgebracht hätte“

Auch der Dämonenkönig fängt nun an zu Lachen und steckt Levi damit an.

 

Als beide sich wieder beruhigt haben, überlegt Levi, was sie als erstes tun sollen. Er schaut den Dämonenkönig an. Er könnte als Mensch durchgehen. Doch Zuerst muss der Anzug weg. Die Schwarze, edelsteinbesetzte Kutte fällt zu sehr auf. Dann müsste noch eine Kopfbedeckung her, um die Ohren zu verstecken und ein wenig Dreck ins Gesicht, damit die blasse Haut nicht zu sehr auffällt. Kleidung kann Levi bestimmt irgendwo besorgen. Dreck ist hier auch kein Problem und wenn doch jemand fragen sollte, dann könnte Levi argumentieren, dass Amon aus dem Norden kommt.

„So, ich werde dir jetzt erst einmal was zum Anziehen besorgen, warte bitte kurz hier.“, sagt er noch schnell und flitzt flink die Treppe hinunter. Viele der Häuser sind jetzt verlassen, selbst dort wo nichts zerstört wurde. Zur Sicherheit sind bestimmt viele vor die Stadt geflohen. Levi steigt in drei Häuser ein, bis er im dritten passende Kleidung findet. Auch für sich hat er etwas gefunden, denn besonders sein Oberteil sieht nicht mehr so neu aus, mit dem Kreisrunden Loch in der Mitte. Er finden auch noch ein wenig Brot und zwei Äpfel. Alles zusammen wickelt er in das große Hemd, das für Amon bestimmt ist, ein und hängt es wie einen Sack über seine Schulter.

Als er wieder zurückkommt sitzt Amon noch am gleichen Ort und beobachtet ein Nest, in dem im Minutentakt ein Vogel ein- und ausfliegt. Man kann die Küken jedes Mal laut fiepen hören, wenn sich eines der Elterntiere nähert. Er und Maja haben beobachtet, wie die Vogeleltern das Nest gebaut haben und er sieht Majas Gesicht vor sich, wie sie gelacht hat, als das erste Küken geschlüpft ist. Levi breitet alle seine Mitbringsel auf dem Boden aus und wirft Amon das beigefarbene Hemd und die braune Hose hin.

„Zieh dir das an, so wie du jetzt aussiehst kannst du nicht durch die Straßen gehen“

Der Dämonenkönig betrachtet zweifelnd das Stoffbündel und schaut dann Levi an, der ihm mit einem Blick versichert, dass er es ernst meint.

Amon seufzt. „Also gut, ich mache ja schon“

Als beide sich umgezogen haben, überlegt Levi was sie mit der alten Kleidung von Amon machen können. Er hat nichts, wo man sie hätte hineinpacken können. Während Levi noch am Überlegen ist, nimmt Amon seine Kleidung in die Hand und und sie verschwindet in einem Feuer, das erstaunlicherweise keinen Rauch erzeugt. Am Ende bleiben nur noch die Edelsteine und ein paar Knöpfe aus Silber übrig.

„Die wird man bestimmt noch gut verkaufen können“, meint Amon bevor er sie in Levi Hände fallen lässt. Levi steckt Alles in einen kleinen Ledersack und sie machen sich auf den Weg. Der Proviant ist in einem kleinen Beutel, den Levi aus ein paar Stoffresten zusammengeflickt hat und am nächsten Brunnen füllt er noch seinen Trinkschlauch auf. Mit Absicht wählt er einen anderen Weg aus der Stadt, da am Haupttor nach der Zerstörung bestimmt viele Wachen, Soldaten und auch Magier versuchen es wieder aufzubauen. Als Straßenjunge lernt mit im Laufe der Zeit viele Verstecke kennen und Levi hat auf einem seiner Streifzüge mal einen Tunnel entdeckt, der direkt aus der Stadt führt, denn auch an den anderen Toren wäre es zu gefährlich. Die Garde könnte immerhin noch Ausschau nach dem Dämonenkönig halten. Es wäre einfach angenehmer ohne Verfolger zu reisen und nicht den Tod von Unschuldigen in Kauf zu nehmen, falls es zu einem Kampf kommt.

Der Tunnel beginnt in einer Ruine, zwar ist das Dach schon lange eingestürzt und Schuttberge türmen sich überall auf, aber der Geheimgang unter dem Altar ist dank der dicken Tischplatte davon verschont geblieben. Um den Tunnel zu öffnen muss man einen kleinen Hebel unterhalb der Altarplatte betätigen. Er ist zufällig darauf gestoßen, als er im Tempel Zuflucht vor ein paar Wachen gesucht hat, die ihn beim Stehlen erwischten. Er zieht am Hebel und es erscheint eine Treppe, die in tiefe Dunkelheit führt. Beim letzten Mal hat er sich einfach vorangetastet, zum Glück führt der Geheimgang nicht in ein Labyrinth oder ist mit Fallen ausgestattet. Doch war es auch nicht angenehm, ständig Ratten um sich zu haben ohne sie zu sehen und über lose Steine zu stolpern und sich Schürfwunden zuzuziehen. Er sieht Amon an.

„Du hast nicht zufällig einen Lichtzauber drauf, oder?“ fragt Levi ihn.

Anstatt zu antworten schnippst dieser einfach mit der Linken und eine leuchtende Kugel erscheint. Dabei murmelt Amon etwas, das ziemlich nach ‚Warum mache ich das überhaupt mit‘ klingt. Einmal mehr wünscht sich Levi doch wenigstens ein bisschen Magie zu können, doch er hat wie alle, in der Hoffnung auf ein besseres Leben, den Test der Garde gemacht und ist mit dem Ergebnis, dass er nicht einen Funken Magie besitzt durchgefallen. Die Garde macht den Test um neue Magier zu rekrutieren. Im Grunde muss man dabei einfach seine Hand auf eine Kristallkugel legen und die fängt an zu leuchten, Intensität und Farbe bestimmen dabei wie hoch das magische Talent desjenigen ist. Bei Levi hat sie, wie bei den meisten Menschen, gar nicht geleuchtet.

Die Luft im Tunnel ist stickig und staubig.

„Wir hätten auch einfach fliegen können“, knurrt Amon, läuft aber trotzdem weiter.

Durch den Leuchtzauber kann Levi jetzt auch das innere des Tunnels sehen. Überall sind Spinnenweben, hier und da krabbelt auch mal eine darin. An manchen Wänden sind Bilder, die meisten sind jedoch schon so verblasst, dass man nichts mehr erkennen kann. In einem kann man sehen, dass es sich um eine Schlacht handelt und in einem anderen sieht er einen großen Vogel, der von einem leuchtenden Ring umgeben ist.

Bald haben sie das Ende des Tunnels erreicht und kommen in einem Wald in einer kleinen Steinhütte, nicht weit von der Stadt, aus. Die Hütte ist hinter dichtem Gebüsch versteckt. Den Weg, den sich Levi sich beim ersten Mal als er hier herkam freigemacht hat, ist jetzt wieder zu gewuchert. Levi reißt gerade an dem Gestrüpp, als Amon ihm eine Hand auf die Schulter legt.

„Das geht auch einfacher“, sagt dieser, schiebt Levi zur Seite und holt sein Schwert heraus. Nur ein Schwung und das komplette Gestrüpp liegt zerkleinert auf dem Boden.

„Naja, so geht es auch“, kommentiert Levi.

Nicht weit weg verläuft eine Handelsstraße durch den Wald. Diese führt in Richtung Norden, wo das Hauptquartier der Garde liegt. Idun ist zwar die Hauptstadt des Reiches, doch die Garde hat ihre Festung in Turumbal, da dieser als der sicherste Ort im Königreich gilt. Eigentlich ist die Hauptstadt nur noch ein Überbleibsel von der Zeit, als sich dort noch das Königshaus befand. Dieses wurde jedoch schon vor 200 Jahren zerstört. Das wahre Zentrum des Reiches ist Turumbal. Levi schielt zu Amon rüber. Warum kommt er wohl mit ihm? Vielleicht hatte er einfach zu viel Langeweile in den letzten 200 Jahren, so eine lange Zeit einfach Nichts tun zu können, Levi wäre wahrscheinlich vor Langeweile gestorben. Irgendwie tut Amon ihm ja leid. Andererseits hat er auch schon sehr vielen Menschen Leid gebracht. Levi schüttelt den Kopf. Er sollte aufhören darüber Nachzudenken. Er sollte ihn einfach Fragen.

„Amon? Warum kommst du überhaupt mit mir? Ich meine, du könntest auch einfach alles vernichten. Damit will ich aber nicht sagen, dass du es tun sollst. Du weißt bestimmt, dass dich die Menschen für DAS Böse halten. Sie haben ja auch allen Grund dazu, wenn man die Geschichten hört. Ich weiß, dass die Menschen auch nicht gut sind, das sieht man ja besonders an de Garde. Du wolltest uns vernichten, aber warum jetzt nicht mehr?“

„Weißt du, in all der Zeit dachte ich, es wäre die beste Lösung einfach alles zu vernichten, was einer friedlichen Zukunft im Weg steht. Doch nachdem du mich nicht dem Tod überlassen hast, obwohl ich dein Feind bin, fing ich an zu überlegen. Ein Weg zum Frieden, ganz ohne Zerstörung. Ich meine du hast es irgendwie geschafft mich umzustimmen, warum sollte das nicht auch bei anderen klappen. Ich komme mit dir, um das zu sehen. Falls du scheiterst kann ich ja immer noch eingreifen.“

Den Rest des Weges schweigen sie sich an. Nach einiger Zeit taucht vor ihnen eine dichte schwarze Rauchwolke auf, es riecht nach verbranntem Stroh, so wie es eben riecht wenn ein Dorf in Flammen steht. Genau wie damals. Levi läuft etwas schneller, tief in seiner Brust spürt er den Schmerz. Etwas das er schon verdrängt hat. Eine vertraute Angst schleicht sich in sein Herz. Er würde nie vergessen, was eine solche Rauchwolke auslöst. Er wohnte mit seinen Eltern in einem kleinen Dorf. Seine Familie hat Getreidefelder bestellt. Das Dorf war sehr arm, die Winter waren hart. Levi denkt zurück an den Tag, an dem er aus seinem Zuhause geflohen ist. Die Ernte in diesem Jahr war wieder schlecht gewesen, das Dorf hatte kaum genug zum Essen um alle zu versorgen, der kalte Winter und die darauf folgende Dürreperiode haben dazu geführt. An dem Tag kamen dann die Steuereintreiber der Garde, doch das Dorf konnte nicht zahlen. Daraufhin wollten die Soldaten die jungen Frauen und die Kinder, denn mit Sklaven kann man immer gute Geschäfte machen. Als sie ihn und seine Mutter mitnehmen wollten hat sich sein Vater gewehrt. Er bat den Soldaten, der Mutter mitnahm um Gnade. Levi sieht es noch genau vor sich wie er im Sand lag und bettelte, er sieht den Soldaten das Schwert heben. Wie in Zeitlupe saust es herab auf Vater. Zu dem Zeitpunkt fing Mutter an zu schreien. Levi riss sich von dem Mann los, der ihn festhielt und lief zu Vater. „Vater, Vater, wach auf, du musst mir und Mutter doch helfen!“, schrie er.

„Levi, lauf!“ er hörte seine Mutter, schaute in ihre Richtung und sah den Mann mit dem Schwert über ihm aufragen. Levi ist damals weggelaufen. Ohne sich umzusehen, bis er auf dem Hügel hinterm Dorf ankam, dort blickte er sich um und sah schwarzen Rauch aufsteigen. Das Dorf brannte lichterloh.

Jetzt sieht er den gleichen Rauch, ihm brennen Tränen von der Erinnerung in den Augen. Nein! So etwas soll nicht noch einmal geschehen, nicht vor seinen Augen. Er würde nicht wieder wegrennen.

Levi hastet in die Richtung aus der der Rauch kommt, dabei achtet er gar nicht darauf, ob der Dämonenkönig ihm folgt. Nach kurzer Zeit kann er das Dorf sehen. Er hört Schreie. Es sind noch gute 300 Meter zum Dorf, er rennt weiter, bis er kurz davor ist. Seine Lunge brennt von der Anstrengung und vom Rauch, der ihm jetzt entgegen quillt. Die Häuser links und rechts von der Straße brennen und geradeaus kann er den Dorfplatz erkennen. Von dort kommen die Schreie und Levi kann erkennen, dass Menschen in einen Wagen geladen werden. Er läuft zwischen den Häusern hindurch an den Rand des Platzes. Die Häuser auf der anderen Seite brennen noch nicht, doch die Soldaten auf dem Platz haben schon die Fackeln in der Hand „Los macht schon!“ brüllt einer und er sieht wie ein junges Mädchen auf den Wagen gezerrt wird. „Lass mich los, Mama!“ schreit es. Die Mutter wird gerade von einem anderen Soldaten auf den Boden gezerrt und er reißt an ihrer Kleidung.

Levi sieht außerdem drei Leichen von Dorfbewohnern, die sich wohl gegen die Soldaten gestellt haben. Alle anderen sind in der Mitte des Platzes zusammengepfercht und von Soldaten mit gezückten Schwertern umstellt.

„Alter beeil dich da drüben mal“, ruft der Kommandant, an seinem Wappen zu erkennen, dem Soldaten bei der Frau zu. „Ich will so schnell wie möglich aus diesem Drecksloch“

„Ach lass ihm doch den Spaß“, grölt ein dritter Soldat.

Levi läuft auf den Soldaten zu der die Frau festhält und schmeißt sich auf ihn. Damit schafft er es zwar ihn von der Frau wegzubekommen, doch bevor Levi sich wieder aufrappeln kann legt sich ihm eine Hand um die Kehle.

„Du kleiner Bastard, das wirst du bereuen“, zischt der Soldat, Levi hat ihn am Kopf getroffen, denn ein winziges Rinnsal Blut läuft an seiner Schläfe herab. Seine Finger drücken Levis Kehle zu und schnüren ihm die Luft ab. Levi versucht nach Luft zu schnappen und windet sich um freizukommen.

„An deiner Stelle würde ich den Jungen loslassen, denn er steht unter meinem Schutz“, erklingt eine tiefe, ruhige Stimme.

Der Griff des Soldaten lockert sich und Levi fängt an zu husten. Sein Hals schmerzt. Der Soldat dreht sich zu der Person um, die gesprochen hat. Dabei lässt er Levis Kehle los, richtet sich auf und nimmt sein Schwert in die Hand. Dieses richtet der Soldat auf Levi, damit er nicht abhaut. Auch die anderen Soldaten schauen die Person an, welche sich erdreistet in Geschäfte der Garde einzugreifen. „Amon“, flüstert Levi heiser und bereut es sofort, denn er bekommt wieder einen Hustenanfall.

„Wer bist du, dass du dich hier einmischt? Los Kirus, Ramin schnappt euch den Bettler und erteilt ihm eine Lektion!“ befehlt der Kommandant. Der Soldat von der Kutsche und einer der die Dorfbewohner bewacht hat gehen nun mit gezückten Schwertern auf den Dämonenkönig zu. Dieser ist davon gänzlich unbeeindruckt und spricht mit Levi „Fragen mich doch wirklich, wer ich bin. Diese Gewänder sind eine hervorragende Tarnung. Übrigens wie geht es deinem Hals, Levi? Hat mich ziemlich überrascht, als du einfach so los gerannt bist, ohne etwas zu sagen. Weißt du, das nehme ich dir übel. Ich habe mir wirklich überlegt, mich einfach auf die Wiese zu legen und mir die Wolken anzusehen, leider war der Rauch nur so schrecklich unangenehm, der hat die ganze Sicht vernebelt.“ Er sagt es in einem Plauderton, doch Levi fragt sich nicht, warum der Dämonenkönig die Situation nicht ernst nimmt, denn die Soldaten können ihm wohl kaum etwas anhaben.

„Ist dafür jetzt wirklich die richtige Zeit?“ krächzt Levi. „Solltest du nicht was gegen die Soldaten machen“

„Weißt du was man mit Abfall macht?“ antwortet Amon mit einer Gegenfrage.

Die Soldaten rennen jetzt mit vor Wut verzerrten Gesichtern auf Amon zu.

„Man entsorgt ihn“ sagt Amon bevor er die Beiden Soldaten mit einer Handbewegung um die fünf Meter zurückschleudert.

Der Kommandant keucht auf. Sein Gesicht, in dem zuvor noch ein spöttisches Lächeln lag, weitet sich vor Angst. Kurz darauf versucht er ein neutrales Gesicht aufzusetzen und spricht Amon an. „Entschuldigung, ich wusste nicht dass ihr ein Magier seid, lass uns das doch freundschaftlich klären. Wir geben ihnen den Jungen heile zurück und ihr lässt uns einfach unsere Arbeit weiter machen, wie klingt das?“

„Lass mich kurz überlegen“, antwortet Amon und setzt eine grübelnde Miene auf, die sich kurz darauf in ein sadistisches Grinsen verwandelt.

„Weißt du, nie hat jemand in deiner Lage versucht Forderungen zu stellen. Niemand hat sich das je getraut, denn alle wussten, was ich mit demjenigen tun würde.“

Levi hat plötzlich ein enges Gefühl in der Brust, er konnte förmlich sehen wie sich eine dunkle Macht um den Dämonenkönig sammelt. Als würde der ganze Hass, das Leid, alles Schlechte der Welt in diesem Moment zusammenfließen. Amon fing an zu Lachen. „Ihr wagt es, respektlos mit mir zu sprechen, mich als Magier zu beleidigen. Ich bin euer schlimmster Alptraum, eure Vernichtung, ich bin der Dämonenkönig! Gleich werdet ihr nichts als Staub sein“

Levi hat es fast vergessen, auch wenn sie sich noch nicht lange kennen, mag er Amon, es fühlt sich fast schon familiär an, wie ein großer Bruder. Doch Amon ist nicht ohne Grund gefürchtet. Er ist der Dämonenkönig, er tötet Leute ohne zu zöger. Aber haben sie es nicht verdient? Sie hätten Levi auch einfach getötet und sie töten oder versklaven die Dorfbewohner. Ja warum sollten sie denn nicht einfach sterben, das würde vielen anderen helfen. Er war schon fast diesen Gedanken verfallen, als sich plötzlich an etwas erinnert.

„Leid bringt immer nur noch mehr Leid, auch böse Leute können Kinder und Familie haben“, Levi hört Maries Stimme im Kopf. Er schüttelt alle negativen Gedanken aus seinem Kopf. Er hat sich für den Weg des Friedens entschieden und nicht für den Tod. Und diesen Weg will er auch gehen.

„Amon!“ schreit Levi „Bitte hör auf, töte sie nicht“

Der Dämonenkönig schaut Levi kurz an, seine Augen sind kalt, gefühllos. Es ist, als hätte er zwei Persönlichkeiten. Er macht eine wegwerfende Handbewegung und die dunkle Macht bildet eine Klinge, die durch die Gardisten fährt. Alle fallen gleichzeitig zu Boden und rühren sich nicht mehr. Blut sickert aus ihren Wunden und färbt den Boden rot. Sie sind alle Tod. Noch nie im Leben hat er so viel Blut gesehen. Wackelig richtet Levi sich auf. Er kann nicht mehr klar denken, überall rot. Die Dorfbewohner sitzen noch immer wimmernd auf dem Boden. Der Himmel wird immer dunkler, der Wind immer stärker und es beginnt zu schütten. Er ist am Anfang seines Weges und hat schon versagt.

„Ich kann nicht mehr“, flüstert Levi zu sich selbst.

Warum geht es immer nur um Macht, ständig sieht er den Tod. Doch es härtet ihn nicht dagegen ab, nein, es wird immer Schlimmer. Er fängt an zu rennen, er läuft weg, weg vor dem Tod, von dem er jedoch ständig wieder eingeholt wird. Alles was er kann ist weglaufen, vielleicht ist es ja seine Bestimmung wegzulaufen. Levi ist furchtbar müde, er spürt die eisige Kälte kaum noch. Wie weit ist er gelaufen? Er schaut sich um. Dichter Wald umgibt ihn, ein aufgeschreckter Vogel erhebt sich neben ihm in die Höhe, Levi schaut dem Tier nach. Als es mit dem grau des Himmels verschmilzt schaut er wieder runter. Nicht weit von ihm liegt ein umgekippter Baum, die Wurzeln bilden eine kleine Höhle. Er kauert sich dorthin und starrt auf seinen Handrücken. Was soll er schon tun, er kann nicht mal einen einfachen Soldaten daran hindern jemanden zu töten und doch dachte er, er könnte den Dämonenkönig ändern. Was für ein blöder Einfall. Seit Menschengedenken ist er ihr größter Feind und er hat es mit einem einfachen „bitte“ versucht. Als würde das irgendetwas bringen. Am liebsten würde er all seinen Frust in Amons Gesicht schreien, auch wenn das vermutlich tödlich enden wird. Er dachte der Dämonenkönig hat doch ein gutes Herz, immerhin hat er mit ihm gelacht, selbst Maja hat es selten geschafft ihn zum Lachen zu bringen. Bisher war es ihm nicht bewusst, aber er hatte wohl das Gefühl, er könnte sich mit Amon anfreunden. Aber er ist viel zu müde, um weiter zu denken, am liebsten würde er sofort einschlafen. Nein! Er darf jetzt nicht einschlafen, das wäre sein Tod. Trotzdem werden seine Augen immer schwerer und fallen immer wieder zu. Levi reibt seine Hände ineinander, um wenigstens ein bisschen Wärme zu produzieren. Langsam verschwimmen die Geräusche um ihn herum, er kann seine Augen nicht mehr aufhalten und er schläft ein.

 

Kapitel 3

Als Levi wieder zu sich kommt wundert er sich. Ihm ist gar nicht mehr kalt, im Gegenteil, ihn umgibt eine angenehme Wärme. Da spürt er dass sich etwas neben ihm bewegt. Er setzt sich mit einem Ruck aufrecht hin und reißt seine Augen auf.

„Oh, jetzt ist er weggelaufen“, hört er eine enttäuschte Stimme direkt neben ihm.

Und wer hätte es gedacht? Amon sitzt neben ihm und starrt auf eine Stelle im Wald. Was soll er jetzt tun? Nach allem was gestern geschehen ist muss er doch etwas machen. Aber was? Er beschließt erst mal ruhig zu bleiben. Was wäre jetzt das Beste was er in dieser Situation tun könnte? Er hat keine Ahnung, also wählt er die einfachste Möglichkeit und fragt: „Wer ist weggelaufen?“.

Er beschließt einfach Amons Blick zu folgen und in den Wald zu starren. Er sieht Bäume, eine Lichtung, ein paar Felsen… Er schaut zu Amon, wessen Blick noch immer auf irgendetwas gerichtet zu sein scheint. Er schaut nochmals dorthin, doch er sieht wieder nur Wald. „Was soll da denn sein, ich sehe Nichts“.

„Ach ja, das hatte ich ja fast vergessen. Natürlich siehst du ihn nicht, du bist ja auch ein Mensch!“, Amon spuckt dabei das letzte Word aus, als wäre es eine Krankheit. „Aber dagegen kann man etwas machen“. Er murmelt etwas und zieht mit seinem Zeigefinger einen Kreis vor Levis Gesicht. Gerade als Levi Fragen wolle, was denn das Ganze soll, entdeckt er, dass sich etwas im Laub bewegt. Es ist so eine Art Echse, so groß wie ein Kaninchen. Seine Schuppen schimmern in hellblau bis grün, je nachdem wie das Licht darauf fällt. Levi ist sofort fasziniert von dem Farbenspiel dieses Tieres. Er schaut zu Amon: „Was ist das für ein Tier?“.

„Das ist ein Opaldrache, eine sehr seltene Art. Anders als seine feuerspeienden Verwandten ist er harmlos und wurde wegen seiner Schuppen viel von den Menschen gejagt. Genau deshalb konntest du ihn auch gerade nicht sehen. Um diese Tiere zu beschützen wurde ein Zauber auf sie gelegt, sodass sie für menschliche Augen unsichtbar sind. Da ich es war der diesen Zauber gesprochen hat, ist es dir jetzt erlaubt ihn zu sehen. Dadurch wird dir eine große Ehre zu Teil, musst du wissen.“

Levi schaut weiter zu dem kleinen Drachen, welcher nun auf einer kleinen Lichtung herumtollt. Er weiß selbst nicht warum er so ruhig ist, nach allem was gestern passiert ist. Er sollte Amon anschreien, oder weinen, was auch immer, aber nicht einfach neben ihm sitzen, als wäre Nichts gewesen und einem Drachen beim Spielen zusehen. Doch aus einem ihm nicht begreiflichen Grund hat er überhaupt keine Lust dazu. Er wollte diesen Moment nicht zerstören, seit langem fühlt er wieder so eine Art Frieden in sich. Nach kurzer Zeit kommt der kleine Drache nähe, langsam schleicht er zu Levi. Dieser traut sich nicht eine Bewegung zu machen, da er Angst hat, dass der Drache wieder wegläuft. Levi betrachtet fasziniert den Drachen, denn von nahem ist er noch viel schöner. Dieser stupst ihn nun seine Hand an. Vorsichtig bewegt er diese um den Drachen anzufassen. Er weiß nicht was er erwartet hat, vielleicht raue Schuppen und Kälte, doch der Drache strahlt  eine leichte Wärme aus und die Schuppen fühlen sich glatt an. Der Drache macht ein fiependes Geräusch und springt Levi in die Arme. Mit seiner Zunge leckt er Levi am Gesicht. „Schon gut, schon gut, nicht so wild“, versucht Levi den Drachen zu beruhigen. Eine kurze Zeit springt dieser noch auf ihm herum um sich danach wie eine Raupe in Levis Schoß einzurollen und zu schlafen.

„Warum bist du hier? Glaube ja nicht, dass ich dir verzeihen werde.“, er macht eine kurze Pause. „Aber trotzdem danke, dass du mich gerettet hast“, sagt Levi an Amon gewandt. Dieser schaut ihn eine Weile an, bis er antwortet: „Ich weiß es selbst nicht. Aber ich weiß, dass du zu naiv bist, wenn du glaubst die Garde mit Worten besiegen zu können. Glaubst du wirklich, diese Leute hätten sich geändert. Wahrscheinlich wären sie schnurstracks ins nächste Dorf marschiert und hätten dort das gleiche angerichtet. Nicht das mich die paar Menschenleben kümmern würden, aber wenn ich mich zwischen dem Tod der Dorfbewohner und dem der Gardisten entscheiden soll, würde ich immer letztere nehmen.“

Jetzt ist wieder einer der Momente, in denen Levi glaubt, dass der Amon gar nicht so böse ist. Immerhin hat er ja die Dorfbewohner gerettet, also kann er doch nicht so gleichgültig gegenüber den Menschen sein wie er sich immer gibt. Beide schweigen sich noch eine gefühlte Ewigkeit an, bis sich Amon erhebt. „Ich bin zwar bis hierher gelaufen, doch ich finde das dauert auf lange Sicht eine Ewigkeit, wahrscheinlich Monate, bis wir unser Ziel erreichen, vorausgesetzt wir wollen zum Hauptquartier der Garde und nicht hierbleiben.“ Das bringt Levi zum Überlegten. Er kann weder reiten, noch hat er Geld um sich ein Pferd zu kaufen. Eventuell findet sich ein Karren, in dem sie als Anhalter mitfahren können. Mist, warum kann den nichts einfach sein! Da fällt Levi auf, dass Amon ihn mustert. „Du denkst doch sicher gerade daran, wie wir reisen können. Keine Sorge, wir haben schon alles hier um nicht laufen zu müssen. Natürlich könnte ich auch fliegen, aber es gibt eine bequemere Variante.“ Amon weist auf den kleinen Drachen, der noch immer auf meinem Schoß schläft „Die wenigsten wissen, dass Drachen nicht einfach mit der Zeit wachsen, wie andere Tiere. Drachen wachsen durch Magie und dieser hier sieht aus, als hätte er Nichts dagegen dich weiter zu begleiten.“ Damit hebt Amon vorsichtig den Drachen hoch und setzt ihn auf den Boden. Er legt die Hände auf die schimmernden Schuppen und der Drache beginnt zu leuchten. Erst passiert Nichts, doch dann beginnt der Drache zu wachsen. Nach kurzer Zeit ist er schon so groß wie ein Pferd, er wächst noch ein wenig weiter, dann nimmt Amon die Hände von ihm und das Leuchten beginnt zu verblassen. So etwas hat Levi noch nie gesehen, na gut, einen Drachen auch nicht, aber trotzdem ist es ein beeindruckender Anblick. Amon streichelt den Drachen kurz am Kopf, welcher dadurch gurrende Laute von sich gibt und steigt dann auf den Rücken des Drachen. „Na los, komm schon“, ruft Amon und hält Levi eine Hand hin. Der steht noch immer wie eingefroren da. Langsam taut Levi auf und geht zu Amon, welcher ihm auf den Drachen hilft. Als er einigermaßen sicher saß, begann Amon ein paar Worte in einer ihm unbekannten Sprache zu murmeln. Daraufhin fängt der Drache an mit den Flügeln zu schlagen und erhebt sich langsam in die Lüfte.

Levi schaut nach unten und sieht wie sich der Boden immer weiter entfernt, die Bäume immer kleiner werden, bis nur noch eine grüne Fläche zu sehen ist. Er hebt seinen Kopf und schaut in den Horizont. Dort kann er viele winzige Gebäude sehen und eine Mauer, welche diese umgibt. Das muss Idun, die Hauptstadt, sein. Der Wind wird stärker und wirbelt durch seine Haare. Über ihm sind nur noch die Wolken und die Sonne, alles unter ihm erscheint plötzlich unbedeutend. Das Gefühl zu Fliegen ist überwältigend. Stetig nimmt der Drache an Geschwindigkeit zu und der Wind wird immer stärker. Jubelnd und gleichzeitig lachend reißt Levi die Arme in den Himmel, da wird ihm plötzlich klar, dass er sich gar nicht mehr festhält und bekommt Angst runterzufallen. Schnell reißt er wieder die Arme herunter um sie dem Drachen um den Hals zu legen.

Neben ihm fängt Amon an zu lachen: „Keine Angst, ich passe schon auf, dass du nicht verlorengehst. Übrigens machen wir noch einen Zwischenstopp, bevor wir zur Garde fliegen“.

„Wo denn?“, fragt Levi. „Wir fliegen natürlich zu meinem Schloss“, antwortet Amon.

 „Wie? Zu deinem Schloss? Du warst doch 200 Jahre versiegelt, wahrscheinlich ist es jetzt nur noch eine Ruine. Ich glaube kaum, das die Garde es nicht zerstört hat.“-

 „Die Garde wusste bis zu dem Moment, in dem ich versiegelt wurde nicht wo es ist und bestimmt wissen sie es bis heute nicht. Es ist von einem starken Zauberbann umgeben, der es selbst den besten Magiern nicht erlaubt ohne meine Zustimmung einzutreten.“

Sie fliegen weiter, schon lange kann Levi die Hauptstadt nicht mehr sehen. Unter ihm ist hauptsächlich Wald und vereinzelt ein paar Dörfer. Einmal hat er eine Herde großer Vögel gesehen. Sie hatten buntes Gefieder und konnten so schnell wie Pferde laufen. Die Herde bewegte sich synchron, wie ein Vogelschwarm. Er hat Amon gefragt welche Tiere das waren, er hat geantwortet, es seien Garas, welche in manchen Teilen des Landes auch als Reittiere benutzt werden. Einmal machten sie einen Zwischenstopp, damit alle etwas trinken konnten. Jetzt Dämmert es schon, langsam verschwindet die Sonne hinter dem Horizont und die Sterne im wolkenlosen Himmel über ihm werden sichtbar. Er erinnert sich, dass er oft mit Maja von ihrem Dach aus in den Himmel geschaut hat. Sie haben Bilder gemacht, indem sie die Sterne verbunden haben.  Levi muss gähnen. Langsam wird er müde, er hat die Erschöpfung zuvor nicht bemerkt, was ja auch kein Wunder ist, nach den letzten Tagen.

Amon bemerkt das und sagt: „Du kannst ruhig schlafen, wir kommen wahrscheinlich erst im Morgengrauen an“.

Als wäre das sein Stichwort fällt Levi in einen tiefen Schlaf.

Als er am Morgen wieder aufwacht fühlt er noch immer die Bewegungen des Drachen unter sich. Sie sind also noch nicht da. Verschlafen reibt er sich die Augen und setzt sich gerade hin.

 „Gutes Timing, wir sind fast da“, hört er Amon hinter sich sagen.

Levi schaut in die Richtung, in die sie fliegen. Nicht weit entfernt erhebt sich ein Gebirge in den Himmel. Ob das Schloss wohl dort ist? Levi fragt sich, wie es wohl aussieht. Er hat es sich immer aus pechschwarzem Stein vorgestellt, welcher alles Licht aufsaugt. Auf jeden Fall dunkel und gruselig. Das Gebirge kommt immer näher, doch ein Schloss kann er nicht erkennen. Vielleicht ist es ja doch noch weiter weg. Gerade als er das denkt, flimmert etwas vor ihm. Es ist als wäre er gerade durch eine Wand hindurch. Vor ihm türmt sich ein Schloss auf. Doch es ist ganz anders, als er dachte. Es besteht aus weißem, mit grauen Steifen durchzogenem Marmor. Es sieht aus, als würde es aus den Bergen wachsen. Die Dächer scheinen aus purem Gold zu bestehen und es macht den Eindruck ihr Schein konkurrieren mit dem der Sonne. Der Drache landet in einem Innenhof. Es sieht überhaupt nicht erlassen aus. Links und rechts von ihm sind kleine Beete mit roten Blumen. Alles sieht sauber und gepflegt aus. Der Dämonenkönig steigt vom Drachen und Levi tut es ihm nach. Levi krault den Drachen noch kurz am Hals um sich dann Amon zuzuwenden.

„Hier sieht es schön aus, anders als erwartet“, gesteht Levi.

 Daraufhin lacht Amon: „Ich habe mich immer gefragt, warum ihr Menschen denkt, ich würde in einem dunklen, angsteinflößendem Schloss leben. Wer will das schon?“

 Amon läuft aus die große Flügeltür zu, die in das Schloss führt. Levi bleibt kurz unschlüssig stehen. Er schaut zum Drachen, der es sich gerade in einem der Blumenbeete gemütlich macht. Ob das wohl in Ordnung geht? Er beschließt einfach Amon zu folgen und rennt durch die Tür. Egal wie beeindruckend das Schloss von außen ist, es ist Nichts im Vergleich zum Inneren. Durch große gläserne Scheiben ist das innere hell erleuchtet. Die Decken sind mit Mosaiken dekoriert, welche unter anderem florale Muster und Wesen zeigen, die er noch nie gesehen hat. Er erkennt nur zwei, einen Drachen aus Opal und ein Garas. Vor ihm erhebt sich eine große Treppe aus Marmor, in die kunstfertig verschnörkelte Muster eingearbeitet sind. Kronleuchter aus Gold hängen an der Decke und spiegeln das einfallende Sonnenlicht. Amon schreitet gerade die Treppe hinauf und Levi beeilt sich hinterher zu kommen. Vor ihnen erscheint eine weitere große Flügeltür. Ohne diese zu berühren öffnet der Dämonenkönig sie und tritt ein, dicht gefolgt von Levi. Das muss der Thronsaal sein, denkt sich Levi. Ein roter Teppich führt zu einer Empore, welche von einem goldenen Thron eingenommen wird. Dieser ist geschmückt mit roten Steinen, wahrscheinlich mit Rubinen. Sonst ist der Raum ähnlich gestaltet, wie der Vorraum.

Da erschein plötzlich eine Person vor uns. Auf den ersten Blick hätte man ihn für einen älteren Herrn halten können. Doch als er Levi in die Augen schaut, kann dieser die Macht sehen die darin liegt. Außerdem sind das nicht die Augen eines Menschen. Sie haben eine hellgrüne Farbe und die Pupillen sind Schlitze. Dazu besteht seine Haut an manchen Stellen aus hellgrünen Schuppen.

Die Person beginnt zu sprechen: „Eure Majestät, ich habe schon gehört, dass sie der Versiegelung entkommen sind. Ich bin hoch erfreut euch wieder im Schloss begrüßen zu dürfen“

Der Dämon verneigt sich kurz und Amon antwortet: „Es freut auch mich dich zu sehen, Barios. Ich bin dankbar, dass du so sorgsam auf das Schloss geachtet hast während meiner Abwesenheit“

Barios nickt dem Dämonenkönig zu und schaut dann Levi an. Dem läuft der Schweiß den Nacken runter, sobald ihre Blicke sich treffen.

„Ich wage es nicht gerne eure Aktionen in Frage zu stellen, eure Majestät, doch warum habt ihr einen Menschenjungen mitgebracht?“ sagt Barios und spie das Wort ‚Menschenjungen‘ dabei verächtlich aus.

Dabei sieht er Levi an, als würde er ihm am liebsten den Hals umdrehen. Levi weicht ein Stück hinter Amon zurück. Dieser Dämon macht ihm eindeutig höllische Angst, obwohl er ja sogar schon den Dämonenkönig kennt. Nur hatte Amon trotz seiner schlimmen Taten nie einen solchen Blick in den Augen. Ein Blick von tiefstem Hass.

„Wenn du es nicht mich nicht gerne in Frage stellst, dann solltest du das auch nicht tun. Ich habe meine Gründe und du solltest es nicht wagen diese zu hinterfragen“, antwortet Amon dem anderen Dämon. „Der Junge steht unter meinem Schutz, also soll ihm kein Haar gekrümmt werden. Du musst es nicht verstehen, nur akzeptieren.“, spricht er weiter.

Barios schnaubt wütend: „Sire, ihr habt nicht mitbekommen, was nach unserem Fall geschehen ist. Die Menschen haben uns Alles genommen. Sie haben unsere Dörfer und Städte angezündet und Alle die darin lebten niedergemetzelt, Männer, Frauen und Kinder. Nur hier hinter dem Zauberbann gab es einen Zufluchtsort. Es existiert nur noch diese eine Stadt und eventuell noch vereinzelte Dämonen, die als Einsiedler in den Bergen im Norden leben. Und was bringt ihr mit? Ausgerechnet einen Menschen! Auch wenn ich es nur akzeptieren soll, will ich es auch verstehen.“

Egal wie viel Angst ihm Barions macht, Levi kann ihn verstehen. Genau wie er hat auch Baris viel verloren. Und auch er fragt sich, warum Amon ihn hierhin mitgenommen hat, generell mit ihm reist. Immerhin möchte der Dämonenkönig ja die Garde auslöschen und die Menschheit versklaven, das hat er zumindest selbst gesagt. So in Gedanken versunken hat er überhaupt nicht bemerkt, dass Amon sich zu ihm umgedreht und ihn angesprochen hat.

„W-was?“, fragt er also ein wenig überfordert.

Plötzlich wird er gegen eine Wand geschleudert und spürt etwas Kaltes an seinem Hals. Barios hält ihm eine Klinge an die Kehle.

„Was wagst du, dich so respektlos dem König gegenüber zu verhalten. Ich werde dich eigenhändig töten“, speit der Dämon aus und der Dolch wird stärker an seinen Hals gedrückt.

„Barios!“, herrscht darauf eine mächtige Stimme „Lass sofort den Jungen los!“, befiehlt Amon mit drohender Stimme.

Der Druck an Levis Hals verschwindet und er sackt an der Wand zusammen. Er holt einmal tief Luft und rappelt sich dann langsam wieder auf. Ihm steigen Tränen in die Augen. Nein! Wenn er wirklich den Frieden bringen soll muss er stark sein, er darf jetzt nicht anfangen zu weinen. Mit seiner ganzen übriggebliebenen Selbstkontrolle stellt er sich gerade hin und schaut zu Amon und Barios. Letzterer ist vor dem Dämonenkönig auf die Knie gegangen.

„Ich bitte um Entschuldigung, eure Majestät. Es ist nur mit mir durchgegangen. Niemand sollte es wagen so mit euch zu sprechen, besonders nicht einer dieser Menschen“, sagt Barios, wobei das letzte Wort eher wie Würmer klingt.

„Da du einer der treusten meines Gefolges bist, werde ich dir dies als Ausrutscher vergeben, doch falls du etwas dieser Art auch nur ein zweites Mal wagen solltest, soll deine Strafe unermesslich sein. Das war nicht nur eine Tat gegen eine Person, die unter meinem Schutz steht, sondern auch gegen meine Autorität. Ich hoffe also für dich, dass das nie wieder vorkommt.“, verweist der Amon den anderen Dämon. „Levi, kannst du Barios mal kurz deinen Handrücken Zeigen?“

Er weiß zwar nicht genau wieso, geht aber trotzdem zu Amon und hält Barios die rechte Hand mit dem Symbol nach oben hin. Der schaut darauf, und seine Augen weiten sich kurz. Dann erhebt er von seinen Knien und fragt Amon: „Was möchtet ihr als erstes tun, eure Majestät. Möchtet ihr euch ausruhen, oder die anderen Bewohner begrüßen?“ Dabei geht er nicht auf das Muster auf Levis Handrücken ein, als würde der Anblick alleine schon alle Antworten geben. Na gut, das soll ja das Zeichen einer Göttin sein, von Andrira, der Göttin des Friedens. Das hat Amon ihm ja erzählt.  Es wundert ihn aber trotzdem, dass dieses Zeichen eine so große Wirkung auf den hasserfüllten Dämon hat.

„Ich denke, wir sollten zuerst in die Stadt gehen. Es ist sicherlich gut, wenn die Bürger wissen, dass ihr König zurückgekehrt ist. Levi, du kannst auch mitkommen, wenn du möchtest, du darfst dich aber auch ausruhen“, sagt Amon.

„Ich möchte mitkommen“, sagt Levi. Er ist schon gespannt auf die Stadt und ihre Bürger. Er hat ja bisher nur zwei Dämonen mehr oder weniger kennengelernt.

„Sire, ich werde euch eine Kutsche vorbereiten“, sagt Barios und verschwindet durch einen Nebeneingang aus dem Thronsaal.

Auch Amon geht in Richtung Tür, aber zur Flügeltür, durch die sie reingekommen sind. Wieder öffnet sich diese wie von Zauberhand. In der Tür dreht er sich zu Levi um, der noch immer an der gleichen Stelle steh. Daraufhin folgt Levi dem Dämonenkönig aus dem Schloss, jedoch nicht ohne noch einmal die Mosaikbilder der Decken zu bewundern.

 

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Tag der Veröffentlichung: 01.01.2016

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