Vorwort
Es handelt es sich bei dieser Erzählung um die ausführliche Fassung einer Kurzgeschichte, die im Erzählband »Hillel und die Liebe« veröffentlicht wurde und auch im Anhang zu diesem E-Buch abgedruckt ist.
Diese Geschichte spielt in den frühen 1990er Jahren. Das ist für die Handlung aus verschiedenen Gründen bedeutsam:
- Es gab zwar schon Handys und sowohl Inese als auch Hillel besaßen ein solches. Das Telefonieren mit dem Mobiltelefon war allerdings deutlich kostspieliger als heute, denn anstelle von Flatrates gab es nur die Abrechnung per Gesprächsminute und die war teuer. Festnetz-Telefonate wurden zwar auch nach Dauer abgerechnet, aber zu deutlich günstigeren Konditionen als Mobilfunkgespräche. Die eher seltene Nutzung der mobilen Fernsprechgeräte führte dazu, dass ihre Besitzer die Geräte deutlich häufiger als heute bei Reisen zu Hause vergaßen. Smartphones waren übrigens noch nicht erfunden. Die Handys konnten stattdessen zum Telefonieren und für Kurzmitteilungen (SMS) verwendet werden.
- Das Internet stand Universitätsangehörigen an den Rechnern der Universität zur Verfügung. In privaten Haushalten existierten nur wenige Internetanschlüsse. Diese waren nicht nur langsam, sondern auch teuer. Somit leisteten sich ausgesprochen wenige Privathaushalte einen Internet-Anschluss, dessen Nutzung zudem ebenfalls nicht wie heute pauschal oder nach Datenvolumen, sondern je Minute abgerechnet wurde. Aus diesem Grund nutzten fast nur Studierende, die an der Universität Anspruch auf einen kostenlosen Internetzugang einschließlich einer E-Mail-Adresse haben, das Netz und die Kommunikation per E-Mail. In den meisten Fällen erfolgte die Kommunikation über den klassischen Brief. Den brachten die Leute, die heute überwiegend Pakete zustellen, ins Haus. Somit verfügt zwar Hillel dank des Studiums, nicht aber Inese in dem Zeitraum, in dem die Geschichte spielt, über einen Zugang zum Internet und somit über eine E-Mail-Adresse.
- In Fernzügen gab es sowohl Abteilwagen als auch Großraumwagen, während die Abteile heute mit wenigen Ausnahmen verschwunden sind. Bei den noch auf den Schienen fahrenden Abteilwagen handelt es sich zudem überwiegend um frühere IR-Wagen, deren Sitze sich nicht zu einer Liegelandschaft zusammenklappen lassen, was bei den klassischen Bahnabteilen in Fernzügen möglich war. Die Existenz von Abteilen in den Zügen der Eisenbahn ist für die Handlung dieser Geschichte von Bedeutung. Es ist ausgesprochen schade, dass sich ähnliche Begebenheiten heute aufgrund fehlender Abteilwagen kaum noch ereignen können.
- Jüngere LeserInnen vermissen wahrscheinlich die heute übliche Kommunikation über soziale Medien wie Jappy oder Facebook. Diese gab es in den 1980er Jahren selbstverständlich noch nicht. Schließlich war die Grundvoraussetzung eines nahezu flächendeckenden Internet-Zuganges damals noch nicht erfüllt.
Eine weitere Vorbemerkung: In vielen Erzählungen findet sich der Hinweis, dass diese vollkommen frei erfunden seien und jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Ereignissen rein zufällig sei. Diesen Satz könnte ich durchaus schreiben, er wäre aber absolut unaufrichtig. Tatsächlich beruht die Erzählung im Kern auf tatsächlichen eigenen Erlebnissen. Das heißt natürlich nicht, dass sich alles exakt so wie geschildert zugetragen hat, ein wenig ausgeschmückt habe ich die Geschichte selbstverständlich schon. Aber die wesentlichen Ereignisse vom Kennenlernen Hillels und Ineses auf dem Seminar, auf dem sie aus pragmatischen Gründen ein Zweibettzimmer miteinander geteilt haben bis hin zur Wiederbegegnung sind so wie geschildert passiert. Die Namen habe ich selbstverständlich verändert; bei den Orten würde eine Abänderung die Handlung stören, denn dass der Zug ab Köln voller als von Mainz bis dorthin ist, gehört ebenfalls zu den Umständen, die einen wesentlichen Einfluss auf den Verlauf der Geschichte nehmen. Nun aber genug der Vorrede, ich wünsche viel Spaß beim Lesen. Und natürlich auf allen Euren Zugfahrten.
Auf dem Weg zum Seminar
Hillel ist ebenso wie Inese auf dem Weg zu einem spannenden Seminar, das von Freitagabend bis zum Sonntagmittag in Mainz stattfindet. Er ist in Münster losgefahren, sein Zug wird pünktlich in Mainz ankommen. Sie ist in Berlin in den Zug eingestiegen und wird sich verspäten. Aufgrund einer Betriebsstörung erreicht sie das Seminarhaus erst zwei Stunden später als erwartet. Sie will dort Bescheid geben, stellt aber fest, dass sie ihr Handy in ihrer Wohnung liegengelassen hat. Der Versuch, vom damals noch vorhandenen öffentlichen Zugtelefon aus anzurufen, scheitert an einer enorm langen Warteschlange. Bei ihrer Ankunft in Mainz hätte sie sich zwar kurz melden können, sie entschied sich jedoch dazu, lieber den nächsten Bus in Richtung Seminarhaus zu nehmen statt zu telefonieren und erst eine Busabfahrt später nutzen zu können. Während Hillel ruhig und voller Vorfreude die Unterlagen liest, die er zur Seminarvorbereitung zugeschickt bekommen hatte, wird Inese nervös. Sie kann sich nicht auf ihre Materialien konzentrieren, sondern hofft, dass sie mit ihrer Verspätung nicht zu viel versäumt. Hillel hingegen reist entspannt an. Er liest bis Köln seine Seminarunterlagen zur Vorbereitung durch und wechselt dort zu einem Taschenbuch, das er als Reiselektüre eingepackt hat.
Hillel bezieht sein Zimmer
Hillel hat keinen Zimmerwunsch angegeben, so dass seine Unterbringung in einem Zweibettzimmer wahrscheinlich ist. Die Seminarleitung hat die Zimmerzuordnung nicht schon vor der Seminarbeginn vorgenommen, sondern überlässt den TeilnehmerInnen die Wahl, mit wem sie sich einen Raum teilen wollen. Hillel gehört zu den wenigen, die alleine angereist sind, und erhält ein Zweibettzimmer zur alleinigen Benutzung. Das findet er gut, auch weil er so niemanden stört, wenn er nachts aufstehen muss. Das ist damals zwar nicht jede Nacht der Fall gewesen, da sich die Colitis ulcerosa, an der er später leiden sollte, noch nicht manifestiert hatte. Dennoch steht er häufiger als die meisten Mitmenschen nachts auf, was sich störend auf den Schlaf einer weiteren Person in seinem Zimmer auswirken kann. Hillel freut sich darauf, sein Zimmer auf dem Seminar für sich alleine zu haben, ohne dass er den Einzelzimmer-Aufpreis bezahlen muss. Der Hausmeister verabschiedet sich nach der Zimmerverteilung in den verdienten Feierabend und nimmt die Schlüssel zu den nicht benötigten Zimmern mit.
Inese taucht verspätet auf
Beim Abendbrot taucht Inese auf. Sie entschuldigt sich mit der Verspätung ihres Zuges und nimmt am Tisch Platz. Vor Beginn der Vorstellungsrunde spricht der Tagungsleiter die aus ihrem verspäteten Auftauchen entstehende Problematik an. Für Inese ist zwar noch ein freies Zimmer vorhanden, den Schlüssel dazu hat aber der Hausmeister mitgenommen. Der Tagungsleiter möchte ihn ungern am Feierabend stören und fragt Inese, ob sie eventuell eine Nacht auf der Coach im Gemeinschaftsraum schlafen möchte. Sie verzieht bei diesem Gedanken das Gesicht, denn erfahrungsgemäß kommt sie dort erst spät zur Ruhe. Da
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 01.05.2017
ISBN: 978-3-7438-1056-3
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme diese Geschichte, denen, die sich darin wiedererkennen können. Also Inese (Name geändert), dem Tagungsleiter, Monika (Name geändert) und anderen. Und natürlich meiner wunderbaren Partnerin, bei der meine Reise durch die Liebeswirren glücklich ihr Ende fand und die sich nicht darüber beschwerte, dass ich mich beim Schreiben dieses E-Buches an eine frühere Liebe erinnerte.