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1.Teil

 

Levi

 

„Entschuldigung“, wiederhole ich wohl zum hundertsten Mal heute. Die Leute haben heutzutage wirklich kein Benehmen mehr. Vor fünfzig Jahren war es noch ein Akt der Freundlichkeit, Fremden aus dem Weg zu gehen. Zurzeit versuche ich mich durch die Menschenmasse am Flughafen von der Großstadt Pusel zu schlängeln, ohne jemanden zu verletzen. Es gelingt mir mehr oder weniger gut.

„Kann ich bitte kurz hindurch. Ich möchte einfach meinen Job erledigen und wieder nach Hause“, probiere ich es erneut meinen Weg zum Ausgang fort zu setzen. Die Damen gehen netterweise zur Seite und lassen mich durch. Ein Fortschritt für die Menschheit. Sie sind doch nicht so ignorant, wie ich dachte.

Ich gehe unter dem EXIT – Zeichen zur Taxiausfahrt und hebe die Hand. Sofort kommen zwei Wagen zu mir und begehren mein Geld, das sie durch die Fahrt bekommen. Ich entscheide mich für den Ersten, indem ich die Beifahrertür öffne.

„Könnte ich meine Sachen in den Kofferraum laden, da sie ziemlich groß sind? Ich wäre Ihnen sehr dankbar dafür“, bitte ich ihn möglichst höflich.

„Ja, natürlich!“, stimmt er sofort zu. Gut, ein Problem weniger.

 

Die Autofahrt verläuft nicht gerade schweigsam, was ich sehr schade finde. So kann ich mich nicht vollkommen auf meine Umgebung konzentrieren und diese mustern.

„Und was verschlägt Sie in diese beschauliche Kleinstadt?“, beginnt er mit dem Gespräch.

„Ich erfülle meinen Teil des Versprechens, das ich jemanden gegeben habe“, erzähle ich ihm die Wahrheit, nachdem ich kurz über pro und kontra Seite der Ehrlichkeit nachgedacht habe.

„Das ist gut! Sie sind sehr aufrichtig im Gegensatz zu gewissen anderen. Meine Freunde leihen sich von mir immer Geld aus mit dem Versprechen, dass sie es mir zurückzahlen. Ich habe bis heute keinen einzigen Pfennig gesehen. Wenigstens gibt es noch Menschen wie Sie, die sich an gegebene Versprechen halten.“ Bekomme ich gerade Lob von einem Fremden? Ja.

Ich bedanke mich wegen seiner Worte und er lächelt daraufhin nur. Die ganze Autofahrt gibt seinem Grinsen keinen Nachdruck und seine Familie, wenn er eine hat, tut mir jetzt schon Leid.

 

An der genannten Adresse angekommen, reiche ich ihm das verlangte Geld inklusive fünf Euro Trinkgeld. Ich hole mein Gepäck und ziehe den Griff heraus. Mit dem Rolli gehe ich die Einfahrt hinauf und klingele. Bis sich jemand erbarmt und mir die Tür öffnet, betrachte ich den Vorgarten. Zinnien, Gladiolen und Rosen zieren den gepflasterten Weg und Gras umsäumt das Gebäude in der Farbe von frischem Grün. Das mit roten Ziegeln gebaute Backsteinhaus, dessen Dach mit schwarzen Ziegeln gelegt worden ist, stammt dem Anschein nach aus dem letzten Jahrhundert, da es im Gegensatz zu den restlichen Häusern sehr altbacken aussieht.

Ein Gewächshaus zerstört die Darstellung, da es irgendwie fehl am Platz wirkt. Mitten im Rasen steht das kleine hausähnliche Gebäude, in dem Tomaten und Gurken gezüchtet werden. Das erkenne ich daran, da die Tür halb offen steht und mir diesen Einblick gewährt. Hexen, auch wenn ich wohl oder übel zu 25 Prozent dazuzähle, haben einen sehr schlechten Geschmack, wie ich gerade feststellen kann.

 

Ein Knacksen ertönt, das mir verrät, dass gerade ein Schlüssel umgedreht wird. Ich wende mich zu der Person, die mir gegenüber steht. Ein jugendlich wirkendes Mädchen, das bestimmt älter ist, als es aussieht. Daher ist meine erste Frage nicht nach ihrem Namen, sondern nach ihrem Alter.

„Wie alt bist du?“

„Wieso bist du so komisch?“ Okay, sie ist eine harte Nuss, die es zu knacken gilt. „Das könnte ich dich auch fragen. Ich dachte, ich soll euch bei den Mordfällen unterstützen. Natürlich kann ich auch wieder gehen und meine alte Arbeit aufnehmen, die ich nur deswegen aufgegeben habe. Man sieht sich“, verabschiede ich mich und wende ihr meinen Rücken zu.

„Hey, warte! Wo willst du denn hin?“, will sie von mir wissen.

Aber ich schenke ihr keine Beachtung und schreite mit großen Schritten den Weg zurück, den ich gekommen bin.

 

Eine Hand greift nach meiner Schulter und ich drehe mich zu ihr um.

„Du hast meine Frage nicht beantwortet. Gewöhnlich tut man das“, belehrt sie mich.

„Ja, für gewöhnlich. Fass dir an die eigene Nase und tadele mich nicht.“ Ich kann Kritik nicht ausstehen. Wenn mich jemand kritisiert, wird aus der Gleichgültigkeit, die mich die letzten Jahrhunderte begleitet hat, schnell ein Wutausbruch.

„Kann es sein, dass du der Dämonenhexer bist, den wir schon seit geraumer Zeit erwarten?“

Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, indem ich zum Sarkasmus in Person werde.

„Was ist denn bitteschön ein Dämonenhexer? Davon habe ich ja noch nie gehört? Hast du wohl zu viele Fantasiebücher gelesen?!“ Sie sieht mich enttäuscht an und bereitet sich auf eine Ausrede vor, denn sie holt tief Luft.

„Ja, stimmt. Ich entschuldige mich somit für mein schlechtes Benehmen dir gegenüber.“ Sie nickt mir zu und will wieder ins Hausinnere verschwinden. Daraufhin fange ich an zu lachen und sie sieht mich misstrauisch an.

„Ich bin jetzt doch nicht ernsthaft auf den schrecklichen Humor von einem Dämonenhexer reingefallen, oder?“, verflucht sie ihre eigene Dummheit, während sie die Arme zum Himmel hin ausbreitet.

„Es war doch ganz lustig. Jedenfalls für mich. Nun denn, wo sind deine Eltern? Ich muss mit ihnen über den Fall sprechen.

„Sie sind auswärts essen gegangen. Heute ist ihr zwanzigster Hochzeitstag und sie haben sich heute Mal von ihrer Arbeit frei genommen.“ Aha. Es dauert länger, als gedacht. Ich vermisse jetzt schon meine sexy Arbeitskolleginnen, die extra für mich den Minirock lüften. Naja, es ist eher Wunschdenken. Meine Mitarbeiterinnen sind bis oben hin verschlossen und tragen ausnahmslos lange Cordhosen, während sie mich über ihre Nerd-Brillen hinweg streng mustern.

 

Für die Damen dieser Welt bin ich höchstens Durchschnitt, da ich weder ein Riese, noch ein mit Muskeln überbesetzter Mann bin. Das einzige, was an mir überdurchschnittlich ist, ist mein Charme gegenüber den Damen, die deswegen reihenweise in Ohnmacht fallen, wenn ich ihn wirken lasse. Gut, auch das ist Wunschdenken.

 

„Wie alt bist du?“, wiederhole ich meine Frage, als wir zurück zum Haus gehen.

„Was geht dich das an? Du hast so wieso keine Chancen bei mir, denn ich habe bereits einen Freund“, lügt sie mich doch tatsächlich an. Ich erkenne es an ihrer verlangsamten Wortreihenfolge, was mich nicht gerade überzeugt.

„Wie heißt er denn?“, hacke ich nach.

„Er trägt den wunderbaren Namen Dave“, antwortet sie mir. Pf, mein Name ist viel schöner.

„Ach Dave, du kannst doch auch etwas Besseres haben, als eine, die so viele Muskeln hat, wie Chuck Noris!“

Ich erwarte einen Schlag gegen die Schulter, aber das einzige, was ich bekomme ist ein Knockout, durch den ich das Bewusstsein verliere.

 

 

Kendra

 

Naja, vielleicht war ich doch etwas hart zu ihm. Doch er ist selber schuld wenn er denkt dass er mich so dumm anmachen kann. Ein normales Gespräch beginnt für mich mit Hallo, ich bin Kendra, wer bist du? Wie geht’s? Danach lässt man sich auf den neuesten Stand bringen. Immerhin müssen wir hier zusammenarbeiten.

Ich setze mich neben ihm ins Gras und warte dass er wieder zu Bewusstsein kommt. Mädchen soll man halt nicht unterschätzen.

Er hat braune, strähnige Haare. Wenn man es ganz genau nimmt sind sie eher dunkelblond. In seinem Gesicht thronen eine große Nase und kleine, schmale Lippen. Die linke Wange wird von einer langen Narbe geziert. Auf irgendeine Art lässt ihn diese attraktiver wirken. Mein Blick gleitet weiter. Sein Körper ist ein Tempel der Versuchung. Muskeln treten unter seinem T-Shirt hervor.

Seine Augenlieder beginnen zu flackern. Mir blicken dunkelblaue Augen entgegen.

„Du hast ja einen harten Schlag drauf, Kleine.“, sprach er, während er sich aufsetzt und sein Gesicht abtastet.

„Nenn mich nie wieder Kleine, sonst kommst du nächstes Mal nicht mehr so glimpflich davon!“

„Endlich mal eine, die auf hartes Mädchen macht.“

Ich konnte meinen Ohren nicht trauen. Was denkt der wer er ist? Der Frauenheld von Bugstehude?

„Komm, ich zeig dir dein Zimmer.“ Ich stand auf und ging davon. Ob er mir folgte war mir eigentlich Schnuppe.

„Warum hast du mich angelogen? Du hast gar keinen Freund.“, sagte er auf den Weg ins Haus.

„Das kann dir ja so was von egal sein. Ob Freund oder nicht, geht dich nichts an. Genauso wie du endlich dein kindisches Machogehabe lassen kannst.“, machte ich meinen Ärger Luft.

Da unser Häuschen nicht das allergrößte war, haben wir ihm ein Bett am Dachboden bereitgestellt. Für seine Ansprüche wahrscheinlich das Bettlerstadium. Ich bin auf jedenfalls jetzt schon froh, wenn er wieder fort ist.

Während wir die steile Treppe hinauf stiegen, kam kein Kommentar. Doch leider bemerkte ich auch gleich etwas anderes.

„Kannst du bitte aufhören auf meinen Arsch zu schauen.“, wies ich ihn hin.

„Es tut mir wirklich schrecklich leid, aber du hast so einen Knackarsch das mir gar nichts anderes überbleibt.“

Ich holte mit meinen Fuß aus, um ihm ein blaues Auge zu schlagen. Leider erkannte er mein Vorhaben, sodass er gerade noch rechtzeitig ausweichen konnte. Ein hämisches Lachen war seine Antwort auf meinen Versuch.

Oben angekommen warf er sich als erstes auf das Bett. Er sagte, er möchte sich ein wenig ausruhen und ich solle ihn wecken wenn meine Eltern wieder hier seien.

„Bin ich deine Bedienstete oder was?“, fragte ich fassungslos.

„Schöne Vorstellung.“ Er verzog sich in seine Gedanken.

Wecken werde ich ihn, aber er hat nicht gesagt wie. Mit eiskaltem Wasser lässt sich dies doch immer wieder am besten fabrizieren. Dies sollte ihm dann eine Lehre sein, das er sich hier anders zu verhalten hat.

Ich marschierte in die Küche und nahm mir ein Glas Milch aus dem Kühlschrank. Mein Bruder Jason, der zurzeit eine Beziehung mit seinem Laptop zu führen scheint, versucht eine Antwort auf die vielen Mordfälle zu finden. Da wir alles Hexen in der Familie sind ist es unsere Bestimmung die Menschen zu beschützen. Nächtelange Observationen von unserer Kleinstadt Milligan stehen uns ins Gesicht geschrieben. Wir sind alle vollkommen erledigt. Deswegen ist uns auch Levi zugeteilt worden. Er, als einer der besten seines Fachs soll des Rätsels Lösung bringen.

Nachdem, was ich bis jetzt von ihm mitbekommen habe, ist er ein arrogantes Arschloch, der nur Selbstverliebt ist. Zudem kommt noch das erobern von Frauenherzen. Daraus ergibt sich, dass er schon viele Frauenherzen auf dem Gewissen haben muss.

Die Uhr schlägt 18 Uhr. Zeit um meine Zauberkünste auf Vordermann zu bringen.

Im Keller befindet sich unser Atelier. Dort erlernen wir neue Zauberkräfte und brauen verschiedene Tränke. Zudem befindet sich dort eine umfangreiche Sammlung an Büchern, Schriften und Sitzgelegenheiten. Gemacht, um sich viele Stunden dort aufhalten zu können. Jeder Hexe ist ein bestimmter Zauberstab zugeordnet. Ich brauche aber keinen. Eine Seltenheit. Meine Eltern schließen darauf, dass es wegen meiner Abstammung ist. Ich entstamme einer langen Ahnenreihe von Hexen. Doch wieso kann ich das und mein Bruder nicht? Naja, manche, leichte und einfache Sprüche kann mein Bruder auch ohne Zauberstab. In meinem Sessel mache ich es mir bequem. Kaum sitze ich, schleicht auch schon mein Kater Sami um die Ecke und legt sich auf mich. Gerade erlerne ich die Sprüche wie man die Natur umgehen kann. Eigentlich kann man die Natur nicht beeinflussen. Aber man kann sie umgehen, indem man nur die dazugehörigen Elemente beeinflusst. Deswegen lerne ich gerade, wie man das Wasser, die Erde, Feuer und Luft steuern kann.

Nach 45 Minuten kommt mein Bruder zu mir und berichtet mir, es sei ein weiterer Mord geschehen.

Am Fluss Makona ist eine Leiche angespült worden. Auf den ersten Blick erkannte ich schon, dass dies sicherlich kein Selbstmord bzw. Tod durch Ertrinken war. Eine meiner zusätzlichen Gaben, über die außer meiner Familie niemand Bescheid weiß ist, das ich Magie, sei es weiße oder schwarze spüren kann. Und hier kann ich dies ganz deutlich wahrnehmen. Der Mörder, bzw. der Hexer hat natürlich keine Spuren hinterlassen, außer der Magie. Aber die kann ich leider nicht zurückverfolgen.

Da es für uns hier nichts mehr zu tun gibt, beschließen wir, nach Hause zu fahren.

Zusammen mit unseren Eltern kamen wir gerade gleichzeitig an. Als wir die Autos abstellten klärte ich sie schnell über den weiteren Mord auf. Jason ging schon hinein, um dies im Computer hinzuzufügen. Er versucht als Polizist immer noch ein Muster zu erkennen. Doch wenn er endlich der Realität in die Augen sehen würde, könnte er begreifen, dass der Mörder eine andere Absicht, als morden verfolgt. Er wählt alle Opfer, ob Mann oder Frau, jung oder alt ohne Zusammenhang aus. Einmal am Ende der Stadt, einmal mitten in der Stadt.

„Levi ist auch schon angekommen, er schläft.“, klärte ich sie weiter über die aktuellen Standpunkte auf. „Er möchte noch mit euch reden, weshalb ich ihn wecken soll.“

„Ach Kendra, lass ihn doch schlafen. Er hat eine lange Anfahrt hinter ihm.“, redete mein Mutter Yosie auf mich ein. Doch das lasse ich nicht auf mir sitzen. Mit seiner Aktion, seinem dummen Gelaber hat er das nicht verdient.

„Nein, nein, er besteht darauf.“

Mit einem Eimer voll Wasser mache ich mich auf den Weg in den Dachboden.

 

 

 

Levi

 

Abrupt setze ich mich auf und sehe an mir herunter. Das Wasser oder die Flüssigkeit sickert in die Matratze ein und bevor es noch mehr Schaden nimmt, stehe ich auf. Mein Haar ist tropfnass und auch die restliche Kleidung ist nicht verschont geblieben. Meine Augen begegnen denen von Kendra und meine Miene verdüstert sich. Kann ich nie meine Ruhe haben? Seit ich hier bin, läuft alles schief. Mein gesamtes Leben wird durcheinander gebracht und von Harmonie kann man hier nicht mehr sprechen. Ich möchte nur ein langweiliges und schönes Leben und alleine irgendwo versauern. Mehr will ich nicht. Unglücklicherweise ist die Sterberate von meiner Art nicht so hoch und es kann noch lange dauern, bis mich jemand von meinem Leiden erlöst. Unsterblichkeit hat eben auch seine Schattenseiten, wie das ewige Leben.

„Kendra, entweder du gibst mir eine Erklärung oder ich verbrenne dir deine wunderschönen, langen schwarzen Haare, da lasse ich ihr die Wahl.

„Erstens sind sie mehr braun als schwarz, deshalb spricht man hier von einem dunklem Braun – Ton, aber das männliche Auge ist schon immer blind für Farben gewesen. Zweitens wirst du meine Haare nicht anrühren, sonst stirbst du. Und dabei ist es mir egal, was meine Eltern von mir denken. Drittens sollte ich dich, laut meinen Eltern, wecken, damit du an unserem Abendessen teilnehmen kannst. Es ist für uns Tradition, dass Gäste beim Abendessen mit der ganzen Familie bekannt gemacht werden und da für längere Zeit dank meiner Faust ausgeknockt warst, ist es nun die perfekte Gelegenheit, meine Eltern und andere Verwandte kennen zu lernen. Es ist für uns immer eine große Sache, wenn uns jemand hilft. Deshalb zeigen wir Dankbarkeit, indem du mit uns essen darfst. Jetzt zieh dir schnell etwas anderes an und komm mit.“ Soll ich mich jetzt geehrt fühlen?

Ich nicke nur und sehe mich nach meinem Koffer um. Er liegt auf der anderen Seite des Zimmers und ich muss wohl oder übel mit meinen nassen Klamotten den Boden benässen, damit ich dort hinkomme.

„Möchtest du nicht den Raum verlassen, um mich in Ruhe meine Kleidung wechseln zu lassen?“

„Warum sollte ich? Nicht, dass du abhaust, während ich vor der Tür warte. Dieses Wagnis kann ich nicht eingehen.“ Damit übergeht sie den indirekten Befehl, das Zimmer zu verlassen.

Verärgert beiße ich die Zähne zusammen und knirsche, bis ich mich gleich wieder entspanne.

Ich ziehe langsam die Hose über meinen Arsch und die Beine und, als sie am Boden ist, werfe ich sie in Richtung Koffer. Darauf bedacht, dass sie meinen kleinen Striptease nie mehr im Leben vergisst, packe ich auch meine Unterhose, die genau wie meine Hose, in der Nähe des Koffers landet. Natürlich stehe ich mit meinen Rücken zu ihr, weshalb sie nur meine bloßen Arschbacken sieht. Ich greife nach frischen Sachen, die ich schnell über meinen nackten Unterkörper anziehe, aus dem Inneren des Koffers und mache auch meinen Oberkörper frei von jeglichen Kleidungsstücken, dabei drehe ich mich jedoch zu meiner stillen Beobachterin um und betrachte ihr Grinsen. Also das Wort Scham hat sie noch nie gehört. Normalerweise wären die Mädchen oder Frauen krebsrot im Gesicht und hätten die Augen geschlossen. Dieses weibliche Exemplar ist nicht in diese Kategorie einzuordnen und ich verziehe meinen Mund zu einem schiefen Grinsen. Was habe ich mir nur angetan?

 

Ich folge der selbstsicheren Kendra in den, anscheinend extra für mich, hergerichteten Essenstisch. Eine lange, Tafel ähnlich, angeordnete Reihe, aus drei kleinen Tischen bestehend, die einen langen Tisch ergeben, somit wird genügend Platz für die eingeladenen Gäste geboten.

Kendra packt mich am Ärmel meines Hemdes und zieht mich daran zu ihren Eltern und Großeltern, die zusammen in einer Gruppe stehen. Ich begrüße alle freundlich mit einem „Guten Abend“ in der Runde und sie reichen mir alle die Hand.

„Und Sie sind also Mr. Hopkins? Sie werden meinem Sohn bei der Untersuchung der übernatürlichen Mordfälle helfen?“

„Bitte, duzen Sie mich. Ja, das werde ich machen“, sage ich zu dem älteren Herrn, der mir gegenüber steht. Er muss der Großvater von Kendra sein, da seine grauen Haare, die um seine Halbglatze wachsen, ihn verraten.

„Das ist gut. Sie können mich auch duzen, wenn sie wollen. Wir sind ja hier schließlich unter Freunden, oder meine Damen und Herren?“, er blickt sich in der Gruppe um und spricht dann weiter. „Und du kannst mich Rey nennen. Die Frau neben mir ist meine über alles geliebte Ehefrau Fiona. Mit unserer Tochter Yosie und unseren Schwiegersohn Stephan, welche gerade so still neben uns stehen, wirst du bald den Arbeitsplatz teilen müssen.“

„Dad! Wir können uns auch selber vorstellen“, unterbricht Yosie die einseitige Konversation. Mein Gehirn dampft jetzt schon, wegen den überflüssigen Worten. Als wäre ich unvorbereitet hier herein geplatzt, um mir eine schöne Zeit zu machen. Natürlich habe ich mir Informationen über die Familie in Milligan gesucht, die sich um übernatürliche Mordfälle kümmert. Aber das ist alles nur Anon, dem Herrscher über die Hölle, zu verdanken, dass ich jetzt hier stehe. Wenn der Vertrag nicht wäre, könnte ich jetzt schön auf meinem Sofa vor mich hin dösen und den Vögeln beim Singen zuhören. Gut, dass ist jetzt übertrieben dargestellt, doch im Prinzip stimmt es.

Der Großvater geht zum nächsten Grüppchen und verlässt somit die Runde, damit wir für uns sein können. Auch Yosie verlässt uns, denn sie muss in der Küche noch das Essen fertig vorbereiten.

„Also Levi, sicher weißt du schon das Meiste, da ein Dämon schließlich niemals unwissend einen Auftrag annimmt“, fängt der Familienvater an, die Stille zu unterbrechen.

„Stimmt. Wann fangen wir an? Wie viele Opfer sind dem Mörder bereits unter die Fänge geraten?“

„Wie weißt du, dass es ein Vampir ist? Erst fünf, aber es sind trotzdem fünf zu viele.“

Diese Menschen hier verstehen einfach keinen Spaß. Entschuldige, diese Hexen verstehen einfach keinen Spaß. Ihnen fehlt die Lockerheit, die charakteristisch für die Dämonen ist. Sie sehen alle aus, als hätten sie einen Stock im Arsch und sie benehmen sich auch so.

„Nein, vergesst es. Wenn ich Fänge sage, dann meine ich nicht automatisch einen Vampir. Nur Spaß und jetzt entspannt euch wieder, es war nur eine Metapher, nichts ernst zu nehmendes“, wehre ich eine Diskussion über den Humor von dunklen Wesen ab.

„Okay, wenn du meinst. Heute sprechen wir das Thema am besten nicht mehr an und begnügen uns mit Smalltalk. Wo kommst du her, Levi?“, lässt er keine fünf Sekunden vergehen, mich zu nerven.

„Aus der Hölle“, sage ich sarkastisch. Hätte ich gewusst, dass es keiner, außer Kendra versteht, hätte ich meine Klappe gehalten. „Nein, Spaß beiseite. Ich weiß es nicht.“

„Wie kann man nicht wissen, wo man geboren ist?“, mischt sich nun auch Kendra ein.

„Weil das ein wunder Punkt bei meinen Eltern ist. Wenn ich fragen darf, sind die Großeltern väterlichseits nicht anwesend?“, frage ich Kendra und lenke somit von diesen heiklem Thema ab.

„Sie sind tot.“

 

 

 Kendra

 

Levi ist eindeutig ein komischer Kauz. Die Stimmung am Tisch verschlechtert sich zusehends. Er ist also nicht gut auf das Thema seiner Abstammung zu sprechen. Aber seine Eltern kennt er, wie stark muss dann das familiäre Verhältnis schon zerstört sein, wenn man nicht einmal seinen Geburtsort kennen darf.

Als mein Vater Stephan endlich einschritt und das erlösende Wort „Thema - Wechsel“ ertönt, ändert sich die Stimmung schlagartig. Es wird gelacht und die Nachspeise verspeist. Levi, der mir gegenüber sitzt, trinkt gerade genüsslich von seiner Flasche Bier in der Hand. Lässig liegt sein Arm über der Rückenlehne. Ich bemerke gar nicht, wie ich ihn anstarre. Ein dumm verzogenes Gesicht seinerseits lässt mich wieder in die Gegenwart zurückkehren. Auf dieses blöde Spiel werde ich sicher nicht reinfallen. Am liebsten würde ich ihn in eine hässliche Kröte verwandeln.

Meine Großeltern beschließen kurze Zeit später, nach Hause zu fahren. Sie haben eine lange Fahrt vor sich. An der Tür umarmen sie mich noch innig, bevor sie in der nächtlichen Dunkelheit verschwinden.

Wie immer helfe ich meiner Mutter beim Aufräumen. Solche Feiern sind ja gut und recht, wenn nicht immer die ganzen wegräum-, spül- und putzoffensive aufgefahren werden muss.

Gerade als ich um die Ecke mit einem Stapel Teller eile, schrecke ich auf. Levi steht dahinter und erschrickt mich. „Hey Kleine“. Abrupt fallen mir alle Teller runter. Kurz bevor sie zu Boden krachen und in tausende von Splitter zerbrechen, schweben sie in der Luft. Wenn er denkt, er könne so bei mir landen, hat er sich ebenfalls getäuscht.

„Toller Trick, wirklich, du wirst deinem Ruf alle Ehre.“, entgegnete ich gelangweilt. Ich stammle einen Zauberspruch vor mich hin, woraufhin sich alle Teller in Reihe und Glied hinter mich versammeln und mir in die Küche folgen. Dieser Abgang schenkt mir sein Kopfnicken und den erhofften Respekt mir gegenüber.

„Kendra, das habe ich gesehen, was haben wir vereinbart? Keine Hexerei in der Öffentlichkeit und hier oben im Haus. Du weist das niemand von unserer Existenz wissen darf. Nicht umsonst sind wir hier in diese Kleinstadt gezogen.“, zieht sie mich gleich zu Rechenschaft.

„Ja ich weiß, nur im Atelier hexen und in Gefahrensituationen. Die Menschen dürfen nichts von uns wissen. Aber er hat es nicht anders verdient, immerhin hat ER mich erschreckt, dass mir alle Teller runter gefallen sind. Es ist riskant und war vielleicht dumm von mir, aber dieses Gefühl der Überlegenheit konnte ich mir nicht verkneifen, wenigstens dieses eine Mal.“, verteidige ich mich.

„Ja das kann ich verstehen, aber bitte mach das nicht noch einmal. Wenn dich jemand sieht, können wir gleich wieder unsere Sachen packen.

Ich murmelte noch ein Jaja, bevor ich mich in mein Zimmer verziehe.

Nachdem ich meinen Schlafanzug, der aus einem engen, ausgewaschenen Top und einer Boxershorts besteht anziehe, gehe ich ins Badezimmer. Gerade, als ich mich im Spiegel betrachte, meine Haare zu einem halben Dutt hochbinde, ertönt eine Stimme. „So schön nur fürs Bett machen? Erwartest du noch jemanden?“ Levi sitzt an der Badewannenkante und putzt sich gerade die Zähne. Sichtlich überrascht sage ich „Nein“ und nehme ebenfalls meine Zahnbürste, gebe Zahnpasta hinauf und schiebe sie mir in den Mund.

„Von wem hast du die Boxershorts?“, fragte er gleich darauf. Die Bürste in seinen Zähnen gab seiner rauen Stimme einen Dämpfer.

„Eifersüchtig?“, provozierte ich seine unnötigen Fragen.

Daraufhin schüttelt er den Kopf, steht auf, geht an mir vorbei und spuckt eine Mischung aus Speichel, Zahnpasta und Essensresten ins Waschbecken.

„Ich und eifersüchtig? So etwas existiert in meiner Welt nicht. Da gibt es nur das Geben und Nehmen. Genauso wie Friss oder Stirb.“, setzt er nach.

„Aha, also nimmst du dir eine Schlampe und reichst sie dann gleich weiter, nachdem sie dir gegeben hat was du willst?“

„Es muss nicht gleich eine Schlampe sein, aber die sehen das alles wenigstens nicht so ernst wie ihr, normalen Weiber. Mit denen hat man seinen Spaß und Schluss ist, kein Rumgeheule und Gezicke.“, antwortete er.

„Deine Sicht des Lebens ist so was von falsch und nicht zukunftssicher. Was willst du eigentlich hier? Du hast unendlich lange zu leben, siehst die längste Zeit deines Lebens auch noch gut aus, könntest hunderte, wenn nicht sogar tausende von Kinder haben und du könntest für immer und ewig glücklich mit der Liebe deines Lebens zusammen sein. Und du willst einfach nur Spaß haben?“, stelle ich den Herzensbrecher zu Rede. In diesem Fall würde ich immer zu den vor Liebeskummer weinenden Frauen halten, niemand hat es verdient auf diese Weise verletzt zu werden. Am liebsten würde ich ihm so eine reinhauen, dass ihm sämtliche Knochen gebrochen werden und er für immer einen bleibenden Schaden davon trägt.

„Du nennst mich schön? Also findest du mich in „Frauensprache“ Ultra heiß und sexy. Na gut das ich das weiß.“

„Von all dem, was ich dir gerade gesagt habe, gehst du nur auf das ein?! Sorry, aber solche Menschen halte ich für asozial und unkooperativ. Mit dir will ich nichts zu tun haben.“

Ich spucke meinen Mundinhalt aus und stampfe geradewegs in mein Zimmer.

 

In meinem großen Bett kuschle ich mich unter die Federn und denke noch einmal über alles nach. Levi ist heute erst gekommen. Es kommt mir vor als wäre er schon Tage, wenn nicht sogar Wochen hier. Der Mordfall am Fluss, die Feier. Alles war heute. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als endlich diese Mission hinter uns zu lassen. Die Angehörigen haben es verdient den rechtmäßigen Mörder ihrer Verwandten, Familienangehörigen, Kinder oder Bekannten hinter Gitter zu sehen.

Als ich einschlief, träumte ich.

…Es war in eine abgelegene Hütte im Wald. Innern war eine kleine Küche, ein Sofa und ein Fernseher, der seine Besten Zeiten schon hinter sich zu haben scheint. Zahlreiche Bücher liegen in der Ecke und es sieht so aus, als hätte jemand sie durchwühlt, um etwas zu suchen. Im Zweiten Stock war ein gigantisches Bett. Darin lag Levi. Nackt. Nur ein dünnes Betttuch umhüllt sein „bestes Stück“. Wenigstens hier kann ich ihn einmal aus der Nähe betrachten. Er war wortwörtlich eine Augenweide. Sein Oberkörper war sehr muskulös und es thront ein Tattoo auf seiner Brust. Was hat dieser Mann eigentlich nur an sich, das er doch einen bleibenden Eindruck auf mich hinterlässt?

Mein Blick wandert an mir hinunter. Um mich ist nur ein Tuch gewickelt. Es hat denselben Orange-Ton wie das, welches Levi beschlagnahmt. Sicherheitshalber linse ich darunter. Scheiße, ich war auch nackt. Was zum Teufel war den hier passiert? Haben wir...?

Zum Glück sind Träume nicht real.

 

Levi

 

 

Ich liege wach im Bett und starre die Zimmerdecke über mir gelangweilt an. Ich bin weder müde noch ist es eine gute Zeit, damit ich mit meinen Fähigkeiten spiele. Lustig wäre es schon, wenn sie mit verdutzen Gesichtern einen Feuerball vor ihrer Nase schweben hätten. Grinsend denke ich daran, wie ich den Baum, der weiter hinten in ihren Garten steht, anzünde und sie mich dann wütend von ihrem Grundstück verweisen. Damit hätte ich aber nicht dem Vertrag mit Anon erfüllt und ich hätte selber Feuer unterm Arsch. Es ist schon schlimm genug als Dämon, überhaupt auf die Tricks von Anon hereingefallen zu sein. Aber ich war noch jung und dumm, gerade fünfundzwanzig in der menschlichen Zählweise geworden, wann ein Dämon aufhört zu altern, und hatte noch keine Ahnung vom Leben. Deshalb kam es dazu, dass ich einen Vertrag unterzeichnete, und ich bekam einen menschlichen Körper und im Gegenzug schuldete ich dem Höllenherrscher einen Gefallen.

Ich runzele die Stirn und die Falten werden immer tiefer, je angeregter ich versuche dahinter zu kommen, worauf der Höllenfürst hinaus will. Wenn man für eins garantieren kann, dann, dass der schwarze Engel nichts umsonst macht.

Anon ist mit schwarzen Flügeln zur Welt gekommen und die Erzengel haben den Befehl erlassen, dass er verstoßen wird. Er ist ein Fehler unter den reinen Wesen mit den weißen Federn gewesen und ist somit in der Hölle gelandet. Dort ist er von seinen Adoptiveltern, der damaligen Königsfamilie, groß gezogen worden. Seine Mutter, sein Vater und deren Sohn, der Thronfolger wurden aber bei einem Überfall in Kion, der Hauptstadt des Reiches umgebracht und Anon hat die Macht an sich gerissen.

 

Ich fahre zusammen, als etwas im Haus zu Boden fällt. Aus Versehen, als ich in Gedanken versunken war, habe ich meine Ohren auf den Lauscher-Modus gestellt. Das passiert mir nur in Momenten, wo ich mich gehen lasse, weshalb ich auch die Abgeschiedenheit meines eigentlichen Zuhauses vermisse. Ab und zu passiert es, dass sich ein Reh in der Gegend verirrt, aber es herrscht Ruhe. Völlig allein, die Zivilisation fünf Kilometer von einem entfernt, lässt sich das Leben genießen. Nur leider schätzen das nicht alle Personen. Vor allem nicht Kendra.

Ein Blickfang von einer Frau, doch viel zu aufgeschlossen und zu laut für mich.

Mein Kurzzeitgedächtnis packt die Erinnerungen aus dem Dinner hervor und ich lächele leicht. Die Familie hat mir ein Bier aufgedrängt, obwohl das überhaupt nicht mein Geschmack ist. Um die Gastfreundschaft jedoch nicht zu strapazieren, das werde ich in Zukunft noch oft genug machen, habe ich das Angebot angenommen. Naja, es war weniger ein Angebot, sondern ein: Hier ist dein Getränk. Beschwer dich und du findest deine Leiche im Garten verbuddelt vor.

Sehr liebenswürdig, trotzdem habe ich mich gezwungen, einen Schluck nach dem anderen zu nehmen. Ein Glas Wasser oder ein Wein aus dem Jahre 1890 hätte ich definitiv mehr bevorzugt, als dieses Weizen - Gebräu. Aber jedem das seine. Wenn ich ihren Geschmack provoziere, bin ich unten durch und werde von wahnsinnigen Hexen verfolgt, die mir mit alten, fliegenden Besen hinterher jagen. Okay, dass ist jetzt übertrieben, doch ich könnte mir Kendra so gut vorstellen.

Was ich mehr bereue, ist das ich überhaupt Bier getrunken habe. Alkohol hat auf Dämonen eine besondere Wirkung, die man auch Flirtlaune nennen kann. Kendra muss jetzt vollkommen verstört sein, von meinem ungehaltenen Verhalten. Ich bin empört über mich selbst, doch es ist passiert und was geschehen ist, kann man nicht mehr rückgängig machen. Außer man macht einen Vertrag mit Anon. Ich könnte mir für ewig den Kopf einschlagen, bei meiner eigenen Dummheit.

 

Irgendwann im frühen Morgen muss ich wohl eingeschlafen sein, da ich völlig verdutzt aus der Wäsche schaue, als Kendra vor meinem Gesicht hin und her fuchtelt. Verstört drehe ich mich auf den Rücken und blicke in ihr Gesicht empor. Was will sie von mir? Noch in meiner Traumwelt legt sich mein Schalter für den Wachzustand erst um, als mir sexy Kendra eine Ohrfeige gibt.

Während ich meine Wange reibe und sie böse angucke, denke ich darüber nach, wie ich die Frau vor meinem Bett gerade beschrieben habe. Sexy. Sexy! SEXY! Ach du meine Güte, wie tief bin ich nur gesunken? Zuerst dieses schlechte Benehmen beim Dinner und in ihrem Zimmer und dann das. In den ganzen letzten fünfzig Jahren war ich nicht gerade angetan von dem weiblichen Geschlecht. Die ganze Zeit nur das Gerede über Ansehen, Kleidung und Betrug. Bei der Ehre waren sie noch schlimmer als ihre Männer, die einem nur beleidigt ansehen, wenn man ihnen die Lorbeeren vom Kopf reist, aber die Frauen lächeln einem charmant an und planen hinter dem Rücken des Opfers das Attentat. Das ist auch der Grund für meine Zurückgezogenheit. Zum einem die Ruhe und zum anderen kann man niemanden Schaden. Niemanden, außer einem selbst. Aber das nehme ich gerne in Kauf, denn es ist nicht wirklich ein Nachteil.

„Steh auf, du Lackaffe! Wir haben heute noch viel zu tun. Wenn wir zu spät kommen, bist alleine du schuld.“

„Das sehe ich ein. Ich möchte mich außerdem für mein überaus tadelreiches Benehmen gestern entschuldigen. Für Dämonen ist Alkohol nicht gerade gut für das Gemüt. Es macht uns angreifbar“, liefere ich ihr gleich eine Schwachstelle meiner Art. Während ich aus dem Bett steige und durch mein dichtes dunkelblonden Haare fahre, womit ich wahrscheinlich noch einen größeren Wirrwarr auf meinen Kopf verunstalte, als es momentan der Fall ist.

Ich bemerke, wie mir diese sexy Person namens Kendra dabei zusieht, wie ich mein Aussehen zerstöre, das bereits mehr als hinüber sein dürfte, und grinse leicht. Natürlich bemerkt sie es gleich und streckt mir kurzerhand die Zunge heraus. Sie ist in jedem Fall eine Frau, die in mein Beuteschema passt, wenn ich eines hätte. Ich nehme alle Frauen so an, wie sie sind, Hauptsache sie langweilen mich nicht.

Auch wenn ich von außen hin, meistens, eine ruhige und rational denkende Person bin, liegt mein Fokus bei Frauen an frechen und wilden Charakterzügen. Solange es nicht zu laut wird, ich dabei nicht allzu großen Schaden nehme und meine Freizeit habe, ist es mir egal, was sie mit mir macht.

Ich ziehe mir das T-Shirt über den Kopf und hole mir ein Neues aus dem Schrank.

„Was steht heute an?“, erkundige ich mich bei ihr über das Vorgehen. Bis jetzt hat mir keiner Information gegeben, die ich nicht schon wüsste, warum ich nachhake.

„Wir sehen uns die Leiche am Flussufer an. Du weißt bestimmt schon, dass unter den Opfer nur Hexen, Hexer und Magier sind, oder? Deshalb kann nur ein anderes übernatürliches Wesen sie getötet haben. Wenn es ein einfacher Mord wäre, hätte man dich schließlich nicht hierher geschickt.“

„Ja, genau. Gute Analyse vom Geschehen. Habt ihr schon Beweise gefunden?“ Mein Kompliment prallt augenscheinlich an ihr ab, doch ich weiß es besser. Zwar lässt es sie nach außen hin kalt, doch innerlich erwärmt es ihr Herz.

„Sozusagen.“

„Genauer“, will ich ihr die Details aus der Nase ziehen.

„Es ist so, dass keine Beweise vorliegen. Keine Fingerabdrücke, Haare, Stofffetzen oder Waffen, rein gar nichts. Aber mein Vater meinte nur, dass das ein Beweis ist. Ich frage mich nur, wer kann so penibel genau arbeiten und hinterlässt keine DNA?“ Sie blickt ratlos zu mir hinüber und ich verharre in der Bewegung.

 

Kendra

 

„Was schaust du jetzt so dumm?“, warf ich ihm an den Kopf. Ein Kopfnicken und ein Grinsen sollten mir augenscheinlich als Antwort genügen, meint er.

Wie dem auch sei, mache ich mich auf den Weg in die Küche, um dort auf ihn zu warten. Als meine Ohren das Wasserrauschen der Dusche wahrnehmen, werde ich schon wieder so wütend, das ich am liebsten ins Badezimmer laufe und ihn zur Rede stelle. Bisher hat mich niemand so schnell auf die Palme gekriegt wie Levi. Was soll das? Wir wollten doch los.

Jason hat schließlich auch noch anderes zu tun. Er und mein Vater sind hier in der Stadt Polizisten. Sie haben die Bestimmung Menschen zu beschützen und den Beruf verbunden. Nicht etwa weil sie sonst nichts anderes zu tun haben, sie machen dies hauptsächlich, um unauffällig Tatorte zu untersuchen und Beweise festzustellen.

20 Minuten später trudelt er schließlich in der Küche ein. Das Haar hat er zurückgeföhnt und verabreicht ihm so etwas wie eine Anstandsfrisur. Eine dunkelblaue, zerfetze Hose und ein weißes, langweiliges T-Shirt. Der Mann weiß wie man sich anziehen muss. Mein verärgerter Gesichtsausdruck soll ihm dennoch zeigen, wie scheiße ich diese Aktion mit der morgendlichen Dusche finde.

„Das Frühstück kannst du knicken, ich wollte vor 10 Minuten los. Jason hasst es wenn er auf uns so lange warten muss. Immerhin bekommt er Ärger, wenn er uns in die Gerichtsmedizin lässt. Du kannst von Glück reden, das der Gerichtsmediziner selbst ein übernatürliches Wesen ist und uns deckt“, knalle ich ihm an den Kopf. Meines Erachtens kann er ruhig sehen, das er hier nicht alles tun und lassen kann was er will.

„Jaja, ist ja gut. Komm runter. Ich will dem Opfer mit Würde gegenübertreten und nicht stinken wie ein Mülleimer voll mit Sondermüll. Fahren wir jetzt oder willst du noch mehr Zeit verplempern? Ich will nicht schuld sein wenn dein Bruder gefeuert wird.“

Was für ein Arschloch.

Die Fahrt geht stillschweigend zu Ende. Jason wartet bereits am Eingang auf uns. Das erste was er zu sagen hat: „Wieso hat das so lange gedauert?“ Ich kläre es, wie immer, mit: „Du weist das der Verkehr hier schrecklich ist“. Wie jedes Mal kauft er mir das ab. Als wir mit Bill, dem Mediziner alleine sind, klärt er uns über das Mordopfer auf.

„Es handelt sich hier um Kater Balogh, ...“, fängt er zu erzählen an.

„Moment mal, …“, unterbreche ich ihn. „ … Kater Balogh ist der Hexenmeister vom Ortsbezirk 3, also im Osten von Milligan.“

Die Stadt ist vor langer Zeit schon in vier Bezirke aufgeteilt worden. In die vier Himmelsrichtungen. In jeden von denen ist ein Hexenmeister zuständig. Er überwacht und erteilt Hexen Missionen, die sie erledigen müssen. Somit wird gewährleistet, dass allen Menschen hier die höchste Sicherheit zugeschrieben wird.

Bill nickt und rattert seine Recherchen weiter runter. „Jedenfalls ist es augenscheinlich Selbstmord, was ich auch den Polizisten mitteilen werde. Es gibt weder Einstiche oder sonstige Anzeichen eines Gewaltverbrechens. Aber das nächste Detail könnte für euch von Wichtigkeit sein. Jeder Hexer hat ja seine ganz eigene Energie bzw. Kraft. Von Kater hier, ist nichts mehr zu spüren oder zu messen. Das liegt nicht daran das er Tod ist, sondern sie wurde ihm entzogen.“

„Also wurde sie ihm geraubt.“, schlussfolgere ich. „Wer hat Interesse daran, seine Kräfte zu stehlen?“

„Nein, hier muss etwas anderes vorgehen. Niemand kann etwas mit seiner Energie anfangen. Es sei denn, derjenige will ihn auslöschen, damit er keine Kraft mehr hat und ihm in Weg steht.

Wie mächtig waren die anderen?“, fragt Levi, als hätte er einen Gedankenstoß bekommen.

„Es waren Hexen, Hexer oder Magier. Wie stark sie sind, habe ich gemessen, alle sind gewöhnlich und ihm Normalbereich.“, teilt uns Bill mit.

Das alles ergibt doch keinen Sinn. Wieso haben die andern noch Kräfte, Kater wurden sie aber ganz gestohlen. Irgendetwas ist hier faul. Ein Blitzgedanke erfasst mich, den ich sofort sagen möchte, bevor ich ihn wieder vergesse.

„Was ist, wenn den anderen Opfern auch Energie genommen wurde. Nicht so viel, das es auffällt, aber immer noch ausreichend um sie zu töten. Es muss so sein. Ansonsten gibt es keinen Zusammenhang. Bill, könntest du raus finden, ob die andern auch mächtig waren? Nur das verschafft uns Klarheit.“

„Stimmt. Kendra hat Recht. Bitte schauen Sie das nach. Es muss einen sinnvollen Zusammenhang geben.“

Gibt er mir doch tatsächlich Recht. Nun sieht er, dass ich auch für etwas zu gebrauchen bin. Wir verabschieden uns von Bill und fahren zurück.

Mein Bruder und mein Vater sind bei der Arbeit, meine Mutter ist einkaufen. Das heißt ich bin ganz allein mit Levi. Na heilige Scheiße.

„Willst du noch Frühstücken?“

„Wenn es keine Umstände macht“, erwidert er zuckersüß.

Da ich auch noch nichts gegessen habe, würde ich mir jetzt sowieso etwas machen. Ich decke den Tisch und brühe Kaffee auf. Zusammen frühstücken wir. Ohne blöde Kommentare oder nervige Blicke.

Als meine Mutter nach Hause kommt, hat sich Levi ins Wohnzimmer verzogen und glotzt nun in den TV. Den Tisch kann ich auch alleine abräumen, danke der Nachfrage. Also Anstand hat der sicherlich nicht.

Ich helfe meiner Mama den Einkauf auszuräumen. Zum Glück hat sie an meine Lieblings Schokoladentafel gedacht. Genüsslich beiße ich davon ab. Es gibt nichts Befriedigendes als eine Schokoladenexplosion im Mund.

Tja, was soll ich jetzt tun? Meine Mutter habe ich bereits auf neuesten Stand der Dinge gebracht. Levi pennt jetzt vor dem Fernseher und ich stehe dumm in Türrahmen und beobachte ihn, während sein Oberkörper sich immer wieder hebt und senkt.

Kurzerhand greife ich nach meinem Motorradhelm und dem Schlüssel. Im Schuppen steht mein Maschinchen, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Der Sitz ist weich und passt sich perfekt meinem Hintern an. Das Gefühl, frei die Straße runter zu brettern ist so ähnlich wie Schokolade essen, naja außer, dass es nicht fett macht. Ich lass sie aufheulen und lenke sie auf die Straße.

Das Gefühl von Coolness überkommt mich, als ich an die Autos mit geilem Sound vorbeirausche.

Ich fahre und fahre. Nach einer kleinen Runde beschließe ich wieder heimzufahren, da mein Vater und mein Bruder bald heimkommen werden und den weiteren Verlauf der Ermittlungen mitteilen werden. Als ich mich dem Haus nähere, entdecke ich ihn. Er beobachtet mich. Ich biege in die Auffahrt. Stelle sie vor ihm ab. Nehme den Helm ab. Schwinge mich elegant und sexy runter und gehe in einem verführerischen Gang hinein. Ich spüre seine Augen auf meiner Rückenpartie, bis er mir folgt.

 

Levi

 

Ich spüre ihren Blick auf mir, als ich mich schlafend stelle. Eigentlich wollte ich mich nur kurz ausruhen, auch wenn ich heute noch nichts geleistet habe, ist die ganze Sache doch ziemlich ermüdend. Für ein Gewohnheitstier, wie mich, das nur seine Arbeit erledigt und sich um gelegentlich um sein Haus kümmert, ist es viel zu viel Aufregung, für eine Weile sein vertrautes Heim zu verlassen.

Sie verlässt den Raum und ich öffne sofort meine Augen. Ich liege fünf weitere Minuten so da und warte auf ein Geräusch oder ein Zeichen, was mir verrät, was sie vorhat.

Ein Motorengeräusch, das sich verdächtig wie bei einem Motorrad anhört, ertönt in der Ausfahrt und ich stehe in Dämonengeschwindigkeit auf und schalte den Fernseher aus, um ihr dann zu folgen.

Ich öffne die Balkontür und springe die drei Meter nach unten. Als ich den Boden unter den Füßen spüre, rase ich los, damit ich sie einhole. Natürlich halte ich einen Sicherheitsabstand zu ihr, um nicht von ihr entdeckt zu werden. Auf ihre stetig wechselnde Laune habe ich gerade keine Lust. Keine fünf Kilometer von ihrem Haus entfernt, rollt sie mit ihrem Motorrad auf der Straße und starrt nachdenklich in die Ferne. Ich möchte nicht wissen, wie oft ihr schon etwas passiert ist, weil sie sich zu leicht ablenken lässt. Ich selber bevorzuge das Fortbewegungsmittel Laufen, obwohl es mich viel Energie kostet, die ich nur durch Blut wieder auftanken kann. Apropos, ich muss Kendra fragen, ob sich hier in der Nähe irgendwo ein Krankenhaus oder eine Blutspendeeinrichtung befindet, schließlich will ihre Familie, dass es mir gut geht und ich nicht, wie ein Häufchen Elend, auf dem Bett liege und verhungere. Tatsächlich würde es nicht einmal meinem Tod bedeuten, nur das ich in einer Art Wachtraum weiterlebe, bis mir jemand Blut in den Mund füllt und ich mich wieder bewegen kann.

 

Sie fährt ziellos umher und ich frage mich, warum ich ihr gefolgt bin. Vielleicht wegen der Freiheit, die ich beim Laufen spüre? Ja, das muss es sein! Es ist bereits lange her, als ich meine Fähigkeiten zuletzt benutzt habe. Haben diese Hexen nicht auch einen Trainingsraum im Keller? Wenn ja, muss ich ihn unbedingt testen!

 

Bevor sie das Haus wieder erreicht, erhöhe ich mein Tempo und lehne am Türrahmen, als sie die Auffahrt hinauffährt. Sie steigt ab und wirft provozierend die Haare nach hinten, nur um mich dann mit einem verführerischen Gang entgegen zu kommen und mich zur Seite zu stoßen, als sie das Haus betritt. Ich kann leider nicht anders, als ihre Kehrseite zu betrachten und fest zu stellen, dass ihre enge Lederjacke ihre Taille betont und sich ihre Hose eng an ihren Po und ihre Beine anlegt. Ein einziges Wort beschreibt die Erscheinung, der ich folge: Erregung. Meinen Freund lässt die ganze Sache nicht kalt, ganz im Gegenteil, ihm wird mächtig heiß. Hoffentlich liegt es nur an meinem dämonischen Temperament und nicht daran, dass mich Kendra mehr interessiert, als es gut tut.

Ich bin mir im Moment nicht mehr so sicher, ob ich der Versuchung auf zwei Beinen widerstehen kann. Sie ist eine Schönheit, die man erst auf dem zweiten Blick erkennt und das macht die Tatsache, dass ich mich für sie interessiere, auch nicht besser.

 

Sie geht die Treppe rauf zum oberen Stockwerk, wo sich unsere Zimmer befinden und biegt links ab zu ihrem Raum. Ich folge ihr und stoppe erst, als sie im Übergang von Korridor zu ihrem Schlafzimmer steht.

„Willst du mich nerven?“

Ich verlagere mein Gewicht auf das rechte Bein und winkle das Linke ab, damit ich möglichst lässig rüber komme. „Vielleicht.“

„Hast du nichts Besseres zu tun?“ Ich streichele mir über meinem imaginären Rauschebart und stelle mich nachdenklich.

„Nope.“ Sie wendet mir den Rücken zu und möchte mir die Tür vor die Nase zu schlagen. Gerade noch rechtzeitig stelle ich meinen linken Fuß dazwischen und halte sie auf. „Aber, wo du gerade sagst, mir ist etwas eingefallen, was ich dringend benötige.“ Entnervt dreht sie sich zu mir um und faucht mich an. „Jetzt sag schon, was du brauchst! Ich habe nicht alle Zeit der Welt.“ Eine fauchende Hexe. Eine Mieze – Hexe. Wie lustig. Ein neuer Spitzname für meine Lieblingsfrau im Haus.

Um sie noch mehr auf die Palme zu bringen, vergeude ich absichtlich noch mehr Zeit, bevor ich antworte. „Da ich zu 75 Prozent Dämon bin, brauche ich ab und an Blut. Ungefähr einen Liter pro Woche.“

„Du willst damit aber nicht sagen, dass du von mir trinken willst, oder? Ich kann an meinem Hals nuckelnde Dämonen nämlich überhaupt nicht ausstehen, damit du es weißt!“

„Wie kommst du den darauf? Dein Blut schmeckt wie Spargel, absolut geschmacklos.“ Ich klopfe mir gedanklich auf die Schulter für den schlechtesten Vergleich in meinem bisherigen Leben. Wie kann man Blut nur mit Spargel gleich setzen? Außerdem ist es eine glatte Lüge, wenn ich ihren Lebenssaft als geschmacklos bezeichne, da mir der Geruch von Zimt schon die ganze Zeit, in der ich hier bin, entgegenkommt. Ein ausgezeichnetes Blutaroma!

„Ich hasse Spargel! Mein Blut kann gar nicht nach dem Gemüse riechen, da ich es gar nicht esse! Du Lügner!“ Sie hat mich auf frischer Tat ertappt. Das wird nicht gut enden, wenn ich keine Ablenkung für sie habe.

„Wo ist das nächste Krankenhaus?“ Völlig verdutzt blickt sie mich an und ich kann es nachvollziehen. Zwar ist es nur ein halber Themawechsel gewesen, dennoch muss sie sehr in Rage gewesen sein.

„Ähm, warum?“

„Wo soll ich sonst meine Blutquelle herbekommen? Wenn du es mir nicht sagst, muss ich extra meinen uralten, okay, dass ist übertrieben, zweijährigen Laptop hochfahren und dann die Adresse suchen. Wenn du sie mir sagst, bekomme ich viel schneller meine Nebennahrung.“

Sie gibt ein paar grummelnde Laute von sich und geht dann zu ihren Kleiderschrank. Als ich immer noch dort stehe, schreit sie mich an, dass ich vor der Tür warten soll. Zur Sicherheit schließt sie diese ab, um sich in Ruhe umziehen zu können. Oder, was sie auch immer in ihrem Zimmer macht.

Nach einer gefühlten Ewigkeit, obwohl erst dreieinhalb Minuten vergangen sind, steht eine umgezogene Kendra vor mir. „Na los! Willst du warten, bis du alt und grau bist? Nimm die Autoschlüssel und geh schon mal zur Garage vor. Es ist der silberne Audi, welchen wir für die Fahrt zu der Klinik nehmen“, klärt sie mich auf, wohin wir fahren.

Hätte ich gewusst, dass es zwei verschieden silberne Audis gibt, die auch noch identisch für mich aussehen, stände ich nicht ratlos zwischen beiden.

Bevor ich meinen Grundsatz „Probieren geht über Studieren“ auslebe, mustere ich den Schlüssel. Ich bemerke, dass man das Auto auf Knopfdruck öffnen kann und ich drücke auf die entsprechende Taste.

Gemütlich schlendere ich zum Fahrersitz, jederzeit bereit, meine sexy Mieze – Hexe zu kutschieren.

 

Kendra

 

Nachdem ich meine Handtasche geholt habe, gehe ich in die Garage. Im Auto sitzt Levi. Nein, nicht schön brav am Beifahrersitz, sondern am Platz daneben.

„Rutsch rüber. Hier hast du nichts zu suchen.“, ermahne ich ihn.

„Lass mich fahren. Ich kann das verdammt gut“, erwidert er darauf.

„Nein! Hast du überhaupt einen Führerschein?“

„Hab ich zu Hause, also bei mir, vergessen. Sorry.“

„Dann rutsch rüber auf den Beifahrersitz.“, ermahne ich ihn aufs Neue.

„Ach Kendra Liebes, setz dich einfach neben mich, ich fahr auch ganz vorsichtig.“

Was soll ich jetzt bitteschön machen? Rüber rutschen? Weiter mit ihm diskutieren? So einfach will ich es ihm auch wieder nicht machen.

Die Arme verschränkt und mit einer beleidigten Miene nehme ich eingeschnappt neben ihm Platz. Ein verspieltes und belustigendes Lächeln umspielt seine Mundwinkel. Stur schaue ich geradeaus. Er biegt die Ausfahrt hinaus und lässt das Auto mit Wucht auf die Fahrbahn. Dann beschleunigt er sein Tempo.

Wenn er denkt, dass er mit schneller Geschwindigkeit bei mir einen guten Eindruck hinterlässt, hat er falsch gedacht. Ich fahr hier auf dieser Straße, vorausgesetzt ich bin allein, mit mindestens 120km/h entlang. Er hat gerade mal 90 bis 100 am Tacho.

„Darf ich dann heimfahren?“, frage ich ihn lächelnd?

„Vielleicht.“ Ein sichtlich verwirrter Levi, der nicht wirklich weiß, wie im gerade geschieht, will anscheinend keine voreiligen Schlüsse ziehen und das Steuer einer Frau, welche auch noch jünger ist, als er, überlassen. Immerhin war ich gerade noch beleidigt und wütend auf ihn. So ist das eben mit mir, meine Launen kommen und gehen. Manchmal sind sie nervig, weinend oder schreiend, das kann man nie voraussehen. Zu manchen Zeiten habe ich das eigentlich unter Kontrolle, aber seit er hier ist, kommt alles durcheinander.

„Wie willst du jetzt genau an Blut kommen? Vorlügen, du brauchst eine Blutinfusion ohne Wunde?“

„Nein, so ein Schwachsinn. Du lenkst sie ab und ich geh rein und hol mir ein paar Päckchen“, sagt er gespielt gelassen.

„Ich soll sie ablenken? Sonst noch was?“

„Nein, das war`s. Vorerst.“

„Wenn ich das FÜR DICH mache, dann darf aber ich Autofahren.“, schlage ich gleich noch Profit heraus.

Das Gesicht eines Verlierers, wenn es noch dazu von Levi kommt, ist Goldwert. Er kann es überhaupt nicht ausstehen wenn er nicht bekommt was er will.  

 

Durch meine Navigationskünste sind wir bereits 15 Minuten später im Krankenhaus. Das mit dem Ablenken wird nicht schwer werden, da ich sowieso noch etwas fragen muss. Innerlich hoffe ich, dass Levi nichts davon mitbekommt.

An der Rezeption sitzt eine kleine, blonde Frau die sehr freundlich und zuvorkommend wirkt.

„Hallo, ich hätte mal eine Frage und zwar,…“, beginne ich zu sprechen, bis mir Levi ins Wort fällt. „… wo befindet sich hier die nächste Toilette? Ich muss schon die ganze Autofahrt lang.“

„Oh, den Gang hier links runter und dann vierte Tür.“, sprach sie zuckersüß und leichtgläubig zurück.

„So, meine Frage. Ich möchte gerne mit meinem Freund Dave schlafen und habe aber noch nicht die Pille. Können sie mir die verschreiben.“ Gut, das mit meinem „Freund Dave“ ist gelogen, dennoch möchte ich sie auch gerne haben

„Haben sie das mit ihrem Frauenarzt schon abgesprochen? Er muss sie zuerst über die Einnahme und die Risiken aufklären, bevor er ihnen eine verschreibt. Ich kann ihnen gerne einen Termin bei Fr. Cruko geben, sie ist genau die richtige Ansprechpartnerin im Bereich Sex.“, klärt sie mich auf.

„Okay, das wäre großartig.“ Ich vereinbare mit ihr einen Termin, ehe Levi zurückkommt, und mir die Hand auf die Schulter legt.

„Hast du alles geklärt?“, fragt er neugierig.

„Ähm ja, na klar.“

 

Zurück zum Auto entreiße ich ihm die Autoschlüssel und werfe kurzerhand meine Handtasche auf die Rückbank. Ich stelle die Spiegel wieder richtig und schnalle mich an, bis Hr. Blutbeutel endlich einsteigt. Als die Autotür geschlossen ist, starte ich den Motor. Mit einem Affenzahn düse ich die Straßen entlang. Levi, der immer an seinem Gurt umherfummelt und den Türgriff umklammert, bekommt eine noch hellere Gesichtsfarbe als sonst. Die letzte Kurve drifte ich gekonnt. Wie bei einem Viertelmeilenrennen lasse ich den Wagen aufs Ganze gehen. Bei 160km/h stockt leider die Kraft des Audis.

Brummend stelle ich ihn wieder in der Garage ab. Als ich nach meiner Tasche greife, fällt Levi sprichwörtlich schon hinaus.

„Alles okay?“, frage ich so, als hätte ich keine Ahnung, wieso ihm schlecht ist und beinahe ins Auto gekotzt hat.

„Mhm“, murmelt er mir als sehr Informationsreiche Antwort.

Ins Zimmer rauf, schöne Sachen runter, Sportsachen an und die Treppen wieder runter. Kurz bevor ich die Treppe in den Keller beanspruche sehe ich Levi, wie er aus einem Glas rote Flüssigkeit zu sich nimmt. Wie ekelig. Er könnte sich auch einen Pappbecher nehmen, da erkennt man wenigstens nicht gleich was er da für Zeug runterkippt.

Im Keller begebe ich mich in unser „Fitnesscenter“. Dort trainieren wir für unsere Missionen. Meine Muskeln fühlen sich ziemlich erschlafft und müde an. Tagelang habe ich wegen unserem Besuch keine Zeit gefunden, mein tägliches Training zu absolvieren. Am Laufband verbringe ich die meiste Zeit. Ob Jogging oder Sprinten. Egal Hauptsache ich bekomme meinen Kopf frei. Mit der Fernbedienung schalte ich die Stereoanlage an. An mich dröhnen tausende von Schallwellen. Die Zeit steht still wenn ich hier bin. Hier kann ich abschalten und mich endlich auf mich konzentrieren. Das Beste an unserem Keller ist, niemand sieht oder hört uns. Schalldichte Wände. Explosionsstandkräftige Steine lassen keinen Lärm oder Zauber hinaus. Was wird wohl Levi dazu sagen, wenn er von unserem Mittelpunkt im Haus erfährt? Wäre er beeindruck? Fände er es langweilig? Warum mache ich mir darüber eigentlich Gedanken? Das kann mir so was von egal sein. Bald ist er nämlich wieder fort und ich kann mein Leben wieder so wie vorher Leben. Das alltägliche kommt zurzeit einfach zu kurz.

Die Musik stoppt und schlagartig drehe ich mich um. Hinter mir steht Levi mit verschränkten Armen und der Fernbedienung in der oberen Hand. Er mustert mich von Kopf bis Fuß. Mein hautenges Top, meine Laufshorts und meine Nike Schuhe. Was ist daran jetzt so ungewöhnlich?

„Kann ich mitmachen?“, überrascht er mich und es trifft mich völlig unerwartet und überraschend.

 

Levi

 

Die turbulente Autofahrt hat mir den Magen sprichwörtlich in die Hose rutschen lassen. Normalerweise überschreite ich das örtliche Tempolimit so gut wie immer, aber wegen Kendra habe ich mich zurück gehalten. Wie ich das nun bereue…

 

Früher, ganz am Anfang, nachdem ich meinen ersten Schritt auf der Welt machen durfte, bereiste ich die ganze Welt. Und da ich es schnell mag, aber dabei den Komfort nicht vernachlässigen wollte, fuhr ich mit dem Auto von einer Sehenswürdigkeit zur anderen.

Die verschiedenen Kulturen, von denen ich in meiner Kindheit von meinem Vater, der uns, meine Mutter und mich, einmal im Jahr besuchen durfte, schon viel gehört habe, weckten mein Interesse auf der Erde zu leben.

Die Hölle ist zwar auch ein schöner Ort, aber doch lockt das Verbotene. Unglücklicherweise kann man nur durch die Zustimmung von Anon das Reich verlassen und das auch nur auf begrenzte Zeit. Meine Mutter hat die Erlaubnis dazu bekommen und lernte prompt in der Welt meinen Vater kennen. Die übernatürlichen Wesen unterscheiden ganz grundsätzlich drei verschiedene Ebenen: Die Hölle, die Welt und den Himmel. Genug von meinen deprimierenden Erinnerungen, ich brauche Blut!

 

Ich gehe runter in die Küche, nachdem ich mir, für meinen Geschmack, gemütlichere und sportlichere Klamotten angezogen habe, und schenke mir ein Viertel des wieder verschließbaren Blutbeutels in ein Glas. Kurz lasse ich die Flüssigkeit in meinem Trinkgefäß hin und her schwappen und betrachte, wie sie Wellen schlägt. Bevor ich noch in den Bewegungen gedanklich versinke und über Blut sinniere, schütte ich das Glas meinen Rachen hinunter.

Den Blutbeutel lege ich wieder in die Box, in der auch die anderen neun sind, die ich aus dem Krankenhaus mitgehen habe lassen. So viele Behälter mit dem roten Lebenssaft, die dort umeinander gelegen sind, werden die sicher nicht bemerken, dass einige fehlen.

Es ist ziemlich lustig gewesen, wie ich eine Krankenschwester manipuliert habe, die mich auf frischer Tat ertappt hat, dass sie mir eine Tasche bringt, damit ich das Blut transportieren kann. Schade, dass sie sich nicht mehr daran erinnern kann. Wenigstens erspart mir das eine ganze Menge Trubel und ich kann mich ganz auf den Fall konzentrieren, wegen dem ich hier bin. Aber Kendra hat mir da einen Strich gegen die Rechnung gemacht. Hätte ich gewusst, dass sie selbstsicher, lustig und schnell eingeschnappt ist, wäre ich auf Abstand gegangen. Aber seit dem sie mir einen Kinnhaken verpasst hat, hat sich meine Sichtweise ihr bezüglich geändert. Sie interessiert mich und das konnte ich bisher noch von keiner anderen Frau behaupten.

Vermutlich sollte ich mir deswegen Sorgen machen, aber ich beschließe, es einfach auf mich zukommen zu lassen, da ich aus dieser Sache nicht mehr flüchten kann.

 

Ich stelle meine Ohren auf den Lauscher – Modus und stelle fest, dass nur wir uns zuhause befinden. So ein Zufall! Ich freue mich schon, Kendra wieder auf die Nerven zu gehen.

Sie befindet sich im Keller, in dem sich eine professionelle Ausrüstung für jede vorstellbare Sportart ist, dass ich durch ihr Stöhnen und Ächzen wegen der Anstrengung erkennen kann.

Ich horche auf, als sich ihr Atem beschleunigt, also muss sich zurzeit auf dem Laufband auspowern und ihre Kleidung nass schwitzen.

Gut, dass Dämonen nicht so schnell ins Schwitzen kommen und somit nach Stunden Sport immer noch frisch aussehen. Wir haben eine angeborene Ausdauer, die uns ermöglicht unsere Opfer, da wir in die Kategorie Raubtiere fallen, so lange zu verfolgen, bis sie vor Erschöpfung umfallen. Wegen meiner Verunreinigung im Blut, die mich zu 25 Prozent als Hexer kennzeichnet, ist meine Ausdauer unterdurchschnittlich, höchstens mittelmäßig, wenn ich sie ausreichend trainiere. Bis jetzt hat sie zwar meine Zwecke erfüllt, aber heute kann ich mal eine Ausnahme machen und mich sportlich ertüchtigen.

Dabei kann ich auch Kendra beobachten, denke ich mir grinsend.

 

Im Fitnessraum angekommen, betrachte ich den durch geschwitzten Leib meiner Mieze – Hexe. Das weiße Top klebt an ihr, wie eine zweite Haut und ich muss mir eingestehen, ihr Körper ist nicht schlecht gebaut. Sogar recht ansehnlich. Mehr als ansehnlich, es geht eher in die Richtung verführerisch. Ja, das ist eine Beschreibung, mit der ich mich zufrieden gebe.

 

Als hätte sie meine Präsenz gespürt, dreht sie sich zu mir um und schaut mich zuerst schockiert, dann argwöhnisch an. Bevor sie sich zusammen reimen kann, dass ich schon länger dastehe, frage ich, ob es ihr etwas ausmachen würde, wenn ich mich auch sportlich betätige. Daraufhin sagt sie zuerst nichts, anscheinend ist sie noch vollkommen neben der Sache, und ich ziehe eine Augenbraue nach oben, damit sie ihre Aufmerksamkeit wieder mir widmet.

 

„Ja, klar“, antwortet sie auf meine Frage. Nur zwei Wörter und kein einziges davon, ist ein Schimpfwort! Ein neuer Rekord!

Langsam schlendere ich auf die Gewichtsstange zu und lege einige 10 kg Scheiben auf die zwei Seiten, damit sie im Gleichgewicht sind und ich mich verausgaben kann.

Ich spüre ihren Blick auf meiner Rückseite, weshalb ich meinen Hals in ihre Richtung drehe und sie mit einem „Ist was?“ nach dem Grund für ihr permanentes Starren frage.

„Nein, was sollte sein?“, speist sie mich mit einer Gegenfrage ab und drückt den Startknopf für das Laufband, das sogleich seine Funktion aufnimmt und sie nicht mehr mit mir reden kann, denn sie konzentriert sich völlig auf das Laufen.

 

In einem stillen Übereinkommen, dass niemand ein Wort sagt und somit die Ruhe unter uns zerstört, trainieren wir weiter. Ich erhöhe nach jeweils fünf Hieben die Gewichte jeweils um fünf Kilo auf jeder Seite, da ich auch nach 180 Kilogramm noch keine Anstrengung verspüre. Als keine Gewichte mehr da sind und die Stange auch schon voll beladen ist, möchte ich meine liebe, verführerische Hexe nach einer anderen Option für das Gewichtheben fragen.

Aber Jason unterbricht uns, indem er uns mit seiner Anwesenheit beehrt und uns mitteilt, dass die Ergebnisse über die Energie der toten Hexer und Hexen vorliegt.

„Kendra hatte recht. Ihnen fehlt zwar ein Teil der Zauberkraft, sodass sie gestorben sind, aber es ist immer noch welche in ihrem Körper.“

„Ha, was ich nicht gesagt habe!“ Warum sieht sie mich nun so besserwisserisch an? Ich setze den gleichen Gesichtausdruck auf und wir starren uns an.

„Eigentlich wollte ich euch zum Gerichtsmediziner begleiten, um euch die Ergebnisse zu zeigen. Aber so wie es gerade aussieht, habt ihr Besseres zu tun. Ich gehe dann mal wieder. Ihr könnt es dann Dad erklären, warum ihr nicht dort wart.“

Ich ignoriere sein Verschwinden gekonnt und sehe Kendra weiterhin tief, wenn auch grundlos, in die Augen. Erst jetzt bemerke ich ihre bezaubernden blauen Augen, die so tiefgründig und hypnotisierend sind, wie die Galaxie. Augen zum Verlieben. Was denke ich da? Lieber wir statten der Obduktion einen Besuch ab, bevor ihr Dad wütend wird.

 

„Da seid ihr ja“, werden wir auch schon herzlich von Bill begrüßt. „Cole Beckansale `s, dem ersten Opfer, Energie beläuft sich auf den prozentualen Anteil von acht Prozent und ist damit die höchste rückständige Kraft. Die Energie der anderen vier Opfer ist ebenfalls unter dem Minimum von zwölf Prozent, und nimmt stetig ab. Das fünfte Opfer, ein auszubildender Hexenmeister namens Travis Reinolds, hatte nur noch zwei Prozent der Energie im Körper, als er gestorben ist.“

 

„Der Mörder ist anscheinend ziemlich gierig. Am Anfang war er sich noch nicht so sicher, wie alles funktioniert und hat nur so viel Energie geraubt, dass sie tot umfielen, aber je mehr er der unwiderstehlichen Anziehungskraft erlegen ist, desto mehr wollte er. Kater Balogh war der Erste, dem die ganze Energie geraubt worden ist, doch er wird nicht der Letzte sein, wenn wir nichts unternehmen.“

 

 

Kendra

 

Die gesamte Rückfahrt muss ich ständig an die Art und Weise des „Tötens“ denken. Es ist ein Angst einflößendes Gefühl, wenn man bedenkt, dass es jeden von uns treffen kann. Der Gedanke eines meiner Familienmitglieder deswegen zu verlieren ist so schmerzhaft das ich mich regelrecht ans Lenkrad klammere. Levi, der augenscheinlich tief in seinen eigenen Gedanken versunken ist, schaut stur aus dem Fenster.

Es ist so viel passiert mit dem wir fertig werden müssen. Die besten unseres Fachs sind getötet worden und wir müssen dieses mysteriöse Rätsel lösen. Ich habe aber keine Ahnung, wie wir auch nur ansatzweise vorgehen sollen. Wo wird der nächste Mord geschehen und wenn wird es treffen? Es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir dem nächsten Opfer hilflos gegenübertreten müssen. Äußerlich wirke ich gelassen und nehme alles auf die leichte Schulter. Innerlich tobe ich und möchte den Mistkerl, der meines Gleichen so etwas angetan hat, bluten sehen. Niemand hat das Recht über das Leben eines anderen so bestimmen zu dürfen.

Levi wirkt sehr nachdenklich und bedrückt. Ich ringe mit mir, ob ich anhalten und mit ihm reden soll. Manchmal ist es einfach leichter seine Sorgen anderen anzuvertrauen. Durch unseren speziellen Lebensstil habe ich keine Zeit für Freunde. Demnach kenne ich das Gefühl alleine zu sein. Ich lenke mich immer mit Sport, Lernen oder Lesen ab. Dann kann ich alles vergessen, wenn auch nur für eine Weile. Das Leben eines fiktiven Charakters in einem Buch ist für mich dann die Art von Leben, nachdem ich mich sehne. Die Realität ist nichts für mich. Innerlich lebe ich in einer großen und weit reichenden Gedankenwelt, die mir nichts und niemand nehmen kann.

Umso mehr liegt mir dieser Fall am Herzen. Den Menschen wird alles geraubt. Die Gaben und die Lebensfreude. Phantasien und Ideen. Jeder von uns ist einzigartig und atemberaubend. Jeder auf seine eigene Art. Ich werde denjenigen zur Rechenschaft ziehen, der dann für ewig im Höllenfeuer schmoren wird!

 

Den Wagen parke ich in der Garage. Regungslos verharren wir auf unseren Ledersitzen. Eiskalte Stille liegt in der Luft. Wie konnte die Stimmung nur so frustrierend werden?

Mein Kopf wandert langsam zur Seite, sodass er in mein Blickfeld huscht. Sein Kopf ist gesenkt und die Arme verschränkt. Man kann fast annehmen, er ist beleidigt.

„Alles in Ordnung, Levi?“

Sein Blick wandert in meine Richtung.

„Na klar, wieso denn nicht?“

„Ich mein nur. Du siehst ziemlich mitgenommen aus.“

„Kendra?“

„Ja?“

„Wieso soll ich mitgenommen sein? Das hier ist ein Job. Mein Job. Mitgenommen? Diese Leute kenn ich nicht und sind mir egal. Ich muss hier nur meinen Job erledigen.“

Mit dieser Antwort habe ich nicht gerechnet.

„Hier geht’s dir also nur um einen Job. Besitzt du überhaupt so etwas wie Gefühle? Genauer gesagt: Mitleid mit den Familien, die jetzt ihre Lieben verloren haben?“

„Nein.“ (lügt er mich an.) So wie ich ihn bis jetzt kennen gelernt habe, habe ich nicht viele Emotionen von ihm gesehen. Mein Gefühl sagt mir aber, dass er diese nur vor anderen verbirgt. Levi ist ein verschlossener Mensch, der am liebsten mit sich alleine ringt. Dies kenne ich nur zu gut.

 

Der Weg aus der Garage kam mir noch nie so lang vor. Jeder Schritt beansprucht meine volle Aufmerksamkeit um nicht über meine eigenen Füße zu stolpern. Auf meinem Rücken spüre ich verstohlene Blicke.

 

Als ich auf meinem Vater traf, kläre ich ihn schnell über den neuen Stand der Dinge auf. Auch er war ziemlich erschrocken über die Todesursache. Dieser Fall wird immer unheimlicher.

 

Dieser Tag war ziemlich hart. In meinem Zimmer ziehe ich mir meine Jogginghose und ein schlabberiges T-Shirt an. Rückwärts lasse ich mich auf mein Bett fallen, das eine ziemlich befreiende Wirkung erzielt.

Ein paar Minuten verharre ich in dieser Position ehe ich mich in die Küche aufmache. Mein Magen knurrt immer lauter.

Kurz vor der Tür vernehme ich Stimmen.

„Das ist schade, wenn du auch nicht weißt, was wir als nächstes machen sollen.“ Meine Mutter spricht mit Levi.

„Ja, es ist sehr schwer den Mörder einzuschätzen. Eine Struktur dahinter zu erkennen bzw. seine nächst möglichen Opfer ausfindig zu machen wäre schon viel wert.“

„Wie dem auch sei. Du wirst das schon hinbekommen. Ich möchte auch noch über etwas anderes mit dir reden. Kendra benimmt sich zurzeit anders. Sie ist viel aufgebrachter und hysterischer als sonst.“ Ich glaub ich hör nicht richtig. Mein Verhalten ist wie immer. Naja, ein wenig durcheinander bin ich schon. Aber das ist mit den gegebenen Umständen wohl auch nichts ungewöhnliches, oder?

„Ich glaube, der Grund wieso sie sich anders als sonst benimmt bist du Levi. Sie hat nach meiner Einschätzung ein Auge auf dich geworfen und ich möchte das du…“ Stürmisch eile ich in die Küche. Das darf doch nicht wahr sein. Das stimmt überhaupt nicht!

Ich will nicht, dass sie wissen, dass ich gelauscht habe. Dieses Gespräch zwischen Levi und Mam verdränge ich schnellst möglichst und versuche mir nicht anmerken zu lassen, was meine Ohren da gehört haben.

Ich stecke Toastbrot in den Toaster und drehe mich um, während mein Brot röstet. Zwei Gesichter schauen mir entgegen.

„Ist etwas?“, gebe ich mich ahnungslos.

„Nein, nein, wir unterhalten uns nur über die Morde.“, erzählt meine Mutter gelangweilt.

„Dann passt es ja. Neuigkeiten?“

„Nein, wir müssen raus finden, wen der Mörder als nächstes im Visier hat. Nur dann können wir das weitere Vorgehen planen.“, mischt sich nun auch Levi ein. Vor ihm liegt ein belegtes Brötchen, welches schon zur Hälfe verspeist ist.

„Das sollte wohl kein Problem sein.“, antworte ich.

„Wie meinst du das?“

„Die Opfer waren alles bekannte Gesichter. Dann brauchen wir eine Liste mit allen bekannten Hexen, Hexer und Magier und tatatata, schon haben wir Namen, die infrage kommen.“

„Das wir da nicht gleich darauf gekommen sind! Kendra, du bist ein Genie. Ich werde gleich Jason informieren. Er soll eine Liste mit den stärksten Hexer fertigen.“, sprudelt es voller Tatendrang aus Yosie‘s Mund.

 

Das Telefon beendet ihren Ideenfluss. Am Telefon erscheint Jasons Name. Meine Mutter hebt ab. Wir hören nur mhmmhm und ja ja. Dann teilt sie unsere neuen Informationen mit. Sie legt den Hörer beiseite und blickt uns an.

„Ein weiteres Opfer ist gefunden worden. Ihr sollt euch gleich aufmachen und den Tatort besuchen. Die Polizei ist noch nicht vor Ort. Ich verschaffe euch ein Zeitfenster von 20min. Macht was daraus. Am Waldrand soll sich jemand erhängt haben.“

Opfer Nummer sechs.

2.Teil

Levi

 

Mein Instinkt sagt mir, dass etwas an der Sache faul ist. Damit meine ich nicht den Geruch nach Granatapfel, der sich durch das Duftbäumchen in Kendra`s  Auto befindet. Ist schließlich ihre Entscheidung, wenn sie meine Luft verpesten möchte.

Dann sterbe ich eben einen langweiligen Tod. In meiner Sterbeanzeige wird stehen: Getötet durch Duftbäumchen. Dieser Gedanke lässt mich über meine eigene Fantasie lächeln, was natürlich nicht unbemerkt bleibt.

„Warum grinst du so? Hast du Drogen genommen?“ Laut ihrer Mutter soll sie nur wegen mir so drauf sein. Wie komme ich nur zu so einer Ehre?

Zugegen sie ist eine Schönheit und ihr Charakter ermüdet mich nicht, aber geht es noch neugieriger? Ja, sie ist Kendra, sie muss allem noch das Sahnehäubchen aufsetzen, um die Angelegenheit zu versüßen, oder zu verschlimmern. Je nachdem, wie man es auffasst. Mittlerweile habe ich mich sogar schon an sie gewöhnt und könnte mir die Welt nicht mehr ohne die schlagfertige und zur Gewalt neigende Mieze – Hexe vorstellen. Wie öde mein Leben doch war.

„Muss ich mich wegen einer Zuckung meiner Muskulatur rechtfertigen, oder klärt sich die Sache von alleine? Außerdem bin ich seit Jahren clean. Die Drogen haben ihre Anziehung auf mich verloren.“ Hoffentlich ist sie still. Weit gefehlt, denn mit meiner Vergangenheit scheinen ihr noch mehr Fragen im Kopf zu schwirren.

„Ehrlich? Du hast Rauschgift konsumiert? Ich kann mir dich gar nicht als abhängiger, rauchender Hippie - Dämonenhexer vorstellen. Das ist einfach … absurd.“

Nett. Sehr nett. Wirklich sehr nett von ihr.

„Ich bin bei weitem kein Hippie gewesen. Auch wenn es einen gewissen Reiz hat, sich mit Blumen zu zieren und Schlaghosen zu tragen, ist es, wie du behauptet hast, ziemlich absurd, mich als faulenzender Gesellschaftsaussteiger vorzustellen. Ebenfalls, damit deine, wenn auch nicht direkt danach gewünscht, Fragen zu beantworten, ich habe nur ein paar Mal, um genau zu sein, fünf Joints geraucht. Leider ist die Wirkung viel zu schnell verfolgen, wenn ich überhaupt eine gespürt habe. Drogen haben eben nicht die gleiche Wirkung, wie Alkohol, auf uns Dämonen. Wir sind dagegen immun, ich, als Dämonenhexer, abgehärtet.“

Sie mustert mich von der Seite und ich ziehe nur eine Augenbraue nach oben. Was will sie?

„Woher hast du den plötzlichen Rededrang?“

Auch ein Dämon möchte einmal seinen Mund benutzen. Das sage ich ihr aber nicht, sonst kommt sie noch auf falsche Gedanken. Und darauf kann ich im Moment verzichten. Gut, dass war übertrieben, doch ich muss mich auf die Morde konzentrieren und nicht auf den trainierten, und zugleich femininen, Körper von Kendra, den ich in Gedanken ausziehe. Mist! Ich denke daran. Scheiße! Ich blicke nach unten und blicke einer bildenden Erektion entgegen. Schnell lege ich meine Hände darüber, jedoch so, dass man nicht mitbekommt, was sich unten abspielt. Warum muss ausgerechnet mir so etwas passieren, verfluche ich mein Schicksal.

„Ich rede halt gerne. Aber das wissen nur einige wenige.“ Stimmt eigentlich. Dämonen lieben die Geheimhaltung ihres Lebens und geben nur so viel, wie nötig, über sich selbst preis. Dennoch steht an erster Stelle ihrer Vorlieben das Lügen.

Ich kann mich noch an meine Höllenzeit zurückerinnern, aussprechend gut, und da habe ich so viel gelogen, wie die Engel die Wahrheit sagen. Also um es kurz zu fassen: Immer.

 

Die restliche Autofahrt verläuft stillschweigend und ich mache mir keine Sorgen, wegen ihrer Enttäuschung, die ich beinahe am eigenen Leib erfahre. Als Dämon hat man es eben nicht leicht. Warum müssen wir auch die Emotionen riechen können. Zugegeben, ich nehme sie nur dann wahr, wenn sie wirklich stark vorhanden sind, trotzdem ist es nicht sehr angenehm, die Bitterkeit in der Atmosphäre zu fühlen. Da fühle ich mich schlecht. Und ich kann nicht mit Schuldgefühlen umgehen, auch wenn ich nicht weiß, wieso sie sich schlecht fühlt. Es ist momentan die gleiche Lage, in der ich mich auch schon in der letzten Autofahrt befunden habe. Hm, soll ich sie fragen oder nicht? Zweiteres erscheint mir sinnvoller, deshalb verlässt kein Laut meinen Mund. Fest presse ich ihn zusammen, damit ich nicht dem Verlangen sie zu fragen, überhand nimmt.

 

Nach einer Weile sind wir am „Waldrand“ da, irgendwo mitten in der Pampa. Wenn Kendra nicht gewusst hätte, was mit „Waldrand“ gemeint ist, hätten wir das riesige Gebiet abfahren müssen, um überhaupt hierher zu finden.

Durch meine Mieze – Hexes Wissen stehen wir nun im Wald und machen uns auf den Weg zum Tatort.

Meine Armbanduhr, die ich immer zu pflegen trage, egal wo ich mich befinde, zeigt kurz nach acht Uhr abends an. Einige Minuten bleiben uns noch, bis die Polizei eintrudelt, wobei ich hoffe, dass Jason sein Bestes gibt und noch mehr Zeit hinauszögern kann. Schlimmstenfalls kann ich die Gesetzeshüter manipulieren, damit würden wir theoretisch eine Unendlichkeit haben, um die Leiche zu untersuchen. Theoretisch. Unglücklicherweise würden immer mehr Personen kommen, die eine Leichenbeschau machen wollen und so viele Menschen möchte ich nicht handhaben. Das wäre zu viel Verantwortung, die mein Kopf nicht schaffen kann. 

 

Der kurze Fußmarsch zu dem sechsten Opfer erweist sich Marsch in den Tod, denn uns erwartet, neben einer ziemlich lebendigen Leiche, eine Unmenge an Arbeiterdämonen. Dämonen der untersten Schicht, die ihr ganzes Leben nur monotone Arbeit in der Hölle verrichten, um es den Herrschaften so bequem, wie möglich zu machen. Sie erfüllen, neben den Zweck als kostenlose Sklaven, noch die Einbindung in die Armee eines Beraters.

Diese Dämonen hier sind wohl ausgebüchst und suchen nach Bestrafung. Durch mich.

Ich zücke mein Kurzschwert, das ich immer unter dem Unterteil meiner Hose trage, und mache mich bereit, den Dämon, der sich als Leiche getarnt hat, sprichwörtlich zurück in die Hölle zu schicken.

Bevor ich ein Gemetzel verursachen kann, stoppt mich Kendra mit ihrer Hand, die sie auf meine Brust legt.

Dagegen bereiten sich die Dämonen auf einen Angriff meinerseits vor und stürmen deswegen auf uns beide zu. „Was ist? Wir haben gerade keine Zeit für eine langwierige Diskussion! Die können wir zuhause führen!“, blaffe ich sie an. Sie schürzt nur die Lippen und gibt schließlich einen, definitiv für den Abend prägende, Sätze von sich: „Lauf, du Dummerchen! Wir sind in der Unterzahl und sogar du Dämon kannst sie nicht alle auf einmal besiegen. Wir können noch so stark sein, aber dieses Mal macht`s die Anzahl an Kämpfern aus. Und jetzt schnell, bevor sie uns erreichen!“

                                                            

                                                           Kendra

 

Das innere des Waldes entpuppt sich als düsterer Ort. Die Nacht begrüßt uns mit der einkehrenden Dunkelheit. Blind laufen wir über Zweige und Blätter, die unter unseren Füßen knacksende Geräusche von sich geben. Hinter uns stürmt eine ganze Armee von hässlichen Fratzen, um uns zu töten.  Die Verwandlung zu einem normalen Menschen ist noch nicht völlig ausgereift. Es lassen sich nur einzelne menschliche Umrisse erkennen. In deren schleimigen oder knochigen Händen blitzen scharfe Waffen auf. Neben der Tatsache, dass wir eindeutig in der Unterzahl sind, haben wir keine einzige Waffe dabei. Naja, bis auf Levis Messer. Doch ich bezweifle stark, dass er damit alle töten kann.

„Wir müssen uns etwas einfallen lassen. Lange können wir nicht mehr davonlaufen. Sie holen ein.“, mache ich den ersten Schritt zu einer Lösung.

„Ach ja, und was schlägst du vor? Uns stellen?“

„Nein, so ein Schwachsinn!“, gebe ich kleinlaut zu.

Im Entferntesten meines Gehirns erleuchtet eine Glühbirne. Wieso sind wir Hexen, wenn wir unsere Gaben nicht einsetzen. Ich murmle einen Zauberspruch, die wir in solchen Notfällen immer parat haben müssen. Nun bin ich meinem Vater dankbar, dass er uns monatlich testet.

In meiner Hand erscheint eine leuchtende Klinge. Wenn man es genau nimmt, ist es ein Dolch. Levi blickt erstaunt zu mir hinüber.

„Gute Idee. Kannst du mir auch eine her hexen?“

„Was? Nein, das geht nicht! Jeder Zauber wird auf die jeweilige Person abgestimmt. Das weißt du doch!“ Wenn eine Hexe oder Hexer so einen Spruch sagt, wird dieser Gegenstand automatisch auf diese Person bestimmt. Niemand sonst kann damit etwas anfangen. Es würde zu Staub zerfallen.

„Dann sag mir den Spruch! Ich hab es nicht so mit lernen.“

„Das dauert zu lange, gib mir deine Hand.“, fordere ich ihn auf. Wir umschließen unsere Finger. Ein elektrostatischer Blitz durchzuckt meinen Körper. Eine Woge der Unvernunft und der Verheißung wir in meinem Körper auferweckt. Ein atemberaubendes Gefühl.

„Eine Klinge der Stärke, der Kraft und des Kampfes.“ In seiner Hand erscheint ebenfalls eine nützliche Waffe.

Mit Handzeichen besprechen wir das weitere Handeln. Unsere Wege trennen sich. Er bleibt bei einem Baum rechts stehen, ich auf der linken Seite. Gemeinsam warten wir auf unsere Angreifer. Mein Puls schlägt mir bis zum Hals. Das Warten, welches mir wie eine halbe Ewigkeit scheint raubt mir sämtliche Instinkte. Mein Blick wandert zu Levi. Mit einem Kopfnicken weißt er mich zu der nächsten Handlung auf. Angriff.

Nachdem ich nochmals tief Luft geholt habe, stürme ich genau im richtigen Moment hinter dem Baum hervor.  Der Überraschungsmoment ist auf unserer Seite. Die Dämonen sind sichtlich erstaunt, bevor sie in den Angriffsmodus wechseln. Dazwischen bleibt uns noch ein kleiner Augenblick, ehe wir die ersten paar abstechen. Jahrelang trainiere ich schon, damit ich genau für so etwas bereit bin. Gekonnt hole ich zum ersten Hieb aus. Eiskalt steche ich der ersten, mordlustigen Abscheulichkeit mitten ins Herz. Schwarze Flüssigkeit fließt aus der Wunde. Danach fällt er zu Boden und zerfällt zu Staub.

„Hinter dir!“, dringen mir Levis Worte an mein Ohr. Blitzschnell drehe ich mich um. Ein weiterer Dämon marschiert auf mich zu. Ich falle einige Schritte zurück, bis ich auf etwas stoße.

Levi. Rücken an Rücken kreisen wir einmal mit unseren Waffen in der Hand herum. Wir sind umzingelt von sechs Höllentieren. Eine weitere Minute verstreicht. Es könnte sich auch nur um Sekunden gehandelt haben, ehe ich „Jetzt“ brülle. Brutal stürmen wir mitten in den Kampf. Die Messer klirren und aufgewühlte Asche liegt in der Luft. Einen nach den anderen schlachte ich ab. Blutrünstig und gierig nach Blut. So habe ich mich noch nie erlebt. Das Adrenalin kocht in meinem Adern über. Völlig in meinem Element versunken. Zusammen mit Levi - ein unschlagbares Team. Ein unsichtbares Band vereint uns. Dieser Gedanke schenkt mir viel Kraft und Energie. Wir ergänzen uns prima. Der eine Sticht zu, der andere gibt Rückendeckung. Dieser Vorgang wechselt und wiederholt sich so oft, bis alle zu Staub zerfallen sind.

Müde breche ich zu Boden. Die Asche haftet an meiner Lieblingshose.

„Komm Kendra, steh auf. Wir müssen weg hier. Es können noch mehr hier sein.“ Behutsam legt er seinen Arm um mich und hilft mir wieder auf die Beine.

Im Joggingtempo versuchen wir ein paar Meter zwischen uns und den Ort des Verwüstens zu bringen.

Als wir an auf einen Bach stoßen, folgen wir dessen Lauf. Dort erst verlangsamen wir unsere Geschwindigkeit. An Levis Arm erblicke ich eine Schnittwunde.

„Warte mal.“ Abrupt bleibt er stehen und dreht sich zu mir. Sein Anblick ist wirklich verführerisch. Die markanten Gesichtszüge und seine Haltung. Die enge Lederhose schmiegt sich sexy um seine muskulösen Beine. Zusammen mit dem Hexenmesser gleicht er einem erfahrenen Krieger. Mein Beschützerkrieger. Was? Was rede ich da für wirres Zeug?

Den Gedanken schlage ich aus meinem Kopf und nähere mich seinen Arm. Das Verlangen ihn zu berühren wird zunehmend stärker. Es erfordert meine ganze Konzentration mich nicht in seine Arme zu stürzen. Ich ringe mit mir, bevor ich mit der Handfläche seine Wunde begutachte.

„Nur ein Kratzer. Ist gleich wieder verheilt.“, erwidert er mit einem sanften Flüstern. Seine Körperwärme strahlt förmlich auf mich über. Es fällt mir schwer, aber ich wende mich von ihm ab und übernehme die Führung. Ein echtes und ausgelassenes Lachen, verbunden mit einem Kopfschütteln ertönen hinter mir. Das ist das erste Mal, dass er in meiner Gegenwart so offen ist. Das gefällt mir. 

Wir steigen einen kleinen Hügel hinunter. Der Boden ist felsig und rutschig. Gemeinsam suchen wir Halt beim andern um heil anzukommen. Einen Plan, wie wir weiter vorgehen werden, haben wir noch nicht getroffen, weshalb ich dies als nächsten Aufgabenpunkt festlege. Unterhalb des Hügels, wo auch der Bach wieder vorbeifließt bleibt Levi stehen.

„Warte mal kurz.“

„Was ist los?“, melde ich mich beunruhigend.

„Hier. Eine kleine Hölle. Ruhen wir uns aus.“

Wir beide waren völlig fertig. Zu einer kleinen Verschnaufpause kann ich nichts sagen. Wir lümmeln uns in den kleinen Felsvorsprung. Der Himmel hat sich nun sehr verfinstert und es wird zunehmend kälter. Ich beginne zu frösteln.

Levi sammelt Holz und bereitet ein Feuer zu. Gerade noch rechtzeitig, denn der plötzliche Platzregen stimmt unserem Vorschlag eines Zwischenstopps zu.

 

Levi

 

„Erzähl doch mal was über dich?“

„Wieso sollte ich?“ Ich verfüge über überhaupt kein Verlangen danach, mir den Mist von der Seele zu reden, der sich dort angesammelt hat.

„Mir ist langweilig. Außerdem tust du immer so, als wärst du ein verschlüsseltes Buch, das niemand knacken kann. Da hast du dich aber mit der Falschen angelegt, denn ich werde dich nicht in Ruhe lassen, bis du mir erzählst, was du so treibst. Ich meine damit nicht deine Tätigkeit als Helfer in der Not. Ich kann auf deine Geschichten verzichten, in denen es um die Rettung edler Jungfrauen geht, die du schwängerst und sie alleine zuhause zurück lässt.“

Ok. Das muss zuerst mal sacken. Abgesehen davon, dass es so gut wie keine Jungfrauen über achtzehn mehr gibt, die mich interessieren würden, hat es noch nie eine Frau gegeben, die mich so wahnsinnig gereizt hätte, dass ich ihr ein Kind machen würde.

„Du weißt genauso gut wie ich, dass das nicht meine Art ist. Deshalb ist deine Unterstellung mehr als übertrieben, sogar für deine Verhältnisse. Und bevor du mich als … irgendetwas, was auch immer dir einfällt, beschimpfst, habe ich noch nie einer Frau meine Spermien überlassen.“

Sie sieht mich geschockt an und klappt ihren Mund, wie ein Fisch, auf und zu. „Meinst du mit diesen Worten, dass du, während deiner ziemlich langen Lebenspanne, keinen Sex hattest? Noch nie?“

Wie kommt sie denn darauf? „Ich habe nie behauptet in Abstinenz zu leben. In der Hölle ist es nicht gerade vorteilhaft einen Keuschheitsgürtel zu tragen, weil man ansonsten zum Gespött der Menge wird.“

Sie legt ihre beiden Hände, jeweils eine, auf ihre Oberschenkel und lehnt sich vor, was mir einen ausgezeichneten Anblick ihres Dekolleté beschert. Mir rinnt das Wasser im Mund zusammen und ich möchte am liebsten ihren Ausschnitt nach oben ziehen, bevor ich über sie herfalle. Leider kommt es bei Frauen selten gut an, wenn man sich wie ein triebgesteuertes Tier benimmt.

 

„Aber du hast gerade behauptet, noch nie eine Eizelle befruchtet zu haben, wie kannst du dann Sex gehabt haben?“

„Ich dachte, du wüsstest diese praktischen Dinge namens Kondome zu schätzen. Anscheinend ja nicht, wenn du auf Verhütung verzichtest.“ Zur Bekräftigung meines Gesagten wühle ich in meiner rechten Hosentasche, in der sich viel nützlicher Schnick – Schnack befindet. Die Hosentasche des Mannes ist vergleichbar mit der Handtasche einer Frau. Ich ziehe eine kleine, viereckige Packung aus ihr und halte Kendra das Kondom der Marke Durex unter die Nase.

„Soll ich jetzt daran riechen, oder was möchtest du mit deinem Theater bezwecken? Es ist ja nicht so, als das ich nicht wüsste, was man mit diesem Ding macht.“

„Du bist gebildeter, als ich gedacht habe“, ärgere ich sie. Ich bin mir die ganze Zeit unseres Gesprächs im Klaren gewesen, dass sie über diese Mittel Bescheid weiß. Es ist nur so belustigend zu sehen, wie ihr Gesicht, von oben bis unten, vor Wut rot anläuft. Auch ihr restlicher Körper verändert sich permanent, je länger wir reden. Sie beugt sich immer weiter nach vorne, ihr Haar wirft sie öfter, als nötig, nach hinten und sie kann nicht mehr ruhig am Boden sitzen. Andauernd bewegt sich ihr Hintern über den Untergrund und gibt merkwürdige Geräusche von sich. Der Stoff ihrer Hose und der raue Boden geben ihr Bestes, meine Konzentration auf sie zu halten.

 

„Ähm, das ist jetzt eine sehr persönliche Frage, aber ich habe noch nie einen Freund gehabt. Ich meine damit einen Kumpel, nicht das du etwas Falsches von mir denkst. Ja, also, da wir Zeit miteinander verbringen, frage ich mich eben schon die ganze Zeit, ob du mich magst. Nicht, dass du mit mir zusammenarbeiten musst, währenddessen du mich eigentlich nicht ausstehen kannst.“

„Ich mag dich“, bringe ich perplex hervor. Das wollte ich eigentlich nicht sagen, naja, nun ist es schon heraus und ich kann momentan nichts dagegen machen.

Sie erhebt ihr Gesicht, wobei ich gar nicht mitbekommen habe, dass sie ihr wunderschönes Antlitz gesenkt hat. Ihre schwarzen Haare sind verwuschelt und ich möchte sie am liebsten mit meinen Fingern durchwühlen. In ihren Augen bildet sich der Anschein von Fröhlichkeit und ihre vollen, rosanen Lippen verziehen sich zu einen schmallippigen Lächeln.

„Ehrlich?“

„Habe ich doch gerade gesagt. Hörst du mir etwa nicht zu. Ich bin meisten aufrichtig zu Menschen, die ich akzeptiere, wenn nicht meine dämonische Seite ihr Bestes gibt.“

 

„Ja, schon …“, unterbreche ich sie, bevor sie etwas Falsches sagt, dass sie später bereut. „Vielleicht ist Schlafen jetzt die beste Möglichkeit, um den Tag ausklingen zu lassen. Findest du nicht? Ich bleibe wach und halte Wache.“

Dem Anschein nach erkennt sie, dass sie nicht gegen meine Sturheit ankämpfen kann und gibt sich geschlagen.

Das Feuer wärmt mich noch einige Stunden, bevor ich mich in den Wald aufmache und kleine, leichte Äste auf meinen Armen lagere. Ich tue das Alles nur, damit Kendra nicht friert. Mich selber würde die Kälte nichts antun, da mich eine innere Wärme erfüllt, die ich theoretisch auch auf sie übertragen könnte. Jedoch würde sie nie im Leben zulassen, dass wir in der Löffelstellung schlafen. Zwar wäre es kein Sex, trotzdem sind wir erst am Anfang unserer Vertrauensgrundlage. Zudem würde sie meine Erektion fühlen, die ich in ihrer Anwesenheit versuche zu verstecken.

 

Zurück in der Höhle werfe ich zwei der Zweige in das bereits ausglimmende rote Licht und schüre es mit einen anderen Geäst.

„Wo warst du?“, schreckt mich die Stimme meiner Mieze – Hexe aus den Gedanken.

„Ich habe nur Brennmaterial gesucht.“

„Und wenn mir derweilen etwas passiert wäre?“

„Ich wäre rechtzeitig zurück gewesen. Da mach dir mal keine Sorgen. Überdies brauchst du Wärme, denn heute ist es für einen normalen Menschen zu kalt, um draußen zu übernachten. Vor allem, wenn man keine Decke bei sich hat.“

„Mir ist kalt.“ Hm, was soll ich darauf nur erwidern?

„Dafür ist das Feuer zuständig, es wird dich wärmen.“

„Ich friere auch mit der Hitze, die das Feuer verströmt.“ Jetzt bin ich ratlos. Was soll ich tun?

„Und was kann ich dagegen unternehmen?“

„Du kannst mich umarmen. Deinen Körper um mich schlingen und mich damit von der Kälte befreien.“

Habe ich mich gerade verhört? Ich hoffe es für sie.

Sie sieht mich erwartungsvoll an und ich kann nicht umhin zu denken, dass ich noch nie etwas Schöneres gesehen habe.

Seufzend erhebe ich mich und gehe zu ihrer Seite hinüber, da sie mir gegenüber ihren Schlafplatz errichtet hat. Ich lasse mich zu ihr auf den harten Boden gleiten und umschlinge ihren Körper mit meinen. Daraufhin kuschelt sie sich an mich und vergräbt ihr Gesicht in meiner Halskuhle.

 

Kendra

 

Ich habe meinen ganzen Mut zusammen genommen, und ihn dann einfach gefragt. Es ist natürlich nicht nur die Kälte, obwohl ich ihm das unterbreitet habe. Ich wollte ihn einfach um mich haben und nun bin ich erfüllt von Wärme, Geborgenheit und Sicherheit. Zudem kommt noch das Kribbeln in meinem Bauch. Anfangs war es nur ganz leicht. Doch seitdem wir eng umschlungen beieinander liegen, breitet sich dieses immer weiter aus. Jede noch so kleine Berührung erzeugt Funken sprühende Feuerzungen.

Sein Atem hinterlässt eine angenehme, sanfte …Weichheit in meinem Hals und sein Duft zieht mich magisch in seinen Bann. Viel Erfahrung mit Männern habe ich nicht, jedoch habe ich es mir immer so und nicht anders vorgestellt.

Sein Atem wird regelmäßiger und lauter. Levi ist in das Land der Träume gewandert.

Kurze Zeit später folge ich ihm dorthin. Wer weiß? Vielleicht begegnen wir uns ja in einer weit entfernten Galaxie.

 

Geweckt werde ich von einem …Tier. Der Schrei hallt immer noch in meinen Ohren. Ich taste die Umgebung meines Schlafplatzes ab. Kein Levi. Mit verspanntem Genick setze ich mich auf. Das Feuer brennt noch, also muss er erst kürzlich Holz nachgelegt haben. Aber wo steckt er schon wieder? Wenn ich jetzt losgehen werde, um ihn zu suchen, werden wir uns sicherlich verpassen. Ehe ich noch lange darüber nachdenken kann, höre ich näher kommende Schritte. Es kann, muss aber nicht gleich Levi sein. Wenn es wieder Dämonen sind, bin ich aufgeschmissen. Wie vom Blitz erschlagen, springe ich auf und verstecke mich im hintersten Eck des Felsens. In meiner Hand lasse ich die silberne Klinge erscheinen. Als das Unbekannte näher kommt, tauche ich aus meiner Deckung hervor und halte das Messer an die Kehle des Angreifers. Bevor ich auch nur irgendetwas erwidern konnte, erhebt er, Levi, das Wort.

„Gestern noch wolltest du mich nur so nahe wie möglich an dich haben, und nun willst du mich aufspießen?“

Ich schüttle den Kopf. Keine Dämonen. Meine Waffe ließ ich verschwinden, danach stürze ich mich ihn seine Arme. Mit dieser Reaktion hat er nicht gerechnet. Wie versteinert steht er da, während ich meine Hände um seinen Hals schlinge. Die Wärme kehrt zurück und eine Hand, die auf meinen Rücken liegt, nimmt mich fest in seinen Arm. Was mich zu dieser innigen Umarmung geritten hat, kann ich nicht sagen. Fest steht, ich will nie wieder mehr als nur einen Zentimeter Luft zwischen uns haben. Dieses Gefühl ist so neu und so unglaublich für mich. Davon zu kosten, ist einfach nur Goldwert.

„Ich dachte es kommen wieder die Dämonen. Deswegen das Messer. Es tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken.“, flüstere ich in seine Haare.

Langsam lösen wir uns voneinander. Mein Körper schreit NEIN! Ich will nicht weg von dir. Doch mein Kopf sagt JA! Es ist einfach besser so, wer weiß, was er von dir denkt. Wahrscheinlich will er dich gar nicht und er macht das nur aus Mitleid.

Erst jetzt bemerke ich den Fisch in seiner anderen Hand.

„Essen.“, war seine Antwort darauf. Wie er es geschafft hat in diesem kleinen Bach einen durchschnittlich großen Fisch zu angeln, will ich gar nicht wissen. An der Feuerstelle bereiten wir alles nötige, mit den vorhandenen Gestrüpp vor, um den Fisch zu braten. Dies stellt sich als mühselige Aufgabe heraus, bis wir Äste im Boden fixieren und den Fisch daran befestigen können. Das mit dem braten wird wohl nichts, sodass wir uns nun für die Räucher-Methode entschieden haben. Eigentlich egal, solange wir etwas zu essen haben.

Was aber nicht länger vermeidbar ist, ist die Tatsache, dass wir über den gestrigen Angriff sprechen müssen. Es sollte sich um das sechste Opfer handeln. Abgelegen am Waldrand. Augenscheinlich: Diagnose Selbstmord. Als wir dann näher kamen, sah man, dass es kein echtes Opfer war. Es war eine Attrappe. Somit eindeutig eine Falle. Über diesen Vorfall müssen wir schnellstmöglich mit meinen Eltern reden. Sie werden sich sowieso schon fragen, wo wir solange bleiben. Ich zücke mein Handy, um sie anzurufen. Es gibt nichts Schlimmeres für sie, wenn man sie in den Glauben lässt, uns sei etwas geschehen. Leider habe ich hier kein Netz. Aussichtslos, das ich ihnen dann bescheid geben kann. 

Als der Fisch dann endlich fertig ist, reißen wir mit den Fingern Stücke herunter und verschlingen sie daraufhin. Kurze Zeit später sind nur noch die Gräten, der Kopf, die Haut und die Flossen über.

„Ich muss meinen Eltern Bescheid geben. Leider habe ich hier kein Netz.“

„Okay.“

Seine Reaktionen nach unserer ersten gemeinsamen Nacht sind nicht gewöhnlich für ihn. Normalerweise ist er jemand, der sagt was er denkt. Kein Geheimniskrämer. Wieso ist er so in sich geschlossen und beachtet mich nicht mehr? Habe ich etwas falsch gemacht? Dummes Frauenhirn. Dies besitzt man auch nur, um sich unnötige Sorgen zu machen. Man denkt über alles nach, auch wenn es noch so wenig mit dem eigenen Leben zu tun hat.

„Wir werden jetzt dann sowieso aufbrechen und uns umschauen. Gestern sind wir einfach kreuz und quer gelaufen. Es wird schwierig werden einen Ausweg zu finden. Auf der Ortskarte ist dieser Wald riesig eingezeichnet. Ein Nachteil.“

„Okay.“

Eine kurze Zeit saßen wir noch hier, bevor wir aufbrachen. Der Boden ist durchnässt und rutschig. Ein schwieriges Unterfangen, halt zu bekommen. Zwischendurch schaue ich gelegentlich auf mein Handy, um zu schauen, wie es mit dem Netz aussieht. Immer noch kein Erfolg. Selbst das Wetter meint es nicht gut mit uns, und so beginnt es leicht zu regnen. Noch kein Netz. Schön langsam aber sicher, beginnt mich dieser Spaziergang zu nerven. Kein Levi, der mit mir spricht. Andauernd rutsche ich aus und meine Klamotten sind durchnässt. Schlimmer kann es gar nicht mehr kommen. Der Bach mündet am Ende unseres Weges in einen kleinen See. Jetzt reicht’s mir. Wir sind diesen Bach in der Hoffnung auf ein Ende des Waldes gefolgt und nun sind wir an einem See. Ganz toll. Das Leben ist einfach scheiße und für nichts gut. Immer hat man nur Pech. In der Liebe und in alltäglichen Dingen. Das nie etwas so läuft wie ich es will?

Levi dreht sich zu mir um und mustert meinen vor Kälte zitternden Körper. Seine Hände umschließen meine Schultern. Ich rühre mich keinen Zentimeter und stehe mit verschränkten Armen vor ihm. Ein Kribbeln durchzuckt meinen Körper. Der immer weniger werdende Abstand zwischen uns, ist so energiegeladen, dass es mir sprichwörtlich die Sinne vernebelt. Sein Kopf senkt sich immer weiter zu mir hinunter, als plötzlich mein Handy klingelt. Scheiße! 

Abrupt dreht er sich um und schlägt die Hände an den Kopf. Ich habe keine Zeit, um mir über diese Reaktion Gedanken zu machen, da ich den Anruf entgegen nehmen muss.

„Hallo“, melde ich mich

„Wo zum Teufel seid ihr!?“, mein Vater. Er hat mich noch nie so verärgert angeschrien…

 

Levi

 

Ich stelle meine Ohren auf Lauscher-Modus, als Kendra einen Anruf von ihrem Vater entgegen nimmt. Die Umarmung kann ich wohl vergessen, obwohl ihr Duft geradezu betörend für meine empfindliche Nase ist. Er liegt nicht so schwer, wie die Parfüms der weiblichen Dämonenfrauen, in der Luft und versucht deine Lungen von innen heraus explodieren zu lassen. Keine schöne Vorstellung, wenn man mich fragt.

„Keine Ahnung“, erwidert Kendra die Frage ihres Vaters, der sich empört nach unserem derzeitigen Standort erkundigt hat. Meine Eltern würden sich nie um meine Gesundheit Sorgen machen, schließlich bin ich erwachsen und kann auf mich selbst aufpassen. Leider fallen die Gelegenheitsbesuche nicht aus und ich muss mir den neuesten Tratsch meiner Mutter anhören. Dämonenfrauen sind genauso wie die menschlichen Frauen zur Übertreibung veranlagt, wenn nicht sogar schlimmer.

„Wie meinst du keine Ahnung? Sag jetzt bitte nicht, dass du dich im Wald verirrt hast.“

„Das trifft die ganze Angelegenheit ziemlich am Punkt und ich bitte dich, nicht auszurasten. Levi und ich sind von Dämonen angegriffen worden, weshalb wir fliehen mussten. Gut, dass er eine Kämpfernatur ist, weil ich ohne ihn aufgeschmissen gewesen wäre.“

Hat sie mich gerade gelobt? Ist ja eine ganz neue Seite von ihr. Sie wird mir immer sympathischer.

Mit stolzer Brust lehne ich mich an den nächsten Baum, da das ständige Stehen mir zu langweilig wird. Als fast vollständigen Dämon hat man es wahrlich schwer, sich in die menschliche Gesellschaft zu integrieren. Wir sind so verschieden. Wie Tag und Nacht. Gut und Böse. Und doch vermischen sich die Grenzen. Man kann nichts genau definieren, ohne das andere mit hinein zu beziehen. Es ist einfach unmöglich.

„Wie soll ich da denn nicht ausrasten? Ich meine, wenn meine Tochter, allein mit einen unfähigen Dämonenhexer im Wald ist… ich mache mir eben Sorgen. Dafür kann ein Vater nichts.“

Hat dieser Alte mich beleidigt? Mich, Levi, der höchstpersönlich zu diesem Auftrag geschickt worden ist? Anon nennt mich nicht umsonst einen Vertrauten, obgleich es auch in eine andere Richtung gedeutet werden kann. Vielleicht behandelt er mich als Freund, nur um mich klamm  heimlich als Feind zu betiteln. Hm, das ist gerade nicht der Rede wert! Einen Dämon sollte eine solche Beziehung nichts ausmachen. Wir sind blutrünstig und haben keinen Anstand, so jedenfalls beschreiben uns die Außenstehenden. Naja, auf die meistens trifft es zu, aber bestimmt nicht auf mich und der Oberschicht in der Hölle.

„Papa, mach dir keine Gedanken darüber. Davon bekommt man höchstens Falten! Wie wäre es, wenn du dir eine Tasse Tee machst und bevor du sie ausgetrunken hast, werden wir wieder zuhause sein.“

„Kendra, du weißt genauso gut, wie ich, dass ich nicht einmal einen Löffel Tee trinken werde. Dieses Gebräu ist abscheulich! Und wehe du kommst nicht heil nach Hause!“

„Jaja, bis dann“, verabschiedet sie sich und legt auf. Das kann ja heiter werden, wenn wir aus dem Wald herausfinden. Da schiebe ich diesen Tag lieber auf, bevor ich nur einen Fuß in das Backsteinhaus setze!

 

„Anscheinend müssen wir uns beeilen, sonst trinkt mein Vater doch noch ein Tässchen Tee. Schade, dass ich hier kein Wlan habe und eine Karte suchen könnte. Hast du, als Dämon, nicht irgendwelche besonderen, nützlichen Fähigkeiten?“

„Natürlich habe ich welche! Aber ich werde sie niemanden verraten, der sie gegen mich verwenden könnte. Ich sehe meinen Kopf schon baumeln, wenn ich das tue!“

„Ah, sehr interessant. Keine Sorge, ich werde dich nicht töten. Schließlich stehe ich noch in deiner Schuld.“

„Das hättest du nicht zu einem Dämon sagen sollen! Es ist ein sehr verführerisches Angebot, das derjenige oder diejenige bald bereuen könnte, der es gestellt hat. Kennst du nicht den Appell: Führe niemals einen Handel mit einem Geschöpf aus der Unterwelt?“

Sie verdreht die Augen und murmelt: „Ja, reg dich ab.“

„Ich meine es ernst!“

„Deshalb musst du nicht gleich ausflippen! Man könnte meinen, dass du besorgt um mich bist.“

„Bin ich auch.“

„Du machst in letzter Zeit wirklich viele Geständnisse. Hast du wieder Alkohol getrunken?“

Ich schnaube und verkrampfe meine Hände hinter dem Rücken zu Fäusten. Manchmal könnte ich sie wirklich für ihre Aufmüpfigkeit ohrfeigen. Aber ich bin ein Gentleman, der Liebhaber der Frauen. Kein ehrenwerter Mann würde einer Frau wehtun, so sehr sie es auch provoziert.

 

„Wieso bist du so schweigsam“, fragt sie mich, als wir weiter durch den Wald stapfen. Ich könnte mir meine Dämonenkraft zu Nutze machen und einfach mit ihr durch die Bäume rasen, sie vor der Haustüre abstellen und dann Lebewohl sagen. Dummer Gedanke! Anon köpft mich, wenn er herausfindet, dass ich das getan habe. Und das nicht auf liebe Weise mit einem glatten Schwert, sondern mit einer Axt, die er einmal auf meinen Hals schlägt und wiederholt, bis meine Heilungskräfte nicht mehr ausreichen. Keine schöne Vorstellung für einen, theoretisch, ewig lebenden Mann.

„Bist du mir etwa böse.“

Könnte ich nie sein. Kendra verdient meine böse Seite nicht.

„Ja, du bist mir böse! Du warst noch nie so in dich gekehrt, wie jetzt.“

Doch war ich schon. Die letzten siebzig Jahre war ich so, bis sie in mein Leben gekommen ist und es mit Füßen getreten hat, bis meine volle Aufmerksamkeit auf ihr gelegen ist.

„Bin ich nicht. Und hör jetzt bitte auf zu reden. Ich überlege, wo wir die heutige Nacht verbringen könnten.“

Sie verstummt und es tut mir augenblicklich leid, so mürrisch zu ihr gewesen zu sein.

 

Wir machen an einer anderen Höhle halt und ich entscheide, dass wir hier schlafen werden. Kendra lässt sich auf einen Stein plumpsen und legt die Arme um ihre Knie.

„Ist dir kalt?“

„Ja, ein wenig. Und das schon seit geraumer Zeit.“

„Hättest ja was sagen könne. Hier ist meine Jacke.“

„Danke. Aber jetzt ist dir kalt.“

„Meine Dämonengene halten die Körpertemperatur auf konstante vierundvierzig Grad, da kann mir sogar eine Schneelawine nichts anhaben. Unter dem Schnee verschüttet, würde ich nicht sterben, da müsst schon jemand mit einer Axt aufkreuzen.“ Die Erinnerung an meinen möglichen schmerzhaften Tod durch Anon lässt mich erschauern.

„Praktisch. Eine Fähigkeit habe ich jetzt schon herausgefunden.“

„Sei nicht enttäuscht, aber das weiß so gut wie jeder über uns.“

„Ich habe es nicht gewusst.“

„Dein Pech.“

 

Kendra

 

Irgendwie werde ich aus Levi nicht schlauer. Sein Benehmen in letzter Zeit, ich weiß nicht wie ich das einordnen soll, … abweisend, … zurückhaltend oder einfach nur schüchtern? So oder so, das Beste ist wohl, wenn ich mir in Sachen Zuneigung zu Levi keine Gedanken mehr mache, sondern es einfach darauf ankommen lasse. Am wichtigsten ist jetzt, die Nacht zu überstehen und morgen einen Weg aus dem Wald zu finden. Obwohl wir eher abgelegen wohnen, kann ich mit ziemlicher Sicherheit sagen, ich freue mich jetzt schon auf eine asphaltierte Straße.

Mittlerweile regnet es wie aus Eimern und wir sitzen stillschweigend in der kleinen Höhle. Wir haben gerade so viel Platz, dass wir uns um Haaresbreite nicht berühren und das wir einigermaßen trocken bleiben.  Die Stille ist unangenehm und wenn jemand von uns versucht ein Gespräch zu starten, endet es in peinlichen stottern. Ich hülle mich eng in seine Jacke ein. Der Duft von Levi, eine Mischung aus Aftershave und Zitrone lässt mich dahin schmelzen. Unruhig rutscht er neben mir hin und her. Ein nerviges Unterfangen, bis er endlich zu reden beginnt und das Eis zwischen uns bricht.

„Frierst du noch?“

„Passt schon, danke…“

„Ich sehe doch dass du schon ein halber Eisklotz bist.“

Sanft legt er seinen Arm um meine Schultern und vernichtet den Sicherheitsabstand zwischen uns. Das Bauchkribbeln lässt sich auch nicht abstellen und dringt unwiderruflich hervor. Als wäre es nun selbstverständlich lege ich meinen Arm um ihn, seinen Bauch. Schließlich endet die Aktion in einer Umarmung, wie ein leidenschaftlicher Akt der Liebe und Zuneigung. Eine lange Zeit verharren wir in der Bewegung und niemand spricht ein Wort. Dies empfinde ich nicht als störend, ich finde, dass gerade diese Stille das Band zwischen uns noch mehr zusammenschweißt.

Ich habe gar nicht mitbekommen, wie ich auf seinen Schoß gekommen bin. Jedenfalls sind wir wieder mal umschlungen und meine Hände sind um seinen Hals gewickelt. Entkommen unmöglich.

„Ich kann mich nicht länger von dir fernhalten. Ich habe nicht die …“

Um nicht hören zu müssen, wieso er das nicht kann, lege ich ihm einen Finger auf die Lippen.

„Pscht.“ Als ich gerade wieder meine gewohnte Umarm-Stellung einnehmen wollte, hält er mich zurück.

Eine seiner Hände, die auf meinen Rücken liegt, wandert immer höher hinauf, bis er mein Gesicht umfasst und sanft streichelt. Ich schmiege mich in seine Hand. Diesen Moment kann ich nicht beschreiben. Er ist einfach so … unsagbar schön.

Als wäre dieser Moment nur für uns bestimmt, legen sich unsere Lippen aufeinander und verschmelzen zu einer Linie. Elektrostatische Funken jagen in tausenden von Volt durch unseren Körper. Unsere Lippen verbünden sich in immer wieder kehrenden Abständen. Aus einem Kuss werden zwei, werden drei und vier. Irgendwann hab ich zu zählen aufgehört und mich vollkommen in seine Hände fallen lassen. Levi drängt nicht, er ist sehr zärtlich und zurückhaltend. Eine ganz neue Seite an ihm…

Wir denken gar nicht daran den Kuss enden zu lassen. Stattdessen lassen wir uns zurückfallen, sodass ich nun auf ihn liege. Ich will mehr. Will ihn schmecken, ihn entdecken und niemals wieder weg von ihm. Er ist es, den ich will. Er verstärkt den Griff auf meinem Rücken und drückt mich fest an sich. Hitze entfacht von den Stellen, wo er mich berührt. Hör nicht auf, berühr mich weiter! Er beginnt sich einen Weg unter die vielen Klamottenschichten zu bahnen. Als seine Finger dann endlich auf meine Haut stießen, halte ich die Luft an. Diese Berührung gibt mir so viel, dass ich gar nicht beschreiben kann, was es ist. Kraft, Liebe oder Leidenschaft? Scheiß egal, was jetzt zählt sind wir und sonst nichts…

Abrupt dreht er seinen Kopf auf die Seite und zerstört unseren innigen Moment.

„Was ist los?“, frage ich, während ich versuche seinen Blick zu entziffern.

Seine Hände suchen schweigend mein Gesicht und streicheln es. Ich schüttle den Kopf, nehme seine Hand von mir und frage erneut:

„Was ist den los?“

„Nichts. Wir sollten schlafen. Morgen wird ein langer Tag.“

Levi, der Frauenversteher überhaupt, will jetzt schlafen? Nicht mit mir, sondern schlafen - Tiefschlaf?

Hab ich was falsch gemacht? Nein, das kann nicht sein! Es war doch so schön und voller Gefühl. Hat er das nicht gespürt?

Wie dem auch sei, ich muss seine Entscheidung respektieren und nachvollziehen, auch wenn es mir noch so schwer fällt. Dennoch möchte ich diesen Moment nicht ganz aufgeben. Ich rutsche an seine Seite, nehme seine Hand, lege sie um mich und verschränke sie mit meiner. So schnell kommt er mir nicht davon.

Lange Zeit denke ich noch über unseren Kuss nach ehe ich einschlafe…

 

Ohne zu frieren wache ich auf und spüre Levis Atem in meinem Haar. Der Dunkelheit nach zu schließen ist es immer noch Nacht. Er schläft noch, hält mich immer noch im Arm. Ich winde mich aus seinem Griff und drehe mich zu ihm um. Sein Gesicht gleicht dem eines Engels. Voller Unschuld und Herzlichkeit. Mit einem Finger streiche ich eine Strähne, die in sein Gesicht gefallen ist beiseite. Ein lautes Aufschnaufen verrät mir, das er aufwacht. Die Augenlieder flackern kurz auf und enthüllen seine funkelnden Augen. Ein Lächeln umspielt seine Mundwinkel. Danach schließt er mich wieder fest in seinen Arm und legt noch zusätzlich ein Bein um mich, damit ich ja nicht abhaue.

 

„Kendra, wach auf.“

Schlagartig öffne ich die Augen und schrecke hoch. Inzwischen ist es hell geworden und ein paar Sonnenstrahlen fallen durch das Dickicht.

„Erschreck mich nie wieder so, das nächste Mal halte ich eine Waffe in der Hand und spieß dich auf.“

Ein hämisches Lachen ertönt aufrichtig in meinem Ohr. Von nun an beschließe ich, dass er mir so am liebsten ist, offen und warmherzig.

„Wir müssen los.“, sagt er.

„Wohin?“, entgegne ich.

„Das überlass mal mir. Ich weiß wo wir sind. Es hat mich nur einige Kraft gekostet.“

„Okay, ich vertrau dir.“

Von da an nahm er meine Hand und führt mich durch den Wald. Er sagte, er nimmt sie nur, damit ich ihm nicht wie ein Hund hinterher dackeln muss. Wer weiß, vielleicht sucht er nun des Öfteren Ausreden, damit er meine Hand nehmen kann und darf.

 

Levi

 

Wie ein pubertierender Dreivierteldämon hüpfe ich – mit Kendra in der Hand – den Waldweg entlang. Etwas übertrieben dargestellt, was aber meine momentane Gefühlslage am besten beschreibt.

Als Kendra endlich eingeschlafen ist, bin ich Hals über Kopf aus der Höhle gestürmt, um mich abzukühlen. Fast wäre meine dämonische Seite zum Vorschein gekommen. Damit ich sie nicht erschrecke – welche Lady steht bitte auf kurze Stumpelhörner – bin ich aus der Höhle in den Wald geflüchtet.

Unruhig bin ich hin und her gewandert, darauf wartend, dass sich meine Erektion verabschiedet.

Meine antrainierte Gleichgültigkeit hat an der unangenehmen Lage nichts geändert, womit mir nichts anderes übrig blieb, als eine kurze Abkühlung im Wasser zu suchen.

Normalerweise hätte ich geflucht, weil das eiskalte Wasser meine Hose zerstört hat, aber die warmen, feuchten Lippen von Kendra haben mich verfolgt, weshalb ich an nichts anderes mehr denken konnte, als sie wieder und wieder zu küssen.

Bevor ich zu sehr in meinen Gedanken abschweife und erneut einen Ständer riskiere, drückt Kendra fest meine Hand. Wortlos deutet sie auf eine Gestalt, die aus dem dichten Geäst hervor tritt. Eventuell sollte ich lieber auf meine Umgebung achten, als an die Frau an meiner Seite zu denken. Hm, das wäre eine Option. Von vielen.

Ich lasse sie am Platz stehen und nähere mich dem Schatten. Auch er kennt keine Scheu und beschleunigt. Erst mit meinen Dämonenaugen kann ich die Gestalt erkennen. Es ist kein Mensch. Es ist ein Tier. Genauer ein Wolf. Und wo ein Wolf ist, sind mehr. Ein ganzes Rudel.

„Kendra. Renn! Außer du kannst eine Waffe herzaubern“, rufe ich ihr zu. Dagegen fahre ich meine Krallen aus, bereit zu verteidigen, was mein ist.

„Natürlich, kann ich das. Pf, als wäre ich bloß ein Anhängsel.“

„Das habe ich nicht behauptet“, erwidere ich, während der Gegner zum Sprung ansetzt. In gekrümmter Haltung, einem Schafsbock gleich, erwarte ich ihn.

Mit seinem Kopf meinen Hals fokussiert, hält er sich nicht zurück. Ehe er auch nur in die Nähe meiner Halsschlagader kommt, reiße ich mit meinen scharfen Krallen seinen Bauch auf, bis die Gedärme nur so fliegen.

Wo sind die anderen Wölfe?

Schnell drehe ich mich um hundertachtzig Grad und haste noch rechtzeitig vor, als eines der Raubtiere Kendra aus dem Hinterhalt angreifen will. Meine spitzen Klauen zerfleischen den Körper des Wolfes, bevor ich mich dem nächsten zuwende. Niemand tut Kendra etwas zu leide, ohne das er dafür büßt!

Es bleiben noch fünf Gegner übrig, von denen drei auf mich zustürmen und zwei auf Kendra. Wie soll ich vorgehen?

Eine Idee schleicht sich in meine Gedanken: Wie wäre es, wenn ich mich in einen Dämon verwandle und so gegen diese ankämpfe? Ja, das ist gut. Wenn man seine dämonische Seite vergessen hat, weil man mittendrin im Kampfgeschehen ist, könnte man sich selber eine Kopfnuss verpassen. Dafür ist später noch genügend Zeit. Vermutlich für Kendra mein Anliegen mit Selbstverständlichkeit aus.

Schmunzelnd – im Angesichts einer Meute Raubtiere – verwandle ich mich in mein wahres Ich.

Mit Stumpelhörner, hellblau strahlenden Augen, einer Sturmfrisur und einem rötlichen Schimmer, der meinen Körper bedeckt, stürme ich auf die Angreifer zu.

Ich springe einen gewaltigen Satz nach vorne, lande auf den Rücken eines grauen Fells und breche ihm das Genick. Dann sind es nur noch vier, die es zu dezimieren gilt.

Ich werfe einen flüchtigen Blick auf Kendra, welche mit einem lichtartigen Gegenstand um sich schwingt und versucht, sich nicht unterkriegen zu lassen. Eine wahnsinnig, sexy Frau, die ich im Moment betrachte und nutzlos auf einer Wolfsleiche sitze.

Levi, reiß dich zusammen!

Mit Dämonengeschwindigkeit treibe ich einen Keil zwischen zwei, nebeneinander stehenden, Wölfe und zerschlitze ihre Kehlen. Macht sogar richtig Spaß. Warum habe ich das alles nur so lange ignoriert? Ach ja, wegen diesem Bastard namens Anon. Der gutmütige Höllenherrscher, welcher beim Empfang dir dein Herz auf einen Silbertablett serviert. Darauf kann ich getrost verzichten. Hätte ich ihm nicht vor Jahren sein Leben gerettet, müsste ich – wie alle Höllenbewohner – beim Klang seiner Stimme auf die Knie fallen.

Kendra sticht ihre Lichtwaffe in das Herz ihres Gegenübers und der einzig überlebende Wolf will den Rückzug antreten.

„Bist jetzt wohl nicht mehr so angriffslustig, du Feigling. Hm?! Das wird dir aber auch nicht weiterhelfen. Dein Todesurteil ist gefallen.“

Kendra sieht höchst genervt aus, als ich dem Wolf drohe. „Was?“, fahre ich sie an.

„Du drohst einem Tier? Du bist mir ja ein ganz böser Dämon“, macht sie sich über mich lustig.

„Hahaha“, lache ich trocken. „Hast du Magic Mushrooms konsumiert oder hast du deine Witz und Shit Seite an dir entdeckt.“

 Aus den Augenwinkeln erkenne ich, wie sich der Wolf aus seiner misslichen Lage befreien möchte, indem er sich aus dem Staub macht. Weit gefehlt, Kumpel. In weniger als einem Sekundenbruchteil bin ich dabei, ihm den Kopf zu zertrümmern.

„Warum hast du ihn nicht flüchten lassen? Er hat seine Lektion gelernt“, kritisiert Kendra mein Verhalten.

„Er hätte sich ein neues Rudel aufgebaut und wäre wieder gekommen. Wölfe sterben lieber, als sich den Stolz nehmen zu lassen.“

„Woher weißt du das? Bist du irgendein Wissenschaftler, der sich mit dem Verhalten von Raubtieren auseinander setzt? In der Höhle hast du mir eindeutig besser gefallen. Da warst du noch charmant. Und wie siehst du überhaupt aus?“

„Das ist mein wahres Ich. Du weißt, dass ich zu dreiviertel Dämon bin. Außerdem, falls ich dir nicht gefalle, musst du mich auch nicht ansehen.“

„So habe ich es nicht gemeint. Um ehrlich zu sein, dein Dämonenaussehen macht mich irgendwie an.“

Ich habe mir schon etwas Schlagfertiges zusammen gereimt, damit ich eine Antwort habe, trotzdem bin ich baff, als mein Gehirn registriert, was ihren Mund verlassen hat.

Sie findet mich sexy.  In ihren Augen bin ich heiß. Sie findet mich nicht abstoßend, ich bin attraktiv.

In mir regt sich etwas. Ein seltsames Gefühl der Freude durchströmt die Blutbahnen und breitet sich rasend schnell aus. Meine Atmung gleicht dem eines wütenden Bisons, während alles in mir schreit, sie zu umarmen und zu küssen.

„Das hat noch niemand gesagt“, gestehe ich ihr. In der Hölle haben mich alle als Missgeburt bezeichnet. Eine Schwäche meiner Mutter, die sie eine Schlampe nennen. Zwar ist es mit den Jahren besser geworden, die meisten haben es sogar akzeptiert und ihr Erbgut ebenfalls mit anderen Wesen vermischt, doch es gibt immer noch einige, die es nicht für gut befinden.

Doch Kendra ist keine davon.

„Was wird das?“, fragt sie mit hochgezogenen Augenbrauen, als ich grinsend auf sie zukomme.

„Ein Kuss.“

 

 

Kendra

 

Eine Welle der Begeisterung durchströmt meinen Körper als sich seine Lippen sanft auf meine legen. Seine rötlich strahlende Dämonenhaut fühlt sich trotz der Härte sanft unter meinen Fingern an. Das gefällt mir. In seinen Armen fühle ich mich sicher und geborgen. Auch mit der Tatsache im Hinterkopf, das wir hier mitten im Wald stehen, schon zum gefühlten zehnten mal angegriffen wurden und uns zwischen den Bäumen immer näher kommen. In seiner Gegenwart ist es anders, sicher und schön.

Mein Kopf lehnt an seinen Schultern und niemand spricht ein Wort. Das Schweigen ist nicht unangenehm, sondern genau das richtige, was diese Situation beschreibt. Wir können nicht miteinander, aber auch nicht ohne einander. In dieser kurzen Zeit, haben wir ein unzertrennliches Team gebildet. Langsam löse ich mich aus der Umarmung.

„Komm, wir müssen weiter, sonst finden wir gar nicht mehr nach Hause.“

Ein kurzzeitiges Stirnrunzeln seinerseits schiebt mir einen Gedanken zu, der mich nicht mehr loslässt: Will er überhaupt nach Hause oder muss er zurück? Was noch schlimmer ist, will er mich auch so wie ich ihn will?

Ich schüttle meinen Kopf und Hand in Hand gehen wir weiter. So leichtfüßig und wohl auf diesem steinig, nassen Untergrund habe ich mich auch noch nie gefühlt, vielleicht liegt das aber auch an der Tatsache, dass mich Levi nicht wie eine Klette hinter sich herzieht, sondern mich an seiner Seite in die richtige Richtung schiebt. Hin und wieder begegnen sich unsere Blicke und wir verfallen in kindisches Gelächter und Gestotter. Niemand weiß, was er sagen soll. Wie peinlich. Die Stunden verstreichen. Unsere Gespräche beginnen von unseren Familien, bis hin zu Hobbys und Lieblingsbeschäftigungen. Das Thema: Ärgernisse und Schandtaten beschert uns viele Lachanfälle, sodass wir immer wieder stehen bleiben müssen, da uns vor Lachen der Bauch weh tut. Es ist schon so lange her, dass ich so unbekümmert und frei, Zeit mit jemand verbringen konnte.

Der Tag neigt sich langsam zu Ende und von dem vielen Gehen beginnen meine Beine zu schmerzen. Ich will ihm nicht zeigen, wie müde und kaputt ich bin. Zudem habe ich das Gefühl, dass wir uns immer mehr dem Waldinneren, als dem Waldrand nähern. Levi ist auch seit geraumer Zeit still und trottet nur vor sich hin. Ein Wunder, dass er nicht über die vielen Baumwurzeln stolpert.

„Da vorne ist wieder eine Höhle, wenn mich nicht alles täuscht. Dort können wir eine Pause einlegen.“, bricht er seinen Trancegang.

„Woher willst du das immer so genau wissen und wo sind wir eigentlich?“

„Jeder Dämon hat so seine kleinen Tricks und Gaben. Wir sind mitten im Wald, zum Umdrehen ist es zu spät. Deswegen gehen wir nach Nordosten.“

„Aha. Du wirst schon wissen, wo es langgeht.“

„Zweifelst du etwa an meinen außergewöhnlichen Gaben? Ich bin empört!“

„Nein. Aber es ist wirklich unglaublich, wie sehr von dir überzeugt bist.“

„Nur durch starke Selbstüberzeugung ist es möglich, an sich selbst zu glauben und Unglaubliches zu schaffen. Das musst du doch selbst am besten wissen.“

„Wie kommst du denn darauf?“

„Mit deinen Kräften hast du bewiesen, wie stark und unbesiegbar du sein kannst. Wenn du daran glaubst und davon überzeugt bist, dass nichts und niemand dir etwas anhaben kann, wird auch niemand versuchen dir etwas anzutun. Das hier, ist alles eine Sache der Überzeugung und Überlegenheit.“

Bis wir den Weg zur Höhle erreicht haben, muss ich über seine Worte nachdenken. Bin ich wirklich so sehr von mir überzeugt, dass niemand versuchen wird mir etwas anzutun? Unwahrscheinlich.

Bei der Höhle machen wir schon wie gewohnt ein wärmendes Feuer und Levi kümmert sich um das Essen. Kaninchen. Nachdem er es gejagt, gefangen, gehäutet und ausgenommen hat. Das will ich mir lieber nicht so genau vorstellen. Nach der kleinen Stärkung geht es mir schon wieder sichtlich besser, dennoch schlafe ich mit einem lang gezogenen Gähnen ein, eng in seine Arme gewickelt.

 

„Kendra! Kendra! Wach auf!!!“ Ich schrecke hoch. Schweißüberströmt versuchen sich meine Augen an die Umgebung anzupassen. Das Mondlicht erleichtert mir die Aufgabe.

„Hilf mir! Wir werden angegriffen!“ Ich schrecke hoch. Mit Adrenalin getränkten Adern zaubere ich mir zwei nützliche Waffen in die Hand und eile Levi zur Hilfe. Er hat seine Dämonengestalt angenommen und ist von hunderten von anderen Dämonen umzingelt. Das einzige Merkmal, wo sie sich unterscheiden: Levi ist rot, die anderen schleimig, dunkelgrün.

Was auch immer mich dazu reitet, jeden, der sich mir in den Weg stellt, schlachte ich auf eine brutale Weise ab und bohre ihnen das Messer eiskalt in ihr schwarzes Herz. Schwarze, eklige Flüssigkeit läuft meine leuchtende Klinge hinunter. Gekonnt bringe ich jedes Wesen um. Doch auch nach gefühlten fünfzig Toten Monstern ist kein Ende in Sicht. Das einzige Problem, das sich in den Weg stellt. Der Boden wird zunehmend rutschiger. Das Blut fließt in Strömen aus den Leichen.

Ich merke es erst, als Levi mich anschreit: Hinter dir! Doch dann ist es schon zu spät. Ein Dämon greift mich aus dem Hinterhalt an und als ich mich umdrehe, bohrt sich sein Stachel geradewegs in meinen Oberschenkel und schlitzt ihn auf. Wie ein Sack Mehl falle ich in das Blut der Opfer. So kann das nicht enden! Das ist nicht richtig. Wir sind die Guten. Die anderen die Bösen. „Verbanne sie, verbanne sie, des unnatürlichen und ungerechten Umgangs des Wesens, des Lebens und der Menschenwürde, verbanne sie in die Kerker des Allmächtigen!“

Mit letzter Kraft hauche ich die letzten Fetzen meines Geistes in die Luft empor, während sich mein Körper vor dem Dämonengift windet und mich stückchenweise ins Jenseits befördert. Das Geräusch der schrillen Schreie verstummt und das Jauchzen der Uhus setzt wieder ein. Ein Schlaflied mitten in einem Sirup aus schwarzen, vergossenen Seelen. An meinem Oberschenkel nehme ich eine Bewegung wahr. Das Letzte, was ich spüre: Die friedliche und angenehme Stille des Sterbens. Kein Schmerz, kein Geräusch. Die bittersüße Note des Übergangs in eine neue Welt…

 

 

Levi

 

„Oh nein Kendra, ich lasse dich nicht gehen. Jedenfalls noch nicht. Dafür, dass ich dich vor gerade mal – vielleicht – zwei Stunden in meine Welt gelassen habe, stirbst du schnell. Nur gut, dass ich von mir so überzeugt bin, dass ich dich retten kann. Nicht, dass ich dich sterben lassen würde, nur rede ich verdammt gerne, wenn ich mir unsicher bin. Und leiste mir selbst Widerspruch, in dem, was ich sage. Ach du heiliger Anon, was machst du nur mit mir. Ich habe dir noch nicht einmal meine Gefühle gestanden und schon willst du dich ins Jenseits verabschieden? Na, das könnte dir so passen. Du darfst mich hier nicht alleine lassen.“

Die Bewohner des Waldes, in diesem Fall drei Rehe, ein Hirsch, zwei Elche und ein Rudel Wölfe liegen neben mir im Gras und lauschen meinem überaus emotionalen Geständnis. Nun ja, eher die toten Leichen derjenigen, die mir geholfen haben, Kendra zurück ins Leben zu holen.

Vor allem das Blut der Raubtiere erhöht die Chance, dass sie wieder atmet.

In den ersten zehn Jahren ist es das Wichtigste, im Höllenreich zu überleben. Dann hat die Schulbildung oberste Priorität. Ironie des Schicksals, ich habe das Jahrzehnt der Qualen überlebt und durfte mich über meine Stellung als Prügelknabe in der Schule freuen. Normalerweise überleben nur die Stärksten. Als Mischblut hat man daher ein etwas kürzeres Leben. Nur – in meinem Fall – durchströmt  mich wohl das Blut eines mächtigen Hexers und verleiht mir eine Zukunft, die ich nicht hätte, wäre ich ein Viertel Elfe und dreiviertel Dämon.

Manchmal habe ich mir sogar die Hoffnung erlaubt, meinen Vater kennen zu lernen. Jedoch – laut meiner liebenswerten Mutter – sollte ich mir diesen Wunsch sprichwörtlich in den Arsch schieben.

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht das Verlangen hege, ihn zu sehen und Vater zu nennen. Leider wird das nie geschehen. Er hat sich nämlich schon vor langer Zeit dem Orden der schweigenden Brüder verschrieben. Diese Bruderschaft verschreibt sich völlig dem geistlichen Leben und muss mit einem Gelübde versprochen werden, das nur der Tod brechen kann.

Ich betrachte den stillen Brustkorb meiner Mieze-Hexe. Obwohl, erkenne ich da nicht ein leichtes Heben und Senken? Wahrhaftig, sie lebt!

In dem Moment, als ich dachte, dass ich das Wertvollste in meinem Leben verloren habe, bin ich eines Besseren belehrt worden: Das Blutopfer hat funktioniert. Der Gott des Todes hat meine Liebste verschont und sich stattdessen die Seelen der Tiere genommen.

Ihre starren Gesichtszüge entspannen sich, ihre Haut verfärbt sich von leichenweiß zu einem gesunden Rosa. Sie lebt! Ich bin so unendlich dankbar, dass sie lebt. Ich könnte weinen vor Freude. Tatsächlich läuft mir eine Träne aus dem rechten Auge über die Wange, die ich aber schnell mit dem Handgelenk wegwische, bevor Kendra ihre Augen öffnet.

Ihr Blick fällt zuerst auf den wolkigen Himmel übe ihr, ehe ihr Fokus auf den toten Tieren liegt. Anklagend sieht sie mir direkt in die Augen.

„Ich kann es erklären. Aber zuerst muss ich dich etwas fragen. Wie geht es dir? Hast du irgendwelche Schmerzen?“

„Nein. Seltsamerweise nicht. Wie hast du das gemacht? Der Stachel hat mich geradezu durchbohrt und jetzt ist nicht einmal ein Schorf, der von einer Wunde zeugt, übrig. Das ist unmöglich!“

Nein ist es nicht. Soll ich ihr sagen, was ich gemacht habe oder nicht? Mein Bauch kribbelt vor Anspannung und Unsicherheit. Soll ich? Soll ich nicht?

„Levi! Entweder du sagst mir die Wahrheit und wir leben damit oder du lügst mich an und siehst mich nie wieder. Und ich übertreibe nicht. Niemals.“

Von wegen, sie übertreibt nicht. „Du lässt mir keine Wahl.“

„Habe ich das jemals?“

„Wenn du mich so fragst. Ich  fühle mich  gerade von dir unterdrückt.“

„Zögere es nicht so lange heraus. Antworte oder verpiss dich!“

„Ertappt. Wie soll ich beginnen? Willst du die grausame oder die zensierte Geschichte hören?“

„Welche wohl? Die Grausame natürlich. Ich bin kein kleines Kind mehr.“

„Daran habe ich noch nie gezweifelt, meine Schöne. Also, zuerst habe ich den Stachel aus dir herausgezogen und die Wunde notdürftig mit wildem Gras und Spinnweben verbunden, damit die Blutung stoppt. Daraufhin habe ich versucht das Gift aus deiner Blutbahn herauszusaugen. Hat aber nicht geklappt, denn es hat bereits dein Herz erreicht. Als dein Herzschlag immer holpriger geworden ist, musst ich wohl Maßnahmen ergreifen, bei denen ein neunundneunzigprozentiges Risiko bestand, dass du nicht überleben würdest. Doch ich wäre nicht Levi, wenn ich die Chance nicht erhöhen könnte. So habe ich Tiere im großen Stil getötet, um sie dem Gott des Todes, besser bekannt unter dem Namen Zirfas, zu opfern. Ein altertümlicher Brauch, hat aber gewisse Vorteile.“

„Und ein gewisser Vorteil ist, dass ich lebe, oder? Und es gibt keinen Haken an der ganzen Sache?“

„Nein, ich bin mir nicht sicher. In der Schule habe ich nie von einer Gegenleistung gehört, noch von einer gelesen. Das müsstest du eigentlich besser wissen, als ich. Blutzauber gehören zwar in unsere beiden Welten, aber als Hexe solltest du es ebenfalls wissen.“

„Es gibt verschiedene Arten von Hexen. Ich weiß jedenfalls nichts über Blutzauber. Höchstens, dass es immer einen Haken gibt. Wir werden sehen. Wir haben schon so viel überstanden, das werden wir auch noch überleben. Kannst du mir mal aufhelfen?“

„Ja, werden wir. Natürlich helfe ich dir. Wo wäre der Gentleman in mir, dass ich das nicht machen würde?“

„Meistens ist der Gentleman in dir ganz, ganz, ganz tief in dir. Ich erkenne ihn kaum, so verborgen ist er.“

Ich hoffe, sie mach nur Spaß. Ansonsten könnte ich sehr verletzt sein. Das würde ich zwar niemals zugeben, aber es ist so. Mit der Tatsache muss ich eben leben.

„Wer räumt die Leichen weg?“ Hm, wer wohl?

„Ich mach ja schon. Es ist ja nicht so, als hätte ich dich ins Leben zurück geholt, nein, jetzt muss ich auch noch die ganzen toten Tiere wegräumen.“

„Ist da jemand beleidigt, dass er aufräumen muss?“

„Nein. Niemals. Wie wäre es mit einem: Danke lieber, wunderschöner Levi, dass du mich gerettet hast?“

„Das kannst du dir schön abschminken.“

„Nur trage ich keine Schminke. Bevor es noch in einen ernsthaften Streit mutiert, kannst du gerne schon mal voraus gehen. In ungefähr fünfzig Metern befindet sich eine Hütte. Dort kannst du es dir gemütlich machen, während ich die Leichen verscharre.“

Impressum

Texte: Butterfly:*, Keira Fight
Bildmaterialien: Google Bilder
Tag der Veröffentlichung: 06.09.2015

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