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Thoran und Fenja

Sie stand oben auf den Balkon. Sie trug ein dünnes, weißes Kleid. Es ging bis zum Boden. Die Schultern lies es frei, die Ärmel waren aus Elfischen Netz. Ein eingewebtes Muster befand sich im Hüftbereich und schlang sich wie ein Gürtel um sie. Es war mit silbernen Mondfäden eingesponnen und zeigte die Symbolik ihres Volkes, das der Zwerge.

Ihr braunes, welliges Haar hing ihr weit in den Rücken. Drei Strähnen waren seitlich mit silbernen Steinen eingeflochten. In jedes dieser Steinchen war etwas in der Zwergensprache eingraviert. Der Name ihres Geliebten.

Hinter ihr brannte Kerzenlicht durch die Türöffnung. Unter ihr befand sich der steile Abhang des Berges, an und in dem sie lebten. Der volle Mond stand am Himmel und zeigte einem den schmalen Pfand in die Wälder, die von Nebel verhangen waren.

Ihre Hände lagen auf der steinernen Mauer, ihr Blick richtete sich in die Ferne.

Sie konnte die Truppe nicht mehr sehen. Sie konnte ihn nicht mehr sehen.

Ihr Krieger hatte schon längst die Wälder, welche den Berg umkreiste, verlassen. Er war auch schon über die kahle Hügellandschaft gereist und betrat jetzt den Grenzwald. All das konnte sie wegen des dichten Nebels nicht sehen, obwohl der Mond voll war und heller in der düsteren Nacht schien als jemals zuvor.

Aber sie fühlte es. Sie wusste es einfach, das es so war.

Um ihren Hals hing eine lange Kette aus dunklem Silber. Der Anhänger war ein Abbild seines Wappens. An ihren Fingern trug sie vier Ringe. Drei waren Nachbildungen von seinen. Der erste war sein Wappenring. Der zweite wies ihn als Sohn der Herrscherfamilie aus und der dritte war der Beweis des Erbes seiner Familie und Symbol seiner Herrschaft, wenn sein Vater starb.

Der vierte Ring war ihrer und trug das Zeichen ihrer Familie.

Die Ringe waren feingearbeitet, doch sie waren alle kantig, wie es bei den Zwergen üblich ist. Doch sie war kein Zwerg. Sie war ein Mischling. Halb Elbischen Geblüts väterlicherseits und halb Zwerg, mütterlicherseits. Sie war in keine der zwei Welten Willkommen.

Doch Thoran hatte sie akzeptiert. Erhatte in ihr etwas gesehen, was keiner bis jetzt gesehen hatte, etwas, das ihr selbst verborgen war.

Er war als harter und grober Zwerg bekannt. Doch jeder wusste, das er nur das Beste für sein Volk wollte.

Sie hatte sich in den Wortkargen, grimmig dreinblickenden Krieger verliebt. Sie wusste nicht, warum er sie erwählt hatte, aber er hatte es geschafft mit ihr ein gemeinsames, kleines Reich zu erschaffen, in dem beide – sowohl er als auch sie selbst – ihre Sorgen für einen Moment vergessen konnten.

Sie wusste als einzige wie zärtlich er sein konnte, wie Liebevoll. Doch selbst bei ihr war er ein Krieger. Für sie war das in Ordnung. Sie liebte ihn, auch die kriegerische Seite an ihm.

Doch jetzt machte sie sich sorgen um ihn.

Er zog mit seiner Gruppe weg. Der Grund dafür war kein Krieg, obwohl sie alle dafür bewaffnet waren. Der Grund war ein Treffen mit den Elben und den Wandlern. Sie wussten alle, das etwas bedrohliches auf sie zukam, und das schon seit Jahrhunderten. Was immer es war, es schlich sich langsam wie siechendes Gift in die Länder.

Es hatte Jahrzehnte gedauert, bis die Elben, Wandler und Zwerge für ein Treffen bereit waren.

Sie wusste, jeder würde den anderen misstrauisch beäugen, jederzeit bereit eine Klinge zu ziehen. Dieses Treffen war wohl gefährlicher als die Bedrohung selbst.

Sie griff schräg hinter sich und nahm ihren dicken Fellumhang. Eigentlich gehörte er Thoran, doch da der Umhang ihr auch passte, zog sie ihn an. Das tat sie immer, wenn sie sich Sorgen um ihn machte und ihn vermisste. So wie jetzt.

Sie zog sich den Umhang über die Schultern und hielt ihn fest geschlossen.

Die Stille gefiel ihr gar nicht.

Schon längst waren die Trompetenhörner verklungen, die das Abreisen der Truppe begleitete. Sie konnte nicht umhin zu bemerken, das in der Stille etwas tödliches lauerte. Eine Gänsehaut breitete sich auf ihrer ganzen Haut aus.

„Thoran.“ Flüsterte sie im aufkeimenden, sanften Wind. „Pass auf dich auf.“

 

Es vergingen Wochen und noch immer hörte sie nichts von ihm. Sie wusste einfach, das er noch lebte. Doch was er gerade tat, wie es ihm erging und wie die Versammlung verlief, das wusste sie nicht.

Als seine Geliebte, Verlobte und baldige Ehefrau, stand es ihr zu, sich um seine Sachen zu kümmern, so lange er weg war. Das war nicht gerade einfach. Denn schon allein ihr Aussehen unterschied sie von den Zwergen.

Sie war zierlicher gebaut, als die Zwerge. Ihre Haut hatte nicht die Haut der Zwerge, sondern die der Elben, die viel reiner war. Ihr Haar glich dem der Zwerge; dicht, lang und wellig. Sie war auch ein klein wenig größer als die Zwerge.

Die größe der Zwerge machte ihr nichts aus. Das sie alle etwas kleiner als sie waren … das kümmerte sie nicht. Auch nicht, das der Familienstamm von Thorin immer Kinder zur Welt brachten, die etwas größer waren, als die meisten Zwerge … und dennoch … selbst Thorin war ein kleiner als sie. Doch durch seine Art, seine Aura, das, was er ausstrahlte, schien er so groß wie die Elben selbst zu sein.

Und das Volk der Zwerge würde ihm folgen.

Sie wusste, das die Zwerge sie nur als Anhängsel betrachteten, obwohl sie so etwas wie Freunde unter ihnen gefunden hatte. Doch das hieß nicht, dass sie ihr vertrauten.

Jeden Tag kamen immer mehr Zwerge und brachten ihr Kummer und Sorgen. Das Land gab nicht mehr genug her. Die Ernten wurden magerer, die Flüsse und Bäche versiegten langsam, das Wild verschwand.

Sie lies Thorans Bruder diese Aufgabe übernehmen, sattelte ihr Pferd und ritt durch die Berge und Hügel, um sich selbst ein Bild davon zu machen, wie schlimm es um das Volk stand.

Und es stimmte. Sie spürte, wie das Land vor Qual schrie, wie es verdurstete, verhungerte, langsam einging.

Das Geflüster entstand. Geflüster darüber, das sie schuld an das Dahinsiechen des Landes war. Sie wusste, dass das Geflüster aus der Angst der Zwerge entstand und suchte bis spät in der Nacht nach Lösungen, irgendetwas, das ihrem Volk helfen würde. Über Wochen hinweg arbeitete sie hart und unermüdlich, hörte nicht auf das böse Geflüster und notierte sich alle neuen Ereignisse von vertrockneten Seen bis hin zu verschwundenen Wild.

Sie hatte schon angeordnet, dass Nahrungsrationen verteilt wurden. Doch sie wusste, das dies nicht lange helfen würde. Immer mehr Zwerge würden an Hunger und Durst leiden.

Sie ahnte, was an dem schlechten Zustand schuld war. Es war dieses … Ding oder Wesen, weshalb sich die Elben, Wandler und Zwerge trafen.

Und sie ahnte auch, was das für Folgen haben würde. Sie würden den Berg verlassen müssen. Sie würden Heimatlos werden. Das konnte sie nicht zulassen.

Doch sie wusste keinen Rat. Sie wollte keine Massenpanik auslösen und was sie noch weniger wollte, war, das sie zur Verantwortung gezogen würde, was ihren Tod bedeutete. Das hieß nämlich, das sie ihrem Volk nicht mehr helfen könnte. Das Volk der Zwerge wäre verloren.

 

Also wagte sie den einzigen Weg, den ihr noch blieb.

Es war gefährlich, doch noch gefährlicher wäre es, es nicht zu tun.

Also ging sie tief in den Berg hinein. Die Tunneldecken und Hallen waren über Hundert Meter hoch. Riesige Statuen waren in die Wände eingehauen. Kerzen erleuchteten mit ihren fackelnden Licht die Wege.

Schließlich gelangte sie vor einem riesigen, steinernen Tor, die mit Symbolen und der Sprache der Zwerge verziert war. Auf Brusthöhe befand sich eine Einkerbung. Diese Einkerbung hatte jenes Muster, welches sich auf dem Anhänger ihrer Kette befand.

Sie legte den Anhänger auf die Einkerbung. Das riesige Tor leuchtete auf und öffnete sich langsam.

Sie trat hindurch in einem Raum, den es eigentlich gar nicht gebe konnte. Über ihr sollte eigentlich die Decke sein. Doch stattdessen sah sie den Nachtschwarzen Himmel, der von dem vollen Mond und zahlreichen Sternen erhellt wurde.

Der Raum schien unendlich zu sein, und doch eingemauert. Der Boden war aus Gestein, dicht aneinander stehende Bäume kreisten den gesamten Raum ein und verjüngten sich zur Mitte hin.

Vor ihr eröffnete sich der einzige Weg zur Mitte, dem Zentrum des Raumes. Der Steinboden wurde dort von tief eingemeiselten Runen verziert. In der Mitte des Zentrums stand ein Mittelgroßer Podium aus reinem Kristall. Auf dem Podium lag der Gegenstand, zu dem sie wollte.

Um das kristallene Podium schlängelte sich in einem Kreis ein kleiner Bach. Woher dieser kam oder ging, wusste niemand. Vielleicht war es auch ein kleiner See, in dessen Mitte das Podium aufgebaut worden war.

Ein schmaler Weg verband den kleinen runden Steinboden, auf dem das Podium stand. Dieser Steinboden wies ebenfalls die Runen der Zwerge auf.

Auf dem Kristallpodium allerdings lag kein Buch, sondern ein rundes Glasgefäß ohne Öffnung. In dem Glasgefäß schien ein stilles Feuer zu lodern. Es strahlte eine magische Wärme aus. Das Innere lies sich nicht erkennen, das Glas war Undurchsichtig und mit roten Schleiern durchzogen.

Der volle Mond stand genau über diesen Zentrum, erhellte die Bäume, lies das Gewässer glitzern und die Runen weiß-bläulich leuchten.

Tief durchatmend ging sie Schritt für Schritt vor. Wobei sie mit ruhiger Stimme und tiefen Ton eines der Heiligen Lieder summte. Das dient sowohl für den Selbstschutz als auch für die Ehrerbietung, die sie empfand. Vielleicht würde sie ja doch nicht ihr Leben bei dem Versuch verlieren.

 

Das Volk der Zwerg‘ erwacht

Zur Stund‘ des vollen Monds‘

Ihr Heim erbaut in Durins Großen Hall‘n;

Licht und Reichtum zu ihren Füß’n;

Edelsteine, Berge und Wälder

Wild, Seen und Flüsse,

Verborgen in des Nebels Schleier,

welches Durin gezeugt,

zum Schutz des Zwergenvolke.

 

Des heil‘gen Götters Geschenk,

Mit des Rates Segen,

tief verborgen in den Höhl’n

kann nur erreicht durch Brimirs Blut,

Blains Knochen und Modsognirs Macht,

welches sich in Durins Stamm vereint.

Wer geboren nicht in seinen Stamm,

der gibt her sein Blut,

sein Lebenssaft.

Das ward er,

der Beschluss des Rates der heilg’en Göttter.

Ihre mächt’gen Händ,

hoch erhoben,

ein Geschenk für das Zwergenvolk dargebracht,

ihnen Schutz gebot.

 

Das mächtige Volk der Zwerg’ erwacht

Im vollen Mond es wächst,

erschaffen Schmuck und Edelsteine,

die den Göttern zu Ehre gereichen,

um ihre Ahnen zu ehren

Durins große Hallen ihr Heim nun ist

Setzen sie das Erbe fort.

Doch das Geschenk der Götter,

bleibt unbetast.

Nur Durins Stamm dem gewachsen ist.

 

 

Sie blieb vor dem Kristallpodium stehen, als sich der letzte Ton des Lieds in dem Raum verflüchtigte. Tief atmete sie durch, legte die Faust über ihr Herz und neigte respektvoll den Kopf. Nach einigen Sekunden sah sie auf und trat noch dichter heran.

Ein leichter Wind kam auf und lies das Wasser kräuseln und die Blätter in den Bäumen rascheln.

Sanft legte sie eine Hand auf die Glaskugel und übertrug all ihre Sorgen in das Gefäß.

Dieses erwärmte sich. Im inneren schien ein Feuersturm entfacht zu sein. Sie spürte es bis in ihre Knochen. Sie fühlte sich, als würde sie in Flammen stehen, doch sie ließ die Glaskugel nicht los. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus.

Sie schrie auf. Sie schrie den Schmerz der Nacht gegen. Ihr Kopf wurde in den Nacken geworfen und peinigte mit ihren Schreien den Mond. Sie wusste, Thoran würde sie hören. Jeder würde sie hören.

Sie brach zusammen, ging in die Knie. Doch die Hand lag noch immer auf der Glaskugel, nicht einmal geweint hatte sie.

Und plötzlich … plötzlich war der Schmerz weg. Es herrschte Stille. Kein Rascheln der Blätter, kein kräuseln des Wassers.

Sie öffnete die Augen und sah sich in ihrem Schlafgemach wieder. Das Feuer knisterte leise in dem offenen Steinkamin. Sie lag in ihrem großen Bett aus dicken Felldecken. Sie fühlte sich … anders. Und sie wusste, was sie zu tun hatte.

Eilig stand sie auf und trat auf den Balkon.

Es war immer noch Nacht. Doch sie ahnte, das in ein paar Stunden die Sonne aufgehen würde.

Sie sah hinauf zum vollen Mond, hob ihre Arme ihm entgegen, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen.

Das Geschenk der Götter, die Glaskugel, das Auge des ersten Drachen, hatte ihr eine Macht verlieren, die ihren Tod bedeutete. Doch dafür war sie bereit. Sie war bereit für ihr Volk zu sterben. Sie wünschte nur, sie hätte mehr Zeit mit ihren Geliebten verbringen können.

Der Mond schien sie einzuhüllen, sie aufzunehmen.

Auf einmal sah sie ein Schlachtfeld.

Verwüstete Zelte, umgeknickte und verbrannte Bäume, tote Elben, Wandler, Zwerge und Tiere. Sie hörte die Schreie der Sterbenden. Hörte den Schlachtruf.

Sie fühlte, das Thoran noch lebte.

Und ja. Da stand er. Müde, zerschunden und blutig erhob er sein glänzenden Schwert.

Neben ihm standen drei weitere Personen. Ein Elb und ein Wandler.

Wandler waren Wesen, die sich in Tiere verwandeln konnten, jedoch nur in eines.

Angst peitschte durch ihren Körper.

Diese drei waren die einzigen Überlebenden. Und jeder von ihnen war der Anführer ihres Volkes.

Und das Wesen, gegen das sie kämpften, war nichts anderes als der König der Orks. Erschaffen von den Göttern als Rache für den Bruch eines ihrer Warnungen.

Irgendjemand aus den drei Völkern muss etwas schreckliches getan haben, und das über Jahre hinweg. Und jetzt musste ihr Geliebter, der nächste Anführer der Zwergen, sein Leben dafür lassen. Er und die zwei anderen Könige ihrer Völker.

Die Herrscharr der Orks verwüstete das ganze Land und war einfach übermächtig. Nie konnten sie gegen die Orks ankommen.

Dafür also hatte sie ihre Seele hergegeben … ihr Leben. Als Wiedergutmachung einer einzigen Missetat von einer Person, die sie nicht kannte.

Die Orks hatten sich hinter die Hügel zurückgezogen. Doch sie gerieten in Bewegung. Sie sammelten ihre breiten und langen Schwerter, sammelten ihre Keulen auf und rannten mit einem grausigen Trompetenkreischen los.

Die drei Könige erhoben sich mühsam und wappneten sich für den Kampf. Sie standen auf den Hügel, den die Orks gerade hinaufrannten.

Der Himmel wurde langsam von einem Rotton überzogen.

Sie spürte, wie sie langsam ihre Macht verlor und sich selbst.

Mit einem Schrei stürzte sie hinab.

Sie stand mitten auf dem Hügel. Von rechts kamen die Orks angerannt.

Links standen die drei Könige.

Hinter ihr ging langsam sie Sonne auf.

Mit einem Markerschütternden Schrei streckte sie ihre Arme seitlich von sich.

Sonne und Mond standen am Himmel, als es grell aufleuchtete. Das Leuchten durchdrang die restlichen Nebelschwaden im Wald. Das aufleuchten war heller als die Sonne und urplötzlich wieder verschwunden.

Die drei Könige hatten sich Reflexartig weggedreht und sich die Arme vors Gesicht gehalten. Als sie sich nun dem Schlachtfeld wieder zuwandten, erstarrten sie.

Da stand die höchste steinerne Figur, die jemals erbaut worden war. Sie hatte ihre Arme seitlich von sich gestreckt. Vor ihnen, auf der rechten Seite von ihr, stand eine ganze versteinerte Orkscharr.

Die große steinerne Figur zeigte eine Frau, die Thoran nur zu gut kannte. Er erstarrte und bemerkte, das eine Träne aus dem Auge seiner Geliebten rann.

Thoran knickte ein und viel auf die Knie.

 

Die Hungersnöte im ganzen Land, bei allen Völkern, verschwand. Die Wälder wuchsen, die Bäche sprudelten nur so vor Wasser und das Wild kehrte wieder zurück.

Ihr Opfer war nicht umsonst gewesen.

Die Völker erblühten wieder auf, ohne drohende Gefahr.

Denn sie war das schützende Schild, das alle Feinde, jede Zerstörung fernhielt. Diejenige, die ihr Leben für die Völker gab, die sie nicht akzeptiert hatten.

Nur einer hatte dies getan.

Und sie trauerte immer noch im Tod um ihre verloren gegangene, gemeinsame Zeit. Doch Durin hatte sie in seinen Reihen aufgenommen. An seiner Seite beschützte sie ihr Volk, ihren Geliebten, der niemanden jemals vergessen lies, was sie für die Zwerge getan hatte.

Sein Name war Thoran Eichenschild und seine Geliebte, die ihr Leben für alle geopfert hatte, trägt noch immer den Namen Fenia, Nachfahrin der Göttin Freya.

Shadowsparkle, das Geheimnis des Berges

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Einst waren die Wälder dicht und weit, bis zum Horizont. Weiche Hügel schmückten die freien Landschaften. Das Gras war saftig grün; die Bäume waren stark und breiteten ihr Blätterdach weit aus. Glitzernde Bäche schlängelten sich durch die Bäume und Wiesen, bis sie schließlich zusammenflossen und im Meer verschwanden.

Berge wuchsen weit hoch in den Himmel; steil, steinig und stark.

Die Tiere hatten genug Nahrung.

Im Sommer zwitscherten die Vögel und im Winter konnte man die Spuren der Rehe verfolgen.

Denn es gab etwas, das über sie wachte.

Sie wuchsen im Gestein, verborgen vor den Menschen, in uralten Höhlen, in den tiefen der Berge. Einsam und ruhig wurden sie größer; die Schätze der Natur, ihr Herzschlag.

In ihnen wuchs das Leben, das sie an die Bäume und Tiere weitergaben, beschützt durch das dicke Gestein der Berge.

Für jeden Baum, für jedes Wesen, gab es eines.

Das Herz, der Grund weshalb alles lebte, war tief verborgen im inneren des Berges.

 

Doch die Menschen kamen und holten sie sich. Sie rissen Löcher in die Berge, erweiterten die Höhlen. Sie zerstörten Landschaften, Bäume, Gewässer; Wohnräume für Mensch und Tier.

Und die Menschen kehrten mit der Beute nach Hause.

Sie wussten nicht, was sie den Bergen, den Höhlen, den Wäldern, Gewässern und Tieren antaten. Sie wollten nur das reine, weiße Gestein, welches nach Bearbeitung ein wunderschönes glänzen von sich gab.

Immer Menschen mehr kamen.

Immer tiefer wurden die Höhlen, immer weiter gelangten sie die Berge hinein.

Sie wollten sich das zu Eigen machen, was der Natur gehörte und die Berge beschützten.

Sie fällten Bäume, begradigten Hügel und liesen die Flüsse austrocknen.

Das wunderschöne Land um die Berge verschwand.

Nicht mehr Leben, Glück und Friede strahlte es aus, sondern Tod, Verderben und Krankheit.

 

Schließlich hielt die Natur den Schmerz nicht mehr aus.

Die ersten Lawinen brachen von den Bergen los und vertrieben die Menschen.

Sie flüchteten und holten Spezialisten.

Schließlich schwanden ihre Ängste wieder und sie kehrten zurück. Sie bemerkten nicht das Sterben der Natur, sie sahen nur ihre Gier.

Sie nahmen den Bergen alles. Der Unerschöpfliche Vorrat schwand, weshalb sich die Menschen noch tiefer in die Berge hineinwagten.

Bis sie nichts mehr fanden.

Sie verließen die Berge und zogen weiter zu den nächsten Bergen, die sie ausnehmen konnten.

Sie ließen ausgehöhlte Berge zurück, ausgedörrte Bäume, ausgetrocknete Wiesen. Kein Bach plätscherte mehr vor sich hier, kein Vogel war mehr zu hören. Nichts rührte sich mehr, der Tod zog über das Land.

 

Doch eines hatten die Menschen nicht gesehen.

Die Landschaft war Tod, doch im tiefsten inneren des Berges lag immer noch verborgen das Herz.

Der silberleuchtende Kristall war von einer Steinhülle verborgen. Doch durch die Bergarbeiten und Lawinen, war die Steinhülle angeknacks. Wie ein Blitz zog sich der Riss über die Hülle.

Noch konnte man nur ein glitzern im Dunkeln erkennen.

Doch schon bald würde die Steinerne Hülle ganz abreisen und endgültig zu Boden fallen.

Dann war das Herz frei.

 

Es war frei und würde grausame Rache für den Tod des Landes nehmen…

 

Impressum

Texte: ShadowLight
Bildmaterialien: Buch Cover: Sabi; Shadowsparkle Cover: Pelikan
Tag der Veröffentlichung: 15.11.2014

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