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Prolog

Mühsam mache ich die Augen auf, doch um mich herum bleibt alles schwarz. Vorsichtig rappele ich mich auf und schüttle mich von der bleiernen Schwere los. Wo zur Hölle bin ich? Ganz langsam gewöhnen sich meine Augen an das dämmrige Licht und ich kann meine Umgebung warnehmen. Unter mir befindet sich schlammige Erde, die vereinzelt mit Moos und Farnen bewachsen ist. Überall sind kleine knorrige Bäume, die ihre Äste wie Hände dem Himmel empor strecken. Es ist stockdunkel und nur durch das trübe Licht des Mondes kann ich meine Umgebung und die schemenhaften Gestalten vor mir warnehmen. Ein Schauer rieselt mir den Rücken hinab und verzweifelt versuche ich nachzudenken, wie ich hierher gekommen bin. Ein knackendes Geräusch hinter mir, lässt mich aufhorchen. Rasch sehe ich mich um, doch ich bin allein. Ein leichter Wind streichelt meine Haut und treibt den Gestank der modrigen Sümpfe zu mir herüber. Sofort krampft sich mein Magen zusammen und mir wird übel. Trotzdem gehe ich ein paar Schritte, denn alles in mir schreit danach zu fliehen. Ich will weg von diesem schrecklichen Ort. Vorsichtig weiche ich Schlammlöchern und Zweigen aus, die mir im Weg sind. Ich bin froh, dass keine Blätter an den Bäumen hängen, denn ansonsten könnte ich nichts sehen und würde ,auf Grund meiner Tollpatschigkeit, alle zwei Meter stolpern. 

Ein weiteres knacken lässt mich zusammen zucken. Kalter Schweiß tritt mir auf die Stirn und mein Puls fängt an zu rasen. Ein mulmiges Gefühl breitet sich in mir aus und meine Nackenhäärchen stellen sich auf. Aprupt drehe ich mich um und schreie herzzerreißend auf. Vor mir steht eine Kreatur, die mindestens 3 Köpfe größer ist als ich und starrt mich aus glühend roten Augenhölen an. Ich bin erstarrt vor Angst und kann meinen Blick nicht abwenden. Der Geruch nach Verwesung steigt mir in die Nase und lässt mich würgen. Das ist der Tod höchst persönlich, schießt es mir durch den Kopf. Die Kreatur hat schwarze ledrige Haut, die in Fetzen von seinem Körper hängt, klauenförmige Hände mit Messerscharfen Krallen und sau lange, spitze Zähne. Es sieht aus, als wäre es zum töten erschaffen. Ein hämisches Grinsen legt sich auf das Gesicht des Monsters, als würde es genau wissen was ich denke. Reflexartig drehe ich mich um und renne um mein Leben. Ohne nachzudenken, springe ich über Wurzeln und Farne. Die Äste der Bäume zerkratzen mein Gesicht, aber das ist im Moment egal. Mein Adrenalinspiegel ist so hoch, dass ich kaum etwas spüre, außer dem modrigen Atem in meinem Nacken, der mir die Tränen in die Augen treibt. Meine Lungen brennen und meine Beine tuen weh, aber der Überlebendsdrang ist größer und treibt mich an, obwohl ich so schreckliche Angst habe.

Ich will gerade um den nächsten Baum biegen, als ich die Wurzel übersehe und schmerzhaft in eine Schlammpfütze, oder was das ist, falle. Die Luft entweicht meinen Lungen und bunte Punkte tanzen vor meinen Augen. Ich weiß, dass die Kreatur nicht weit hinter mir sein kann und stehe unter Schmerzen auf, um weiter zu laufen. Ich sehe im Augenwinkel, wie das DING weiter auf mich zurennt und gerate in Panik. Ich muss mich irgendwie wehren,denn lange halte ich es nicht mehr aus. Rasch suche ich mit den Augen nach etwas Brauchbarem in meiner Umgebung. Ich halte an, um einen Stein aufzuheben, als es im Gebüsch neben mir raschelt. Durch die Blätter hindurch blicke ich in moosgrüne Augen, die mich nichtmehr loslassen. Meine Gedanken stocken und ich versinke in den Tiefen dieses wunderschönen Grüns. 

Ich erwache erst aus meiner Trance, als die Augen hinter den Zweigen verschwinden und mir wieder Bewusst wird, in welcher Situation ich mich hier befinde. Scheiße, das Ding!!! Angsterfüllt drehe ich mich um, den Stein fest umklammert. Vor mir kommt die Krautur mit gefletschten Zähnen zum stehen und hebt ihre Pranken mit den messerscharfen Krallen, bereit um mich zu zerfleischen. Mir bleibt gerade noch genug Zeit um den Stein zu werfen, als mich auch schon starke Arme hinter einen Baum stoßen. Ich presse mich so fest es geht gegen ihn und versuche mit ihm zu verschmelzen. Wer hat mich geschupst?, geht es mir durch den Kopf, aber ich habe zu viel Angst um nachzusehen. Ich fange an stark zu Zittern und versuche die Tränen zu unterdrücken. Wie konnte das alles nur passieren? Warum ausgerechnet ich??? Ich will nicht sterben...

Ein markerschütternder Schrei lässt mich zusammenzucken. Dann ein platschendes Geräusch. Ich drücke mich noch näher an den Baum und lausche angestrengt. Nichts. Außer meinem rasenden Herzen und meinem keuchenden Atem höre ich NICHTS. Zögernd löse ich mich von dem Baum und trete einen Schritt zur Seite. Was ich sehe lässt meinen Atem stocken. Die grauenvolle Kreatur, liegt mit abgetrenntem Kopf in einer riesigen Schlammpfütze. Aus seinem grässlichen Maul, ragt ein filigran gewebtes Armband mit einem kleinen Anhänger. Am rand der Pampe kann ich Fußspuren erkennen, die eindeutig nicht zu diesem DING gehören. Was ist hier passiert? , frage ich micht ängstlich. Meine Knie werden immer weicher, denn mir wird klar, dass IRGDENDWER oder IRGENDWAS das Ding getötet haben muss und mich somit gerettet hat. Noch bevor ich weiter darüber nachdenken kann, sehe ich wie die Kreatur langsam in der Schlammpfütze versinkt. Aber was ist mit dem Armband? Irgendwas drängt mich dazu es zu holen. Also stürze ich in die Pfütze und versuche die Leiche der Kreatur zu erreichen. Meine Füße versinken im Schlamm und nur mit Mühe und Not komme ich vorran. Je mehr ich mich bewege desto schwerer wird es, meine Beine aus der Pampe zu ziehen. Als ich endlich nahe genug dran brin, strecke ich meine Arme aus und zerre das Armband aus dem Maul der Kreatur, ohne mich an den Zähnen zu schneiden. Erleichtert presse ich das Band an mein Herz und harre einen Moment aus. FEHLER. Mit einem einzigen Ruck, versinke ich bis zu den Knien im Schlamm. Verdammt warum bleibe ich auch stehen? Im Moor!!! Panisch versuche ich meine Beine zu bewegen, aber es geht nicht. Die Pampe ist wie Gummi. Panik ergreift mich und meine Angst wächst ins unermessliche. Heiße tränen laufen meine Wangen hinunter und ein erstickter Schluchzer entrinnt meiner Kehle. Ich strenge mich noch mehr an und meine Muskeln brennen höllisch. Ich brauche irgendwas, um mich aus diesem Loch zu ziehen. Rechts von mit ist das Ufer dicht bewachsen. Mein Puls rast und mein ganzer Körper schmerzt, aber ich nehme meine ganze restliche Kraft zusammen und wuchte meinen Oberkörper zur Seite. Mit einem dumpfen PLATSCH lande ich mit dem Gesicht im Schlamm. Ich schnappe nach Luft und srecke meine Arme mühsam nach vorne. Ganz langsam tasten sich meine Hände durch den Matsch, bis sie etwas festes spüren. Ich mache blinzelnd die Augen auf und erkenne in den Schatten, dass es eine Wurzel ist. Schlammwasser läuft mir in die Augen, aber dass interessiert mich nicht. Ich muss hier raus! 

Deshalb kralle ich mich sofort mit einer Hand an der Wurzel fest und ziehe. In der anderen befindet sich das Armband. Meine Muskeln brennen und Schweiß tritt mir auf die Stirn, aber ich bin nicht gewillt aufzugeben. Trotzdem sinke ich immer weiter. Panik schnürt mir die Kehle zu und ein Knoten bildet sich in meinem Magen. Ich will nicht sterben. Nicht hier in diesem Moor.Bitte nicht...

Ich schüttel meinen Kopf um diese schrecklichen Gedanken loszuwerden. Ich muss weiter machen, immer weiter. Also ziehe ich noch heftiger, spüre wie meine Muskeln reißen und beiße mir auf die Zunge um nicht zu schreien. Die Kreatur ist mitlerweile schon ganz versunken und auch ich stecke bis zur Hüfte im Schlamm. Es ist so kalt, dass ich meinen Körper nicht mehr spüren kann. Verzweifelt klammere ich mich an die Wurzel, aber langsam rutschen meine Finger. Ob es wegen dem Schweiß, meinem Blut oder dem glitschigen Moosüberzug ist, kann ich nicht sagen. Meine Kräfte sind am Ende. In meinen Augen fängt es an schwarz zu flackern und ich weiß, dass mein Bewusstsein am abkratzen ist. Ich sinke immer tiefer und mir fällt es immer schwerer zu atmen, weil ich bis zur Brust im Matsch stecke. Ich fühle mich, als würde ich ersticken. Auch wenn viel Adrenalin durch meine Adern pumpt, habe ich große Schmerzen. Meine Muskeln brennen, mein Körper ist halb erfroren und die Farne und Zweige haben meine Haut zerkratzt und aufgerissen. Ich spüre wie meine Finger aubrutschen und den letzten halt verlieren. Mein herz holpert und rast danach noch schneller weiter. Meine Arme platschen haltlos auf den Schlamm und ich fange an wie eine Verrückte zu strampeln, doch dadurch sinke ich noch weiter, bis zum Kinn. Jetzt ist es vorbei. Ich werde sterben.

Mein Gesicht ist tränennass und ich bin einfach nur hysterisch. Ich strample und trete um mich, um diesen verdammten Schlamm zu besiegen. Ich kann gerade noch Luft holen und ein Schrei verlässt meine Kehle, als sich der Schlamm auch schon über meine Nase legt. Ein letztes Mal betrachte ich meine Umgebung. Die Bäume und Stümpfe wiegen ihre kahlen, knorrigen Äste sachte im Wind und der matschige Boden glänzt leich im Licht des Mondes. Alle Geräusche verstummen und ich spüre wie mein Herzschlag schwächer wird. Bevor die Pampe endgültig über mir zusammen schlägt, schiebt sich ein wunderschönes Gesicht mit moosgrünen Augen vor den Mond. In ihnen liegt so viel Reue und verzweiflung, dass ich kurzzeitig meine Panik vergesse. Dann wird alles schwarz und ich bin im Schlamm versunken. Reflexartig versuche ich zu atmen, aber nur die Pampe fließt in meinen Mund und füllt meine Lungen. Ein stechender Schmerz ergreift Besitz von mir und mein Körper verkrampft sich. Es tut so schrecklich weh!! Ich weiß nicht mehr wo oben oder unten ist, trotzdem versuche ich meinen Körper irgendwohin zu Bewegen- ohne Erfolg. 

Bald ist es vorbei, hoffe ich und versuche an meine meine Familie zu denken, an meine Freunde und einfach an alle Menschen die ich liebe. Ich wollte in meinem Leben noch so viel machen und erreichen. Es gibt noch so viel zu sagen, was nun unausgesprochen bleibt. Ich wollte studieren, ich wollte lieben und ich wollte einfach nur ein verdammtes Leben! Warum ich? Womit habe ich das verdient? Es fällt mir zunehmend schwerer mich zu konzentrieren und meine Gedanken werden zäher. Vielleicht sollte ja alles so kommen. Wer weiß schon, warum das Schicksal meinen Weg so gelenkt hat. Ich werde sterben, aber die Welt dreht sich weiter. Mein Tod ist nicht das Ende, sondern ein neuer Anfang- daran glaube ich ganz fest. Und mit diesem halbwegs beruhigenden Gedanken lasse ich los. Von Allem. Von meiner Familie, von meinen Freunden, von den wunderschönen Moosgrünen Augen und letztendlich auch von meinem Leben. Meine Glieder werden schlaff und ich merke, dass mein Geist von einem Sog verschlungen wird. Mein Herz schlägt ein letztes, holpriges mal und dann...

 

...STILLE

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Tag der Veröffentlichung: 05.01.2014

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