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Ein Drink auf Luna

 Phantastische Erzählungen

Erste Story: Der Tunnel

 

 

 Diese Geschichte war ursprünglich für „Spektrum der Wissenschaft“ bestimmt.

 

Jakarma wischte sich den Schweiß von der Stirn, dann setzte er den Quantenbohrer erneut an: Die starre Raumzeit vor ihm flimmerte im Widerstand, doch dann wich sie langsam den Strahlen des Wahrscheinlichkeitsbohrers. Vorsichtig führte Jakarma den Strahl in das Loch und erweiterte es. Hinter ihm räusperte sich Nülzkaara aus seinen drei Halsmündern. Das Geräusch klang wie ein Maschinengewehrstakkato in dem schmalen Tunnel wider.„Vorsichtig“ grollte Jakarma, „die Casimir-Stützen an den alten Tunnelwänden sind noch nicht stabil; sie könnten einstürzen, wenn Du so herumvibrierst!“Nülzkaara nickte bloß mit seinen beiden kastenförmigen Köpfen, dann hob er seinen eigenen Quantenbohrer und trieb weiter Löcher in die Raum-Zeit. Langsam wuchs der Tunnel unter der intensiven Arbeit der beiden erfahrenen Raum-Zeit Fräsbohrer.Doch was geschah hier? Warum wurde ein Tunnel durch die Raum-Zeit gefräst?

 

***

 

Das Galaktikum der Liga freier Wesen hatte einen neuen blauen Planeten entdeckt, und wollte einen Warptunnel dorthin bauen – also musste er gefräst werden, damit die galaktische Allwegbahn anschließend hindurchfahren konnte, um den Weg zur Verständigung mit einer neu erkannten planetaren Intelligenz-Spezies zu eröffnen. Die Völker der Jarka und der Nülzka waren die besten Tunnelbauer für die Raum-Zeit, seit ihre Völker vor dreitausend Jahren dem Galaktikum beigetreten waren. Sie belegten schon Platz vier in der galaktischen Wettbewrbs- Liga, und waren bestrebt, den dritten Platz anzupeilen. Mühsam hatten sie sich in den Konstruktiven der Liga durch die Jahrtausende nach oben gearbeitet. Vom Platz 18 des Neulings bzw. Aufsteigers ins Galaktikum waren sie jetzt schon ziemlich weit nach oben gelangt. Die Plätze der Völker in der Liga des Galaktikums wurden nach Nützlichkeiten und konstruktiven Methoden bemessen, in denen die einzelnen Völker dem Galaktikum sozial halfen. Dadurch kam es immer wieder zu Verschiebungen in den Rängen, d.h. auf den einzelnen Plätzen, je nachdem, wie weit das Engagement der einzelnen Völker für das Galaktikum ging. Platzverschiebungen gab es oft, aber nur selten musste ein Volk zwangsweise absteigen – und wurde aus dem Galaktikum verabschiedet, indem die Zugangstunnel zu ihm geschlossen wurden. Die Öffnungen dieser Tunnel in einem Planetensystem wurden im allgemeinen als „Fenster“ bezeichnet. Es gab keinen schlimmeren Satz für ein galaktisches Volk als diesen: „Euer Fenster wurde geschlossen!“ dadurch versank das jeweilige Volk wieder in der Einsamkeit – und konnte weder sich noch dem Galaktikum konstruktiv nützen. Zuletzt war dies geschehen, als der Bürgerkrieg auf dem Doppelplaneten eskalierte: das Galaktikum hatte sofort das Fenster nach Termakat/Zergamat geschlossen, damit der Konflikt nicht übergreifen konnte.In tausend Jahren sollte einmal wieder nachgesehen werden, denn der Tunnel war ja noch vorhanden, nur eben am äußeren Ende abgeschlossen.Aber jetzt wurde ein neuer Tunnel gefräst, denn am Rande des halben Spiralarms hinter der großen Dunkelwolke war ein neues Volk angemessen worden, das bereits über die Kenntnis elektromagnetischerKräfte verfügte, denn das Galaktikum hatte den üblichen Werbeschwachsinn empfangen, der für eine Kultur in dieser Reifezeit ebenso üblich war wie der letzte Blödsinn an Seifenopern. Da das Galaktikum aber in seinen philosophischen Grundzügen grundsätzlich tolerant war, wollte es das neu entdeckte Volk einmal genau prüfen ... was sind schon tausend Jahre … In dieser Testzeit konnten sich die frisch erkannten Intelligenzler bewähren – oder eben nicht.

 

 

***

 

 

Die Aufsicht über die neue Art würden die Fring führen: sie waren seit zweihundert Jahren auf Platz eins der Liga, nur von einem 25-jährigen Intermezzo auf Platz zwei abgesehen, als die Guglupf sie eine Zeitlang ablösten. Die Fring waren eine wolfsartige Spezies mit dreieckigen Köpfen und, seitlich gesehen,hyperbolischen Gesichtern (wie der irdische Viertelmond). Lange Nasen stachen daraus hervor. An den oberen Ohrmuscheln saßen luchsartige Haarbüschel. Auch ihre Wachschiffe traten immer im Dreiermodus auf: große, schwarze Dreiecke. Aber diese Wachschiffe mussten erst einmal durch den Warptunnel gebracht werden. Dafür hatte die Allwegbahn ja große Frachtabteile; und wenn das Galaktikum schon die Mühe auf sich nahm, einen neuen Tunnel durch die Raum-Zeit fräsen zu lassen, dann konnte man ihn ja gleich „hier und dort“ anbinden, nicht wahr? Also wurden auch Seitenverzweigungen mit eingeplant, die natürlich auch in den Planungen des Galaktikums völlig an der Realität vorbeigingen: auch dies war schließlich eine Behörd, wenn auch im galaktischen Maßstab.

 

***

 

Jakarma fräste weiter durch die dimensionalen Verspannungen der Raum-Zeit, unterstützt von dem Quantenbohrer des Nülzka, der die Wahrscheinlichkeitslinien verwob und aufdröselte, bis die Raum-Zeit seufzend nachgab. „Habe ich dir schon von den Nüükaab erzählt?“, fragte er dröhnend. Der Nülzka hob verwerfend den Armtentakel: „Es gibt keine Nüükaab!“ verkündete er, fast fröhlich. „Damit werden doch nur neue Brutlinge erschreckt!“„Oh, doch!“ entgegnete Jakarma: „Ich habe die Raum-Zeit-Fresser selbst gesehen … na ja, beinahe ... Bei der vorletzten Tunnelbohrung nach Gamma Pavonis überfielen sie Hirkdess den Grahampfer aus einem irregulären Seitentunnel. Seitdem ist der verschollen; nur das Haustier, seine weiße Umas war noch übrig ...i ch konnte gerade noch ihre Schatten aus Dunkelenergie erkennen, als sie sich davonmachten ...“„Ah bah, Ammenmärchen!“ dröhnte Nülzkaara aus seinen Halsmündern. “Du hattest wohl den Tunnelkoller! Das passiert den Besten von uns Bohrern manchmal. Ich bin immer froh, wenn ich die Sterne wieder sehe … aus Schwarzschatten ...“

Schweigend bohrten die beiden Fräser weiter. Solche Streitgespräche führten sie öfter miteinander, das hielt sie von Langeweile ab, denn die Tunnelbohrung war meist monoton: quasiflache Raum-Zeit zu durchtunneln, nur mitunter leicht verkrümmt durch lokale stellare Masseneinlagen in der Nähe des Tunnels.Diesmal begann Nülzkaara: „Habe ich Dir schon von den Verkräuselungen berichtet...? Oder vom Wirbelfeld...?“„Quatsch, die Raum-Zeit tordiert nicht – und Rot G ist gleich Null: es gibt gar kein Wirbelfeld ... jetzt erzählst Du Ammenmärchen ... Guck Dir diesen geraden Schnitt an!“ Stolz wies er auf seine raumartigeBohrung, die er weiter vergrößerte: „alles nur Flachraum...! -Hey, ich glaube, wir sind fast durch; hier, die RZ-Struktur wird schon fade; außerdem scheint eine stellare Masse direkt frontal zu liegen. Aus der Krümmung kann ich sie berechnen: sie entspricht dem Zielstern. Wo wollen wir aufbrechen?“„Die Bahn des sechsten Planeten war wohl vorgesehen,“ erwiderte Nülzkaara, “du erkennst ihn an einem großen Ring ...“

Im nächsten Moment wurde es hell um die Beiden. Aus einem großen Loch lugten Sterne herein...

Nülzkaara erzeugte einen kleinen Vakuummaterieausleger und linste nach draußen: „Perfekt“, brummte er: „Da ist der Ringplanet!“ Er wies mit dem Armtentakel auf einen großen, fetten Planeten, der wirklich von einem Ring umgeben war: „Das war eine Punktlandung! Wo leben die Neuen?“„Weiter drin, auf dem Dritten vom Stern aus gesehen, ein kleinerer Steinplanet mit großem Mond und viel Diwasserstoffmonoxid auf der Oberfläche .... blau eben...“ verkündete Jakarma – und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Unsere Arbeit ist getan, der Zug kann fahren – und die Neuen begrüßen ... jetzt sind die Fring dran!“Die beiden Fräser drehten sich um und verschwanden im neuen Tunnel ...

 

ENDE

 

 

 

Zweite Story: Der Zeitkristall - oder das Zeitflimmern

 

 

 

Diese Geschichte war ursprünglich eine Perry Rhodan-Fanstory. Nun ist sie unabhängig davon.

 

Bericht einer Akademie: Das Harbinger-Institut (1)

 

 

Der temporale Imperialist beobachtete, wie die übrigen Studenten in den Hörsaal strömten. Professor Dorrian schwebte bereits über dem Holo-Mikrophon. Als sich alle gesetzt hatten, begann er:
„Meine galaktischen Wesen! Wir wollen heute mit einer Frage beginnen! Ein Gegenstand existiert entweder – oder er existiert nicht. Sind sie damit einverstanden?“

 

Sofort begann eine Debatte unter den Studenten, aber am Ende der Diskussion nach 3 Minuten bejahten alle. Nur der temporale Imperialist behielt seine Gedanken für sich, nickte aber höflich zu den Aussagen der anderen Studenten.

 

„Reingefallen!“ lachte Prof. Dorrian. „Natürlich meine ich nicht, dass ein Gegenstand auch halb existieren kann, etwa während seiner Fertigstellung, falls Sie dieses Argument anbringen wollten, meine Galaktiker! Aber schauen wir uns die Dinge doch mal genauer an. Existiert ein jeder Gegenstand kontinuierlich?
Nein, natürlich pulsiert er im Rhythmus der universellen, vierdimensionalen Quantenschwankung mit t = 10^-43 Sekunden, was für unsre Augen und Meßgeräte natürlich zu schnell ist. Ohne Hyperphysik würden wir annehmen, dass alle Materie kontinuierlich existiert. Aber es handelt sich um diskrete Daseinszustände.
Nehmen wir mal an, wir könnten diese universelle Grundschwingung anregen, und höhere Zustände mit größeren Zeitabständen erzeugen. Dann hätten wir eine zeitlich diskrete, sich ständig temporal wiederholende Existenz innerhalb unserer Wahrnehmung oder Messgeräte.“
Er schwebte zum Tisch mit dem Vorführversuch: „Sehen Sie hier den neuen Rulgarnonium-Oktatagonium Verbundkristall, der mit Durolonium spurenartig dotiert ist.
Mit Hilfe einer achtdimensionalen Hyper-Blip-Anregung, deren ursprüngliche Gleichung von den Karosken stammte, diesem ausgestorbenen Volk, dessen Überreste wir überall in der Galaxis gefunden haben,können wir ihn in einen solchen Para-Zustand der diskreten Existenz versetzen. Achtung, ich stelle 2 Sekunden ein. Beobachten Sie genau!“

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Aarn MUnro
Bildmaterialien: Aarn Munro
Cover: Aarn Munro
Lektorat: Aarn Munro
Übersetzung: Keine
Satz: Keiner
Tag der Veröffentlichung: 12.09.2019
ISBN: 978-3-7487-1520-7

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