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Die Kämpferin

Ruhig lagen die Strassen von Mombasa unter den Sternen Afrikas. Nur vereinzelt gingen Menschen durch die Stille der einbrechenden Nacht und verschwanden müde in den baufälligen Häusern am Rande der Stadt. Plötzlich durchriss der Krach einer gewaltigen Explosion die Stille. Sekunden später wimmelte es in den Strassen rund um die Unglücksstelle vor aufgeregten Menschen, die versuchten herauszufinden, was eigentlich passiert war, während der Staub sich langsam wieder legte und man im Licht des Feuers die ersten Trümmerhaufen erkennen konnte. Ganz langsam wurde klar, dass dort eine brüchige Gasleitung explodiert sein musste und einige der umliegenden Wohnhäuser zerstört hatte. Einige begannen bereits, die Trümmer beiseite zu räumen und nach Verwandten und Freunden zu suchen, während andere noch wie betäubt daneben standen. Endlich kam auch die Feuerwehr und suchte das Gelände so gut wie möglich zu sichern bevor sie mit der eigentlichen Löscharbeit begann.

Währenddessen lag Julia nichts ahnend in ihrem Bett und schlief. Sie träumte gerade einen verrückten Traum voller unmöglicher dunkler Kreaturen, doch plötzlich stand sie wieder in jenem Wald, in dem sie die Heilige Tania das erste Mal getroffen hatte. Verwirrt sah sie sich um. Die große Eule, die ihre Schutzgöttin war, saß wieder auf dem selben Baumstumpf, doch von der Ruhe, die sie beim letzten Mal umgeben hatte, war nichts zu spüren. »Trägerin, ich brauche deine Hilfe. Eine der Auserwählten wurde bei einer Explosion lebensgefährlich verletzt. Nur du kannst sie retten. Du musst deine besondere Gabe einsetzen.« Sofort war sie hellwach. »Wo finde ich sie?« »Ich bringe dich zu ihr.« Sie nickte. »Ich bin bereit, aber ich werde die Jungen brauchen.« »Die Zeit drängt, Trägerin.« »Ich weiß, bringt mich zu ihr.« Sekunden später stand sie zwischen den Trümmern eines Hauses und sah sich entsetzt um. Überall saßen und lagen schwer verletzte Menschen herum - ebenso wie blutige Gliedmaßen. Eine Menge verletzter, bereits notdürftig versorgter Menschen wühlte in den Trümmern und suchte nach Verwandten und Freunden. Direkt vor ihr in etwa 10 Metern Entfernung lag ein Mädchen - blutüberströmt und offensichtlich bewusstlos - und eine Frau lag heftig weinend über ihr. »Ist sie das?« »Ja, das ist die Auserwählte.« »Sie wird mich erkennen.« »Nein, Trägerin, du brauchst nichts zu befürchten. Sie wird eine alte Frau in dir sehen und dich an das Mädchen heranlassen. Zögere nicht mehr, sonst stirbt sie.« Entschlossen trat Julia zu dem Mädchen und der weinenden Mutter, die offenbar auch schwer verletzt war und legte der Mutter stumm die Hand auf die Schulter. Sie sah auf und wich mit großen Augen zurück. Julia streckte die Hände über dem sterbenden Mädchen aus. »Ich spüre, wie das Leben verrinnt. Bitte, Heilige, gib mir die Kraft, die ich brauche!« Vorsichtig sandte sie die Energien ihrer besonderen Gabe durch ihre Hände in den Körper des Mädchens. Nach ein paar Minuten ließ sie erschöpft die Hände sinken. Fast selbstverständlich griff sie an ihre Hüfte und berührte ihren Dolch. »Mika, ich brauche dich. Kannst du mich hören?« Etwas verschlafen klang seine Antwort in ihrem Gehirn wieder. »Ich höre dich, Julia. Was ist passiert und wo bist du?« Sie sah sich um. »Sieht so aus, als wäre ich irgendwo in Afrika. Ich weiß es nicht genau. Orientiere dich an San Tanadina, dann wirst du mich finden. Und bringe Kane mit, den werden wir auch brauchen, aber erschreckt nicht, wenn ihr kommt. Hier hat eine Explosion ein ganzes Viertel zerstört. - Und Mika? Bitte beeil dich. Ich liege nämlich gleich neben der 2. Auserwählten.« Sie streckte wieder ihre Hände über dem Mädchen aus und registrierte befriedigt, dass es aus der unmittelbaren Gefahr heraus war. Jetzt konnte sie sich den schlimmsten Verletzungen einzeln zuwenden und den Rest dem Wissen und der Weisheit ihrer Ahnen überlassen. »Bitte, Heilige, hilf mir durchzuhalten. Ich brauche mehr Energie, als ich eigentlich habe. Sie ist noch nicht stabil genug, um sie jetzt allein zu lassen.« Sie zog eine Hand zurück und legte sie um den Kristall San Tanadinas. Sie spürte, wie neue Kraft sie erfüllte. Gestärkt setzte sie ihre Arbeit fort, doch nach ein paar Minuten verließen sie die Kräfte endgültig und sie brach neben dem Mädchen zusammen. Genau in diesem Moment stürmten Mika und Kane durch die Trümmer auf sie zu. “Julia!” Erschrocken stürzte Mika zu Julia. Kane trat hinzu und fühlte ihren Puls. »Keine Sorge, sie ist in Ordnung.« Er wandte sich dem Mädchen zu, das noch immer bewusstlos auf dem Rücken lag und fühlte auch ihr den Puls. »Und für die Mengen an Blut, die sie offensichtlich verloren hat, geht es ihr auch erstaunlich gut. Julia hat ganze Arbeit geleistet.« Er sah sich um und entdeckte in ein paar Meter Entfernung die Mutter des Mädchens. »Was sagen wir ihr, wer wir sind?« Mika sah auf und folgte Kanes Blick. »Keine Ahnung! Sag ihr, wir gehören zu einer internationalen Pfadfindergruppe.« Kane nickte. »Was ist hier eigentlich passiert? Sind sie die Mutter?« »Ich weiß nicht, was passiert ist. Es gab diesen großen Knall und dann lag hier alles in Schutt und Asche. Was ist mit meiner Sanura? Ist sie .. Ist sie tot? Und die heilige Frau? Warum ist sie zusammengebrochen?« Kane sah die Frau verwirrt an. Die heilige Frau? Damit konnte sie doch nur Julia meinen. »Es geht beiden gut. Die Heilige hat ihre Tochter gerettet, aber jetzt brauchen beide Ruhe. Wo können wir sie hinbringen?« »Zu meiner Schwester. Kommt mit!« Kane stand auf und hob das Mädchen hoch, dem Julia gerade das Leben gerettet hatte. »Nimm du Julia und folge uns. Und wundere dich über nichts. Sie hält Julia für eine heilige Frau. Vermutlich sieht sie für die Leute hier anders aus als für uns.« Er wandte sich erklärend der Frau zu. »Wir gehören einer internationalen Gruppe von Pfadfindern an. Wir sind nur ein paar Tage hier, um das Land ein wenig kennen zu lernen. Mein Freund hier spricht eure Sprache nicht, deshalb muss ich ihm alles übersetzen.« Die Frau nickte und führte sie langsam humpelnd aber zielstrebig durch die Straßen und schließlich in ein Haus, bei dem sie sich wunderten, dass es überhaupt noch stand. Im Flüsterton erzählte sie der Familie, dass die Heilige Frau ihre Tochter gerettet habe, während die Hausfrau mit einem Blick erkannt hatte, was benötigt wurde und die Jungen rasch in eine Ecke des großen Raumes dirigierte, in der ein paar notdürftige Lager standen, auf die sie sie die Mädchen betten hieß. »Ich danke euch, dass ihr uns geholfen habt. Geht es eurer Herrin auch wirklich gut?« Unsicher, was er antworten sollte, übersetzte Kane und sah Mika fragend an. »Sag ihnen, es war sehr anstrengend für sie, das Mädchen zu heilen. Sie braucht nur ein paar Stunden Schlaf, dann geht es ihr wieder besser.« Kane übersetzte und die Frauen nickten erleichtert. »Bitte seid unsere Gäste. Ihr und eure Herrin seid willkommen in unserem Haus so lange ihr bleiben mögt.« Kane machte eine höfliche Verbeugung. »Haben sie vielen Dank!« Er übersetzte auch das. »Was heißt “Vielen Dank” in ihrer Sprache?« Er sah Kane an und wiederholte mühsam, was er ihm vorsprach, was ihm ein wohlwollendes Lächeln von den Frauen einbrachte. Mika sah unauffällig zur Uhr als er sich setzte. »Werden sie dich vermissen zu Hause?« »Nein, keine Sorge. Ich bin um diese Zeit immer schon unterwegs und niemand kümmert sich darum, wohin ich gehe.« »Dann ist es gut. Es muss nicht sein, dass du unseretwegen Ärger bekommst.« Die Frauen kamen mit Getränken und Speisen, um sie zu bewirten. Es war ihnen zwar unangenehm, dass sie sich mitten in der Nacht und nachdem das Mädchen beinahe gestorben wäre, soviel Arbeit machten, doch gebot ihnen die Höflichkeit die dargebotenen Speisen auch zu kosten. Immer wieder huschte ihr Blick zu den Mädchen hinüber, ob Julia nicht endlich aufwachte und sie befreite, doch sie mussten 3 Stunden warten ehe sie sich rührte. Mit einem Satz war Mika bei ihr, als er bemerkte, dass sie aufgewacht war. “Julia! Alles klar? Bist du OK?“ Unwillkürlich griff sie nach seiner Hand. “Mika! Du bist da. Das ist gut. Ich bin in Ordnung, aber wie geht es ihr?” Er hob kurz die Schultern. “Keine Ahnung. Kane meinte vorhin, sie wäre soweit in Ordnung.” Mühsam rappelte sie sich hoch und streckte ihre Hände über dem Mädchen aus. Eine Minute später ließ sie sich erleichtert zurücksinken “Das Schlimmste haben wir jedenfalls überstanden. Den Rest können wir auf konventionelle Art und Weise heilen. Irgendwo hinter dieser seltsamen Tür in meinem Geist werde ich wohl etwas Brauchbares finden.” Sie schloss die Augen, um sie schon einen Augenblick später wieder zu öffnen. “Phantastisch, langsam bekomme ich ein System in das ganze Chaos. Kannst du was für mich besorgen?” “Alles!” Sie lächelte über seinen Eifer und sagte ihm, was sie brauchte. Während Mika das Haus verließ sah sie sich um und entdeckte Kane. “Kane. Danke, dass du gekommen bist. Kannst du für mich dolmetschen?” Er nickte stumm. “Zunächst einmal zur Beruhigung der Mutter. Sie ist völlig außer Gefahr. Sie hat aber viel Blut verloren und braucht daher noch viel Ruhe und Schlaf. Die vielen Brandwunden konnte ich nicht mehr heilen, das muss jetzt die Natur schaffen. Mika bringt mir gerade etwas, das die Heilung fördern und den Schmerz lindern wird. Die zerfetzten Muskeln werden mit der Zeit wieder heilen. Ah, vielleicht sollten wir das lieber nicht ganz so dramatisch machen. Die Beine sind zwar tatsächlich ziemlich zerfetzt gewesen, aber das habe ich ja schon wieder einigermaßen auf die Reihe bekommen. Jedenfalls werde ich in der nächsten Zeit täglich kommen und sehen wie es ihr geht.” Kane übersetzte alles. Mit einem ehrfürchtigen Blick auf Julia fragte die Mutter des verletzten Mädchens: »Es hat bei dieser Explosion so viele Tote und Verletzte gegeben, warum habt ihr gerade meine Tochter gerettet?« Auf die Antwort war auch Kane gespannt. Er sah sie erwartungsvoll an während er übersetzte. Sie dachte einen Augenblick nach ehe sie weiter sprach. “Ihre Tochter ist ein gutes Mädchen. Der Herr hat sie für eine große Aufgabe auserwählt. Deshalb durfte sie heute nicht sterben.” Bewundernd übersetzte er während die Frauen aufgeregt zu flüstern begannen. Mit sicherem Gespür für die Lage hatte Julia erkannt, dass die Leute sie für eine Heilige hielten und nutzte das geschickt aus. In gewissem Sinn stimmte es ja auch - immerhin sollten sie die Welt retten und das Böse zerstören. “Komm, Kane, wir wollen für sie beten oder zumindest so tun. Eine echte Heilige würde das jetzt sicher tun. Wir müssen die Rolle weiterspielen.” Sie knieten zu beiden Seiten des Mädchens nieder und falteten wie zum Beten die Hände. »Welche Fähigkeit hat sie, Heilige?« »Sie hat die Macht der Kampfkunst. Sie kann sich in Sekundenschnelle auf jeden Kampfstil einstellen und sie sieht während eines Kampfes 10 Sekunden in die Zukunft.« »So wie ich?« »Ja, jedoch ist diese Fähigkeit bei ihr ausgeprägter als bei dir, Trägerin.« »Dann sind wir jetzt also schon zu viert. Ich hätte nicht gedacht, dass das alles so schnell gehen würde.« Sie spürte wie die Heilige lächelte. »Das war auch nicht so geplant, Trägerin, aber der Gegner lässt uns keine Wahl. Ihr müsst so schnell wie möglich einsatzbereit sein. Ich fürchte ihr werdet noch heute auch die anderen Helfer aufsuchen müssen. Wir können es uns nicht leisten, wenn einer bei einem weiteren Anschlag verletzt oder gar getötet wird.« »Wo finde ich die anderen?« »Eine wirst du in Australien finden und die beiden anderen in Nord- und Südamerika. Ich werde dich führen.« Sie rechnete kurz nach und dachte dann erstaunt: »Dann haben wir ja von jedem Kontinent einen!« »Das ist wahr. Doch sei vorsichtig. Keiner der anderen ahnt etwas von der großen Aufgabe - auch dieses Mädchen nicht.« Sie schauderte. »Gut, dass ihr das sagt, Heilige. Dann sollte ich es ihnen lieber selbst erklären und es nicht Mika überlassen.« Die Heilige lächelte. »Sei ihm nicht böse, Trägerin. Er war genauso überrascht und unsicher wie du.« Auch Julia lächelte. »Ich bin ihm gar nicht mehr böse, Heilige. Ich möchte nur verhindern, dass er die anderen genauso erschreckt. Oh, ich glaube er ist zurück. Ich danke euch, Heilige.« Sie öffnete die Augen und sah sich suchend um. Mika war tatsächlich gerade hereingekommen. “Ah, du bist wieder da, Mika. Das ist gut. Bitte komm zu mir und hilf mir.” Mit einem kurzen Seitenblick zu der Familie ihrer Patientin neigte er den Kopf und trat zu ihr. “Es wird Zeit, dass wir hier verschwinden.” Sie nickte lächelnd. “Du hast Recht, aber wir müssen unsere Kämpferin irgendwie mitnehmen. Die Heilige möchte, dass wir noch heute alle Helfer San Tanadinas zusammenbringen. Sie glaubt, dass sie alle in Gefahr schweben.” Er sah sie mit großen Augen an. “Woher weißt du das? Ist sie dir schon wieder erschienen?” “So ähnlich. Ich kann mit ihr reden wann immer ich will. Sie ist irgendwie immer da, aber da reden wir ein andermal drüber. Lass uns lieber überlegen, wie wir es ihrer Familie beibringen, dass wir sie mitnehmen müssen.” “Willst du sie denn für länger mitnehmen?” Sie nickte. “Ja, ich möchte sie bei mir behalten, bis ihre Verletzungen endgültig verheilt sind und sie sich wieder selbst helfen kann. Eigentlich hätte ich es gerne, wenn wir alle zusammen blieben, aber das geht ja schlecht.” “Was willst du deiner Mutter erzählen, wer sie ist?” “Keine Ahnung. Darüber denke ich nach, wenn es soweit ist.” Während dieses kurzen geflüsterten Gespräches hatte sie wie nebenbei die Kräuter, die Mika ihr gebracht hatte, zerrieben und auf den Verletzungen verteilt. Jetzt nahm sie das Verbandszeug zur Hand und deckte die Wunden sorgfältig ab. Dann streckte sie noch einmal die Hände über dem Mädchen aus und ließ Energie in ihren Körper fließen - doch diesmal nicht, um zu Heilen sondern um die allgemeinen Kraftreserven des Mädchen aufzufüllen, damit sie möglichst schnell auf die Beine kam. Wenige Minuten später schlug sie vorsichtig die Augen auf. Mit einem Aufschrei stürzte ihre Mutter, die die ganze Zeit alles beobachtet hatte, an ihre Seite. Julia ließ sie gewähren und sah die beiden Jungen an. “Kane,” sagte sie traurig, “kannst du wieder übersetzen?” Er nickte. Julia legte ihre Hand auf die Sanuras und ihrer Mutter. “Es fällt mir sehr schwer, das jetzt zu sagen.” Sie sah der Mutter in die Augen. “Sie haben heute große Angst ausgestanden und wir alle sind froh, dass ihre Tochter außer Lebensgefahr ist, doch möchte ich sie doch lieber ein paar Tage mit mir nehmen, damit ich die Behandlung fortführen kann und sie immer in meiner Nähe habe, falls es zu Komplikationen kommen sollte.” Kane übersetzte. Während Sanura mit großen, ungläubigen Augen zuhörte, breitete sich im Gesicht der Mutter eine Art trauriger Entschlossenheit aus. »Ihr habt meiner Tochter das Leben gerettet, Heilige. Ich danke euch tausendmal. Wenn nun die Aufgabe von der ihr vorhin spracht es erfordert, dass ihr sie von mir nehmt, so vertraue ich ihr Leben, das auch das eure ist, eurer heiligen Hand an.« Julia lauschte erstaunt der Übersetzung. “Ich danke ihnen, gute Frau, doch sie sollen ihre Tochter nicht lange entbehren. Schon in ein paar Tagen wird sie gesund und munter zu ihnen zurückkehren.” Sie wandte sich an das Mädchen. “Sanura, das ist jetzt alles verwirrend für dich. Das weiß ich, aber ich bitte dich trotzdem, uns zu begleiten. Wir werden dir alles erklären, sobald wir am Ziel sind.” Das Mädchen sah von Julia zu Kane, der alles übersetzte und dann zu ihrer Mutter. Dann nickte sie. »Wenn meine Mutter euch vertraut, dann tue ich es auch. Ich werde euch begleiten.« Julia fiel ein Stein vom Herzen. “Ich danke dir, Sanura! Ich möchte gerne gleich aufbrechen. Ich habe einen langen und anstrengenden Tag hinter mir und möchte gern noch etwas ruhen, ehe ich mich meiner nächsten Aufgabe zuwende. Fühlst du dich kräftig genug um aufzustehen?” Sanura nickte und stand auf. Sie schwankte ein wenig, aber das war bald vorüber. Auch Julia und die Jungen standen jetzt auf. “Ich danke ihnen für ihr Vertrauen. In ein paar Tagen sind wir wieder da.” Sie trat ins Freie. Sanura und die Jungen folgten ihr. Tief durchatmend blieb sie stehen und schloss die Augen. »Gibt es einen Ort hier in der Nähe, an dem wir ungestört sind und ihr alles erklären können?« »Ja, ich werde dich führen.« Mit sicheren Schritten folgte sie den Straßen hinaus aus der Stadt, ein gutes Stück an der Küste entlang, wo sie schließlich in felsigem Gebiet eine gut versteckte Höhle fanden. Sanura sah sich verängstigt um und sagte etwas, das aber außer Kane niemand verstand. Julia sah ihn fragend an. “Das ist offensichtlich eine Schmugglerhöhle. Die Leute hier haben Angst da rein zugehen.” “Das ist ja prima! Dann kommt uns hier auch niemand in die Quere.” Sie sah Sanura an. “Du brauchst keine Angst zu haben, Sanura. Solange wir bei dir sind, wird dir nichts geschehen.” Sie setzte sich auf den Boden. “Kommt wir wollen es uns ein bisschen bequem machen. Wenn von irgendwoher Gefahr droht, werden wir es rechtzeitig wissen.” Kane übersetzte weiterhin alles und so setzte Sanura sich ein wenig ängstlich zu ihnen. Julia seufzte. “Also gut, Sanura. Ich denke, wir sind dir eine Erklärung schuldig. Leider beherrsche ich deine Sprache nicht, deshalb muss Kane für mich und auch für Mika” Sie deutete bei den Namen jeweils auf den Jungen. “übersetzen. Ich bin mir sicher, du wirst mir zunächst nicht glauben.” Sie sah lächelnd zu Mika hinüber. “Ich hatte zuerst auch Schwierigkeiten es zu glauben, aber naja, letztendlich sind wir alle überzeugt worden. Doch beantworte mir zuerst eine Frage: An was kannst du dich zuletzt erinnern, bevor du vorhin aufgewacht bist?” Geduldig wartete sie bis Kane alles übersetzt hatte und erkannte an dem erstaunten, etwas verwirrten Gesicht, dass das Mädchen zwar vielleicht mit vielem, aber nicht damit gerechnet hatte. »Naja, ich erinnere mich an einen Knall und dann war da plötzlich überall Feuer. Ich habe versucht aus dem Feuer herauszukommen und das muss ich auch irgendwie geschafft haben, aber dann bin ich zusammengebrochen.« Julia nickte, als sie die Übersetzung hörte. “War da nicht vorher schon etwas? Hast du nicht kurz vor der Explosion schon irgendwie gewusst, dass dir Gefahr droht?” Die beiden Jungen rissen die Augen weit auf und starrten Julia an. Nach einem kurzen Augenblick übersetzte Kane und sie konnten spüren, wie das Mädchen erschrak. »Woher wisst ihr das?« Julia lächelte. “Ich habe es gar nicht gewusst, Sanura. Ich habe es nur vermutet, aber offensichtlich hatte ich Recht. Ich habe deiner Mutter vorhin erzählt, Gott hätte dich für eine große Aufgabe auserwählt, weil sie mich offensichtlich für eine Heilige Frau hielt. Eine Heilige bin ich sicher nicht und der Gott der Christen hat auch nichts damit zu tun, aber eine große Aufgabe erwartet dich trotzdem. Dieses Gefühl drohender Gefahr gehört zu deiner Aufgabe, Sanura.” Sie machte eine Pause, damit Kane übersetzen konnte. Unglauben breitete sich auf Sanuras Gesicht aus. “Du hast meine Mutter angelogen? Sie hat dir vertraut!” “Ich weiß, Sanura, das kann sie auch. Ich habe sie aus einer Notwendigkeit heraus - nun sagen wir ruhig - angelogen. Nur so können wir ihre und auch unsere Sicherheit schützen. Sie darf niemals erfahren, wer wir tatsächlich sind.” Sie machte wieder eine Pause für Kanes Übersetzung. Sie schloss einen Augenblick die Augen. »Heilige, sieht sie mich auch als alte Frau?« »Ja.« »Wenn ich ihr gleich die Wahrheit sage, könnt ihr ihr dann zeigen, wer ich wirklich bin?« »Das werde ich tun.« »Danke, Heilige.« Sie öffnete die Augen wieder und sah aller Blicke erwartungsvoll auf sich gerichtet. “Wo wir gerade bei der wirklichen Identität sind: Du siehst in mir eine alte Frau. In Wirklichkeit bin ich ein Mädchen wie du - mit einem Unterschied vielleicht - ich bin nicht so schön braungebrannt wie du.” Sie lächelte, doch in dem Moment sprang das Mädchen mit angstgeweiteten Augen auf, stolperte ein paar Schritte rückwärts und stürzte wieder zu Boden. Verwirrt sah Julia zu Kane hinüber, doch dann wusste sie plötzlich was Sanura hatte. Ihr Extra-Sinn meldete sich. »Achtung, Jungs! Irgendetwas passiert hier!« Ohne jetzt noch darüber nachzudenken, wie wenig Sanura wusste, sprach sie jetzt in der geheimen Sprache. »Passt auf Sanura auf. Auch wenn sie zum Kämpfen geboren ist: jetzt darf sie noch nicht. Sie ist noch zu schwach. Kane, du bleibst bei ihr - egal, was passiert! Mika, wir beide gehen jetzt nachsehen, was da los ist.« Ohne nachzudenken übernahm sie die Führung, die sie bisher lieber Mika überlassen hatte und trat nach allen Seiten sichernd aus der Höhle. Sie suchten das ganze Gelände nach einer Gefahr ab ohne etwas zu entdecken, doch dann hörten sie einen furchtbaren Schrei. Sie sahen sich an und rannten ohne ein Wort zurück zur Höhle. “Oh, mein Gott!” entfuhr es Julia. Hinten in der Höhle leuchtete rotes Feuer und davor stand ein riesiger Hund - sicher so groß wie ein Pferd - mit drei! Köpfen. »San Tanadina!« entfuhr es Julia. »Ich hätte nie erwartet, dass ich dem griechischen Höllenhund einmal persönlich gegenüber stehen würde.« Sie sah sich nach Kane und Sanura um. Erstaunt sah sie wie Sanura sich, mit einem Messer bewaffnet, in Kampfposition brachte. »Sanura! Bitte halt du dich zurück! Du bist noch viel zu schwach!« Ob Sanura sich wohl der Tatsache bewusst war, dass sie in diesem Moment eine Sprache sprach, von der sie vorher nicht mal gewusst hatte, dass sie existierte? »Mir geht’s gut. Keine Sorge! Gegen das Vieh hier habt ihr alleine nicht die geringste Chance!« »Da hat sie vermutlich recht, Julia!« Julia sah Kane an, der ganz unwillkürlich ebenfalls die geheime Sprache benutzt hatte, und dann den Hund. »Also gut, lasst uns sehen, dass wir das Vieh so schnell wie möglich los werden und dann ziehen wir uns zurück.« Julia zog San Tanadina aus seiner Scheide, überlegte es sich dann aber anders und steckte den Dolch an seinen Platz zurück, um Sekunden später ein langes Seil in den Händen zu halten. Mika sah sie mit großen Augen an, sagte aber nichts zu dieser seltsamen Waffenwahl. »Kane, womit willst du arbeiten?« Der junge Japaner sah zweifelnd zu dem Höllentier hinüber. »Können wir das Vieh nicht einfach erschießen?« Julia schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich fürchte, so einfach wird das nicht sein. Wahrscheinlich wird seine Haut so dick sein, dass wir mit einer Kugel kaum etwas ausrichten werden.« Kane seufzte. »Dann wäre jetzt wohl ein gutes Schwert angebracht. Und zwar ein sehr scharfes!« Mika griff kurz nach dem Talisman an seinem Hals und hielt gleich daraufhin ein Schwert in der Hand. »Ich hoffe, das ist gut genug fürs erste Mal.« Kane nickte. »Ich hoffe, du bekommst nicht zu viele Gelegenheiten zum Üben! Ich möchte dem hier nicht gerne wieder über den Weg laufen.« Mika grinste und warf ihm das Schwert zu. Noch in der selben Sekunde hielt er eine weitere Waffe in der Hand. »Auf geht’s Freunde!« Während die Jungen wahllos auf das Hinterteil einschlugen gingen die Mädchen gezielt gegen die Köpfe vor. »Kane, pass auf, der linke Kopf!« Die Warnung kam keine Sekunde zu früh, denn in diesem Augenblick schoss der linke Kopf zurück und schnappte nach ihm. Mit knapper Müh und Not sprang Kane beiseite, bekam einen heftigen Schlag mit dem skorpionähnlichen Schwanz des Ungetüms ab, stürzte und rappelte sich stöhnend wieder auf, doch Julia hatte längst gehandelt und ein Ende ihres Seiles um das linke Maul geschlungen und die Schlaufe zugezogen, so dass er nur knurrend und sabbernd mit dem Kopf schütteln konnte. »Gut gemacht! Das hattest du also vor!« Julia blieb keine Zeit für eine Antwort, denn gerade wandte der Hund ihr den mittleren Kopf zu und schnappte nach ihr. Geschickt sprang sie zur Seite, täuschte einen Angriff nach links vor und band auch dem mittleren Kopf das Maul zu. »O K, Sanura, jetzt mit vereinten Kräften!« Sanura bestätigte nickend und wich mit schlafwandlerischer Sicherheit dem rechten Kopf aus, der knurrend zu Julia hinüber schwang. Julia warf das Seilende in ihrer Hand zu Sanura hinüber. »Fang!« Geschickt fing sie es auf und schlang es auch um das Maul des letzten Kopfes. Dann blitzte es in ihren Augen und sie rannte mit dem Seil in der Hand einmal um die riesigen Vorderpfoten des Hundes herum und zog mit aller Kraft an dem Seil. Julia begriff. »Jungs, passt auf! Das Viech wird gleich umkippen! Bringt euch in Sicherheit!« Sie griff nach dem Seil und zog mit einem gemurmelten San - Tanadina - hilf - uns daran. »Achtung, gleich haben wir es!« Im selben Moment kippte das riesige Tier zur Seite. »O K, raus hier! Mika, du nimmst Kane mit! Wir treffen uns in der Jagdhütte!« »Alles klar! Bis gleich!« Julia wandte sich dem Mädchen zu, das noch immer etwas außer Atem neben dem Untier stand, das sie gerade mit den für sie völlig fremden jungen Leuten erledigt hatte. »Komm, Sanura, wir müssen hier raus. Hier wird’s bestimmt gleich noch ungemütlicher. Und ich schulde dir ganz einwandfrei noch eine Erklärung.« Sanura nickte. »Wer seid ihr? Warum sind solche Wesen hinter euch her?« »Genau das sollst du gleich erfahren, aber vorher lass uns hier verschwinden.« Sanura nickte und trat auf Julia zu, die mit ihr aus der Höhle lief und sich gründlich umsah. »Sanura, ich brauche gleich deine Hand und dann erschrick nicht. Mika und ich besitzen Talismane, die uns erlauben in Sekundenschnelle den Ort zu wechseln. Wir können andere Menschen mitnehmen, aber dazu brauchen wir Körperkontakt.« »Seid … « sie zögerte. »Seid ihr Zauberer?« Julia lächelte. »Nein, Sanura, wir haben nur ein paar besondere Fähigkeiten, um die Welt zu retten - genau wie du.« »Wie ich?« »Ja, du gehörst auch zu unserer Gruppe. Komm, gib mir deine Hand, wir wollen zu den anderen gehen.« Sanura hob zögernd die Hand. »Vertrau mir!« »Also gut, ihr habt mir das Leben gerettet. Ich vertraue euch.« Julia atmete auf. »Danke, Sanura!« Sie reichten sich die Hände und Julia legte ihre freie Hand an den Dolch, der noch immer an ihrem Gürtel hing. »Bitte, San Tanadina, bring uns in den geheimen Raum in der alten Jagdhütte.« San Tanadina begann zu glühen und das leuchtende Kraftfeld wurde größer und größer bis es beide Mädchen einhüllte und dann standen sie plötzlich in einem kleinen dunklen Raum, in den nur durch eine angelehnte Tür etwas Licht fiel. Sanura hatte das Ganze mit großen Augen verfolgt und sah sich jetzt neugierig um, während Julia mit sicheren Schritten zur Tür ging und vorsichtig hinaus sah. Die Jungen saßen erschöpft auf der Bank und rührten sich nicht. »Alles in Ordnung, Mika?« »Die Luft ist rein. Ihr könnt reinkommen. Ich befürchte nur, dass wir schon wieder deine Gabe brauchen. Der verdammte Schwanz muss giftig gewesen sein. Jedenfalls können wir uns beide nicht mehr rühren.« “Oh, mein Gott!” entfuhr es Julia. »Ist das wahr, Heilige?« »Ja, das ist tatsächlich so. Ich konnte euch leider nicht rechtzeitig warnen, weil meine Kräfte von denen desjenigen überlagert wurden, der dieses Tor erschaffen hat. Mir war leider nicht klar, dass der Gegner dazu bereits in der Lage ist. Du musst das Gift neutralisieren. Es dauert zu lange, bis wir das Gegengift bekommen.« »Es gibt ein Gegengift? Was ist das?« »Es ist ein Kraut dass ihr unter dem Namen Bärenklau kennt.« »Aber das ist doch kein Problem. Wir haben Bärenklau im Garten. Was muss ich tun?« »Du müsstest die Blätter zu mitternächtlicher Stunde ernten, klein schneiden, 3 Stunden kochen lassen, abseihen, trocknen lassen und zu Pulver zermahlen. Das Pulver wird dann mit Zuckersirup vermengt und abgefüllt. Das Gegengift wirkt aber erst 48 Stunden danach. Soviel Zeit habt ihr nicht. Das Gift wirkt bereits nach 2 Stunden absolut tödlich.« »2 Stunden?« Erschrocken riss Julia die Augen auf. »Dann bleibt mir wohl wirklich nichts anderes über als meine Gabe einzusetzen.« Sie seufzte und trat zu den bewegungsunfähigen Jungen. »Also gut. Mika, wo hat es dich erwischt?« Sie sprach laut, damit Sanura wenigstens die Hälfte mitbekam. »Am rechten Oberarm.« Julia sah kurz zu Sanura hinüber, die in der Tür zum geheimen Zimmer stehen geblieben war. »Der Schwanz von diesem Höllenhund war giftig. Die beiden haben etwas von dem Gift abbekommen. Es gibt zwar ein Gegengift, aber bis wir das beschaffen können, sind sie längst tot. Das heißt, dass ich meine besondere Gabe brauche, um sie zu retten. Das heißt aber leider auch, dass ich dann eine ganze Weile völlig ausfalle, weil mir einfach die Kraft fehlt wach zu bleiben oder gar zu kämpfen. Ich weiß zwar, dass ich dir eine Erklärung versprochen habe und ich weiß auch, dass du eigentlich auch noch viel zu schwach bist, um kämpfen zu können, aber ich bitte dich trotzdem, uns jetzt zu beschützen. Mir bleibt nicht viel Zeit, um das Gift zu neutralisieren.« »Ist schon in Ordnung. Ich kann warten.« »Danke, Sanura!« Erleichtert wandte sie sich wieder Mika zu und sah sich die Wunde an. Eigentlich war nichts Ungewöhnliches zu entdecken, aber als sie ihre Hände über der Wunde ausstreckte, spürte sie sofort, dass das Gift die Nerven gelähmt hatte. Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Sie versuchte etwas zu erreichen, indem sie einfach wie gewöhnlich Energie zuführte, doch das zeigte keine Wirkung. Und auch der Versuch das Gift direkt mit hochkonzentrierter Energie zu zerstören schlug fehl. Fieberhaft überlegte sie, wie sie das Gift neutralisieren sollte. Sie öffnete die Augen und sah sich erschöpft um. Sanura hatte die Tür geöffnet und stand frierend im Freien. Einen Augenblick lang dachte Julia daran, dass es kein Wunder war, dass das Mädchen hier fror. In Afrika war es viel wärmer. Moment! War das vielleicht die Lösung? Konnte Wärme hier helfen? Immerhin sollte man meinen, dass es in der Hölle um einiges wärmer war. Einen Versuch war es allemal wert. Vorsichtig erhöhte sie Mikas Körpertemperatur und stellte sofort winzige Veränderungen fest. Einen Moment ließ sie die Hände sinken, atmete tief durch und sammelte neue Kräfte. Seufzend hielt sie die Hände noch mal über Mika. Zufrieden stellte sie fest, dass die Lähmung langsam nachließ. Tief durchatmend wandte sie sich Kane zu, während Sanura immer noch vor der Tür stand und sich staunend umsah. So einen Wald hatte sie in ihrem ganzen Leben noch nicht gesehen. Sicher, bei ihr zu Hause gab es auch Wälder, aber das waren meist immergrüne Tropenwälder und Plantagen, aber so etwas hier kannte sie nicht. Die meisten der Bäume waren beinahe kahl und am Boden lagen eine Menge bunter Blätter. Sie trat zu einem kleinen Bäumchen, das am Rande der Lichtung stand und griff nach den Zweigen, die statt Blättern kleine Nadeln trugen. »Aua!« Erschrocken zog sie die Hand zurück. Sie hatte fest zugefasst und sich an den Nadeln gestochen. Sie sah auf ihre Hand. Eine einzelne Nadel war sogar in der Haut hängen geblieben. Sie zupfte sie heraus und sah sie sich genauer an, doch dann ließ ein dumpfes Geräusch sie zusammenfahren. Was war das? Sie lief zum Haus zurück. Julia war vor den Jungen zu Boden gesunken und rührte sich nicht mehr, während Mika vorsichtig begann die Muskeln zu bewegen. »Es … ist alles … in … Ordnung, … Sanura.« brachte er mühsam hervor. »Sie ist nur … erschöpft.« Sanura nickte. »Ich weiß, und wie geht es dir? Hat sie es geschafft, das Gift zu neutralisieren?« »Ich weiß es nicht, … die Lähmung scheint nachzulassen. Aber ich fühle mich trotzdem saumäßig.« Mühsam drehte er den Kopf zu Kane. »Kane, bist du in Ordnung?« Er bemerkte Sanuras verwirrten Blick. »Entschuldige, wenn ich mit Landsleuten rede, vergesse ich manchmal, dass andere mich nicht verstehen. Kane kommt aus Japan - genau wie mein Vater.« »Warum spricht er meine Sprache so gut? Und was für eine Sprache ist das, die ihr sprecht und die ich plötzlich auch kann?« Mika lächelte gequält. »Das würde ich dir gerne erklären, aber ich glaube, dazu fehlt mir noch die Kraft.« Sanura trat zu dem Jungen, der noch immer fast unbeweglich dasaß und legte ihm mit gerunzelter Stirn die Hand auf die Stirn. »Das glaube ich dir sogar! Du bist der, den sie Mika nennt, nicht wahr? Du hast hohes Fieber.« Sie sah zu Kane hinüber. »Und so wie er aussieht, geht’s ihm nicht besser. Gibt es hier Wasser? Dann kann ich euch kalte Wickel machen.« »Das ist lieb gemeint von dir, aber wir sollten abwarten, was Julia dazu sagt. Vielleicht gehört das Fieber zu ihrem Plan.« Schweiß rann über sein blasses Gesicht, während er überlegte, was er tun sollte. Ob es möglich war, Julia genug Energie zurückzugeben, dass sie zumindest Anweisungen geben konnte? Mit San Tanabea alleine schaffte er es sicher nicht, aber an San Tanadina kam er nicht ran. Er sah nachdenklich zu Sanura hinauf, die noch immer etwas hilflos neben ihm stand. »Sanura, Julia trät einen Dolch am Gürtel. Sei so lieb und lege ihre Hand an den Kristall. Aber achte darauf, dass du den Dolch dabei nicht berührst. Er reagiert manchmal etwas ungehalten, wenn Fremde ihn berühren. Ich glaube ich kann mich wieder soweit bewegen, dass ich zu ihr runter kann.« Er rutschte mühsam von der Bank herunter und wäre beinahe dabei gestürzt, doch blitzschnell hatte Sanura zugegriffen und half ihm zu Julia zu gelangen. »Was hast du vor?« Er tastete nach San Tanadina und schob die Bluse, die sie darüber trug vorsichtig beiseite. Sanura nahm ihre Hand und legte sie an den Kristall. Sie wunderte sich ein bisschen. Was zum Himmel sollte das? Wie kam er in dieser Situation darauf, dass ein Dolch helfen könnte? Und wie konnte ein Dolch - ein toter Gegenstand - ungehalten oder wie auch immer reagieren? Doch Mika übersah ihre fragenden Blicke genauso wie er ihre Frage ignorierte, legte seine Hand auf Julias und hielt sie auf dem Kristall fest, während er mit seiner anderen Hand nach San Tanabea griff. »Bitte helft Julia. Gebt ihr so viel Energie zurück, wie es nur eben geht.« Sanura starrte ihn verwirrt an. Was sollte das? Mit wem sprach er da? Doch dann lenkte sie ein Leuchten ab, das von Mika ausging und Julia schließlich völlig umhüllte. Was war das für ein Leuchten? Wo kam es her? Julia rührte sich wieder. Blinzelnd öffnete sie die Augen. Noch immer war da dieses Leuchten um sie herum. Erschrocken riss sie ihre Hand aus Mikas Umklammerung. “Mika! Um Gottes Willen! Was machst du?” Das Leuchten verschwand und Mika brach erschöpft zusammen. Sie beugte sich besorgt über ihn und ließ ihre Hände über ihn gleiten. Erleichtert stellte sie fest, dass ihm nichts passiert war und der Energietransfer offenbar ausschließlich über ihre Talismane stattgefunden hatte. »Danke, Mika! Das war eine gute Idee von dir.« Sie küsste ihn kurz auf die Stirn, dann sah sie sich um. »Sanura, hilf mir doch bitte mal, Mika nebenan ins Bett zu bringen.« Sanura nickte nur, während sie überlegte an was für seltsame Menschen sie da nur geraten war. Ein paar Minuten später hatten sie den Jungen unter Ächzen und Stöhnen im Bett untergebracht und Julia öffnete die geheime Küche. Sie griff kurz nach ihrem Dolch und plötzlich stand Milch in einem Kochtopf auf dem Herd und kochte beinahe. Daneben stand ein großes Glas Honig von dem sie große Löffel voll in die Milch gab und umrührte. Sie füllte die Milch in vier große Becher und gab einen davon Sanura. »Hier, das wird dich ein wenig aufwärmen.« Sie nahm vorsichtig einen Schluck aus einem zweiten Becher. »Und mir wird das auch Kraft und Energie zurückbringen. Für die beiden Jungen müssen wir es noch ein bisschen abkühlen lassen, aber selbst dann werden sie noch ein bisschen mehr schwitzen, als sie es ohnehin schon tun.« »Willst du denn gar nichts gegen das Fieber unternehmen?« Julia sah die junge Kriegerin lächelnd an. »Nein, im Augenblick noch nicht. Es scheint die einzige Möglichkeit zu sein, das Gift aus ihren Körpern zu bekommen. Sie müssen es sozusagen verbrennen.« Sanura sah sie mit großen Augen an. »Woher wusste er das? Ich wollte schon das Fieber senken, weil er sich so mies fühlte, aber er hat statt dessen irgendetwas gemacht, dass du wieder aufgewacht bist.« Julia sah sie nachdenklich an. »Vielleicht liegt es daran, dass wir uns aus irgendeinem Grund extrem nahe stehen, obwohl wir uns auch erst seit drei oder vier Tagen kennen.« Nachdenklich schlürfte Sanura an ihrer Honigmilch. Julia beobachtete sie und nach einer Weile fragte sie: »Du fragst dich, an was für komische Leute du hier geraten bist, nicht wahr?« »Nein!« Hastig schüttelte Sanura den Kopf, doch dann beschloss sie ehrlich zu sein. »Doch, eigentlich schon, aber etwas Anderes beschäftigt mich viel mehr.« Julia nickte, während sie ihren Becher auf dem Tisch abstellte und ihre Hände prüfend über Kane kreisen ließ. Sein Zustand schien sich auch schnell zu verbessern. Sie trat an die Tür hinüber. »Komm, Sanura, wir wollen uns vors Haus setzten. Dann können die Jungen in Ruhe schlafen. Soll ich dir eine Decke geben? Hier ist es doch ein bisschen kälter als in deiner Heimat.« Sanura folgte ihr vor die Tür und setzte sich kopfschüttelnd zu ihr auf die Bank. »Danke, es geht schon.« Julia nickte. »Ist gut. Naja, dann wollen wir mal … Am besten ich fange ganz am Anfang an…«Kurz und knapp erzählte sie dem Mädchen von der Legende über San Tanadina und San Tanabea, holte dabei ihren Dolch heraus und zeigte ihn ihr. »Wie ich an diesen Dolch geraten bin, ist eine ebenso seltsame Geschichte wie deine. Ich werde sie dir bei Gelegenheit mal erzählen. Jedenfalls seitdem San Tanadina bei mir ist, sind Mika und ich mehrfach von ziemlich blutrünstigen Typen angegriffen worden, die uns den Dolch abnehmen wollen. Warum und wie sie überhaupt davon erfahren haben, wissen wir nicht. Jedenfalls sind wir ihnen nur mit Mühe und Not entkommen und sind von hier aus in Mikas Ferienhaus in seiner Heimat geflohen, wo wir Kane als Gefangenen von ein paar Gangstern fanden und ihn gerade noch rechtzeitig retten konnten. Er war das 1. Mitglied der fünfköpfigen Helfergruppe, die die Heilige Tania mir versprochen hatte, weil wir den großen Endkampf gegen das Böse gewinnen sollen. Und jetzt kommst du ins Spiel, Sanura. Du gehörst nämlich auch zu den Auserwählten der Heiligen Tania. Ich vermute diese Explosion sollte nur dich vernichten, dass all die anderen armen Menschen starben, war für das Böse nur eine nette kleine Beigabe.« Sie seufzte tief. »Wenn die Heilige auch nur einen Moment später gehandelt hätte, hätte ich nichts mehr für dich tun können.« »Danke, Julia!« Julia sah sie verwirrt an. »Wieso? Wofür?« »Naja, ich hab ja gewusst, dass ich schwer verletzt gewesen sein muss, aber dass ich so nahe am Tod gewesen bin … Ich habe gerade gesehen, wie viel Energie es dich kostet, jemanden zu Heilen und ich habe mich noch nicht einmal bedankt!« Sie sah zu Boden, doch Julia lächelte. »Das macht doch nichts, Sanura! Ich bin froh, dass es dir wieder gut geht. Na, komm, wir wollen mal zwischendurch nach den Jungs sehen.« Sie stand auf und kehrte, gefolgt von Sanura, in die Hütte zurück. »Ah, sehr gut, es dauert nicht mehr lange und sie sind wieder auf den Beinen. Ich kann das Fieber schon etwas senken.« Sie streckte die Hände wieder über Kane aus und ließ vorsichtig ihre heilende Energie in seinen geschwächten Körper rinnen. Nach einer Weile öffnete er die Augen und sah sie an. Sie lächelte. »Willkommen unter den Lebenden, mein Freund.« »Danke!« sagte er schwach, aber sie legte ihren Finger auf seine Lippen. »Komm, trink erst mal was, dann geht’s dir gleich besser.« Sie reichte ihm den Becher mit warmer Honigmilch und stützte ihn leicht. Beinahe gierig trank er ihn leer und sank erschöpft zurück. Beinahe sofort war er wieder eingeschlafen. Lächelnd deckte Julia ihn wieder zu und ging hinüber zu Mika, der ihr bereits mit schwachem Lächeln entgegen sah. Sie lächelte. »Nun, ich sehe du bist widerstandsfähiger als ich gedacht hätte, mein Freund. Wie geht’s dir?« »Jetzt geht’s mir schon viel besser. Jetzt bist du ja bei mir.« Sie lachte leise. »Oh, du Charmeur!« Sie ließ ihre Hände über seinen Körper kreisen. »Da hast du die schlimmste Vergiftung von der ich je auch nur gehört habe noch nicht ganz überstanden und versuchst schon wieder mir schöne Augen zu machen. Womit habe ich das bloß verdient?« Sie reichte ihm seinen Becher Honigmilch. »Hier trink das. Das wird dir gut tun.« Wortlos nahm er den Becher und trank. “Danke, Julia! Jetzt hast du mir schon wieder das Leben gerettet!” Sie nahm ihm den leeren Becher aus der Hand, stellte ihn hinter sich auf einem kleinen Tisch ab und setzte sich zu ihm auf die Bettkante. “Bedrückt dich das immer noch, Mika?” Er vermied es, sie anzusehen, als er nickte. Sie sah ihn ernst an. “Bitte, Mika, ich finde es ja wirklich lieb von dir, dass du mich beschützen willst, aber dann musst du dich doch nicht schämen, wenn ich dich anschließend wieder zusammenflicke. Wer kämpft, der wird auch verletzt, das ist völlig normal.” Er sah sie überrascht an. “So habe ich es noch gar nicht gesehen!” Sie lächelte traurig. “Ich weiß, mein Lieber. Deshalb sage ich dir das ja.” Sie küsste ihn auf die Stirn. “Und jetzt hör auf zu grübeln und schlaf dich gesund. Ja?” Er nickte und gleich darauf schlief er tatsächlich ein. Sie deckte ihn liebevoll wieder zu und verließ auf Zehenspitzen den Raum. Nach einer kurzen Untersuchung Kanes trat sie wieder nach draußen, wo sie eine sehr nachdenkliche Sanura vorfand. »Alles klar bei dir?« Das Mädchen nickte nur. »Du hast doch sicher noch tausend Fragen, oder?« Wieder nickte sie. »Nun, dann schieß mal los! Mit welcher möchtest du anfangen?« »Du hast mir von den Aufgaben des Trägers und des Hüters erzählt. Soweit ist es ja noch halbwegs zu begreifen, aber was habe ich damit zu tun? Oder Kane? Ich meine in dieser Legende kamen nur diese beiden vor.« Julia nickte zustimmend. »Da hast du Recht, Sanura. Unsere Generation ist eine ganz besondere. Wir haben die Aufgabe, das Böse endgültig zu besiegen und weil es um den letzten und entscheidenden Kampf geht, hat die Heilige beschlossen ihre Armee für das Gute um fünf magisch begabte Menschen zu vergrößern. Jeder dieser fünf - ich sage einfach mal - Krieger des Lichtes - hat eine ganz besondere Fähigkeit - genau wie der Träger und der Hüter. Ich weiß zwar nicht welche die besondere Fähigkeit von Mika ist - vermutlich kennt er sie auch selbst noch nicht - aber ich kenne die von uns anderen. Meine - naja, ich bin die Heilerin und die Führerin. Kane hat die Macht der Sprache. Er spricht jede einzelne Sprache dieser Welt, wenn wir sie brauchen. Und du Sanura, du bist unsere Kämpferin.« Sie hob den Kopf und sah sich um. »Verdammt! Spürst du das?« Sanura nickte angespannt. »Es kommt von dort drüben.« Julia spähte angestrengt in die Richtung in die Sanura zeigte und stöhnte auf, als sie erkannte, was da auf sie zu kam. “Ihr werdet langsam lästig, Jungs! Verschwindet!” “Nicht ohne diesen Dolch!” “Vergesst es! Sagt eurem Boss - wer auch immer das sein mag - dass ich diesen Dolch niemals freiwillig aus der Hand geben werde.” »Pass auf, das könnte gleich brenzlig werden. Diese Typen haben ernsthaft versucht, Mika die Kehle durchzuschneiden, um an San Tanadina ranzukommen. Hätte fast geklappt.« Sanura nickte nur und fing völlig gelassen ein Messer ab, dass sirrend auf sie zu flog, warf es mit einer geschmeidigen Bewegung wieder zurück und traf den Messerwerfer an der Schulter. »Alle Achtung! Guter Wurf!« Julia lächelte. “Was ist, Jungs? Hat es euch die Sprache verschlagen? Oder gebt ihr auf?” Ein ganzer Hagel von Wurfmessern war die Antwort, doch Sanura hatte blitzschnell nach einer Holzstange gegriffen, die neben der Tür an der Hauswand hing und wehrte die gefährlichen Geschosse mit dem wirbelnden Stock mühelos ab, während Julia sie zu ihren Besitzern zurückwarf. “Vielen Dank, aber wir brauchen keine Messer. Ihr könnt sie zurück haben.” Stöhnend und fluchend zog der Feind sich zurück. »So, die sind wir erst mal los. … Äh, wo waren wir stehen geblieben?« »Du wolltest mir gerade erzählen, welche besondere Fähigkeit ich haben soll.« Mit gleichgültiger Miene hängte sie den Stock zurück an seinen Platz. »Ja, aber das hast du ja gerade sehr eindrucksvoll selbst gezeigt. Herzlichen Glückwunsch!« Sanura sah sie ungläubig an. »Was habe ich gezeigt?« »Du besitzt die Macht des Kampfes, Sanura. Du kannst dich in Sekundenschnelle auf jeden Gegner einstellen.« Sanura hob die Schultern. »Ja und? Was ist daran so Besonderes?« »Du siehst jeden Angriff 10 Sekunden bevor er tatsächlich kommt. Nur du kannst so schnell und präzise reagieren, wie du es eben getan hast.« »Aber das kannst du doch offensichtlich auch.« »Stimmt, ich besitze diese Fähigkeit auch, aber ich bin nicht halb so gut und schnell wie du.« Sanura lächelte. »Da wäre ich mir nicht so sicher. Also gut, wenn Kane und ich also 2 von 5 Kriegern des Lichts sind, wo sind dann die anderen 3?« Julia seufzte. »Die anderen drei? Ich weiß es nicht. Die Heilige sagte heute morgen, dass ich einen in Australien und je einen in Nord- und Südamerika finden würde. Eigentlich hätte ich schon lange auf dem Weg zu ihnen sein müssen, aber der Kampf mit diesem vermaledeiten Höllenhund hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die drei schweben vermutlich dauernd in Gefahr, aber ohne Kane kann ich mich nicht mit ihnen verständigen.« Sanura nickte. »Richtig! Damit wären wir bei der nächsten Frage. Du sprichst meine Sprache auch nicht - und doch können wir miteinander reden. Was ist das für eine Sprache, die ich so plötzlich beherrsche?« Julia nickte. »Ich habe mich schon halb gewundert, dass diese Frage nicht kam. Das ist die geheime Sprache der Götter. Es gibt - soweit ich weiß - nur 7 Menschen auf der Welt, die sie beherrschen - nämlich uns Krieger des Lichts.« Sanura runzelte die Stirn. »Sag es mir, wenn ich falsch liege, aber wenn alle Krieger des Lichts diese Sprache beherrschen, dann hast du doch eine Möglichkeit dich mit den letzten drei fehlenden zu verständigen. Ich meine ohne Kane.« Julia lächelte. »Sicher, aber denk mal daran, was du im ersten Moment gedacht hast, als wir plötzlich die geheime Sprache benutzt haben. Du hast dich doch sicher zuerst ganz schön erschreckt, oder.« Sanura dachte einen Augenblick nach. »Stimmt schon. Das war schon irgendwie komisch - obwohl ich, glaube ich, im ersten Moment überhaupt nicht begriffen habe, was da mit mir passierte.« »Siehst du! Das wollte ich dir eigentlich ersparen. Deshalb hat Kane anfangs übersetzt. Dass wir bei dir gestört worden sind und deshalb etwas überstürzt in die geheime Sprache gewechselt sind, lässt sich ja leider nicht mehr ändern, aber bei den anderen möchte ich es jedenfalls auch versuchen.« Sanura nickte und sah sich um. »Wo sind wir hier eigentlich?« Julia lächelte und legte ihre Hand kurz an ihren Dolch als sie bemerkte, wie sehr Sanura doch fror. Sekunden später legte sie eine kuschelig weiche und warme Decke um Sanuras Schultern. »Wir sind hier mitten in Deutschland in einem Mittelgebirge, das Rhön heißt. Ein paar Kilometer den Berg hier runter liegt die Stadt, in der Mika und ich leben.« »Dann ist das hier deine Heimat? Es ist schön hier.« Julia lächelte. »Ja, aber für dich ist es hier viel zu kalt. Wir werden uns ein Hauptquartier etwas weiter im Süden suchen.« Sanura schüttelte den Kopf. »Das ist nicht nötig. Ich werde mich an das Klima hier gewöhnen.« »Julia!« Erschrocken hob Julia den Kopf und legte ihre Hand an San Tanadina. »Was ist, Mika?« »Ich weiß nicht. Hier stimmt was nicht!« »Ich komme!« Sie wandte sich Sanura zu, die sie etwas verwirrt ansah. »Warte hier. Ich habe gerade eine Gedankenbotschaft von Mika bekommen, dass hier etwas nicht stimmt.« Sanura nickte und schloss forschend die Augen, während Julia mit schnellen Schritten die Hütte betrat. »Ist mit dir alles soweit in Ordnung, Mika?« Sie trat zu Kane und prüfte seinen Zustand. Mit ihm schien alles in Ordnung zu sein, aber von Mika kam keine Antwort. “Mika!” Sie rannte zu dem geheimen Zimmer hinüber, doch an der Tür kam sie nicht weiter. Dort war etwas wie eine unsichtbare Wand. Sie sah wie Mika kurz vor dem Ersticken war, kam aber weder zu ihm noch sah sie einen Gegner. Sie hämmerte mit der Faust gegen das unsichtbare Hindernis und spürte zu ihrer Überraschung, dass es in Schwingung geriet. Kurz entschlossen griff sie nach San Tanadina und versuchte seine Klinge durch die unsichtbare Wand zu stoßen. Es gab einen gewaltigen Ruck und dann pfiff die Luft zurück in den kleinen Raum und riss Julia mit, so dass sie vor Mika zu Boden stürzte und einen Moment benommen liegen blieb. »Julia! Mika!« Sanura stürzte herein und sah sich erschrocken um. »Was ist passiert? Ist alles in Ordnung?« Sie half Julia, die gerade mühsam versuchte sich aufzurappeln, beim Aufstehen. »Mir geht’s gut. Danke.« Sie schwankte ein bisschen, was Sanura skeptisch die Stirn runzeln ließ, und beugte sich über Mika, der sich keuchend auf dem Bett krümmte. »Oh, verdammt! San Tanadina gib mir Kraft!« Der Dolch an ihrem Gürtel begann zu glühen und hüllte Julia in das selbe seltsame Licht ein wie vorhin schon einmal. Hochkonzentriert ließ sie ihre Hände über Mikas Brust schweben und sandte ihre heilende Energie in seine vom Vakuum stark beschädigten Lungen, während sie gleichzeitig das Fieber senkte. Langsam schienen die Schmerzen nachzulassen. Sie hielt inne und atmete tief durch. Mika war erst einmal wieder außer Gefahr. Nach einer kurzen Pause stand sie auf und ging zurück zu Kane und ließ kurz ihre Hände über ihm kreisen. Er schlug die Augen auf und Julia wollte gerade etwas sagen, doch San Tanadina begann wieder zu leuchten und die Stimme der Heiligen Tania klang durch den Raum. »Trägerin! Ein weiterer Krieger des Lichts schwebt in Gefahr!« Julia erstarrte eine Sekunde doch dann nickte sie. »Ich komme, Heilige!« Sie sah sich nach Sanura um, die erschrocken und ein wenig ängstlich in der Tür zum geheimen Raum stand. »Sanura, kümmere dich bitte um die Jungen. Ich möchte, dass beide eine heiße Fleischbrühe bekommen und Mika soll mit Kamille inhalieren. Ich komme so schnell es eben geht zurück.« Kaum hatte sie ausgesprochen, da verschwand sie auch schon vor den Augen der verwirrten Freunde.

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Tag der Veröffentlichung: 16.11.2009

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