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Die Melodie der Hoffnung

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Ein Wimmern drang an ihr Ohr. Sie blickte hinab und sah Ihre Freundin, wie sie zusammengekauert auf dem dreckigen Boden lag und versuchte ihr Wimmern zurück zu halten. Es war eine eiskalte, tief schwarze Nacht. Der Mond strahlte in seiner vollen Pracht am Himmel und erleuchtete die Straßen der Stadt. Auch wurde die Gasse, in welcher sich die beiden Mädchen versteckt hielten, in das Licht des Mondes getaucht. Wenige hundert Meter links von ihrem Versteck, suchte man sie immer noch, die unbarmherzigen Wachen des Menschenhändlers Kuro. Sie waren damit beschäftigt, jeden einzelnen Millimeter der Stadt nach den geflohenen Mädchen zu suchen. Sie waren nicht die Einzigen, die weggelaufen waren. Dies war aber auch der einzige Vorteil den die Mädchen hatten. Sie mussten weiter laufen. Möglichst raus aus der Stadt, bevor man sie in ihrem Versteck fand und sie nicht nur verkauft, sondern vorher auch noch ordentlich bestraft wurden. „Lavie, kannst du laufen?“, flüsterte sie dem wimmernden Mädchen zu. Sie kniete sich nieder und legte ihre Hand auf die Schulter des erschöpften Mädchens. Sie bekam keine Antwort. Stattdessen richtete sich das Mädchen auf, und lehnte sich gegen die Wand. Sie machte sich nicht die Mühe, ihre Tränen von ihrem verdreckten Gesicht wegzuwischen. „ Bitte“, fing sie mit zitternder Stimme an zu sprechen, „ lauf ohne mich weiter..ich halte dich nur auf“. Sie konnte ihren Ohren nicht glauben. Ihre beste Freundin, nein, ihre einzige Freundin, hatte die Hoffnung verloren. „Lavie, es ist nicht der richtige Zeitpunkt, um sich jetzt Gedanken um sowas zu machen. Wir schaffen das, gemeinsam. Bitte steh auf sonst…“- Laute Schritte unterbrachen sie. Einige Meter weiter weg von ihrem Versteck waren Männerstimmen zu hören. Sie hatten bestimmt ihre Stimmen gehört. Das Mädchen schluckte. Schweißperlen bildeten sich auf ihrem ganzen Körper. Sie mussten weg, sofort! Schnell und so leise wie es ihr nur möglich war, stand sie auf. Mit langsamen Schritten näherte sie sich dem Eingang der Gasse. Dort presste sie sich an die Wand, um einen Blick auf die Wachen zu erhaschen. Langsam beugte sie sich vor, nur ein kleines Stückchen…Sie sah drei Männer. Sie waren nur einige Meter weiter weg von ihnen. Einer von ihnen verschwand kurz in einer Seitenstraße. Sie ahnte nichts Gutes. Als sie wegliefen, waren einige der Flüchtlinge in der Seitenstraße verschwunden. Bereits wenige Sekunden später kam eine Gestalt aus der Straße. Es war ein kleines zierliches Mädchen, dicht gefolgt vom Wachmann. „Mist“, zischte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Was ist?“, hörte sie Lavie fragen, welche nun dicht neben ihr stand und sich ebenfalls mit dem Rücken gegen die Wand presste. „Wir müssen hier weg, und zwar sofort. Wir haben keine Zeit mehr. Kannst du laufen?“. Lavie biss sich auf die Lippe. Ihr Blick wanderte an ihren Knöchel. Sie wurde von einem Pfeil gestreift. Die listigen Schützen des Menschenhändlers Kuro verfehlten nie ihr Ziel. Sie konnte von Glück sprechen, dass es nur ihr Knöchel war. Lavie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass ihre Freundin wegen ihr erwischt werden könnte. Sie wusste, dass sie ein Hindernis darstellte. „ Bitte“, versuchte sie es erneut, „lauf einfach ohne mich weiter. Ich lenke sie für dich ab. Wenigstens eine von uns muss es schaffen“, flehte sie ihre Freundin an. Diese aber dachte nicht daran, Lavie in stich zu lassen. Sie hatten alles gemeinsam geplant. Sie mussten es auch gemeinsam schaffen. Das Mädchen packte ihre Freundin mit einer schnellen Bewegung an den Schultern und drückte sie an die kalte Wand. „Jetzt hör verdammt nochmal auf“, zischte sie durch zusammengebissene Zähne. „Du kommst mit“, befahl sie ihr herrisch und packte sie an ihrer Hand. Sie riskierte noch einen kurzen blick um die Ecke und stellte fest, dass die Wachmänner mit dem zierlichen Mädchen beschäftigt waren. Man hatte sie gegen die Wand gepresst und einer von ihnen hielt ihr ein Schwert an die Kehle. „Sag uns, wo die anderen Huren sich befinden“, brüllte einer sie an. Das Mädchen fing an zu wimmern. „Ich weiß es nicht, wirklich, m-m-man hat mich zurück gelassen“, stotterte sie angsterfüllt. Der Anblick tat dem Mädchen weh. Aber sie musste an ihre verletzte Freundin und sich denken. „Auf drei“, sagte sie knapp zu Lavie, ohne sich noch einmal umzudrehen. Lavie drückte ihr zur Antwort kurz die Hand. Genau als das Mädchen loslaufen wollte aber, stieß Lavie sie zur Seite und lies sich nach Vorne auf ihre Knie fallen. Sofort wurden die Wachmänner auf sie aufmerksam. „Ich bin auch noch hier“, rief sie entschlossen. Sie drehte sich nicht zu ihrer Freundin um, welche wie gebannt auf dem Boden saß und nicht wusste wie ihr geschah. „Lauf“, flüsterte Lavie, ohne auch nur in Ihre Richtung zu schauen. Wut keimte in dem Mädchen auf. Sie konnte hören, wie die Wachmänner sich mit langsamen, behutsamen Schritten näherten. Man warf sich schließlich nicht ohne Hintergedanken vor die Wachmänner des Menschenhändlers Kuro. Genau in diesem Moment sprang das Mädchen auf, zerrte Lavie zu Füßen und hob sie mit einer schnellen Bewegung auf Ihren Rücken, sodass sie sie jetzt Huckepack nehmen konnte. Dann lief sie. In die entgegengesetzte Richtung der Wachmänner. Sie lief. Sie bog an den engsten und dunkelsten Gassen entlang, um ihre Verfolger abzuhängen. Sie wusste nicht mal, ob sie verfolgt wurde oder nicht. Sie riskierte keinen einzigen Blick über ihre Schulter. Das Gewicht Ihrer Freundin machte sich langsam bemerkbar und sie musste langsamer laufen, schon fast gehen. Aber die Dunkelheit und die unübersichtlichen Gassen boten ihr einen guten Vorsprung. Wahrscheinlich hatte sie die Wachmänner überrascht. „Sturrkopf“, hörte sie Lavie an ihr Ohr flüstern. In ihrer Stimme konnte sie aber eine Erleichterung erkennen. Ihre Freundin hatte sie nicht zurückgelassen. Sie hatte ihr eigenes Leben riskiert um sie zu retten. Das Mädchen konnte vor Anstrengung nichts erwidern. Sie brauchte dringend eine Pause. Sie wusste nicht mal wie lange sie lief, ihr Hals brannte vor Anstrengung und ihre Beine wurden immer schwerer. Trotzdem lief sie weiter, ohne zu wissen, wohin. Irgendwann aber, nach einer Gefühlten Ewigkeit, wurden ihre Schritte langsamer. Sie schwankte jetzt nur noch vorwärts. Sie meinte auch schon die Stimmen der Wachmänner wahrnehmen zu können. Oder bildete sie sich das nur ein? Ihre Arme konnte sie unter den Schenkeln Ihrer Freundin nicht bewegen. Sie waren wie vereist vor kälte. Sie spürte sie nicht mehr. Ihr Blick war nicht mehr klar. Es hatte sich ein Schleier gebildet. Sie konnte einfach nicht mehr. Lavie gab keinen Ton von sich. Sie schaute in den Nachthimmel, über die Dächer der Stadt. Tränen bildeten sich in ihren Augen. Sie wusste, dass sie es nicht schaffen würden. Sie beobachtete die spitzen Dächer der Stadt. Der Mond lies die Gebäuden noch dunkler wirken als sie waren. Ein Spiel von Licht und Schatten lag vor ihr. Sie beobachtete die Gegend. Ihr blick blieb an einem Funkeln hängen, welches sie an einem Dach wahrgenommen hatte. Es war ein ganz kurzes Aufblitzen. Kurz danach erkannte sie eine dunkle Gestalt auf dem Dach. Doch ehe sie verstand was es war, war auch schon alles ganz schnell geschehen. Ein Pfeil zerschnitt die Stille der Nacht. Er kam so rasant, dass Lavie ihre Freundin nicht mehr warnen konnte. Der Pfeil durchbohrte Lavie´s rechte Schulter und beide wurden von dem Aufprall zu Boden gerissen. Lavie schrie auf und krümme sich vor Schmerz. Ihre Freundin hatte vor Erschöpfung kurz das Bewusstsein verloren, wurde von dem Schrei aber geweckt. Mit aller Kraft krabbelte sie auf ihre Freundin zu. „Oh Gott, nein, bitte“. Lavie lag auf ihrer Seite. Sie sagte nichts, weinte hemmungslos und zitterte am ganzen Leib. Ihre Freundin umarmte sie mit aller Kraft und Presste Lavie an sich. „I-i-ich habe so angst…es ist vorbei“, flüsterte Lavie. Ihre Freundin drückte sie noch fester an sich. „Ich bin bei dir Lavie“. „Da sind sie ja“, hörte sie eine wuterfüllte Stimme rufen. Es waren zwei von den drei Wachmännern. Einer von ihnen packte das Mädchen an den Haaren, riss sie von Lavie weg. „NEIN, Lass mich los, Lavieee, NEINNN“. Der andere Wachmann stieß Lavie mit dem Fuß auf den Rücken. Sie verzog das Gesicht vor Schmerz. „Die ist nicht mehr zu gebrauchen“, sagte er schroff. Lavie´s Augen weiteten sich vor Angst. Sie wusste was jetzt geschehen würde. Ihre Freundin wusste es auch, denn sie schrie wie am Spieß und versuchte sich loszureißen um zu ihrer Freundin zu eilen, doch der Wachmann hatte sie fest im Griff. „NEIN, LAVIE, NEINNNN“, schrie sie verzweifelt. Der Wachmann hob sein Schwert über seinen Kopf und holte aus. Lavie drehte ihren Kopf zu ihrer Freundin und schaute ihr in die Augen, welche immer noch verzweifelt versuchte sich loszureißen. Auf Ihren Lippen lag ein trostloses Lächeln und sie formten leise die Worte: „ Danke, Saya“ und im nächsten Moment traf das Schwert auf ihren Hals und ihr Kopf wurde von ihrem Körper getrennt.

 

 

 

 

Schweißgebadet schreckte sie hoch. Alles um sie herum war dunkel. Ihr Atem ging nur stoßweise. Irritiert versuchte sie etwas zu erkennen. Ihre Augen brauchten Zeit, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Jetzt erst konnte sie die Ketten an Ihren Knöcheln erkennen. Die Erkenntnis über das Geschehene überkam sie wie ein Blitz. „Lavie“, flüsterte sie erschrocken mit gequälter Stimme. War alles nur ein Traum gewesen? Sie schaute sich im Raum um. Sie erkannte andere Mädchen um sich herum. Manche schliefen, andere weinten vor sich hin. „Lavie?, bist du da?“, fragte sie hoffnungsvoll in die Runde. Niemand schenkte ihr Aufmerksamkeit. Sie war nicht da…Lavie war nicht da und würde auch nie wieder zurückkommen. Sie war tot. Die Erinnerungen überkamen sie, es bildete sich ein schwerer Kloß in ihrem Hals. Sie war fort. Saya war auf sich alleine gestellt. Der letzte Anblick von Lavie jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Das trostlose, hoffnungslose Lächeln…Ihre letzten Worte..Sie hatte sich bei Saya bedankt. Wofür nur? Was hatte sie denn schon geschafft? NICHTS!. Sie war tot..für immer fort. „Valerie ist auch fort“, hörte sie plötzlich ein flüstern von der gegenüberliegenden Wand. „Sie haben sie mit einem Pfeil getroffen, diese Bastarde….sie h-h-haben ihren Leichnam vergewaltigt“, fügte sie mit weinerlicher Stimme hinzu. Saya´s Augen weiteten sich. Tränen bildeten sich in ihren Augen. Sie kannte diese Valerie nicht. Sie kannte auch dieses Mädchen nicht. Aber sie teilten alle dasselbe Schicksal. Sie waren dazu bestimmt, ihr leben lang anderen Menschen zu dienen. Ihnen wurde seid ihrer Geburt nur Leid zugefügt. Wer wusste schon, wo sie sich jetzt befanden? Sie wurde in ihrem bewusstlosen Zustand verkauft. ´Diese Mistkerle´, dachte sie sich, ´irgendwann werden sie  alle für ihre Taten büßen, das schwöre ich´. Mit diesem Gedanken legte sie sich auf den kalten Boden. Sie lag auf ihrem Rücken, schloss die Augen und fing leise an zu summen. Prompt wurde es stillt in dem dunklen Verlies. Alle Köpfe drehten sich in ihre Richtung. Jeder schenkte ihr seine Aufmerksamkeit. Es war das allzu bekannte Sklavenlied. Jeder Sklave kannte es. Es war ein Lied, das ihnen Hoffnung schenkte, sie zusammen schweißte und sie schließlich am Leben hielt. Saya merkte gar nicht wie die anderen Sklaven miteinstimmten. Ihre Gedanken waren weit weg, sie waren bei Lavie, sie waren in ihrer Vergangenheit, sie tobten umher, bis ihr Summen immer leiser wurde und sie vor Erschöpfung einfach einschlief.

Impressum

Texte: Der Inhalt ist aus meinem Geiste entstanden
Bildmaterialien: Bookrix
Tag der Veröffentlichung: 23.01.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Diese spontane Geschichte widme ich den Menschen, die niemals die Hoffnung aufgeben und sich immer treu bleiben. Das Schicksal spielt uns manchmal einen Streich. Unsere Aufgabe ist es, diesen Streich zu entlarven.

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