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Auf die Klasse – fertig – los

Auf die Klasse – fertig – los

 

Marén Paul und Johannes Diedrich

 

Das Handbuch für guten Unterricht in Theorie und Praxis inkl. 144 Unterrichtsmethoden

 

 

 

 

2. Auflage

Copyright © 2021 – Marén Paul und Johannes Diedrich

Alle Rechte vorbehalten

 

 

 

Unter folgendem Link:

 

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Einleitung

Das Berufsbild des Lehrers ist in vieler Hinsicht komplexer und herausfordernder geworden. Lehrerinnen und Lehrer pauken heute nicht einfach den Stoff durch, sondern sind zu allgemeinen Pädagogikmanagern geworden, die neben ihren Kenntnissen in den Fächern, bitteschön auch Erziehungsaufgaben übernehmen, ein Teamplayer im Kollegium sein, die Lerngruppe effizient führen, die Schülerinnen und Schüler aktivieren und ihnen Kompetenzen vermitteln sollen. Und das alles binnendifferenziert und regelmäßig evaluiert, versteht sich. Mit Inklusion und neuerdings auch voll digital.

Kein Wunder, dass psychische Erkrankungen bei Lehrerinnen und Lehrern zunehmen. Stress, Depressionen und Burn-out sind Phänomene, die im Lehrerzimmer anzutreffen sind, und auch Mobbing findet keineswegs nur zwischen Schülern statt. Gesellschaftliche Anerkennung gibt es dennoch selten. In den Top Ten der Berufe mit dem höchsten Ansehen sucht man uns Lehrkräfte vergebens. Wenn wir nach der sechsten Stunde nach Hause fahren können, trifft einen nicht selten die Missgunst von anderen Leuten, die noch bis fünf Uhr im Büro bleiben müssen. Dass sich zu Hause die noch zu korrigierenden Klassenarbeiten türmen, man noch die Konferenz für die nächste Woche vorbereiten, ein Gutachten für eine Referendarin schreiben, drei Elterntelefonate führen muss, am Nachmittag noch an einem Webinar teilnimmt und ein Konflikt mit einem Kollegen an einem nagt, sehen die Leute, die ihre Büroangelegenheiten meistens im Büro lassen können, dabei nicht.

Warum sollte sich jemand diesen ganzen Stress also überhaupt antun? Weil einem der Job an der Schule auch immer wieder unheimlich viel gibt – nur die schönen Seiten produzieren meistens keine Schlagzeilen. Gemäß einer Forsa-Studie zur Zufriedenheit der Lehrer unterrichten neun von zehn Lehrern gerne. Dies deckt sich auch mit meiner eigenen Erfahrung. Es ist eben sehr erfüllend und sinnstiftend, an junge Menschen das weiterzugeben, was einen selbst fasziniert. Und immer wieder bekommt man ein tolles Feedback – nicht nur in Form von ausdrücklichem Lob. Wenn ich sehe, dass Schülerinnen und Schüler Lernfortschritte erzielen, die ich ihnen vorher nicht zugetraut hat, wenn ich Tag für Tag von Dutzenden jungen Menschen angelächelt werde, obwohl gerade keine Quartalsnoten anstehen. Und manche gut vorbereitete und gelungene Unterrichtsstunde wie im Flug vergeht oder im eigenen Projektkurs den eignen Lieblingsfilm anbieten darf, dann weiß ich wieder, dass ich mir den richtigen Beruf ausgesucht habe. Und was ich persönlich immer wieder an mir und anderen Kolleginnen und Kollegen spüre: Die Arbeit mit jungen Menschen hält einen selbst jung. Wie oft habe ich mich schon gewundert, dass Kollegin x oder Kollege y in den Ruhestand (und zwar nicht in den Vorruhestand) geht und noch jung und vital aussieht. Es ist eben selten langweilig an der Schule, jeden Tag passiert etwas Neues, man darf sich immer mit neuen Themen befassen und neue Methoden ausprobieren. Der Beruf des Lehrers ist spannend wie das echte Leben.

1. Was ist guter Unterricht und wie motiviere ich meine Schüler?

Was ist guter Unterricht?

 

Die Frage, was guten Unterricht ausmacht, ist so alt wie die Schule oder die Bildung selbst. Es hat gerade in den letzten Jahrzehnten viele Schlagworte gegeben, unter denen die Diskussionen geführt wurden, die immer verschiedene Aspekte in den Blickpunkt gerückt haben. Mal waren Projektwochen das Wundermittel, dann wurden Sozialformen wie Gruppenarbeit von einem Teil der Pädagogen hochgejubelt (und von dem anderen Teil der Lehrkräfte verteufelt), dann sollten nicht mehr Inhalte gelehrt, sondern Kompetenzen vermittelt werden. Einig ist man sich heute aber darüber, dass es ebendiese eine Wunderwaffe nicht gibt, sondern dass es auf die Mischung ankommt. Das Unterrichten ist ein komplexer Vorgang, an dem die ganze Schulgemeinde beteiligt ist, die aus Schülern, Lehrkräften und Eltern besteht. Dementsprechend üben verschiedene, vielschichtige Faktoren einen Einfluss auf Lernklima und Lernerfolg aus.

Ein Faktor, über dessen große Bedeutung heute weitgehend Einigkeit besteht, ist die Lehrkraft selbst. Der Australier John Hattie hatte im Jahre 2009 für großes Aufsehen gesorgt, als er in einer Metastudie die Ergebnisse von über 50.000 Einzelstudien zusammengefasst hat. Im Zentrum seiner Studie steht die Überzeugung, dass die Qualität der Lehrkraft in einem größeren Umfang als bisher angenommen den Lernerfolg bestimmt und dass andere Faktoren wie etwa die Größe der Lerngruppe eine sehr kleine Rolle einnehmen. Allgemein geht man nun davon aus, dass die Lehrkraft neben den kognitiven Kompetenzen der Schüler der wichtigste Faktor für gelingenden Unterricht ist.

 

Was macht eine gute Lehrkraft aus?

  1. Festlegung auf Regeln

  2. Fähigkeit zur Selbstreflexion

  3. Fachkompetenz, didaktische Kompetenz und Methodenkompetenz

  4. Respekt und Partizipation

  5. Stete Weiterentwicklung

  6. Teamfähigkeit


  1. Eine gute Lehrkraft einigt sich zu Beginn eines Kurses/eines Schuljahres mit der Lerngruppe über Regeln und Rechte/Pflichten, die für alle Beteiligte gelten und von allen Beteiligten angenommen werden.

  2. Eine gute Lehrkraft weiß um Widersprüche in ihrer Arbeit und kann mit diesen umgehen, ohne große Ungerechtigkeiten entstehen zu lassen (sie weiß zum Beispiel, dass manchmal das Allgemeinwohl dem Einzelwohl entgegenstehen kann).

  3. Eine gute Lehrkraft ist gut ausgebildet und verfügt über umfassendes Fachwissen einerseits wie über Wissen über Didaktik und Methodik andererseits.

  4. Eine gute Lehrkraft behandelt alle Schüler gleichermaßen respektvoll und lässt diese an Entscheidungen, die alle betreffen, teilhaben.

  5. Eine gute Lehrkraft kann sich in Distanz zu sich selbst setzen, ihr eigenes Handeln kritisch hinterfragen und sich so stets weiterentwickeln.

  6. Eine gute Lehrkraft ist teamfähig und kann mit allen Mitgliedern der Schulgemeinde konstruktiv zusammenarbeiten.

 

(Nach: Köller, O./ Meyer, H. (2014): Vom guten Unterricht zur guten Lehrperson)

 

Für die konkrete Unterrichtsgestaltung sind immer noch die zehn Merkmale zu beachten, die Hilbert Meyer (2004: Was ist guter Unterricht? Cornelsen Verlag Berlin) formuliert hat. Hilbert Meyer hat in diesem Buch nicht nur eigene Gedanken und praktische Erfahrungen einfließen lassen, sondern alle ihm bekannten Studienergebnisse ebenso integriert. Diesen zehn Merkmalen und der in diesem Zusammenhang verwendeten Begrifflichkeiten begegnen Sie auch heute noch im Schulalltag auf Schritt und Tritt, weswegen ich der Darstellung dieser zehn Merkmale an dieser Stelle einen größeren Platz einräume:


1. Klare Strukturierung des Unterrichts

Eine klare Strukturierung des Unterrichts liegt dann vor, wenn ein roter Faden erkennbar ist, der sich durch die ganze Stunde zieht. Damit ist gemeint, dass sich die einzelnen Schritte aufeinander beziehen und sich folgerichtig aus den vorherigen Schritten ergeben. Hilbert Meyer nannte das die „Folgerichtigkeit des methodischen Gangs“. Diese Folgerichtigkeit und innere Logik bezieht sich dabei nicht nur auf die Inhalte der jeweiligen Unterrichtsstunde, sondern auch auf die Methoden und die Ziele, die zu den Inhalten passen müssen. Es gibt natürlich verschiedene Möglichkeiten, einen roten Faden zu spinnen, aber bewährt hat sich seit vielen Jahren der didaktische Dreiklang, der aus den Komponenten Einstieg, Erarbeitung und Sicherung besteht. Dieser rote Faden führt dazu, dass Klarheit gegeben ist sowohl in Bezug auf die Aufgabenstellung als auch hinsichtlich der Regeln und der Verteilung der Rollen.


Wenn dieser rote Faden eingehalten wird, führt dies bei den Schülern zu folgenden Effekten eines klar strukturierten Unterrichts:

Die Schüler wissen, was sie warum tun.

Sie halten die Absprachen ein.

Sie lassen sich von der Lehrkraft unterstützen.

Es gibt wenige Unterrichtsstörungen.

Es gibt einen hohen Anteil echter Lernzeit.

Die Schüler arbeiten nicht hektisch, sondern ruhig.

Nur wenige Planungskorrekturen sind nötig.


2. Hoher Anteil echter Lernzeit

Natürlich ist der Lerneffekt desto höher, je mehr Lernzeit gegeben ist. Dementsprechend sollte jede Lehrkraft versuchen, dass die 45 oder 90 Minuten, die zur Verfügung stehen, am Ende auch möglichst gut genutzt werden, sodass am Ende der Bruttowert und der Nettowert annähernd gleich sind. Das kann dadurch erreicht werden, dass der Lehrer pünktlich und gut vorbereitet ist. Das gilt auch für die Schüler, die nicht etwa während des Unterrichts ihre Materialien aus dem Spind kramen sollen, sondern in der Pause vorher. Darüber hinaus sollte der Lehrer versuchen, alles, was im weitesten Sinne zu organisatorischen Dingen gehört, außerhalb der Lernzeit zu erledigen. Das Führen von Klassenbüchern oder Kursheften kann zum Beispiel auch gut in der Pause zwischen zwei Stunden geschehen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass es unbedingt zielführend ist, permanent auf das Tempo zu drücken, da Ungeduld vonseiten der Lehrkraft auch Lernerfolge verhindern kann. So zeigen Studien, dass Lehrkräfte ihren Schülern im Schnitt nur 0,9 Sekunden Zeit für die Beantwortung ihrer Fragen geben. Wenn dieser Spielraum erhöht wird, können sich auch die etwas leistungsschwächeren Schüler melden und so besser in das Unterrichtsgeschehen insgesamt integriert werden.

 

3. Lernförderliches Klima

Unter Klima in einer Klasse oder in einem Kurs versteht man die Qualität der Beziehung zwischen Lehrkräften, Schülern und der Schüler untereinander. Diese Beziehungen sollten geprägt sein von gegenseitigem Respekt, gemeinsam getragener Verantwortung, Gerechtigkeit und Fürsorge untereinander. Um das zu erreichen, sollte sich der Lehrer zu Beginn des Schuljahres gemeinsam mit den Schülern auf ein verlässliches Regelwerk einigen, das alle akzeptieren. Ein Gefühl der Gemeinschaft kann der Lehrer auch dadurch fördern, dass er Verantwortung abgibt, wo das möglich ist. Selbstverständlich sollte er auch gerecht mit seinen Schülern umgehen, was sich nicht nur in der Benotung niederschlägt, sondern auch im täglichen Umgang miteinander. Wenn die Schüler dann das Klima in der Lerngruppe als positiv empfinden, gelingt es den Schülern leichter, ihre Kompetenzen zu entfalten. Dies gilt insbesondere für jüngere und leistungsschwächere Schüler.


4. Inhaltliche Klarheit

Die Klarheit des Inhalts bezieht sich auf die Unterrichtsstunde als Ganzes wie auf die einzelnen Komponenten. Der Einstieg sollte klar und auch motivierend sein und einen roten Faden vorgeben, der in der Erarbeitungsphase weitergesponnen wird und dann auch in der Ergebnissicherung wieder auftaucht.

Die Aufgaben müssen so gestellt werden, dass alle Schüler genau wissen, was sie wie (und auch bis wann) tun sollen. Was banal und selbstverständlich klingt, ist oft nicht ganz so einfach. Die Lehrkraft muss die kognitiven Fähigkeiten und Lernvoraussetzungen der Schüler bei der Aufgabenstellung im Blick haben. Bei der Ergebnissicherung sollte die Lehrkraft darauf achten, dass die Aufgabe oder die Frage des Einstiegs gelöst oder beantwortet wird. Es kann auch mal vorkommen, dass die Frage nicht vollständig beantwortet wurde. Dann sollte gemeinsam besprochen werden, was noch unklar ist und wo die Lerngruppe in der nächsten Stunde weitermachen kann. So gelingt den Schülern ein systematischer Wissensaufbau.


5. Sinnstiftendes Kommunizieren

Einen Sinn bei der Kommunikation im Auge zu haben, ist selbstverständlich, aber nicht immer leicht zu fassen. Ein kurzer Blick, der Aufmunterung ausdrückt, kann schon Sinn stiften und kann den Schüler dazu bringen, bei der Sache zu sein und das Lernen als anregend zu empfinden. Wie stellt man nun ein solches sinnstiftendes Kommunizieren her? Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Lehrkraft kann mit der Klasse oder dem Kurs am Anfang einer Reihe ein Planungsgespräch über das weitere Vorgehen führen und die Schüler an Entscheidungen teilhaben lassen. Das gibt ihnen das Gefühl, ernst genommen zu werden. Auch am Ende einer Reihe kann eine Reflexion darüber stattfinden, was gut gelaufen ist (und warum) und was problematisch war. Während der Reihe können die Schüler dazu angehalten werden, ein Lerntagebuch zu führen, was sie dazu bringt, ihren Lernfortschritt zu reflektieren. Und natürlich soll die Lehrkraft den Unterricht evaluieren und ein Schülerfeedback einfordern. Im Schulalltag wird dieses Schülerfeedback oft etwas stiefmütterlich gehandhabt. Man weiß als Lehrkraft, dass man ein Feedback einholen soll und verteilt auf die Schnelle irgendwelche Ankreuzbögen. Sinn ergibt das Schülerfeedback aber natürlich nur dann, wenn das Ergebnis hinterher mit der Lerngruppe besprochen und Kritik auch umgesetzt wird.


6. Methodenvielfalt

Es gibt unzählige Methoden, die im Unterricht eingesetzt werden können und fast ebenso viele Methodenkonzepte. Auf der Makroebene lässt sich dabei eine (grobe) Unterteilung in die Bereiche Freiarbeit, Lehrgänge und Projektarbeit vornehmen. Alle hier genannten Grundformen verfügen über je eigene Vor- und Nachteile.

Der Lehrgang ist die mit Abstand am weitesten verbreitete Grundform und eignet sich gut dazu, Sachthemen aus Sicht der Lehrkraft dazustellen und den Schülern nahezubringen. Auf diese Weise lässt sich die individuelle Schülerleistung leicht ermitteln, der Grad der Selbstständigkeit und Schüleraktivierung ist aber niedrig.

In der Freiarbeit geht es darum, dass die Schüler das Lernen selbst organisieren. Diese Form eignet sich gut zur Aneignung von Methodenkompetenz oder auch zur Wiederholung von gelernten Inhalten.

In der Projektarbeit steht ebenfalls die Selbstorganisation der Schüler im Mittelpunkt. Sie steigert die Fähigkeit zur Kooperation und die Handlungskompetenz der Schüler. Diese Form eignet sich aber nicht so gut dazu, neues Wissen zu erwerben.

Im schulischen Alltag drückt sich die Variabilität der Methodik vor allem durch die unterschiedlichen Sozialformen (Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit) aus. Es gibt natürlich nicht die eine selig machende Methode oder Sozialform, letztlich gilt hier wie so oft: Die Mischung machts!


7. Individuelles Fördern

Allmählich, aber noch mit Zögern setzt sich an deutschen Schulen die Erkenntnis durch, dass es normal ist, unterschiedlich zu sein. Dementsprechend wichtig ist die individuelle Förderung der Schüler, die Kreativität, Geduld und auch Erfahrung benötigt. Wenn man individuelle Förderung definieren will, bedeutet diese Förderung, dass die Lehrkraft alle Schüler dabei unterstützen will, ihre kognitiven, motorischen und sozialen Potenziale voll zu entfalten. Alle Maßnahmen müssen darauf abzielen, die Lust zur Initiative (ich will!) und das Selbstwertgefühl der Schüler (ich kann!) zu fördern. Entscheidend ist hierfür natürlich eine vertrauensvolle Beziehung zu dem (lernschwachen) Kind, das durch Lob ermutigt und nicht durch Tadel entmutigt werden soll. Zur individuellen Förderung gehört natürlich nicht nur die Förderung der lernschwachen Schüler. Auch lern starke Schüler haben ein Recht darauf, ihr hohes Potenzial voll entfalten zu können. Im Schulalltag ist es nicht leicht, diese Ideale in die Tat umzusetzen. Hektik, große Lerngruppen, mangelhafte Materialien erschweren diese ohnehin schon schwere Aufgabe. Aber jede Lehrkraft sollte den Anspruch haben, allen Schülern gerecht zu werden und guten Unterricht für alle Schüler anzubieten.


8. Intelligentes Üben

Üben ist kein Stichwort, dass Schüler spontan zu Begeisterungsstürmen hinreißt. Oft denkt man bei diesem Begriff an das "stumpfe Pauken". Dieses Negativimage ist teilweise selbst verschuldet, da manch Lehrer das Üben eher lustlos als lustvoll betrieben hat. Dabei verspürt grundsätzlich jeder Mensch Freude am Einüben, wenn ein Interesse am Gegenstand des Übens besteht, freiwillig geübt wird, Räume für Selbstständigkeit gegeben sind und Lernerfolg erkennbar ist.

 

 

Folgende Indikatoren zeigen an, ob es sich um intelligente Übungsphasen handelt:

 

  • Es wird kurz, dafür aber oft geübt.

  • Es gibt Regeln, an die sich alle halten.

  • Die Schüler haben die Aufträge verstanden oder wenden sich kurz zur Nachfrage an die Lehrkraft.

  • Es gibt Aufträge, die bezüglich der Personen, Methoden und Ziele differenziert sind.

  • Die Materialien sind ansprechend und erlauben eine eigene Erfolgskontrolle.

  • Der Lehrer leistet fachliche Hilfe, wenn nötig.

  • Die Leistung der Schüler wird gewürdigt.


Dieses intelligente Üben hat mehrere positive Effekte: Die Schüler haben nicht nur Erfolgserlebnisse und vertiefen ihr Fachwissen, sondern entwickeln auch eigene Strategien und denken über das eigene Lernverhalten nach (Metakognition).

 

 

9. Transparente Leistungserwartungen

Auch wenn der Unterricht im Idealfall so viel Spaß macht, dass der Gedanke an die Benotung in den Hintergrund tritt, ist den Schülern doch immer bewusst, dass „am Ende abgerechnet“ wird. Genauso klar sollte den Schülern sein, welche Note sie für welche Leistung bekommen. Deshalb ist es mittlerweile längst Standard, dass Sie zu Beginn des Schuljahres mit der Klasse oder dem Kurs die neuen Themen und Leistungsanforderungen besprechen müssen. An Gymnasien werden dahin gehend auch die Kurshefte überprüft. Diese Mitteilung kann einfach mündlich erfüllen, besser ist jedoch eine schriftliche Übersicht, auf die die Schüler immer wieder zurückgreifen können. Die Leistungserwartungen sollten sich natürlich an den Richtlinien und dem schulinternen Lehrplan des jeweiligen Fachs orientieren, der meistens auch auf der Homepage der Schule eingesehen werden kann.

Formen von Benotung gibt es aber natürlich auch außerhalb von Klausuren und Zeugnissen, jede Rückmeldung des Lehrers enthält eine Beurteilung. Alle Aufgaben sollten deshalb verständlich formuliert und an dem Bildungsstandard wie dem Lernstand der Schüler orientiert sein. Zudem sollten Sie als Lehrkraft die zu erbringende Leistung nach Kräften fördern und die Beurteilung möglichst zeitnah zurückmelden.

 

10. Vorbereitete Umgebung

Wenn der Klassenraum chaotisch aussieht, weil keine feste Sitzordnung herrscht und womöglich noch überall auf dem Boden Jacken herumliegen, überträgt sich dieses Chaos leicht auf das Verhalten der Schüler im Unterricht. Ordnung führt auch dazu, dass es ruhiger zugeht, die Schüler sich mit ihrem Raum als Lernort identifizieren können und störendes Herumgerenne und Geraschel während des Unterrichts entfällt. Leicht zu merken sind als Schlagworte für eine gute Umgebung die vier „Rs“: Reviere, Regeln, Rituale und Routinen. Alles hat seinen festen Platz, Regeln werden von allen Beteiligten akzeptiert und eingehalten, und die Schüler haben gewohnheitsgemäße Erfahrung mit Abläufen und Materialien.


Binnendifferenzierung und Inklusion

Zwei Schlagworte, die an Schulen heute oft gehört werden, sind Binnendifferenzierung und Inklusion. Diese Begriffe sollen hier für Sie erläutert werden.

 

Binnendifferenzierung: Damit ist gemeint, dass mithilfe von differenzierten Unterrichtseinheiten die individuellen Ausgangslagen, Interessen und Bedürfnisse der jeweiligen Schüler Berücksichtigung finden. Das ist das Gegenteil von einem Frontalunterricht, der alle Schüler über einen Kamm schert. Im Falle der Binnendifferenzierung werden die Unterschiede im Bereich der Begabungen und Vorlieben als Inspiration und Bereicherung verstanden.

Bei der Umsetzung kann eine Differenzierung auf verschiedenen Ebenen erfolgen: auf der Ebene der Thematik und auf der Ebene der Methodik. Auf ersterer können Sie die Schüler individuell beschulen, indem Sie Materialien zur Verfügung stellen, die inhaltlich und vom Schwierigkeitsgrad variieren. Auf der letztgenannten Ebene können Sie die Differenzierung erreichen, indem Sie die Methoden der Lernausgangslage und den Neigungen der Schüler anpassen und zum Beispiel eher mit Bildern operieren, wenn Schüler das visuelle Lernen bevorzugen. Ganz konkret wird die Binnendifferenzierung in der Regel erreicht durch Bildung kleinerer Lerngruppen, die dann durch Projekte, Stationenlernen oder durch Wochenplanunterricht motiviert werden.

Das Ziel der Binnendifferenzierung ist es, individuelle Schwächen abzubauen und individuelle Stärken zu vertiefen und auf diese Weise Erfolgserlebnisse zu generieren. Dadurch häufen die betroffenen Schüler nicht nur Wissen an, sondern steigern auch ihre generelle Lernkompetenz und ihr Selbstwertgefühl.

 

Inklusion: Wörtlich übersetzt bedeutet Inklusion Einbeziehung. Die Inklusion erweitert also den Gedanken der Differenzierung noch mal um Schüler, die verschiedene Merkmale und Grade der Behinderung aufweisen. Das kann eine leichte Hörproblematik, aber auch eine massive motorische Störung oder Verhaltensauffälligkeit sein. Oft haben Inklusionsschüler eine Form der Lernbehinderung. Während das bisherige Modell der Sonderpädagogik darauf setzte, diese Schüler zu exkludieren und auf Förderschulen zu verfrachten, möchte die Inklusionspädagogik alle Schüler mit und ohne Behinderung gemeinsam unterrichten, um eine gegenseitige Bereicherung und ein solidarisches Miteinander zu etablieren. In der Praxis erfordert die Inklusion natürlich noch mehr Aufwand und Geduld als die Binnendifferenzierung.


Praxistipp QA

Es gibt auch so etwas wie eine Schulinspektion, die von Zeit zu Zeit den Unterricht überprüft. Die Ministerien bevorzugen zwar den Begriff Qualitätsanalyse, aber es läuft de facto auf eine Schulinspektion hinaus, da der gesamte Schulapparat unter die Lupe genommen wird. Die Inspektoren nehmen Einsicht in Protokolle, Kurshefte und Lehrpläne, sprechen mit Ihnen, der Schulleitung, mit Eltern und mit Schülern – und besuchen Sie unangekündigt in Ihrem Unterricht. Dabei werden, basierend auf dem Beobachtungsbogen der QA NRW, zwölf Aspekte Ihres Unterrichts begutachtet:

  1. Klarheit und Transparenz: Diese Aspekte sollen gegeben sein bezüglich der Gegenstände, der Vorgehensweise und der Ziele des Unterrichts.

  2. Schülerorientierung: Hier wird darauf geachtet, ob Schüler an den Planungen teilhaben, ob ihre Kenntnisse berücksichtigt werden und ob sie den Inhalt als relevant für den Alltag erfahren.

  3. Problemorientierung: Hier wird geschaut, ob ein Problem aufgeworfen wird und ob die Schüler Strategien zur Problemlösung einsetzen.

  4. Sprache: Hiermit ist sowohl die Sprache der Lehrkraft gemeint als auch die Frage, ob diese auf eine adäquate Ausdrucksweise der Schüler achtet.

  5. Lernzeit: Kriterien für diesen Aspekt ist die Pünktlichkeit des Lehrers sowie die Fähigkeit, Verlust von effektiver Lernzeit durch organisatorische Dinge zu vermeiden.

  6. Umgebung: Bewertet wird, ob der Klassenraum ordentlich ist und ob die Materialien zu Beginn des Unterrichts zur Verfügung stehen.

  7. Klima: Neben der hoffentlich von Respekt geprägten Kommunikation sollte die Lehrkraft die Schüler loben und unterstützen und Mädchen und Jungen gleich behandeln.

  8. Selbstständiges Lernen: Darunter versteht die QA die Frage, ob die Schüler über die Vorgehensweisen der einzelnen Arbeitsschritte mitentscheiden können und ob sie ihre Strategien und Ergebnisse einer Reflexion unterziehen.

  9. Differenzierung: Die Differenzierung wird untersucht hinsichtlich der zeitlichen und inhaltlichen Vorgaben. Zudem wird notiert, ob individuell unterschiedliche Wege möglich sind.

  10. Sozialformen: Es wird nicht nur zur Kenntnis genommen, ob Sozialformen wie Partnerarbeit oder Gruppenarbeit eingesetzt werden, sondern auch, ob diese dem Erwerb von Kompetenzen dienen und ob die Ergebnisse der Teams oder Gruppen für alle Schüler gesichert werden.

  11. Unterricht im Plenum: Auch hier wird beobachtet, ob die Ergebnisse der Gespräche gesichert werden und ob sich die Schüler daran beteiligen und sinnvoll aufeinander eingehen.

  12. Medien: Gefragt ist hier, ob die Medien und Materialien dem Inhalt der Stunde angemessen sind und den Lernerfolg der Schüler fördern.

Die Schulinspektoren greifen dabei nicht in das Unterrichtsgeschehen ein, sondern kreuzen auf ihrem Bogen jeweils an, ob die genannten Merkmale beobachtet werden konnten oder nicht. Nun werden die Ergebnisse der Unterrichtsentnahmen anonymisiert der Schulleitung zur Verfügung gestellt.

Eine Überprüfung dauert ungefähr 20 Minuten, der Besuch an der jeweiligen Schule durch die Inspektoren soll sich laut Plan alle fünf Jahre wiederholen.

Zum Schluss dieses Kapitels möchte ich noch eine scheinbar banale, aber doch wichtige Frage aufwerfen: Warum sollten Sie überhaupt guten Unterricht machen, wenn ein 0815-Unterricht doch sehr viel weniger Zeit und Aufwand kostet und die konkrete Unterrichtsgestaltung nach dem Referendariat auch fast nie mehr überprüft wird?

Ich hoffe natürlich, dass Sie sich diese Frage gar nicht erst stellen, da doch klar geworden sein sollte, dass alle Schüler das Anrecht haben, gefordert und gefördert zu werden, um ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Guter Unterricht ist lohnenswert für alle Beteiligten. Die Schüler werden motiviert und erbringen bessere Leistungen. Das honorieren diese durch gute Mitarbeit und Befolgung der Regeln, was letztlich auch wieder die Freude der Lehrkräfte an ihrer Arbeit steigert. Und nicht zuletzt honorieren auch die Eltern einen guten, engagierten und abwechslungsreichen Unterricht. Am Ende des Tages profitiert die ganze Schulgemeinde von Ihrer guten Arbeit!

Methoden für den Beginn der Stunde

Schülermotivation

 

Wie motivieren Sie die Schüler?

 

Grundschullehrer haben vergleichsweise wenig Probleme damit, ihre Schüler zu motivieren und zu interessieren. Da ist der Buchstabe „e“ und die Zahl 3 genauso interessant wie die Flügel eines Schmetterlings oder die wundersame Rettung der Israeliten durch Mose. Am Anfang der Schulzeit wollen die Schüler wissbegierig alles, was neu ist, aufsaugen. Die Motivation ist intrinsisch und muss nicht eigens aktiviert werden. Werden die Schüler älter, nimmt der Druck, gute Noten erzielen zu müssen, zu und die intrinsische Motivation ab. Die Freude am Lernen und der Wissensdurst werden geringer, die ersten Frusterlebnisse folgen. An dieser Stelle sind die Lehrkräfte (und auch die Eltern) gefordert, die Schüler wieder zum Lernen zu motivieren.

Die Motivation der Schüler hat nämlich einen signifikanten Einfluss auf den Lernerfolg, wie eine OECD-Studie, die auf den PISA-Daten basiert, wieder bestätigt hat. Diese OECD-Studie hat 15-jährige Schüler in 26 Ländern nach ihrer Motivation, ihren Lernstrategien, ihrem Selbstvertrauen und ihren Vorlieben für Lernformen gefragt. Mithilfe der Schüler-Antworten wurden diese vier Lerngruppen zugeordnet. Die in Bezug auf Motivation und Lernstrategien stärkste Gruppe schnitt auf der PISA-Skala um 63 Punkte besser ab als die

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Cover: Miloš Duškić
Lektorat: Tina Müller
Tag der Veröffentlichung: 07.05.2021
ISBN: 978-3-7487-8203-2

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