In silbriges Licht getaucht thronte eine Burg über dem umliegenden Land. Die Nacht war schon weit voran geschritten und der Mond stand in einer unförmigen Scheibe am Himmel.
Unweit des Burghügels erhob sich eine große Stadt, die größte dieses Landesteiles.
Der Herrscher der Festung nahm gerade ein Bad. Heerführer Keaton liebte es, nach einem arbeitsreichen Tag bei dem Duft von Blüten im Wasser zu entspannen.
Er wurde jedoch durch einen seiner Bediensteten gestört, der eben in den Raum stürzte.
„Herr! Wir bekamen eben eine Eilmeldung mit der Auflage euch sofort in Kenntnis zu setzen.“
Er überreichte dem verblüfften Keaton, der sich eine Hand trocknete, die Nachricht, dann entfernte er sich wieder. Der Heerführer brach das Siegel und las die kurzen Worte:
„Die Templar werden morgen Abend eine Versammlung in der Ratshalle abhalten!“
Ein Absender war nicht angegeben.
Verwirrt legte Keaton die Nachricht zur Seite und stieg aus dem Bad. Er trocknete sich ab und überlegte, wer ihm diese Nachricht geschrieben haben könnte.
„Man sattle mir mein Frost Wyrm“, rief der junge Mann nachdem er sich angekleidet hatte. Hier war man die gelegentlich sonderbaren Wünsche des Herrn der Burg gewohnt.
In seinen 26 Lebensjahren hatte er einiges im Land bewegt. Das war vor Allem einer Fertigkeit geschuldet: Er verstand es, wie kaum ein anderer, Heere zum Sieg zu führen. Der letzte König hatte ihn deswegen schon sehr jung zu seinem Heerführer ernannt. Noch heute trug Keaton diesen Titel, und das mit einigem Stolz. Die Möglichkeiten, etwas zu bewegen, die sich ihm einst auftaten, hatte er beim Schopf gepackt und stand heute hier.
Nun schritt schnellen Fußes in Richtung der Gemächer seines Hauptmannes Lich.
Der junge Mann klopfte an der Tür seines Hauptmannes und bekam ein mürrisches: „Herein“ zu hören. Er öffnete die Tür und sah noch das Mädchen, das in den Nebenraum verschwand…
„Herr, was wünscht ihr?“, fragte Lich, der seine Blöße schnell mit einer Decke verhüllte.
Er sah ein paar Jahre junger aus als Keaton, obwohl man das nicht genau sagen konnte, denn er hatte einst der Rasse der Untoten angehört. Der Heerführer wusste nicht welche Elfenmagie ihm ein normales Aussehen gegeben hatte, aber nun war er groß, schlank und muskulös. Seine Haare waren schwarz und seine Züge markant. Fast ein genaues Gegenteil Keatons, dessen Gestalt eher zurückhaltend war. Schlank und ein wenig schlaksig, sah man dem Heerführer seine Fertigkeiten mit dem Schwert nur schwer an. Außerdem trug er stets weite Kleidung, die ihr übriges tat.
Mit einem schelmischen Lächeln auf dem Gesicht, sagte er zu Lich gewandt: „Entschuldige die Störung, aber es gibt Wichtiges zu tun! Die Templar versammeln sich und es scheint etwas Wichtiges zu sein. Ich möchte dich als meinen Berater mitnehmen. Pack bitte umgehend deine Sachen, wir werden sofort in Richtung der Kathedrale aufbrechen!“
Die Templar waren eine relativ starke Allianz des Landes. Seit einigen Jahren regierten diese Verbände das Reich. Der König war nach dem letzten Krieg gezwungen worden, abzudanken und so kamen die Allianzen an die Macht. Im Land des Heerführers gab es im Wesentlichen vier der großen Vereinigungen. Sie regierten sich selbst und einer jeden Allianz stand ein kleiner Kreis an gewählten Führungspersönlichkeiten vor.
Keaton selbst gehörte den Horden der Dunkelheit an, einer Interessengemeinschaft aus gut 20 Mitgliedern. Darüber hinaus war Er der derzeit gewählter Präsident und damit Führer der Allianz.
Die Templar waren weit mächtiger als sie, wiesen aber weniger Mitglieder auf. Es war eine schwere Zeit für das Land, da jede Allianz ihre Macht auszudehnen versuchte und in vielen Provinzen Bürgerkrieg mit noch kleineren dieser Interessengemeinschaften geführt wurde. Zwischen den großen Allianzen herrschten weitestgehend Nichtangriffspakte, da die Unruhen noch immer nicht ganz gebändigt waren.
Lich sah ein wenig überrumpelt drein, sagte aber pflichtbewusst: „Herr, ich bedanke mich für das Lob und die Ehre euch bei euren wichtigen Geschäften helfen zu dürfen!“ Er packte schnell ein paar Kleider zusammen und nahe der Mitternachtsstunde ritten die beiden Männer los.
*
Auf dem Weg sprachen sie so gut wie kein Wort, die Frostwyrms gaben ihr Bestes und flogen so schnell wie der Wind. An ihnen zogen weite Ebenen vorbei. Die Burg Keatons lag weit im Südosten des Landes, während sich die Ratshalle der Templar im Nordwesten befand. Die zwei Reittiere auf denen sie saßen waren ein Überbleibsel aus früheren Tagen. Frostwyrms stammten von den Drachen ab, waren jedoch viel kleiner. Ihr Körper schien jedoch nur aus Knochen zu bestehen. Sie flogen sehr schnell und kämpften gut. Mit ihrem Atem konnten sie reihenweise Feinde einäschern.
In einem Gefecht setzte Keaton jedoch lieber auf ein Pferd, da es nicht so unberechenbar war. Ein Frostwyrm, das von Kampfeswut gepackt wurde, war kaum noch zu bändigen, erst recht nicht von ihm. Der Heerführer war zu Pferd kein schwerer Gegner und übte daher, wann immer er Zeit fand, mit seinen Truppen. Außerdem waren Frostwyrms selten geworden. So hatte er stets eine gute Ausrede für seine mangelnden Fertigkeiten.
„Ich will vor dem Morgengrauen bei Dutschdos Burg sein!“, rief Keaton über den brausenden Wind hinweg zu Lich. Dutschdo war ein guter Freund des Heerführers und der Kriegsmeister der Horden.
Lich nickte und sie gaben den Wyrms die Sporen.
*
Es dämmerte bereits als Dutschdos Burg am Horizont auftauchte. Erschöpft erreichten sie das Bauwerk. Die Burg stand am Rande eines kleines Waldes und war so von einer Seite geschützt. Die Mauern ragten hoch auf, mindestens vier Manneslängen.
Ein Stallknecht erkannte sie sogleich, als sie unten am Tor riefen. Er lies sie durch das Tor ein und nahm ihre Wyrms in seine Obhut. Ein weiterer Diener trat auf den Hof und Keaton sagte zu ihm: „Wir möchten zu deinem Herren!“
„Ich bin untröstlich, aber das wird wohl nicht möglich sein, da er nicht auf der Burg ist.“, antwortete der Mann.
„Verdammt! Wo treibt er sich wieder herum?“, rief Lich, erbost über die Verzögerung.
Der Diener zuckte ängstlich zusammen, denn Lich war in der ganzen Allianz für seinen Jähzorn bekannt. Keaton winkte mit einer Geste ab.
„Wir werden hier rasten, in einer Stunde möchte ich aber wieder auf Pferden sein.“
„Ja…“, sagte der Diener hilflos, „Ich werde veranlassen das ihr etwas zu essen und zu trinken bekommt! Mein Herr ist zurzeit in seinem Ausbildungslager im Norden.“
„Ist das so, ja?“, Keaton schmunzelte, „Ich danke dir“, fuhr er dann fort.
„Ich bringe euch in den Speisesaal.“, sagte der Diener und führte die beiden in den Raum, wo ein gemütliches Feuer im Kamin brannte. Dutschdo bevorzugte einen rustikalen Stil. Keine der Wände war verkleidet, überall blickte man auf den nackten Stein. Dafür hingen an allen Wänden Trophäen. Riesige Schwerter oder Köpfe erlegter Tiere. Trotz seines Einrichtungsgeschmacks war er ein recht passabler Kämpfer und ein guter Freund Keatons. In seiner Allianz bekleidete Dutschdo das Amt des Kriegsmeisters. Sobald es also zu kämpferischen Auseinandersetzungen kam, war Dutschdo der Mann der Stunde, der plante und führte. Der Kriegsmeister war ein einfacher Mensch, hatte aber für diese Art der Aufgabe ein außergewöhnliches Talent. Als könne er die Schwachstellen ihrer Feinde fühlen.
Keaton und Lich speisten und tranken.
„Das ist sehr gut“, war eine Bemerkung des Heerführers am Rande.
„Was wollen die Templar nun schon wieder von uns?“, begann Lich ein Gespräch.
Keaton sah von seinem Essen auf und legte die Stirn in Falten. „Ich weiß es offen gesagt auch nicht. Die Nachricht, die ich bekam, enthielt nur den Hinweis, dass eine Versammlung stattfinden wird.“
„Sicherlich wieder etwas sinnfreies, wie letztes Mal diese Angelegenheit zur Besteuerung der Straßen.“
„Das glaube ich nicht unbedingt. Seit diesem Treffen behelligen sie uns eigentlich nicht mehr mit solchen Absurditäten. Dafür hast du gesorgt.“, lachte der Heerführer.
Lich grunzte etwas und sie aßen schweigend weiter.
Nach einer Stunde sprach Keaton zu einem Knecht. „Wir müssen weiter, die Zeit drängt! Richte bitte deinem Herren aus das wir hier waren und das er sein Heer in nächster Zeit, in Stellung halten soll! Ich habe da einen böse Vorahnung.“
Damit verließen sie den Raum und traten auf den Hof. Der Stallmeister stand verschlafen mit zwei frischen Pferde am Zügel in dem Hof. Er sagte: „Das sind unsere Besten und schnellsten! Viel Glück!“
„Ich danke euch!“, antwortete Keaton und mit diesen Worten brausten sie so schnell wie der Wind weiter nach Norden.
Texte: Das ist schon von mir.
Tag der Veröffentlichung: 15.06.2009
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