Hitzefrei
Als wir noch Kinder waren,
bekamen wir bei so einer Affenhitze
hitzefrei.
Heute gehen wir arbeiten,
hitzefrei gibt es da nicht.
Manche Firmen
stellen ihren Mitarbeitern
die Getränke kostenlos zur Verfügung.
Aber eben nur manche.
Mittlerweile haben wir den zweiten Sommer
mit immenser Hitze.
30 Grad und mehr.
Hat man daraus gelernt?
Ich denke, nein.
Die Wälder gehen kaputt,
die Talsperren sind teilweise leer.
Die Flüsse werden zu Rinnsalen.
Wird das, was uns die
amerikanischen Indianer prophezeien,
jetzt zur Wirklichkeit?
Wir arbeiten immer noch,
wenn angeraten wird,
nach Möglichkeit zuhause zu bleiben.
"Lustig" wird es eigentlich,
wenn man dann sieht,
wie viele Leute trotzdem
in der Stadt unterwegs sind.
Wie viele Leute rausgehen,
obwohl wegen der hohen
Ozonwerte davon abgeraten wird.
Wenn ich nicht raus müsste,
würde ich bei der Hitze
sicherlich zu Hause bleiben.
Aber warum gehen andere Leute
bei dieser Hitze raus?
Ist die Einsamkeit so groß,
dass man lieber einen Hitzeschlag
in Kauf nimmt anstatt
einsam zu Hause zu sitzen
und die Hitze abzuwarten.
Ich weiß es nicht
und möchte auch niemanden
deswegen verurteilen.
Jeder muss selbst am besten wissen,
was er tut.
***
Selbstmitleid
Ich schaffe nichts.
Nichts, was ich mir vornehme, klappt.
Dabei will ich was schaffen.
Ich will endlich
mal nicht mehr im Selbstmitleid versinken.
Endlich mal beweisen,
dass ich nicht die Niete bin,
für die sie mich alle halten.
Doch, wenn der Zeitpunkt da ist,
kann ich mich nicht mehr aufraffen.
Dass ich mich nebenher
um meine Mutter kümmere,
kann doch nicht zur Folge haben,
dass ich einfach nicht mehr Dinge
für mich selbst tue.
Oder genauer,
mich nicht mehr um mich selbst kümmere.
Dass ich das Gefühl habe, zu verkümmern.
Ich fühle mich nutzlos, dumm und faul.
In meinem Haushalt sieht es aus,
als hätte eine Bombe eingeschlagen.
Und dann noch die Dachgeschosswohnung,
in der die Hitze im Sommer kaum raus geht.
Mein Leben empfinde ich als sinnlos.
Doch damit abzuschließen,
dafür bin ich zu feige.
***
Echte Freunde
Echte Freunde,
gibt es das überhaupt?
Ich habe einen Freund,
von dem ich behaupten würde,
dass er ein echter Freund ist.
Bei allen anderen
bin ich mir da leider nicht so sicher.
Einen Freund,
wo ich sicher bin,
dass er fast alles für mich tun würde.
Und das,
obwohl ich ihn manchmal
wie den letzten Dreck behandle.
Wenn ich wieder einmal
mit meinem eigenen Leben
nicht klar komme.
Es gab Freunde,
die sich im Nachhinein
als falsche Freunde entpuppt haben.
Freunde, die immer nur nahmen,
aber niemals gaben.
Freunde, die auch niemals
zu Kompromissen bereit waren.
Die meine Freundschaft
als selbstverständlich ansahen.
Und beleidigt und sauer reagierten,
als ich mich dagegen wehrte.
***
Warten
Warten,
ja, worauf eigentlich?
Auf die Lieferung aus der Apotheke,
die gestern noch bestellt werden musste.
Auf Regen.
Darauf, dass mein bester Freund
seine Schusseligkeit mal ablegt
und endlich mal an sich arbeitet.
Auf Chancen.
Auf ein besseres Leben.
Darauf, dass sich die Chance bietet,
meinen Lebensmittelpunkt
in die Stadt zu verlegen,
mit der ich mich am meisten
identifizieren kann.
Eigentlich besteht mein ganzes Leben
nur aus Warten.
Warten darauf, dass man endlich
mal eine Chance auf einen Job bekommt
und nicht immer nur Sprüche wie
„Leider passen Sie nicht in unser Profil“
als Antwort auf unzählige Bewerbungen.
Warten. Immer nur warten.
***
Raus
Gestern dachte ich mir,
so nach der Arbeit
noch irgendwo in einen Biergarten
auf ein alkfreies Weizen.
Aber Pustekuchen,
unser bevorzugter Biergarten
am Stausee
hatte leider Ruhetag.
Hm, und nun? Wohin?
Schwierig, etwas zu finden,
wo auch die Umgebung stimmt.
Wo man auch kreative Gedanken
entwickeln kann!
Wir sind dann in die Stadt gefahren
und dort in einen Biergarten.
Die Umgebung stimmte leider nicht.
Nichts, was irgendwie die Kreativität
in Fluss bringen konnte.
Schade eigentlich!
***
Texte: Silvia Maria von Dallwig
Bildmaterialien: Silvia Meier
Cover: Silvia Meier
Lektorat: Bernd Preuß
Tag der Veröffentlichung: 29.07.2019
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