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Manche technischen Geräte entwickeln einen besonderen eigenen Willen. Sie tun und lassen einfach was sie wollen, und so auch meine Stereoanlage.
Wenn ich ihr auftrage, mich um 05:58 mit Track 1 CD 3 aufwecken soll [übrigens Tocotronic – Meine Freundin und ihr Freund, aber das ist doch egal, oder?], dann weckt sie mich frühestens um 06:30 und das mit Lautstärke 3 statt Volume 20... Falls überhaupt.
Auch Handynummernwechsel haben irgendwie einen Drang zur Eigendynamik – Selbst meine Mutter schickt mir die SMS lieber zur Sicherheit auf beide Nummern, von meinen Freunden will ich gleich gar nicht reden... Also wird man gezwungen, protzig wie es ist, mit zwei verschiedenen Handys gleichzeitig herumzulaufen... Aber es hat nicht nur Nachteile, denn auf die Wecker eines solchen Handys kann man sich wenigstens verlassen. Also hab ich mir immer beide zusätzlich gestellt, auf dass ich bloß nicht verschlafe, doch auch das ist problematisch, denn so ein Handywecker ist schnell umgestellt, und es sind ja nur fünf Minuten... Und doch bloß nochmals zehn... Aber jetzt sind die letzten fünf auch schon egal... Öha, verschlafen!
Dann kommt ja erst das lustigste am Aufstehen: Die Handlung als solches! Weil wach werden ist nicht besonders schwer, aber dann auch wach zu bleiben ist das Problem... Und die Überwindung aufzubringen, sich aus dem Bett zu hieven. Das größte Problem daran ist nämlich, dass unser uraltes Haus mit Holz beheizt wird, und so ein Feuer im Ofen über nacht halt schon mal bald ausgehen kann. Da unsere alten Wände die Kälte so gerne Mögen, und mein Zimmer auch noch zwei Außenwandseiten hat, kommen dort morgens schon mal Temperaturen um die 12°C vor.
Wobei das natürlich auch Vorteile hat: Wenn man erst einmal auf ist, bekommt man einen solchen Kälteschock, dass man nicht mehr schlafen kann!
Wenn ich dann erstmals aufgestanden und in die Küche geschlurft bin, werden meine linguistischen Fähigkeiten um kurz nach Sechs am morgen schon getestet: Die Nachrichten und die Moderation von FM4 sind und diese Zeit immer auf Englisch, und die Musik der anderen Sender ist zu vergessen, also einfach durch, grundsätzlich kein besonders großes Problem – Viel größer ist da das Problem des Frühstücks; denn um diese Zeit will man einfach noch nichts essen, und der Hunger holt mich in der Schule immer ein. Also würge ich dann meist doch noch ein Brot hinunter und spüle einen Instant-Kaffee nach, der mir natürlich die Zunge verbrüht: Das Wasser hat ja gerade noch gekocht, das bisschen Pulver ändert daran nichts, und Milch wäre für so einen Not-Koffein-Spender sowieso zu schade.
Es folgt geglaubte Appetitlosigkeit für die restliche Woche, ein vergessenes Zähneputzen und ein daheim liegengelassener Handschuh und ein MP3-Player, der mich den ganzen Weg zum Bus zittern lässt ob seine Akkus noch durchhalten. Meistens tun sie es nicht – auch nicht so schlimm, seit ich das Computerheadset zum Horchen benutzen muss, weil meine eleganten Kopfhörer den Geist aufgegeben haben. Denn so ein Headset mit Mikrophon dran wirkt leicht dämlich...
Der Traum, dass ich im Bus ausschlafen könnte, erfüllt sich natürlich nicht, weil irgendwelche netten Schüler aus dem Polytechnikum sich über fünf Sitzreihen hinweg erzählen müssen, wie „fetzndicht“, „bombnfett“ oder sonst irgendwie betrunken sie nicht auf der letzten Party waren. Hat bestimmt auch irgendwas, für mich halt nichts.
Sobald ich dann aus dem Bus aussteige, und mein Weg sich von dem der Poly-Schüler trennt, darf ich mich für die Besteigung des BORG-Bergs fertig machen, denn meine umwerfende Schule liegt natürlich am höchsten Punkt von Grieskirchen. Der Gehweg dort hinauf ist natürlich so vorbildlich vom Schnee befreit und mit Schotter bestreut worden, dass man bei jedem Schritt drei zurückrutscht. Wenn man durch Teamwork den Aufstieg bezwungen hat darf man auch noch diversen Lehrern das Auto raufschieben, weil natürlich auch die Straße so toll geräumt wurde und somit alle Reifen durchdrehen. Hm na ja, vielleicht gibt’s dafür ein Plus in Mathe...
Während man dann, endlich im warmen Schulgebäude, versucht das klemmende Schloss seines Spinds aufzudrehen, erfährt man von einem hilfsbereiten Schüler, der einen total mental unterstützt, dass man an diesem Tag zu hause bleiben können hätte, weil der Bezirksschulrat wegen der Schneemassen die Schüler entschuldigt...
Mit so viel Wut im Bauch hätte ich auch die Tresortür der Oberbank in Grieskirchen unten aufbrechen können...
Um diese Zeit ist es dann rund acht Uhr, und jetzt erst kommt der erste Lichtblick des Tages: nachdem er bisher so grausam angefangen hat, kann er eigentlich nur besser werden!!
Ein Blick auf den Supplierplan bestätigt meinen Verdacht, denn scheinbar haben einige der Lehrer noch rechtzeitig vom Beschluss des Bezirksschulrats gehört, denn ungefähr die Hälfte meiner heutigen Stunden fällt aus, weil die zuständige Lehrkraft nicht in die Schule kommen kann.
Also verbringe ich die erst Stunde in der Aula und lache über die armen Raucher in der Kälte des Raucherhofs, die verzweifelt versuchen sich möglichst nahe an das Schulgebäude zu drücken um dem Schneesturm zu entgehen. Wie froh bin ich, Nichtraucher zu sein...
Mittlerweile hat mich natürlich auch mein fehlender Hunger von heute morgen eingeholt, und ein Blick in meine Geldbörse verrät mir, dass sie leer sein müsste – natürlich hab ich die auch daheim liegen gelassen. Also werden die nächstbesten Kollegen angeschnorrt und anschließend der Schulautomat geplündert. Da der einen Defekt hat, schluckt er meine erste Münze, und zählt die zweite Vierfach... Mir soll es recht sein...
Auch die zweite Einheit verläuft Problemlos, wenn auch nur teilweise schön: Da wir unsere Englisch-Schularbeiten zurückbekommen, da natürlich auch mehrere ...nicht unbedingt recht gelungene... Arbeiten dabei waren, und bald Notenschluss ist, hagelt es Prüfungen, und die meisten werden verpatzt. Wenigstens hab ich einen Zweier und hab damit bewiesen, dass nichts lernen und FM4-horchen hilft! Da ich nicht geprüft werde, borge ich mir einen MP3-Player aus, und genieße den schlechte Musikgeschmack meines Kollegen. Beizeiten sollte ich ihm eine MP3-CD brennen...
Darauf folgt Latein, und dieser Unterricht ist [so wie immer...] komplett Spaßfrei und ereignislos, aber erst in der vierten Einheit [Geographie] kann ich meine akuten Schlafmangel vom Bus aufarbeiten... Und zusammen mit der nächsten Freistunde kann ich dann voll ausgeschlafen in den Deutschunterricht starten, der [obwohl wir offiziell gerade irgendwelche Grammatik machen...] meinen persönlichen Tageshöhepunkt darstellt. Trotz allem eine Schulstunde... Traurig eigentlich.
Sobald dann auch das vorbei ist, darf ich mich auf den Bus freuen: Nach so einem Schultag kann ich im Bus durchschlafen, und selbst wenn alle anderen Poly-Schüler wären...

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Tag der Veröffentlichung: 06.06.2008

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