Cover

1919, Anna Riad

„In diesen düsteren Gedanken, weit entfernt von dir und allem, was zu dir gehört, frage ich: War es das wert? Hast du Mario nicht einfach lieben können? Musste es sein, dieses Ewige, dieses Getrenntsein? Ich liebe dich stärker als jemals zuvor. Aber ich habe keine Geduld mehr, Alek. Mein Geist ist bei dir. Ich will nur noch dich. Darf ich dich haben?“

Familiengeheimnisse

2007, Yasemin Gonzáles: Diese Worte, voller Sehnsucht, zeugen von Ungeduld und Ausdauer, von Liebe und Unverständnis. Diese Worte fand ich auf meiner Suche. Ich weiß nicht mehr genau, wann ich zu suchen begann. Doch ich weiß, warum. Es waren die Geschichten. Alles hat mit den Geschichten zu tun.

Die Geschichten werden in meiner Familie weitervererbt. Und meine Eltern erzählten mir das. Warum hat noch niemand vor mir versucht, herauszufinden, woher die Worte kamen? Wie lauteten die ersten Worte?

Anscheinend bin ich in einem Kreis gefangen, einer Zeitschleife, die sich wiederholt. Wir alle sind Geschichtenerzähler. Doch nicht alle drücken sich mit Worten aus. Anna und ich schon, deshalb fühle ich mich mit ihr verbunden, wie mit sonst keiner meiner Vorfahrinnen. Und es geht immer weiter.

 

Aus einem starken Drang heraus reiste ich in dieses fremde Land, in dem Anna gelebt hatte. Es ist schwer zu erreichen. Nach Monaten hatte ich ein Visum. Dann durfte ich einreisen. Aber trotzdem bin ich noch nicht da. Ich müsste eine Zeitreise machen, um Annas Land kennenzulernen. Sogar Eyowland hat sich in den vergangenen hundert Jahren verändert, wenn auch langsamer als die westliche Welt, aus der ich komme.

Eyowland ist eine Halbinsel, woher der Name stammt, weiß ich nicht. Halb ist das Land vom Meer, halb von den Bergen umschlossen. Es wurde erst um 1840 besiedelt, doch damals schaffte man es nicht mit dem Schiff, alle sanken. Nein, die ersten tapferen Männer und Frauen, Bauern und Fischer, kamen über die Berge. Seit Beginn der Zeit war es unbewohntes Land, doch es war fruchtbar. Es war nicht besonders groß, doch es existieren Träume, die in einem aufs Meer Blickenden erwachen, schöne Träume und Sehnsucht. Die Unsicherheit versteckt sich in den Spalten der nebelverhangenen Berge, die selbst im Sommer mit Schnee bedeckt und schwer zu überqueren sind.

Das Land wird durch einen Fluss in einen Norden und einen Süden geteilt. Im Norden lagen fruchtbare Wiesen und Felder, kleinere Wälder und die sich durchschlängelnden Gebirgsbäche des Frühjahrs führten alle in den großen Fluss. Sandstrand und Felsen bildeten die Grenze im Süden, bevor das Meer das Land verschlang.

Die ersten Einwanderer wurden angeführt von einem reichen Grafen, der in seinem alten Land keine höheren Ämter zu erwarten hatte und deshalb sein eigenes Königreich suchte. Er wurde der König von Eyowland. Da er viel Verwandtschaft in der ganzen Welt hatte, kamen mit der Zeit Suchende in das Land. Von Europa und Asien aus versuchten sie herauszufinden, wie viele der geflüsterten Geschichten sich als Wahrheit entpuppen würden. Die verschiedenen Sprachen führten dazu, dass alles zusammengemischt wurde in einen neuen Dialekt, wobei die herausstechenden Sprachen Russisch und Spanisch waren.

Eyowland war multinational, abgeschieden, klein, unbedeutend für die Politik der großen Mächte. Die beiden Weltkriege gingen spurlos an Eyowland vorbei, doch vielleicht war es einfach die Zeit der Kriege, denn Eyowland hatte eigene Probleme zu bekämpfen.

 

Viele Leute versuchen auch heute noch, die alten Traditionen zu bewahren. Der Unterschied zwischen Alt und Neu ist überwältigend. Viele der Wälder, Felder und Flüsse sind heute verbaut, doch das Land kann sich nach wie vor selbst ernähren. Den Staat hinter den so schwer überwindbaren Bergen verbindet heute eine Autobahn mit der Außenwelt. Zweimal am Tag legt eine Fähre vom Haupthafen ab, und man kann Eyowland schnell betreten und auch wieder verlassen. Heute ist es ein friedliches Land. Wer will da schon weg?

Alek

Sein Haar war gewachsen. Es klebte unangenehm an seinem Kopf fest. Doch er würde sich daran gewöhnen. Er gewöhnte sich an alles - fast alles. Die Wahrheit war: Er hatte Angst. Er war sich sicher, dass er nicht erschossen werden würde. Sie wollten keinen Märtyrer erschaffen. Das Volk war unruhig; noch gehorsam, aber nicht ignorant. Alek, beliebt bei Jung und Alt, war der loyale Bruder des Präsidenten gewesen, die aufbrausende Seite, der radikale Veränderer. Nach der Ermordung seines Bruders behielten seine Eltern den Status angesehener Bürger der Stadt. Er selbst war wegen Verrat eingesperrt, aber das war allein des Diktators Willen gewesen, nicht der des Volkes. Kein Gericht hätte ihn verurteilt - es gab keine Verhandlung.

Lange Gefangenschaft tut niemandem gut. Alek hatte das Herumsitzen für ein paar Tage beinahe genossen, aber dann begann er nachzudenken: über sich, die Welt, die Situation und nur die Probleme, keine Lösungen. Seine Gedanken drehten sich dauernd im Kreis. Wenn er jetzt starb, wer sollte das mitbekommen? Die Wenigsten hatten erfahren, dass er hier war. 

Aber Anna wusste es. Seine wunderbare Anna. Sie war zuerst eine kleine Schwester gewesen, aber es gab nichts, was er nicht für sie tun würde. Mit der Zeit wurde ihm ganz heiß, wenn er an sie dachte. Was nutzten ihm Versprechungen und Vorbestimmungen, wenn er nicht bei Anna sein konnte. Annas Gegenwart war immer wunderbar und so besonders. Er ohne Anna, unvorstellbar, und der Gedanke, dass sein Leben hier vergehen würde, in diesem Loch, war geradezu pervers. Alek versuchte sich Anna vorzustellen. Er schien zu vergessen, wie die Gesichtszüge harmonierten. Erst wenn er einschlief, wurden die Vorstellungen realistischer. Er träumte von ihr, davon, dass sie in ihrer ganzen Schönheit vor ihm lag und er sie endlich berühren konnte. Genau dann wachte er auf. Erregt und verwirrt, wie er war, brauchte er Stunden, bis er wieder Schlaf fand.

Er teilte die Zelle mit noch drei anderen, die bei Weitem besser schliefen als er. Die Zwillinge waren erst vierzehn, und Boris ein oder zwei Jahre älter. Das machte Alek zum ältesten in der Zelle, er musste stark sein, denn es war wohl seine Schuld, dass sie hier gelandet waren. Er war nur froh, dass sie nicht geschlagen oder gefoltert wurden,, Kindern blieb das erspart.

Anna

Anna ging durch die Stadt. Alle Häuser waren dunkel. Die Mehrzahl der Straßenlampen leuchteten nicht mehr. Obwohl es ein warmer Abend war, wurde Anna kalt, als sie sich immer kleiner vorkam, während sie durch die dunklen Gassen lief. Viele Häuser wirkten zerfallen, Fenster waren zerbrochen. Jede Wohnung war ohne Rücksicht auf die darin wohnenden Menschen durchsucht worden. Auf der Straße lagen kaputte Möbel, zersplittert und mit aufgeschlitzter Polsterung. Nikolaj wartete schon an der abgesprochenen Hausecke. Sie war erleichtert, dass sie diesen Teil des Vorhabens ohne Hindernisse geschafft hatten, und wurde bei dem Gedanken an das noch Bevorstehende nervöser. Die beiden hielten, wie abgesprochen, vor dem Tor inne. Im Licht der Laterne hing eine Liste gesuchter Verbrecher. Sie entdeckten viele bekannte Namen, doch nicht ihre eigenen. Ein Soldat kam an ihnen vorbei und streckte das Gewehr in ihre Richtung. Nikolaj schob Anna hinter sich. Dann redete er auf den Soldaten ein und drückte ihm ein Bündel Geldscheine in die Hand. Wie abgemacht. Er sperrte das Tor auf und sie gingen hinein. Drinnen war es kalt, feucht, und es stank erbärmlich. Ein Verlies, wie sie es beim Lesen von Mittelalterromanen kennengelernt hatte. Der kleine Mann in Uniform führte sie durch dunkle Gänge und in Anna wuchs das Gefühl, dass er sie nicht zu Alek bringen wollte. Aber dieses Risiko musste sie eingehen. Oder sollte sie doch umdrehen? Würde sie den Weg zurück finden? Würde er sie entkommen lassen? Nikolaj ging ja noch immer hinter ihr, sie konnte sich unmöglich wegschleichen. Und Nikolaj vertraute dem Soldaten anscheinend. Sie musste weitergehen. Er brachte sie zu Alek, ganz bestimmt.

Der Gestank wurde schlimmer. Endlich sperrte der Mann eine mit schweren Eisenbeschlägen verstärkte Holztür auf. Er öffnete die Tür und nickte Anna zu. Anna machte einen Schritt in die Richtung, blickte sich um: Der Soldat war verschwunden. Für zwei Sekunden bekam sie Panik, dann entdeckte sie Nikolaj, der ums Eck kam. 

»Beeil dich doch!«, sagte er. Sie fasste sich wieder und ging langsam die paar Schritte durch die Tür.

»Anna!«

Diese Zelle war größer als die anderen. Sie war ein dreckiges Loch. Der Boden war mit teils verfaultem Stroh ausgelegt, was den Geruch nach Schmutz und Unrat verstärkte. Die Wände waren rohe Ziegelsteine, an denen die Feuchtigkeit klebte. Gerufen hatte Boris. Anna kannte ihn seit seiner Geburt. Sogar im Gefängnis versuchte Boris, die alten Traditionen zu bewahren, denn er ging freudig auf Anna zu und küsste ihr zuerst die Hände und dann die Stirn. Er roch schlecht, doch als er vor ihr, der Älteren, den Kopf senkte, nahm Anna ihn in die Arme. Kaum hatte sie ihn losgelassen, erwachten die Zwillinge aus ihrem Halbschlaf und stürmten auf sie zu. In ihren Augen sah Anna Angst und sie klammerten sich an sie, wie sie sich vielleicht an eine Mutter geklammert hätten.

»Anna, werden wir sterben?«, fragte einer der zwei - unter dem Dreck konnte Anna sie noch schlechter auseinanderhalten als sonst. Anna drückte die beiden fest an sich, wollte sie nicht mehr loslassen. Sie fühlte ihre eigene Hilflosigkeit und musste die kleinen beschützen. 

»Wenn sie euch bis jetzt nicht getötet haben, warum sollten sie es noch tun? Macht nur keinen Unsinn!«, antwortete Anna und wunderte sich, wie sehr sie selbst an die Worte glaubte. Sie küsste die beiden auf die Stirn.

Alek

Als Alek erwachte, wusste er einen Moment lang nicht, wo er war. Er spürte ein unangenehmes Gefühl, sah sich um, konnte es aber nicht deuten. Als die Türe aufging und Anna hereinkam, zuckte Alek zurück. Er verdrängte die Träume, die er eben noch so gerne geträumt hatte, vollkommen, um zu sehen, dass sie die anderen begrüßte, als wären sie Familienmitglieder. Alek stand auf und ging zu ihnen. Er fühlte Wut in sich aufsteigen.

»Warum kommst du her?«, stieß er hervor. Die Zwillinge erkannten seine Wut und zogen sich zurück in ihre Ecke. »Was glaubst du?«, zischte er weiter, »werden sie dich jemals wieder herauslassen? Werden sie dich je in Ruhe lassen? Du bist so dumm! Verantwortungslos!«

Sie unterbrach sein hilfloses Geschrei mit fester Stimme: »Du hast Tag und Nacht nach mir gerufen. Ich wollte hören, was du mir zu sagen hast.«

Alek starrte sie an, ratlos. Seine Augenlider flatterten. Er warf verzweifelt die Hände in die Luft und zwang sich, nicht näher an sie heranzukommen. 

»Ja, ich habe dir etwas zu sagen. Geh zu meinen Eltern und flieh mit ihnen! Es ist so dumm, hierzubleiben. Warum bist du noch hier? Sie wissen von dir. Du hast für Mario geschrieben. Warum haben sie dich nicht schon längst verhaftet? Überleg doch mal!« 

Er ging noch zwei Schritte, um sie aus der Tür zu drängen, seine Hände lagen auf ihren Schultern, da sah er Nikolaj.

»Du! Du hast sie hergebracht! Wie dämlich kann ein Mensch nur sein! Begleite sie. Verschwindet. Um Gottes willen! Komm nie wieder hierher zurück!« Er packte Anna, sodass es weh tat. »Versprich es mir!« Verzweifelt versuchte er, gegen den Drang anzukämpfen, sie einfach festzuhalten, hier bei sich, in seinen Armen, wo sie hingehörte.

Anna

Anna begann zu weinen. So wütend, so böse blickten seine Augen, so verletzt und so hilflos, wie sie sich fühlte. 

»Alek! Ich bin es! Ich gebe nicht auf und das weißt du! Ich schreibe über das hier. Es gibt Leute, die denken so wie wir. Wir werden gehört. Alles wird gut! Das kann ich versprechen!«

»Das wirst du nicht tun! Du wirst sofort verschwinden! Du wirst meine Eltern nehmen und ins Ausland gehen. Du wirst irgendeinen Idioten heiraten und glücklich sein! Du wirst nicht mehr an das hier denken! Und jetzt verschwindet endlich!« 

Er setzte sie wortwörtlich vor die Tür. Nikolaj fing sie auf und zog sie den Gang entlang. Im Dämmerzustand ließ sie sich von ihm durch das Labyrinth führen und dankte ihm, als sie vor ihrer Wohnung stand. Natürlich meinte Alek es nicht so, wie er es sagte. Er sprach sie frei.

Sie liebte ihn so sehr, dass es ihr lächerlich vorkam, ohne ihn zu sein. Sie spürte, dass es ihr nicht reichte, einen Mann zu lieben, der nicht da war. Er hatte ihre Liebe nie verlangt, hatte niemals davon gesprochen. Aber es war von allein so gekommen, wie ihre Großmutter es bei Annas Geburt vorhergesagt hatte. Manchmal fragte sich Anna, ob Alek sie auch lieben würde, wenn es die Prophezeiung nicht gegeben hätte. Jetzt überlegte sie, ob er einfach aufhören konnte, irgendetwas für sie zu empfinden. Ob er sich tatsächlich dazu zwingen konnte? Er hatte seine Eltern erwähnt und sie fragte sich, ob das eine Bitte gewesen war: »Geh zu meinen Eltern und schau, ob es ihnen gut geht«.

Anna kannte Aleks Vater, wenn auch nur vom Sehen. Annas Familie war zu unwichtig, um Aleks Familie vorgestellt zu werden. Sie wusste von einem Treffen ihrer Väter vor über zehn Jahren, doch Annas Eltern waren lange tot.

Alek

Alek begann zu weinen, als die anderen schliefen. Er hatte sie fortgejagt. In seiner Angst um sie hatte er sie nicht einmal umarmt. Nicht einmal ihren Geruch eingeatmet, um etwas zu haben, was ihm vertraut war. Er hasste sich dafür. Über die Jahre war Anna sein wertvollster Schatz geworden, seit dem Tag ihrer Geburt, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Niemals könnte er sie vergessen. Besonders hier drin nicht, wo sich seine Gedanken nur um sie drehten. 

Sein bester Freund in der Kindheit war Annas Bruder gewesen, Massimo. Aleks älterer Bruder Mario wurde streng erzogen, doch Alek hatte eine Narrenfreiheit, die es ihm erlaubte, mit den Bauerskindern herumzutoben. Massimo war etwas älter als er, ein Jahr oder vielleicht auch zwei. So genau wusste man das bei den armen Leuten nie. Es war auch nicht wichtig, denn was zählte war allein, dass Massimo seine Mutter schreien hörte, als würde sie sterben. Die Männer untersagten ihnen, zu ihr zu gehen. Aber alles Verbotene schien Massimo magisch anzuziehen und er fand einen Weg in den kleinen Hinterraum, aus dem die schrecklichen Schreie kamen. Alek sah Blut am Boden, viel Blut, aber eigentlich war schon alles vorbei. Massimos Großmutter, die Seherin Aischa hielt ein Baby in ihren Armen und badete es. Die Gebärende war zu erschöpft und die Helferin zu abgelenkt, und so verhielten sich Massimo und Alek ganz still, sodass sie sogar in dem kleinen Raum völlig übersehen wurden.

»Was siehst du in ihr, Mutter?«, fragte Katharina müde.

Die stolze Großmutter hob das Baby aus dem Bottich mit heißem Wasser in ihre starken Arme und trocknete es an ihrer umfangreichen Brust.

»Gefahr umgibt sie. Sie ist sehr mutig. Es passt überhaupt nicht zu einem Mädchen. Nenn sie Anna.«

»Anna? Zuerst erzählst du von Mut und dann soll sie einen so gewöhnlichen Namen bekommen?«

Anna begann zu schreien. 

»Anna ist ein stolzer Name. Er hält sich schon seit Jahrhunderten.«

»Bring sie doch zum Schweigen!«, stöhnte die Mutter.

»Aber, Katharina, vielleicht muss sie uns etwas Wichtiges erzählen?«, lächelte die Großmutter aufmunternd. 

»Hör auf, Unsinn zu reden, Mutter.«

Und jetzt bemerkte die Alte, dass Alek und Massimo im Zimmer waren, still wie die Mäuse. Beeindruckt von all dem erschreckenden Blut, hatten die beiden nicht einmal Atemgeräusche hervorgebracht. 

»Um Gottes willen! Raus mit euch!«, scheuchte sie die beiden ins Hauptzimmer. Einige Minuten später folgte sie mit dem Kind in ihren Armen nach und die Männer lachten und freuten sich. Annas Vater nahm die Kleine in seine Arme und schickte seine Schwiegermutter Wein holen. Massimo und Alek blieben in seiner Nähe und beobachteten das Baby. Plötzlich bekam Massimo seine kleine Schwester in die Hand gedrückt, und weil sie schwer wurde, setzte er sich mit ihr auf den Boden. Das war Alek nur recht, denn so hatte er einen besseren Blick auf das seltsame verrunzelte Ding mit dem plattgedrückten Kopf. 

Da begann Anna zu weinen. Ratlos zuckte Massimo zurück und legte das schreiende Etwas auf den Boden. Alek hatte das Gefühl, Anna berühren zu müssen und streckte die Hand nach ihr aus. Sie sah ihn fest an. Als er ihre Wange sanft berührte, hörte sie sofort auf zu weinen. 

In diesem Moment kam die Großmutter vom Weinholen zurück und sah etwas, das außer ihr niemand sehen konnte: die Wahrheit und die Zukunft. Dann fiel sie zu Boden. Erschrocken fuhr ihr Schwiegersohn auf und legte die zitternde Frau neben Anna auf das Strohbett am Boden. Bald schlug die Alte die Augen wieder auf und sagte staunend: »Hast du das gesehen? Er wird die Kleine heiraten!« Sie zeigte auf Alek, der sie wie alle anderen auch, besorgt anstarrte. Die Erwachsenen lachten ungläubig auf und Alek blickte auf das Baby herab, das nicht daran dachte, seinen Daumen jemals wieder loszulassen und friedlich eingeschlafen war. Das erste, was er dazu sagte, war: »Bleibt das Baby immer so klein?« Damit brachte er alle zum Lachen. Anna und Alek blieben bis zum Abend auf dem Strohbett liegen, manchmal wachte sie auf und steckte seinen Daumen in den Mund. Dann musste er nach Hause gehen. Als er ging, begann Anna wieder zu weinen. 

Seit damals hatte sich seine Welt um Anna gedreht. Sie wurde größer und interessanter. Während Massimo seine Schwester bald langweilig fand, kannte Alek Annas Bedürfnisse ganz genau. Er sah zu, wie sie sich zum ersten Mal vom Rücken auf den Bauch drehte oder versuchte zu sitzen. Von klein auf hatte Anna die Gabe, alles zu beobachten und aus den Fehlern der anderen zu lernen. Sobald sie laufen konnte, nahm Alek sie mit, um mit den großen Kindern Fußball zu spielen. Alek war zehn Jahre alt, als seine Mutter der Meinung war, er verbringe zu viel Zeit mit den Bauern. Er sah seine Mutter an, und sagte ihr, dass er nicht mit den Arbeitern spielte, sondern auf seine Frau aufpasste. Seine Mutter war entsetzt, doch er war schließlich erst zehn Jahre alt, also beschloss sie, es zu ignorieren. 

Alek hörte auch auf zur Schule zu gehen, um zu erzwingen, dass Anna ebenfalls unterrichtet wurde. Als sein Vater, Stepanowitsch Selo, das erfuhr, holte er Anna und ihren Vater zu sich, und bat den verschreckten Bauern, seine Tochter zur Schule schicken zu dürfen. Wie sich bald herausstellte, war das die einzige vernünftige Lösung, denn sobald Anna lesen und schreiben konnte, las sie alles, was ihr in die Finger kam. Und als sie später herausfand, dass man nicht nur Sätze abschreiben, sondern auch selbst neu erfinden konnte, war sie nicht mehr von Stift und Papier wegzubringen. Sie schrieb so schnell, wie sie dachte, und das war gut so, denn sie hatte ungemein viel Fantasie, die ihr sonst den Verstand geraubt hätte.

Anna

An dem Tag, nach dem Gefängnisbesuch, ging Anna zu dem Haus, in dem Alek aufgewachsen war. Es war herrschaftlich hergerichtet worden, doch nun hatte man den Eindruck, es sei verlassen. Wie so oft stand Anna vor dem riesigen Doppelflügeltor, doch es waren keine Wachen mehr da, die ihr geöffnet oder ihr den Eintritt verweigert hätten. Also versuchte sie, das Tor alleine zu öffnen, was ihr nach dem zweiten Versuch gelang, denn es war tatsächlich unverschlossen. Anna ging durch den großzügig bepflanzten Vorgarten, der seit einigen Monaten nun ungepflegt sich selbst überlassen war. Sie klopfte mit einem schweren Türklopfer an die Haustür. Eine mürrische Frau öffnete einen Spalt und ließ Anna schließlich hinein. Sie sahen sich fragend an, und stellte sich vor.

»Ich bin eine Freundin von Alek.«

»Oh, willst du zu ihm?«, fragte die Frau ungehalten. »Er ist nicht da. Wenn er kommt, lassen wird dich verständigen.« Sie strich eine Strähne ihres langen, schwarzen Haares zurück, die aus ihrem dicken Zopf gerutscht war und in die Stirn hing. Ihre mit Kajal umrundeten Augen ruhten spöttisch auf Annas noch kindlichem Gesicht. 

»Ich weiß, dass er nicht hier ist. Ich war gestern bei ihm«, antwortete Anna ruhig.

»Du weißt, wo er ist?«, rief sie aus und endlich fiel die Maske von ihrem Gesicht ab. Die junge Frau, kaum älter als sie selbst, deutete Anna, sich zu setzen und zu warten, dann lief sie aufgeregt hinaus.

Anna lehnte sich in dem bequemen Sessel zurück, konnte sich aber nicht entspannen. Sie strich ihren Rock glatt, denn sie kam sich plötzlich sehr verloren und arm vor.

Nach einigen Minuten kam die Frau mit einer Greisin und einem alten, traurigen Mann zurück. Die beiden Frauen waren in bunte Saris gekleidet, und im Gesicht und in der Haltung ähnelten sie sich sehr. Anna sprang auf und senkte zur Begrüßung den Kopf.

»Du bist also Anna«, sagte die Alte mit einer festen Stimme, die Anna ihr nie zugetraut hätte. 

Nachdem sich alle gesetzt hatten, ließ sich auch Anna wieder in ihren Sessel sinken. 

»Du weißt, wo Alek ist!« Die Augen der jungen Frauen waren nach wie vor misstrauisch und hoffnungsvoll zugleich.

Anna nickte nur, um Zeit zu gewinnen. Sie hatte das Gefühl, die Alten würden zusammenbrechen, wenn sie Aleks Aufenthaltsort erwähnte. 

»Ich … «, begann sie und stockte. »Ich hörte, er sei im Gefängnis, ein Gerücht, also forschte ich nach. Ich bestach einen Soldaten und er brachte mich zu ihm.« Es war nicht ganz die Wahrheit, sie hatte Nikolaj gebeten, sie hatte selbst kein Geld. Aber die gekürzte Version musste reichen.

»Mein Gott, wirklich verhaftet!«, schluchzte die Alte auf.

»Das ist gut, Mama. Es heißt, er lebt noch!«, stieß die Junge hervor.

»Hast du ihn gesehen, Anna?«, fragte der Mann mit rauer Stimme und zwang sie, in seine Augen zu sehen. Anna nickte, und der Traurige fasste sie am Arm, damit sie weitersprach.

»Sie sind zu viert in einer Zelle. Er sagt, es geht ihm gut. Er hat Angst«, meinte Anna schließlich.

»Er wird sterben«, behauptete die Alte, auf ihre Schuhe starrend.

»Ich kann nicht noch einen Sohn verlieren«, murmelte ihr Mann. Anna sprang auf, weil sie es nicht ertrug, diesen einst so starken Mann weinen zu sehen, und sie fand von selbst die richtigen Worte.

»Er wird nicht sterben! Sie trauen sich nicht, ihn zu töten! Niemand wird ihn vergessen!«

Der Alte begann zu beten, und lautstark über sein Schicksal zu jammern. Die junge Frau, Aleks Schwester, die bis jetzt stumm geweint hatte, fasste sich wieder und führte ihren Vater hinaus. Anna starrte auf ihre Füße. So viel Verzweiflung in einem Haus.

»Du bist also Anna«, wiederholte Aleks Mutter ihre ersten Worte. Sie deutete auf den Sessel und Anna ließ sich nochmals darauf sinken.

»Alek hat so oft von dir gesprochen, in all seinen Geschichten warst du die Hauptattraktion. Deine Großmutter … sie hat mir vorausgesagt, dass ich einen Sohn gebären werde und stolz auf ihn sein müsste, aber ich würde mich andauernd über ihn ärgern. Außerdem würde er eines Tages eine Bäuerin heiraten. Ich machte mir daraufhin keine Sorgen mehr um die Geburt. Ich war schon alt, als ich mit Alek schwanger war. Deine Großmutter wusste mehr, als gut für einen Menschen ist. Sie würde später ja auch für wahnsinnig erklärt und eingesperrt. Deine Großmutter und verrückt! Stell dir das doch einmal vor! Als Alek zum ersten Mal sagte, dass er dich heiratet, war ich schon gar nicht mehr überrascht. Er war erst zehn damals und ich nahm ihn nicht sofort ernst. Und natürlich wird alles wahr werden.« Die Alte lächelte bei der Vorstellung und erinnerte sich an ihre Söhne, an eine Zeit, als diese noch Kinder waren. 

»Mein Sohn Mario hatte nur einen Traum. Er hatte kein schönes Leben, zu viele Kämpfe. Zu viele Kleinigkeiten im Weg. Er wünschte sich ein besseres Leben für alle, vor allem für Alek. Das ist nicht in Erfüllung gegangen. Sobald Mario dich zum ersten Mal gesehen hat, hattest du ihn verzaubert. Er wusste, dass du Alek heiraten würdest. Und er wünschte sich niemals Glück für sich selbst. Immer nur für die anderen. Alek und du, ihr habt ihn oft glücklich gemacht. Ihr seid die Zukunft.« Die alte Frau sah Anna mit ihren klaren, weisen Augen an und sprach eindringlicher weiter.

»Deshalb will ich, dass du kämpfst, Anna. Wünsch dir eine bessere Zukunft mit Alek und tu alles, was dafür nötig ist. Hilf ihm. Du weißt, was du zu tun hast. Tu es endlich.«

 

Das war der Anstoß, den Anna gebraucht hatte. Alek hatte sie weggeschickt? Nun, egal. Sie würde bleiben und kämpfen. Sie schrieb, ohne ihren Gedanken einmal eine Pause zu gönnen. Sie traf sich mit Nikolai und den anderen an den geheimen Treffpunkten, die sie bis jetzt feige gemieden hatte. Doch nun hatte sie etwas zu sagen. Sie gewann an Selbstvertrauen und viele respektierten sie. Sie wurde bewundert für ihre Worte und ihren Mut. In der Tat: Diese ewig misstrauischen, immer freundlichen und hundertmal gekränkten und enttäuschten Personen lernten, Anna zu vertrauen. Sie war all den anderen so unähnlich, den nach Freiheit strebenden Männern. Sie ging die ganze Sache neu an, sie war sanfter und kompromissloser zugleich. Ohne viel Aufheben darum zu machen, verschenkte sie alle ihre Möbel, lebte in ihren nackten vier Wänden und arbeitete sich in wenigen Wochen die Leiter der geheimen Hierarchie empor.

Nur drei Wochen nach Annas Besuch starb Aleks Vater, Stepanowitsch Selo, alt und krank, ohne Hoffnung auf eine Zukunft seiner Familie, in den Armen seiner Tochter Lin.

Alek

Aleksej Selo spürte, wie der Tod immer näher kam. Die körperliche Arbeit, die alle Gefangenen ab etwa 14 Jahren verrichten mussten, war sehr schwer. Da der Regierung so viele kostenlose Arbeiter zur Verfügung standen, sparte sie an Maschinen. Aleks Arbeitstag begann kurz vor Sonnenaufgang und endete, wenn er seine eigenen Finger in der Dunkelheit nicht mehr erkennen konnte. Er durfte Mittagspause machen, in der er eine Schüssel Reis und ein bisschen Wasser bekam. Sobald er die Augen zumachte, nickte er ein. In seinen kraftlosen Träumen erschien Anna nicht mehr, er schlief zu tief. Er hatte aufgehört zu träumen. Anna schwebte deutlicher als je zuvor durch seine Gedanken, und Alek hatte genug Zeit zum Essen und Schlafen, aber nicht zum Träumen.

Wenn die Soldaten schlecht drauf waren, schlugen sie auf Alek ein. Sie benutzten die bloßen Hände oder ihre Waffen, doch das war nicht das Schlimmste.

Alle paar Stunden - ganz egal, ob es Nacht oder Tag war - wurde Alek in das erste Zimmer gebracht. In dieser Halle wurden alle Gefangenen zuerst abgeliefert. Ihr Name wurde auf eine Liste geschrieben und sie selbst auf Zellen verteilt. Alek musste oft in diesen Raum, da viele seiner Anhänger ihre echten Namen nicht preisgeben wollten, um ihre Familien zu schützen. 

Wenn Alek die Namen nicht wusste, oder auch nicht verraten wollte, peitschten sie ihn aus. Wenn Blut über seinen Rücken rannte und er vor Schmerzen aufschrie, waren seine Anhänger so weit eingeschüchtert, dass sie ihre Namen nannten. Wenn sie noch immer schwiegen, wurde Alek gefoltert, bis er ohnmächtig wurde. Dann wurde er festgebunden und mit kaltem Wasser wieder aufgeweckt. Man verabreichte ihm Mittel, damit sich sein Körper schneller erholte und sie ihn zum selben Zweck verwenden konnten. Nach ein paar Stunden Ruhe brachten sie ihn zurück zur Arbeit. Die Medikamente hatten die Wirkung, dass er sich körperlich gut fühlte, und gar nicht bemerkte, dass er blutete. 

Nicolai, Annas Freund und Beschützer, wurde am Mittwoch, den 25. Oktober 1916 verhaftet, die Bürokratie war zu der Zeit schon wieder hergestellt und alles ist noch heute überprüfbar. Blöderweise hatte Nicolai Flugblätter bei sich. Er wurde - niemand glaubt an einen Zufall - zu Alek in die Zelle gesteckt.

Anna

Nach langer Verlobungszeit heiratete Aleks Schwester Lin Selo schließlich Sergej Ivan Alexis. Er wurde als Marios engster Freund und Berater sehr streng von der Regierung überwacht. Anhand von einigen gefälschten Urkunden konnte er beweisen, dass nicht nur Marios Erben, sondern auch alle seine intimsten Mitarbeiter tot waren. Nachdem er anscheinend zu niemandem Kontakt hatte, wurde es besser für ihn und es gelang ihm, eine Stelle bei der neuen Regierung finden. Einen kleinen, nichtssagenden Posten, bei der er keinen seiner früheren Freunden zu Tode verurteilen musste. Sergej kämpfte still gegen die Regierung an. Wenn Anna ihre Reden hielt, war er immer anwesend. Bald verband die beiden eine tiefe Freundschaft, und er blieb stets in Annas Nähe. Übrigens tat er, was er konnte, um seinem Schwager ein besseres Leben im Gefängnis zu ermöglich. Das war natürlich nicht viel, aber durch verbündete Soldaten wurde die medizinische Versorgung wirkungsvoller.

Etwa ein Jahr nachdem Alek verhaftet wurde erwachte Anna mit einem Gefühl, dass sie nicht deuten konnte. Sie dachte nicht weiter darüber nach und ging los, um die Flugblätter noch einmal zu überprüfen, bevor sie vervielfältigt wurden. Das Gasthaus war eines der ältesten Gebäude des Landes. Der Besitzer ließ das Haus immer wieder erneuern, ausbessern, Räume dazubauen, sperrte den Betrieb aber während der ständigen Bauarbeiten nie zu. Manchmal trieben sich zwielichtige Leute dort herum, doch Anna hatte sich daran gewöhnt, öfter selbst als dunkle Gestalt gemieden zu werden. Sie ging den Weg des Widerstands und freundete sich nur langsam damit an, für einige Heldin und für manche Feindin zu sein. Wer mit ihr in Kontakt stand, war in Gefahr. Anna wusste das, deshalb vermied sie jedes Gespräch. Doch die Leute kamen auf sie zu, wenn sie Informationen wollten oder Hilfe brauchten. Anna tat das Riskanteste überhaupt.

Anna redete.

Ihr war ganz schlecht vor bösen Vorahnungen, doch sie sprach weiter. Sie sah die Hoffnung in den Gesichtern, die sie daran erinnerten, warum sie hier war. 

Soldaten umstellten das Gasthaus und fanden den Weg in den Keller viel zu schnell. Bevor irgendjemand reagieren konnte, hatten sie die Besitzer erschossen. Sie verbrannten das Haus und machten den mutlosen Leuten wieder einmal klar, dass sie einer Diktatur unterworfen waren. Die Rauchwolke, die sich bildete, war eine Warnung an alle. Doch einige Nachbarn waren wütend genug, um zu versuchen, das Feuer zu löschen. Aus allen Stadtteilen kamen die Leute zusammengelaufen, die trotz ihrer Angst dem ältesten Gasthaus des Landes Tribut zollten. Die Soldaten drängten die Neugierigen zurück und nahmen diejenigen fest, die sich im Gebäude befanden. Sie wurden aufgereiht, draußen auf der Straße. Nachdem alles verbrannt und zerstört war, begannen die Verrückten, die Leute zu erschießen, gegen die es keine Haftbefehle gab. Nur dreiundzwanzig Rebellen überlebten, alle wurden ins Gefängnis gebraucht, und viele starben dort aus Hoffnungslosigkeit, ein bekannter Nebeneffekt von Folter.

 

Sie prügelten Anna in ein altes Auto, das schließlich unter furchtbarem Getöse losfuhr. Anna sah, dass sie ins Gefängnis gebracht wurde, und bekam Panik. Kaum stand das Auto still, wurde sie aus dem Wagen gezerrt. In ihrem Körper kroch die Angst hoch. Sie wurde in einen kleinen Raum geschleppt, in dem ein oberer Offizier an einem Schreibtisch saß. Der Obere war alt. Er blickte Anna mit den Augen eines Irren an. Er hatte einen grauen Dreitagebart, gut gepflegtes, weißes Haar und eine Narbe über dem rechten Auge, die noch frisch aussah. Für eine Sekunde war Anna sich sicher, ihn zu kennen, doch sie wusste nicht, woher. Vier Soldaten, die außer ihm noch in dem Raum waren, schlugen auf Anna ein, bis sie blutete und ihre Kleider in Fetzen an ihrem Körper hingen. Als sie schließlich von ihr abließen, sank sie am Boden zusammen und versuchte ihre Nacktheit zu verstecken. 

»Sag uns Namen«, zischte der Obere.

»Gib mir Kleider«, sagte Anna und starrte weiter auf den Boden vor sich.

»Falsche Antwort«, murmelte der Obere und gab ein Handzeichen. Er drehte sich um und überließ Anna wieder den Sodaten. Sie schrie auf und schlug zurück so fest sie konnte, doch es half nichts. Der Obere verbrannte Annas Bauch mit einer Zigarette. Endlich wurde sie ohnmächtig.

 

Als sie erwachte, befand sie sich noch immer in dem kleinen Zimmer. 

»Fällt dir jetzt etwas ein?«, fragte der Obere.

Sie schloss die Augen für eine halbe Sekunde. Ein Soldat schlug ihr mit seinem Gewehr über den Kopf und sie verlor erneut das Bewusstsein.

Alek

Alek wurde diesmal sofort an die Wand gebunden. Ein Gefangener nach dem anderen wurde an ihm vorbei geführt. Er war so schwach, dass er keine Schmerzen mehr spürte und seinen Kopf kaum noch heben konnte. So viele an einem Tag. Hätte er noch klar denken können, wäre er von Angst erfasst worden. 

Anna.

Er spürte ihre Gegenwart mehr, als das er sie sah. Seine Anna. Direkt vor ihm. Kein Traum. Er versuchte, sich zu bewegen. 

»Du kennst sie also«, stellte der Soldat fest und kam ein paar Schritte näher, Anna mit sich schleppend.

»Wieso? Ist sie dein Mädchen?«, fragte der Soldat weiter. Er presste sich an Annas Körper und fuhr ihr über ihre Brüste. »Auf jeden Fall ist sie mein Mädchen.« Er grinste. Alek begann, um sich zu schlagen. Seine Hände und Beine waren an die Wand gekettet und er tat sich selbst dabei mehr weh, als er wollte. Er fing an zu schreien, sodass der Soldat wieder einen Schritt zurückging und Verstärkung angerannt kam.

»Wir werden sie teilen. Keine Angst«, lachte der Soldat und schleppte Anna mit sich.

Über dieses Buch

Diese Geschichte wurde unter dem Titel "Anna & Alek" 2008 schon einmal veröffentlicht.

 

Dieser Teil der Geschichte ist ein Überbleibsel aus einer viel längeren Geschichte, die vielleicht auch noch veröffentlicht und weitererzählt wird.

 

Geschrieben wurde "Anna & Alek" im Jahr 2007, die Rechte zurück bekam ich 2013, und jetzt versuche ich, eine gute Geschichte daraus zu machen.

 

Wer Fehler - egal welcher Art - findet, schreibt bitte ein E-Mail an patricia.lmk@hotmail.com oder kontaktiert mich über Facebook https://www.facebook.com/pages/Patricia-Radda/164840133597165?ref=bookmarks

 

oder direkt über Bookrix.de --> trisha.books

Über die Autorin

Patricia Radda wurde 1989 in Niederösterreich geboren.

Sobald sie schreiben konnte, versuchte sie eigene Geschichten zu erfinden.

Ab ihrem achten Lebensjahr beschäftigte sie sich hauptsächlich mit dem Verfassen von Lyrik, 2001 schrieb sie ihren ersten Roman, den sie heute natürlich nicht mehr herzeigen würde.

Gedichte und Kurzgeschichten wurden in einigen Anthologien veröffentlicht.

 

2011 erschien im Renate-Götz-Verlag ihr Roman "überbrücken".

 

Kurzgeschichten und Gedichtsammlungen sind als EBooks über bookrix.de erhältlich.

 

Zurzeit arbeitet sie an ihrem nächsten Roman "Selbstmordtheorie einer kindischen Verrückten".

Neuigkeiten auf: www.patriciaradda.wg.amoder: www.weissesblatt.wordpress.com

 

Patricia Radda lebt derzeit in Graz und studiert Deutsch und Geschichte.

Impressum

Texte: Patricia Radda
Tag der Veröffentlichung: 29.09.2014

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /