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Von anfänglicher Naivität über Angst und Schrecken gelangte die Bevölkerung von Hantikor allmählich in einen Zustand apathischer Unbekümmertheit. Die Fremden und ihre Absichten lagen weit außerhalb der Erfahrungen eines Ketari. Und wie fügt sich etwas Unbekanntes besser in das eigene Weltbild, als wenn man es ignoriert.

Am Tag des ersten Kontakts lag der Landeplatz der Achaten in einer dicht besiedelten Gegend Hantikors. Am selben Abend hätte sich das Lager der Aggressoren ebenso in den Weiten der Uhube-Ebene befinden können, denn die Anwohner waren allesamt verschwunden. Verwandte und Freunde bekamen an diesem Tag überraschenden Besuch. Kleine Familienfeiern und freudige Diskussionen über Arbeit, Literatur oder andere Belanglosigkeiten schienen das bewährteste Mittel gegen die unerwartete Konfrontation mit Gewalt und Tod.
Natürlich würde man sich um dieses Problem kümmern müssen, doch niemand schien einen plausiblen Lösungsansatz bieten zu können.


Der Kurator


Bondise, der Kurator von Hantikor hatte also allen Grund zur Sorge und ihm war es auch nicht vergönnt sich in Ignoranz zu flüchten. 137 Ketari waren an einem einzigen Tag einen gewaltsamen Tod gestorben. Mehr als im vergangenen Jahrhundert zusammen, ja seit seiner gesamten Amtszeit als Kurator hatte er bisher nur 2 Unfallopfer zu beklagen. Für 97 Jahre war das kein schlechter Schnitt. Kurator Bondise war Jofaide.

Kuratoren waren immer Jofaiden und hatten dieses Amt nicht selten für mehrere Jahrhunderte inne. Wie lang die Lebenserwartung eines Jofaiden genau war, wusste niemand hundertprozentig, doch da die Lebensspannen der Husru und Menschen bei weitem kürzer ausfielen, betrachteten sie die Jofaiden als kontinuierliche Selbstverständlichkeit.
Bondise schritt mit schweren Beinen auf den Balkon seines Büros. Egal ob Lieferengpässe oder Lawinenabgänge, er hatte das drohende Unheil meist im Voraus erkannt und abgewendet. Meistens ergab sich etwas, die Dinge fügten sich zu seinen Gunsten. An Glück zu Glauben wäre gegen sein auf- und abgeklärtes Wesen, doch es schien ihn verlassen zu haben. Er späte vom Verwaltungsgebäude des Kurators über die Stadt, als könne er mit bloßem Auge das Lager der Eindringlinge ausmachen. Doch in der trüben Abenddämmerung – typisch für diese Jahreszeit auf Ketar – sah er nur einen langsam dunkler werdenden Lichterteppich. Was sollte er tun um Hantikor zu schützen. Schließlich war es seine Aufgabe sich um das Wohlergehen der Einwohner zu kümmern. Hinter sich vernahm er die Bemühungen seiner Sekretäre und Abgeordneten. Auch sie würden bei ihren Anstrengungen keinen Ausweg finden. Wie auch? Man besaß auf Ketar seit mehreren Jahrhunderten keine Waffen mehr. Er glaubte sich zu erinnern, dass die Jofaiden den Menschen und Husru das Jagen abgewöhnt hatten. Sie hatten ihnen die Vorzüge der Landwirtschaft und synthetischen Nahrungserzeugung nahegelegt. Eine der Harmonie des Planeten wesentlich dienlichere Lebensweise. Und nun war diese Harmonie gestört und ein epochales Ungleichgewicht schien sich anzukündigen. Es schien ihm in seiner düsteren Vorahnung als würde Hantikor von seinen Bewohnern verlassen und aufgegeben. Durch seine schwarzen Augen konnte er förmlich die Flüchtlingswelle Richtung Osten sehen, wie sie ins Tal hinabrollt, sich an der Sternennadel teilt, um dahinter in die Ebene zu branden... Die Sternennadel! Dort waren unzählige Wissenschaftler damit beschäftigt, die Ergebnisse der Inidium-Mission und der Mond-Beobachtung auszuwerten. Dort waren alle versammelt, die für diese Situation in irgendeiner Form die nötige Kompetenz besaßen. Dort wurden damals mögliche Szenarien im Umgang mit der Nachbarbevölkerung auf dem Mond entworfen und der Beschluss diese sich in Ruhe entwickeln zulassen, wurde maßgebend von jenen Wissenschaftlern initiiert. Dort könnte man das gemeinsame Vorgehen koordinieren und vielleicht sogar eine baldige Lösung dieser Krise herbeiführen. Bondise gefiel die Idee eines Krisenstabs und seine Hoffnung der Aufgabe eines Kurators in dieser außergewöhnlichen Situation gerecht zu werden, schien ihm neue Kraft zu verleihen. Zum Glück wusste er nicht, dass die Invasoren sich wieder in Bewegung gesetzt hatten, denn das wäre ein all zu tragischer Dämpfer für seine Stimmung gewesen. Sein Schritt war deshalb nun wieder leicht und beschwingt, als er zu seinem Gleiter ging. In dem Moment, als er abhob und seinen Gleiter zur Sternennadel steuerte, hörte er die düstere Nachricht im telepathischen Netzwerk und war froh, dass er sich nicht mehr setzen musste und der Gleiter den Weg alleine fand.


Die Husru


Ben ist ein Husru und schockierter Praktikant. Obwohl er hier am Observatorium erst seit 4 Monaten arbeitet, machte er sich für die schrecklichen Ereignisse mit verantwortlich. Wie konnte er das alles nur übersehen haben, die Weltraumfähigkeit der Achaten, ihre tödlichen Absichten, die Gefahr für Ketar. Es war alles seine Schuld, denn wäre es etwa nicht seine Aufgabe gewesen diese Sachverhalte zu observieren und frühzeitig zu erkennen? Toller Praktikant. Toller Husru. Seine Spezies war letztendlich das Aushängeschild für Innovation, Anpassungsfähigkeit und pragmatischer Auffassungsgabe. Aber das war ihnen entgangen. In ihrer Evolution von ihren amphibischen Vorfahren hin zur intelligenten, landlebenden Spezies hätten solche Unachtsamkeiten ihnen schnell das Überleben kosten können. Umgangssprachlich Ichthyo Sapiens genannt verstehen sich die Husru doch eher als wahre Amphibien. Sie leben beide Leben gleichzeitig. Wasser und Land sind für sie nichts separates, sondern symbiotische Bestandteile ihres Wesens. Ihre Anpassungsfähigkeit zeigt sich in einer evolutionären Entwicklung eines biomechanischen Respirationsystems, welches das Austrocknen ihrer Kiemenblättchen an der Luft verhindert. Um dies zu bewerkstelligen zirkuliert ein Wasserkreislauf durch ihren Körper, der mit Hilfe Ventilation, also einer Form der Lungenatmung, mit frischem Sauerstoff angereichert wird. Diese Verfahrensweise ist beispielhaft für alle Entwicklungen, die auf die Husru zurückgehen. Integrieren statt losgelöster Ansätze. So prägten die Husru auch entscheidend die Wahrnehmung und das Erscheinungsbild aller Ketari, ihrer Technik, Kultur und Umwelt. Physiologisch unterscheiden sie sich kaum von den Menschen und die einzige Gemeinsamkeit mit den Jofaiden sind ihre schwarzen Augen. Ihre bläuliche schimmernde Haut und phylogenetische Merkmale ihrer Atmung am Hals sind die auffälligsten Attribute. Nicht ganz so sichtbar ist ihre emotionale Hochsensibilität. Man könnte sie als zart besaitet bezeichnen, wenn dies auch keine negative Eigenschaft ist. Zum einen waren sie dadurch empfänglicher für die telepathische Anleitung der Jofaiden und zum anderen das sensible Bindeglied der Gesellschaft. Dieser Brückenschlag zwischen den stummen Jofaiden und den mitteilungsbedürftigen Menschen erwies sich vermutlich nicht nur in den Tagen vor der allgemeinen Kommunikation durch Telepathie als nützlich und wird auch noch in naher Zukunft das ambivalente Schicksal von Ketar maßgeblich beeinflussen.

Während Ben noch mit seinem Schock kämpfte und darüber nachdachte, wo er sich einen neuen Job suchen könnte – denn diesen war er mit Sicherheit los – musste sich Osande ein paar Fragen aus dem Büro des Kurators anhören, die Bens Überlegungen ähnelten. Osande war aber tatsächlich mit dieser Aufgabe betraut, deren Versäumnis sich Ben ungerechtfertigter Weise selbst anlastete.

"Bis zu diesem Tag waren keine Aktivitäten erkennbar, die einen bevorstehenden Weltraumflug hätten auch nur erahnen lassen. Es gab keine großen Baustellen, keine Abschussrampen, keine Testflüge oder Raketenstarts, ja noch nicht einmal Satelliten oder ein eigenes Observatorium. Es hat nicht einmal ein einziges Lebewesen nach oben gesehen.“

Die letzte Bemerkung war eine Übertreibung, aber auch diese war durch den allgemeinen Schock entschuldbar. Natürlich war die Beobachtung des Mondes nicht mehr oberste Priorität der Ketari. Die Zeiten, als man den Mond mit Kameras und Teleskopen kartiert hatte, waren lange vorbei. Man hatte eine ziemlich genaue Vorstellung der Infrastruktur, der vorhandenen Technologie und Topologie. Danach war die Beobachtung von einer Auflösung von unter einem Meter auf ca. 200 Meter zurückgefahren worden, denn sonst wären weit mehr als nur ein Praktikant notwendig gewesen.

"Können sie wenigsten im Nachhinein feststellen, von wo aus sie gestartet sind?“

"Wir haben ihre Flugbahn zurückverfolgt, aber da ist nichts, zumal sie ihren Kurs geändert haben könnten, nachdem sie gestartet sind – und nein, die Oberflächenscans haben noch keine Abschussrampe oder weitere Raumschiffe gefunden.“

"Letzteres ist zwar nur ein schwacher Trost, aber hätten wir ihnen denn irgendetwas entgegenzusetzen, wenn noch mehr unterwegs wären?“

"Ja.“ Ben hatte die Unterhaltung verfolgt und mischte sich nun ein. „Wir haben das Traktionsfeld des Meteoritenwarnsystems.“

Der Sekretär des Kurators blickte neugierig in Bens Richtung. "Und?"

"Und das ist momentan auch unsere einzige Waffe, mit der wir gegen sie vorgehen können. Im Augenblick steht uns nichts anderes zur Verfügung als das Sattelitensystem der Traktionsfelder."

"Sie meinen als Waffe gegen eine eventuelle Nachhut?"

"Ich glaube mein junger Praktikant meint damit auch eine Möglichkeit um gegen den bereits eingetroffenen Invasionstrupp vor zu gehen." Osande bedachte Ben mit einem anerkennenden Blinzeln.

Honta und Ben hatten schon unzählige, ähnliche - allerdings fiktive - Situationen in ihrer Kindheit durchgespielt. Unter den freundlichen Besuchern fremder Galaxien, kamen ab und zu auch die weniger charmanten Okkupatoren. Natürlich wurden diese jedes Mal zurückgeschlagen, manchmal mit mehr Glück als Verstand, aber meistens durch großartige Pläne der beiden Protagonisten. Und selbstredend hatten sie im Verlauf ihrer epischen Glanztaten nicht gerade wenige Waffen erdacht, mit denen die Eindringlinge in ihre Schranken bzw. eigene Galaxie gewiesen wurden. Nicht selten wurden aber die Traktionsfelder des Meteoritenwarnsystems - von den beiden Freunden bevorzugt Kraftfelder genannt - ins Feld geführt, um den Angreifer abzuwehren oder gar gefangen zu nehmen.
Die Einzelheiten würde er dem Sekretär des Kurators ersparen.

"Die Traktionsfelder lassen sich beliebig im Raum positionieren und sogar bewegen. Die Automatik lässt die Meteoriten normalerweise einfach seitlich abprallen, aber manchmal legen wir ein Feld wie einen Handschuh um einen Meteoriten. Wir schieben ihn dann eher zur Seite statt ihn abprallen zu lassen, wenn nämlich die Gefahr besteht, dass der Meteorit zerbricht und somit noch unberechenbarer wird."

"Und wie soll uns das hier in Hantikor helfen? Wollen sie die Invasoren wieder auf ihren Mond schubsen?"

Osandes Augen lächelten. "Verehrter Sekretär, es bietet sich uns viel mehr eine Gelegenheit die Aggressoren zu isolieren, wenn nötig einzusperren, damit wir in diplomatische Bemühungen anstreben können, ohne Ketari zu gefährden."

Allmählich schien der Sekretär zu begreifen, als er die Nachricht erhielt, dass sich die Eindringlinge in Bewegung gesetzt hatten.

"Wie lange, bis das Sattelitensystem, auf die von ihnen vorgeschlagene Weise, zum Einsatz kommen kann?"

"Wir müssen lediglich ein paar Satteliten neu ausrichten. Vielleicht eine halbe Stunde."

"Tun sie das. Ich muss den Kurator benachrichtigen."

Osande wollte den Sekretär noch darauf hinweisen, dass die Traktionsfelder nur im freien funktionieren, aber dieser hatte bereits die Verbindung unterbrochen.

Auch dass man die Kraftfelder auf noch wesentlich fatalere Weise einsetzen könnte, wollte Ben gegenüber dem Sekretär des Kurators lieber nicht erwähnen. Es war schon immer seine Waffe der Wahl gewesen, wenn sie früher in ihren Tagträumen schwelgten. Hontas Favorit wäre auch eine Option gewesen, doch glaubte Ben nicht, dass sie in der Realität wirklich eine Alternative wäre. Außerdem nutzte Bens Variante die gegebenen Ressourcen und war wesentlich weniger aufwendig. Doch er sollte sich in Bezug auf die Realität täuschen.


Der Tempel der Jofaiden


Vom Lager Achaten bis zu ihrem eigentlichen Ziel brauchten sie knapp 20 Minuten. Mit Einbruch der Dunkelheit waren sie aufgebrochen. Sie bewegten sich schnell und wussten anscheinend, wohin ihr Weg sie führte. Aus ihrer Sicht war die Stadt wie ausgestorben. Sie hatten mit ein wenig mehr Widerstand gerechnet. Trotzdem beeilten sie sich jetzt, denn je mehr Zeit verging, desto mehr Gelegenheit bot sich den Ketari den Schock zu überwinden und Gegenmaßnahmen zu organisieren. In einer Seitenstraße wähnte sich ein frisch verliebtes Husru-Paar in Sicherheit. Sie schlenderten in einiger Entfernung zum Landeplatz eine ruhige Gasse entlang, als sie an der nächsten Kreuzung 20 oder 30 Schemen vorbeihuschen sahen. Wer hätte denn auch erwartet, dass sich die Fremden wieder in Bewegung setzen würden, nachdem sie sich es an ihrem Landeplatz so gemütlich gemacht hatten. Sie kamen mit einem Schrecken davon, und der Freund des jungen Husru-Mädchens konnte sie gerade noch beruhigen, bevor sie einen panischen Anfall bekam, der die Aufmerksamkeit auf sie gelenkt hätte. Sie entfernten sich so schnell wie möglich in die entgegengesetzte Richtung in welcher die Achaten verschwunden waren, weg vom zentralen Heiligtum der Jofaiden.

Beinahe alle Achaten waren an ihrem Ziel angekommen - alle, bis auf die Lagerwache. Sie standen am Fuß einer Steilwand. Hätten sie den Blick gehoben, entlang der Gesteinsformation bis in ca. 100 Meter Höhe und weiter hinauf an der aufstrebenden Fassade des Büros des Kurators, hätte sie ihn noch davon fliegen gesehen. Doch sie waren anderweitig abgelenkt. Ein kreisrunder Torbogen mit 50 Meter Durchmesser öffnete ihnen den Blick in den Berg. Der Torbogen verschwand im unteren Achtel im Boden und wurde von zwei unterschiedlich geformten Säulen flankiert. Rechts die Säule des Lebens, links die Säule des Todes, Licht und Dunkelheit, Wissen und Ignoranz, Freude und Leid, Frieden und Krieg - Die ewigen, sich bedingenden Gegensätze. Rechts war die kunstvoll verzierte Säule organisch und doch symmetrisch, gewachsen und geformt, schön und einfach, atemberaubend und komplex. Die linke Säule war ebenso kunstvoll gestaltet, doch verwachsen, ohne System, gegen sich selbst gerichtet und dunkel. Als mahnende Wächter blickten sie nun auf die Achaten und legten ihnen nahe sich ihrer Sterblichkeit, ihres Unwissens und dem resultierenden Leid bewusst zu werden, doch diese lösten sich aus ihrer ehrfürchtigen Starre und betraten die monumentale Vorhalle des Tempels. An der Wand entlang mit Blick in die Mitte der runden Halle blickten aus dem Stein geschlagene Abbilder der Jofaiden. Mit imposanten 15 Metern Höhe wirkten sie auf den Beobachter titanenhaft und alle 60 blickten auf ein sphärenartiges Denkmal in der Mitte. Eine Kugel aus der ein Segment herausgeschnitten war, sodass sie den Blick auf ihr Inneres frei gab. Die Kugel war vielleicht 3 Meter im Durchmesser und leuchte in grünem metallischen Glanz. Damit der Betrachter von oben hineinschauen konnte, lag sie in einer Vertiefung. Eine geheimnisvolle Stadt in Miniatur mit Türmen und Tempeln, Straßen und Flüssen, Pflanzen und Bäumen. Beinahe erwartet man schon kleine Lebewesen in dieser Modellstadt zu sehen, aber natürlich spiegelte dieses Denkmal nur die Vergangenheit wieder. Vor langer Zeit war dies vielleicht eine der ersten Städte der Jofaiden oder sogar ihre ursprüngliche Heimat, vielleicht warnten die 60 Wächter mit ausgestreckten Armen aber auch vor ihrem Schicksal. Heute wissen nur die Wenigsten um die waren Hintergründe der in Stein und Metall verewigten Szene und die Achaten interessierte sie auch nicht, schließlich war es ja nur die Vorhalle.
Gegenüber dem Torbogen lag eine wesentlich kleinere Öffnung, tiefer hinein in den Berg. Diese Öffnung war verschlossen und Zutritt erhielten nur die geistigen Führer der Jofaiden, davon gab es nur eine Hand voll. Sie wurden Priester genannt, hatten aber keine zeremonielle Funktion (wie gesagt, die Jofaiden kennen keine Hierarchie), sondern galten als Berater und moralische Wächter der ketarischen Zivilasation. Die Achaten waren offensichtlich keine jofaidischen Priester, wollten aber trotzdem hinein.


Die Traktionsfelder


Ben ist ein Husru und erschöpfter Praktikant. Sie brauchten zwei Stunden um Sicherheitsprotokolle umzuschreiben, die Software zu modifizieren und Tests in der Uhube-Ebene vor den Toren der Stadt durchzuführen, bis es ihnen gelang ein Feld nach ihrem Wunsch aufrecht zu erhalten, das an Ort und Stelle blieb ohne abzudriften und stabil genug für ihre Zwecke war, nämlich als Käfig. Der Kurator rief sie im 10-Minutentakt und endlich konnten sie ihm sagen, dass sie bereit waren.

"Drei Objekte befinden sich noch im Lager. Der Rest ist im Tempel unterhalb des Kuratorengebäudes. Können wir beide Gruppen unmittelbar festsetzen?"

Die Frage war eher eine Aufforderung, aber bei Ben überschlugen sich die Gedanken.

"Machen die eine Besichtigungstour durch Hantikor?"

Osande bedachte den Kurator mit einem entschuldigenden Blick für seinen jungen Praktikanten.

"Wie ich bereits ihrem Sekretär versuchte zu erklären: Wir können die Traktionsfelder nur im offenen Gelände erzeugen."

"Dann sperren wir sie eben im Tempel ein", sagte Ben und erntete von seinem Mentor wieder einen dieser Blicke. Dieser wandte sich wieder dem Kurator zu.

"Außerdem verfügen wir momentan nur über Kapazitäten, die uns erlauben ein einzelnes Feld über längere Zeit aufrecht zu erhalten."

"Wie lange brauchen sie um mehrere Kraftfelder zu erzeugen?"

"Wir müssten die Laufbahn der restlichen Satteliten erst umprogrammieren, was wesentlich aufwendiger ist", beschied ihm Ben. "Bisher haben wir nur ein paar davon neu ausgerichtet und selbst das hat uns mehrere Stunden gekostet."

"Ich verstehe. Dann fällt die Option "Im Tempel einsperren" auf jeden Fall aus, denn dieser besitzt viele Ein- und Ausgänge, verbunden mit einem Höhlensystem, das nicht einmal vollständig kartographiert ist." Mit diesen Worten legte der Kurator seine Stirn in Falten und schien über ein paar unangenehme Konsequenzen gestolpert zu sein.

Man entschied, die Lagerwache gefangen zu nehmen. Zwar gab es keine Alternative, doch das Kraftfeld auf eine überschaubare Gruppe anzuwenden und den einzigen Fluchtweg abzuschneiden, schien die pragmatischste Lösung zu sein. Wie jedoch mit den Gefangenen verfahren werden sollte, wusste niemand so richtig. "Es wird sich etwas ergeben", dachte Bondise, es ergab sich doch sonst auch immer etwas. Taktische Überlegungen, militärische Planung oder katastrophenbedingte Konsequenzanalyse waren einfach keine gängigen Tugenden auf Ketar. Ganz anders als auf dem Achat.

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Tag der Veröffentlichung: 22.12.2009

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