„
U
nverbesserlich“ flüsterte ich, als ich den wunderschönen Tonkrug wieder in die Kiste legte und auf den Tisch stellte.
Ich kann es immer noch nicht so richtig fassen. Nie hätte ich mit so etwas gerechnet, vor allen dingen nicht zu diesem Zeitpunkt und beim ersten Versuch.
Etwas schlapp lasse ich mich aufs Sofa fallen und ziehe die Beine an. Tag träumend starre ich die Kiste an und kaue an den Fingernägeln.
Als ich zu dem Vorstellungsgespräch bei einem Verlag letzten Monat gegangen bin habe ich zwar mit einer Absage gerechnet, nachdem ich realisiert hatte, das der ganze Raum voller Anzugtragenden Menschen ist, die allesamt empfohlen wurden sind um gerade diesen Job zu bekommen, habe ich gedacht das ich direkt wieder gehen kann weil ich keine Chance habe, aber in diesem Fall habe ich mich nicht richtig eingeschätzt.
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Als ich aufgerufen wurde und den Raum betrat um mich meinen vermeintlich baldigen Vorgesetzten vorzustellen habe ich mit ein Paar Männern und Frauen mittleren Alters gerechnet, aber diese Rechnung ist meiner Meinung nach -Gott sei dank, nicht so richtig aufgegangen. Zumindest waren nicht alle Leute in diesem Raum älter und vor allen dingen waren es weniger als ich vermutet hatte. Schließlich war dies einer der größten und angesehensten Verlage meines Wissens und aus diesem Grund hatte ich den Entschluss gefasst es einfach einmal zu versuchen.
Vor dem großen Tisch in der Mitte des Relativ großen Raumes blieb ich etwas aufgeregt stehen und Atmete leise aus.
„Guten Tag, mein Name ist Victoria Rowe. Ich hatte mich um die freie Stelle als Redakteurin für die Zeitschrift „More lifestyle“ beworben.“ stellte ich mich vor und trat etwas näher heran um ihnen die Hände zu schütteln.
„Guten Tag, wie ich das richtig sehe sind sie wohl unser Küken unter den Bewerbern. Dann schauen wir mal was sie uns zu bieten haben.“ grinste mich der älteste an.
Als ich reihe um Hände geschüttelt hatte und drei weitere „Guten Tag“'s über mich ergehen lasse, ließ ich mich auf dem freien Platz nieder. Immer wieder Starrte mich einer meiner Gegenüber an, was ich aber nur nebensächlich mitbekam weil ich mich Hauptsächlich auf die mir gestellten Fragen konzentrierte.
„Komischer Kauz“ dachte ich mir und sah ihn mit kaltem Blick an während einer Schreibpause des älteren Herren. Mein Blick schweifte ab über die zwei weiblichen Mitglieder der Runde. Eine der beiden war die Typische Schönheit am Arbeitsplatz die jedem auch noch mit ein paar Jahren mehr auf dem Buckel den Kopf verdrehen konnte und die zweite wie eine Gesund Essende Mutter von zwei Kindern und einem Liebevollen Mann. Unterschiedlicher konnten zwei Frauen gar nicht sein, und doch schienen sie sich prächtig zu amüsieren, denn sie unterhielten sich flüsternd und angeregt über ein scheinbar Weltbewegendes Thema.
Als sich jemand etwas lauter Räusperte zuckte mein Blick direkt wieder zu meinem Interessierten gegenüber und auch die zwei Frauen verstummten.
„Nun, da sie somit fast fertig sind lasse ich ihnen sobald alles beendet ist eine Nachricht überbringen und verabschiede mich hoffentlich nicht endgültig von ihnen. Ihre Anschrift und Mail Adresse habe ich ja nun und jetzt stehen ihnen nur noch die Konkurrenz im Wege.“ verabschiedete er sich und erhob sich um mir die Hand zu schütteln und ich nahm sie dankend an und Strahlte.
„Yes, yes, yes“ Jubelte ich innerlich weil ich es geschafft hatte, zwar noch nicht ganz, aber wenigstens hatte ich schon mal das Gespräch hinter mir.
Zum Schluss verabschiedete ich mich von dem Jungen Mann der mich am Anfang des Gespräches so angestarrt hatte und wurde von einem zusätzlichen Grinsen verabschiedet.
Am darauffolgenden Tag wurde ich Mittags aus dem Bett geSMSt. Zwei Minuten später tanzte ich freudestrahlend durch die Wohnung. Ich hatte es geschafft, ich wurde angenommen, mein erster fester Job.
Bei der Erinnerung muss ich grinsen. Den ganzen Tag war ich glücklich wie ein Honigkuchenpferd herumgelaufen habe mit meiner Freundin Telefoniert und meine Schwester bei meinen Eltern besucht, da diese gerade auf der Hochzeitsreise zu ihrem fünfundzwanzigsten Hochzeitstag waren und sich höchstwahrscheinlich gerade in der Sonne räkelten ohne vom Glück ihrer großen Tochter etwas mitzubekommen. An meinem Elternhaus angekommen rief ich die Treppe hoch nach meiner Schwester.
„Anie, bist du zu Hause? Ich habe fabelhafte Neuigkeiten!“ berichtete ich mit vor Freude zitternder Stimme.
Nach einer gefühlten halben Stunde sah ich wie meine Wunderschöne Schwester am Hölzernen Geländer auftauchte und ein leichtes Lächeln auf ihrem Göttergleichen Gesicht trug.
„Vic, was für eine Freude. Komm zu mir Schwesterherz, du klingst so wunderbar glücklich. Was sind es denn für fabelhafte Neuigkeiten? Bist du etwa verliebt? Oder hast du in der Lotterie gewonnen? Wieso tauchst du erst jetzt auf, ich habe dich so schrecklich vermisst.“ sagte sie, grinste leicht und blieb erwartungsvoll stehen. Mit großen Sätzen eilte ich die Treppe hoch und nahm meine geliebte Schwester in den Arm, da ich sie genau so vermisst hatte. Zu dem Zeitpunkt hatte ich erst eine Phase hinter mir, wo ich einfach nur alleine sein wollte und mich in meiner Wohnung verbarrikadiert hatte -Depressionen. Das war nicht nur einzig und allein die Schuld meines besten Freundes, zu der Zeit dachte ich zumindest das er meiner war, was sich dann doch als Fehler herausstellte, sondern auch an mir selber, weil ich mich zu sehr unter druck gesetzt habe in vielerlei hinsichten.
Ich vergrub mein Gesicht in ihrem Rot gelockten Haar und drückte sie liebevoll an mich, wie ich es immer tat. Mit einem traurigen Lächeln lehnte ich mich zurück und schaute meiner Schwester in ihre geöffneten, wunderschönen, aber dennoch nutzlosen hellgrauen Augen. Wie gerne würde ich ihr das Augenlicht wiedergeben um das bunte Treiben der Welt mit ihr zu beobachten und sie glücklich zu machen. Wo sie klein war bewunderten viele ihre leuchtenden blauen Augen, und bewunderten ihre Lebensfreude die sie an den Tag brachte womit sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Freunde und Verwandten beglückte. Alle liebten sie, sie war ein Sonnenschein, bis nach einem kleinen Unfall im Garten ihrer besten Freundin ihre Augen anfingen zu schmerzen und ein Augenarztbesuch die erschütternde Nachricht brachte, das wenn sie nicht schnellst möglich operiert werden würde ihr Augenlicht verschwänden und sich die Farbpigmente veränderten. Trotz der schlechten Nachricht ließ sie nicht mit sich reden und erzählte etwas von Schicksal und das man nichts daran ändern könnte. Zu dem Zeitpunkt waren wir schockiert gewesen so etwas aus dem Munde eines 14 jährigen Mädchens zu hören, doch wir akzeptierten schließlich ihre Entscheidung und ließen ihr ihren willen.
„Du wirst es nicht glauben aber ich habe meinen ersten richtigen Job! Als Redakteurin beim Magazin „More lifestyle“, ist das nicht einfach fantastisch? Ich hätte nie gedacht dass das was wird! Wollte es eigentlich nur mal so versuchen, weil ich den Verlag und die Zeitschrift so super fand und jetzt hab ich den Job!“ verkündete ich begeistert und drückte meiner Schwester einen dicken Schmatzer auf die Stirn.
„Ich bin sozusagen gegen neun oder zehn andere Bewerber angetreten und habe es geschafft“ erzählte ich übermütig und mit Strahlenden Augen.
„Ich freue mich ja so für dich, wie hast du das denn geschafft? Ich wusste schon immer das meine Schwester die Beste ist.“ sagte sie mit einem freudigen lächeln auf dem Gesicht.
Sanft legte sie mir die Hände auf die Wangen und betastete mein Gesicht wie sie es immer tat wenn jemand glücklich war.
Anschließend führte ich sie die Treppe herunter und wir unterhielten uns noch eine weile im Wohnzimmer bis ihr Freund Brayn kam um uns zum Essen einzuladen, doch ich lehnte dankend ab und machte mich auf den weg nach Hause.
Genüsslich strecke ich mich und schaue auf die Uhr. Langsam wird es Zeit das ich mich Fertig mache, habe mich verabredet mit meiner Schwester und ihrem mittlerweile Verlobten. Unglaublich oder? Und rate mal wann er ihr einen Antrag gemacht hat? Genau, am Tag wo ich abgesagt hatte die zwei ins Restaurant zu begleiten.
Ich Glückspilz.
Dazu muss ich aber auch sagen das Brayn ein wunderbarer Mensch ist, der sich hingebungsvoll um meine Schwester kümmert und wenn es sein muss sogar für sie sterben würde. Wenn ich zu Besuch bin überraschen die zwei mich immer wieder aufs neue. Sie sind wundervoll zusammen, ergänzen sich perfekt, als ob sie sich schon ihr leben lang kennen.
Seufzend steige ich unter die Dusche und lasse es mir gut gehen. Was ziehe ich bloß an?
In ein großes Handtuch eingewickelt gehe ich zu meinem Monströsen Kleiderschrank den ich so liebe und krame so lange darin herum bis ich endlich was passendes gefunden habe. Ich kann ja schlecht wie der letzte Henker mit meiner Schwester und ihrem Lebensgefährten essen gehen, und vor allen dingen nicht in so einem Noblem Restaurant. Als ich vor kurzem erfahren habe das Brayn schon in seinem Alter stellvertretender Geschäftsführer der Firma seines Vaters ist war ich wirklich überrascht, und erst zu diesem Zeitpunkt gemerkt habe wie wenig ich doch über mir scheinbar so vertraute Personen weiß.
Fertig in Schale geworfen gehe ich rüber in die Küche und muss wohl oder übel doch noch einmal halt im Wohnzimmer machen, wenn ich schon so einen tollen Krug von meinen Eltern aus Brasilien geschickt bekomme, muss ich ihr doch wenigstens einen Ehrenplatz bieten, so ein Schmuckstück.
Ja, das ist sie wirklich. Handarbeit und über dem Feuer gefestigt, wenn ich meinen Eltern glauben schenken soll. Kaum waren sie knapp drei Wochen zu Hause, in denen sie von ihrer Verlobten kleinen Tochter erfahren haben und dem Glück ihrer großen Tochter, die einen großartigen Job gefunden hat sind sie auch schon wieder weitergereist. Diesmal soll es Richtung Nord Korea, Japan gehen, ich bin gespannt...
Texte: Das Urheberrecht liegt bei Patricia B.
Tag der Veröffentlichung: 26.10.2010
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