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Shina rannte die Treppe hinauf, da sie wieder einmal zu spät war. Innerlich verfluchte sie ihre Freundin, die sie zu diesem Treffen in dem Fitnessstudio überredet hatte. Als wenn sie nicht schon genug Bewegung hatte? Sie passte nicht auf und prallte gegen einen Mann, blickte kurz auf, während sie sich hastig entschuldigte, bevor sie weiterlief. Etwas außer Atem öffnete sie die Tür und sah Gisellé schon umgezogen warten.
„Entschuldige, aber ich bin nicht aus dem Büro gekommen und maman hat auch noch angerufen.“ Sie gab ihrer Freundin rechts und links einen Kuss auf die Wange.
„Macht nichts, kenne ich ja schon. Geh dich umziehen und dann geht’s los. Magst du auch einen Saft?“
Sie nickte, schaute sich um, wo die Umkleideräume waren, folgte dem Wegweiser und wenig später trat sie wieder in den großen Raum, jetzt in einem blauen, zweiteiligen Gymnastikanzug, der ein Stück ihres flachen Bauches und der eminent schmalen Taille freiließ und besonders die langen, schlanken Beine betonte. Erst jetzt blickte sie sich neugierig um, während sie das Glas mit dem frisch gepressten Saft aus mehreren Früchten dankend entgegen nahm.
„Na, ja, so etwas besonderes ist das nun auch nicht“, stellte sie fest. Ein Fitnessstudio wie viele andere auch. Auffallend waren nur die üppigen Pflanzen, die sogar echt zu sein schienen, die Raumteiler, die wie größere Bambustrennwände mit Symbolen und Blumen verziert waren. Sie sah sich die Zeichen näher an und las die japanischen Bedeutungen. Das Übliche: Glück, Harmonie zwischen Körper und Geist, langes Leben, Freundschaft. Schöne Arbeiten, dachte sie.
„Dafür gibt es hier bestimmt atemberaubende Männer“, lachte Gisellé. Shina schüttelte den Kopf über ihre Freundin, musste aber mitlachen.
Die beiden Frauen waren ein sehr netter Anblick, was auch einigen Männern in dem Studio sofort auffiel.
Gisellé war etwas kleiner als Shina, die neben der Freundin jedoch wesentlich schlanker, femininer, zierlicher wirkte. Die dunkelblonden Haare gelockt, sehr zu Gisellés Leidwesen, kringelten sich bis etwas über Schulterlänge um den kleinen Kopf. Blaue Augen schauten aufmerksam in die Gegend, die sehr vollen Lippen umspielte meistens ein kleines Lächeln und wurden von zwei Grübchen umrahmt. Ihre Figur war sehr gut proportioniert, ohne füllig zu sein. Ein besonderer Anziehungspunkt waren aber neben dem ovalen Gesicht, die großen Brüste, die sie auch gern zeigte, allerdings nicht mit übertriebenen Ausschnitten.
Shina füllte schnell den Bogen aus, den ihr eine Frau reichte, immer wieder an dem Saft nippend, der so erfrischend und einfach köstlich schmeckte. Eine junge Frau kam auf sie zu und stellte sich als Nana vor.
„Ihr wollt also etwas für eure Kondition tun? Gut, fangen wir an. Kommt ihr bitte mit.“
Sie folgten der schlanken, fast knabenhaften, blonden Frau, die sich mit einer gewissen Leichtigkeit bewegte. Wie eine Balletttänzerin, überlegte Shina, während sie hinter der Frau herliefen, die jetzt vor den Laufbändern stehen blieb.
„Beginnen wir damit, als Test sozusagen.“ Sie holte zwei kleine Geräte und band jeder eines davon um das Handgelenk. „Damit wird der Pulsschlag gemessen. Jetzt müssen wir nur noch eure Daten eingeben.“
Sie wandte sich an Gisellé. „Wie groß, wie alt, wie schwer? Hast du irgendwelche Krankheiten oder nimmst du Medika- mente?“
Gisellé antwortete und Nana bediente das Gerät, danach wandte sie sich an Shina: „Ich bin fünfundzwanzig, 1,73 Meter und wiege 54 Kilo, keine Krankheiten oder Medikamente.“
„Sehr schön, nur solltest du dir deine Haare zusammenbinden oder hoch-stecken, damit da nichts passiert.“
Shina drehte sich nach der tiefen, männlichen Stimme um und blickte in ein Paar schwarze Augen.
„Das ist Akira. Ihm gehört das Studio“, klärte Nana die Situation.
„Ich hatte eben auf der Treppe schon das Vergnügen mit der jungen Dame zusammenzuprallen“, gab er belustigt zurück.
„Ach, Sie waren das?“ Augen, so braun wie Schokolade blickten ihn an und eine heiße Woge stieg in ihm auf, so erregend wirkte ihre Schönheit auf ihn.
„Wir sagen hier alle du“, wieder Nana.
„Na gut, das ist Gisellé und ich bin Shina.“
Wieder sah sie zu dem Mann auf, jetzt etwas genauer. Ebenmäßige Gesichtszüge, wie aus Bronze gemeißelt, dachte sie. Leicht schräge Augen, hohe Wangenknochen, dazu schwarzes dichtes Haar, das bis auf die Schultern fiel. Shina hatte mit einem Blick alles registriert, die irgendwie aristokratische Haltung, die schmalen Hüften, die langen, wohlgeformten, schlanken Schenkel, die von der eng sitzenden Jeans betont wurden. Er war eine Offenbarung. Sein Auftreten hatte etwas Animalisches, aber auch etwas Vornehmes und Edles. Allein sein Anblick ließ ihr Herz höher schlagen, wobei das pure Untertreibung war, denn ihr Herz vollführte wahre Purzelbäume. Was für ein Mann, welche Dynamik und welch ungeheurer Sexappeal. Er hatte eine fantastische Ausstrahlung. Wow!!!
Ihre Blicke trafen sich und sie bemerkte, dass er ihre Musterung aufmerksam verfolgt hatte und sich anscheinend köstlich darüber amüsierte. Als er sie jetzt anlächelte, konnte sie seine makellos weißen Zähne sehen, einen gut gezeichneten Mund. Röte stieg ihr in das Gesicht, verlegen senkte sie den Blick. Ein heißes Prickeln durchströmte ihren Körper und es kam ihr so vor, als wäre sie elektrisiert.
„Viel Spaß und vergiss die Haare nicht.“ Dann war er weg. Nana gab ihr ein Gummi, danach rannten sie auf dem Laufband. Shina blickte sich um, aber er war nirgends zu sehen und sie verdrängte alle weiteren Gedanken an ihn. Solche Männer waren sowieso nichts für sie.
Zwei Stunden später und völlig ausgepumpt verließen die zwei Frauen das Studio.
„Gehen wir noch etwas trinken?“
„Heute nicht. Sei nicht böse, Gisellé. Ich bin total erledigt, da man mich früh aus dem Bett geholt hat.“
„Was war denn wieder los?“
„Ein alter Mann, wahrscheinlich natürlicher Tod.“
„Ich werde nie verstehen, was du an dem Job so toll findest. Dauernd Tote, dauernd Dienst, nie richtig Freizeit.“ Sie schüttelte den Kopf, aber Shina sagte nichts dazu. Zu oft hatte sie mit ihr schon über das Thema gesprochen. So verabschiedeten sie sich und fuhr nach Hause. In der Wohnung angekommen, schleuderte Shina die Schuhe achtlos von den Füßen und ließ sich erschöpft und müde auf die Couch fallen, war wenig später eingeschlafen.
Copyright © tredition GmbH
Texte: tredition
ISBN: 978-3-86850-249-7
Tag der Veröffentlichung: 21.07.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
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