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Ramon, was ... Oh, nein!”, rief Maja, als sie das viele Blut sah und neben ihm niederknien wollte, was der maskierte Mann jedoch verhinderte, indem er sie packte und an sich zog.
„Deine Liebste, Costa-Ferrer?”
Ramon versuchte diese Stimme einzuordnen, was ihm misslang. Es war lange her und hatte so viele Männer gegeben, die ihn hassten. Auch den leichten Akzent konnte er noch nicht bestimmen. Ein Russe? Vielleicht.
„Lassen Sie sie in Ruhe, Mann. Sie hat nichts damit zu tun”, gab Ramon leise zurück.
„Und ob. Jetzt nehme ich dir das Liebste, dass du hast. Das nennt sich Gerechigkeit.”
Maja schauderte in dem harten Griff und versuchte sich dem Kerl zu entwinden, doch er war zu stark und außerdem hielt er ihr nun ein Messer an die Kehle, damit keiner auf dumme Gedanken kam.
„Eine Bewegung, Costa-Ferrer, und deine Süße ist Geschichte. Na, wie fühlt sich das an? Hilflos zu sein und nichts anderes machen zu können, als dümmlich drein- zublicken?”, sagte der in schwarz gehüllte Hüne voller Spott.
Maja zitterte, als sie etwas anderes spürte und erstarrte.
„Geht doch”, flüsterte der Maskierte erregt und als der Zug an der nächsten Station hielt, bewegte er sich mt ihr hinaus.
Bewegungsunfähig lag Ramon da und nur sein Wille verhinderte die Bewusstlosigkeit.
„Ramon!”, schrie Maja und spürte plötzlich etwas feuchtes und warmes, dass an ihrem Hals hinunterlief. Blut.
„Wenn du dich nicht bewegen würdest, dann müsste ich dich nicht verletzen, Kleines.”
„Was hat er Ihnen denn getan?”, rief Maja und begann zu schluchzen.
„Lass das. Tränen wirken schon lange nicht mehr auf mich”, sagte der Mann barsch und drückte sie in die schwarze Limousine, die bereit stand, so wie er es verlangt hatte.
Der Spanier war zu verletzt, um seine Freundin zu retten, geschweige denn seine Kollegen zu alarmieren und die Passanten hatten ihn kaum beachtet. Ja, so waren sie die Menschen. Gleichgültig. Dmitri Kerschakow wusste, dass die meisten ohnehin nur an sich selbst dachten. Das hatte er schon als kleiner Junge gelernt.
Er warf einen Blick auf die junge Frau, die sich stumm an die Tür drückte. Natürlich war alles verriegelt. Sie wirkte sehr verängstigt und angewidert sah er auf das Messer in seiner Hand. Mit einem sauberen Taschentuch wischte er das Blut ab und nahm ein zweites zur Hand, um es Maja zu reichen.
Doch sie reagierte nicht, weshalb er zu ihr hinrückte und ihr Kinn vorsichtig anhob. Sie wehrte sich nicht, als er das Blut an ihrem Hals abtupfte und die kleine Wunde ansah. Sie blutete nicht mehr und eine Narbe würde nicht zurückbleiben, da der kalte Stahl sie nur kurz und oberflächlich gestreift hatte.
Eigentlich sollte er froh sein, dass sie endlich schwieg, aber irgendetwas an ihrer Ruhe erschien ihm seltsam.
Ob sie Pläne macht, mir zu entkommen?, fragte er sich und rückte wieder von ihr ab. Zu viel Nähe war nicht gut. Bereits vorhin hatte er auf sie reagiert.
Naja, sie ist eben eine Frau und du bist ein ziemlich zurückgezogen lebender Mann, dachte Dmitri.
In den letzten Jahren hatte er kaum Zeit und Lust für und auf Frauen gehabt, weshalb es nicht verwunderlich war, dass er auf diese Blondine reagiert hatte.
„Falls du glaubst, dass dein Liebster dich in Kürze rettet, muss ich dich enttäuschen. So schnell ist er nicht”, durchbrach er sie unerträgliche Stille.
„Er ist nicht mein Liebster”, erwiderte Maja automatisch.
„Nicht?”
„Nein, er ... wollte mich nicht.” Immer noch unter Schock stehend, wurde ihr zu spät bewusst, was sie da sagte.
„Wirklich nicht? Das ist aber sehr merkwürdig. Es sei denn er hat die Seiten gewechselt und Frauen interessieren ihn nicht länger.”
„Oh, ich kann Ihnen versichern, damit hat es nichts zu tun”, erklärte Maja bitter. „Er ist einfach nicht an mir interessiert.”
„Dann ist er ein noch größerer Narr, als ich annahm.” Dmitri verstand es wirklich nicht. Hätte er die Möglichkeit mit diesem schönen Geschöpf zusammen zu sein, dann ...
Nicht daran denken!, befahl er sich und seinem Körper streng. Wer braucht schon Frauen?
Sie standen einem zu meist ja doch nur im Weg, wenn er da an Helen, die Frau von Vladimir, seinem Bruder dachte ... Die Beiden waren Profis gewesen und dennoch war Helen den Avancen des Spaniers erlegen und hatte Costa-Ferrer alles über den geplanten Einbruch in dem Juweliergeschäft erzählt.
Verdammt! Sie könnten beide noch leben, wenn der Kerl sie nicht verführt hätte und ... Doch sich jetzt darüber zu ärgern, brachte auch nichts mehr oder aber er, Dmitri, drehte den Spieß einfach nun um.
Wieder warf er einen Blick zu der jungen Frau. „Wie heißt du überhaupt?”, fragte er sie und sein Plan nahm langsam Gestalt an.
„Warum fragen Sie?”, gab Maja patzig zurück.
„Darum.” Er beugte sich zu ihr rüber und drückte seine Lippen hart auf ihre.
„Nicht!”, protestierte sie und versuchte ihn wegzudrücken. Das Auto, ein Fremder, die ganze Situation machte ihr zu schaffen.
„Doch”, gab er zurück und intensivierte den Kuss noch, ohne ihre Panik zu bemerken.
Er erstickte ihre Schreie und so konnte sie nur wild um sich schlagen, was ihn aber nicht sehr berührte. Dann endlich ließ er doch von ihr ab, wobei er sie fast schon besorgt betrachtete.
Erst jetzt merkte sie, dass er seine Maske abgenommen hatte und sie sein Gesicht erkennen konnte, doch das kümmerte sie momentan überhaupt nicht.
„Also, wie heißt du, Kleines?”
„Maja”, erwiderte sie eingeschüchtert und drückte sich noch mehr an die Tür. Ein anderes Gefühl war in ihr erwacht, doch sie konnte es nicht benennen.
„Und wie weiter? Rede schon oder willst du noch mehr?” Er betrachtete sie verlangend, doch Kälte glitzerte auch weiterhin in seinen tiefschwarzen Augen.
„Tiegel. Ich heiße Maja Tiegel”, flüsterte sie und war nicht gefasst auf seine triumphierende Miene.
„Wie nett. Tiegel, ja, der Name sagt mir was. Was denkst du, wie viel wird dein Vater für dich rausrücken, Maja, hm?”
„Keine Ahnung. Und überhaupt, wie wäre es denn, wenn Sie sich mal vorstellen würden?!”
„Da hast du recht, meine Kleine. Dmitri Kerschakow, zu Diensten, Lady.” Voll Sarkasmus sagte er dies.
„Geht doch”, meinte sie nicht minder spöttisch.
„Da wir nun die Förmlichkeiten hinter uns gelassen haben”, murmelte er gedehnt und rückte noch näher an sie ran. „können wir uns endlich den angenehmeren Dingen zuwenden.” Er versuchte wieder, sie zu küssen, was sie diesmal aber nicht zuließ.
Sie rückte von ihm ab und spürte das kalte Fensterglas im Rücken.
„Na, na, so ängstlich, Maja? Dein Ramon war damals nicht so ... nett zu Helen. Also freu dich lieber, wie ... freundlich ich dir gegenüber bin.”
„Wer ist Helen?”, hakte Maja nach.
„Sie war meine Schwägerin und ist tot. Dein Freund ist schuld daran, dass sie und mein Bruder umkamen.”
„Nein.” Maja konnte das nicht glauben. Ramon würde doch nie ... „Sie müssen sich irren. So was würde er nie tun.”
„Das hat er aber und deshalb fordere ich Gerechtigkeit und damit beginne ich bei dir. Wenn du dich wehrst, wird es unnötig wehtun, also ergib dich mir einfach”, grinste er und wieder musterte er sie verlangend.
Flucht. Sie musste flüchten! Bei Steven hatte sie auch so empfunden, doch da hatte sie auch gewusst, dass sie es schaffte, aber bei ihm hier ... Niemals. Er war zu stark.
„Bitte, nicht”, flüsterte sie panikerfüllt.
„Mhm, was für ein höfliches Mädchen du doch bist. Das gefällt mir”, schmunzelte Dmitri. „Keine Angst, ich bin sicher kein großer, böser Wolf. Also entspann dich. Gewalt wende ich gegenüber Damen nicht an.” Ein letztes Mal strich er ihr über die blassen Wangen, ehe er sich von ihr zurückzog und die Lider senkte.
Maja atmete erleichtert auf. Zwar wusste sie nicht, ob er gelogen hatte, doch hier in der Limousine würde er ihr nichts antun. Da er sie nun nicht mehr ansah, konnte sie sich seine Gesichtszüge besser einprägen ...
Copyright © tredition GmbH
Texte: tredition
ISBN: 978-3868501803
Tag der Veröffentlichung: 21.07.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
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