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Fragt man mich nach meinem Lieblingsort, so ist die Antwort seit einigen Jahren ganz einfach. Ich muss nicht mehr lange überlegen, welcher Ort mir so viel bedeutet, dass er den Namen Lieblingsort verdient.
Mein Lieblingsort ist ein Strandkorb.
Ich weiß dass viele davon träumen. Schon oft wurde ich um ihn beneidet. Doch wenn ich frage, warum sie sich diesen Wunsch nicht erfüllen, bekomme ich oft zur Antwort: „Zu teuer, zu wenig Platz, zu wenig Zeit.“ Richtige Strandkörbe, solche wie sie an den Stränden zu finden sind, haben einen stolzen Preis. Aber für die heimische Terrasse oder den Garten tut es doch auch ein preiswerteres Exemplar. Ein solches hatte ich bei einem großen Auktionshaus entdeckt. Drei, zwei, eins, meins. Vorher war noch die Frage, blau oder weiß. Blau ist eine meiner Lieblingsfarben.
Wie aufgeregt war ich, als seine Teile endlich vor mir lagen. Und irgendwie wurde daraus auch ein ganzes. Da meine kleine Terrasse, trotz Überdachung, ab und zu von einer Miniüberschwemmung verursacht durch die überlaufende Regenrinne heimgesucht wird, erhielt der Strandkorb fürsorglich noch ein Untergestell aus zwei Latten. Und dann konnte ich endlich platznehmen. Doch halt, da fehlte doch noch etwas? Zwei weiche Kuschelkissen. Eines für den Rücken und eines für die Beine. Denn ganz so gemütlich ist es doch nicht, wenn die Fußknöchel ausgerechnet auf der Holzkante des Auszugs liegen.
Eigentlich ist er für zwei Leute gedacht, und hat dementsprechend zwei Auszüge für die Beine und zwei klappbare Ablagen. Allerdings gibt es niemanden der Anspruch auf den zweiten Platz erhebt. Also kann ich mich schön gemütlich in die Ecke kuscheln. Meine Beine schräg ausstrecken und auf einem der Ablagebrettchen meine Kaffeetasse platzieren. Eine große Tasse Cappuccino gehört einfach dazu. Wenn ich meinen MP3-Player dabei ins Ohr stöpsele schlafe ich oft schnell ein. Was doch eigentlich für die Gemütlichkeit meines Lieblingsplatzes spricht. Am liebsten sitze ich dort aber mit einem guten Buch und besagter Tasse Kaffee. Dann versinke ich in eine andere Welt. Und nur ab und zu dringen Geräusche von der Straße oder dem Fußballplatz zu mir durch.
Als ich entdeckte, dass auch meinem Hund dieser Platz gefällt, einigte ich mich mit ihm auf einen Kompromiss. Wenn er alleine zuhause bleiben musste bekam er ein altes Badetuch darauf gelegt. Inzwischen hat er aber das Interesse daran schon wieder verloren.


Auch meine Freundin freut sich wenn ich sie nach langer Fahrt dort erst mal mit einer Tasse Kaffee platziere. Und bei kleineren Familienfeiern ist er heiß begehrt. Ein Schwager hat dort schon inmitten des Trubels ein Nickerchen gehalten. Und ausprobieren mussten ihn natürlich auch alle anderen Gäste.
Inzwischen ist mein Strandkorb etwas in die Jahre gekommen. Sein Geflecht wurde auf dem Dach brüchig von zu viel Sonne. Zuerst wurde es durch passenden Markisenstoff ersetzt. Jetzt behält er einfach seinen Wetterschutz an. Er soll mir ja noch länger erhalten bleiben. Nun wo die Tage kühler werden, werden bald die Reißverschlüsse zugezogen für den Winterschlaf. Aber die Vorfreude bleibt, auf die ersten warmen Sonnenstrahlen im nächsten Jahr. Wenn ich ihn wieder „entkleiden“ kann.


Und wieder einweihe mit einer Tasse Kaffee und einem neuen Buch.



Impressum

Texte: eigener
Bildmaterialien: eigenes
Tag der Veröffentlichung: 05.10.2012

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