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Sie sah ihn an und ihr wurde schmerzhaft bewusste, dass sie seine Stimme vielleicht nie wieder hören würde.
Sein Lachen, wenn er über ihre schlechten Witze lachte.
Seine Augen, die sie warm und wissend betrachteten.
Seinen Geruch, der dem eines Mannes glich und seine Körperhaltung, die nicht recht wusste, ob sie erwachsen werden wollte oder nicht.
Vielleicht würde sie seine Stimme hören, aber er würde nicht mit ihr sprechen.
Sie würde sein Lachen hören, doch es würden nicht ihre Witze sein und vielleicht würde sie seine Augen wieder sehen, aber sie würden sie nicht ansehen.
Sie wäre nur ein Mensch, wie jeder andere und nichts Besonderes mehr.
Sie sah ihn an und wusste sie würde ihn verlieren, vielleicht hatte sie ihn bereits verloren oder vielleicht verlor sie ihn gerade in diesem Moment.
Dort stand er, nur wenige Meter von ihr entfernt und wartete.
Sie war naiv genug zu hoffen, dass er auf sie wartete, doch sie kannte die Antwort auf diese Frage bereits und jedes Mal, wenn sie diese Erkenntnis traf, brach es ihr das Herz.
Natürlich hatte auch sie Fehler gemacht, mehr vielleicht sogar, als sie sich eingestehen wollte, doch sie suchte immer wieder einen Grund, warum sie sich nicht entschuldigte.
Diese Gründe halfen ihr dabei Wut zu empfinden, wenn sie an ihn dachte.
Gleichzeitig aber ließen sie sie auch Trauer und Schmerz fühlen und diese Gefühle ließen sich nicht in Einklang bringen.
Denn Wut wurde zu Trauer zu Schmerz und Schmerz führte zur Unerträglichkeit dieser Situation. Wie oft hatte sie sich ausgemalt ihn anzuflehen bei ihr zu bleiben, nicht zu gehen und sie wie eine Fremde zu behandeln.
Wie oft hatte sie sich gewünscht, dass er sie endlich wieder richtig sehen würde, so wie er es früher tat und sie nicht wie Luft zu behandeln?
Wie oft wollte sie ihn anschreien, ihm sagen, wie sie für ihn gekämpft hatte und er tatenlos dabei stand?
Und wie oft hatte sie sich gewünscht, dass er sie einfach in den Arm nahm und nichts sagen würde?
Sie hatte vergessen, wie oft, denn es fühlte sich endlos lange an.
Eine epische Liebesgeschichte dachte sie früher, das würde es zwischen ihnen werden.
Eine epische Liebesgeschichte zwischen einem ungleichem gleichem Paar.
Eine Beziehung, die mehr bedeutet, als Spaß und Ansehen.
Wenn sie jetzt darauf zurück sah, verbitterte sie ihre Naivität so sehr, dass sie kaum fähig war ein Wort zu sagen.
Es tat ihr alles so leid, sie wollte niemanden verletzen und nachher hatte sie alle verletzt.
Sie wollte nur glücklich sein und nun war sie unglücklicher als je zuvor.
Immer wieder hatte sie sich vorgenommen, sich zu entschuldigen und die Wahrheit zu erfahren. Die Dinge endlich klar zu sehen und sich endlich in vollkommenes Unglück stürzen oder das Glück mit offenen Armen zu empfangen.
Endlich die Dinge wieder schwarz weiß zu sehen und nicht irgend so einen Grauton.
Sie wollte einen Grund und keine Wahl.
Sie will sich nicht entscheiden wollen, sie will verstehen.
Doch sie kann es nicht. Zumindest nicht allein.
Und vielleicht ist das, was sie jetzt tat falsch, vielleicht war aber auch das, was sie die letzten Monate getan hatte falsch.
Den endlich öffnet sie ihr Herz und zeigt offen, wie sie fühlt und läuft ihm entgegen.
Sie glaubte er hatte sie noch gar nicht gesehen, doch bevor er irgendetwas sagen oder tun kann, dass sie verletzen oder ihren Willen wanken lässt, schlingt sie die Arme um ihn, wie ein kleines Kind einem Erwachsenen, und flüsterte: „Bleib bei mir, bitte.“

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Tag der Veröffentlichung: 18.07.2011

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