bedeutet im Hawaiianischen wichtig und das sind folgende Angaben auch:
Alle Rechte verbleiben beim Autor.
Kopie und Weitergabe sind ausdrücklich untersagt.
Weiterempfehlungen sind selbstverständlich erlaubt und auch erwünscht.
Es empfiehlt sich Band 1 und 2 erst zu lesen, da es sich um eine Buchserie handelt, die ineinandergreift. Ggfs. wird es weitere unabhängige ML Bände geben.
Dieses Buch enthält sinnlich-erotische Szenen und wird von mir erst ab 16 Jahren empfohlen. Solltest du jünger sein, finde ich, sollten deine Eltern darüber entscheiden, ob du es lesen darfst.
Bisher sind erschienen:
Familienbande
Band 1 ~ Die Legende der Okelani
Auch als Taschenbuchausgabe. ISBN 13: 978-1500487218
Seelenbande
Band 2 ~ Das Erwachen der Mächte
Auch als Taschenbuchausgabe. ISBN 13: 978-1500487218
Herzensbande
Band 3 ~ Quell des Lebens
Auch als Taschenbuchausgabe. ISBN 13: 978-1973530848
Die Taschenbücher als auch Notiz- und Tagebücher gibt es mit Widmung zu bestellen unter:
http://bit.ly/2C3OonN
Kontakt: astridrose@gmx.net
Es empfiehlt sich zuerst Band 1 und 2 zu lesen, da es sich um eine Buchreihe handelt, die ineinandergreift. Gegebenenfalls wird es weitere unabhängige ML Bände geben.
Dieses Buch enthält sinnlich-erotische Szenen und wird von mir erst ab 16 Jahren empfohlen. Solltest du jünger sein, finde ich, sollten deine Eltern darüber entscheiden, ob du es lesen darfst.
Mein allerliebster Dank gilt Ramona Häßler, Michaela Theede, Uwe Tächl, Valeria Abeling, Isabelle Fanter, Doreen Naumann und Astrid Rügamer. Alle haben sie an diesem Werk mitgewirkt und Ninas weitere Reise in eine andere Welt, gespickt mit Liebe, Spannung und Spaß, möglich gemacht.
Ein ganz dickes Mahalo möchte ich an meine Kinder und meinen Göttergatten schicken. Danke, dass ihr gerade in letzter Zeit oft beide Augen zugedrückt habt.
Außerdem einen herzlichen Gruß und ein großes Mahalo nui loa an das Team von Bookrix.de. Nur mit eurer stetigen Hilfe, ist es mir möglich, dieses E-Book bundes-, nein, sogar weltweit den Lesern zur Verfügung zu stellen. Danke für eure tolle Arbeit.
Danke auch an Casandra Krammer, die sich wieder viel Zeit und Geduld genommen hat, um auch diesem Buch ein wunderschönes Kleidchen zu geben. Mahalo nui loa.
Das Buch selbst widme ich meiner besten Freundin Ramona Häßler, die mir stets mit Rat und Tat zur Seite steht und einige Textpassagen zu diesem Buch beigetragen hat. Diese sind in * …** eingefasst und von mir eingearbeitet und angepasst worden.
Schnucki, ich habe dich lieb!
~ Daniel ~
Wilde Rufe und Stimmengewirr drangen zu mir durch. »Verflixt!«, fluchte ich lauthals. »Immer dann, wenn ich dusche!«
Schnell ergriff ich mein Handtuch und lief eiligst hinaus. Draußen im Hof angekommen, kam ich nicht umhin zu lachen: Benjamin, Eric und der Stallmeister Joseph versuchten gerade meine in Flammen stehende Palme zu löschen.
Zwar wusste ich nicht, wie das passieren konnte, dennoch war es amüsant mit anzusehen, wie sie mit Kübeln Wasser auf die Palmwedel schütteten. Dabei verfehlten sie die in zehn Meter Höhe befindlichen Palmenblätter und machten sich stattdessen selber oder gegenseitig nass.
Nina stand in einigem Abstand zu dem Geschehen. Ihr schallendes Lachen übertönte sogar den Krach, den die drei Männer veranstalteten.
Schritt für Schritt kam ich ihr näher, sodass ich bald verstehen konnte, was sie zwischen ihrem Gekicher sagte.
»Ben, soll ich nicht doch helfen?«, fragte sie ihren Gatten, dabei hielt sie sich den Bauch vor Lachen.
»Nein, bleib da. Nicht, dass dir oder dem Baby noch was passiert«, erwiderte dieser.
›Baby‹ Kaum begriff ich, worauf er anspielte, sprudelte meine Galle nahezu über.
»Meinst du wirklich, dass es so schnell geklappt hat, Po´ko´i?«, rief sie zu ihm hinüber.
»Wer weiß?!«, antwortete er ihr umgehend.
Mir drehte sich indes der Magen um. ›Ist sie noch ganz bei Trost?‹, fragte ich mich. Die Möglichkeit, dass sie ein weiteres Kind von diesem Monster, welches Benjamin innewohnte, in sich trug, erzürnte mich. Und das nicht zuletzt, weil ich der Meinung war, dass sie erst Leilani finden sollten.
Als Nina mich nun erblickte, funkelten ihre Augen neugierig auf. »Oh, du bist ja noch da. Ich dachte, du wolltest zu Kate.« Langsam kam sie mir entgegen. »Hast du nichts mehr anzuziehen?«, hinterfragte sie meine spärliche Bekleidung.
»Haha!«, erwiderte ich betont sarkastisch. »Ihr habt so einen Radau gemacht, da war es unwichtig, ob ich was anhabe oder nicht. Zu Kate fahre ich, sobald ich mich angezogen habe. Sie hatte noch etwas im Büro zu erledigen.«
»Heute? Es ist doch …« Nina schien tatsächlich zu überlegen, welcher Wochentag war.
»Samstag«, gab ich ihr die Antwort. »So ein Jetlag kann einen ganz schön aus dem Konzept bringen.«
»Ja. Seitdem ich nicht mehr so häufig fliege, merke ich den extrem. Aber spätestens morgen geht es mir besser. Zwischen dir und Kate prickelt es ganz schön, oder?«, stellte sie mir die nächste Frage.
Damit lenkte sie das Gespräch erneut in die Richtung, die ich vermeiden wollte. Langsam dämmerte mir auch, worauf sie hinauswollte. Gewiss nähme es ihr eine schwere Last vom Herzen, wenn ich mit Kate eine reguläre Beziehung anfangen würde.
Nur war das leider nicht so einfach, wie Nina es sich vorstellte. Ein gebrochenes Herz konnte man nicht so einfach zurückgeben. Man konnte auch nicht mal eben ein Pflaster darauf kleben, damit die Wunde wenigstens halbwegs abgedichtet wurde. Und schon gar nicht konnte man sich einen Nagel hinein treiben, um ein Schild dranzuhängen, auf dem ›neue Liebe gesucht‹ stand. Zudem war ich nicht mehr bereit, mich auf eine ernsthafte Beziehung einzulassen. Nicht heute, nicht morgen oder sonst irgendwann.
»Bist du eigentlich dafür verantwortlich?«, stellte ich nun meinerseits eine Frage, um sie endgültig von Kate abzulenken. Dabei deutete ich zu dem feurigen Geschehen hinüber.
Sie blickte mich verwundert an. »Ich? Nein! … Na ja, vielleicht bin ich das. Als wir uns vorhin küssten, schlug ein Blitz in die Palme ein.«
Nun war es an mir, zu lachen. »Mit anderen Worten, wenn ihr beiden euch in den Armen liegt, sollten alle in Deckung gehen, oder was?«
Sie boxte mich gegen die Schulter. »Du bist echt blöd!« Ihr Kichern verriet, dass sie es scherzhaft meinte. »Nimm dich lieber vor mir in Acht, wenn ich wütend bin. Nicht, dass ich dir irgendwann doch mal deinen Hintern mit einem meiner Energiebälle grille.«
Demonstrativ hob ich meine Augenbraue. »Wenn du das Echo vertragen kannst?!«
»Verdammt! Ich wusste doch, dass da noch was war!« Erneut lachte sie.
Mir ging das Herz auf. So unbeschwert hatte ich sie zuletzt an dem Tag erlebt, an dem sie heiratete. Erinnerungen an diese Stunden wurden wach. »Schade.« Ich seufzte bei den Gedanken daran, wie ich von dort oben die Zeremonie bewacht hatte. »Auf der Palme habe ich am liebsten gesessen. Von dort hatte ich immer den besten Blick auf das ganze Areal. Ich konnte sogar eure Trauung mitverfolgen.«
Nun lachte sie Tränen. »Das ist nicht dein Ernst, oder? Du hast nicht wirklich in der Palme gehockt, oder?«
Zustimmend nickte ich. Musste dann aber beim Anblick von Ninas verdutztem Gesicht ebenfalls lachen. »Um nichts auf der Welt hätte ich eure Vermählung verpassen wollen. Es war gar nicht so einfach, nicht gesehen zu werden. Zum Glück hörte ich an dem Abend auch, wie Benjamin den Helikopter nach Maui orderte. Sonst wärt ihr ohne mich in die Flitterwochen abgereist.«
»Du hast uns also wirklich die ganze Zeit überwacht?! Also auch beim Sex?!« Ninas Gesicht wurde von einer leichten Röte überzogen, welche sie jedoch nur noch bezaubernder wirken ließ.
»Ukiuki!«, brüllte ihr Gemahl plötzlich. Zwei brennende Palmwedel waren hinabgestürzt. Sie hatten ihn nur um Haaresbreite verfehlt.
Augenblicklich verstummte Nina. Flugs richtete sie den Blick wieder auf ihren Ehegatten. Ein kleiner Anflug von Panik zog über ihr Gesicht.
Bevor sie lospreschen konnte, ergriff ich ihren Arm. Allerdings tat ich es nicht aus freien Stücken. Meine Bewegung war unbewusst erfolgt. Mein Blick in Benjamins Richtung bestätigte mir, wer mich mental dazu gezwungen hatte.
»Du könntest ihnen von hier aus zur Hand gehen«, forderte ich Nina nunmehr auf, um sie von ihrem Handeln abzubringen. Denn auch wenn mir das Eindringen Benjamins in meinen Kopf nicht passte, so war ich dennoch um das Wohl seiner Frau besorgt.
Sie blickte mich verwundert an. »Mit einem Energieball, oder was?«
»Nein, aber ein wenig Niederschlag vielleicht.«
»Regen? Das letzte Mal habe ich es nicht geschafft, eine Wolke heranzulocken. Also wie sollte ich es jetzt regnen lassen?«
»Versuchs einfach aus deinem Bauchgefühl heraus«, forderte ich sie auf.
Nina blickte mich zweifelnd an, hob jedoch, wenn auch ein wenig zögerlich, die rechte Hand. Der Stein des Mana Loa Ringes fing augenblicklich an zu leuchten. »Ua«, murmelte sie und zeigte dabei mit dem Ringfinger auf die Palme. Wie aus dem Nichts kam ein starker Wind aus dem Osten herangefegt. Er trieb eine Gewitterwolke vor sich her.
Während ein Schwall von dicken Wassertropfen auf die Feuerstelle hinabstürzte, wurde mir mein Handtuch von den Hüften gefegt. Ich konnte es gerade noch so mit dem Fuß festhalten, sonst wäre es davon geflogen.
»Oh, das tut mir leid!« Nina wurde wie ich knallrot. Allerdings konnte sie sich ein Lachen nicht verkneifen. Während sie mühevoll versuchte, ihre durch den Wind aufgepeitschten Haare zu bändigen, lachte sie herzhaft.
»Nun sind wir quitt!«, stieß ich in Anspielung auf New York aus. Umgehend verstummte sie. Zeitgleich bückte ich mich, um meine Blöße wieder zu bedecken. In diesem Moment erwartete ich geradezu einen Stich im Kopf, der mir zeigte, dass ihr Ehemann das ganz und gar nicht zum Lachen fand. Zu meiner Verwunderung blieb er jedoch aus.
Der Grund wurde mir beim Anblick Benjamins gewahr: Die drei Männer standen triefend nass im Regenschauer und bekamen durch den nassen Vorhang gar nicht mit, was um sie herum geschah.
In der Sekunde, in der Nina ihren Arm wieder herunternahm, war der Spuk auch schon vorbei und die Flammen gelöscht.
Eric und Joseph blickten sich verwundert an, während Benjamin zu seiner Frau herübersah und sie intensiv musterte.
Diese verdrehte die Augen. »Nein, Po´ko´i. Ich habe mich zwar mit meinem Alter Ego ausgesöhnt, aber dennoch möchte ich bei meinem Namen genannt werden«, sagte sie in seine Richtung. Dadurch wurde mir bewusst, dass er sie mental kontaktiert hatte.
Er kam zu uns und hob seine Gattin hoch. Mit ihr auf seinem Arm wirbelte er um seine eigene Achse. »Ich bin ganz froh, dass du bist, wie du bist. Nau ko`u aloha. Meine Liebe gehört dir. Und zwar NUR DIR.«
»Ihh, du machst mich ganz nass«, kreischte sie.
Unbeirrt davon setzte er Nina auf dem Boden ab und schüttelte demonstrativ seine Haare aus. Die Tropfen, die nun ihr Gesicht bedeckten, ließen sie erneut auflachen, bis er ihren Mund mit seinen Lippen verschloss.
Die beiden so vereint zu sehen, verbitterte mich, da es mir vorführte, dass ich ewig alleine bleiben würde.
Auf dem Absatz kehrte ich ihnen ohne ein Wort des Abschieds den Rücken zu. Geradewegs ging ich zurück unter die Dusche, um endlich das Shampoo aus meinen Haaren zu spülen.
Zwanzig Minuten später saß ich mit flauem Magen in meinem blaumetallicfarbenen Grand Cherokee. Wobei ich mir noch nicht einmal sicher war, ob das matte Gefühl vom Hunger herrührte oder daher, weil ich vorhatte, mit Kate zu reden.
Bevor ich jedoch losfuhr, gerieten Nick und Nina in den Fokus meines Rückspiegels. Nina saß bereits auf Benjamins Hengst Devil, während Nick versuchte, auf Thomas Pferd Sunshine aufzusitzen.
Bei dem Anblick der beiden musste ich schmunzeln. Nina trug eine abgeschnittene Jeans und dazu das gelbe Hawaiihemd ihres Gatten. Nick hingegen hatte sich in Schale geworfen. Er war mit einer adretten Reiterhose, einem Jackett sowie dem passenden Reiterhelm bekleidet. Er wirkte nicht nur steif, sondern bewegte sich auch so.
Schmunzelnd startete ich den Wagen. Vorsichtig fuhr ich die Auffahrt entlang, um die Pferde nicht zu erschrecken.
Eine dreiviertel Stunde später befuhr ich das weitläufige Grundstück von Kates Eltern, welches direkt am Fuße des südwestlichen Kōnāhuanui Berges lag. Vom Tor aus dauerte es eine weitere Minute, bis ich bei Kates kleinem Häuschen ankam. Es lag etwas abseits und war früher vermutlich die Unterkunft eines Arbeiters der kleinen Plantage gewesen.
Gerade hatte ich eingeparkt, da stellte sich mein Autoradio lauter. Die Nachrichtensprecherin warnte vor einer vermehrten Aktivität des Kīlauea Vulkans.
›Verflixt! Peles Kräfte wachsen!‹, schoss es mir durch den Kopf. Und ich wusste auch wieso: In letzter Zeit hatte der Rat der Fünf vermehrt Meldungen erhalten, dass bekannte Magier im komatösen Zustand aufgefunden wurden.
Die nächste Schlagzeile war auch nicht aufbauender, denn der Nachrichtensprecher berichtete, dass in diesem Jahr Isabella und Noah zu den beliebtesten Namen bei Neugeborenen auf Hawaii gehörten. Bei dem Gedanken an Kinder krampfte mein Herz. Für mich waren eigene nie ein Thema gewesen. Zum einen, weil ich wusste, dass ich nie mit Nina zusammenkommen würde. Zum anderen, weil ich befürchtete, meinen Nachwuchs zu überleben. Und wer wollte schon freiwillig seine Nachkommenschaft zu Grabe tragen?
Kate holte mich aus meinen schweren Gedanken, indem sie auf mein Autodach klopfte. »Kommst du mit? Ich habe Loco Moco von Wong mitgebracht«, fragte sie mich durch mein heruntergelassenes Seitenfenster.
»Was willst du mit einer Lokomotive?«
Meine Gespielin kicherte. »Nein, L o c o M o c o«, dabei betonte sie jeden einzelnen Buchstaben. »Das ist eine Rinderhackscheibe auf Reis mit Bratensoße drüber und als Topping kommt noch ein gebratenes Ei drauf.«
»So etwas nehmt ihr zum Frühstück zu euch? Ich glaube, ich werde mich nie an eure Essgewohnheiten gewöhnen!« Kopfschüttelnd spielte ich mit dem Schlüssel, der noch immer im Zündschloss steckte. Innerlich haderte ich mit mir, ob ich nicht einfach wieder fahren sollte. ›Was will ich eigentlich hier?‹, fragte ich mich. ›Wem will ich beweisen, dass Kate mir nichts bedeutet? Mir oder dem Kätzchen?‹
»Komm Professor. Du siehst aus, als ob du was zu trinken gebrauchen kannst. Ich müsste noch einen Rest vom Maui Blanc haben.«
Bei der Nennung der Weinsorte überkam mich ein kurzer, heftiger Ekelschauer. »Müsst ihr eigentlich alles mit Ananas versetzen?«, fragte ich sogleich.
Kate lachte herzerfrischend auf. »Natürlich nicht. Es bietet sich halt an, weil es hier überall Plantagen gibt. Magst du denn keine Ananas?«
»Nein, ich habe die schon als Kind nicht gemocht. Warum, weiß ich allerdings auch nicht.«
»Vermutlich, weil du sie nur als Importware oder aus Dosen kennst. Frisch geerntet schmeckt Ananas viel aromatischer. Aber keine Sorge, ich will dich nicht bekehren. Im Gegenteil. Da ich wusste, dass du kommst, habe ich für dich extra den kalifornischen Rotwein besorgt, den du so gerne magst. Allerdings weiß ich nicht, ob der zum Loco Moco passt.«
»Finden wir es heraus«, erwiderte ich, weil mir der Duft des Essens in die Nase stieg und mein Magen ein unüberhörbares Geräusch von sich gab. Ich stieg aus und ging unverzüglich zu ihrem VW Bus, der dem Rost nach schon einige Jahre auf dem Buckel hatte. Von ihrem Beifahrersitz nahm ich die zwei prall gefüllten Papiertüten.
Kate trat daraufhin die Autotür mit dem Fuß zu, was mir ein wenig Bauchschmerzen verursachte, denn so behandelte man keinen Wagen. Doch ihr schien es nichts auszumachen. »Keine Sorge. Der verträgt das!«
Kate streckte sich. Sie gab mir einen Kuss auf die Wange. »Mahalo, Professor. Deine Hilfe weiß ich zu schätzen.« Sie wandte sich um und ging den Sandweg entlang, der zu ihrer Veranda führte. Beim Besteigen der drei Stufen, die nach oben führten, blickte sie auf die Holzdielen, als hätte sie Angst eine zu verfehlen.
Oben angekommen, stellte sie die zwei Iso-Klappboxen auf den Tisch. »Wir essen hier auf der Lāna'i.« Sie griff nach den Einkaufstüten, die ich noch immer trug. »Ich bring das nur fix rein«, sagte sie, »und hole Besteck.«
Kopfschüttelnd drehte ich mich um. Kurzerhand nahm ich ihr damit die Möglichkeit, die Tüten zu ergreifen. »Nein, Kate. Die sind wirklich zu schwer für dich.« Ohne auf ihren Protest zu achten, ging ich geradewegs in Richtung Wohnküche.
»Nicht!«, schrie sie nahezu hysterisch, während ich die Verandatür bereits aufschob. Ein Blick ins Haus und ich wusste auch warum: Ihre Küche wirkte genauso chaotisch wie sie selbst, wenn sie zu viel Energie in sich trug. Überall lagen Papiere zwischen Konserven und Tetrapacks. In der Spüle stand nur eine benutzte Tasse. Auf der Abtropffläche hingegen war das Geschirr von zwei Personen aufgetürmt. ›Wer wohl gestern hier war?‹, fragte ich mich unwillkürlich beim Anblick des zweiten Gedecks. Ermahnte mich jedoch sogleich, dass mich das nichts anginge. Die Beutel stellte ich auf den einzig freien Bereich der Küchenzeile ab.
Kate, die mir gefolgt war, seufzte auf. »Benny deckt mich total mit Arbeit zu und Charly hält mich zusätzlich mit ihren Hochzeitsplänen von der Hausarbeit ab. Ich schaffe es gerade mal abzuwaschen, bevor ich todmüde ins Bett falle.« Sie begann die Unterlagen zusammenzuraufen, anschließend schob sie ein paar der Lebensmittel von einer Ecke zur nächsten.
Aus einem inneren Drang heraus umarmte ich sie von hinten, dabei berührte ich mit meinen Daumen ihre Handgelenke. »Ist schon gut. Ich bin es nur!«, flüsterte ich dicht an ihr Ohr. »Du bist mir gegenüber keiner Rechenschaft schuldig. Ich bin nur ein Durchgangsgast in deinem Leben. Mehr nicht.«
Sie zuckte merklich zusammen. »Trotzdem schäme ich mich jetzt«, murmelte sie leise zurück.
Beruhigend strich ich über ihre Unterarme. »Das brauchst du wirklich nicht. Ich weiß ja, wie Benjamin sein kann, und deine Schwester ist bestimmt für deine Hilfe dankbar. Schließlich heiratet man nicht jeden Tag.«
Sie seufzte auf. »Manche sogar nie«, erwiderte sie, dabei entging mir nicht, dass ein Zittern durch ihren Leib ging.
Für einen Augenblick war ich versucht, die Bedeutung ihrer Worte herauszufinden. Jedoch fühlte ich Furcht in mir aufkeimen, dass mir die Antwort nicht gefallen könnte. Selbst nervös geworden, ließ ich ihre Arme los und griff nach der Flasche Rotwein, die auf der Fensterbank stand. Dadurch wurde Kate zwischen mir und der Theke eingeklemmt. Ein leises Stöhnen entwich uns beiden zugleich, denn Kates Gesäß drückte sich geradewegs gegen mein Geschlecht.
In diesem Moment spürte ich nicht nur ihre Anspannung, sondern auch den Wunsch, mir etwas von ihrer Energie zu holen. Ja, ich wollte sie spüren, sie vereinnahmen und ganz nah bei mir haben. ›Auf einmal mehr kommt es nicht an‹, versuchte ich mich selbst zu ermuntern. ›Sei kein Arsch!‹, ermahnte ich mich zugleich. ›Du bist ein Mann von Ehre. Mit ihr zu schlafen wäre niederträchtig und gemein.‹
Mein Verlangen wuchs an, als sie ihren Hinterkopf an meine Schulter lehnte. Genüsslich sog ich ihren Duft nach Zimt ein. ›Sie will es ja auch‹, beruhigte ich mein schlechtes Gewissen.
»Willst du irgendwann heiraten oder Kinder haben?«, fragte sie mich geradeheraus.
Diesmal war ich es, der sich versteifte. Die Erregung, die soeben noch meinen Körper ergriffen hatte, wich einem unguten Gefühl. »Nein. Ich glaube nicht daran, dass ich die Ewigkeit mit jemandem teilen kann. Also versuche ich es gar nicht erst.« Meine eigenen Worte schmerzten mich, weil sie mir aufzeigten, dass ich immer allein bleiben würde. Andererseits wurde mir etwas bewusst. Ich begriff, dass ich mich an Nina klammerte, weil ich sie nie bekommen würde. Ja, sie war die perfekte Ausrede dafür, mich nicht fest zu binden.
Während ich mich aufrichtete, streifte mein Oberarm Kates Schulter. Ein klein wenig Energie übertrug sich von ihr auf mich. Dieses Gefühl war überwältigend. Ein Zittern durchzog meinen Körper, während sich die kleinen Härchen in ihrem Nacken leicht aufrichteten. Zu sehen, wie sie auf meine Berührung reagierte, war berauschend. Meine Sinne schärften sich. Als ob ich durch ein Mikroskop blicken würde, konnte ich sogar sehen, wie über ihren Leib ein Gänsehautschauer fuhr. Dabei nahm ich nahezu jede Kontraktion ihrer ebenmäßigen Hautoberfläche wahr.
Als dieser Zustand nachließ, pustete ich sanft an ihr Ohrläppchen und hauchte einen Kuss auf ihre Schlagader. Erneut kräuselte sich ihre Haut. ›Süß!‹
Der Zauber des Moments verflog, als sie sich mit einem Ruck aus meiner Umarmung löste. »Komm endlich. Das Loco Moco wird kalt.« Sie griff nach Messer und Gabel, die in einem Besteckkorb auf der Abtropffläche standen. Nahezu fluchtartig verließ sie das Haus.
Verunsichert blickte ich ihr hinterher. Es war zwar nicht das erste Mal, dass sie sich meiner Berührung entzog, jedoch hinterließ es diesmal einen bitteren Nachgeschmack. ›Ahnt sie, weshalb ich hier bin?‹, fragte ich mich, während mein schlechtes Gewissen wieder überhandnahm.
»Alles in Ordnung?«, fragte ich daher, als ich zu ihr auf die Veranda trat, wo sie bereits Platz genommen hatte.
Geistesabwesend hatte sie ihre Hände gefaltet. Dabei blickte sie starr auf ihre Daumen, die miteinander spielten. Unerwartet hob sie ihren Kopf. Mit festem Blick sah sie mir direkt in die Augen. »Wenn du es genau wissen willst: Nein! Es wird heute keinen Sex geben.«
Der vorwurfsvolle Unterton ihrer Worte war wie eine Salve von Ohrfeigen. ›Sie weiß es!‹, schoss es mir durch den Kopf. In diesem Moment fühlte ich mich wie ein kleiner Junge, den man beim Diebstahl von Schokolade erwischt hatte. Ja, ich wollte noch einmal etwas von dieser Süßigkeit naschen. Dabei war mir glasklar, dass ich kein Anrecht darauf hatte.
»Es tut mir leid, Professor. Aber meine Kraftreserven sind wirklich am Ende. Wenn ich nicht aufpasse, bekomme ich noch Burn-out.«
Ich war erleichtert, dass sie mein Geheimnis nicht kannte. Allerdings wurde mein angegriffenes Verantwortungsbewusstsein dadurch auch nicht wieder aufgebaut. Im Gegenteil. Bisher dachte ich, dass es ihr nichts ausmachen würde, wenn ich ihr ihre Energie entzog. Nun war ich mir gar nicht mehr so sicher, ob ich ihr nicht doch schadete. Aber vielleicht irrte ich mich auch. Womöglich sprach sie wirklich davon, unter zu viel Stress zu leiden.
Kate brach in schallendes Gelächter aus. »Professor. Guck nicht so bedröppelt. Ich muss mich nur mal ausruhen. Einfach mal chillen und eine Runde im Manoa Falls planschen, dann geht’s bestimmt bald wieder.«
Auch wenn ihre Worte mich beruhigen sollten, halfen sie mir nicht wirklich weiter. »Weißt du was? Wir essen jetzt dein Loco. Danach gehst du schwimmen, während ich mich um deinen Haushalt kümmere.« Hausarbeit war zwar nicht gerade meine Lieblingsbeschäftigung, aber ich hoffte, so wenigstens etwas wiedergutmachen zu können.
Das Essen war erstaunlicherweise lecker. Allerdings fand ich es für ein, wenn auch spätes Frühstück doch zu mächtig. So saßen wir beide übersättigt, tatenlos und träge auf der Terrasse. Schweigend genossen wir die Kühle, die uns der angrenzende Tropenwald schenkte.
Langsam senkten sich meine Lider. Völlige Entspannung drohte mich einzunebeln, als unerwartet etwas raues, klebriges eine feuchte Spur quer über mein Gesicht zog. Umgehend schreckte ich aus meinem Dämmerzustand hoch. Meine Sinne schärften sich augenblicklich, mein ganzer Körper stellte sich auf den Kampfmodus um.
Dieser Zustand dauerte nur Millisekunden. In dieser Zeit realisierte ich, wer, oder besser gesagt was mich angegriffen hatte und mich mit einem Gewicht von geschätzten 30 kg vom Aufstehen abhielt. Der Verursacher namens Einstein ließ sich von meinem Versuch, ihn runterzuschubsen, nicht beirren. Erneut leckte er mir quer übers Gesicht.
»Pfui Teufel!«, gellte ich und versuchte dabei den Hund von mir zu schieben.
Inzwischen war auch Kate aus ihrer Halbstarre erwacht. »Einstein runter!«, wies sie den Hund mit fester Stimme an. Doch dieser dachte gar nicht daran, ihr zu gehorchen. Erneut ließ er seine Zunge über meine Wange fahren.
»Bäh!«, ein Würgereiz überkam mich. »Dein Hund hat eindeutig mit Mundgeruch zu kämpfen oder er hat etwas gefressen, was ich im Traum nicht mal anrühren würde«, machte ich meinem Ärger Luft.
Kate riss das Fellbündel nun an seinem Halsband zurück. »Mom, verdammt noch mal, warum hast du ihn von der Leine gelassen?«, rief sie einer Frau entgegen, die gerade um die Ecke bog.
»Konnte ich ahnen, dass du Besuch hast, Keiki?«, fragte diese zurück. Kates Mutter trat nun nah an uns heran. »Aloha. Ich bin Anna, Catherines Mutter.«
Augenblicklich stand ich auf. Höflich bot ich ihr meine Hand zum Gruß. »Hi, ich bin Daniel.«
In dem Moment, als sie sie ergriff, verschwand ihr Lächeln. »Daniel? Du bist der Kerl, mit dem Catherine die Nächte verbringt?«, giftete sie mich aus heiterem Himmel an.
»Mom!«, rief Kate entsetzt. »Ich habe dir gesagt, dass es mein freier Wille ist.«
»Wir reden später darüber«, erwiderte diese nur, drehte sich um, pfiff den Hund zu sich und verschwand binnen Sekunden aus meinem Sichtfeld.
»Wow!«, stieß ich aus. »Die mag mich NICHT.«
»Es … es ist nicht wegen dir. Sie kennt dich ja gar nicht. Es ist mein Lebenswandel, der sie stört. Du weißt doch, Mütter träumen davon, dass ihre Töchter von einem Schwiegersohn nach Maß an den Altar gezerrt werden, damit sie weitere Töchter auf die Welt bringen. Aber das ist nicht mein Weg.«
»Ist schon gut, Kate. Du musst sie nicht verteidigen. Dass unsere Art der Beziehung moralisch verwerflich ist, weiß ich.« Für einen Moment überlegte ich, ob ich diesen Faden aufgreifen und endlich das tun sollte, wofür ich hier war.
Aber meine Gespielin hatte anscheinend andere Pläne. Kate schritt auf mich zu, umarmte mich und gab mir einen sanften Kuss. »Mach dir keinen Kopf. Moms Vorstellungen sind überaltert. Für mich ist Ehrlichkeit wichtig. Ich brauche keine falschen Versprechen oder jemanden, der mich an der Nase herumführt.«
Innerlich zog sich alles in mir zusammen. Ehrlichkeit war etwas, was ich ihr definitiv nicht bieten konnte. Dennoch schaffte ich es, sie anzulächeln. »Wie soll das gehen bei meinem Job?«, fragte ich sie. »Es ist mir fast unmöglich, dir gegenüber ehrlich zu sein.«
Kate ließ mich los. »Und doch bist du es, weil du zugibst, es nicht sein zu können. Behandle mich einfach weiterhin mit Respekt.« Sie lächelte. »Weißt du, ich fühle mich wohl bei dir. Das allein zählt.«
Mein Herz setzte aus. So paradox es klang, aber sie sollte sich nicht bei mir wohlfühlen. Dennoch war es unvermeidbar, dass sie es tat, wenn wir miteinander schliefen. Ja, es wurde Zeit, es zu beenden.
»Kate, hör mal …«, setzte ich an. Verstummte aber wieder als ich sah, wie blass sie wirkte. Zudem fiel mir auch zum ersten Mal auf, wie dunkel die Haut unter ihren Augen schimmerte.
»Hey, Babe. Hast du gemacht, um was ich dich gebeten habe?« Ein junger sportlicher Mann betrat soeben die Veranda.
Kate wirbelte regelrecht aus meiner Umarmung. »Aloha, Kenny. Ja, ich konnte Kawika dazu überreden, dass es auch ein paar chinesische Gerichte zum Lūʻau geben wird. Er war zwar nicht begeistert, aber respektiert das Ansinnen von Jimmy.«
Derweil setzte ich mich wieder in meinen Stuhl. Mit vorgespielter Gelassenheit betrachtete ich das Geschehen. Ninas Mutter hatte mir beigebracht, mich nicht in fremde Gespräche einzumischen.
»Supi! Das wird ihn freuen. Der Alte kann den ganzen Tag ja Chinesisch futtern. Ich glaube, nur deshalb ist er hergezogen. In Hamburg gab es zwar auch Chop Suey, aber hier gibt es das Zeug ja überall.«
Neugierig unterzog ich den Jüngling einer genaueren Betrachtung, hatte ich ihn bisher doch nur einmal im Büro seines Vaters gesehen. Kenny war durchtrainiert und, obwohl seine Shorts ihm tief auf den Hüften hing, konnte ich am Hosenbund keinen Übergang zu ungebräunter Haut erkennen. Aber das Auffälligste an ihm war sein Zahnpastalächeln, welches er nur zu gerne präsentierte.
»Wieso hast du eigentlich einen besseren Draht zu deinem Stiefvater als seine eigene Tochter?«, fragte er Kate unumwunden.
»Vermutlich, weil ich es war, die mit ihm durch die Wälder gestreift ist, während Charly shoppen ging.«
»Und du? Warum bist du hier, Kenny? Hat dein Dad dir eine Anstellung bei IT-International verschafft? Als Geschäftsführer ist ihm das doch sicherlich möglich, oder?«, mischte ich mich nun doch ein, weil der Kerl mir wie ein pubertierender Nudist vorkam und mir gelinde gesagt auf die Nerven ging.
»Quatsch. Was soll ich an einem Computer? Ne Mann, ich bin hier zum Surfen. Die Nordsee ist doch viel zu kalt zurzeit. Im Frühjahr fliege ich zurück nach Hamburg. Wobei …«, er grinste Kate provokant an, »das steht noch nicht zu hundert Prozent fest.«
Erst jetzt fiel mir auf, dass die Unterhaltung die ganze Zeit in Deutsch stattfand. Dass Kate meine Geburtssprache fließend sprach, war etwas, was ich bisher noch nicht von ihr wusste.
»Babe, gehen wir morgen zusammen surfen?«, wandte er sich jetzt wieder direkt an meine Gespielin.
»Wie könnte ich zu dir schon ›Nein‹ sagen, Kenny?« Sie zwinkerte. Über ihr Gesicht huschte eine leichte Röte.
Mein Mund fühlte sich plötzlich ganz trocken an. Eiligst griff ich zu dem Maui Blanc, füllte mir das Glas voll, setzte die Flasche ab und trank den Ananaswein in einem Zug leer. Dabei stellte ich fest, dass Kate recht hatte. Der Geschmack war nicht mit dem aus meiner Kindheit vergleichbar. Ananas würde zwar nie zu meinem Lieblingsobst werden, aber zumindest empfand ich keine zu große Abscheu mehr davor.
Dass ich etwas trank, sah der Kerl wohl als Einladung an, jedenfalls nahm er die noch geschlossene Flasche Rotwein.
»Hey, den hat Kate für mich besorgt!«, warf ich ein, doch er grinste nur beim Entkorken des Napa Angel.
Während Kenny sich und Kate etwas davon einschenkte, sagte er zu mir gewandt: »Hang Loose, Daniel.« Er ballte seine freie Hand. Anschließend spreizte er den kleinen Finger sowie Daumen zum Surfergruß ab. »Trink du mal erst dein Zeug aus. Wenn du schnell genug bist, bekommst du noch was vom guten Stoff ab.«
Wut keimte in mir auf. Ernsthaft überlegte ich, ob ich ihm nicht einfach sein freches Mundwerk mit dem Flaschenboden verschließen könnte. Vor meinem geistigen Auge sah ich bereits, wie ich die Flasche nahm und ihm damit seinen Mund stopfte. Allerdings hinderte mich meine gute Erziehung daran, meinem Wunsch entsprechend zu handeln. Die Frage war nur, wie lange ich das noch beherzigte.
Zu Kennys Glück mischte Kate sich nun ein. Sie stieß ihn mit ihren Fingerspitzen an. »Benimm dich gefälligst, und damit du es weißt: Der Wein war wirklich für Daniel.«
Das dumme Gesicht, welches er zog, war Genugtuung pur für mich. Zufrieden stellte ich die Flasche doch lieber wieder auf den Tisch, als sie an ihn zu vergeuden.
»Für dich habe ich Bier und Zitronensprudel besorgt. Damit kannst du dir Alsterwasser mixen. Das knallt dir auch nicht sofort ins Gehirn. Schließlich musst du nachher noch zur Anprobe.«
»Nope. Die verschiebt sich auf nächste Woche. Ben hat ja allen am Montag freigegeben, damit sie ihren Halloweenrausch ausschlafen können. Dad hat sich vorhin Charly geschnappt. Er ist mit ihr übers Wochenende nach Bangkok geflogen.«
»Himmel! Das wirft schon wieder meinen Zeitplan durcheinander!«, fluchte Kate.
»Bleib ruhig, Kate. Wenn du Hilfe brauchst, sag Bescheid. Nina geht dir bestimmt zur Hand«, bot ich ihr an, ohne überhaupt zu wissen, ob ich mich damit nicht zu weit aus dem Fenster lehnte. Aber das war momentan meine geringste Sorge. Dass dieser Kerl hier immer noch herumlungerte und eine vernünftige Konversation zwischen Kate und mir unmöglich machte, störte mich viel mehr.
Unverhofft nahm Kate mir nun mein Glas mit dem Maui Blanc ab. Stattdessen drückte sie mir ihr unangetastetes Rotweinglas in die Hand. Mit dem Ananaswein ging sie in ihre Küche.
»Ich möchte nicht unhöflich wirken, aber ich hätte mit Kate etwas unter vier Augen zu besprechen«, wandte ich mich an den Störenfried.
»Vergiss es, Alter. Ich bleibe hier. Meinst du wirklich, ich wüsste nicht, dass du nur hier bist, um mit ihr in die Kiste zu springen? Mit jeder anderen wäre es mir egal, aber nicht mit Katy. Sie hat es nicht verdient, so ausgenutzt zu werden. Katy verdient es, glücklich zu sein, und ich bin derjenige, der dafür sorgen kann«, erwiderte er. Dabei streckte er sich, um größer zu wirken.
Nur mit Mühe konnte ich mir ein Lachen verkneifen. Allerdings hinterließen seine Worte einen bitteren Beigeschmack. ›Das tue ich auch‹, rebellierte ich innerlich. Zugleich war mir aber bewusst, dass er sie tatsächlich auf Dauer glücklich machen könnte. Ich hingegen schenkte ihr nur kurzweilige Glückseligkeit. Dennoch konnte, nein, wollte ich ihm nicht klein beigeben. »Was verstehst du schon davon? Du bist ja gerade mal deinen Pampers entsprungen und kannst noch nicht mal für dich selbst sorgen. Und um das mal klarzustellen: Das, was zwischen Kate und mir läuft, geht nur uns etwas an. Also halte dich lieber zurück. Oder besser noch, geh endlich.«
»Hau du lieber ab. Im Gegenteil zu dir liebe ich nicht nur ihren Körper. Ich habe Interesse an ihrer Person. Ja Mann, ich habe mich in sie verliebt. Ich werde sie nicht kampflos aufgeben, denn du verdienst sie nicht!« Wütend blickte er mich an. Seine Hände ballten sich bereits zu Fäusten.
Zum ersten Mal, seit er sprach, war ich einer Meinung mit ihm. Allerdings war ich nicht gewillt, mich weiter von ihm maßregeln zu lassen. Wütend schritt ich auf ihn zu. »Das weiß ich! Doch werde ich nicht einfach verschwinden. Sie verdient …«
Kate trat gerade zurück auf die Veranda. Ihr Anblick, wie sie da in einem knappen Hawaiihemd stand, welches sie unterhalb ihrer Brüste zusammengeknotet hatte, ließ mich innehalten. Wie gebannt nahm ich ihr anbetungswürdiges Erscheinungsbild in mir auf. Sie hatte sich Bier, Sprudel, ein Glas, sowie ein Shave Ice unter ihre Arme geklemmt. Das alles drückte sie gegen ihren Oberkörper, sodass ihre an sich schon üppige Oberweite noch voller erschien und nahezu aus dem nach oben hin offenem Hemd herausquoll.
Bevor ich es überhaupt in Erwägung zog, war Kenny zu ihr geeilt. Er nahm ihr sowohl die Limonade als auch das Eis ab.
In diesem Moment kam ich mir noch schäbiger vor als vor einigen Augenblicken, da Kenny mir vor Augen führte, wie widerwärtig ich mich aufführte.
Die beiden kamen zurück zum Tisch, stellten die Gefäße ab und setzten sich.
Binnen Minuten waren sie in ein Gespräch über die Hochzeit vertieft, schweiften jedoch hin und wieder zu Themen rund um Wellen, Surfboards und Bademode ab.
Sie schienen sich sehr vertraut zu sein. Zudem lagen sie geschmacklich wohl auf einer Wellenlänge. Ich hingegen saß nur lauschend da. Ja, ich sagte die ganze Zeit über kein Wort, sondern hing meinen Gedanken nach. Im Kopf formte ich durchweg Sätze, um ihr schonend beizubringen, dass dies unser letztes Treffen sein würde.
~ Daniel ~
Inzwischen stand die Sonne in einem Winkel am Horizont, dass es fast unmöglich war, sich weiterhin auf der Veranda aufzuhalten. Wir beschlossen also, ins Haus zu gehen.
Kate verschwand geradewegs ins Schlafzimmer. »So, ich geh jetzt schwimmen«, rief sie uns über ihre Schulter hinweg zu.
»Ich komme mit«, entgegnete Kenny ihr sogleich.
Sie lugte noch einmal zur Tür heraus. »Vergiss es! Du bleibst schön hier. Du hilfst Daniel beim Aufräumen. Es ist schließlich die Hochzeit deines Vaters, wegen der das Chaos bei mir ausgebrochen ist.«
Bei ihrer direkten Art konnte ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen und auch Kenny grinste. Als ich ihm dann jedoch den Besen in die Hand drückte, der zufällig in meiner Griffweite war, blitzten seine Augen nahezu böse auf.
»Was glaubst du, wer du bist? Du kannst mich doch nicht rumkommandieren, wie einen Angestellten.«
Diesmal musste ich sogar lachen. »Doch kann ich …«
»Versuch das mal«, konterte er, wobei er mich herausfordernd angrinste.
»Willst du das wirklich ausprobieren?« Demonstrativ baute ich mich vor ihm auf. »Entweder du hilfst mir oder du machst den ganzen Mist alleine weg.« Meine Augen verengten sich bereits. Ein falsches Wort von ihm und ich würde ihm genauso wie dem Pizzaboten und dem Nerd Benehmen beibringen. Ja, es gab Momente wie diesen, wo ich es liebte, Menschen beeinflussen zu können. Zwar konnte ich ihren Geist nicht brechen, aber manche waren so willensschwach, dass ich sie zu meinen Hampelmännern mutieren lassen konnte, so ich es denn wollte.
»Wie wäre es mit einer Wette?«, fragte er versuchsweise locker. Die Gänsehaut, die über seinen Körper fuhr, zeigte mir jedoch, wie viel Respekt ich ihm allein durch meine Aura einflößte.
»Welche?«, fragte ich dennoch nach.
»Derjenige, der Katy zuerst zum Lachen bringt, braucht nichts zu tun. Der andere macht alles.«
Siegessicher nickte ich nur. Ihm die Hose runterzuziehen, wäre ein Leichtes für mich.
In diesem Moment kam Kate auch schon wieder aus ihrem Schlafzimmer heraus. Abrupt hielt ich in meiner Bewegung inne. Ihr Anblick war einnehmend. Sie stand in einem knappen Bikini in der Tür, der ihre Rundungen noch weiblicher erscheinen ließ. Ihre wohlgerundeten Hüften, ihr leicht gewölbter, aber straffer Bauch und nicht zuletzt ihr Dekolleté schrien geradezu nach einer Berührung von mir.
»Hey Katy! Daniel bot mir gerade eine Maria Johanna an. Willst du vielleicht auch eine?«, holte mich Kenny aus meinem Tagtraum zurück, in dem ich gerade jeden Zentimeter ihrer Haut erforschte.
Kate brach sofort in schallendes Gelächter aus. »Du bist saudoof. Der letzte, der einen Joint bei sich trägt, ist Daniel. So kannst du dich nicht vor mir profilieren!«
»Mir egal! Hauptsache, ich habe die Wette gewonnen.« Damit drückte er mir auch schon den Besen zurück in die Hand. »Babe, wir können los. Daniel hat versprochen, wenn ich dich zum Lachen bringe, räumt er alleine auf.«
Fragend blickte sie mich an. Während ich um meine Fassung rang, murrte ich: »Ja, er kann gehen.«
Umgehend verließen die beiden den Raum. Zu meinem Unmut folgte Kenny ihr nicht, sondern ging direkt an ihrer Seite. Dabei legte er seine Hand auf ihren Steiß.
Nur mit Mühe konnte ich mich davon abhalten, ihm auf seine Finger zu hauen. Benehmen hatte der Kerl eindeutig nicht gelernt. Mein Vater hatte mir jedenfalls schon früh beigebracht, dass man eine Frau nicht einfach antatschte - und schon gar nicht, wenn sie nahezu unbekleidet war.
Genervt über so wenig Takt- und Ehrgefühl, atmete ich tief aus. Ihm die Leviten zu lesen würde bedeuten, mich lächerlich zu machen. Zudem würde ich ihm weiteren Stoff für unterschwellige Beleidigungen liefern.
Resigniert entschloss ich mich, mein Versprechen wahr zu machen. Als die beiden fort waren, entkleidete ich mich bis auf meine Panty, damit ich meine Kleidung beim Putzen nicht verschmutzte.
Ehe ich mich versah, war ich nicht nur dabei, ihr Eingekauftes wegzuräumen. Nein, überdies wusch ich ab und verstaute das saubere Geschirr in den Schränken. Außerdem räumte ich auch all die anderen Dinge weg, staubsaugte und wischte am Ende sogar. All das tat ich, um die Wut, die in mir brodelte, loszuwerden. Doch es half nichts.
Nachdem endlich der große Wohnraum fertig war, im Schlafzimmer die Wäsche im Schrank hing und nicht mehr davor lag, ging ich daran, das Bad zu reinigen.
Der Raum war kleiner als gedacht. Zudem war er mit weniger Kram gefüllt, als ich es von einer Frau erwartete. Lediglich drei Lippenstifte in verschiedenen Farbtönen sowie zwei Lidschatten lagen auf der Ablage über dem Waschbecken. Nicht einmal Mascara oder Eyeliner schien Kate zu besitzen. Die Erkenntnis, dass ihre langen dunklen Wimpern echt waren, brachte mich zum Lächeln.
Ein weiterer prüfender Blick durch den Raum ließ mich erkennen, dass sie, trotz ihres chaotischen Wesens, sehr auf Hygiene bedacht war. Einzig in der Dusche befand sich ein kleiner Tropfen ihres Duschgels. Alles andere war sauber.
Mit einem Lappen bewaffnet ging ich in die Kabine, um ihn wegzuwischen.
Meine Gedanken wanderten dabei zu vorgestern, als sie bei mir geduscht hatte. Wieder sah ich sie unter meiner Dusche stehen und sich den Wasserstrahl direkt zwischen ihren Schritt halten.
Bilder, wie sich meine Gespielin hier in ihrer eigenen Kabine selbst verwöhnte, blitzten in meinem Kopf auf, und ohne dass ich etwas dagegen tun konnte, erwachte meine Libido. Meine Erregung war deutlich zu spüren. Die Enge des Slips wurde unerträglich und so schob ich den Bund bis unter mein Gemächt.
In dem Moment, als ich mir mit meiner Hand Erleichterung verschaffen wollte, wurde die Tür von Kenny aufgestoßen.
In der Bewegung innehaltend versuchte ich mit aller Macht, meinen Zorn im Zaum zu halten. »Kannst du nicht anklopfen?«, blaffte ich ihn an. Meine freie Hand ballte ich bereits zur Faust.
Er hingegen senkte seinen Blick. Kurz und laut pfiff er. »Es ist ein Wunder, dass sie auf dich steht. Meiner ist dreimal so groß, wenn er hart ist.«
»Nein, es wäre eher ein Wunder, wenn sich meiner bei deinem Anblick nicht zurückgezogen hätte. Und das solltest du jetzt lieber auch tun.« Meine Stimme war leise und wirkte umso bedrohlicher.
Kate trat ebenfalls ein, griff sich ein Handtuch aus dem Regal. Als wenn nichts wäre, begann sie ihre Haare abzutrocknen. Dass ich hier immer noch mit meinem Glied in der Hand stand, schien sie gar nicht zu bemerken. Wobei ich es nur noch umschloss, um ein wenig Anstand zu wahren.
Meine Gespielin sah um einiges lebendiger aus als noch vor Stunden. Ihre Augen leuchteten regelrecht, ihre Haare glänzten und ein paar einzelne Wasserperlen schimmerten sogar noch immer auf ihrer Haut.
Alles in allem war sie die pure Sinnlichkeit, wie sie so leicht bekleidet vor mir stand. Doch in diesem Augenblick interessierte mich viel mehr, ob Kenny wohl für die leichte Röte auf ihren Wangen die Verantwortung trug.
Beim Rausgehen streifte Kenny sie und ich war mir sicher, dass es nicht aus Versehen geschah.
Schon war mir wieder danach ihm Manieren beizubringen. Kate hingegen wollte ich gerne entlocken, was zwischen ihr und diesem Tunichtgut ablief. Aus dem, was sie mir bis jetzt erzählt hatte, konnte ich keine Schlussfolgerung ziehen. So war ich mir nicht sicher, ob sie sich nicht sogar von ihm bedrängt fühlte, sich aber nicht getraute, ihm die Stirn zu bieten.
Kate lächelte Kenny gerade noch rechtzeitig an, bevor ich der Sache nachgehen konnte. »Warte, ich gebe dir eben den Probedruck der Einladungen.« Sie drehte sich um und gemeinsam verließen sie das Bad. Neugierig geworden folgte ich ihnen, blieb aber im Türrahmen zum Wohnraum stehen.
Mit wiegenden Hüften ging sie zur Küchentheke und nahm etwas in die Hand. »Dienstag brauche ich Bescheid.« Kate überreichte Kenny einen Umschlag, zudem schenkte sie ihm sogar ein weiteres liebevolles Lächeln.
»Ich richte es aus. Tschau, Babe«, er beugte sich zu ihr hinunter und gab ihr einen Kuss auf den Mund.
Kate stand einfach nur da. Sie tat nichts dagegen, was in mir wiederum die Frage aufwarf, ob sie wohl heute nicht mit mir schlafen wollte, weil sie sich in ihn verliebt hatte. Der Gedanke tat weh. Zu weh! ›Verflixt!‹, stieß ich innerlich aus. ›Ich muss das hier beenden, bevor ich es nicht mehr kann!‹
Nachdem Kenny endlich aus unserem Sichtfeld war, drehte sie sich zu mir um. »Bring es zu Ende!« Dabei deutete sie mit ihrem Blick auf meinen Schritt. »Das Essen ist in zehn Minuten fertig.« Sie tapste zu ihrem Kühlschrank und holte Gemüse sowie ein Päckchen Hähnchen-Geschnetzeltes hervor. Ohne weiter auf mich zu achten, begann sie eine Mahlzeit daraus zu zaubern, indem sie noch Spaghetti zufügte, die wohl vom Vorabend übrig waren.
Indes nahm ich meine Hand von meinem Glied, bedeckte die noch leichte Schwellung mit dem Stoff meiner Shorts und ging zum Waschbecken, links neben der Tür. Während ich mir die Hände wusch, ließ ich sie keine Sekunde aus den Augen. Eingehend musterte ich sie, indem ich mich schräg nach hinten beugte. Dass er sich in sie verliebt hatte, konnte ich tief in mir sogar verstehen. In jeder Lebenslage strahlte sie pure Lebensfreude aus. Selbst jetzt beim Kochen wiegte sie ihre Hüften und summte unbeschwert ein Lied.
Genervt von dem Pulsieren in meinem Schritt, schloss ich meine Augen, um mir vorzustellen, wie sie als alte Frau aussehen würde. Doch auch im Alter sah sie in meiner Vorstellung noch immer knackig und quicklebendig aus. ›Vergiss es. Stell dir was anderes vor!‹, ermahnte ich mich, um endlich meine Erektion loszuwerden.
»Du bleibst doch noch zum Essen, oder?«, fragte sie mich, als sie nach ihren Tellern griff, um den Tisch zu decken.
Bei dem Duft, der mir in die Nase stieg, konnte ich nicht Nein sagen. Zudem war ich neugierig, ob sie mir gleich erzählen würde, dass sie nun mit Kenny zusammen ist, oder zumindest hoffte, es bald zu sein.
Ich verwarf den Wunsch nach Selbstbefriedigung und setzte mich zu ihr an den Tisch. Wie sich herausstellte, entsprach der Geruch des Essens genau dem Geschmack. Die bunte Pfanne schmeckte phänomenal. Allerdings ließ mich das Chaos, welches sie beim Kochen fabriziert hatte, aufseufzen.
Nein, ich hatte wirklich keine Lust mehr, heute noch einmal den Putzlappen zu benutzen. Aber genauso wenig war ich daran interessiert, mit einem geschwollenen Glied nach Hause zu fahren. Lieber wollte ich mit ihr intim werden und in ihr meine Erlösung finden.
Dass sie mir immer wieder schüchterne oder verheißungsvolle Blicke zuwarf, half mir auch nicht dabei herunterzukommen. Im Gegenteil, meine Erektion wuchs mit jeder Minute, die sie neben mir saß, wieder an. Unruhig begann ich auf dem Stuhl hin und her zu rutschen.
Ob sie mit mir schlafen wollte oder nicht, war mir spätestens in dem Moment einerlei, als sie mit Genuss eine Nudel aufsog. Ihre vollen Lippen glänzten dabei von der Sauce. Ihr seliger Gesichtsausdruck, als die Spaghetti gänzlich in ihrem Mund verschwand, ließ mich alle Bedenken und Vorsätze über Bord werfen. Unvermittelt stand ich auf und hob sie hoch, um sie umgehend in ihr Schlafzimmer zu tragen. Dort warf ich sie auf ihr Bett und mich sogleich hinterher, direkt neben sie. Bis hierhin war sie mir auch gediegen. Als ich jedoch meine Hand unter ihr Bikinihöschen schieben wollte, hielt sie diese fest.
»Nein, heute nicht! Bitte.« Sie wandte sich von mir ab und legte sich auf ihre linke Schulter. Gleichzeitig schob sie jedoch ihr Gesäß gegen meine Lenden. Erregung durchflutete mich erneut, was sie sogleich in Form eines Zuckens zu spüren bekam.
»Kannst du dich nicht mal für eine Nacht beherrschen?« Kate kicherte leise.
Ich nahm ihr Ohrläppchen zwischen meine Zähne. Ganz leicht biss ich zu. »Anscheinend nicht«, flüsterte ich.
Sie keuchte und ich befürchtete schon, es übertrieben zu haben. Kate wandte sich mir zu. »Dann wird es Zeit, dass du es lernst.« Sie drehte ihr Gesicht wieder weg. Zugleich rückte sie ein wenig von mir ab.
Obwohl mich die Frage nach dem ›Warum‹ innerlich zerriss, wagte ich es nicht, sie zu stellen. Ich hatte in meinen Augen kein Anrecht auf eine Erklärung. Schließlich waren wir nicht einmal ein Paar.
Stattdessen fragte ich sie, ob ich gehen solle.
»Nein Professor. Bitte bleib.« Sie schob sich wieder an mich heran, nahm meinen Arm und legte ihn über ihren Oberkörper. Ihre Wange legte sie auf meinen Handrücken. »Einfach hierbleiben …«, murmelte sie. Ihr Atem wurde stetig flacher. Bald darauf merkte ich, dass sie, sanft in meinen Armen eingebettet, eingeschlafen war.
Selbst war ich jedoch zu aufgewühlt, um zu schlafen. Alsbald vernahm ich ein gleichmäßiges leises Schnarchen, welches von ihr kam. Die Gelegenheit nutzend, vergrub ich mein Gesicht in ihren Haaren. Dabei sog ich ihren Duft tief in mir ein. Ihre Nähe hatte tatsächlich eine beruhigende Wirkung auf mich. Haut an Haut mit ihr hatte ich das Gefühl, alles, was noch auf mich, auf sie und, ja, auf den Rest der Welt zukommen würde, überstehen zu können.
Und doch entschloss ich mich zum wiederholten Male dazu, einen Schlussstrich zu ziehen. Wenn sie in den kommenden Monaten oder Jahren bei mir war, schwebte sie in zu großer Gefahr. Die Energie, die sie mir gab, war nicht so unbegrenzt, wie es mir anfangs schien und ihre Seele war das Letzte, was ich aufs Spiel setzen wollte, machte es doch ihr ganzes Wesen aus.
Am nächsten Morgen suchte ich bereits leise meine sieben Sachen zusammen, als Kate plötzlich aufschreckte. Mit großen Augen sah sie mich an. »Willst du schon gehen? Ich dachte, du bleibst noch auf einen Kaffee. Ich hätte da was zu bereden.«
Eigentlich hatte ich geplant, ihr einfach eine Nachricht zu hinterlassen. Jetzt, wo sie wach war, konnte ich mich jedoch nicht einfach davonstehlen. Zudem ließ mich ihre Ankündigung hoffen, dass wir das Unvermeidliche ohne Tränen hinter uns bringen konnten.
Umgehend sprang sie aus dem Bett, zog sich Rock und Shirt über und ging zielstrebig hinaus.
Nur Sekunden später hörte ich sie in der Küche hantieren. Ich folgte den Geräuschen und war erstaunt, wie schnell sie es geschafft hatte, das Chaos vom Vorabend zu beseitigen. Zudem hatte sie bereits den Tisch für zwei gedeckt. Aus ihrer Schnelligkeit schlussfolgerte ich, dass sie ihren Energievorrat wieder aufgeladen hatte. Nur wie, das blieb mir ein Rätsel.
»Bevorzugst du bitter oder süß?«, fragte sie mich.
Erleichtert sah ich sie an. »Am liebsten mag ich es kurz und schmerzlos!«, erwiderte ich, drapierte mein Hemd über die Stuhllehne, stellte meine Schuhe auf den Boden ab und setzte mich auf den Küchenstuhl. Die sitzende Position nahm mir das ungute Gefühl, auf sie hinabzublicken.
Kate stolperte über das wild gewordene Fellbündel, welches gerade wie von Sinnen auf mich zuraste.
Während der Hund an mir hochsprang und vergeblich versuchte, mein Gesicht abzulecken, verteilte Kate den Zucker quer durch ihre Küche. Dabei bekam ich eine große Ladung ab.
»Oh, sorry. Das wollte ich nicht.« Beschämt sah sie mich an. »Ich muss Einstein echt noch Manieren beibringen.« Sie kam auf mich zu, um in meinen Haaren herumzufuchteln. Kleine weiße Krümel fielen herunter. »Eigentlich wollte ich nur wissen, ob du Kaffee in deinen Zu… ähm, Zucker in deinen Kaffee willst«, stotterte sie verlegen.
»Zucker? … Ja, bitte«, murmelte ich leise, dabei ließ ich außer Acht, dass ich sonst den Kaffee schwarz trank. Ihre Nähe verwirrte mich geradezu. Zudem nahm ich ihren Duft nach Zimt intensiver wahr. Er war durchzogen von Pheromonen und ließ mich in meinem Entschluss, sie heute zu verlassen, schwanken.
Sie blickte mich verlegen an. »Dann muss ich wohl neuen besorgen. Du könntest inzwischen duschen gehen. Du weißt ja, wo das Bad ist.« Sie wandte sich ab.
In diesem Augenblick wollte ich sie jedoch nicht gehen lassen. Auch wenn die Zeit für den Abschied schon längst gekommen war, wollte ich diese Energie, die zwischen uns herrschte, noch einmal fühlen.
Ich packte sie und zog sie ganz dicht an mich. Meine Lippen prallten auf ihre. Sofort öffnete sich ihr Mund einen Spalt. Ein Stöhnen entfloh ihr und meine Zunge stieß kurzerhand vor.
Meine Hände rutschten wie selbstverständlich unter ihren Rock. Geschickt schob ich ihr Bikinihöschen zur Seite. Meine Finger tasteten sich vor und berührten ihre empfindlichste Hautpartie.
Sie keuchte. »Daniel.«
Der Klang dieses einen Wortes reichte, um meine letzten Bedenken zu Staub verfallen zu lassen. Ja, sie sollte mir gehören. ›Nur noch ein einziges Mal‹
Wie zum Beweis, dass sie es genauso wollte wie ich, vergrub sie ihre Finger in meinem Hosenbund. Umgehend schob sie meine Shorts bis unter mein Glied.
Unerwartet fühlte ich meinen Vater in der Nähe.
Kates Augen weiteten sich. Von einer Sekunde zur nächsten, erblasste sie.
In diesem Moment war ich mir sicher, dass sie Michaels Präsenz ebenfalls gespürt hatte. Als er sich mir zum ersten Mal näherte, war es, als wenn ich ein Statist in einem Gruselfilm war. Meine Nackenhaare stellten sich damals auf. Über meinem gesamten Leib bildete sich eine Gänsehaut. Diese Eindrücke wandelten sich mit der Zeit in angenehme, nein, sogar wunderbare Empfindungen. Doch das war nur möglich, weil ich wusste, mit wem ich es zu tun hatte. Für sie würde es jedoch wohl immer ein Rätsel bleiben.
Kate blickte indes verwirrt hin und her, als suche sie die Quelle ihres Unwohlseins.
Mir war klar, dass sie sie nicht finden würde, zumal Michael bereits wieder verschwunden war.
»Du musst gehen!«, wies sie mich dennoch an. Grob zog sie mich vom Stuhl und schubste mich regelrecht zur Verandatür hinaus. Dann schloss sie nicht nur das Fliegengitter als auch die Tür selbst. Nein, sie zog sogar den Vorhang zu, der sonst immer offen war.
»Na, da hat es sich aber jemand verscherzt.« Kenny kam gerade in dem Moment in mein Blickfeld, als ich mir meine Shorts wieder hochzog.
Meine Verwirrtheit wich augenblicklich purer Wut. Seine Arroganz gepaart mit meinem Frust und meiner sexuellen Anspannung, die keine Erlösung finden würde, ließ meine Selbstbeherrschung in sich zusammenfallen. Ich trat ihm entgegen. Ehe wir beide überhaupt realisiert hatten, was geschah, lag er bereits am Boden.
Blut tropfte aus seiner Nase, aber das war mir in diesem Moment egal. »Tu ihr ja nie weh!«, stieß ich aus zusammengepressten Zähnen hervor, zog ihm sein Hemd aus und stiefelte über den am Boden liegenden Körper hinweg. Immer noch wütend, stapfte ich barfuss zu meinem Wagen. Auf dem Weg dorthin zog ich Kennys Hemd an.
Die abgetönten Fenster des Cherokee spiegelten mein Erscheinungsbild wieder. Mich in einem bunt bedruckten Hawaiihemd zu sehen, stachelte meinen Zorn nur noch mehr an. Mit quietschenden Reifen brauste ich davon. Dabei war es mir egal, dass der Kies durch die Gegend gewirbelt wurde.
Erst als ich die Stadtgrenze zu Honolulu passiert hatte, sank mein Adrenalinspiegel ab. Minuten später ließ auch meine Erektion nach. Nun traute ich mich auch, meinen Vater in Gedanken anzurufen. »Michael?!«
»Ja?«, antwortete er sogleich auf demselben Weg.
»Was wolltest du eben von mir, als ich bei Kate war?« Diesmal sprach ich die Frage laut aus. Zugleich verschloss ich meinen Geist vor ihm, um meine Gedanken nicht freizugeben. Würde ich ihm ungehinderten Zugang geben, war es nur eine Frage der Zeit, bis er herausfand, was ich vor drei Tagen getan hatte. Dies galt es jedoch weiterhin zu verhindern.
Michaels glockenklares Lachen hallte durch den engen Raum des Cherokees. Neben mir bildete sich eine Gestalt. »Glaubst du wirklich, ich wüsste nicht, dass du Ninas Erinnerungen freigelegt hast? Ich denke, es ist an der Zeit, dass sie ein wenig mehr über sich erfährt.«
»Also kann ich ihr ruhig etwas über dich erzählen?«
»Nein! Ich sagte über sich – nicht über mich. Sie sollte nicht zu viele Informationen erhalten. Wenn sie zu viel über mich und meinesgleichen erfährt, laufen wir Gefahr, dass sie ihre Denkweise ändert. Nein, so wie sie jetzt ist, ist sie mir weitaus lieber.
Okelani und alle nach ihr verfolgten stets ein Ziel. Sie zerbrachen allesamt daran. Nina entscheidet frei von Zwängen. Aber sie muss erkennen, wie viel Macht sie hat. Nur so kann sie die Kraft aufbringen, die Furien zu stoppen.«
Zustimmend nickte ich nur. Ich spürte Michaels Blick auf mir ruhen, also sah ich ihn direkt an.
Er legte seinen Kopf schief. »Wie kommst du darauf, dass ich eben bei dir war? Ich habe mich dir noch nie gezeigt, wenn du nicht alleine warst.«
»Weil ich deine Anwesenheit gespürt habe und Kate fühlte dich auch. Das konnte ich ihr ansehen.«
Michael schien nachdenklich. »Ich war das nicht. Hoffentlich war das keiner von den meinigen. Obwohl … Nein, dann wäre ich schon zurückberufen worden. Dennoch werde ich mich umhören.« So geräuschlos, wie er gekommen war, verließ er mich auch wieder.
Nur ein Restgefühl von Geborgenheit, welches mich immer heimsuchte, wenn mein Vater da war, bewies mir, dass ich nicht geträumt hatte.
~ Nina ~
Das Gefühl der Verbundenheit und Vertrautheit mit meinem Mann hallte noch immer in mir nach. Nicht einmal die Gedanken an die vergeudeten Leben konnten meine Stimmung wirklich trüben. Dennoch tat es mir gut, in der Grotte um den Seelenfrieden der Opfer des Tsunami zu beten. Es gab mir ein wenig Selbstachtung zurück, da ich in den vergangenen Stunden mein eigenes Wohl über das anderer gestellt hatte.
Bereits auf dem Ritt zurück, besprach ich mit Nick, wie wir den Wiederaufbau der Küstenregionen voranbringen könnten.
»Nina, ich muss sehen, wo wir was abzweigen können. Ich werde so viel Geld zur Verfügung stellen, wie es geht. Allerdings müssen wir der Satzung der Stiftung gerecht werden und die Mittel primär in Projekte stecken, die Kindern zugutekommen.«
»Das dürfte ja wohl nicht so schwer werden, Nick. Schließlich sind alle Südküsten Ozeaniens betroffen. Da wird es mit Sicherheit auch Kinderkrankenhäuser oder ähnliche Einrichtungen getroffen haben. Zudem werden die Verstorbenen vielleicht auch Waisen hinterlassen haben, denen wir vorrangig helfen müssen.«
Unwillkürlich musste ich wieder an das Mädchen mit den blonden Haaren denken. Mich beschlich das Gefühl, dass sie nicht zu den Opfern gehörte. Nur wer war sie dann?
Punani riss mich aus meinen Überlegungen heraus. Sie kam uns auf einem Quad entgegen. Dabei fuchtelte sie wild mit ihren Armen. Sofort brachte ich Bens Hengst Devil zum Stillstand.
»Justin hat hohes Fieber. Dr. Hartmann ist bereits bei ihm. Tutu macht gerade Wadenwickel«, rief sie aufgeregt.
Ich gab dem Hengst die Sporen. So erreichte ich das Haus bereits nach kürzester Zeit. Mit Schwung sprang ich vom Pferd und lief direkt hoch in sein Zimmer. Dort wurde ich von Dr. Phil Hartmann in Empfang genommen.
»Dein Sohn scheint einen kleinen Infekt zu haben. Für sein Alter ist sowas völlig normal. Ich habe ihm ein fiebersenkende Mittel verabreicht, das wird bald für Linderung sorgen. Vermutlich wird er jegliches Essen verweigern, was aber auch nicht weiter schlimm ist. Achtet nur darauf, dass er viel trinkt«, sagte er an mich gewandt.
Seine ungeplante Anwesenheit wollte ich ausnutzen, um etwas zu klären, was mich seit meinem Aufenthalt in Bremen beschäftigte. »Phil, kann ich dich einen Moment sprechen?« Ich bat ihn vor die Tür, indem ich mit dem Kopf in Richtung Flur wies.
Der Arzt zog seine Augenbraue hoch, folgte mir aber bereitwillig.
»Also, was war damals in der Spritze?«, griff ich das Thema auf, das mich seit Monaten nicht mehr losließ. Dabei schloss ich die Tür, damit niemand etwas von unserem Gespräch mitbekam.
Phil jedoch wiegte mit dem Kopf. »Es war eine besondere Essenz, die deinem Körper half zu heilen. Die Zusammensetzung ist geheim. Du kannst mich löchern, wie du willst, ich werde sie dir nie sagen.«
»Also waren es nicht die Kräuter von Keanu, die mir halfen?«
»Ja, nein, doch schon auch. Das, was ich dir gab, ließ die Vernarbungen zurückgehen. Der Tee von Keanu sorgte für eine bessere Durchblutung. Alles in allem bist du durch diese Kombination schwanger geworden.«
»Mal angenommen, ich möchte noch ein Kind.«
»Es ist nicht zwingend notwendig, dass du die Kräuter zu dir nimmst, aber schaden tun sie dir auch nicht.«
»Sag mir bitte, was in der Spritze …«, versuchte ich es erneut.
»Nein! Und damit ist das Thema für mich beendet! Ich muss jetzt auch nach Hause. Ute wartet bereits mit dem Essen auf mich.« Damit ging er zurück ins Zimmer, um kurz darauf mit seinem Arztkoffer wieder herauszukommen.
Erst jetzt merkte ich, dass es schon Mittag war. Also beschloss ich, für Justin und mich etwas aus dem Strandhaus herüberzuholen. Bei der Gelegenheit würde ich Cassie bei einer der Frauen lassen, damit der Junge in Ruhe schlafen könnte.
Die ganze Nacht über lag ich mit Justin auf dem breiten Sofa. Am Morgen war er zwar immer noch leicht warm, glühte aber nicht mehr. Justins leises Schnarchen wurde durch das Geräusch der aufgehenden Haustür überdeckt.
Bevor ich reagieren konnte, rief jemand »Nina, bist du oben?«
»Nein, wir sind hier!«, gab ich flüsternd zur Antwort »Sei bitte leise. Justin schläft.« Indes reckte ich mich vorsichtig in die Höhe, um über die Sofalehne blicken zu können. Nur einen Moment später tauchte mein Mann im Türrahmen auf.
»Oh, ihr habt es euch aber gemütlich gemacht.« Er grinste schief, als er das Chaos von Gläsern, Süßkram, Knabbereien und Suppenschüsseln auf dem Tisch sah.
»Justin hatte Fieber, also dachte ich, ich biete ihm an, was er gerne mag. Irgendwann sind wir dann wohl eingeschlafen«, erklärte ich ihm.
»Auê! Dass der Junge krank ist, wusste ich nicht. Warum hast du mich nicht angerufen?«, fragte er mich ebenfalls im Flüsterton.
»Weil ich dachte, dass du Wichtiges in Washington zu erledigen hast. Zumindest hörte es sich gestern Morgen noch so an.«
Mein Mann machte ein zerknirschtes Gesicht. »Ja, dachte ich auch. Doch die Spur stellte sich als Sackgasse heraus, also bin ich ganz umsonst geflogen und habe euch allein gelassen.« Mit vorsichtigen Schritten ging er zum kleinen Tisch ans Fenster. Er legte seinen Schlüsselbund sowie das Tablet auf den gepolsterten Stuhl, um ja keinen Krach zu machen.
»Spur? Sackgasse?« Neugierig geworden folgte ich ihm mit meinem Blick, während er zu uns herüberkam.
Wie von Zauberhand geleitet erhob sich Justin, murmelte ein paar unverständliche Worte, um sich anschließend am Sofaende wieder zum Schlafen hinzulegen. Dabei wickelte er die Decke um seine Beine, was meine freilegte, mich aber nicht störte, zudem seine Körperlast nun nicht mehr auf meiner Brust lag. Befreit atmete ich auf.
Ben ging um den Couchtisch herum. »Rück mal bitte ein Stück«, wies er mich leise an. Er zog sein Jackett aus, trat direkt neben mich und ließ sich auf dem Sofa nieder, als ich ganz vorsichtig Platz gemacht hatte.
Mit Zuhilfenahme seiner Zehen zog mein Mann sich seine Schuhe aus. Obwohl er Schnürer aus Leder trug, hatte er keine Strümpfe an. Seine blanken Füße legte er auf der Lehne des Sessels vor ihm ab.
Wohlig aufseufzend legte ich meinen Oberkörper eng an seinen.
Sanft umschlang er mich von hinten und strich zärtlich über meinen Arm. »Öffne deinen Geist für mich. Ich möchte nicht, dass Justin etwas mitbekommt.«
Zustimmend nickte ich und schloss meine Augen, um mich auf ihn zu konzentrieren.
»Erinnerst du dich noch daran, wie du Kontakt mit Kalama aufgenommen hast?«, hörte ich ihn in mir.
»Ja sicher. Den Abend werde ich nie vergessen. Zum ersten Mal hattest du dich mir ganz geöffnet, aber dann …« Erinnerungen an meine Entführung brachen sich ihre Bahn. Wie klamme Hände legten sie sich um meinen Hals und drückten unbarmherzig zu. Das Gefühl der Machtlosigkeit hinderte mich am Atmen. Hektisch fächelte ich mir Luft zu und schnappte nach Sauerstoff. Zeitgleich bemühte ich mich, nicht zu weinen und auch meinen Puls herunterzubringen. All das half jedoch nicht. Unaufhörlich wurde ich tiefer hinab in einen Strudel aus Angst und Traurigkeit gesogen. Die Schwärze der Bewusstlosigkeit lähmte mich, nur um gleich darauf durch den brennenden Schmerz des Verlustes abgelöst zu werden. Bilder meines Sohnes, der blutend auf dem Rasen lag, stoben ebenso an meinem inneren Auge vorbei, wie die schemenhaften Gestalten Emilys und ihrer Schwester Magret für kurze Zeit wieder aufflackerten. Und als ob das noch nicht reichte, hatte ich das Gefühl, meine Narbe würde in Flammen stehen.
»Sch, mein Herz, du bist in Sicherheit«, vernahm ich die Worte meines Mannes. Nur drangen sie nicht zu mir durch. Zu tief war ich im Flashback gefangen und fand den Weg nicht mehr hinaus.
Tief atmete ich ein. Krampfhaft versuchte ich weiterhin meine Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Doch es wurde immer schlimmer. Meine Hände zitterten. Mein Atem ging stoßweise. Schweiß bildete sich auf meiner Haut. Zudem krampfte sich mein Unterleib schmerzhaft zusammen und ich spürte förmlich, wie Leilani meinem Körper entrissen wurde.
Ben legte plötzlich seine Hände an meine Schläfen. Er schmiegte seine Stirn an meinen Hinterkopf. »Hör mir zu!«, forderte er mich gedanklich auf. Ohne auf meine Erwiderung zu warten, fuhr er fort. »Du bist in Sicherheit. Niemand wird dir hier ein Leid zufügen. Wir beide liegen hier auf unserem Sofa. Nur wir zwei und Justin sind zugegen. Das, was damals geschah, ist ein Traum, dem du keine Bedeutung mehr beimessen sollst. Lasse außer Acht, was passierte, nachdem wir zu Bett gingen. Diese Erinnerungen verblassen zu einer Unwichtigkeit. Etwas, worüber es sich nicht mehr lohnt nachzudenken. Alles, was zählt, ist, dass du nun in Sicherheit bist, Ipo.«
Seine eindringlichen Worte schafften es, den qualvollen Nebel zu durchdringen, der mich eben noch so fest umschlungen hielt. Plötzlich wurde ich mir meiner Umgebung, dem Mann hinter mir und besonders seiner Umarmung bewusst. Ich fühlte mich wieder besser, dennoch blieb ein bitterer Nachgeschmack. ›Ich ja, aber Leilani nicht‹, kam mir in den Sinn.
»Ich weiß.« Er seufzte laut, fuhr dann aber in Gedanken fort. »Schließe die Augen. Konzentriere dich nur auf den Kontakt mit Kalama … Der Rest verweht wie Sand im Wind«, hörte ich ihn flüsternd in meinem Kopf.
»Moment!«, rief ich aus, ohne dabei auch nur einen Augenblick an Justin zu denken. Im selben Atemzug saß ich aufrecht. »Versuchst du gerade, mich zu beeinflussen?«
Der Kleine neben uns regte sich kurz. Mein Mann drückte mich indes wieder zurück auf seine Brust. »Ja. Allerdings nehme ich dir keine Erinnerungen, sondern nur die Angst davor. Zudem richte ich deinen Blickwinkel auf das Wesentliche des Abends«, hörte ich ihn erneut in mir.
Kalama tauchte wahrhaftig vor meinem geistigen Auge auf, doch mit einem Mal sah ich wieder klar.
»Darum geht es nicht«, widersprach ich ihm in Zimmerlautstärke. »Du kannst nicht einfach in meinen Kopf eindringen, mich aushorchen und manipulieren, ohne es vorher mit mir abzusprechen.
Wenn ich Angst habe, dann muss ich dagegen ankämpfen, nicht du. Wenn mir zum Heulen ist, dann lass mich weinen. Wenn ich sauer bin, dann lass mich wüten. Hör auf, immer über mich zu bestimmen. Du gibst mir das Gefühl nicht die Richtige für dich zu sein. Es ist, als ob du versuchen würdest, mich nach irgendeinem Ebenbild zu formen. Doch das will ich nicht. Ich will mich fürchten, will trauern. Außerdem will ich auch mal böse auf dich sein dürfen. Ich will ICH sein und wenn du das …«
»Nina, mein Herz. Beruhige dich«, fiel er mir ins Wort. Unerwartet lachte er und nahm mir damit ungewollt ein wenig der Wut, die sich gerade gegen ihn aufbaute. »A'ole, beruhige dich nicht! Sag, was du denkst, denn genau diese Offenheit, diese Leidenschaft, diese Lebendigkeit und vor allem deine Menschlichkeit ist es, die ich so an dir liebe. Ich will keine andere als genau diejenige, die jetzt hier mit mir ein Wortduell führt. Ja, genau dich will ich!« Er tippte mit dem Finger auf meine Stirn. »Und dass du mir hiermit«, er legte seine Hand auf die Stelle meiner Brust, an dem mein Herz saß, »blind vertraust. Deswegen bitte ich dich, mir noch einmal zu verzeihen. Kala mai iaʻu. Ich beeinflusse dich nie mehr ungefragt. Das ist ein Versprechen!«
»Okay!«, erwiderte ich. »Ich nehme deine Entschuldigung an!« Dann schloss ich meine Augen. »Also zeig mir jetzt bitte, was so wichtig ist.« Dabei kuschelte ich mich wieder ganz eng an ihn, um seine Wärme sowie die von ihm ausgehende Geborgenheit zu fühlen. »Ich will jetzt endlich wissen, was es mit Kalama auf sich hat«, forderte ich.
»Hiki! Mir ist damals etwas aufgefallen. Erinnere dich bitte an das Gespräch mit Kalama.« Diese erschien sofort wieder. »Wunderbar!«, freute er sich offensichtlich. »Jetzt achte auf den Hintergrund!«, forderte er mich auf.
Wie bei einem Kameraobjektiv zoomte ich die Häuser heran.
»Fällt dir auf, dass es keine Hochhäuser gibt?«
Mit einem geräuschlosen Nicken bejahte ich diese Frage.
»Und siehst du auch das fahrende Boot mit dem gelben Dach?«
Erneut nickte ich.
»Die Skyline kam mir damals schon ein wenig bekannt vor, und als ich vor ein paar Wochen wegen des Verkaufs der alten Villa in Washington D. C. war, sah ich eins dieser Fahrzeuge. Da wusste ich, dass Kalama sich in der Hauptstadt aufhält, also engagierte ich einen Detektiv, um sie aufzustöbern. Gestern Nacht rief er mich an. Er hätte sie gefunden. Doch als wir gerade über dem Pazifik waren, bekam ich eine SMS, dass sie untergetaucht sei. Ich hätte sofort umkehren können, aber ich beschloss, mir ihren Unterschlupf anzusehen. Es war nicht viel da. Aber zumindest fand ich ein paar Fotos von Yoshua, die ich bisher noch nicht kannte.« Er beugte sich zu seinem Sakko hinüber und holte ein paar Polaroids hervor.
Auf ihnen war ein kahlköpfiger Junge zu sehen, der schlief. Die Bilder waren völlig überbelichtet. Dadurch konnte man keine Einzelheiten erkennen. Lediglich ein Datum war auf dem unteren weißen Rahmen geschrieben worden.
»Er muss da drei Monate gewesen sein.« Ben erhob seine Hand und rieb sich die Augen. »Ich hatte so gehofft, sie vorzufinden.«
»Warum? Was willst du noch von ihr?«, fragte ich laut. Wirre Gedanken benebelten meine Sinne. Einer davon war, dass er noch etwas für sie empfinden könnte. Meine Furcht, nicht seine große Liebe zu sein, steigerte sich zur Angst, als ich an die Dateien auf seinem Laptop dachte.
Die Empfindungen nahmen überhand. Tränen traten mir in die Augen. Unwillkürlich musste ich daran denken, dass es solche Fotos nicht von mir und ihm gab. Zugleich schämte ich mich jedoch, dass ich in seine Privatsphäre eingedrungen war. Die Bilder schwirrten derweil wild in meinem Kopf herum, ohne dass ich etwas dagegen machen konnte.
Ben schien meine Gefühlswandlungen zu spüren, denn er zog mich noch dichter an sich. Liebevoll hauchte mein Mann mir einen Kuss aufs Haar. Im nächsten Moment sagte er: »Auê, du hast die Aufnahmen gesehen.« Er schob mich ein Stück von sich. Unser mentaler Kontakt brach sofort ab. In mir kämpfte die Scham gegen die Furcht, dass er mich für meine Schnüffelei verachten könnte.
Abrupt drehte er unsere Körper so, dass er mir direkt ins Gesicht sehen konnte. »Wir brauchen solche Bilder nicht. All diese Erinnerungen tragen wir in uns. Darf ich?«, fragte er.
Zustimmend nickte ich kurz, ohne zu wissen, was er wohl vorhatte.
Er legte seine Hand auf meine Stirn. Unmittelbar blitzten die schönen Momente unserer Beziehung vor meinem inneren Auge auf. Ich sah in Sequenzen, wie ich ihn zum ersten Mal erblickte. Erneut bildete sich eine wohlige Gänsehaut auf meinem Körper. Es folgte der Augenblick, in dem er die Halle betrat. Sein Blick traf meinen und um uns herum war nichts mehr wichtig. Die Sekunden, in denen er mir die Milch vom Mundwinkel strich, zogen in Zeitlupe an uns vorüber.
Die Minuten, in denen ich mich im Hotelgarten einfach nur an ihn schmiegte, wurden lebendig. Erneut sog ich seinen Duft nach Sandelholz tief in mir ein. Für diesen winzig kleinen Moment fühlte ich mich geborgen.
Das Gefühl der Machtlosigkeit übermannte mich nur Sekunden später, als ich Rachel in seinen Armen sah. Doch zugleich spürte ich sein Grinsen, was mir sagte, dass er genau diese Ohnmacht in mir erwecken wollte.
»Du Schuft!«, stieß ich hervor. Schmunzelte aber sogleich.
Er zwinkerte. »Das gehört dazu, Ipo. Eifersucht ist ein mächtiges Werkzeug, um jemanden dazu zu bringen, über seine Gefühle nachzudenken.«
»Also warst du es, und nicht Ben?«, fragte ich an Koa gewandt, weil nur er mich Liebling nannte. Wobei ich mich schon fragte, warum ER mir die Bilder zeigte.
»Weil ich die größere mentale Kraft habe«, beantwortete er mir die letzte Frage, die ich noch nicht einmal formuliert hatte. »Und was das andere angeht, so waren wir beide es, wie jetzt auch, zu gleichen Teilen. Ich kann ihn nicht zu etwas zwingen, was er nicht selbst will. Zu der Zeit wollte er jedoch wissen, wie du zu ihm stehst. Doch ohne mich, hätte er Rachel bestimmt nicht dazu missbraucht – so würdest du es doch nennen, oder?«
Zustimmend nickte ich. »Ja, du hast ihre Liebe zu dir missbraucht. Das war nicht nur nicht fair, sondern auch gemein. Eigentlich müsste ich dich dafür verachten.«
»Eigentlich?«
»Ja, eigentlich, denn ein Teil von mir ist dir dankbar. Ich brauchte diese Anstupser wirklich. Und Rachel hat ohne euch wohl auch ihr Glück gefunden. Das sagt Tom zumindest.«
Er lächelte nur vielsagend. Erneut wurde ich von Erinnerungen heimgesucht. Diesmal waren es jedoch keine allzu schönen. Ich sah ihn mit der Hand auf seiner Brust gepresst. Sein einziger Gedanke galt mir und meiner Sicherheit.
Sekunden später lag er im Krankenbett. Ben blickte mich mit einem hoffnungsvollen Gesichtsausdruck an. Allerdings sagte ich ihm nicht, dass ich ihn liebe, sondern gestand ihm, dass er mit seinen Kindern nach Disney World müsse.
»Damals warst du ständig an meiner Seite. Ich war mir so sicher, die magischen drei Worte von dir zu hören. Aber sie kamen nicht. Dabei hätte es uns so viel Kummer erspart«, hörte ich ihn in mir.
»Vielleicht hättest du sie zuerst sagen sollen«, erwiderte ich.
Er lachte. »Und damit Gefahr laufen, nicht nur meinen Bruder, sondern auch dich gegen mich aufzubringen? Nein, Nina. Ich wusste schon damals, dass du zu ehrenhaft bist, um dich von mir verführen zu lassen. Bei Okelani wäre es um einiges einfacher gewesen. Ihr war es egal, wessen Gefühle sie verletzte, um ihre Ziele zu erreichen. Aber du bist so nicht. Du willst es allen immer recht machen, selbst wenn es bedeutet, dein eigenes Wohl hinten anzustellen. Das wiederum ist etwas, was ich sehr an dir liebe.«
In diesem Moment war mein Drang, ihm in die Augen zu blicken, übermächtig. Doch er hatte seine Lider geschlossen, daher war ich mir nicht sicher, mit wessen Seele ich gerade kommunizierte.
Justin regte sich. »Mommy. Ich
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Astrid Rose
Bildmaterialien: Casandra Krammer unter Verwendung mehrerer Bilder von kuschelirmel-stock@deviantart.com und lostandtaken.com
Lektorat: Ramona Häßler und Astrid Rügamer
Tag der Veröffentlichung: 12.12.2017
ISBN: 978-3-7438-4574-9
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