Kurzgeschichten von
Alex Carpenter
Alle Personen und Handlungen in diesem Buch sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen wäre reiner Zufall.
© 2017 by Alex Carpenter
Alle Rechte vorbehalten
Inhalt
Das Missverständnis
Das Geheimnis des Überseekoffers – Gefährliche Erbschaft
Das Geheimnis des Überseekoffers – Der Jagdausflug
Der Hügel am Roten Meer
Der Test
Der Unfall
Die Fehlerkorrektur
Die ganze Wahrheit
Die Kiste – Version 2
Die Kiste – Version 3
Die Zeitung
Ein klärendes Gespräch in dunkler Nacht
Einsam und allein
Geschichte eines verlorenen Hundes
Gott auf Erden
Gott auf Erden – Version 2
Heimlich, still und leise
Ist diese Katze eine Katze (oder ein verzauberter Hund)?
Letzte Gedanken
Nur eine Testperson
Verbotene Gedanken – Unbequeme Wahrheiten
Ein interplanetarischer Zufall und seine Folgen
Wörterbuch Wukuwanisch – Deutsch
Das Ende ist nah – Warum kommt es zu mir?
Sinnlos
Schicksalhafte Begegnung
Sind Enten innen weiß?
Gott und die Welt
Je dunkler die Nacht
Nachdem Frau Pollenklopp-Schmirlapp dem Handwerker gezeigt hatte, welche Arbeiten in der schon viel zu lange leer stehenden Wohnung gemacht werden mussten, fügte sie noch etwas hinzu.
»Um eins bitte ich Sie ganz besonders, Herr Schluntzke.«
»Und das wäre?«
»Dass Sie schon nächste Woche anfangen.«
»Aber da ist Karneval!«
»Na und?«
»Da geht gar nichts, verstehen Sie?«
»Und wenn ich was extra zahle?« Sie warf ihm einen vielsagenden Blick zu, aber er blieb hart.
»Meiner Eins will dieses Jahr feiern, egal was Sie bieten!«
»Aber am Mittwoch ab acht Uhr legen Sie los, nicht wahr?«
»Ich hatte eher an Donnerstag gedacht«, erwiderte er lahm.
»Mittwoch!«
»Okay, Mittwoch.«
»Acht Uhr!«
»Wenn's sein muss.«
»Oh ja, denn mir geht es dabei um einen Mieter, dessen Wohnung ich auch gern renovieren lassen würde, wenn Sie verstehen.«
»Hm, schon klar.«
»Sehr gut, denn wenn der seine Drohung wahr macht, bin ich ihn auf die Schnelle los.«
»Welche Drohung?«
»Nun, er drohte damit, ihnen den Schädel einzuschlagen.«
»Für solche Scherze bin ich nicht sehr empfänglich, Frau Pollenklopp-Schmirlapp. Und was ist, wenn der Typ seine Drohung wahr macht? Ihren Schädel will er ja nicht einschlagen.«
»Sie sind doch ein kräftiger Mann. Lassen Sie ihn einfach nicht in die Wohnung.«
»Irgendwann muss ich raus. Und wenn er mir dann den Schädel zermatscht? Was dann?«
»Dann wird er verhaftet, die Wohnung wird frei und dann können sie .... Oh!«
»Ja, von wegen oh! Wenn sich keine andere Lösung findet, fange ich eben erst am Donnerstag an.«
»Dann .... dann entziehe ich ihnen den Auftrag und beauftragen jemand anderen.«
»Soll mir recht sein, aber wenn ich hören sollte, dass hier jemand getötet wurde, werde ich sofort die Bullen über ihre Pläne informieren.«
Am liebsten hätte sie jetzt eigenhändig seinen Schädel zu Brei geschlagen, aber sie hatte nichts Brauchbares zur Hand, weshalb sie sich nur vorstellte, wie es wäre, immer wieder mit einem Hammer auf seinen hässlichen Kopf einzuschlagen. Dieser Gedanke ließ ein flüchtiges Lächeln auf ihrem Gesicht erscheinen, doch dieses Gesicht hätte mehr gebraucht, denn nicht umsonst hielt man seine Besitzerin recht oft für die Zwillingsschwester der Kanzlerin. Oder zumindest für deren Doppelgängerin.
Richard war immer noch überzeugt davon, dass es sich entweder um einen Irrtum oder einen Streich handelte. Immerhin hatte er bis heute nicht gewusst, dass er einen Onkel Peter hatte, den es aber nicht mehr gab, weil er angeblich spontan verstorben war.
Aber aus diesem Grund stand nun dieses Ungetüm von einem Koffer neben der Couchgarnitur und erinnerte Richard an Zweiblums Koffer in dieser abgedrehten Geschichte von Terry Pratchett. Und daran, dass er dieses Monstrum ohne die Hilfe kräftiger Freunde nie an eine weniger auffällige Position verbringen könnte.
Andererseits könnte sich wer weiß was in diesem Minisarkophag befinden. Aus dem Schreiben des Testamentsvollstreckers ging hervor, dass sein Onkel die ganze Welt bereist hatte. Vielleicht fand er ein Gemälde eines alten Meisters oder einen Beutel mit Perlen aus der Südsee. Hauptsache wertvoll.
Richard nahm den einzigen Schlüssel in die Hand und betrachtete ihn ausgiebig. Ein Teil des einzuführenden Endes dieses protzig wirkenden Eisenschlüssels war hohl, hatte zwei Bärte und teilte sich am anderen Ende in zwei ineinander verwobene chinesische Drachen.
Schließlich gab er sich einen Ruck, trank die angefangene Flasche Bier in einem Zug leer und erhob sich leicht schwankend. Es dauerte fast zwanzig Minuten, bis er das gut getarnte Schlüsselloch entdeckte. Seine Hand zitterte leicht, dann war auch diese Hürde genommen. Er drehte den Schlüssel nach links, hörte ein schnappendes Geräusch und grinste, als hätte er gerade Kekse aus Mutters Geheimvorrat geklaut.
Richard richtete sich auf, atmete tief durch und hob den Deckel des Überseekoffers an, während seine Fantasie Purzelbäume schlug bei der Vorstellung, was nun zum Vorschein kommen würde.
Die Wahrheit ließ ihn vor Enttäuschung aufstöhnen. In dem riesigen Koffer, der eher eine Truhe war, befand sich nur eine kleine rotbraune Holzkiste. Richard klappte den Deckel nach hinten, bis zwei stabile Ketten ihn hielten. Dann beugte er sich hinunter, packte die Kiste und kehrte zur Couch zurück. Er setzte sich, stellte die Kiste auf den Tisch und las die verschnörkelten Buchstaben auf dem seitlich angebrachten Messingschildchen, welches unter einem roten Druckknopf angebracht war und wie frisch poliert glänzte.
DRÜCK MICH!
'Sicher eine Art Kastenteufel', war Richards erster Gedanke, trotzdem zögerte er. Jetzt hätte er gern einen Freund an seiner Seite gehabt, doch seit ihn Mary-Jane vergeblich vor dem Altar warten ließ, hatte er sich zurückgezogen in sein geistiges Schneckenhaus. Die Enttäuschung stürzte ihn in eine tiefe Depression. Die Schmach, vor seinen Freunden so gedemütigt zu werden, hatte ihn zudem den Glauben an das Gute im Menschen verlieren lassen. Danach hatte er auch noch seinen Job verloren, schließlich sein Auto. Seine Wohnung würde wohl bald folgen. Und jetzt hatte sich der Traum spontanen Reichtums durch Erbschaft ebenfalls erledigt. Dann dachte er:
'Was habe ich noch zu verlieren?', und drückte den roten Knopf. Nach Vollzug der Anweisung vernahm Richard ein Summen aus der Kiste, welches sich mit mechanischen Geräuschen mischte, was seine Vermutung nun in Richtung Spieluhr gehen ließ. Doch statt des ganzen Deckels öffnete sich ein schmaler Spalt im Deckel, aus welchem sich kurz darauf eine Art Spielkarte schob. Dann ertönte ein heller Glockenschlag und sofort stoppte jede Aktivität und erstarb jedes Geräusch.
Richard starrte auf die Karte, die im Sonnenlicht bläulich schimmerte. Ohne lange nachzudenken, griff er nach ihr und zog sie aus dem Schlitz. Sie hatte etwa die Größe einer Ereigniskarte bei Monopoly und war mit einer zarten Schrift in roter Farbe bedruckt.
Was wünscht Du Dir und wer soll dafür leiden?
Richard ließ die Worte auf sich wirken und dachte nach, während er die Karte von allen Seiten betrachtete. War es so gemeint, wie er es verstand? Wer leiden sollte, stand für ihn schon fest. Und sein Wunsch musste wohl in diesen Koffer passen, so das Ergebnis, zu dem sein Logiksektor gekommen war.
»Tja, dann wollen wir mal testen, ob die Leiden der Größe des Wunsches entsprechen«, murmelte Richard. Er atmete zweimal tief durch, dann sagte er laut:
»Ich wünsche mir 1000 Euro und Mary-Jane Hopkins soll dafür leiden.«
Wie lange würde er warten müssen? Oder war sein Geld schon da? Er stand auf und ging zum Koffer. Nichts.
»Hm«, brummte er enttäuscht. 'Vielleicht muss er geschlossen sein.' Dachte es und schloss den Deckel. Er zählte in Gedanken bis zehn und öffnete den Koffer. Und siehe da, der Boden war mit Geldscheinen bedeckt.
'Wie geil ist das denn?', dachte er, während er die Scheine einsammelte. Zurück auf der Couch zählte er zweimal nach, doch das Ergebnis blieb dasselbe. 1000 Euro. Steuerfrei. Einziger Wermutstropfen für Richard: Er wusste nicht, womit man sie leiden ließ und wie stark ihre Leiden waren. Doch am Ende zählte nur das Ergebnis. Denn nach seiner Überprüfung war er sicher, dass die Geldscheine echt waren.
'Wie oft man dich wohl benutzen kann?', sinnierte er. Da kam ihm eine Idee. Er schloss das Monster von einem Koffer wieder.
»Ich wünsche mir eine Betriebsanleitung für dich und leiden soll Mary-Jane Hopkins.« Doch nichts passierte. Der Koffer blieb leer.
»Hm, war wohl schlecht formuliert.« Er setzte gerade dazu an, seinen Wunsch neu zu formulieren, als ihn die Erkenntnis übermannte, dass er vorher wohl eine neue Karte brauchte. Also drückte er kurz entschlossen den Knopf. Die Karte erschien, darauf der selbe Wortlaut.
»Ich wünsche mir eine Bedienungsanleitung für den Koffer, der zu dir gehört. Leiden soll dafür Mary-Jane Hopkins.«
Diesmal kam es umgehend zu einer Reaktion. Die Kiste summte erneut, das Glöckchen läutete und eine weitere Karte erschien. Sie war allerdings von schwarzer Farbe, darauf stand in weißer Schrift:
Wunsch nicht erfüllbar.
»Und warum nicht?«, fragte Richard die Kiste, erhielt aber keine Antwort. Er lehnte sich zurück und versuchte nachzudenken.
»Hm, verstehe«, brummte er schließlich, »das gehört zum Spiel, wenn man es so bezeichnen will. Und MJ erleidet wohl nur auf ihrem Konto Verluste. Probieren wir also was anderes.« Er drückte den Knopf und nahm die Karte.
»Ich wünsche mir den rechten Daumen von Mary-Jane Hopkins und leiden soll dafür Mary-Jane Hopkins.«
Als er den blutigen Daumen, welcher offensichtlich nicht mit einem Laserskalpell abgetrennt wurde, in der Hand hielt, überkam Richard ein überwältigendes Gefühl, welches eine Mischung aus Macht, Schadenfreude und Gier war. Mit einem Lächeln auf den Lippen brachte er das blutige Stück Fleisch in die Küche und entsorgte es im Mülleimer.
Zurück im Wohnzimmer öffnete er die mitgebrachte Bierflasche und zündete sich danach eine Zigarette an. Da er sich sicher war, dass Mary-Jane derzeit mächtig zu leiden hatte, wollte er sich in der 3. Runde ihrem finanziellen Untergang widmen. Er malte sich ihr Entsetzen aus, wenn sie erfuhr, dass ihr Konto ein hohes siebenstelliges Saldo aufwies. Er kicherte schadenfroh, drückte erst die Zigarette aus und dann den Knopf.
Die Karte erschien, es bimmelte.
»Ich wünsche mir eine Million Euro und leiden soll Mary-Jane Hopkins.«
Er sparte sich das Zählen, dankte seinem Onkel beim ausräumen des Koffers überschwänglich, da es mit dem reich werden durch Erbschaft doch noch geklappt hatte. Die beiden Umzugskartons verfrachtete er anschließend neben den Kleiderschrank im Schlafzimmer.
Wegen der Menge des Geldes würde er sich auch noch was einfallen lassen müssen, überlegte er. Aber nicht heute. Heute wollte er feiern. Natürlich allein, denn er wusste um die Gefahr, dass er sich leicht verplapperte. Er brauchte niemanden. Nicht mal einen Dealer. Schon drückte er den Knopf. Karte. Gebimmel.
»Ich wünsche mir zehn Gramm vom besten Marihuana und leiden soll dafür Mary-Jane Hopkins.«
Nach der Hälfte des ersten Joints war er nicht mehr in der Lage sich zu bewegen. Aber dieser Umstand blieb zunächst unbemerkt, denn Richard war glücklich. Zum ersten Mal. Rundum. Und er hatte noch viele Ideen, auch was die Opfer betraf. Mit einem Lächeln schlief er ein.
Als Richard gegen Zehn frühstückte, fragte er sich, ob man sich auch eine Verjüngung wünschen könnte und dafür in den Koffer steigen muss. Wäre von Vorteil beim verprassen des Reichtums. Und nicht nur da. Würde Schönheitsoperationen überflüssig machen. Er könnte auf diese Weise praktisch unsterblich werden.
Gesättigt und gut gelaunt wechselte er ins Wohnzimmer und sah die Überreste des Joints. Genüsslich rauchte er ihn und schaltete den Fernseher dabei ein. Er wählte einen Nachrichtensender und geriet in eine Liveschaltung. Zu Bildern aus einem Hubschrauber, die in der letzten Nacht aufgenommen wurden (Polizeifahrzeuge mit Blaulicht vor Villa), schilderte (laut Einblendung) Jessy Carter, was der Familie Hopkins zugestoßen war.
»…. drangen gegen 23:40 Uhr mehrere Unbekannte in das Haus ein und raubten seine Bewohner aus. Um vom Vater (Bildeinblendung) die Kombination für den Safe zu erpressen, schnitten sie der Tochter (Bildeinblendung) einen Finger ab. Letztendlich entkamen sie mit einer größeren Menge Bargeld und Schmuck. Es wurde eine Be….«
Richard starrte betroffen auf den dunklen Bildschirm, denn er hatte den Fernseher ausgeschaltet, aber noch nicht verdaut, was er in den letzten Sekunden erfahren hatte. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Er mochte Mary-Janes Vater, hatte sich gut mit ihm verstanden.
Da klingelte es an der Tür.
'Wer kann das sein?', dachte er misstrauisch, da er nichts und niemanden erwartete. Leise erhob er sich und schlich zur Wohnungstür. Ein Blick durch den Spion brachte kein Ergebnis. Der Flur war leer. Richard zuckte mit den Schultern und kehrte zur Couch zurück.
»Sicher nur ein Paketbote«, versuchte er sich zu beruhigen, da klingelte es erneut. Plötzlich schlug ihm sein Herz bis zum Hals und sein Bauchgefühl befürchtete Ärger. Wieder klingelte es, diesmal mehrfach, sodass es drängend wirkte. Erneut bewegte er sich leise zur Tür und blickte durch den Türspion. Doch der war dunkel, als hätte jemand einen Kaugummi draufgeklebt oder würde seinen Daumen auf den Spion drücken.
Richard wagte kaum zu atmen, lauschte angestrengt, als jemand recht nachdrücklich gegen die Tür klopfte. Der Schreck ließ ihn zusammenzucken, erneut pochte sein Herz hart in seiner Brust. Er begann zu schwitzen und versuchte sich zusammenzureißen. Was war nur los mit ihm? Er war doch sonst nicht so ängstlich. In seine Konzentration hinein klopfte es, dann fragte eine kräftige Männerstimme:
»Herr Davids?«
Richard überwand sich und fragte etwas zögerlich durch die geschlossene Tür:
»Ja? Wer ist da?«
»Ich bin von der Lieferfirma. Es hat da eine Verwechslung gegeben, wodurch Sie die falsche Lieferung erhielten. Dies möchten wir gern schnell und unbürokratisch korrigieren.«
»Das kann nicht sein. Ich bekam, was ich bekommen sollte.«
»Ach ja? Trotzdem müsste ich den Lieferschein kontrollieren.«
»Was denn genau?« Richard war überzeugt, dass dieser Mann und sein(e) Helfershelfer (alleine hätte er den Koffer sicher nicht transportieren können) Betrüger waren. Er versuchte erneut durch den Spion etwas zu erkennen, während der Mann antwortete:
»Die Transportnummer.«
»Geben Sie den Spion frei. Ansonsten ist es wohl besser, ich rufe die Polizei an.«
»Wofür die Polizei rufen? Wir gehen ja schon.«
Richard vernahm noch einen unterdrückten Fluch, und als er durch den Spion sah, konnte er den Abzug von drei Männern verfolgen. Rasch eilte er zum Fenster. Auf der anderen Straßenseite parkte ein Kleintransporter, den die drei Männer nach verlassen des Hauses ansteuerten.
'Schau an', dachte Richard und lächelte. Dass das Fahrzeug ohne jegliche Beschriftung war, bestätigte seinen Verdacht, dass diese Männer Betrüger sein mussten. Doch woher wussten sie von seinem Koffer? Die Annahme lag nahe, dass sie oder ihr Auftraggeber auch über weitergehende Informationen verfügten. Und da er mit dem Koffer nicht einfach flüchten konnte, hatten sie alle Zeit der Welt, um ihre nächsten Schritte zu planen.
'Außer ich könnte per Wunsch umziehen. Aber wohin?', waren Richards nächste Gedanken. Wo wären er und sein Koffer sicher? Eigentlich nirgends. Blieb nur, die eigene Wohnung sicherer zu machen. Da kam ihm eine Idee. Er beendete sein nervöses Umherwandern und setzte sich auf seinen Lieblingsplatz. Kurz entschlossen drückte er den Knopf, nahm die Karte und sagte:
»Ich wünsche mir, dass die drei Männer, die gerade vor meiner Wohnungstür standen, in einer Minute einen tödlichen Unfall haben. Leiden soll dafür ihr Auftraggeber.«
Die Karte mit den Worten Wunsch nicht erfüllbar ernüchterte Richard.
»Fuck!«, fluchte er enttäuscht und seine Gedanken begannen sich im Kreis zu drehen. Wie konnte er sich und seinen neuen Reichtum sichern? Wer wusste noch vom Koffer? Um sich zu beruhigen, drehte sich Richard einen Joint, doch gerade, als er den Klebestreifen des Zigarettenpapiers mit der Zunge anfeuchtete, klingelte sein Telefon. Er zuckte zusammen und zerriss dabei das Blättchen, wodurch der Inhalt auf Couch und Teppich landete.
»Fuck!«, fluchte er erneut und starrte das Kommunikationsgerät an, als könne er es dadurch dazu bringen, ihm den Anrufer und dessen Anliegen zu verraten.
Es klingelte noch mehrfach, aber Richard starrte weiterhin den Apparat an und verharrte in seiner Position. Minuten nach dem letzten Klingeln kam wieder Bewegung in seinen Körper, denn er hatte unbewusst den Atem angehalten und versuchte nun durch heftiges Atmen den Sauerstoffmangel auszugleichen.
Nachdem sich seine Atmung wieder beruhigt hatte, kam er zu der Überlegung, sich mit seiner Million abzusetzen und den Koffer einfach zurückzulassen. Einer Eingebung folgend stand er auf und ging zum Fenster.
»Verdammt!« Der Transporter stand immer noch da. Richard sah keine Möglichkeit, beladen wie ein Packesel, das Haus unbemerkt zu verlassen. Er könnte natürlich auch den Typen einfach den Koffer überlassen. Doch was, wenn sie ihn trotzdem umbrachten? Oder per Koffer leiden ließen?
Erneut begann er durch das Zimmer zu wandern, denn er glaubte, dass es ihm half, seine Gedanken zu sortieren. Es waren einige, die wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen umherflatterten. Er überlegte, ob er sich eine Waffe wünschen sollte. Er war zwar in solchen Dingen gänzlich unerfahren, aber das wussten die Ganoven ja nicht.
Richard bog zur Küche ab und entnahm dem Kühlschrank eine Bierflasche. Kurz rollte er das kühle Glas über seine Stirn, dann öffnete er die Flasche und trank sie mit dem ersten Zug halb leer. Er kehrte zur Couch zurück und ließ sich mehr fallen, als dass er sich setzte. Eine Woge von Leichtigkeit und Wohlgefühl schwappte über ihn hinweg, ließ ihn kurzzeitig sein Problem vergessen. Bis das Telefon klingelte.
Ohne nachzudenken, hob Richard den Hörer vom Apparat und fragte:
»Ja?«
»Herr Davids?« Die Frauenstimme mit einem leichten osteuropäischen Akzent klang angenehm, flößte Vertrauen ein.
»Wer will das wissen?«
»Mein Name tut nichts zur Sache, Herr Davids«, antwortete die unbekannte Anruferin, deren Stimme von weich auf eine härtere Tonart umgeschaltet hatte. »Sie können sich denken, weshalb ich anrufe.«
Richard, bei dem die Mischung der Drogen einige Sicherungen in seinem mentalen Sicherungskasten rausgeschraubt hatte, antwortet fast schon naiv:
»Im Moment nicht. Wo drückt denn der Schuh?«
Kurzes Schweigen, wahrscheinlich aus Überraschung.
»Nein, es geht um den Koffer. Ich hätte ihn gern.«
»Kann ich mir denken.« Nach beenden des Satzes fiel Richard auf, dass es wohl ein Fehler war, so unbedacht zu antworten. Nun wusste sie, dass er den Koffer hatte. Im Rahmen dieser Verzweiflung setzte er hinzu:
»Ich will nicht umgebracht werden!«
»Aber Herr Davids, niemand wird hier umgebracht. Übergeben Sie einfach meinen Mitarbeitern den Koffer und Sie hören nie wieder von mir. Oder haben Sie ihn schon geöffnet?«
»Äh, nein. Da ist kein Schloss.« 'Ja, das war clever!', lobte er sich selbst. Vielleicht konnte er doch noch verhindern, dass man ihn später leiden ließ.
»Das ist gut, denn der Koffer ist nicht ungefährlich. Meine Mitarbeiter haben Geld dabei. Wären zehntausend Euro ein akzeptabler Preis in ihren Augen?«
»Da sage ich nicht Nein.«
»Hervorragend. Meine Leute sind in wenigen Minuten bei ihnen.«
Damit war das Gespräch beendet und Richard entspannte ein wenig. Aus einem undefinierbaren Gefühl heraus überlegte er, ob er die kleine Kiste unterschlagen sollte. Schließlich wusste doch niemand, was im Koffer war. Oder eventuell …. Er verwarf den Gedanken wieder. Lieber auf Nummer sicher gehen. Er erhob sich, schwankte dabei leicht, ergriff die Kiste, stellte sie in den Koffer und vergaß tatsächlich nicht, diesen auch abzuschließen. Dann wartete er.
Als es endlich klingelte, hatte er aufgehört sich zu wundern, warum die drei Typen so lange zum überqueren der Straße gebraucht hatten. Er betätigte den Öffner für die Haustür und beobachtete dann den Flur durch den Spion, bis sich vier Männer vor seiner Wohnungstür aufbauten. Die Anzahl irritierte ihn kurz, dann öffnete er die Tür.
»Herr Davids?«
»Ja. Kommen sie rein.«
Dies taten die Männer. Einer drückte ihm ein Bündel Geldscheine in die Hand, im Gegenzug gab ihm Richard den Schlüssel. Anschließend verließen sie mit dem Koffer seine Wohnung.
Richard konnte es kaum fassen. Alles wie abgemacht. Bisher. Blieb nur die Angst vor dem Koffer und dem Leiden. Aber warum sollte die nette Frau ihn nachträglich umbringen? Er warf das Geldbündel auf den Tisch und ging zum Fenster.
Der Lieferwagen, welcher direkt vor dem Haus stand, fiel Richard zwar auf, doch er beachtete ihn nicht weiter. Bis die Männer mit dem Monstrum aus dem Haus kamen und den Koffer in eben diesem Lieferwagen verstauen wollten.
Da stiegen aus dem Wagen auf der gegenüberliegenden Straßenseite die drei Männer aus, riefen wohl etwas, die Kofferträger reagierten darauf. Sieben Männer zogen ihre Waffen und lieferten sich auf offener Straße ein Feuergefecht. Innerhalb weniger Sekunden waren alle tot oder wirkten zumindest so.
Als der erste Streifenwagen am Tatort eintraf, trank Richard den Rest seines Bieres und beobachtete das bunte Treiben auf der Straße. Er überlegte kurz, ob er bei der Polizei seine Besitzansprüche geltend machen sollte. Doch dann schüttelte er leicht den Kopf. Zuviel Behördenstress und zusätzliches Risiko. Er war aus der Geschichte raus. Wer wohl sein Nachfolger werden würde?
Steve und seine Freunde waren bereits seit zwei Tagen in Ernies Jagdhütte, doch zum jagen waren sie bisher nicht gekommen. Das sollte sich heute ändern. Da das Besäufnis der letzten Nacht noch nachwirkte, hatten sie die Waffen in der Hütte gelassen und waren mit ihrem Angelzeug zum nahen Fluss gepilgert.
Anzügliche Scherze flogen hin und her, vereinzelt von einem Stöhnen begleitet. Doch kaum hatten die Fünf ihren Stammplatz erreicht, als Jack rief:
»Habt ihr das auch gehört? Seid mal still!«
Bevor jemand antworten konnte oder die geforderte Stille herrschte, entdeckte Jack ein Objekt, halb verdeckt durch einen nahe am Ufer stehenden Baum, und ging darauf zu. Natürlich folgten ihm alle, denn jetzt vernahmen sie ebenfalls die dumpfen Geräusche. Es klang wie einzelne Schläge auf eine Trommel, die sich irgendwo in der Weite der Landschaft befand. Je näher sie der riesigen Holzkiste kamen, begannen die Freunde sich zu fragen, wer eine solch prächtige Truhe einfach in den Fluss warf.
David hielt sich nicht damit auf, die aufwendigen, teils ungewöhnlichen Schnitzereien und ziselierten Metallbeschläge zu bewundern. Er klopfte auf die glatte Oberfläche der Truhe und fragte laut:
»Hallo? Ist da jemand drin?«
Keine Antwort, keine weiteren Geräusche.
»Das Teil ist bestimmt antik. Wir sollten es mitnehmen und säubern, dann könnten wir es über eBay anbieten. Sicher gibt es jemanden, der ein paar Scheine für das Teil hinblättert«, meinte Ernie, der in allem ein Geschäft witterte und bereits Dollarzeichen in den Augen hatte.
»Wir sollten es umdrehen und schauen, was drin ist«, schlug Andrew vor. Gesagt, getan. Doch die Kiste ließ sich nicht öffnen.
»Shit, wahrscheinlich abgeschlossen«, ärgerte sich Ernie. »Wäre ungünstig, wenn wir sie beschädigen müssten.«
Da sah Steve etwas, hob es auf und vermeldete freudig:
»Schaut mal, ein Schlüssel.«
»Sicher Zufall. Kann mir nicht vorstellen, dass er zu dieser Truhe passt«, meldete Berufspessimist Jack sofort Bedenken an. Steve steckte ihn trotzdem ein, da der Schlüssel optisch was hermachte.
Während sich die Träger vom anstrengenden Transport erholten, nicht ohne dabei ein Bier zu trinken, suchte Ernie bereits nach einem Schlüsselloch. Da auf Anhieb keins zu finden war, setzte er sich zu seinen Freunden, die nicht nur den Schlüssel bewunderten, sondern auch erste Vermutungen über den Inhalt der Truhe anstellten. Hier, mitten im Hauptraum stehend, wirkte diese noch wuchtiger, noch geheimnisvoller.
»Ich wette, da ist nichts Wertvolles drin«, äußerte Jack seine Annahme und sah mit Ernie seinen Freunden zu, die nun nach einem getarnten Öffnungsmechanismus suchten, da es ja offensichtlich kein Schlüsselloch gab. Was gleichzeitig bestätigte, dass dieser Schlüssel nicht zur Truhe gehörte. Bereits nach wenigen Minuten ging David in die Küche und holte eine der Taschenlampen, die dort für Notfälle deponiert waren.
Neugierig umringten ihn alle, als er sich nach seiner Rückkehr neben ihr Fundstück kniete und einen bestimmten Bereich genauer untersuchte. Schließlich entdeckte er das durch die Schnitzereien gut getarnte Schlüsselloch. Nachdem es alle begutachtet hatten, waren sie sich sicher, dass der ominöse Schlüssel doch passen könnte.
Die fünf Männer sahen sich an, dann nickte Andrew, was das Zeichen des inoffiziellen Anführers an Steve war, die Truhe aufzuschließen. Der nickte kurz zurück und führte dann vorsichtig den Schlüssel ein. Fast schon sanft versuchte er ihn zu drehen und wurde mit einem vernehmlichen Rasten belohnt. Gemeinsam hoben sie den Deckel an.
»Fuck! Was ist das?« Niemand antwortete, da offensichtlich war, was das ist. Eine Frau, mit einer Hand eine kleine Kiste an sich pressend, in der anderen eine schwarze Karte.
»Ist sie tot?«, fragte Ernie mit zittriger Stimme und zerstörte den entstandenen Moment absoluter Stille. Nun kam Bewegung in die Gruppe. Andrew drückte den Deckel weiter nach hinten, bis die beiden kurzen Ketten ihn hielten, beugte sich etwas und legte Zeige- und Mittelfinger an den Hals der Frau.
»Sieht schlecht aus. Helft mir mal.«
Zusammen mit Steve und David hob er die Frau aus ihrem Gefängnis. Kaum lag sie auf der Couch, legte ihr Andrew erneut die beiden Finger auf den Hals.
»Vielleicht sollte ich sie Mund zu Mund beatmen«, schlug David vor, der als einziger unverheiratet und der Frauenheld der Gruppe war. Immerhin war die Frau äußerst attraktiv, trotz diverser Kratzer an Gesicht und Händen.
»Und wenn sie schon tot ist? Dann hast du mit einer Leiche rumgemacht«, gab Jack zu bedenken.
»Sieht so aus, als sei sie erstickt.« Andrew wirkte gefasst, als er die Hosentaschen der Frau untersuchte. Alles, was er fand, war ein kleines Etui. Als er es öffnete, schien es auch um seine Fassung nicht mehr gut zu stehen.
»Ach du grüne Scheiße!« Er zeigte seinen Freunden das Ergebnis, was bei allen den Drang auslöste, sich zu setzen, nach einem Bier zu greifen und möglichst viel davon zu trinken.
»Bitte sagt mir, dass dies ein Traum ist«, flehte Jack und sah der Reihe nach seine ebenso entsetzt dreinblickenden Freunde an.
»Leider nicht, Alter. Wir haben tatsächlich eine tote FBI-Agentin gefunden.« Andrew warf das Etui mit Marke und Ausweis auf den Tisch und wandte sich der vermeintlichen Truhe zu. Er betrachtete sie eingehend, dann sagte er:
»Das ist keine Truhe. Seht mal diese Ösen. Ich würde sagen, das ist so ein veralteter Reisekoffer. Die nutzten Reiche, wenn sie zum Beispiel eine längere Überfahrt per Schiff machten. Früher waren Reisen eine langwierige Angelegenheit. Heute wären die Dinger zu klobig, zu schwer, und damit zu teuer.«
»Ich wusste, dass das Teil antik ist«, freute sich Ernie. Dann fügte er kleinlaut hinzu:
»Aber das FBI wird ihn uns wegnehmen.«
»Was machen wir jetzt? Wir sollten die Cops anrufen«, schlug Steve vor, da entdeckte Andrew noch etwas im Koffer. Die bläuliche Karte in seiner Hand ähnelte der schwarzen.
»"Was wünscht Du Dir und wer soll dafür leiden?" steht hier. Was bedeutet das?«
Jetzt erst sahen sie sich die blaue Karte näher an.
»Wunsch nicht erfüllbar? Was ….?« Weiter kam Ernie nicht, denn David unterbrach ihn, hielt dabei die kleine Kiste hoch.
»Hier steht "Drück mich!". Soll ich mal?«
»Untersteh dich!«, rief Ernie sofort. »Das könnte 'ne Bombe sein. Vielleicht haben ihr das Terroristen angetan und gleich eine Falle für ihre Kollegen beigelegt.«
»Klingt abenteuerlich, wäre aber denkbar. Logisch ist es für mich allerdings nicht.« Steve erklärte ihnen auch warum. »Schon der ganze Aufwand spricht dagegen. Logischer wäre ein Mechanismus, der die Bombe beim öffnen der Kiste detonieren lässt.«
»Mit Logik kommt man bei diesen irren Fanatikern nicht weit. Aber was machen wir mit der Leiche? Wenn wir die Cops rufen, ist das Wochenende versaut«, warf David ein und drückte den Knopf. Bevor sich Schock und Entsetzen in der Gruppe ausbreiten konnten, kam, begleitet von einem schwachen Summen, oben eine bläulich schimmernde Karte aus der Kiste, woraufhin ein Glockenton erklang.
David grinste breit, der Rest atmete erleichtert aus. Er nahm die Karte und stellte fest, dass sie identisch sei. Dieselbe Frage.
»Soll ich?«
Nach kurzem Zögern nickte Andrew. Gespannt konzentrierten sich alle Blicke auf David.
»Ich wünsche mir einen Dollar und leiden soll Ernie Johnson.«
»Eh, spinnst du?«, rief Ernie wütend und sprang auf. »Warum ich?«
»Reg dich ab. Ist doch nichts passiert«, riet ihm Andrew.
»Aber ich hätte sterben können. Ich würde jedenfalls keinen Freund leiden lassen!«
»Ey Leute, was ist mit dieser Bitch vom FBI? Schon vergessen? Ich schlage vor, sie ohne diesen Koffer in den Fluss zu werfen.« Andrew sah ihnen der Reihe nach in die Augen. David äußerte sich als Erster.
»Scheint mir die beste Lösung. So verlagern wir das Problem und sind raus aus dieser Geschichte. Dann können wir uns um diese »Wunschmaschine» kümmern.«
»Und wenn uns jemand dabei beobachtet?«, warf Jack mit sorgenvoller Miene ein.
»Du hast zu viele Horrorfilme gesehen. Wer sollte uns denn hier beobachten?«, versuchte David Jacks Bedenken ins Lächerliche zu ziehen.
»Das haben sie sich in Ich weiß, was Du letzten Sommer getan hast auch gefragt. Aber da war's zu spät.«
»Aber da hatte doch das vermeintliche Opfer überlebt, oder nicht? Agentin Weedman ist tot und wird weder zurückkommen, um sich an uns zu rächen, noch wird sie jemandem erzählen, was sich hier abspielte«, stellte Andrew mit harter Stimme fest. »Sobald es dunkel wird, bringen wir sie zum Fluss. Ende Gelände.«
Alle drückten durch Nicken, mehr oder weniger intensiv, ihre Zustimmung aus.
Nachdem sie die Leiche von FBI-Agentin Patricia Weedman in eine alte Zeltplane gewickelt und erfolgreich im Fluss entsorgt hatten (natürlich ohne Plane), aßen sie zu Abend und dezimierten weiter ihre Alkoholvorräte. Bis Steve vorschlug, den Koffer weniger zentral zu platzieren. Man stimmte ihm zu, doch als David aus »Sicherheitsgründen» vorher den Deckel schloss, durchzuckte Ernies rechten Fuß ein kurzer, aber heftiger Schmerz.
»Oh Fuck!« Ernies Fluch und das anschließende Hüpfen auf einem Bein erregte Aufsehen und natürlich Spott.
»Fickt euch, ihr Penner! Das tat höllisch weh. Ich dachte, ich wäre auf einen Nagel getreten.«
»Hier? Eher auf eine Reißzwecke«, lachte David schadenfroh.
Ernie humpelte zu einem Stuhl und untersuchte seinen Fuß, was Jack auf eine Idee brachte. Er hob den Deckel an und sah in die Kiste. Und siehe da ….
»Leute, da ist eine Münze!« Er griff hinein und hielt sie anschließend hoch. »Seht nur, es ist ein Dollar«, jubelte er, bis er registrierte, dass ihn alle verständnislos anstarrten. »Na, David wünschte sich einen Dollar und Ernie sollte leiden. Die Wunschmaschine funktioniert!«
Jetzt kapierten es auch seine Freunde. Sofort redeten alle durcheinander, was man sich wünschen sollte, falls der Dollar nicht der Toten gehört hatte.
»Ich darf zuerst, weil meine Eier in meiner Hose sind und nicht in der Pfanne einer Ehefrau landeten, so wie eure«, rief schließlich David und schnappte sich die kleine Kiste.
»Und wenn man, wie bei einem Flaschengeist, nur drei Wünsche frei hat? Wir sollten gemeinsam überlegen, was wir uns wünschen und wer dafür leiden soll«, schlug Jack vor, doch als David ihn angrinste und sich eine Karte aus der Kiste schob, gefolgt von einem hellen Glockenton, hatte sich sein Vorschlag vorerst erledigt.
Andrew schloss den Koffer. Nach außen hin die Ruhe selbst, doch innerlich war er so nervös wie vor seinem ersten Kuss, weil er nicht wirklich wusste, welche Auswirkungen ihr Tun auf ihr Leben haben würde.
»Aber niemand sollte leiden, wenn ich uns eine Million wünsche. Wenn man unsere Erfahrungen hochrechnet, könnten die Leiden tödlich sein.« David zog die Karte aus der Kiste.
»Wie stellst du dir das vor?«, wollte Andrew wissen. »Willst du ein Tier leiden lassen?«
»Nein, ich nenne einen fiktiven Namen.«
»Und wenn es niemanden mit diesem Namen gibt?«, meldete Jack Zweifel an Davids Plan an.
»Was soll schon passieren? Im schlimmsten Fall heißt es wahrscheinlich "Wunsch nicht erfüllbar", oder?« Als Jack antworten wollte, gebot ihm David mit einer Geste Ruhe. Dann schloss er kurz die Augen.
»Ich wünsche mir eine Million Dollar und leiden soll dafür Alfonza Virtualis.«
»Hoffentlich sind es echte Scheine und keine kanadischen«, flachste Ernie und wollte sich dem Koffer zuwenden. Doch statt auf seinen eventuellen Fauxpas einzugehen, schnappte David plötzlich nach Luft und Blut rann ihm aus den Augenwinkeln.
Für einen Moment starrten ihn seine Freunde an, unschlüssig, ob er sie nur hochnahm, was er gern tat, oder ob er tatsächlich aus den Augen blutete und an Atemnot litt. Dann lenkte ein bekannter Glockenschlag ihre Aufmerksamkeit auf die kleine Kiste, aus der sich eine blutrote Karte geschoben hatte. Endlich kam Bewegung in die Gruppe. Da gab David nur noch ein Gurgeln von sich, taumelte nach hinten, riss verzweifelt die Augen auf. Alle, bis auf Ernie, stürzten nach vorn, um David zu stützen, als dessen Augen mit einem schmatzenden Geräusch aus ihren Höhlen förmlich rauskatapultiert wurden. Weit kamen sie nicht, baumelten nun links und rechts von seiner Nase. Getoppt wurde dies nur von den Blutfontänen aus den nun leeren Augenhöhlen, die eine ziemliche Sauerei anstellten und erst versiegten, als Davids lebloser Körper in sich zusammenfiel.
Auch wenn der Schock bei allen tief saß, reagierte jeder anders. Ernie rannte zum Badezimmer, wo er sich würgend übergab. Jack ersparte sich den Wettlauf und kotzte direkt an Ort und Stelle. Steve musste sich zumindest hinsetzen und etwas trinken, während Andrew
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 18.03.2017
ISBN: 978-3-7438-0358-9
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für mein Schnuffelchen.