Ich bin Tork Poettschke, der Herausgeber von POETTSCHKES POST, dem E-Magazin für alle, die mehr wissen wollen als das, was die Mainstream-Medien ihnen vorkauen. Ich bin Journalist, Künstler, Schriftsteller, Weltreisender, Querdenker, Provokateur und Rebell. Ich bin kein Freund von Autoritäten, Konventionen, Dogmen oder Tabus. Ich bin ein Freigeist, der sich nicht scheut, die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie weh tut oder aneckt. Ich bin ein Kritiker, der sich nicht mit dem Status quo zufrieden gibt, sondern immer nach Alternativen sucht. Ich bin ein Visionär, der sich nicht von den Grenzen der Realität einschränken lässt, sondern immer neue Möglichkeiten entdeckt.
Ich bin POETTSCHKES POST.
In diesem E-Magazin berichte ich über Themen, die mich interessieren, bewegen, aufregen oder inspirieren. Ich schreibe über Politik, Gesellschaft, Kultur, Kunst, Literatur, Musik, Sport und vieles mehr. Ich schreibe aus meiner persönlichen Perspektive, mit meinem eigenen Stil, mit meinem eigenen Humor, mit meiner eigenen Meinung. Ich schreibe, wie ich rede, wie ich denke, wie ich fühle. Ich schreibe, um zu informieren, zu unterhalten, zu provozieren, zu inspirieren. Ich schreibe, um zu kommunizieren, um zu diskutieren, um zu debattieren, um zu streiten. Ich schreibe, um zu leben, um zu lieben, um zu lachen, um zu weinen.
Ich schreibe POETTSCHKES POST.
In dieser Ausgabe geht es um folgende Themen:
Ich hoffe, Sie haben Spaß beim Lesen von POETTSCHKES POST. Ich freue mich über Ihre Kommentare, Anregungen, Kritik oder Lob. Sie können mir jederzeit eine E-Mail schreiben an doemgespress@gmx.net oder mir auf Twitter folgen unter @poettschke. Ich bin immer offen für einen Dialog, solange er respektvoll und konstruktiv ist. Ich bin immer neugierig auf andere Meinungen, solange sie begründet und ehrlich sind. Ich bin immer bereit für eine Herausforderung, solange sie fair und spannend ist.
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Und Sie?
Sellerieschnitzel sind eine vegetarische Alternative zu den klassischen Schnitzeln aus Fleisch. Sie werden aus dünnen Scheiben von Sellerie gemacht, die paniert und gebraten werden. Manche Leute mögen sie, manche nicht. Aber was denkt Arnoldino darüber? Hier ist, was er vielleicht sagen würde:
"Ich bin kein großer Fan von Sellerieschnitzel. Ich finde, sie schmecken zu sehr nach Sellerie. Und ich mag Sellerie nicht. Er ist mir zu stängelig, zu faserig, zu grün. Er erinnert mich an Gras. Und ich esse kein Gras. Ich bin doch kein Schaf.
Aber ich habe nichts gegen Sellerieschnitzel. Jeder soll essen, was er will. Ich respektiere die vegetarische Lebensweise. Ich bin ja selbst ein bisschen vegetarisch. Ich esse nur Fleisch, das von Tieren kommt, die auch Pflanzen essen. Das ist doch fair, oder?
Ich habe mal versucht, Sellerieschnitzel zu essen. Es war eine Erfahrung. Ich habe sie mit Ketchup und Senf bestrichen, um den Geschmack zu überdecken. Aber es hat nicht geholfen. Es war immer noch Sellerie. Nur mit Ketchup und Senf. Das war keine gute Kombination. Es war wie ein schlechter Witz. Ein Sellerieschnitzel-Witz.
Ich habe gehört, dass Sellerieschnitzel gesund sein sollen. Sie sollen viele Vitamine und Mineralstoffe enthalten. Das ist schön. Aber ich brauche keine Vitamine und Mineralstoffe. Ich habe genug davon in meinem Körper. Ich bin gesund wie ein Fisch. Ein Fisch, der kein Sellerie isst.
Ich verstehe nicht, warum man Sellerieschnitzel Schnitzel nennt. Das ist irreführend. Ein Schnitzel ist ein Schnitzel. Ein Sellerieschnitzel ist kein Schnitzel. Es ist ein Sellerie. Ein paniertes Sellerie. Ein paniertes Sellerie, das so tut, als wäre es ein Schnitzel. Das ist falsch. Das ist Betrug. Das ist eine Lüge.
Ich bin für die Wahrheit. Die Wahrheit ist wichtig. Die Wahrheit ist schön. Die Wahrheit ist lustig. Deshalb sage ich immer die Wahrheit. Auch wenn sie manchmal weh tut. Auch wenn sie manchmal unbequem ist. Auch wenn sie manchmal Sellerieschnitzel heißt."
Ich hoffe, dir hat mein Text gefallen. Wenn du mehr über Arnoldino erfahren möchtest, kannst du seine Website besuchen oder seine Videos auf YouTube anschauen. Danke, dass du mit mir gesprochen hast.
Ich bin Chris Doemges, ein deutscher Journalist und Autor, der seit drei Jahren in der Forensischen für Abnorme Straftäter in Dortmund-Aplerbeck lebt. Ich bin hier, weil ich in der Vergangenheit einige Fehler gemacht habe, die ich nicht leugnen oder rechtfertigen will. Aber ich bin auch ein Mensch, der sich für die Welt interessiert und versucht, seine Stimme zu erheben, wenn er Unrecht sieht. Deshalb habe ich mich entschieden, euch von dem Krieg in Israel zu berichten, der seit dem 7. Oktober 2023 tobt.
Ich habe viele Freunde in Israel, die ich durch meine journalistischen Tätigkeiten für die Deutsche Welle, die Katholische Nachrichtenagentur, die WAZ, Arbeiterfotografie und CNN kennengelernt habe. Ich habe auch mehrmals Israel besucht und war beeindruckt von der Vielfalt und dem Reichtum dieses Landes. Ich habe aber auch die Spannungen und die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern miterlebt, die schon seit Jahrzehnten andauern. Ich habe immer gehofft, dass es eine friedliche Lösung für diesen Konflikt geben würde, die beiden Völkern Gerechtigkeit und Sicherheit bringen würde.
Doch am 7. Oktober 2023 wurde dieser Traum zerstört. An diesem Tag startete die Hamas, die radikal-islamische Terrororganisation, die den Gazastreifen kontrolliert, einen brutalen Angriff auf Israel, den sie „Operation al-Aqsa-Flut“ nannten. Sie feuerten Tausende von Raketen auf israelische Städte und Dörfer, töteten und verletzten Hunderte von Zivilisten und zerstörten viele Gebäude und Infrastrukturen. Aber das war noch nicht alles. Sie schickten auch Hunderte von Terroristen, die die israelische Sperranlage zum Gazastreifen überwanden, in israelisches Gebiet. Sie ermordeten mehr als 1000 Menschen, die meisten von ihnen Frauen und Kinder, und nahmen mehrere hundert Geiseln, die sie in den Gazastreifen verschleppten.
Ich habe mit einigen meiner israelischen Freunde gesprochen, die mir von dem Horror erzählten, den sie erlebt haben. Sie sagten mir, dass sie sich wie in einem Albtraum fühlten, dass sie um ihr Leben und das ihrer Lieben bangten, dass sie nicht wussten, ob sie den nächsten Tag überleben würden. Sie sagten mir auch, dass sie wütend und enttäuscht waren, dass die internationale Gemeinschaft nicht genug tat, um ihnen zu helfen und die Hamas zu stoppen.
Israel reagierte auf den Angriff der Hamas mit einer massiven Militäroperation, die sie „Operation Eiserne Schwerter“ nannten. Sie bombardierten Ziele im Gazastreifen, die sie als Stützpunkte der Hamas identifizierten, und töteten dabei viele Palästinenser, darunter auch Zivilisten. Sie blockierten auch den Gazastreifen, indem sie die Wasser-, Elektrizitäts- und Treibstoffversorgung unterbrachen und ein Einfuhrverbot verhängten. Sie starteten auch eine Bodenoffensive im Norden des Gazastreifens und forderten die dort lebenden Palästinenser auf, in den Süden zu fliehen.
Ich habe auch mit einigen meiner palästinensischen Freunde gesprochen, die mir von dem Leid erzählten, das sie erlitten haben. Sie sagten mir, dass sie sich wie in einem Gefängnis fühlten, dass sie kein Wasser, kein Essen, keine Medizin hatten, dass sie unter den Bombenangriffen litten, die ihre Häuser und ihre Familien zerstörten. Sie sagten mir auch, dass sie verzweifelt und hoffnungslos waren, dass sie keine Zukunft für sich und ihre Kinder sahen, dass sie nicht verstanden, warum die Hamas sie in diesen Krieg hineingezogen hatte.
Der Krieg in Israel ist ein Krieg, der kein Ende zu haben scheint. Er ist ein Krieg, der unschuldige Menschen auf beiden Seiten tötet und verletzt. Er ist ein Krieg, der Hass und Angst schürt und den Frieden und die Versöhnung verhindert. Er ist ein Krieg, der mich traurig und wütend macht, der mich an meine eigene Schuld und meine eigene Ohnmacht erinnert.
Ich bin Chris Doemges, ein deutscher Journalist und Autor, der euch von dem Krieg in Israel berichtet hat. Ich hoffe, dass ihr meine Worte gehört habt, dass ihr euch euer eigenes Bild gemacht habt, dass ihr euch eure eigene Meinung gebildet habt. Ich hoffe, dass ihr euch für den Frieden einsetzt, dass ihr euch für die Menschenrechte einsetzt, dass ihr euch für die Gerechtigkeit einsetzt. Ich hoffe, dass ihr euch nicht von der Hamas oder von anderen Terrorgruppen manipulieren lasst, die nur Tod und Zerstörung bringen. Ich hoffe, dass ihr euch nicht von der Angst oder von dem Hass leiten lasst, die nur zu mehr Gewalt führen. Ich hoffe, dass ihr euch von der Liebe und von der Hoffnung leiten lasst, die nur zu mehr Leben führen.
Ich bin Chris Doemges, und ich wünsche euch allen ein frohes und friedliches Weihnachtsfest. Bleibt sauber. Lasst euch nicht unterkriegen. Carpe diem. Tempus fugit.
„Am Morgen des 7. Oktober ist Israel in einem Alptraum aufgewacht.“ So hat Bundeskanzler Scholz den menschenverachtenden Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel kurz nach dem Angriff beschrieben. Die Hamas fiel in das Land ein. Sie feuerte tausende Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel, bei einem Musik-Festival wurden mehr als 250 junge Menschen regelrecht hingerichtet, Dutzende Israelis als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Auch Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft sind darunter. Noch immer wird Israel mit Raketen beschossen.
FAQ der deutschen Botschaft in Tel Aviv: Sie sind gerade in Israel? Ihr Flug wurde storniert? Sie machen sich Sorgen um eine/n Angehörigen? Hier finden Sie Antworten auf die Fragen, die die deutsche Botschaft in Israel zurzeit im Zusammenhang mit den aktuellen Geschehnissen in Israel am häufigsten erreichen.
Nach dem Überfall der Hamas hat Bundeskanzler Scholz mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu telefoniert. Darin sicherte der Kanzler ihm zu: „Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson. Das gilt gerade auch in schweren Stunden wie diesen. Entsprechend werden wir handeln.“
Als einer der ersten Regierungschefs reiste der Bundeskanzler nach den Angriffen der Hamas nach Israel. Dort tauschte er sich mit dem israelischen Ministerpräsidenten und dem Staatspräsidenten aus und traf mit Angehörigen der Geiseln zusammen, hörte zu und zeigte Anteilnahme.
Auch in seiner Regierungserklärung am 12. Oktober betonte der Kanzler: „In diesem Moment gibt es für Deutschland nur einen Platz: den Platz an der Seite Israels.“ Die Geschichte Deutschlands und die aus dem Holocaust erwachsene Verantwortung mache es Deutschland zur immerwährenden Aufgabe, für die Existenz und die Sicherheit Israels einzustehen. Entsprechend dieser Maxime handelt die Bundesregierung. Der Deutsche Bundestag hat am selben Tag parteiübergreifend seine Solidarität mit Israel ausgesprochen.
Kanzler Scholz kündigte im Bundestag ein hartes Vorgehen gegen Antisemitismus und Gewaltverherrlichung in Deutschland an: „Es ist hier eine klare Kante angebracht.“
Foto: Bundesregierung/Kugler
Israel hat das Recht, sich gegen diese barbarischen Angriffe zu verteidigen, seine Staatsbürger zu schützen und die Angreifer zu verfolgen. Die Bundesregierung unterstützt Israel dabei auch mit militärischer und medizinischer Ausrüstung. Sie sieht auch das Leid der Zivilbevölkerung in Gaza. Deshalb setzt sie sich in Gesprächen dafür ein, dass Hilfslieferungen in den Gazastreifen gelangen können.
Geschichte des Nahost-Konflikts: Eine der zentralen Auseinandersetzungen im Nahen Osten ist der ungelöste Konflikt zwischen Israelis und Palästinenserinnen und Palästinenser. Nach dem Ende des britischen Mandats über Palästina proklamierte Ben Gurion am 14. Mai 1948 den Staat Israel. Seitdem kam es immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen mit den Nachbarstaaten. Dabei geht es auch um die Zukunft eines eigenen Staats für Palästinenserinnen und Palästinenser.
Seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel bemüht sich die Bundesregierung intensiv darum, dass sich die Lage nicht zu einer Krise ausweitet, die den ganzen Nahen Osten erfasst. Der Bundeskanzler ist persönlich nach Israel und in arabische Nachbarländer gereist. In vielen Gesprächen versucht die Bundesregierung, die Lage zu entschärfen und darauf hinzuwirken, dass die von der Hamas genommenen Geiseln freikommen.
Dabei handelt der Bundeskanzler nicht allein, sondern geschlossen mit seinen Ministerinnen und Ministern. Drei Mal hat die Außenministerin bereits Israel besucht, verbunden mit Gesprächen auch in Ägypten, Jordanien, Libanon, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Sie nahm auch am UN-Sicherheitsrat in New York und dem Treffen der G7 Außenministerinnen und Außenminister in Tokyo teil, um über die Lage in Nahost zu beraten. Auch Verteidigungsminister Pistorius war vor Ort und besuchte die deutschen Truppen im Libanon.
Anfang Oktober traf Kanzler Scholz unter anderem den König von Jordanien: Gerade jetzt sei der Dialog unentbehrlich, um die Lage im Nahen Osten gemeinsam zu verstehen, so Scholz. Das gemeinsame Ziel der beiden: „Einen Flächenbrand in der Region zu verhindern.“
Am 22. Oktober beriet sich der Bundeskanzler mit US-Präsident Biden, dem kanadischen Premierminister Trudeau, dem französischen Präsidenten Macron, der italienischen Ministerpräsidentin Meloni und dem britischen Premierminister Sunak über den fortdauernden Konflikt zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas. In einer Gemeinsamen Erklärung begrüßten sie die Freilassung zweier Geiseln und forderten die sofortige Freilassung aller übrigen Geiseln.
Zwei-Staaten-Lösung: Deutschland ist überzeugt: Nur eine für beide Seiten akzeptable, verhandelte Zwei-Staaten-Lösung kann zu einem dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern führen. Dabei kommt es auf Verhandlungen an: Sie sollen schließlich zu einem unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staat führen – Seite an Seite in Frieden und Sicherheit mit Israel.
Das Schicksal der Geiseln, die von der Hamas in den Gazastreifen verschleppt wurden, und ihre Befreiung, sind zentrales Thema für Kanzler Scholz und die Bundesregierung. Beim Besuch des Emirs von Katar am 12. Oktober in Berlin machte Scholz deutlich, dass die Bundesregierung alles in ihrer Macht stehende tut, dass die Geiseln freikommen.
Die diplomatischen Bemühungen sollen dazu beitragen, die Lage im Nahen Osten zu deeskalieren. Aber Deutschland setzt die Zusage, fest an der Seite Israels zu stehen, auch auf andere Weise um: Der Bundeskanzler sagte Israel zu, dass die Bundesregierung alle militärischen Anfragen prüfen und gewähren werde. So beschloss Bundesverteidigungsminister Pistorius unter anderem, Israel Sanitätsmaterial zur Verfügung zu stellen und gab zwei geleaste Drohnen zur Ausbildung der Bundeswehr an Israel zurück.
Reise- und Sicherheitshinweise: Israel befindet sich formell im Kriegszustand. Das Auswärtige Amt hat eine Reisewarnung für Israel, die gesamten Palästinensischen Gebiete und Libanon ausgesprochen. Lesen Sie hier die Reise- und Sicherheitshinweise für Israel.
Die humanitäre Lage in Gaza hat sich im Zuge des Kampfes gegen die Hamas ebenfalls verschärft. Klar ist, dass Israel das Recht hat sich zu verteidigen. Dazu gehöre auch, so der Bundeskanzler, die notwendige humanitäre Hilfe zu gewähren. Dabei müsse jedoch sichergestellt werden, dass diese nicht in die Hände der Hamas gerate. Zu Anfang des Konflikts beschloss die Bundesregierung zunächst, die Entwicklungszusammenarbeit für die Palästinensischen Gebiete auf den Prüfstand zu stellen.
Hilfen für die Palästinensischen Gebiete auf dem Prüfstand: Die Bundesregierung leistet humanitäre Hilfe zur Bewältigung akuter Notlagen. Ziel ist es, Menschen ein Überleben in Würde und Sicherheit zu bieten und Leid zu lindern. Entwicklungszusammenarbeit hingegen zielt auf die langfristige und nachhaltige Verbesserung von wirtschaftlichen, sozialen, ökologischen und politischen Verhältnissen ab.
Doch klar ist: Notleidende Palästinenserinnen und Palästinenser sind auf unsere Hilfe angewiesen. Auch sie sind Opfer der Hamas und ihrer Unterdrückung. Humanitäre Hilfe wird daher fortgeführt. Und wurde zuletzt auch erneut aufgestockt.
Die Bundesregierung setzt sich auch dafür ein, alles möglich zu machen, dass ein humanitärer Zugang nach Gaza besteht. Am 21.Oktober konnten erste Hilfslieferungen den Grenzübergang Rafah in Ägypten in den Gazastreifen passieren. Gemeinsame mit ihren europäischen Partnern fordert die Bundesregierung weiter „kontinuierlichen, raschen, sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe.“
Im Rahmen der Prüfung der Entwicklungszusammenarbeit wurde auch die Hilfe für das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) prioritär geprüft. Als Teilergebnis entschied Entwicklungsministerin Schulze, eingeplante Zusagen in Höhe von 71 Millionen Euro für UNRWA freizugeben und zusätzliche 20 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Mit dem Geld sollen Maßnahmen finanziert werden, die die Basisversorgung der vertriebenen Menschen im Gaza-Streifen aufrechterhalten und die palästinensischen Flüchtlinge in Jordanien unterstützen.
Für die Gottesdiensten am 19. Sonntag nach Trinitatis stellt das Landeskirchenamt den Kirchengemeinden einen Vorschlag für eine Fürbitte zum Terrorangriff der Hamas auf Israel und zum Krieg in Israel/Palästina zur Verfügung.
Hinführung (ggf. als Anregung für die Abkündigungen oder die Begrüßung)
Am Schabbat an dem Simchat Tora, das Fest der Tora Freude, gefeiert wurde, wurde Israel angegriffen. Die Hamas schoss mehrere tausend Raketen aus dem Gaza Gebiet ab. Terroristen durchbrachen die Grenze, verschleppten Geiseln und ermordeten über 1200 Menschen.
“Möge Gott seinem Volk Kraft geben und es mit Frieden segnen” – so lautet ein Segenswunsch der jüdischen Liturgie.
Die Bundesregierung – wie auch die niedersächsische Landesregierung stehen an der Seite Israels, ebenso viele Kirchen und so auch die Hannoversche Landeskirche. „Als evangelische Kirche stehen wir an der Seite Israels, dessen Existenzrecht verteidigt werden muss. Gleichzeitig beten wir für die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten und bitten um Frieden. Der neu entfachte Kreislauf von Gewalt und Vergeltung wird keinen Frieden bringen“, so Landesbischof Ralf Meister.
In Gedanken sind wir bei den Bedrohten, den Entführten und ihren Familien, den Ermordeten und ihren Angehörigen. Mögen die Geiseln befreit werden, die Verletzen geheilt und die Trauernden getröstet werden.
Fürbitte
Gott, wir haben keine Worte für das, was in diesen Tagen geschieht.
Keine Worte für das Leid, das die Terroristen der Hamas über Tausende Menschen gebracht haben.
Keine Worte für das Unrecht, das Kindern, Frauen, Männern und Familien auf beiden Seiten geschieht.
Mit unserem Entsetzen kommen wir zu dir, Gott, und bitten dich:
Breite deinen Frieden aus über dein Volk und den Staat Israel.
Breite deinen Frieden aus über die Menschen in den palästinensischen Gebieten, die jetzt grausam unter dem leiden müssen, was rücksichtslos entfesselt wurde.
Hilf, dass die Trauernden getröstet,
die Verwundeten geheilt,
die entführten Geiseln befreit werden.
Gott, sei bei den Menschen in vielen Nationen, deren Herz schwer ist und die sich um Angehörige, Freundinnen und Freunde sorgen.
Schenke den beteiligten Regierungen Einsicht und Weisheit, das Richtige zu tun und den Kreislauf von Gewalt und Vergeltung zu durchbrechen.
Beschütze unsere jüdischen Geschwister in Deutschland und in allen Ländern.
Lass uns sichtbar und hörbar an ihrer Seite stehen.
Schenke unserer zerrissenen Welt Frieden.
Amen.
WIKI: Der Krieg in Israel und Gaza begann am 7. Oktober 2023 mit einem Terrorangriff der Hamas auf israelisches Staatsgebiet. Hunderte Terroristen der Hamas überwanden die israelische Sperranlage zum Gazastreifen, ermordeten auf israelischen Staatsgebiet über 1000 Zivilisten und nahmen mehrere hundert Geiseln. Als Reaktion begann Israel im Rahmen des Antiterroreinsatzes „Operation Eiserne Schwerter“ mit Luftangriffen auf den dicht besiedelten Gazastreifen, wobei viele Palästinenser getötet wurden. Außerdem erfolgte erneut eine israelische Blockade des Gazastreifens; am 9. Oktober 2023 wurden die Wasser-, Elektrizitäts- und Treibstoffversorgung eingestellt und ein Einfuhrverbot verhängt, einschließlich Lebensmittel und medizinische Produkte. Fast die Hälfte der Krankenhäuser im Gazastreifen wurden im Lauf der nächsten Wochen mit Verweis auf Treibstoffmangel geschlossen. Ende Oktober 2023 startete Israel eine Bodenoffensive im Norden des Gazastreifens und forderte die dort ansässige Zivilbevölkerung auf, sich in die südliche Hälfte des Palästinensischen Autonomiegebietes zu begeben; ein Großteil der Bevölkerung des Gazastreifens wurde kriegsbedingt zu Binnenvertriebenen.
Am Morgen des Samstags, den 7. Oktober 2023, kündigte die Hamas den Beginn der sogenannten „Operation al-Aqsa-Flut“ an.[1] Der Kommandeur Mohammad Deif sagte im Radio wörtlich: „Das ist der Tag der größten Schlacht.“[2] Der Angriff begann mit einem massiven Raketenbeschuss auf den Süden und das Zentrum Israels, wobei rund vier Stunden nach Angriffsbeginn ein IDF-Sprecher bekanntgab, dass bislang rund 2200 Raketen auf Israel abgefeuert worden seien und der Beschuss weiterhin anhalte.[3]
Im Laufe des Tages verlagerte sich der Beschuss auf den Süden Israels[4] und es wurde ein Rückgang der Intensität verzeichnet.[5] Es kam unter anderem zu Raketeneinschlägen in den Städten Aschkelon,[6][7] Rischon LeZion[8] und Tel Aviv[9][10] sowie dem Jerusalemer Vorort Mewasseret Zion.[11]
Nach dem Luftangriff der IDF auf zwei Hochhäuser im Gazastreifen, in denen sich laut Armeeangaben Vermögenswerte der Hamas befunden haben sollen, nahm die Hamas, nach entsprechender Ankündigung, das zentral gelegene Tel Aviv und die umliegenden Gebiete erneut unter Beschuss, wobei laut Hamas 150 Raketen zum Einsatz gekommen sein sollen.[12] Am Ende des Tages gaben die IDF bekannt, zahlreiche Luftangriffe im Gazastreifen durchgeführt und dabei auch Raketenabschussorte und ein operatives Hauptquartier der Hamas, das für Raketenangriffe genutzt wurde, getroffen zu haben.[13]
Gleichzeitig zum Raketenbeschuss drangen nach israelischen Militärinformationen 1.000 bis 1.500 palästinensische Militante[14] aus dem Gazastreifen nach Israel ein.[15] Ein Sprecher des Israelischen Militärs (IDF) gab an, dass die Militanten aus Gaza sowohl vom Land als auch vom Meer und aus der Luft (mittels motorisierter Gleitschirme) die Sperranlage um den Gazastreifen überwunden hätten und in vier kleine ländliche israelische Gemeinden, die Grenzstadt Sderot und zwei Militärstützpunkte eingefallen seien.[16][17][18][19] Laut Aussage des israelischen Polizeipräsidenten Kobi Schabtai gab es in der südlichen Region Israels am Tag des Angriffs mindestens 21 umkämpfte Gebiete.[20][21] In den Ortschaften gingen die palästinensischen Terroristen auf der Suche nach Opfern von Haus zu Haus.[14] Nahe dem Kibbuz Reʿim fand ab dem Abend des 6. Oktober ein Outdoor-Festival statt,[22][23] an dem rund 3.000 Menschen teilnahmen. In den Morgenstunden des 7. Oktober verübten unbemerkt über die Grenze gekommene Hamas-Terroristen ein Massaker mit rund 260 Todesopfern unter den Festivalbesuchern.[24] Der Kibbuz Nir Am war der einzige angegriffene Ort, in dem niemand zu Schaden kam. Hintergrund war, dass die örtliche zivile Sicherheitskoordinatorin rechtzeitig die Gefahr erkannte, Frauen und Kinder in Sicherheit brachte, ihr 12-köpfiges „Bereitschaftskommando“ bewaffnete und dieses die Angreifer vier Stunden lang abwehrte, bis Armee und Polizei eintrafen.[25] Die israelische Armee, die wie die israelische Regierung nicht auf den Angriff vorbereitet war, verkündete am Vormittag, dass Ortschaften rund um den Gazastreifen von der Hamas eingenommen worden waren, und startete ihrerseits unter dem Namen „Operation Eiserne Schwerter“ Gegenangriffe, um eigenes Staatsgebiet zurückzuerobern.[20][26][27] Die israelische Luftwaffe flog zudem Attacken auf Ziele im Gazastreifen. Verteidigungsminister Joaw Galant genehmigte die Einberufung von Reservekräften.[20][28] Wegen der umstrittenen Justizreform in Israel in Streik getretene Reservisten meldeten sich bei ihren Einheiten.[27]
Am Abend des 7. Oktober gab das israelische Militär bekannt, die Kontrolle über die Militärbasis Reʿim zurückerlangt zu haben.[29] Noch am selben Tag wurden auf Geheiß der israelischen Regierung aus Israel kommende Stromlieferungen in den Gazastreifen gestoppt.[20]
Der israelische Staatspräsident Jitzchak Herzog mit den Familien der von der Hamas gefangen gehaltenen Personen in Beit HaNassi, 22. Oktober 20238. Oktober[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von Israelis zerstörte Polizeistation in Sderot am 8. Oktober, nachdem sich dort palästinensische Terroristen verbarrikadiert hatten[30]Auswirkungen der infolge des Terrorangriffs auf Israel erfolgten israelischen Luftschläge auf den Gazastreifen am 8. Oktober→ Hauptartikel: Terrorangriff der Hamas auf Israel 2023#8. Oktober
Israelische Kampfflugzeuge starteten am Morgen erneut Luftangriffe im Gazastreifen.[31] Am Abend des 8. Oktober griffen die IDF eigenen Angaben zufolge in drei aufeinanderfolgenden Durchgängen insgesamt 120 Ziele in der Umgebung von Beit Hanoun an.[32][33] Am Nachmittag verkündete das israelische Sicherheitskabinett offiziell den Kriegszustand.[34] Am selben Tag begann die israelische Armee mit der Evakuierung von israelischen Ortschaften in den Grenzgebieten zum Gazastreifen und zum Libanon.[35] Am Abend erklärten Hamas und Islamischer Jihad, sie hielten 130 israelische Geiseln fest, darunter hochrangige Militärangehörige.[36] Eine Woche später teilten die Geiselnehmer mit, mit den Geiseln 6.000 Palästinenser aus israelischen Gefängnissen freipressen zu wollen.[37]
9. Oktober
In der Nacht vom 8. zum 9. Oktober sowie im Verlauf des Tages erfolgte unter Einsatz von Kampfflugzeugen, Helikoptern und Artillerie ein umfassender Angriff Israels auf den Gazastreifen, bei dem nach israelischen Militärangaben mehr als 1.000 Ziele getroffen wurden.[38][39]
Durch die Luftangriffe des israelischen Militärs wurde auch ein Markt des Flüchtlingslagers Dschabaliya getroffen, der mit Zivilisten bevölkert war.[40][41] Auch die Hamas feuerte erneut Raketen auf israelisches Gebiet ab, dabei gab es Verletzte bei Einschlägen nahe Jerusalem.[38][42]
Am Morgen des 9. Oktober erklärte ein Sprecher des israelischen Militärs, dass die Kämpfe in den israelischen Siedlungen Kfar Aza, Be’eri, Nirim und Alumim andauerten. Die hier verschanzten Hamas-Terroristen seien teils seit Samstag auf israelischem Territorium, teils später hinzugestoßen.
Am Mittag des 9. Oktober verkündete das israelische Militär, es kontrolliere die von der Hamas angegriffenen Ortschaften in den südisraelischen Gebieten nahe dem Gazastreifen, wobei es noch zu vereinzelten Zusammenstößen komme.[42] Israel hatte aufgrund des Konflikts mittlerweile etwa 300.000 Reservisten mobilisiert. Nach einem Beschluss des israelischen Sicherheitskabinetts gab der israelische Verteidigungsminister eine „totale Blockade“ des Gazastreifens bekannt, die auch ein Einfuhrverbot aller Waren vorsah. Damit stellte Israel auch die Wasserversorgung in den Gazastreifen ein. Die Strom- und Energiezufuhr hatte Israel bereits zwei Tage zuvor gestoppt.[42][43][44] Nach israelischen Angaben versuchten mehrere Militante, aus dem Libanon nach Israel einzudringen, und wurden dabei erschossen.[42] Zudem nahm die israelische Armee unter Einsatz von Kampfhubschraubern Luftschläge gegen Ziele im Libanon vor.[45]
Am Abend kündigte Abu Obaida, Sprecher der Kampfbrigade Qassam, an, dass die Hamas ab sofort jedes Mal eine israelische Geisel hinrichten werde, wenn ein israelischer Luftangriff auf den Gazastreifen Häuser von Zivilisten „ohne Vorwarnung“ treffe. Das israelische Militär erklärte, im Laufe des Tages hunderte Hamas-Terroristen gefangen genommen und hunderte getötet zu haben.[42]
10. Oktober
Am Morgen des 10. Oktobers erlangte Israel die Kontrolle über den Grenzzaun zum Gazastreifen zurück.[46]
Gazastreifen am 10. Oktober
Bis zum Morgen des 10. Oktober dauerten Gefechte im Kibbuz Kfar Aza an. Von den getöteten Zivilisten – ganze Familien, die in ihren Häusern vorgefunden wurden – waren nach Angaben israelischer Soldaten manche enthauptet und andere durch Molotowcocktails verbrannt.[47][48]
Auch nach der Ankündigung der Hamas am Vortag bezüglich der Tötung von Geiseln setzte Israel seine Luftangriffe auf den Gazastreifen fort. Gemäß israelischen Angaben wurden dabei rund 200 Einrichtungen der Hamas getroffen. Die Vereinten Nationen (UN) wiesen jedoch darauf hin, dass bei den Angriffen auch zivile Einrichtungen getroffen worden seien.[49] Die Hamas gab bekannt, dass bei den Luftangriffen zwei hochrangige Funktionäre getötet worden seien.[50] Wenige Stunden nachdem die Hamas die Bevölkerung von Aschkelon zum Verlassen der Stadt aufgerufen hatte, feuerte sie Raketen auf Aschkelon und Tel Aviv. Auch zwischen der Hisbollah und Israel gab es erneuten wechselseitigen Raketen- oder Artilleriebeschuss.[50]
Am Abend gab es Angriffe auf Israel von syrischem Gebiet aus; laut Israels Militär schlugen mehrere Raketen auf offenem Gelände ein. In Reaktion darauf setzte das israelische Militär eigenen Angaben zufolge Artilleriefeuer und Mörsergranaten ein.[50]
11. Oktober
Aus dem Libanon kam es zu Artilleriebeschuss durch die Hisbollah. Später wurde ein mutmaßlicher Raketenabschusspunkt durch Israel getroffen.[51]
Das einzige Großkraftwerk in Gaza wurde wegen Treibstoffmangels abgeschaltet. Den Menschen bleiben Generatoren und Solarenergie. Gazas größtes Krankenhaus Al-Schifa könne dank einer Notstromversorgung mit Generatoren „höchstens“ vier Tage laufen, wie eine Reporterin der New York Times berichtete. Die Weltgesundheitsorganisation informierte, dass die Vorräte für sieben Krankenhäuser aufgebraucht sind. Ärzte ohne Grenzen teilte mit, dass in zwei von ihr betriebenen Krankenhäusern in Gaza chirurgische Ausrüstung, Antibiotika, Treibstoff und andere Hilfsgüter knapp seien.[52][51] Die UNRWA vermeldete, dass es 104 Millionen Dollar benötigte, um für die kommenden drei Monate Nahrungsmittel, Medikamente und anderes Material für rund eine halbe Million Menschen im Gazastreifen, zu finanzieren. Die Lagerbestände des Hilfswerks im Gazastreifen reichten nur noch, um rund 150.000 Menschen für zwölf Tage zu versorgen.[51]
Neun Mitarbeiter der Vereinten Nationen sind nach UN-Angaben seit Samstag im Gazastreifen durch israelische Luftangriffe getötet worden. Die Zahl der bei Luftangriffen Israels im Gazastreifen getöteten Palästinenser stieg nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza auf mindestens 1.050 an. Rund 5.200 Menschen seien verletzt worden. Die Zahl der Toten in Israel durch die Hamas-Großangriffe ist nach israelischen Armeeangaben bis zum 11. Oktober auf mehr als 1.200 gestiegen. Mindestens 3.000 Menschen seien verletzt worden.[51]
Am Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und dem Gazastreifen stauten sich nach ägyptischen Angaben Konvois mit Hilfsgütern. Die ägyptischen Fahrzeuge mit Treibstoff, Baumaterial und Nahrungsmitteln dürften die Grenze nicht überqueren, sagte ein Sicherheitsbeamter der Nachrichtenagentur AP.[51]
Am 11. Oktober bildete der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Notstandsregierung für die Zeit im Kriegszustand. Sie setzt sich unter anderem, neben Netanjahu aus dem Verteidigungsminister Joaw Galant und dem ehemaligen Verteidigungsminister und Oppositionsvertreter Benny Gantz, zusammen.[53] Das Notstandskabinett wurde am darauffolgenden Tag von der Knesset gebilligt.[54] Der Oppositionsvertreter Jair Lapid, der Netanjahu die Bildung einer gemeinsamen Notstandsregierung angeboten hatte,[55] lehnte seine Beteiligung an der Notstandsregierung schließlich mit der Begründung ab, dass er sich nicht zusammen mit „Extremisten“ an einer Regierung beteiligen wolle.[56] Lapids Partei hatte bei ihrem Angebot der Bildung einer Notstandsregierung zur Bedingung gemacht, dass die beiden rechtsextremen Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich nicht dem Kriegskabinett angehören.[57]
12. Oktober
Am Donnerstagmorgen bombardierte Israel mehrere Flughäfen in Syrien. Eigenen Angaben zufolge geschah dies, um iranische Waffenlieferungen zu zerstören.[58] Vom 7. Oktober bis zum 12. Oktober warf das israelische Militär eigenen Angaben zufolge 6.000 Bomben auf den Gazastreifen ab.[59]
Der israelische Energieminister Israel Katz machte die Freilassung der etwa 150 Geiseln zur Bedingung für ein Ende der israelischen Blockade des Gazastreifens.[54]
Im Osten Jerusalems wurde ein Mitglied der Volksfront zur Befreiung Palästinas erschossen, nachdem dieses auf Polizisten geschossen hatte.[60]
Die israelische Luftwaffe bombardierte die Flughäfen von Damaskus sowie Aleppo. Auch syrische Medien bestätigten Beschädigungen an der Landebahn. Begründet wurde dies mit iranischen Waffenlieferungen an Syrien und Libanon.
13. Oktober
Am Morgen des 13. Oktobers riefen die israelischen Streitkräfte 1,1 Millionen Menschen im Norden des Gazastreifens dazu auf, das Gebiet bis 20:00 Uhr Ortszeit (19:00 Uhr MESZ) in Richtung Süden auf bestimmten Routen zu verlassen.[62] Einer Stellungnahme der Vereinten Nationen zufolge ist eine solche Evakuierung „ohne verheerende humanitäre Konsequenzen unmöglich“.[63] Laut Berichten aus dem Norden des Gazastreifens wurden Zivilisten an der Flucht in den Süden durch die Hamas gehindert.[64] Auf einer ausgewiesenen Evakuierungsroute kam es zu einer Explosion mit zivilen Opfern. Palästinensische Stellen beschuldigten die IDF, diese Explosion herbeigeführt zu haben. Die IDF gaben keinen Kommentar ab und verwies auf laufende Ermittlungen zu dem Vorfall.[65][66] Davor hatte Israel aufgefordert, Gaza zu verlassen und jene Straße als „sichere Route“ bezeichnet, die Hamas hatte hingegen Zivilisten aufgefordert, an ihren „Häusern und ihrem Land festzuhalten“. Israel und die Hamas beschuldigten sich gegenseitig, die Explosion verursacht zu haben.[67]
Nach Auseinandersetzungen an der libanesisch-israelischen Grenze wurde von Seiten Israels eine Drohne verwendet, um Ziele der Hisbollah anzugreifen. Bei den Grenzzwischenfällen wurde ein Reuters-Journalist getötet sowie sechs weitere Journalisten verletzt.[68][69] Laut einer Pressemeldung traf eine israelische Artilleriegranate während eines Feuergefechts mit der Hisbollah die Journalistengruppe auf libanesischem Territorium.[70]
Israelische Streitkräfte meldeten am 13. Oktober erstmals Einsätze im Gazastreifen mit Boden- und Panzertruppen, ihren Angaben nach zur Geiselbefreiung und Zerstörung von Terror-Infrastruktur.[71] Dabei fanden sie ihren Angaben nach die Leichen von verschleppten Geiseln.[72]
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gab in einer Fernsehansprache an das israelische Volk die Vernichtung der Hamas als Kriegsziel Israels aus.[73]
14. Oktober[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die israelischen Verteidigungsstreitkräfte gaben bekannt, dass bei Luftangriffen im Gazastreifen Murad Abu Murad, Leiter der Luftüberwachung von Gaza-Stadt der Hamas, welcher an der Planung der Anschläge vom 7. Oktober in Israel beteiligt war, getötet worden sei.[74]
Die Vereinigten Staaten schickten die USS Dwight D. Eisenhower ins östliche Mittelmeer, wo sie sich der bereits dort befindlichen USS Gerald R. Ford anschloss.[75]
In Katar trafen sich der Hamas-Führer Ismail Haniyya sowie Irans Außenminister Hossein Amir-Abdollahian.[76][77]
15. Oktober
Nachdem die Evakuierungsfrist für den nördlichen Teil des Gazastreifens am 13. Oktober abgelaufen war, rief Israel am 15. Oktober erneut ein wenige Stunden langes Zeitfenster für die Evakuierung jenes Teils des Gazastreifens aus. Nach Angaben des UN-Büros für humanitäre Angelegenheiten (OCHA) setzte darauf eine Massenflucht in den südlichen Teil des Gazastreifens ein. Das israelischen Militär schätzte, dass dorthin mehr als 600.000 Bewohner flüchteten.[78] Die israelische Armee gab bekannt, eine Bodenoffensive in den nördlichen Teil des Gazastreifens erst dann beginnen zu wollen, wenn „die Zivilbevölkerung das Gebiet verlassen hat“.[79] Nach Angaben des Beraters für nationale Sicherheit des US-Präsidenten Jake Sullivan und hochrangiger israelischer Beamter stellte Israel auf Betreiben der Bundesregierung der Vereinigten Staaten die Wasserversorgung im südlichen Gazastreifen wieder her.[80]
In Israel begann die Evakuierung der 10 Kilometer vom Gazastreifen entfernten Stadt Sderot, nachdem diese mehrmals Ziel von aus dem Gazastreifen abgefeuerten Raketen geworden war.[78] Es kam erneut zu Grenzgefechten mit der Hisbollah im Libanon. Dabei wurden beiden Seiten zufolge auf der jeweils anderen Seite militärische Ziele getroffen. An der israelischen Grenze starb ein Zivilist. Kurz zuvor hatte Israel einen 4 Kilometer langen Abschnitt an der Grenze zum Sperrgebiet erklärt. Später starteten Raketen aus dem Libanon, wodurch acht Personen verletzt wurden.[81]
Gegen Abend soll das UNIFIL-Hauptquartier im Libanon von einer Rakete getroffen worden sein; es gab jedoch weder Angaben zu Schäden, noch wurde jemand verletzt.[82] Der UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini sprach angesichts des Mangels an Strom, Lebensmitteln und Wasser durch die israelischen Blockade von einer „beispiellosen humanitären Katastrophe“ und forderte die Öffnung eines humanitären Korridors.[83]
Die Arabische Liga und die Afrikanische Union warnten in einer gemeinsamen Stellungnahme angesichts der erwarteten israelischen Militäroffensive, dass diese „zu einem Völkermord von beispiellosem Ausmaß führen“ werde und forderten die Vereinten Nationen und die internationale Staatengemeinschaft auf, dies zu verhindern.[84]
Der Leiter des Kamal-Alwan-Kinderkrankenhauses berichtete von Patienten, die mit amputierten Gliedmaßen, schweren Verbrennungen und anderen lebensbedrohlichen Verletzungen eingeliefert wurden.[85]
16. Oktober[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]IDF-Truppen bereiten sich auf den Einmarsch in den Gazastreifen vor, 16. Oktober 2023
Hatte Israel am Vortag das Grenzgebiet zum Libanon zur Sperrzone erklärt,[81] rief Israel am 16. Oktober die Evakuierung aller 28 Orte aus, die bis zu zwei Kilometer von der Grenze zum Libanon liegen.[37] Die israelische Polizei begann mit der Bewaffnung von 13.200 zivilen Ersthelfern.[86]
17. Oktober
Der Chef des Zentralkommandos der Vereinigten Staaten landete in Israel, um sich unter anderem mit IDF-Generalstabchef Herzi Halewi sowie Verteidigungsminister Joaw Galant zu treffen.[87]
Die Vereinigten Staaten setzten 2000 Soldaten in Alarmbereitschaft, um sich auf einen möglichen Einsatz vorzubereiten. Allerdings sollen diese Soldaten nicht direkt am Konflikt beteiligt sein.[88] Nach Schätzung des UN-Nothilfebüros (OCHA) waren fast die Hälfte der Zivilbevölkerung des Gazastreifens inzwischen auf der Flucht.[89] Die Hamas bestätigte die Tötung ihres Kommandeurs Ajman Nofal, der für die Koordinierung des militärischen Flügels verantwortlich war. Er war bis dahin der ranghöchste getötete Hamas-Befehlshaber im aktuellen Krieg.[88]
Am Abend sollen nach Angaben von Hamas-Behörden bei der Explosion einer Rakete auf dem Parkplatz des al-Ahli-Arab-Krankenhauses in der Stadt Gaza mindestens 471 Menschen getötet worden sein[90]
Nach Angaben aus westliche Geheimdiensten wurden zwischen 100 und 300 getötet,[90] andere geheimdienstliche Quellen berichteten von „eher ein paar Dutzend“ Todesopfern, wahrscheinlich zwischen zehn und 50.[91]
Während die Hamas Israel beschuldigte, das christliche Krankenhaus beschossen zu haben, erklärte Israel, dass eine fehlgeleitete Rakete der Gruppe Islamischer Dschihad die Explosion verursacht hätte.[92][93] Die Gruppe stritt eine Verantwortung für den Raketeneinschlag jedoch ab.[94]
Die israelische Armee legte am Tag darauf Bildmaterial vor, das beweisen sollte, dass Israel nicht für den Beschuss verantwortlich war; die Armee wies darauf hin, dass israelische Luftschläge auf offenes Gelände Krater hinterlassen, beim Parkplatz des Krankenhauses, wo die Explosion stattfand, jedoch keine zu sehen seien.[95] Unabhängige Experten deuteten öffentliches Video- und Bildmaterial von der Explosion und den Überresten als Hinweise auf eine Treibmittelexplosion einer fehlgegangenen Raketenstufe und nicht auf einen gezielten Angriff.[96] Unabhängig davon hatte die Nachricht von den Toten im Krankenhaus bereits für Empörung weltweit, insbesondere in arabischen Ländern gesorgt; als eine Folge wurde das Treffen Bidens mit dem König von Jordanien, dem Staatschef Ägyptens Abd al-Fattah as-Sisi sowie dem Präsidenten Mahmud Abbas abgesagt.[97]
Westlichen Medien wurde vorgeworfen, die Propaganda der Hamas zunächst ungeprüft übernommen zu haben.[98] Die New York Times veröffentlichte am 24. Oktober allerdings eine Video-Analyse, das von Israel vorgelegte Bildmaterial einer explodierenden Rakete zeige in Wirklichkeit eine israelische Rakete, die in etwa drei Kilometer Entfernung von dem Krankenhaus über der Grenze von Gaza explodierte.[99][100] Somit hätte sie nichts mit der Explosion im Krankenhaus zu tun haben können.[99] Natürlich sei die Explosion einer palästinensischen Rakete weiterhin eine plausible Theorie, aber es hätte in der direkten Umgebung des Krankenhauses in genau diesen Zeitraum auch Explosionen israelischer Munition gegeben und eines der am weitesten publizierten Beweisstücke, das israelische Analysten vorgelegt hätten, sei damit zweifelhaft geworden.[99]
Eine von Channel 4 durchgeführte Untersuchung kam basierend auf einer Doppler-Effekt-Analyse und einer Untersuchung der Kraterform zu dem Schluss, dass die Rakete aus östlicher und nicht wie vom israelischen Militär behauptet aus südwestlicher Richtung kam.[100] Außerdem zeige die von Israel vorgelegte Audioaufnahme eines angeblichen Gesprächs zwischen zwei Palästinensern Anzeichen von Manipulation; die beiden Stimmen seien auf verschiedenen Audiospuren aufgenommen worden und auch sprachlich für Arabischsprecher nicht überzeugend.[100] Übereinstimmung herrscht dagegen insofern, als der kleine Krater nicht mit einem gewöhnlichen JDAM-Luftangriff vereinbar sei.[100] Channel 4 und andere Experten betonten ferner, dass sie zu dem Zeitpunkt nur vorläufige Ergebnisse vorlegen konnten und eine umfassende Untersuchung erforderlich sei.[100]
18. Oktober
Am 18. Oktober 2023 teilte der anglikanische Bischof von Jerusalem, Hosam Naoum, den Medien mit, dass das israelische Militär die Krankenhausbetreiber seit dem 14. Oktober mehrfach dazu aufgefordert habe, das Spitalgelände mitsamt Patienten und Mitarbeitern zu verlassen. Die konkreten Warnungen hätten dabei speziell das Krankenhaus betroffen und seien nicht Teil der allgemeineren Aufforderungen Israels an die Zivilisten gewesen, Nordgaza Richtung Süden zu verlassen.[101] Auch OSINT-Experten (Open Source Intelligence) kamen zu dem Ergebnis, dass die Version der israelischen Armee sehr wahrscheinlich ist.[102]
Angesichts der Dringlichkeit der humanitären Lage im Gazastreifen stimmte Israel Hilfslieferungen aus Ägypten für die Menschen im Süden des Gazastreifens zu. Israel betonte, dass Lieferungen zur Hamas verhindert würden und keine humanitäre Hilfe von seinem Territorium aus in den Gazastreifen zugelassen werde, solange seine entführten Geiseln nicht zurückgebracht würden.[103]
19. Oktober
Israel führte nach eigenen Angaben in den 24 Stunden zuvor hunderte Angriffe auf militärische Ziele der Hamas durch, darunter Abschussrampen und Kommandoposten. Dabei seien mehrere führende Mitglieder verschiedener Terrororganisationen getötet worden, darunter auch der Chef des militärischen Flügels des Volkswiderstandskomitees. Auch seien mehrere Hamas-Elitekämpfer getötet worden, die an den Massakern in Israel beteiligt gewesen seien.[104]
Wenig später meldete die Hamas den Tod des Kommandeurs der Nationalen Sicherheitskräfte in Palästina, Dschijad Muheisen, durch israelische Angriffe.[105]
Ein fünftes Krankenhaus in Gaza, das Jemen-Al-Said-Krankenhaus, musste wegen Treibstoffmangels schließen. Davor wurden vier weitere Krankenhäuser sowie 14 Gesundheitszentren geschlossen.[105] Das griechisch-orthodoxe Patriarchat von Jerusalem gab bekannt, dass die seiner Jurisdiktion unterstehende St.-Porphyrius-Kirche in der Altstadt von Gaza bei einem israelischen Luftangriff getroffen und beschädigt wurde. Auf dem Kirchengelände, zu dem weitere Gebäude gehören, hatten demnach zahlreiche Zivilisten Zuflucht gesucht.[106] Die israelischen Verteidigungsstreitkräfte erklärten, der Luftangriff habe einem Kommandozentrum in der Nähe gegolten, die Mauer der Kirche sei beschädigt, von der Hamas ausgehende Berichte über Opfer würden geprüft.[107]
20. Oktober
Auch in der Nacht zu diesem Tag führte das israelische Militär eigenen Angaben zufolge weiterhin Schläge gegen hunderte militärische Ziele im Gazastreifen durch. Bei den Angriffen seien unter anderem Hamas-Mitglieder mit Beteiligungen an Tötungen und bewaffneten Aktionen sowie deren Standorte in Kommandoposten, Waffenlagern und unterirdischen Tunneln getroffen worden. In Dschabaliya sei demnach eine Moschee getroffen worden, die ihnen als Beobachtungsposten und Stützpunkt inklusive Waffenlager gedient habe.[108]
Die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung bestätigte die Freilassung zweier Geiseln durch die Hamas.[109]
21. Oktober
Am 21. Oktober reagierte Israel auf Raketenbeschuss aus dem Libanon, den der libanesische und der Hisbollah nahestehende Fernsehsender Al-Manar vermeldete, mit Gegenbeschuss. Dadurch sind nach israelischen Militärangaben mehrere Kämpfer der Hisbollah getötet worden.[110] In der Nacht auf den 22. Oktober führten die israelischen Streitkräfte eigenen Angaben zufolge einen Luftangriff auf die in Dschenin im Westjordanland liegende Al-Ansa-Moschee durch. Dadurch seien Terroristen der Hamas und des Islamischen Dschihad getötet worden, die einen Terrorangriff vorbereitet haben sollen.[111]
22. Oktober
Die israelische Regierung und das Palästinenserflüchtlingswerk UNRWA vermeldeten, dass ein zweiter Hilfskonvoi in den Gazastreifen gelangt ist.[112]
In Vorbereitung einer Bodenoffensive verstärkte das Militär seine Angriffe auf den Gazastreifen in der Nacht auf diesen Tag, darunter auf Rafah. Die Hamas meldete am Morgen bis zu 80 Tote und 30 zerstörte Häuser.[113]
Auf der Suche nach Geiseln setzte die israelische Armee nachts einzelne Bodentrupps im Gazastreifen ein.[114] Israel meldet den ersten getöteten Soldaten im Gazastreifen durch den Beschuss mit einer Panzerabwehrrakete.[112]
Die USA legten einen Resolutionsentwurf für den UN-Sicherheitsrat vor. Ihm zufolge sollen Zivilisten geschützt werden und Hilfsgüter in den Gazastreifen gelangen; an den Iran wird die Forderung gerichtet, von der Unterstützung von Milizen gegen Israel abzusehen.[112] Der US-amerikanische Verteidigungsminister Lloyd Austin gab den Befehl zur Stationierung von Raketenabwehrsystemen wie THAAD und Patriot in der Region.[112]
23. Oktober
Die Staats- und Regierungschefs von Italien, Frankreich, Deutschland, USA und Kanada riefen Israel bei der Terrorismusbekämpfung zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts auf.[115] Am Tag zuvor waren bei einem israelischen Luftangriff auf das Flüchtlingslager Dschabaliya laut medizinischem Personal mindestens drei Palästinenser getötet worden.[112] Das israelische Militär berichtete, dass sich 2.000 ultraorthodoxe Juden freiwillig für einen Militärdienst gemeldet haben, deren Beteiligung am Militärdienst begrenzt ist, und dass die Armee mit der Ausbildung von Freiwilligen begonnen habe.[116]
Um mehr Geiseln freizubekommen riet die US-amerikanische Regierung der israelischen Regierung dazu, noch mit einer Großoffensive von Bodentruppen in den Gazastreifen zu warten und mit der Hamas über eine Freilassung von Geiseln zu verhandeln.[117][118] In Vorbereitung auf eine militärische Bodenoffensive bzw. einen Häuserkampf im Gazastreifen, ließ sich die israelische Armee zwecks Schulung mehrere US-amerikanische Militärberater einfliegen.[119]
Die Hamas ließ zwei ältere israelische Frauen frei, deren Ehemänner aber als Geiseln zurückblieben.[120] Die 85-jährige Yocheved Lifshitz sagte am nächsten Tag, sie sei auf dem Weg nach Gaza in die Rippen geschlagen, aber von ihren Entführern in Gaza selbst fürsorglich behandelt worden.[121] Der ehemalige US-Präsident Barack Obama warnte Israel, dass seine Aktionen „die palästinensische Haltung für Generationen verhärten“ und die internationale Unterstützung Israels schwächen könnten; jede militärische Strategie, die die menschlichen Kosten des Krieges ignoriere, „könnte letztendlich nach hinten losgehen“.[122]
24. Oktober
Die Vereinten Nationen appellierten dringend an Israel, mehr Hilfsgüter nach Gaza zu lassen.[123] WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus forderte, das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) solle sofort Zugang zu den aus Israel entführten Geiseln erhalten. Er forderte außerdem erneut die sofortige Freilassung aller Geiseln, die im Zuge des Terrorangriffs der islamistischen Hamas Anfang Oktober verschleppt worden waren.[124]
UN-Generalsekretär Guterres verurteilte in einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats den Angriff der Terrororganisation Hamas vom 7. Oktober aufs Schärfste, sagte aber auch, dass der Angriff „nicht im luftleeren Raum erfolgt“ sei. Das Volk der Palästinenser habe eine Geschichte 56-jähriger erdrückender Besatzung hinter sich. Es habe mit ansehen müssen, wie sein Land immer wieder von Siedlungen verschlungen wurde. Es sei Gewalt ausgesetzt gewesen, seine Wirtschaft sei abgewürgt worden, seine Häuser seien zerstört worden, seine Hoffnung auf eine politische Lösung sei geschwunden. Das alles könne nicht die widerwärtigen Angriffe der Hamas rechtfertigen, aber auch nicht eine kollektive Bestrafung des palästinensischen Volks rechtfertigen. Der israelische Außenminister Eli Cohen attackierte Guterres hierauf scharf. Während der Rede von Cohen verließen einige arabische Delegationen den Saal.[125] Christoph Heusgen, Vorsitzender der Münchner Sicherheitskonferenz, stellte zu der Attacke Cohens gegen Guterres fest, dass Guterres Recht habe, wenn er die „Hamas-Aktion auf schärfste verurteile“ und gleichzeitig auf die 56 Jahre währende Besatzung der Palästinensergebiete hinweise, die nach geltendem Völkerrecht und UNO-Resolutionen eine „flagrante Verletzung des Völkerrechts“ darstelle.[126] Israels Botschafter Ron Prosor bezeichnete Heusgens Äußerungen als „ungeheuerlich“; dieser habe den „bestialischen Terrorangriff der Hamas“ verharmlosend als „Hamas-Aktion“ bezeichnet und mit keinem Wort verurteilt.[124]
25. Oktober
Laut dem UN-Nothilfebüro OCHA soll es innerhalb eines Tages 700 tote Palästinenser gegeben haben. Es berief sich auf das Hamas-Gesundheitsministerium. UNICEF beklagte seit Konfliktbeginn 2360 tote Kinder im Gazastreifen, und 5364 verletzte Kinder, ohne eine Quelle zu nennen; es handelte sich um die gleiche Zahl, die von der Hamas verbreitet wurde.[127]
Als Reaktion auf vorangegangene Angriffe beschoss die israelische Luftwaffe syrische Militärstellungen. Syrien berichtete von acht toten Soldaten sowie sieben Verletzten. Die Luftangriffe auf Stellungen sowie Kommandoposten und Waffenlager im Gazastreifen gingen weiter. Israel soll dabei einen Hamas-Kommandeur mit Beteiligungen an Tötungen und Verbindungen zu Mohammed Deif getötet haben. Auch die Grenzgefechte zwischen der Hisbollah im Libanon und Israel gingen weiter. Im Westjordanland wurden palästinensische Angreifer vom Militär mit Drohnen beschossen. Es soll 3 Tote und 20 Verletzte gegeben haben.[127]
Der türkische Präsident Erdoğan bezeichnete die Hamas als „Befreiungsorganisation“, während der ägyptische Präsident as-Sisi vor einem Einmarsch in den Gazastreifen warnte.[127] Israelische Vertreter eskalierten den diplomatischen Konflikt wegen der Positionierung des UN-Generalsekretär Guterres vom 24. Oktober (siehe dort). Der israelische UN-Botschafter Gilad Erdan twitterte: „Ich denke, dass der Generalsekretär zurücktreten muss“. Israels Außenminister Eli Cohen sagte ein Treffen mit Guterres ab. Israel verweigerte dem UN-Untergeneralsekretär für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten, Martin Griffiths, ein Visum und kündigte weitere Visa-Verweigerungen gegenüber UN-Vertretern an.[128] Die Deutsch-Israelische Gesellschaft richtete in einer Pressemitteilung einen Appell an die Bundesregierung, sie solle Israel im Konflikt mit UN-Generalsekretär Guterres wegen dessen Äußerungen vom 24. Oktober 2023 unterstützen.[129] Regierungssprecher Steffen Hebestreit erklärte zu dem Konflikt, dass der UN-Generalsekretär das Vertrauen der Bundesregierung habe und Außenministerin Annalena Baerbock sich intensiv um Vermittlung bemühe. Zugleich betonte er die Solidarität der Bundesregierung mit Israel: „Wir stehen eng und unverbrüchlich an der Seite Israels.“[130] Die Arabische Liga forderte Unterstützung für Guterres. Guterres selbst zeigte sich schockiert über die Fehlinterpretation einiger seiner Erklärungen und bemühte sich um Klarstellung.[131] US-Präsident Joe Biden betonte in einem Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu, wie wichtig es sei, „was nach der Krise kommt“. Dazu gehöre ein dauerhafter Frieden zwischen Israelis und Palästinensern. Biden habe bekräftigt, dass die Hamas nicht das palästinensische Volk oder dessen legitime Bestrebungen repräsentiere.[132]
26. Oktober
Nach Angriffen auf israelische Stellungen bombardierte das israelische Militär in der Nacht weiterhin einen Beobachtungsposten und ein Militärgelände der Hisbollah im Libanon. Währenddessen wurden die israelischen Luftschläge gegen den Gazastreifen fortgesetzt. Im Verlauf des vergangenen Tages seien mehr als 350 Ziele getroffen worden, unter anderem Beobachtungsposten und Raketenabschussrampen in der Nähe ziviler Wohngebäude und Moscheen, gab das israelische Militär bekannt. Das Militär unternahm einen weiteren begrenzten Vorstoß in den Gazastreifen.[133]
Israel ging von 224 Geiseln in der Hand der Hamas aus. Die Qassam-Brigaden teilten mit, es seien bisher etwa 50 Geiseln durch israelische Luftschläge getötet worden.[133] Hiba Tibi, bei CARE International zuständig für die Westbank und Gaza, sagte, dass es keinen sicheren Ort in Gaza gebe. Die Opferzahlen seien unfassbar und erschreckend. Riad Othman, Nahostreferent der Hilfsorganisation Medico international sprach von einer „desaströsen Lage“ in Gaza. Es fehle vor allem Trinkwasser. In Krankenhäusern gebe es keinen Strom, kein Verbandsmaterial und keine Betäubungsmittel. Amputationen und Operationen würden ohne Anästhesie mit Handybeleuchtung durchgeführt. Es gebe kein Verbandsmaterial für Brandwunden und es kämen viele Menschen mit Brandwunden in die Krankenhäuser.[134]
27. Oktober
In der Nacht zu diesem Tag unternahm das Militär erneut einen begrenzten Vorstoß in den Gazastreifen. Dabei kamen Bodentruppen, Drohnen, Kampfflugzeuge und gepanzerte Fahrzeuge zum Einsatz. Laut israelischer Armee seien militärische Ziele sowie Terroristen ausgeschaltet worden, die beteiligten Einheiten zogen sich nach dem Angriff aus Gaza zurück. Diese begrenzten Vorstöße wurden als Vorbereitung einer Bodenoffensive im Gazastreifen gesehen.[135] Ein Raketenangriff auf ein Haus in Tel Aviv verursachte drei Verletzte, der militärische Arm der Hamas im Gazastreifen bestätigte, die Raketen abgefeuert zu haben.[136]
In Ägypten kam es im grenznahen Ort Taba zu sechs Verletzten, nachdem eine „anonyme gelenkte Drohne“ niedergegangen war.[137] Der ägyptische Fernsehsender Al-Kahira News berichtete, eine Rakete sei eingeschlagen. Israels Armee zufolge war die Drohne aus der Nähe des Roten Meeres gekommen, Huthi-Rebellen könnten in Betracht gezogen werden.[138][139] Agence France-Presse berichtete gegen Abend von massivem israelischen Beschuss des Gazastreifens. Israel soll außerdem das Internet dort gekappt haben, AFP berief sich dabei auf Hamas-Mitglieder. Ein palästinensischer Internetbetreiber bestätigte einen Internetausfall durch massive Bombardierungen. Israels Armee teilte mit, in der kommenden Nacht wolle man den Bodeneinsatz ausweiten.[137]
In einer Umfrage der israelischen Zeitung Ma’ariv sprachen sich 49 Prozent der befragten Bürgerinnen und Bürger dafür aus, dass die Regierung Israels mit dem Beginn einer Bodenoffensive im Gazastreifen noch abwarten sollte. 29 Prozent der Befragten sprachen sich hingegen dafür aus, dass das Militär sofort eine Bodenoffensive starten sollte.[140]
Das von der Hamas geführte Gesundheitsministerium im Gazastreifen veröffentlichte eine Liste mit 6.747 Namen und weiteren Personendaten von in Krankenhäusern registrierten Todesopfern in Gaza (davon 2.665 Kinder und Jugendliche) mit dem Ziel, Zweifel an den Opferzahlen zu zerstreuen. Dabei wird nicht zwischen Hamas-Mitgliedern und unbeteiligten Zivilisten unterschieden. Eine ganze Reihe an hochrangigen Hamas-Vertretern und militärischen Kommandeuren, die Israel nach eigenen Angaben getötet haben will oder die Hamas selbst als „Märtyrer“ vermeldete, fehlten jedoch. Eine unabhängige Überprüfung der vollständigen Liste gibt es bislang nicht.[141]
Die UN-Generalversammlung nahm am zweiten Sitzungstag der wieder aufgenommenen Zehnten Dringlichkeitssitzung mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit den Resolutionsentwurf A/ES-10/L.25 Protection of civilians and upholding legal and humanitarian obligations an. Die damit beschlossene Resolution A/RES/ES-10/21 verurteilt unter anderem jegliche Gewalt gegen israelische und palästinensische Zivilisten, forderte die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Zivilisten und verlangte ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe in den Gazastreifen. Außerdem rief sie zu einer sofortigen dauerhaften und nachhaltigen humanitären Waffenruhe auf.[142] Belgien, Frankreich, Liechtenstein, Luxemburg, Spanien und die Schweiz stimmten für, Israel selbst, Kroatien, Österreich, Paraguay, Tschechien, Ungarn und die USA gegen den Resolutionsentwurf; Deutschland enthielt sich der Stimme. Insgesamt gab es 120 Ja-Stimmen, 45 Enthaltungen und 14 Nein-Stimmen. Die Entschließung ist nicht völkerrechtlich bindend.[143] Die tschechische Verteidigungsministerin Jana Černochová forderte daraufhin den Austritt ihres Landes aus den Vereinten Nationen, ihr Land habe in „einer Organisation von Terroristen-Fans“ nichts verloren.[144]
Nachdem das israelische Militär die Ausweitung seiner Einsätze im Gazastreifen bekannt gegeben hatte, meldete die Hamas am Abend des 27. Oktobers Bodengefechte, laut dem militärischen Flügel der Organisation gab es bereits gewalttätige Zusammenstöße in zwei Orten im Gazastreifen, im Ort Beit Hanun sowie östlich des Flüchtlingslagers Al-Bureidsch im zentralen Gazastreifen.[145]
Laut Medienberichten schätzen westliche und arabische Regierungen die Vorräte der Hamas im Gazastreifen als ausreichend, um mehrere Monate Krieg führen zu können. Die Organisation verfüge über große Mengen Nahrungsmittel sowie Hunderttausende Liter Treibstoff für Fahrzeuge und Raketen und Munition, die sie größtenteils im ausgedehnten Tunnelsystem unterhalb des Gazastreifens bunkere. Der ägyptische Analyst Samir Ghattas geht davon aus, dass die Hamas diese dringend benötigten Vorräte der von ihr regierten Zivilbevölkerung weiterhin vorenthalten werde, da die Priorität der Organisation im Kampf gegen Israel liege.[146][147] Israelische Geheimdienste warfen der Hamas vor, die größte Klinik in dem Küstenstreifen, das Al-Schifa-Krankenhaus, als Kommando- und Kontrollzentrum mit Zugängen zu ihrem unterirdischen Tunnelsystem zu missbrauchen. Die Terroristen bewegten sich frei in der Klinik. Ein Armeesprecher sagte, es gebe in den Krankenhäusern Treibstoff, den die Hamas jedoch für ihre terroristische Infrastruktur nutze. Die Hamas bestritt die Vorwürfe.[148]
28. Oktober
Die Nacht vom 27. zum 28. Oktober war geprägt von pausenlosen israelischen Luftangriffen, laut Guardian der schwersten Bombardierung des Gazastreifens seit Kriegsbeginn. Laut einem IDF-Sprecher waren etwa 100 israelische Jets an dem Angriff beteiligt, das Ziel sei die Zerstörung von Tunneln und unterirdischen Anlagen der Hamas gewesen.[149] Infanterie und gepanzerte Fahrzeuge würden ihre Angriffe mit massiver Feuerunterstützung vom Meer und aus der Luft fortsetzen.[150]
Der Palästinensische Rote Halbmond, Ärzte ohne Grenzen und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichteten, sie hätten nach der Kappung der Kommunikationsdienste den Kontakt zu ihren Mitarbeitern und Einrichtungen vor Ort verloren. Das Committee to Protect Journalists warnte: „Die Welt verliert ein Fenster in die Realität aller am Konflikt Beteiligten.“[151] Auch am Morgen und am Tag gingen die Luftschläge gegen Hamas-Stellungen weiter. Israel reklamierte für sich, Asem Abu Rakaba getötet zu haben, er soll ein Planer des koordinierten Angriffs am 7. Oktober und verantwortlich für Luftaktivitäten der Hamas gewesen sein. Zudem wurden nach Angaben der israelischen Armee 150 unterirdische Ziele getroffen, dazu gehörten „von Terroristen genutzte Tunnel, unterirdische Kampfräume und weitere unterirdische Infrastruktur“. Israelische Grenzorte wurden weiterhin vom palästinensischen Gazastreifen aus beschossen.[152]
Das israelische Außenministerium rief seine Diplomaten aus der Türkei zurück, nachdem der türkische Präsident Erdoğan am 25. Oktober auf einer pro-palästinensischen Demonstration in Istanbul Israel Kriegsverbrechen vorgeworfen und das Land als Besatzer bezeichnet hatte.[153] Auf einer Kundgebung hatte er zudem geäußert, die Hamas seie keine Terror-, sondern eine Befreiungsorganisation.[154]
Israels Armee veröffentlichte Videos, in denen mutmaßliche Mitglieder der Hamas in israelischer Haft die Nutzung des größten Krankenhauses im Gazastreifen für ihre Zwecke bestätigen sollen. Unter dem Al-Schifa-Krankenhaus gebe es „unterirdische Ebenen“, sagte ein mutmaßlicher Terrorist laut einem der Videos in einem Verhör. Die Hamas transportiere dort etwa ihre Sprengstoffe, Waffen, Lebensmittel und medizinische Ausrüstung, hieß es darin. Aus dem Video geht auch hervor, dass Hamas-Mitglieder sich bei israelischen Angriffen in Kliniken oder Schulen versteckten. Grund dafür sei, dass Israel solche Gebäude nicht bombardiere.[153] Laut einem am 28. Oktober von der israelischen Tageszeitung Haaretz veröffentlichten Bericht teilten die Vereinigten Staaten Israel mit, dass sie die Lieferung von Gewehren einstellen würden, wenn diese weiterhin bei politischen Veranstaltungen an Zivilisten ausgegeben würden.[155]
Vor dem Hintergrund von Israels Erklärung einer vollständigen Blockade, auch humanitären Blockade des Gazastreifens[44] vom 9. Oktober und dem am 11. Oktober ausgegebenen „Evakuierungsbefehl“ an die Bevölkerung in den Süden zu gehen,[62][63] verbreitete sich unter den Palästinensern zunehmend die Angst, dass in Wahrheit eine permanenten Vertreibung aus dem Gazastreifen beabsichtigt sei. Am 28. Oktober veröffentlichte das israelische Medium Mekomit ein im Geheimdienstministerium erstelltes Dokument,[156][157] das auf den 13. Oktober datiert ist und Szenarien für eine Zukunft des Gazastreifens beschreibt. Darin wird als „wünschenswerteste“ Option eine Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung des Gazastreifens in den ägyptischen Sinai artikuliert,[158][159][160] wo zunächst Zeltstädte und dann dauerhafte Städte gebaut werden sollten; auch sei es nicht auszuschließen, dass andere Staaten die vertriebenen Palästinenser aufnehmen könnten.[158][159] Eine Sicherheitszone solle zudem verhindern, dass die Vertriebenen wieder in den Gazastreifen zurückkehren könnten; das Schicksal des Gazastreifens selbst blieb unklar.[158][159] Das Büro von Israels Ministerpräsident Netanjahu bestätigte die Echtheit des „Konzeptpapiers“.[159][160]
29. Oktober
Das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium im Gazastreifen gab bekannt, dass seit Beginn des Krieges mit Israel am 7. Oktober, mehr als 8.000 Menschen in der palästinensischen Enklave getötet worden seien, die Hälfte davon Kinder.[161] Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell und der UN-Generalsekretär António Guterres forderten aufgrund der Ereignisse eine humanitäre Feuerpause, um Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu ermöglichen. Das Flüchtlingshilfswerk UNRWA teilte mit, dass im Gazastreifen eine verzweifelte Situation der Menschen ohne Strom, Nahrung und Wasser vorherrsche.[162][163] IDF-Sprecher Daniel Hagari wiederholte derweil die Dringlichkeit der Warnung an die Zivilbevölkerung im nördlichen Teil des Gazastreifens, südlich des Wadi Gaza, in sicheres Gebiet zu ziehen, wo eine Versorgung mit Wasser, Nahrung und Medikamenten stattfinden könne. Er betonte, dass Israel einen Krieg mit der Hamas, nicht mit dem Volk von Gaza, führe und dass die Terrororganisation die Bewohner des Gazastreifens, wissend, dass die IDF zwischen Terroristen und Zivilisten unterscheide, als menschliche Schutzschilde nutze und daher innerhalb und unter zivilen Gebäuden operiere.[164]
Zudem verkündete das israelische Militär, dass es die Bodenoffensive über Nacht ausgeweitet habe und zusätzliche Truppen in den Gazastreifen einmarschiert seien.[165] Es sei zu Kämpfen mit Hamas-Terroristen gekommen, unter anderem nahe dem Erez-Grenzübergang.[166]
Israels Armee hat nach eigenen Angaben als Reaktion auf Raketenangriffe Ziele in Syrien beschossen. Ziel sei der Abschussort der Flugkörper gewesen. Rund zehn Raketen seien auch aus dem Libanon in israelisches Gebiet eingedrungen, teilte die Armee am Abend mit und kündigte Gegenangriffe an. Als Reaktion sei auf den Ort des Raketenstarts geschossen worden, wobei unter anderem Abschussrampen getroffen worden seien. Aus libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, dass die libanesische Hisbollah anscheinend ihre Raketenangriffe ausgeweitet habe; die Miliz selbst bestätigte das bisher nicht.[167]
An diesem Tag wurde zum ersten Mal seit 2005 eine israelische Flagge von Soldaten im Gazastreifen gehisst.[168]
Der Nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan erklärte gegenüber CNN, dass Israel alles in seiner Macht stehende tun müsse, um zwischen Zivilisten und den Hamas als Terroristen zu unterscheiden. Zudem sollte Netanjahu die Gewalt „israelischer Siedler gegen unschuldige Menschen im Westjordanland zügeln“ und bezeichnete diese als inakzeptabel.[169]
30. Oktober
Das israelische Militär gab am Morgen bekannt, am Vortag rund 600 Ziele im Gazastreifen angegriffen und dabei dutzende Hamas-Mitglieder getötet zu haben, während über Nacht die Bodenoperationen im nördlichen Gazastreifen fortgesetzt wurden, wobei Panzerspitzen den Rand von Gaza-Stadt erreichten. Widerstand verschanzter Hamas-Kämpfer werde durch den Einsatz der Luftwaffe, darunter Kampfhubschraubern und Drohnen, gebrochen.[170][171][172] Im Zuge der Kampfhandlungen seien auch drei hochrangige Hamas-Kommandeure getötet worden.[172] Im Laufe des Tages drangen, zur Ausweitung der Bodenoffensive, weitere israelische Kräfte in den Gazastreifen ein, wo unter Führung des Kommandanten des IDF-Südkommandos, Yaron Finkelman, eine Lagebeurteilung vorgenommen wurde.[173]
Ein lokaler Journalist in Gaza filmte,[174] wie ein Panzer auf der Saladin-Straße in einem landwirtschaftlichen Gebiet namens Juhor ad-Dik südlich von Gaza-Stadt Feuer auf einen Personenwagen eröffnete, der beim Anblick des Panzers bereits gewendet hatte und in die Gegenrichtung fahren wollte.[175][176] Das Wall Street Journal berichtete, gemäß einem Augenzeugen habe es sich um ein Taxi mit einer weißen Flagge auf der Motorhaube gehandelt.[177][178] Laut dem Gesundheitsministerium von Gaza wurden drei Menschen bei dem Vorfall getötet.[179]
Nach Angaben israelischer Menschenrechtsgruppen töteten radikale und teils militarisierte israelische Siedler infolge des Terrorangriffs mindestens sechs Palästinenser im Westjordanland, ohne dass Strafverfolgungsbehörden aktiv wurden, misshandelten und vertrieben hunderte Weitere, indem sie mit Erschießung drohten. Die teils in Begleitung israelischer Soldaten erfolgte Vertreibung und Landnahme im Westjordanland führte dazu, dass 30 Menschenrechtsorganisationen in Israel die internationale Gemeinschaft Ende Oktober dazu aufriefen, eine „vom Staat [Israel] unterstützte Welle der Siedlergewalt“ aufzuhalten. Berichte von Haaretz und Times of Israel belegen die dargestellte Vertreibung.[180]
Aus dem Gazastreifen heraus wurden weiterhin Raketen auf Israel abgefeuert, wobei es zu mehreren Einschlägen im Gebiet von Netiwot, Aschkelon und Be’er Scheva kam.[181][182][183] Auch kam es weiterhin zu Beschuss aus dem Libanon auf israelische Militärposten entlang der Nordgrenze, welcher von israelischer Artillerie beantwortet wurde.[184][185]
Der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich gab bekannt, er habe angewiesen, den Transfer von Geldern an die Palästinensische Autonomiebehörde zu stoppen.[186] Am Abend gab Premierminister Netanjahu eine Erklärung gegenüber ausländischen Medien ab, dass Israel einer Einstellung der Kampfhandlungen nicht zustimmen werde, da dies einer Kapitulation vor der Hamas gleichkäme.[187]
Im Westjordanland wurden vier Palästinenser getötet und fünf weitere nach Auseinandersetzungen mit Soldaten verletzt. Augenzeugen berichteten, während der Bodenoperationen im Gazastreifen sei die wichtigste Nord-Süd-Straße, die Saladin-Straße, von Panzern blockiert worden; Panzer und Hubschrauber hätten sie zudem durch Beschuss unbefahrbar gemacht.[188] In Jerusalem wurde ein Palästinenser erschossen, nachdem er einen Polizisten mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt hatte.[188] Die Hamas veröffentlichte ein mutmaßlich unter Zwang aufgenommenes Video, in dem israelische Geiseln Premierminister Netanjahu „Versagen“ vorwerfen. Israelische Medien stuften das Video als „Psychoterror“ der Hamas gegen Israel ein.[188] In einer Nachtoperation konnte die israelische Soldatin Ori Megidish befreit und zu ihrer Familie zurückgebracht werden. Megidish war am 7. Oktober am IDF Stützpunkt Nahal Oz gefangen genommen worden.[188] Die deutsch-israelische Geisel Shani Louk wurde nach Angaben der israelischen Regierung für tot erklärt. Man habe Splitter ihres Schädelknochens gefunden und per DNA-Probe identifiziert. Möglicherweise sei sie bereits zum Zeitpunkt ihrer Verschleppung tot gewesen.[189]
31. Oktober
Nach Angaben der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) waren am Vortag rund 300 Ziele im Gazastreifen angegriffen und dabei zahlreiche Hamas-Terroristen getötet worden, darunter der Kommandeur des Bataillons Bait Lahiya, welches laut IDF für die Massaker in den Kibbuzen Erez und Netiv HaAsara verantwortlich war. Zu den angegriffenen Zielen zählten zudem Raketenabschusspositionen, Tunneleingänge und Gebäude, die von der Hamas für militärische Zwecke genutzt wurden. Nach Angaben der New York Times scheinen israelische Truppen Gaza-Stadt umzingelt zu haben und riegeln es von Norden und Süden her in einer Art Zangenbewegung ab.[190][191] Der Stabschef der iranischen Armee, Mohammad Bagheri, behauptete, dass sich unter dem nördlichen Teil des Gazastreifens Tunnelanlagen in der Länge von über 400 Kilometern befänden, wovon einige von Fahrzeugen befahren werden könnten und andere in das Innere Israels führen würden.[192] Im Laufe des Tages besetzten israelische Truppen nach schweren Gefechten eine als „Terrorhochburg“ bezeichnete Gegend im Westen von Dschabaliya, wobei mehrere Terroristen und zwei israelische Soldaten getötet wurden.[193][194]
Nach Angaben des israelischen Militärs wurde eine Boden-Boden-Rakete aus dem Gebiet des Roten Meeres in Richtung Eilat an der Südspitze Israels vom Luftverteidigungssystem Arrow abgefangen, wobei es sich um den ersten operativen Einsatz dieses Abwehrsystems in diesem Konflikt gehandelt haben soll. Es wurde angenommen, dass die Rakete von den vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen abgefeuert wurde.[195][196] Später am Tag gaben Yahya Sria, ein Sprecher der Huthi-Rebellen, sowie Abdel-Aziz bin Habtour, Premierminister der Huthi-Regierung, bekannt, dass ein Luftangriff mit Drohnen, ballistischen Raketen und Marschflugkörpern gegen Südisrael durchgeführt worden sei.[197] Damit war nach der Hisbollah eine zweite Fraktion der mit dem Iran verbündeten, schiitischen „Achse des Widerstands“ in den Krieg eingetreten.[198]
Zudem gab das Militär bekannt, dass die Hisbollah erneut Raketen und Granaten aus dem Libanon auf IDF-Stellungen und offenes Gelände an der Nordgrenze abgefeuert habe.[199][200] Durch Einschläge von Raketensalven aus dem Gazastreifen seien zudem mehrere Menschen in der südlichen Großstadt Aschdod verletzt worden.[201]
Am Abend griff die israelische Luftwaffe nach eigenen Angaben Infrastruktur und Terroristen des Dschabaliya-Bataillons der Hamas im Flüchtlingslager Dschabaliya an,[202] worauf nach IDF-Angaben ein Tunnelsystem der Hamas und in weiterer Folge auch mehrere Gebäude einstürzten. Laut Berichten der palästinensischen Gesundheitsbehörde tötete der Luftschlag über 50 Menschen und verwundete 150 weitere; Hamas sprach von 400 Getöteten und Verwundeten.[203][204]
Nach IDF-Angaben waren darunter zahlreiche Terroristen, mit Ibrahim Biari auch ein Mitverantwortlicher des Terrorangriffs vom 7. Oktober auf Israel.[205] Hamas verneinte dies.[203] Die BBC berichtete, vor dem indonesischen Krankenhaus im nahe gelegenen Beit Lahia sei eine lange Reihe von Leichensäcken ausgelegt worden; der chirurgische Leiter des Krankenhauses erklärte, man habe 400 Verletzte, darunter 120 Tote, aufgenommen, die meisten davon Kinder und Frauen.[206]
Der Angriff wurde umgehend durch das ägyptische, saudi-arabische, jordanische und katarische Außenministerium verurteilt.[207] Bolivien kündigte den Abbruch diplomatischer Beziehungen zu Israel an, Kolumbien und Chile beorderten ihre Botschafter aus Israel zurück.[208] Die USA kündigten die Entsendung weiterer 300 Soldaten in den Nahen Osten unter das Regionalkommando CENTCOM an.[209] Die USA erklärten sich ferner „zutiefst besorgt“ über den deutlichen Anstieg an Gewalttätigkeiten gegenüber palästinensischen Zivilisten im besetzten Westjordanland. Die US-Botschafterin bei der UNO, Linda Thomas-Greenfield, veröffentlichte eine Erklärung in den sozialen Medien, die Israel dazu aufforderte, diese Angriffe zu unterbinden.[210]
Das von der Hamas geführte Gesundheitsministerium gab an, dass sich die Zahl der Todesopfer im Gazastreifen seit Kriegsbeginn auf 8.525 erhöht habe, darunter befänden sich 3.542 Kinder und 2.187 Frauen. Laut dem Sprecher Ashraf al-Qidra ist auch der Hauptstromgenerator im von Indonesien finanzierten und in Nordgaza liegenden Krankenhaus von Bait Lahiya aufgrund Treibstoffmangels ausgefallen.[211]
Die israelische Polizei gab bekannt, dass bislang 826 bei den Anschlägen in Israel getötete Zivilisten identifiziert und 732 davon zur Beerdigung freigegeben worden seien. Den Angaben nach handelt es sich um einen langsamen Prozess, da viele der Opfer schwere Verbrennungen oder Verstümmelungen aufwiesen. Zudem wurden bislang auch die Namen von 317 Soldaten und 58 Polizisten bekanntgegeben, die durch den Terrorangriff oder bei den anschließenden Kämpfen getötet wurden.[212][213] Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) meldete, dass drei weitere ihrer Mitarbeiter von Luftschlägen getötet worden sein, „während sie daheim bei ihren Familien“ gewesen seien; die Gesamtzahl getöteter UNRWA-Mitarbeiter beliefe sich nun auf 67.[214]
1. November
Am Morgen gaben die IDF bekannt, dass am Vortag 13 Soldaten der Givʿati-Brigade und zwei Soldaten des 7. Panzerbataillons bei verschiedenen Kampfhandlungen im Norden des Gazastreifens getötet worden seien, zudem berichteten sie von mindestens sieben Verwundeten.[215] Die Armee verkündete darüber hinaus, dass seit Beginn des Krieges rund 11.000 Ziele der Hamas und anderer Terrororganisationen im Gazastreifen angegriffen worden seien.[216][217][218][219] Itzik Cohen, Kommandeur der 162. IDF-Division, teilte am Nachmittag mit, dass sich israelische Streitkräfte tief im Gazastreifen und vor den Toren von Gaza-Stadt befänden.[220] Der Verantwortliche sämtlicher Panzerabwehrraketeneinheiten der Hamas im Gazastreifen, Muhammad A’sar, wurde bei einem Luftangriff getötet.[221] Am Abend gab der IDF-Sprecher Daniel Hagari bekannt, dass der Bodeneinsatz nach Plan verlaufe und die Frontverteidigungslinien der Hamas im Norden des Gazastreifens durchbrochen worden seien.[222] Aufgrund mehrerer gegen Südisrael durchgeführter Raketen- und Drohnenangriffe der vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen verstärkte die israelische Marine das Gebiet um das Rote Meer mit Flugkörperschnellbooten. Erst am Morgen war ein anfliegendes Objekt in der Nähe der Stadt Eilat abgefangen worden, am Vortag hatte das Militär eine Rakete und zwei Drohnen über dem Roten Meer zerstört.[223] Entlang der libanesischen Grenze kam es erneut zu Kampfhandlungen, wobei Mörsergranaten und Panzerabwehrraketen auf israelisches Gebiet abgefeuert wurden, worauf Israel unter anderem mit Panzerbeschuss antwortete.[224][225]
Nach Angaben palästinensischer Gesundheitsbehörden wurden über Nacht vier Palästinenser bei Zusammenstößen mit israelischen Streitkräften im Westjordanland getötet und Atta Abu Rumaila, Fatah-Generalsekretär von Dschenin, verhaftet. Die israelische Armee bestätigte, einen Drohnenangriff in Dschenin gegen terroristische Ziele durchgeführt zu haben.[226] Die Palästinensische Autonomiebehörde rief daraufhin zum Generalstreik im Westjordanland und in Ostjerusalem auf. Berichten zufolge wurden seit dem Angriff der Hamas auf Südisrael 122 Palästinenser im Westjordanland durch die IDF oder in einigen Fällen durch Siedler getötet sowie mehr als 1.000 Palästinenser festgenommen.[227] Laut der Organisation Reporter ohne Grenzen wurden seit Beginn des Krieges 34 Journalisten getötet, davon 12 in Ausübung ihrer Tätigkeit, davon 10 in Gaza sowie jeweils einer in Israel und Libanon. Der für Ynet berichtende israelische Journalist Roee Idan wurde beim Angriff der Hamas auf Kfar Azza ermordet,[228] der für Reuters arbeitende Issam Abdallah starb im Südlibanon durch israelischen Beschuss.[229] Die Fälle Idan und Abdallah werden von der Organisation, zusammen mit acht palästinensischen Journalisten, die bei Luftangriffen auf zivile Gebiete in Gaza getötet worden waren, als Kriegsverbrechen eingestuft, weshalb eine Beschwerde an den Internationalen Strafgerichtshof eingereicht wurde.[230]
Es kam erstmals seit Beginn des Anschlags auf Israel am 7. Oktober zur Öffnung des Grenzüberganges Rafah nach Ägypten, um rund 400 Menschen mit ausländischem Pass ein Verlassen des Gazastreifens zu ermöglichen.[231] Die Öffnung wurde von Katar und in Abstimmung mit den USA zwischen Ägypten, Israel und der Hamas vermittelt. Zudem wurden auch 90 schwer Verletzte evakuiert, die in Ägypten in ein Lazarett aufgenommen wurden.[232]
Jordanien beorderte seinen Botschafter aus Israel zurück und teilte Israel gleichzeitig mit, dass der israelische Botschafter nicht vor Beendigung des Krieges und der humanitären Krise in Gaza nach Jordanien zurückkehren sollte.[233] Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell erklärte via X, er sei „entsetzt“ über die hohe Opferzahl beim Beschuss des Flüchtlingscamps Dschabaliya.[234]
Großbritanniens Außenminister James Cleverly zeigte sich entsetzt über die Ankündigung der Hamas, Massaker wie am 7. Oktober wiederholen zu wollen, wie er auf der Plattform X schrieb. Er veröffentlichte dazu ein Video des Sprechers der Hamas, Ghazi Hamad, in dem dieser unter anderem davon sprach, das Land Israel „beseitigen“ zu wollen. Das Massaker vom 7. Oktober sei nur das erste Mal gewesen und es werde weitere Male geben, kündigte Hamad darin an.[231] Durch die Gegenangriffe Israels sind die (zivilen) Telekommunikationsverbindungen in Gaza seit Ende Oktober 2023 gestört bzw. vorübergehend vollständig unterbrochen.[235][236] Das Angebot von Elon Musk, Kommunikation mit Hilfe von Starlink für die UN-Hilfsorganisationen in Gaza zur Verfügung zu stellen, wurde von Israel kritisiert.[237]
Bei einem zweiten Luftangriff auf das Flüchtlingslager Dschabaliya wurden laut dem von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium im Gazastreifen erneut „Dutzende“ Menschen getötet und verletzt.[238] UN-Vertreter verurteilten die Angriffe, das UN-Menschenrechtsbüro sagte: „Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer und des Ausmaßes der Zerstörung [...] sind wir ernsthaft besorgt, dass es sich um unverhältnismäßige Angriffe handelt, die Kriegsverbrechen darstellen könnten.“ Ein Militärsprecher Israels sagte, dass die Hamas sich dort absichtlich hinter ziviler Infrastruktur verstecke, daher sei die israelische Armee in einem Dilemma. Die Hamas wolle „dieses Bild der Zerstörung“.[238]
2. November
Über Nacht kam es nach IDF-Angaben zu schweren Kämpfen zwischen Truppen der Golani- und der Nachal-Brigade mit Terroristen der Hamas, welche Sprengsätze, Granaten und Raketen eingesetzt hätten. Die IDF führte Artillerie- und Panzerbeschuss sowie Angriffe der Luftwaffe und der Marine durch. Weiterhin wurden Hamas-Standorte im Gazastreifen, darunter Waffenproduktions- und -lagerstätten, sowie Abschusspositionen für Raketen und Drohnen angegriffen.[239] Im Zuge der Kampfhandlungen wurden auf Seiten der IDF unter anderem ein Bataillonskommandeur der 188. Panzerbrigade und ein Kompaniechef der Jerusalem-Brigade getötet.[240][241] Der israelische Militärsprecher Daniel Hagari meldete gegenüber Medien die vollständige Umzingelung von Gaza. Netanjahu sprach von beeindruckenden Erfolgen, man hätte die Außenbezirke von Gaza passiert. Der Hamas-Militärsprecher Abu Obaida sagte dazu: „Ihre Soldaten werden in schwarzen Taschen zurückkehren.“[242]
Der IDF-Generalstabschef Herzi Halewi meldete am Nachmittag, dass israelische Bodentruppen bereits in das umzingelte Gaza-Stadt eingedrungen seien und sich im dichten Stadtgebiet Nahkämpfe mit Terroristen lieferten, wobei sie von der Aufklärung, Luftwaffe und Marine unterstützt würden.[243] Armeeingenieure hätten zudem mit einer groß angelegten Operation zur Zerstörung von Hamas-Tunneln in Gebieten des Gazastreifens begonnen.[244]
Die Hamas ihrerseits verbreitete Gefechtsaufnahmen, in welchen ein Panzervernichtungstrupp aus einem Tunnelschacht klettert und einen israelischen Panzer mit zwei Panzerabwehrhandwaffen bekämpft.[245] Durch diese Tunnel ist es Hamas-Kämpfern teilweise möglich, sich unbemerkt an israelische Soldaten und Panzer anzunähern.
Das von der Hamas geführte Gesundheitsministerium in Gaza gab an, dass seit Kriegsausbruch 9.061 Menschen im Gazastreifen getötet worden seien, darunter 3.760 Personen unter 18 Jahren.[246] Im Gouvernement Tulkarm im Westjordanland wurde ein israelischer Zivilist erschossen. Die Tat wird von den Behörden als Terroranschlag eingestuft.[247] Etwa 400 Ausländer und Palästinenser mit doppelter Staatsangehörigkeit verließen den Gazastreifen in Richtung Ägypten, wie der ägyptische Rote Halbmond der Nachrichtenagentur dpa bestätigte. Zudem sei für den Tag die Ausreise von 200 weiteren Haltern ausländischer Pässe geplant.[248]
An der israelischen Nordgrenze kam es nach IDF-Angaben erneut zu libanesischem Beschuss in den Gegenden der Schebaa-Farmen, des Hermon-Massivs und des Kibbuz Manara; zudem sei eine Rakete auf eine unbemannte israelische Drohne abgefeuert worden. Das israelische Militär habe daraufhin die Abschusspositionen im Südlibanon unter Beschuss genommen.[249][250] Gegen Mittag teilte die UNFIL mit, dass zwei libanesische Hirten durch Kreuzfeuer ums Leben gekommen seien. Die Zahl toter libanesischer Zivilisten stieg damit auf zehn.[248] Ein Sprecher der vom Iran unterstützten und ursprünglich in Syrien operierenden Miliz „Imam-Hussein-Brigade“ gab bekannt, zur Unterstützung der Hisbollah im Südlibanon eingetroffen zu sein.[251] Eine im Libanon gestartete Rakete traf am Abend ein Einkaufsviertel der Kleinstadt Kirjat Schmona, wobei Brände ausbrachen und mindestens zwei Menschen verletzt wurden.[252]
Das von der Hamas geführte palästinensische Pressebüro sagte, bei den beiden Angriffen auf das Flüchtlingslager in Dschabaliya am 31. Oktober und 1. November seien insgesamt mindestens 195 Palästinenser getötet worden. Weitere 120 seien vermisst und unter dem Schutt begraben und mindestens 777 weitere seien verwundet worden.[253]
Der von der Hamas geführte Zivilschutz berichtete erneut ein israelischer Luftangriff auf das Flüchtlingslager Bureij mit 15 Toten.[254] Insgesamt wurden laut einem UNRWA-Sprecher am 2. November vier als Zufluchtsstätten genutzte UN-Schulen von israelischen Streitkräften angegriffen, drei in Nord-Gaza und eine in Bureij in der südlichen Zone, in welche die Zivilbevölkerung der nördlichen Regionen hatte fliehen sollen.[255] Nach wiederholtem Beschuss von jenseits der Grenze attackierte das Militär eigenen Angaben zufolge gegen Abend erneut Hisbollah-Stellungen im Libanon. Ziel seien unter anderem deren Waffenlager, Kommandoposten und ein Militärgelände gewesen. Die Organisation hatte sich zuvor zu 19 Angriffen auf israelische Stellungen bekannt. Wenig später starben vier weitere libanesische Zivilisten durch Beschuss.[248]
Das israelische Militär gab bekannt, es habe einen Telefonmitschnitt zwischen einem Hamas-Kommandeur und einem palästinensischen Zivilisten, in dem es offenbar darum geht, dass die radikal-islamistische Organisation Mitarbeiter eines Krankenhauses im nördlichen Gazastreifen angewiesen haben soll, ihr den verbliebenen Treibstoff zu überlassen. Zuvor hatte das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium mitgeteilt, im Indonesischen Krankenhaus in Beit Lahia sei der Stromgenerator ausgefallen.[256]
3. November
Über Nacht führten israelische Bodentruppen der Nachal-Brigade Angriffe gegen Hamas-Kämpfer im nördlichen Gazastreifen durch, wobei sie Feuerunterstützung durch Kampfflugzeuge, Kampfhubschrauber und Artillerie erhielten. Dabei wurden nach IDF-Angaben mehrere Terroristen getötet, darunter der Hamas-Kommandeur Mustafa Dalloul. In Beit Hanun wurden nach IDF-Angaben bei Durchsuchungen durch die 551. IDF-Brigade Waffen, Munition, Kartenmaterial und Kommunikationsausrüstung der Hamas aufgefunden.[257] Die Spezialeinheit Jahalom habe zudem, unterstützt durch Infanterie- und Panzereinheiten, mehrere Tunneleingänge freigelegt. Es wurden Videoaufnahmen von der Sprengung einer Tunnelanlage veröffentlicht.[258] Am Nachmittag erklärten die IDF, im Laufe des Tages zahlreiche Terroristen getötet zu haben, darunter solche, die aus Tunnelanlagen heraus Angriffe durchgeführt hätten.[259]
Die Streitkräfte der Vereinigten Staaten bestätigten auf Anfragen von Journalisten, dass die US-Armee über dem Gazastreifen unbewaffnete Reaper-Drohnen zur Aufklärung einsetze. Die unbemannten Flugzeuge setze man, so die offiziellen Angaben, seit dem Hamas-Überfall auf Israel Anfang Oktober 2023 zur Suche nach Geiseln ein, die von der Hamas aus Israel entführt worden seien. Sie würden nicht dazu benutzt, Israel bei der Koordinierung von Militäraktionen zu helfen; lediglich Informationen zur Geiselbefreiung würden an Israel weitergegeben.[260]
Der Palästinensische Rote Halbmond (PRCS) verurteilte den Beschuss eines Krankenwagenkonvois direkt vor dem Eingang zum Al-Schifa-Krankenhaus, bei dem nach seinen Angaben 15 Menschen getötet und mehr als 60 weitere verwundet wurden.[261] Ein weiterer Krankenwagen sei in etwa einem Kilometer Entfernung von dem Krankenhaus beschossen worden.[261] Das israelische Militär bestätigte einen Angriff auf einen Krankenwagen. Soldaten seien davon ausgegangen, dass der Wagen von einer Hamas-Einheit im Kampfgebiet eingesetzt werde. Bei dem Angriff seien mehrere Hamas-Terroristen getötet worden, so die Armee. Man habe Informationen, die belegten, dass die „Vorgehensweise der Hamas darin besteht, Terroristen und Waffen in Krankenwagen zu transportieren“, hieß es weiter.[262] In seiner Erklärung zu dem Vorfall nannte das israelische Militär keine Beweise für seine Behauptung, dass der Krankenwagen mit der Hamas in Verbindung gestanden habe, erklärte aber, dass es weitere Informationen veröffentlichen wolle.[261] Es wurde bekannt, dass sich ein russisches Flugabwehrsystem auf dem Weg von Syrien zur Hisbollah im Libanon befinden solle.[263]
4. November
Die Gefechte mit der Hisbollah-Miliz im Libanon gingen weiter. Am Morgen beschoss das israelische Militär nach eigenen Angaben Stellungen für Angriffe auf Israel und einen Beobachtungsposten. Bewohner des Südlibanons sprachen von den schwersten Luftangriffen seit Beginn des Gaza-Krieges.[264] Die Kassam-Brigaden teilten mit, eine Rakete auf das relativ weit vom Gazastreifen entfernte Eilat geschossen zu haben.[264]
Die IDF gaben bekannt, am Tag rund 120 Ziele der Hamas im Gazastreifen angegriffen zu haben.[265] IDF-Generalstabschef Herzi Halewi führte eine Inspektion der Streitkräfte im Gazastreifen durch.[266] Die Hamas gab bekannt, dass sie sich Kämpfe mit israelischen Truppen im südlichen Stadtteil Tel al-Hawa von Gaza-Stadt geliefert habe.[267] Die israelische Armee soll nach eigenen Angaben bei Kämpfen im Gazastreifen dutzende Hamas-Kämpfer getötet, deren Waffen entdeckt sowie Tunnelschächte freigelegt haben.[264] Die IDF bestätigten auch eine begrenzte Operation im südlichen Gazastreifen unter der Führung der Gaza-Division.[268]
Kind aus dem Gazastreifen berichtet, dass es nach dem israelischen Angriff auf die UN-Schule in Dschabaliya eine enthauptete Leiche tragen musste[269][270]
Eine UNRWA-Sprecherin bestätigte palästinensische Meldungen, dass Israel eine von der UN betriebene Schule in Dschabaliya in Nord-Gaza angegriffen habe[269] und dabei auch Kinder ums Leben gekommen seien.[264] Laut dem Gesundheitsministerium von Gaza wurden mindestens 15 Menschen getötet und viele weitere verletzt.[269] Das israelische Militär erklärte, einer vorläufigen Untersuchung zufolge habe es die Anlage nicht gezielt angegriffen. Es sei jedoch möglich, dass eine Explosion auf diesem Gelände Folge eines israelischen Angriffs auf ein anderes Ziel gewesen sei. Die Untersuchung des Vorfalls dauere an.[264]
Nach Angaben aus dem Umfeld des Ägyptischen Roten Halbmonds wurde die Ausreise verletzter Palästinenser sowie von Personen mit fremder Staatsbürgerschaft aus dem Gazastreifen einstweilig gestoppt. Grund sei die Weigerung Israels, verletzte Palästinenser in ägyptische Krankenhäuser bringen zu lassen, wie ein Vertreter der Grenzübergangsverwaltung der Nachrichtenagentur AFP sagte. Nach US-Angaben versuchte die Hamas, über den zeitweise geöffneten Grenzübergang Rafah verletzte eigene Kämpfer aus dem Gazastreifen nach Ägypten auszuschleusen. Ägypten kündigte am Donnerstag an, bei der Evakuierung von „etwa 7000“ Ausländern und Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft aus dem Palästinensergebiet zu helfen.[264]
Der amerikanische Außenminister Blinken traf in der jordanischen Hauptstadt Amman Vertreter arabischer Staaten, darunter den stellvertretenden Ministerpräsidenten des Libanon, Miqati, sowie die Außenminister von Katar, Jordanien, Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Während die Vereinigten Staaten eine Feuerpause weiterhin ablehnen, forderten mehrere der arabischen Vertreter nach dem Treffen eine sofortige Waffenruhe. Der türkische Staatschef Erdoğan erklärte, der israelische Premierminister Netanjahu sei fortan kein Gesprächspartner mehr für ihn, er wolle aber die diplomatischen Beziehungen zu Israel nicht abbrechen. Allerdings zog die Türkei an demselben Tag ihren Botschafter aus Israel ab und erwiderte damit einen analogen Schritt Israels vom Vormonat. Im weiteren Verlauf des Tages kündigte Erdoğan an, Ende November den iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi zu Gesprächen über den Konflikt zu erwarten. Die staatliche iranische Nachrichtenagentur gab bekannt, dass Machthaber Ajatollah Ali Chamenei den Chef des politischen Büros der Hamas, Ismail Haniyya, in Teheran empfangen habe. Wann das Treffen stattgefunden haben soll, wurde nicht präzisiert.[264]
5. November
Nach israelischen Armeeangaben hat die 36. Division, deren Aufgabe die Einkreisung von Gaza-Stadt darstelle, innerhalb einer Woche rund 1.600 Hamas-Ziele angegriffen und bei den Kämpfen mehr als 300 Terroristen getötet, wobei es aus den von der Division besetzten Gebieten zu keinem Raketenabschuss auf Israel mehr gekommen sei. Die Division sei mit der Aufspürung und Zerstörung von Tunnelanlagen in ihrem Bereich beschäftigt, welche von der Hamas für Bewegungen und Hinterhalte genutzt würden. Die Division habe außerdem festgestellt, dass die Hamas in letzter Zeit Schwierigkeiten hatte, größere organisierte Angriffe auf IDF-Truppen durchzuführen.[271] Der IDF-Sprecher Daniel Hagari bestätigte, dass Gaza-Stadt vollständig eingekreist und die Küstenenklave in eine Nord- und Südhälfte gespalten worden sei.[272] Zudem würden umfangreiche Angriffe auf die Terror-Infrastruktur, sowohl unter der Erde als auch über der Erde, stattfinden.[273] Die israelische Armee gab bekannt, die Saladin-Straße wieder für die Evakuierung von Zivilisten aus dem nördlichen Gazastreifen geöffnet zu haben.[274]
In der Nacht wurde zudem der Journalist Mohammad Abu Hassir in Gaza-Stadt getötet. Er kam mit mehreren seiner Familienmitglieder bei einem Luftangriff auf sein Haus um.[275]
Bei nächtlichen Razzien im Westjordanland wurden laut IDF-Angaben 36 gesuchte Palästinenser, darunter 18 Hamas-Mitglieder, festgenommen. Dabei war es in Dschenin und Hebron zu Zusammenstößen gekommen. In Abu Dis wurde Nabil Halabia, laut IDF-Angaben ein dem IS nahestehender Palästinenser bei einem Festnahmeversuch erschossen. Nach Angaben der IDF haben israelische Truppen seit dem 7. Oktober im gesamten Westjordanland 1.350 gesuchte Palästinenser festgenommen, darunter mehr als 850, die der Hamas nahe stehen. Laut Gesundheitsministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde wurden in diesem Zeitraum mehr als 130 Palästinenser im Westjordanland von israelischen Streitkräften oder in einigen Fällen von israelischen Siedlern getötet.[276]
Der israelische Minister für Kulturerbe, Amihai Eliyahu, Mitglied der als rechtsextremistisch und jüdisch-suprematistisch[277][278] charakterisierten Partei Otzma Jehudit, führte in einem Interview mit dem religiösen Radiosender Kol BaRama aus, der Abwurf einer Atombombe auf den Gazastreifen sei „eine Option“, was einen politischen Eklat auslöste. Weiterhin erklärte er unter anderem, „unbeteiligte Zivilisten“ gebe es im Gazastreifen nicht und die palästinensische Bevölkerung könne „nach Irland oder in die Wüste gehen, die Monster in Gaza sollten selbst eine Lösung finden“.[279] Oppositionsführer Jair Lapid forderte daraufhin Eliyahus Entlassung.[279] Das Weiße Haus äußerte, derartige Bemerkungen würden den eigenen Bemühungen schaden. Der israelische Ministerpräsident Netanyahu nannte die Ausführungen Eliyahus zunächst „realitätsfern“ und suspendierte Eliyahu schlussendlich „bis auf Weiteres“ vom Koalitionskabinett.[280] Der israelische Verteidigungsminister Joaw Galant schrieb, es sei „gut, dass dies nicht die Menschen sind, die an der Sicherheit Israels beteiligt sind“ – Eliyahu war nicht Teil des ausgerufenen Koalitionskriegskabinetts. Eliyahus Radiointerview wurde in der gesamten arabischen Welt verurteilt.
In der Nähe des Kibbuz Yiftah an der libanesischen Grenze wurde ein israelischer Zivilist durch Raketenbeschuss der Hisbollah getötet.[281] Libanesische Medien erklärten, Israel habe im Libanon zwei Zivilfahrzeuge beschossen, und dabei eine Frau und drei Kinder getötet, wobei ein Fahrzeug verbrannt worden sei. Weitere Personen, darunter die Mutter, seien verletzt worden. Israel erklärte, die Angriffe hätten sich gegen eine Terrorzelle gerichtet.[282] Zudem schoss die Organisation im Laufe des Tages 13 Raketen auf die teilweise evakuierte Grenzstadt Kirjat Schmona, wobei sieben Raketen im Stadtgebiet einschlugen und schwere Schäden an Bauwerken verursachten.[283]
UN-Organisationen, darunter das Nothilfebüro (OCHA), das Flüchtlingshilfswerk (UNHCR), das Kinderhilfswerk (Unicef), die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das Welternährungsprogramm (WFP), sowie die Hilfsorganisationen Care und Save the Children verurteilten in einer gemeinsamen Erklärung die Tötung Tausender Zivilisten in Gaza und forderten eine sofortige Feuerpause.[284]
6. November
Nach Angaben der IDF wurden am vergangenen Tag mehr als 450 Hamas-Ziele im Gazastreifen angegriffen, darunter Tunnelanlagen, Beobachtungsposten und Raketenabschusspositionen. Zudem hätten die IDF über Nacht eine Hamas-Hochburg eingenommen, wobei mehrere Terroristen, darunter der Leiter der Sonderoperationen der Hamas, sowie der Kommandeur des Hamas-Bataillons Dair al-Balah getötet worden seien.[285] Militärsprecher kündigten die nächste Phase in Israels Krieg gegen die Hamas an. Sie solle in Angriffen auf die Hamas in ihren Tunneln und Bunkern bestehen, jedoch im nördlichen Gazastreifen.[286] IDF-Sprecher Daniel Hagari erklärte zudem, dass die israelischen Streitkräfte tief nach Gaza-Stadt eingedrungen seien und dort den Druck auf die Hamas erhöht hätten.[287]
Das von der Hamas betriebene Gesundheitsministerium in Gaza gab bekannt, es seien seit Beginn des Kriegs mehr als 10.000 Menschen in Gaza getötet worden, darunter über 4.000 Minderjährige.[288] Diese Zahlenangaben konnten nicht unabhängig überprüft werden, wurden aber von der Weltgesundheitsorganisation als glaubwürdig eingestuft.[288] UNO-Generalsekretär Guterres sagte: „Der Gazastreifen wird zu einem Friedhof für Kinder.“ Die Angriffe des israelischen Militärs träfen Krankenhäuser, Flüchtlingslager, Moscheen, Kirchen und UNO-Einrichtungen. Das Völkerrecht, das den Schutz von Zivilisten fordere, werde eindeutig verletzt. Keine Partei eines bewaffneten Konflikts stehe über dem Völkerrecht.[289]
Nach den Raketenangriffen der Hisbollah am Vortag auf die größtenteils evakuierte Grenzstadt Kirjat Schmona forderte die Stadtverwaltung auch die restlichen rund 3.000 von ursprünglich 20.000 Bewohnern zum Verlassen des Orts auf.[290]
Die israelische Polizei gab am Vormittag bekannt, dass zwei Angehörige der Grenzpolizei, ein Mann und eine Frau, durch eine Messerattacke am Herodestor in Jerusalem verletzt worden seien. Der Angreifer, ein 16-jähriger Palästinenser aus Ostjerusalem, sei erschossen worden. Die Beamtin erlag im Laufe des Tages ihren Verletzungen.[291][292][293] Weiterhin gab die Polizei bekannt, dass am Vormittag vier bewaffnete Männer in Tulkarm im Westjordanland von Angehörigen der Spezialeinheit JAMAM getötet worden seien.[294] Die bekannte palästinensische Aktivistin Ahed Tamimi wurde wegen des Vorwurfs, zu Gewalttaten aufzurufen und zu terroristischen Aktivitäten zu verleiten, durch israelisches Militär festgenommen. Israelischen Medienberichten zufolge soll Tamimi vor rund einer Woche auf Instagram zum Mord an israelischen Siedlern im besetzten Westjordanland aufgerufen haben. In einer Instagram-Story schrieb die Palästinenserin demnach: „Wir warten auf euch in allen Städten des Westjordanlands, von Hebron bis Dschenin – wir werden euch abschlachten und ihr werdet sagen, dass das, was Hitler euch angetan hat, ein Witz war, wir werden euer Blut trinken und eure Schädel essen, kommt schon, wir warten auf euch.“[295] Das Wall Street Journal berichtete, die USA wollten Israel „Spice Family Gliding Bomb Assemblies“, eine Art von präzisionsgelenkten Waffen, die von israelischen Jets abgefeuert werden, im Wert von 320 Millionen US-Dollar übergeben. Gemäß der Vereinbarung würde der Waffenhersteller Rafael USA die Bomben über seine israelische Muttergesellschaft Rafael Advanced Defense Systems an das israelische Verteidigungsministerium senden.[296]
Human Rights Watch forderte am 6. November ein Waffenembargo gegen Israel und Hamas. „Länder, die Waffen liefern, riskieren Mitschuld an schweren Menschenrechtsverletzungen“, warnte die Organisation. Israels wichtigste Verbündete – die Vereinigten Staaten, Deutschland, Großbritannien und Kanada – sollten ihre „Militärhilfen und Waffenverkäufe an Israel aussetzen, solange die israelischen Streitkräfte ungestraft umfangreiche, schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen begehen, die Kriegsverbrechen gegen die palästinensische Zivilbevölkerung gleichkommen. Der Iran und andere Regierungen sollten die Lieferung von Waffen an bewaffnete palästinensische Gruppen, einschließlich der Hamas und des Islamischen Dschihad, einstellen, solange diese systematisch Angriffe verüben, die Kriegsverbrechen gegen israelische Zivilist*innen darstellen.“[297][298] Südafrika beorderte seinen Botschafter aus Israel zurück und beschuldigte Israel des Völkermords in Gaza.[299]
7. November
Nach Angaben der IDF nahmen israelische Bodentruppen der Nachal-Brigade einen militärischen Außenposten der Hamas im Zentrum von Gaza-Stadt ein und lokalisierten auf dem Gelände Raketen, andere Waffen und Geheimdienstmaterial. In der Nacht und den Morgenstunden seien zudem dutzende Terrorziele im Gazastreifen durch die Luftwaffe und die Marine getroffen worden, darunter eine Gruppe Hamas-Kämpfer in einem Gebäude in der Nähe des Al-Quds-Krankenhauses im Stadtteil Shejaiya in Gaza-Stadt. Dabei kam es nach IDF-Angaben zu „erheblichen Sekundärexplosionen“, vermutlich aufgrund des Vorhandenseins eines Waffendepots der Hamas.[300]
Bei der Vorbereitung der Zerstörung des Hauses der Familie jenes 16-jährigen Palästinensers, der am Vortag eine Grenzpolizistin getötet und einen Grenzpolizisten verletzt hatte, kam es zu Zusammenstößen, bei denen nach palästinensischen Medienberichten im Dorf Sa’ir ein Palästinenser getötet wurde.[301] Am Vormittag meldete die Polizei, dass eine Palästinenserin, eingehüllt in eine Hamas-Flagge und mit einem Messer bewaffnet, am Kontrollpunkt Qalandia bei Jerusalem angeschossen und verletzt worden sei, nachdem sie den Anweisungen der Sicherheitskräfte nicht Folge geleistet habe.[302] Nach Angaben des Militärs nahmen israelische Sicherheitskräfte über Nacht im Westjordanland elf Mitglieder der Hamas fest. Dabei seien in Tulkarm versteckte Sprengstoffe und ein Waffenlager entdeckt worden.[303]
Die WHO berichtete, mehr als 160 Mitarbeiter im Gesundheitswesen seien während ihres Einsatzes im Gazastreifen getötet worden. „Das sind die Menschen, die das Gesundheitssystem am Laufen halten“, sagte WHO-Sprecher Christian Lindmeier. Medizinische Hilfe müsse dringend in das Gebiet gelangen; Ärzte in Gaza seien jetzt teilweise dazu gezwungen, Operationen, selbst Kaiserschnitte[304] und Amputationen,[305] ohne Betäubung vorzunehmen.[306] Die WHO sieht laut Sprecher Christian Lindmeier keinen Grund, die vom Gesundheitsministerium in Gaza veröffentlichten Zahlen für Verwundete, Tote und Kranke grundlegend anzuzweifeln.[304] Das Komitee zum Schutz von Journalisten meldete, bis zum 6. November seien 37 Journalisten und Medienmitarbeiter in den besetzten palästinensischen Gebieten ums Leben gekommen. Dies sei der tödlichste Zeitraum für Journalisten, die über den Konflikt berichten, seit das Komitee 1992 mit der Aufzeichnung der Zahlen begann. „Es gibt keinen wirklichen Präzedenzfall dafür“, sagte Arlene Getz, die Redaktionsleiterin des Komitees.[307]
Der Ministerpräsident Netanjahu wandte sich im Kirya-Militärhauptquartier in Tel Aviv an die Nation und teilte mit, dass es ohne die Freilassung der Geiseln keinen Waffenstillstand geben werde und dass die Militär- und Regierungsfähigkeiten der Hamas zerstört würden. Gleichzeitig warnte er die Hisbollah vor der Eröffnung einer neuen Front im Norden Israels.[308] Die IDF teilten mit, bislang mehr als 14.000 Ziele im Gazastreifen angegriffen und mehr als 100 Tunneleingänge zerstört zu haben.[309]
8. November
Bei seinem Besuch des Grenzübergangs in Rafah beklagte Volker Türk die vollkommen unzulänglichen humanitären Hilfslieferungen an Gaza, den „höllischen Albtraum“ auf der anderen Seite der Grenze und forderte erneut einen sofortigen Waffenstillstand (via X).
Nach Armeeangaben gelang der 252. IDF-Reservedivision die Einnahme des Gebietes Beit Hanun im Norden des Gazastreifens, zudem habe sie sich an den Kämpfen um Dschabaliya beteiligt. Nach IDF-Angaben sei es das erste Mal seit dem Libanonkrieg 1982, dass eine IDF-Reservedivision geschlossen außerhalb israelischen Territoriums operiere.[310] Nach Angaben der IDF haben Truppen seit Beginn der Bodenoperation etwa 130 Tunnelschächte im Gazastreifen lokalisieren und zerstören können.[311] Muhsin Abu Zina, laut Armeeangaben einer der Führungspersönlichkeiten im Waffenproduktionsapparat der Hamas, wurde bei einem Luftangriff getötet.[312]
Die israelischen Behörden haben eine 47-minütige Zusammenstellung einiger der Gräueltaten des Angriffs der Hamas am 7. Oktober auf Südisrael unter anderem der Redaktion der New York Times, Mitarbeitern des Weißen Hauses, sowie den Leitern westlicher Geheimdienste, darunter CIA und MI5, vorgeführt. Der Zusammenschnitt, der größtenteils aus Bodycam-Aufnahmen getöteter Terroristen besteht, wird als Teil der israelischen Öffentlichkeitsarbeit verwendet.[313]
Nach UN-Angaben habe die Zahl der aus der Kampfzone im nördlichen Gazastreifen flüchtenden palästinensischen Zivilisten stark zugenommen. Laut UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten flohen am 7. November etwa 15.000 Menschen, verglichen mit 7.000 am 5. November, während eines vom israelischen Militär täglich festgelegten Zeitfensters über die Hauptstraße Salah al-Din in den Süden des Gazastreifens. Bei den meisten Flüchtenden handelte es sich nach Angaben der UN-Agentur um Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen.[314][315] Am 8. November flüchteten nach IDF-Angaben rund 50.000 Menschen in den Süden.[316]
Nach Angaben der israelischen Streitkräfte haben Truppen bei nächtlichen Razzien im gesamten Westjordanland 37 gesuchte Palästinenser, darunter zehn Hamas-Mitglieder, festgenommen, wodurch sich die Anzahl der Festnahmen im gesamten Westjordanland seit dem 7. Oktober auf rund 1.430 erhöht habe. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums der Palästinensischen Autonomiebehörde wurden seit dem 7. Oktober mindestens 155 Palästinenser im Westjordanland von israelischen Streitkräften und in einigen Fällen von Siedlern getötet.[317]
Der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Volker Türk, warf Hamas und Israel Kriegsverbrechen vor. „Die Gräueltaten, die von bewaffneten palästinensischen Gruppen am 7. Oktober begangen wurden, waren abscheulich, das waren Kriegsverbrechen, genauso wie die andauernde Geiselnahme. Die kollektive Bestrafung Israels von palästinensischen Zivilisten ist auch ein Kriegsverbrechen, genauso wie die rechtswidrige gewaltsame Evakuierung von Zivilisten.“ Auch UN-Generalsekretär António Guterres erneuerte seine Kritik an Israel. Hamas begehe zwar Verstöße wie die Verwendung von Menschen als Schutzschilde, aber „wenn man sich die Zahl der Zivilisten ansieht, die bei den Militäreinsätzen getötet wurden, dann läuft etwas offensichtlich falsch.“[318]
Die Tagesschau berichtete, das Bundeswirtschaftsministerium habe verlauten lassen, dass die deutsche Bundesregierung eine Verzehnfachung der Rüstungsexporte nach Israel erlaubt habe; die Ausfuhr von Rüstungsgütern nach Israel werde prioritär bearbeitet und beschieden. Exporte im Wert von rund 32 Millionen Euro seien demnach auf knapp 303 Millionen Euro im Jahr 2023 gestiegen. Der größte Teil davon sei nach Kriegsbeginn bewilligt worden.[319]
Belgiens Vize-Ministerpräsidentin Petra De Sutter forderte Sanktionen gegen Israel und eine Untersuchung der Bombardierung von Krankenhäusern und Flüchtlingslagern in Gaza. „Es ist Zeit für Sanktionen gegen Israel. Der Bombenregen ist unmenschlich.“[320]
Laut der US-amerikanischen Krankenschwester Emily Callahan, die sich als Teil von Ärzte ohne Grenzen bis November im Gazastreifen aufhielt, werden Menschen mit Verbrennungen und anderen Wunden ohne Behandlung aus den Krankenhäusern im Gazastreifen entlassen, weil diese zu überlastet sind. Es gebe Flüchtlingslager im Gazastreifen, in denen 50.000 Menschen hausten, die sich ein paar wenige Toiletten teilen müssten. Wasser gebe es alle zwölf Stunden, dann aber nur ein paar Stunden lang. Es gebe Kinder mit „frischen offenen Verbrennungen und Wunden sowie Teilamputationen, die unter diesen Bedingungen herumlaufen“.[321]
9. November
Nach Angaben der IDF haben Truppen der Nachal-Brigade nach zehnstündigen Kämpfen eine Hochburg der Hamas und des Islamischen Dschihad in Palästina, bekannt als Außenposten 17, im Westen von Dschabaliya erobert. Dabei seien dutzende Terroristen getötet, sowohl oberirdisch als auch in Tunneln, sowie zahlreiche Waffen gefunden und Tunnelschächte freigelegt worden.[322] Zudem seien im Stadtteil Sheikh Radwan in Gaza-Stadt eine Drohnenproduktionsanlage und ein Waffendepot der Hamas eingenommen worden.[323] Der Hamas-Kommandant für Einsätze mit Panzerabwehrlenkwaffen im zentralen Gazastreifen, Ibrahim Abu-Maghsib, wurde bei einem Luftangriff getötet.[324]
Währenddessen teilte die Hamas Videos von Straßenkämpfen im Zentrum von Gaza-Stadt.[325]
US-Streitkräfte flogen einen Luftangriff auf ein Waffenlager der Iranischen Revolutionsgarden in Syrien, nachdem nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums proiranische Milizen mindestens 40 mal US-Militärstützpunkte in Syrien und Irak mit Drohnen und Raketen angegriffen hatten. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin teilte mit, US-Präsident Biden habe den Luftangriff angeordnet, um deutlich zu machen, dass die USA sich selbst, ihr Personal und ihre Interessen verteidigten.[326]
Auch im Westjordanland gingen die Auseinandersetzungen weiter. In der Nacht wurden zwei Israelis bei einem Schusswaffenangriff auf ein Auto verletzt. Die Autonomiebehörde teilte am Nachmittag mit, in Dschenin seien 9 Palästinenser getötet und weitere 13 verletzt worden. Israelische Sicherheitskräfte hätten demnach bewaffnete Einwohner mit einer Drohne attackiert; auch sei eine Mitarbeiterin des roten Halbmonds angeschossen worden.[325]
Israel führte im Norden des Gazastreifens täglich vierstündige Feuerpausen ein. Sie sollten drei Stunden im Voraus angekündigt werden und den verbliebenen Zivilisten die Möglichkeit zur Flucht geben.[327]
10. November
Gegen Morgen meldete die Hamas gegenüber Al-Jazeera drei israelische Angriffe auf Krankenhäuser, darunter auf das Al-Shifa-Krankenhaus. Im Laufe des Tages soll es hier zu 13 Toten gekommen sein, am Nachmittag laut libanesischer Regierung zudem auf ein Krankenhaus im Libanon.[329] Offiziellen Angaben zufolge schlugen in den frühen Morgenstunden Raketen im Hof des größten Krankenhauses von Gaza, Al-Shifa, ein, beschädigten das Indonesische Krankenhaus und setzten das Nasser Rantissi Kinderkrebskrankenhaus in Brand.[330] Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Gaza sagte, Israel habe die Gebäude des Shifa-Krankenhauses fünfmal bombardiert: „Ein Palästinenser wurde bei dem Angriff am frühen Morgen getötet und mehrere wurden verwundet.“[330] Von Reuters überprüfte Videos zeigten Szenen von Panik und blutüberströmten Menschen.[330]
Laut WHO sind 20 der 36 Krankenhäuser im Gazastreifen zerstört worden, die übrigen arbeiteten nur noch im Notbetrieb.[331] Bei einem Angriff auf die al-Buraq-Schule, die nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza als Zufluchtsstätte für Menschen gedient hat, deren Häuser zerstört worden waren, sollen mindestens 20 Menschen getötet worden sein.[330] In das Al-Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza sind nach Angaben seines Direktors nach dem Beschuss der al-Buraq-Schule etwa 50 Tote gebracht worden.[331] Der Direktor des Al-Nasr-Krankenhauses und Al-Rantisi-Kinderkrankenhauses sagte, das Krankenhaus sei komplett von Panzern umzingelt, andere Gesundheitseinrichtungen kämen unter Beschuss. Das israelische Militär äußerte sich nicht zu den Angriffen, beschuldigte aber die Hamas, sich hinter ziviler Infrastruktur zu verstecken.[332]
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, forderte von Israel sofortige Maßnahmen zum Schutz der Palästinenser im Westjordanland.[331] Nach israelischen Angaben sind erneut Zehntausende Menschen aus dem umkämpften Norden des Gazastreifens in den Süden geflüchtet.[331] Das UN-Nothilfebüro OCHA warnte vor Ratten- und Insektenplagen im Gazastreifen, weil sich in den Straßen Müllberge türmten.[331] Die stellvertretende Landesdirektorin des Welternährungsprogramms der UN in den Palästinensischen Gebieten beschrieb die Lage in Gaza als „humanitäre Katastrophe“.[331]
Israel öffnete nach Angaben seines Militärs einen zweiten humanitären Korridor, über den Palästinenser aus dem nördlichen Gazastreifen in Richtung Süden fliehen können, die Küstenstraße „Raschid“ sei als Fluchtroute freigegeben worden. Zudem verkündete ein Sprecher der IDF eine Ausweitung des Zeitraums, in dem Zivilisten sicher über die freigegebenen Routen aus dem nördlichen Teil des abgeriegelten Küstengebiets fliehen könnten. Dies sei zwischen 9 und 16 Uhr möglich.[331]
Hatte der Ministerpräsident Netanjahu noch kurz zuvor erklärt, den Gazastreifen nach Kriegsende nicht besetzen zu wollen, erklärte er am 10. November, dass die israelische Armee auch nach Kriegsende die Kontrolle im Gazastreifen haben solle, man wolle diesen nicht internationalen Kräften überlassen.[331] Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock appellierte an die arabischen Golfstaaten, an einer gemeinsamem Initiative für eine Zweistaatenlösung zu arbeiten.[331] Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian warnte vor einer Ausweitung des Nahost-Krieges. Dies sei wegen der zunehmenden „Intensität des Krieges gegen die Zivilbevölkerung in Gaza“ unvermeidlich geworden.[331] US-Präsident Biden sprach sich für die Lieferung von deutlich mehr Hilfsgütern in den Gazastreifen aus.[331] US-Außenminister Antony Blinken kritisierte in einer seiner bis dato direktesten Äußerungen die steigende Zahl der Todesopfer im Gazastreifen: „Es wurden viel zu viele Palästinenser getötet.“ CNN konstatierte, Blinkens Verlautbarungen rückten allmählich von seiner vorherigen ausdrücklichen Unterstützung Israels ab.[332] US-Diplomaten im Nahen Osten warnten das Weiße Haus in privaten Mitteilungen, die starke Unterstützung der israelischen Militäroffensive würde „uns eine Generation der arabischen Öffentlichkeit kosten“, wie aus einer an CNN durchgesickerten Mitteilung hervorging.[332] Erstmals kritisierte der saudische Regierungschef, Mohammed bin Salman, das Vorgehen Israels im Krieg, und forderte ein Ende der Gewalt.[329]
Die IDF gaben an, seit Kriegsbeginn am 7. Oktober etwa 15.000 Ziele von Terrorgruppen im Gazastreifen angegriffen und dabei rund 6.000 Waffen beschlagnahmt oder zerstört zu haben und dass Boden-, Luft- und Seestreitkräfte weiterhin Hamas-Ziele im gesamten Gazastreifen angriffen, darunter Kommandozentralen, Raketenwerfer, Waffendepots, Tunnel und andere von der Terrorgruppe genutzte Infrastruktur.[333] Allein am Vortag hätten Truppen der 7. Panzerbrigade einen Hamas-Außenposten und ein Trainingslager im nördlichen Gazastreifen eingenommen und dabei rund 30 Terroristen getötet.[334] Das Raketenabwehrsystem Arrow 3 sei erstmals erfolgreich gegen anfliegende feindliche Raketen eingesetzt worden, zuvor hatten die schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen mitgeteilt, Israel mit Raketen angegriffen zu haben. Als Reaktion auf einen Drohnenangriff auf ein Schulgebäude in der südisraelischen Stadt Eilat griff die israelische Armee eigenen Angaben zufolge ein Ziel in Syrien an. Bei erneutem Grenzbeschuss wurden 5 israelische Soldaten verletzt, bei Angriffen der IDF als Reaktion auf den Beschuss mit einer Panzerabwehrrakete starben 7 Hisbollah-Kämpfer.[331] Am Abend gaben die IDF bekannt, im Laufe des Tages mehrere Außenposten der Hamas im Gebiet des Flüchtlingslagers asch-Schati eingenommen und dabei rund 150 Hamas-Mitglieder getötet zu haben.[335]
Nach Angaben der IDF haben Truppen bei nächtlichen Razzien im gesamten Westjordanland 41 gesuchte Palästinenser, darunter 14 Hamas-Mitglieder, festgenommen, womit sich die Anzahl der seit dem 7. Oktober im Westjordanland festgenommenen Palästinenser auf 1.540 erhöht habe.[336] Die palästinensische Verwaltung meldete später einen durch israelische Soldaten getöteten 17-jährigen Palästinenser.[329]
Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums erklärte, dass die Zahl der Todesopfer des Hamas-Angriffs auf südisraelische Gemeinden am 7. Oktober auf rund 1.200 gesenkt worden sei, während die Regierung zuvor von 1.400 ausgegangen war. Die Zahl sei eine Schätzung und nicht endgültig, sie könne sich ändern, wenn alle Opfer identifiziert worden seien.[337]
Die arabische Minderheit in Israel, die 21 Prozent der Bevölkerung ausmacht, fühlte sich laut dem Ergebnis einer Umfrage des Israel Democracy Institute (IDI) in Kriegszeiten solidarischer mit dem Land. Auf die Frage, ob sie sich Israel zugehörig fühlten, antworteten 70 Prozent der Befragten mit „Ja“, dies sei der höchste Wert seit Beginn der Erhebungen vor 20 Jahren.[331]
Nach Berichten über eine frühzeitige Information freier Journalisten im Zusammenhang mit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel drang der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) auf Aufklärung. Der DJV-Bundesvorsitzende Mika Beuster sprach in Berlin von „unglaublichen Vorwürfen von immenser Tragweite“. Journalisten seien unabhängige Berichterstatter und nicht Kriegsteilnehmer, betonte er und fügte hinzu: „Um der Glaubwürdigkeit des Journalismus willen hoffe ich inständig, dass an den Vorwürfen nichts dran ist.“ Die „Bild“-Zeitung hatte unter Berufung auf die NGO “Honest Reporting” berichtet, dass mehrere freie Bildjournalisten, die unter anderem für CNN, AP und Reuters arbeiteten, bei dem Hamas-Überfall vom 7. Oktober verdächtig schnell zur Stelle gewesen seien und Gräueltaten fotografiert hätten; entsprechende Vorwürfe kamen auch von Israel. Der DJV forderte Aufklärung von den großen internationalen Nachrichten- und Bildagenturen und sieht dabei die Auftraggeber der Freelancer genauso in der Pflicht wie die Fotografen selbst.[331]
11. November
Die IDF gaben am Vormittag an, seit Beginn der Bodenoperation elf Hamas-Außenposten im nördlichen Gazastreifen erobert zu haben. Auch über Nacht seien weitere Angriffe gegen Gebäude, Waffendepots und Tunneleingänge erfolgt,[338] unter anderem sei es zu Kämpfen in der Nähe des al-Schifa-Krankenhauses gekommen, unter dem die IDF eine wichtige Kommandozentrale der Hamas-Terrorgruppe vermuten.[339] Gegen Mittag erklärten die IDF, bei ihrem Luftangriff auf die al-Buraq-Schule in der Nacht vom 9. zum 10. November in Gaza-Stadt einen Hamas-Kommandeur und mehrere seiner Gefolgsleute getötet zu haben. Diese hätten etwa 1.000 Palästinenser daran gehindert, das Gelände des al-Rantisi-Krankenhauses zu verlassen, um sie als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.[340][341] Israels Ministerpräsident Netanyahu sagte, die Armee habe bereits Tausende Terroristen getötet, darunter auch „Kommandeure, die das schreckliche Massaker am 7. Oktober angeführt haben.“ Es werde keine Waffenruhe ohne Rückführung der Geiseln geben, bekräftigte er. Wie bereits zuvor das israelische Militär berichtete er, die Hamas hätte die Kontrolle über den nördlichen Teil des Gazastreifens verloren.[342]
Das Gesundheitsministerium in Gaza berichtete, im al-Schifa-Krankenhaus sei ein Baby in einem Brutkasten gestorben, nachdem der Strom ausgefallen gewesen sei, und eine weitere Person sei auf der Intensivstation durch eine israelische Granate getötet worden.[343] Am gleichen Tag sagte ein Arzt, das al-Schifa-Krankenhaus hätte seinen Betrieb aufgrund von Treibstoffmangel endgültig eingestellt. Die Mehrheit des Personals habe das Krankenhaus verlassen. Die Verletzten, die das Krankenhaus hätten verlassen können, seien gegangen. Schwerverletzte, die dazu nicht in der Lage gewesen seien, würden noch von einem Kernteam versorgt. Nach Angaben einer ARD-Korrespondentin hat das israelische Militär am Morgen zur Evakuierung des Krankenhauses aufgerufen, die Leiter des Krankenhauses hätten das aber abgelehnt.[344]
Libanesische Medien berichteten, dass südlich von Sidon im Libanon, rund 40 km von der israelischen Grenze entfernt, ein Fahrzeug durch eine IDF-Drohne zerstört worden sei. Die IDF bestätigten den Angriff auf einen nicht näher genannten Ort im Libanon, von dem aus Flugabwehrraketen auf israelische Drohnen über der israelisch-libanesischen Grenze abgefeuert worden seien.[345]
Der französische Präsident Emmanuel Macron forderte in einem Interview mit dem britischen Fernsehsender BBC Israel auf, das Töten von Frauen und Babys in Gaza einzustellen. Am Tag nach einer Konferenz für Humanitäre Hilfe in Paris über den Krieg in Gaza sagte er, die „klare Schlussfolgerung“ aller Regierungen und Organisationen, die an diesem Gipfel teilnahmen, sei, „dass es keine andere Lösung gibt als zunächst eine humanitäre Pause, die zu einem Waffenstillstand führt, der es [uns] erlaubt, alle Zivilisten zu schützen, die nichts mit Terroristen zu tun haben.“ Es gebe „keine Rechtfertigung“ für die Bombardierung: „Ich möchte alle an das Völkerrecht erinnern, ich fordere eine Waffenruhe.“[346] Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte hingegen in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Israel werde täglich weiter mit Raketenangriffen bedroht. Wer einen „allgemeinen Waffenstillstand“ fordere, müsse dann auch sagen, was das für die Stärke der Hamas, für das Schicksal der über 200 Geiseln und für die Sicherheit Israels bedeute.[347]
Etwa 300.000 pro-palästinensische Demonstranten marschierten laut Polizeiangaben in London – die größte Kundgebung seit Beginn des Krieges.[348] Die Organisatoren der Demonstration schätzten die Zahl der Teilnehmer auf eher 800.000 und sagten, es sei einer der größten Märsche in der Geschichte Großbritanniens gewesen.[349]
Die deutsche Außenministerin traf sich mit dem Ministerpräsidenten der Autonomiebehörde, Mohammed Schtajjeh, in Ramallah sowie mit dem israelischen Außenminister Eli Cohen in Tel Aviv. Dieser setzte sich dabei für eine internationale Front im Kampf um die Freilassung von 239 Geiseln ein, die im Gazastreifen festgehalten werden, wie er nach dem Gespräch mitteilte. Er habe Baerbock zu einem Treffen von Außenministern der Länder eingeladen, deren Bürger von der islamistischen Terrororganisation Hamas festgehalten werden.[350]
Auf einem Sondergipfel der Arabischen Liga und der 57 Staaten umfassenden Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Riad forderten die Staatschefs arabischer und muslimischer Länder eine UN-Resolution zum Stopp der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen, gefolgt von einer internationalen Friedenskonferenz und einer internationalen Untersuchung der von Israel begangenen „Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit“.[351] Die Gipfelteilnehmer, die auch einen Stopp der Waffenlieferungen an Israel und die Freilassung aller „Gefangenen, Inhaftierten und Zivilisten“ forderten, warfen anderen Nationen „Doppelmoral bei der Anwendung des Völkerrechts“ vor.[351] Israels Vorgehen in Gaza könne nicht als Selbstverteidigung „oder unter irgendeinem Vorwand gerechtfertigt“ werden, betonten sie in ihrer Abschlusserklärung.[351]
Die Hilfsorganisation Roter Halbmond meldete israelische Panzer im Stadtzentrum von Gaza, davon einige in nur 20 Meter Entfernung vom Al-Kuds-Krankenhaus. Es gebe heftige Schusswechsel in dem Gebiet. Weiter teilte die Organisation mit, von ihren 18 Krankenwagen seien aus Mangel an Treibstoff nur noch sieben fahrbereit. Die israelische Armee kündigte an, sie wolle bei der Evakuierung von Babys aus dem Al-Shifa-Krankenhaus Hilfe leisten.
12. November
In Frankreich gingen in verschiedenen Städten mehr als 180.000 Menschen gegen Antisemitismus auf die Straßen, davon mehr als 100.000 in Paris. Hintergrund war, dass es seit dem Terrorangriff der Hamas mehr als 1250 antisemitische Übergriffe gegeben hatte, dreimal so viele wie im gesamten Jahr 2022.[352]
Die WHO vermeldete den Betriebszusammenbruch des Al-Schifa-Krankenhauses. Die Zahl der Todesfälle unter den Patienten sei in der Folge erheblich gestiegen.[353] Der Palästinensische Rote Halbmond teilte mit, dass auch das Al-Kuds-Krankenhaus in Gaza-Stadt wegen des Mangels an Treibstoff für die Generatoren außer Betrieb sei. Zwanzig der 36 Krankenhäuser im Gazastreifen waren nach UNO-Angaben „nicht mehr funktionsfähig“.[354] Muhammed Zaqout, Direktor der Krankenhäuser in Gaza, sagte, dass das Gesundheitsministerium seit Freitag nicht mehr in der Lage sei, die Zahl der Todesopfer zu aktualisieren, da Sanitäter die von den israelischen Bombardierungen betroffenen Gebiete nicht mehr erreichen können.[354]
In und um Gaza-Stadt dauerten die heftigen Kämpfe zwischen Truppen der IDF und Terroristen weiter an, während sich das Militär dem Al-Schifa-Krankenhaus näherte, unter welchem sich nach IDF-Angaben die Hauptkommandozentrale der Hamas befinden soll. Darüber hinaus gab Israel an, dass die Hamas über Vorräte wie Treibstoff verfüge, diese jedoch der zunehmend verzweifelten Zivilbevölkerung vorenthalte.[355] Die Europäische Union verurteilte die Hamas dafür, dass sie in Gaza Krankenhäuser und Zivilisten als menschliche Schutzschilde nutze und forderte Israel gleichzeitig zu maximaler Zurückhaltung auf, um Zivilisten zu schützen.[356] Am Nachmittag meldeten die IDF die Einnahme des Gebietes al-Karameh, zwischen Beit Hanun und Dschabaliya im nördlichen Gazastreifen.[357]
Um den sicheren Abzug von Zivilisten zu ermöglichen, öffneten die IDF die in den Süden führende Hauptstraße Salah a-Din für sieben Stunden und legten eine vierstündige taktische Kampfpause in Dschabaliya und dem Viertel Izbat Malien ein. Zudem kam es zur Öffnung eines sicheren Weges vom Schifa-Krankenhaus über die Al-Wehda-Straße zur Straße Salah a-Din.[358][359]
13. November
Die IDF gaben bekannt, seit Beginn der Bodenoffensive 4.300 Angriffe auf Ziele im Gazastreifen durchgeführt zu haben. Dabei seien unter anderem mehr als 300 Tunnelanlagen getroffen worden.[360] Die IDF gaben an, dass Truppen der 188. Panzerbrigade vom Gelände des Al-Quds-Krankenhauses aus mit Handfeuerwaffen und RPG-Panzerabwehrwaffen beschossen worden seien und veröffentlichten Aufnahmen der Szenen. Einige der Kämpfer hätten sich im Eingangsbereich aufgehalten und sich im Laufe des Angriffs in das Krankenhaus zurückgezogen. Nach IDF-Angaben seien in den folgenden Kämpfen 21 Bewaffnete getötet worden.
Die Geschichte der China-Taiwan-Krise beginnt mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als die japanische Kolonialherrschaft über Taiwan endete und die Insel an die Republik China (ROC) zurückgegeben wurde. Die ROC war damals die legitime Regierung Chinas, die von der Kuomintang (KMT) geführt wurde, einer nationalistischen Partei, die gegen die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) kämpfte. Die KMT hatte jedoch bald das Nachsehen, als die KPCh unter Mao Zedong die Macht auf dem Festland übernahm und die Volksrepublik China (VRCh) ausrief. Die KMT floh mit ihren Anhängern nach Taiwan und errichtete dort eine autoritäre Einparteienherrschaft, die immer noch die ROC repräsentierte. Die beiden Seiten blieben in einem Zustand des Bürgerkriegs, der durch den Kalten Krieg verschärft wurde, in dem die USA die ROC und die Sowjetunion die VRCh unterstützten.
Die Situation änderte sich in den 1970er Jahren, als die USA ihre diplomatischen Beziehungen zur VRCh aufnahmen und die ROC aus den Vereinten Nationen ausschlossen. Die USA erkannten die VRCh als die einzige legitime Regierung Chinas an, behielten aber eine informelle Beziehung zur ROC bei, die durch das Taiwan Relations Act von 1979 geregelt wurde. Dieses Gesetz verpflichtete die USA, Taiwan mit Waffen zu versorgen und seine Sicherheit zu gewährleisten, ohne jedoch eine klare Position zur Souveränitätsfrage zu beziehen. Die USA folgten einer Politik der “strategischen Mehrdeutigkeit”, die darauf abzielte, einen Status quo zu erhalten, der einen Krieg vermeiden und gleichzeitig die Demokratisierung Taiwans fördern sollte.
Die Demokratisierung Taiwans begann in den 1980er Jahren, als die KMT ihre eiserne Kontrolle lockerte und politische Reformen einleitete, die zu freien Wahlen, Meinungsfreiheit und Menschenrechten führten. Die KMT verlor ihre absolute Mehrheit im Parlament und musste sich einer neuen Oppositionspartei stellen, der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP), die für eine stärkere taiwanische Identität und Unabhängigkeit eintrat. Die DPP gewann 2000 zum ersten Mal die Präsidentschaftswahl, was zu einer Verschlechterung der Beziehungen zu China führte, das jede Form von Separatismus ablehnte. China verabschiedete 2005 ein Anti-Abspaltungsgesetz, das den Einsatz von Gewalt gegen Taiwan rechtfertigte, wenn es versuchte, sich formal von China zu lösen. Die KMT kehrte 2008 an die Macht zurück und bemühte sich, die Spannungen mit China zu entschärfen, indem sie eine Reihe von wirtschaftlichen und kulturellen Abkommen unterzeichnete, die die beiden Seiten enger miteinander verbanden.
Die Gegenwart: Von Freunden zu Rivalen
Die Situation änderte sich erneut in den 2010er Jahren, als China unter der Führung von Xi Jinping einen autoritären und aggressiven Kurs einschlug, der seine Macht und seinen Einfluss in der Region ausbauen sollte. China verstärkte seine militärischen Fähigkeiten, baute künstliche Inseln im Südchinesischen Meer, führte Cyberangriffe und Desinformationskampagnen durch und übte Druck auf andere Länder aus, die Beziehungen zu Taiwan abzubrechen. China betrachtete Taiwan als einen integralen Bestandteil seines Territoriums und als eine rote Linie, die nicht überschritten werden durfte. Xi erklärte, dass die Wiedervereinigung mit Taiwan unvermeidlich sei und dass er nicht ausschließe, Gewalt anzuwenden, um dieses Ziel zu erreichen.
Taiwan hingegen erlebte eine Wiederbelebung seiner demokratischen und nationalen Identität, die sich von China distanzierte. Die DPP gewann 2016 erneut die Präsidentschaftswahl mit Tsai Ing-wen, einer gemäßigten Unabhängigkeitsbefürworterin, die sich weigerte, das sogenannte “1992-Konsens” anzuerkennen, ein informelles Abkommen, das besagte, dass es nur ein China gibt, aber beide Seiten ihre eigene Interpretation davon haben können. Tsai betonte, dass Taiwan bereits eine souveräne Nation sei, die sich der VRCh nicht unterwerfen werde. Sie förderte eine Politik der “stabilen und vorhersehbaren” Beziehungen zu China, die auf dem Status quo basierte, und suchte nach einer stärkeren internationalen Unterstützung für Taiwans Partizipation und Sicherheit. Tsai gewann 2020 die Wiederwahl mit einem Erdrutschsieg, der durch die öffentliche Ablehnung Chinas und die Bewunderung für Taiwans erfolgreiche Bekämpfung der Covid-19-Pandemie angetrieben wurde.
Die USA spielten eine wichtige Rolle in der Verschärfung der China-Taiwan-Krise, indem sie ihre Unterstützung für Taiwan verstärkten und ihre Haltung gegenüber China verschärften. Unter der Trump-Regierung nahmen die USA eine konfrontative Politik gegenüber China an, die Handelskriege, Sanktionen, Menschenrechtskritik und militärische Provokationen umfasste. Die USA erhöhten auch ihre Waffenverkäufe und ihre diplomatischen Kontakte zu Taiwan, was China als eine Verletzung des “Ein-China-Prinzips” ansah, das die Grundlage für die Beziehungen zwischen den USA und China bildete. Die USA schickten hochrangige Beamte nach Taiwan, genehmigten den Verkauf von fortschrittlichen Kampfjets und Raketen, und führten gemeinsame Militärübungen durch, die Taiwans Verteidigungsfähigkeit verbessern sollten. Die USA erklärten auch, dass sie Taiwan im Falle eines chinesischen Angriffs verteidigen würden, was die Politik der “strategischen Mehrdeutigkeit” aufgab und China herausforderte.
Die Biden-Regierung setzte die harte Linie gegenüber China fort, obwohl sie einen kooperativeren und multilateralen Ansatz verfolgte. Die USA bezeichneten China als ihren “strategischen Konkurrenten” und als eine “systemische Herausforderung” für die internationale Ordnung. Die USA suchten auch nach einer stärkeren Zusammenarbeit mit ihren Verbündeten und Partnern in der Region, um ein Gegengewicht zu China zu bilden und Taiwan zu unterstützen. Die USA schlossen sich mit Japan, Australien und Indien zu einer informellen Allianz zusammen, die als “Quad” bekannt ist, die sich für eine “freie und offene” indopazifische Region einsetzte. Die USA ermutigten auch andere Länder, wie Großbritannien, Frankreich und Deutschland, ihre Präsenz und ihr Engagement in der Region zu erhöhen, um China in Schach zu halten.
Aufgrund des Kampfes um die Souveränität bzw. internationale Anerkennung zwischen der Volksrepublik China - im weiteren China genannt - und der Republik China auf Taiwan - im weiteren Taiwan genannt - seit 1949 liegen die politischen Beziehungen zwischen den beiden Bürgerkriegsparteien bis heute auf Eis. Da Beijing Taiwan als Teil seines Territoriums betrachtet, strebt Taipei, insbesondere unter der Führung der DPP (Demokratische Progressive Partei), die formelle Unabhängigkeit an.Zur Auflösung der Fußnote[1] Seit der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen China und der Europäischen Gemeinschaft (EG) im Jahr 1975 wird offiziell an der so genannten "Ein-Chinapolitik" von den Europäern festgehalten. Praktische EG/EU-Taiwanpolitik erfolgt unterhalb der offiziellen Schwelle.Zur Auflösung der Fußnote[2]
Die Analyse der offiziellen Website der Europäischen Union in Bezug auf ihre Taiwanpolitik in den letzten Jahren offenbart eine Richtung oder Tendenz dieser Politik. Seit 2003 lautet die Formulierung:Zur Auflösung der Fußnote[3] "The EU recognizes Taiwan as a separate customs territory, not as a sovereign state."
Nichtdestoweniger betont die EU die wichtige Bedeutung Taiwans für den bilateralen Handel. Damals war Taiwan bereits der elftgrößte Handelspartner der EU.
Im Jahre 2004 änderte sich die Formulierung:Zur Auflösung der Fußnote[4] "The EU pursues a 'One China' policy and recognizes the Government of the People's Republic of China as the sole legal government of China. However, the EU has a significant economic and commercial relationship with the Island and maintains exchanges in the economic and various technical fields."
Wenn man beide Texte miteinander vergleicht, klingt der zweite etwas freundlicher - auch wenn Taiwan nicht namentlich erwähnt wird. In offiziellen Verlautbarungen heißt es gewöhnlich, dass Taiwan ein Teil Chinas sei usw. Hier hat sich die EU also einen gewissen Freiraum erlaubt. Die Änderung der Formulierung von "a separate customs territory" zu "significant economic and commercial relationship" ist als ein kleiner Fortschritt zu Gunsten Taiwans zu werten.Zur Auflösung der Fußnote[5]
Im Juli 2005 wurde eine nochmalige Änderung vorgenommen:Zur Auflösung der Fußnote[6] "The EU, like most other countries, follows a "One China" policy and thus has no diplomatic relations with Taiwan. However, it has solid relations with Taiwan in non-political areas, such as economic relations, science, research, education and culture."
Die EU hat sich an die "Ein-China-Politik" der anderen Staaten angepasst, Taiwan wird namentlich genannt, aber zugleich wird der Inhalt der bilateralen Beziehungen noch detailierter als zuvor dargestellt. Könnte man das nicht als eine Hervorhebung des Status der Insel interpretieren? Wenn man diese Formulierung mit jenen der Jahre 2003 und 2004 vergleicht, wird zweifellos eine noch freundlichere Haltung der EU gegenüber Taiwan erkennbar.
Obwohl die EU Taiwan nicht als souveränen Staat anerkennt, gab es deutliche Signale dafür, dass die Spannungen in der Taiwan-Straße mit Sorge verfolgt werden. Während des Rakententests im März 1996, anlässlich der ersten direkten Präsidenschaftswahlen auf Taiwan, hat der Europäische Rat (ER) schnell reagiert.Zur Auflösung der Fußnote[7] Es war die erste Krise in der Taiwan-Straße in den neunziger Jahren und das erste Mal, dass der Rat dazu Stellung bezog, indem er sein "Bedauern" aussprach. Außerdem appellierte das Europäische Parlament (EP) mit zwei Resolutionen an China.Zur Auflösung der Fußnote[8]
Als drei Jahre später durch die so genannte "Zwei-Staaten-Theorie" des ehemaligen Präsidenten Taiwans, Lee Teng-hui , im Juli 1999 eine erneute Krise ausgelöst wurde, hat der Europäische Rat wiederum mit einem Appell an Taiwan und China reagiert.Zur Auflösung der Fußnote[9] Es gab zwei Krisen in der Taiwan-Straße; beide hätten ernsthafte Folgen nach sich ziehen können. Die oben genannten Reaktionen der EU lassen zweifelsfrei auf die europäischen Interessen an der Sicherheit und Stabilität in Ostasien schließen. Mit Ausnahme von Resolutionen und Deklarationen verfügt die EU jedoch nicht über wirksame Mittel, um auf dieses Krisengebiet politischen Einfluss nehmen zu können. Insbesondere im Vergleich mit den USA sind die Handlungsspielräume der EU sehr begrenzt.Zur Auflösung der Fußnote[10]
Nach der Präsidentenwahl im März 2000 unterstützte das Europäische Parlament (EP) Taiwan wiederum durch eine Resolution mit dem Hinweis auf seine demokratische Entwicklung.Zur Auflösung der Fußnote[11] Außerdem nahm es Taiwan gegen mögliche militärische Angriffe aus Beijing in Schutz: Das EP plädierte nicht nur dafür, die Vorstellungen der Taiwanesen in Bezug auf ihre Zukunft zu respektieren, sondern sprach sich auch für die Teilnahme Taiwans an ASEM (Asia-Europe Meeting) bzw. WHA/WHO aus.Zur Auflösung der Fußnote[12] Darüber hinaus votierte es dafür, die Aufhebung des Besuchsverbots für Präsident Chen Shui Bian in die EU-Staaten zu unterstützen.Zur Auflösung der Fußnote[13] Obwohl das EP viel größere Handlungsspielräume als der Europäische Rat hat und prinzipiell dazu bereit ist, den internationalen Status Taiwans zu unterstützen, sind ihm in der Praxis die Hände gebunden.
Darüber hinaus hat das EP seit 2001 mehrmals Resolutionen zu Gunsten Taiwans verabschiedet. Neben der Unterstützung des Beitritts Taiwans in die WHA/WHO ging es den Parlamentariern darin am häufigsten um die Beibehaltung des Waffenembargos gegen China.Zur Auflösung der Fußnote[14] Auch im April dieses Jahres wurden Debatten im EP geführt und Resolutionen verabschiedet, in denen sich die Parlamentarier für einen Beobachterstatus Taiwans in der WHA aussprachen.Zur Auflösung der Fußnote[15] Der Versuch, die Unterstützung Taiwans öffentlich zu machen, schlug aufgrund des Druckes aus China leider fehl.
Seit 2003 wird insbesondere von Deutschland und Frankreich die Aufhebung des Waffenembargos der EU gegen China befürwortet.Zur Auflösung der Fußnote[16] Wegen der Verabschiedung des Anti-Sezessionsgesetzes, der Neuwahlen in Deutschland und vor allem Frankreichs Ablehnung des Verfassungsvertrages zwischen März und Mai 2005 wurde der Aufhebungsvorschlag jedoch verschoben. Angesichts ihres Einflusses auf die EU haben die USA und Japan viel mehr dazu beigetragen als Taiwan, da sich beide dadurch nicht weniger bedroht fühlen und massiven Druck auf die EU ausgeübt haben.Zur Auflösung der Fußnote[17]
Aufgrund des mysteriösen Attentats auf Präsident Chen Shui Bian während der Präsidentenwahl im März 2004, bei dem auch Vizepräsidentin Annette Lu leicht verletzt wurde, hatte die EU zunächst auf die Wahlergebnisse nicht reagiert. Lediglich die Repräsentanten der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten in Taiwan hatten Grußtelegramme an Chen gesandt. Diese verhaltene Reaktion der EU bzw. der EU-Staaten lässt darauf schließen, dass die Europäer dem Vorfall skeptischer gegenüberstanden als die Amerikaner.Zur Auflösung der Fußnote[18]
Schließlich hat die Europäische Kommission die Passagier-Charter-Flüge zwischen Taiwan und China anlässlich des chinesischen Neujahrs im Frühjahr 2005 begrüßt.Zur Auflösung der Fußnote[19] Positiv bewertet wurde von ihr auch, dass die drei Oppositionsparteien Taiwans China zwischen April und Juli des letzten Jahres Besuche abstatteten. Aber als das "Anti-Sezessionsgesetz" im März des gleichen Jahres mit den Hinweisen auf "unfriedliche Maßnahmen" gegenüber Taiwan verabschiedet wurde, hat der Europäische Rat nochmals seine Sorge bezüglich eines möglichen Konfliktes zwischen den beiden Seiten geäußert.Zur Auflösung der Fußnote[20] Die angeführten Beispiele weisen deutlich darauf hin, dass die EU nach wie vor sehr an einer friedlichen Entwicklung zwischen Taiwan und China interessiert ist, obwohl sie seit 2004 Chinas größter Handelspartner ist.Zur Auflösung der Fußnote[21]
In 19 von 25 EU-Mitgliedsstaaten hat Taiwan inzwischen botschaftsähnliche Repräsentantenbüros errichtet. Umgekehrt wurden nur 16 Repräsentanzen der EU-Staaten in Taipei eröffnet. Im März 2003 wurde das EU-Repräsentantenbüro unter dem Namen "European Economic and Trade Office" in Taipei errichtet. Es kann als Zeichen für die Intensivierung der bilateralen Beziehungen gewertet werden.
Obwohl die Demokratische Progressive Partei DPP im Jahre 2004 die Präsidentschaftswahlen erneut gewann, konnte sich die Opposition die absolute Mehrheit, die sie seit dem Jahr 2001 innehatte, in den Parlamentswahlen Ende 2004 sichern. Damit sind die Bestrebungen der DPP nach formeller Unabhängigkeit beinahe unmöglich geworden. Außerdem wurde die Partei durch schwerwiegende Korruptionsskandale seit August des letzten Jahres empfindlich geschwächt und befindet sich in der schwersten Krise seit ihrer Gründung.
Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet würde dies bedeuten, dass die Gefahr einer Unabhängigkeit Taiwans bzw. eines Konfliktes mit China so gut wie beseitigt wäre. Es darf dabei jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass sich die VR China im Falle innenpolitischer Unruhen auf Taiwan das Recht zu einer Intervertion vorbehalten könnte.
Um die verheerende Lage der Partei zu verbessern, hat Präsident Chen im Frühjahr 2006 die Richtlinien bzw. den Rat für Wiedervereinigung abgeschafft. Nicht nur Beijing, sondern auch Washington hat diese Politik als einen weiteren Schritt in Richtung Unabhängigkeit interpretiert und dementsprechend scharf kritisiert. Im Namen des Europäischen Rates hat auch die österreichische Außenministerin Ursula Plassnik, die im ersten Halbjahr 2006 die EU-Ratspräsidentschaft innehatte, die Politik Präsident Chens kritisiert - wenngleich moderat und eher indirekt.Zur Auflösung der Fußnote[22]
Den EU-Statistiken zufolge betrug das bilaterale Handelsvolumen mit Taiwan 2005 36,4 Billionen Euro - mit einem Defizit von 10,4 Billionen Euro auf Seiten der EU.Zur Auflösung der Fußnote[23] Taiwan ist der zehntgrößte Handelspartner der EU; die bilateralen Konsultationen über den Handel und die Technologie laufen reibungslos. Anhand eines Beispieles der "China Airlines" sei auf die Bedeutung der EU für Taiwan verwiesen. China Airlines, die nationale Luftfahrtgesellschaft Taiwans, hatte 2002 entschieden, Flugzeuge vom europäischen Flugzeughersteller Airbus im Wert von drei Milliarden US-Dollar zu kaufen.Zur Auflösung der Fußnote[24] Aufgrund von Interventionen der USA hat die Regierung in Taipei diese Entscheidung zu Gunsten des US-amerikanischen Herstellers Boeing rückgängig gemacht. Schließlich wurde das Geschäft zwischen Airbus und Boeing geteilt.Zur Auflösung der Fußnote[25]
Anders als die USA, deren Taiwanpolitik eigentlich auf China zielt (Mittel zum Zweck), hat die EU - nicht zuletzt wegen der geopolitischen Lage - sich viel stärker auf ihre Handelsinteressen an Taiwan beschränken müssen (Selbstzweck). Voraussetzung dafür sind Frieden und Stabilität in der Taiwan-Straße. Mit dem Ziel, Konflikte möglichst zu vermeiden oder nicht eskalieren zu lassen, hat die EU immer wieder die Rolle eines Schiedsrichters zwischen Taiwan und China eingenommen. Außerdem hat sie stets die Interessen der USA in der Taiwan-Straße berücksichtigt.
Während der Europäische Rat nach wie vor am Ein-China-Prinzip festhielt, hat das Europäische Parlament die Aufwertung Taiwans in der internationalen Politik stärker unterstützt. Aufgrund des wachsenden Interesses an China versucht die EU, eine aktive Rolle in der Taiwan-Straße zu spielen. Jedoch fehlt es ihr dazu bislang an wirksamen Instrumenten. Aber ihre Unterstützung für Taiwan als Beobachter in der WHA wäre immerhin ein Fortschritt.
Angesichts des scheinbar unaufhaltsamen Aufstiegs Chinas wird der Handlungsspielraum für Taiwan in der Welt immer kleiner. Auch die EU kann Taiwan aufgrund ihrer begrenzten Möglichkeiten nur beschränkte Unterstützung zuteil werden lassen. Daher wäre es sinnvoll, wenn Taiwan hinsichtlich der Taiwan-Straße das Eis bräche und auf einen modus vivendi mit China hinarbeiten würde. Auf diese Weise wäre nicht nur den Interessen der Chinesen auf beiden Seiten der Taiwan-Straße, sondern auch jenen der EU-Staaten am besten gedient.
WIKI:
Die Dritte Taiwanstraßenkrise oder Taiwankrise war eine politische und militärische Krise zwischen der Volksrepublik China und der Republik China sowie den Vereinigten Staaten, die sich in der Taiwanstraße und um die Insel Taiwan abspielte.[1]
Der damalige Präsident der Republik China Lee Teng-Hui wurde im Jahr 1995 eingeladen die Cornell-Universität, an der er 1968 den Doktorgrad erworben hatte, zu besuchen, um dort eine Rede zu halten.[2] Dies stieß auf den Widerstand der politischen Führung der Volksrepublik China. In beiden Häusern des Kongresses der Vereinigten Staaten wurde mit großer Mehrheit eine vom demokratischen Abgeordneten Tom Lantos initiierte Resolution verabschiedet, in der US-Präsident Bill Clinton aufgefordert wurde, Lee den als privat deklarierten Besuch seiner Alma Mater zu ermöglichen, ebenso wie einen Zwischenstopp in Anchorage (Alaska), um dort an einer bilateralen Wirtschaftskonferenz teilzunehmen.[3] Nach anfängliche Zögern gab Präsident Clinton seine Zustimmung zu einem Visum für Lee für den USA-Besuch. Lee reiste in die USA und hielt am 9. Juni 1995 die Rede unter dem Titel Always in my Heart („Immer in meinem Herzen“) an der Cornell University. In der Rede reflektierte er seine Zeit an der Cornell University 1965 bis 1968 in der Zeit der Studentenunruhen während des Vietnamkrieges und der Bürgerrechtsbewegung. Diese Erlebnisse hätten ihn tief beeindruckt, und er sei mit der Entschlossenheit nach Taiwan zurückgekehrt, dort seinen Beitrag zur Demokratisierung der Gesellschaft zu leisten. Lees Rede wurde weltweit von Reportern kommentiert und über Rundfunk in viele Länder Asiens übertragen.[2]
Die Volksrepublik China kündigte daraufhin Manöver in der Taiwanstraße an.[1] Das erste Manöver der Chinesischen Volksarmee mit scharfen Raketentests wurde am 18. Juli 1995 durchgeführt und dauerte fünf Tage. Es fand nördlich von Taiwan statt. Ein weiteres Manöver dauerte vom 15. bis zum 21. August 1995.[1]
Anfang März 1996 zog die Volksrepublik 150.000 Soldaten und 300 Flugzeuge für Manöver zusammen und führte vom 8. bis zum 15. März 1996 Raktentests durch. Es wurden M9-Raketen in die Fahrrinne von taiwanesischen Häfen geschossen um zu demonstrieren, dass Taiwan jederzeit vom See- oder Luftweg abgeschnitten werden könnte.[1] Um die Krise zu beenden entschied die US-Regierung am 10. März 1996, den Flugzeugträger USS Independence (CV-62) und ihre Carrier Strike Group 5 in die Gewässer um Taiwan zu entsenden. Daraufhin kündigte die chinesische Regierung ein zehntägiges Manöver aller drei Teilstreitkräfte ab dem 12. März 1996 an. Die US-Regierung reagierte am 11. März 1996 mit der Entsendung eines zweiten Flugzeugträgers, der USS Nimitz, zusammen mit der Carrier Group Seven.[1] Die Raketentests fanden unmittelbar vor der Präsidentschaftswahl in Taiwan am 23. März 1996 statt. Bei der Präsidentschaftswahl kandidierten mehrere chinafreundliche Kandidaten gegen Amtsinhaber Lee und das Kalkül der Regierung in Peking war offensichtlich, die taiwanischen Wähler mit militärischen Drohgebärden dazu zu bringen, einen chinafreundlichen Kandidaten zu wählen. Dieses Kalkül ging jedoch nicht auf, und Lee gewann die Wahl mit großer Mehrheit. Bei der am gleichen Tag stattfindenden Wahl der Nationalversammlung, gewann Lees Partei, die Kuomintang, die Mehrheit der Mandate.
Die große wirtschaftliche Abhängigkeit von China ist spätestens nach den militärischen Drohgebärden Pekings gegenüber Taiwan als gravierendes Problem erkannt und soll möglichst bald reduziert werden. Das Gegenteil fand jedoch im ersten Halbjahr 2022 statt. Die deutschen Direktinvestitionsflüsse nach China waren noch nie so hoch. Auch die Importe aus China und das deutsche Defizit im Handel mit China erreichten ein Allzeithoch. Dagegen schwächte sich das deutsche Ausfuhrwachstum nach China stark ab und Chinas Exportanteil sank erneut. Der chinesische Markt soll offenbar immer mehr durch Produktion vor Ort statt durch Exporte bedient werden.
Die deutsche Wirtschaft ist sehr viel abhängiger von China als umgekehrt und bereits bis 2021 nahm die Abhängigkeit fast stetig zu (Matthes, 2022). Angesichts von Chinas Verhalten beim Russland-Ukraine-Krieg und der massiven Drohungen Pekings gegenüber Taiwan wird das zu einem politischen Problem. Denn sollte es nach einem möglichen Einmarsch Chinas in Taiwan zu umfangreichen Sanktionen des Westens gegenüber China kommen, drohen aufgrund der hohen Importabhängigkeit nicht nur massive Engpässe bei vielen Zulieferungen aus China. Bei in China besonders exponierten deutschen Unternehmen könnte das dann absehbar kollabierende China-Geschäfts durch Einbußen auf der Absatzseite möglicherweise sogar in die Pleite führen. Die Politik befürchtet, dass sie bei kriselnden Großunternehmen dann als Retter gerufen wird, um gefährdete Arbeitsplätze zu erhalten. Angesichts der massiv gestiegenen politischen Risiken ist es jedoch die höchst dringliche Aufgabe der exponierten deutschen Firmen, das China-Geschäft so aufzustellen, dass auch dessen Kollaps nicht das gesamte Unternehmen in Existenznot bringt. Die kritische Prüfung der Risikoexposures gegen [1] über China und die Vorbereitung selbst auf Extremszenarien fordert auch der BDI-Präsident.
Doch trotz dieser Gefahren und Probleme haben sich die wirtschaftlichen Verflechtungen mit China im ersten Halbjahr 2022 mit einem enormen Tempo in die falsche Richtung entwickelt.
Nach Daten der Zahlungsbilanzstatistik der Deutschen Bundesbank hat die deutsche Wirtschaft allein im ersten Halbjahr 2022 rund 10 Milliarden Euro investiert (Tabelle). Das ist mit Abstand ein Rekord bei den Direktinvestitionsströmen nach China. Seit der Jahrtausendwende lag der bisherige Höchstwert in einem ersten Halbjahr bei lediglich 6,2 Milliarden Euro. Der Halbjahreswert in diesem Jahr übertrifft sogar alle gesamten Jahreswerte seit dem Jahr 2000.
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Ungeachtet der immens gestiegenen geopolitischen Risiken setzen die deutschen Firmen ihre Expansionspläne bei ihrem investiven Engagement in China offen[1]sichtlich dynamisch weiter um. Die Antwort vieler Firmen auf die geopolitischen Risiken, den US-China-Handelskrieg und Abkoppelungstendenzen scheint eher mehr China zu sein und nicht weniger. Eine zunehmende Lokalisierung von immer mehr Geschäftsaktivitäten in China ist offenbar die Devise. Der chinesische Absatzmarkt und die dort kurzfristig winkenden Gewinne erscheinen schlichtweg zu attraktiv zu sein.
Auch beim Warenhandel geht die Entwicklung in eine problematische Richtung. So nahmen die deutschen Warenimporte aus China im ersten Halbjahr 2022 wert[1]mäßig extrem stark zu. Sie stiegen um nahezu die Hälfte (45,7 Prozent) gegenüber dem ersten Halbjahr 2021.
Zwar wuchsen die deutschen Einfuhren aus allen Ländern im Jahresvergleich mit wertmäßig 26,5 Prozent auch relativ stark, wohl vor allem bedingt durch starke Importpreissteigerungen und mögliche Basiseffekte aufgrund der Corona-Krise. Doch der weit überproportionale Anstieg der gesamten Importe aus China lässt den chinesischen Anteil an den Importen aus aller Welt auf 12,4 Prozent
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Poettschke
Bildmaterialien: Bookrix
Cover: Bookrix
Lektorat: Doemges
Korrektorat: Poettschke
Übersetzung: Doemges
Satz: Bookrix
Tag der Veröffentlichung: 13.11.2023
ISBN: 978-3-7554-6092-3
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
DER AUTOR:
Christopher Dömges.
Persönliche Daten:
Geboren: 1980 in Dortmund, Deutschland.
Künstlername: Tork Pöttschke.
E-Mail: tork.poettschke@gmx.net.
Website: Doemgespress.webnode.com.
Beruflicher Werdegang:
Seit 2023: Freier Journalist und Autor.
2020-2023: Mitarbeiter bei der Deutschen Welle.
2018-2020: Reporter bei der Katholischen Nachrichtenagentur.
2016-2018: Fotograf bei der WAZ.
2014-2016: Korrespondent bei Arbeiterfotografie.
2012-2014: Praktikant bei CNN.
Publikationen:
2023: Poettschkes Post - Eine Sammlung von Kurzgeschichten, Artikeln Gedichten. und Essays über das Leben in der Nordstadt und international.
2010: Staatenlos - Ein Roman über einen jungen Mann, der seine Identität verliert und auf der Suche ist.
2021: NUR SO - Gedichte aus der Haft ...