Cover


Paranoia!

Richtig geschlafen hatte er schon seit Wochen nicht mehr. Wodurch war er nun schon wieder aufgewacht? Fuhr da ein Auto vor seinem Haus auf und ab oder war es doch nur der Wind der sich in den Bäumen verfing? Nein, er war sich sicher das es ein Auto war. Sind sie wieder da? Sie waren schon lange hinter ihm her! Sie dachten er würde sie nicht bemerken, aber er wußte genau wer zu ihnen gehörte! Der Zeitungsjunge, die neue Verkäuferin in der Bäckerei, der Eisverkäufer im Park, sie alle gehörten dazu, sie ließen ihn nicht aus den Augen. Langsam kroch er aus seinem Bett, robbte über den Boden bis er ans Fenster gelangte. Vorsichtig schaute er hinaus auf die dunkle Straße. Verdammt, die Laterne, die zwei Häuser weiter stand, war umgeben von dem dichten Laub der großen Eiche. Wieso nahm dieser Baum ausgerechnet ihm das Licht. Jetzt war alles dunkel. Keine Scheinwerfer, aber kurz bevor er durch die Scheibe blickte, leuchteten doch Scheinwerfer auf. Da war er sich sicher! Hatten sie gemerkt das er sie entdeckt hatte. Er stand am Fenster und betrachtete die Straße. O.K., das hier vorne ist sein Auto, waren das die Autos der Nachbarn oder war da ein fremdes da zwischen? Er konnte es unmöglich erkennen. Was war das für ein Knarren? Es kam von unten, aus dem Wohnzimmer, vielleicht auch aus der Küche, jedenfalls kam es nicht von draußen, es war im Haus. Hatte er gestern Abend vergessen die Tür abzuschließen? Er war völlig übermüdet, wie sollte man sich da noch konzentrieren können? Er mußte sich zusammen reißen. Wenn er die Türe nicht abgeschlossen hatte, dann hatte er einen Fehler gemacht, einen zweiten durfte er sich jetzt nicht mehr erlauben, sonst würden sie ihn haben. Er blieb reglos stehen, suchte die Straße nach einer Bewegung ab, nach einem Hinweis das sie da waren und horchte gleichzeitig in die Stille der Räume unten. Jetzt war nichts mehr zu hören! Vielleicht hatten sie es nicht gemerkt. Vielleicht hatte er ja doch zugesperrt. Vielleicht warteten sie aber auch nur darauf, das er sich wieder sicherer fühlte. Warteten auf seinen nächsten Fehler, auf ihre Chance ihn zu überlisten. Doch noch war er nicht so weit, noch hatten sie ihn nicht am Boden. Sie wollten ihn wie ein wildes Tier in die Ecke treiben, bis es keinen Ausweg mehr gab, doch noch wollte er nicht aufgeben. Er ging zum Kleiderschrank, nahm leise sämtliche Bügel runter, legte sie vorsichtig auf den Fußboden. Dann nahm er die Querstange aus ihrer Halterung. Es wurde Zeit das er sich eine Waffe besorgte, gleich morgen würde er sich nach einem Revolver umschauen. Aber fürs erste sollte sich jetzt besser niemand wagen sich ihm in den Weg zu stellen. Wer auch immer es wagen würde, er müßte sich gnadenlos mit der Holzstange anfreunden. Er schlich zurück zum Fenster. Waren da gerade Schatten auf der Straße? Er war sicher das da grade einige Gestalten in der hereinbrechenden Morgendämmerung über die Straße gehuscht waren. Wenn er wirklich vergessen hatte abzuschließen, dann wurde es jetzt höchste Zeit das er das nachholte. Zwei, drei schnelle Schritte und er war an der Schlafzimmertür. Langsam öffnete er sie ein wenig und schaute durch den Spalt. Im Flur schien alles ruhig zu sein. Wo waren sie? Wo hielten sie sich versteckt? Er ging die Treppe hinunter. Vorsicht die vierte Stufe von oben knarrte, die mußte er auslassen, sonst hätte er sich sofort ergeben können. Vorsichtig stieg er weiter herab. Endlich hatte er das Ende der Treppe erreicht. Er blieb stehen und horchte ...nichts! Absolute Ruhe. Es waren Profis, aber das wußte er schon lange. Von seiner Position aus konnte er einen Teil des Wohnzimmers einsehen. Dort war nichts auffälliges, oder sollte gerade das ihn stutzig machen. Er stand jetzt neben dem Türrahmen der offenen Küchentür. Blitzschnell riskierte er einen Blick. In der Küche war niemand. Er drückte die Tür langsam ganz auf, bis zum Anschlag. Hinter der Tür versteckte sich also auch niemand. Mit dem Rücken an der Wand schlich er weiter, erreichte die Haustür, konnte gleichzeitig die zweite Hälfte des dunklen Wohnzimmers sehen. Dort schien niemand zu sein. Er legte seine feuchte Hand auf die Klinke der Haustür und drückte sie runter. Die Tür war verschlossen. Er hörte ein Pfeifen. Hörte sich an wie ein Vogel, aber es war bestimmt ein Zeichen von ihnen. Sie machten sich bereit! Er durfte nun keinen Fehler machen. Auf Zehenspitzen betrat er die Küche, packte die Schnur der Jalousie und zog sie ein Stück hoch. Das grelle Licht stach in seine Augen, unwillkürlich drehte er sich weg, versuchte sich mit den Armen vor ihrem Angriff zu schützen. Dann blinzelte er in das Licht, versuchte seine Augen an die Helligkeit zu gewöhnen. Die Sonne schien ihm ins Gesicht und seine Ängste schwanden. Die Nacht war vorbei, genau wie seine Angst! Bis es heute Abend wieder dunkel wird!

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 18.10.2009

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /