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Willkommen zu Hause
(von Thomas Boffin)

Sieben Jahre, sieben lange Jahre, war es her das er dieser Stadt den Rücken kehrte, seine Probleme hinter sich ließ und irgendwo anders versuchte sich ein neues, ein eigenes Leben aufzubauen. Ein Leben weit ab von seiner Familie und dem Ärger die diese mit sich brachte. Er spürte wie Unbehagen sich in ihm breit machte. Da war wieder diese Übelkeit, als er mit 130 Stundenkilometern seiner Vergangenheit entgegen fuhr.
Vor drei Tagen rief der Anwalt seiner Mutter an und teilte ihm mit ruhiger, bedächtiger Stimme mit: „Herr Stetton, Paul, ich habe eine traurige Nachricht für sie. Ihre Mutter...“ Seine Stimme stockte kurz, Paul hörte wie er noch einmal tief Luft holte, bevor er den Satz beendete. „Ihre Mutter ist gestern Abend verstorben! Sie hatte keine Schmerzen, sie ist ganz friedlich eingeschlafen!“ Paul spürte wie ihm Tränen in die Augen schossen. Nun war es also so weit, seine Mutter folgte ihrem Mann. „Paul, ich muß sie bitten, wenn es irgendwie geht, zu kommen, um alles zu regeln. Wir können ihren Bruder leider nirgendwo erreichen!“
„Ja, sicher. Ich werde in den nächsten Tagen vorbei kommen!“ Er sagte diese Worte wie in Trance. Allein die Vorstellung in diese Stadt zurück zu kehren ließ ihn erschauern. Direkt lief der alte Film vor seinem inneren Auge wieder ab. Er sah seinen Bruder, der in ihrem gemeinsamen Zimmer seine Skorpion Zucht betrieb. In seinen Ohren erklang wieder sein Schrei, als er die ganzen Zuchttiere im hohen Bogen aus dem Fenster warf. Er hörte die Drohung seines kleinen Bruders: „Du Schwein, das wirst du eines Tages bereuen!“
„Ach, halt den Mund, John! Deine scheiß Viecher gehen mir schon lange auf die Nerven.“
Dann stieß er ihn zur Seite und verließ zufrieden das Zimmer.
Er sah wie seine gesamte Familie sich von ihm abwandte, als dieser Verdacht aufkam, er hätte Autos geknackt. Wie seine Eltern sich für ihn schämten, wie sein Name immer wieder genannt wurde, als eine Klassenkameradin verschwand. Dieser erdrückende Verdacht er hätte etwas damit zu tun und das Mißtrauen seiner Eltern, wenn er ihnen immer wieder seine Unschuld beteuerte. Da war kein Vertrauen in ihn. Er fühlte sich nie wirklich als Aufsässiger, er wollte eigentlich nie die Rolle des Querkopfes haben. Und als das Mädchen dann in irgendeiner versifften Großstadt als Drogentote Nummer so und so viel gefunden wurde, hatte es niemand für nötig gehalten sich bei ihm für die ganzen Erniedrigungen zu entschuldigen. Alle hatten mit dem Finger auf ihn gezeigt, ihn zum Sündenbock erwählt, um dann alles tot zu schweigen, als heraus kam das er mit der ganzen Sache nichts zu tun hatte. Er merkte wie hinter seinem Rücken noch immer getuschelt wurde. Er hörte ihre Stimmen immer wieder in seinem Kopf und sie verstummten erst, nachdem er die Stadt schon Monate verlassen hatte. Er hörte das Lachen seines Bruders, als er ihm sagte, dass er für immer gehen würde. „Du kommst eh wieder zurück!“ lächelte er ihn gequält an.
Er hatte Recht. Er kam wieder. Sieben Jahre hatte er es vermieden, aber nun raste er auf die Stadt zu. Was hatte sich geändert? Seine Eltern lebten beide nicht mehr. Als sein Vater verstorben war, hatte er John eine ganz billige Ausrede aufgetischt, damit er nicht zur Beerdigung gehen mußte. Seine Familie hatte darauf hin auch den letzten Kontakt abgebrochen. Das war nun auch schon wieder drei Jahre her. Drei Jahre in denen er sich veränderte. Den Paul Stetton, der damals aus dieser Stadt verschwand, gab es nicht mehr. Als der Anruf ihn erreichte, war es wie eine Stimme aus einer anderen Welt, eine längst vergessen geglaubte Erinnerung an ein anderes Leben.
Er sah das Schild: Ausfahrt Gottestal! Hier mußte er abfahren. Er mußte seine linke Hand zwingen den Blinker zu betätigen. Wie einfach wäre es aufs Gaspedal zu treten und weiter zu fahren. Weg von dieser Stadt! Langsam lenkte er den Wagen über die schmale Ausfahrt, dann sah er das alte Schild: Herzlich Willkommen! Direkt machte sich das Unbehagen wieder breit! Hier schien sich nichts verändert zu haben.
Er parkte sofort vor dem Anwaltsbüro. Als er den Bürgersteig überquerte hatte er wieder das Gefühl er könnte die Blicke hinter den Gardinen spüren. Sie hatten ihn nicht vergessen. Sie haßten ihn noch immer.
„Herr Stetton! Schön das sie es so schnell einrichten konnten!“ kam der alte Mann künstlich lächelnd auf ihn zu.
„Bitte machen sie es kurz, ich habe eine lange Fahrt hinter mir und möchte so schnell wie möglich eine Dusche nehmen!"
Der Anwalt legte ihm verschiedene Blätter vor, gab kurze Erklärungen dazu ab und er unterzeichnete sie. „Wenn sie ihre Mutter noch einmal sehen wollen, sie ist beim Beerdigungsinstitut Aris aufgebahrt.“
Dann verabschiedeten sie sich und Paul stand wieder auf der Straße. Er blickte sich um und sah dieselben alten Häuser wie vor sieben Jahren. Sie schienen ihm zu zuflüstern: „Schaut mal wer wieder da ist! Was willst du hier? Verschwinde!“ Wieder stieg diese Übelkeit in ihm auf. Auf diese Stadt reagierte er allergisch.
Er überlegte kurz, ob er noch beim Beerdigungsinstitut vorbei fahren sollte, entschied dann aber dass er das auch noch morgen erledigen könnte. Schließlich konnte ihm da niemand weglaufen, es würde nichts ändern wenn er erst morgen dort auftauchen würde und er sehnte sich nach einer Dusche und einem Bett.
Er stieg aus seinem Wagen, wie war er eigentlich hier her gekommen, er konnte sich nicht erinnern, zu tief waren seine Gedanken in die Vergangenheit abgetaucht. Jetzt stand er vor seinem Elternhaus, auch hier hatte sich nichts geändert, nur die weißen Wände waren mittlerweile schmutzig grau. Obwohl sein Bruder noch hier wohnen mußte, sah man dem Gebäude deutlich an das sein Vater schon einige Jahre nicht mehr da war. Quietschend öffnete er die verrostete Gartenpforte, das Geräusch ließ ihm einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Er spürte wie sich seine Nackenhaare aufrichteten. Paul merkte wie sich eine Gänsehaut unangenehm auf seinem Körper breit machte. Er versuchte sein Unbehagen abzuschütteln und betrat das Grundstück, stieg die vier Stufen zur Veranda hoch und betätigte die Klingel. Er hörte das helle Summen der Schelle im inneren des Hauses, aber nichts rührte sich. Wo steckte sein Bruder? Er ging zu dem Blumenkübel neben der Türe. Es hatte sich wirklich nichts geändert in all den Jahren! Auf der Rückseite des Kübels befand sich noch immer das Geheimfach mit dem Ersatzschlüssel. Er nahm den Schlüssel an sich und steckte ihn ins Schloß. Mit einem leisen Klicken öffnete sich der Riegel. Langsam öffnete Paul die knarrende Tür und betrat das Haus. "Hallo...John....Ich bin es...Paul....John...wo steckst du denn?“ Nichts! Er versuchte das Licht anzuknipsen, die Glühbirne leuchtete kurz auf, um dann mit einem, in dieser Stille, unheimlich laut wirkenden Knall, wieder zu erlöschen. „Verdammt!“ murmelte Paul und tastete sich durch die düsteren Zimmer. Die schwachen Schatten warfen unheimliche Bilder an die vertrauten und doch fremden Wände seines Elternhauses! Er durchquerte das Zimmer, ertastete die Kurbel der Rolladen und drehte sie langsam. Ächzend hoben sich die schweren Holzlamellen und ließen den grauen, verregneten Tag herein. Das Licht füllte den Raum und ließ alles direkt ein wenig freundlicher erscheinen. Es war fast wie früher. Paul hatte das Gefühl, als könnte er die Stimmen seiner Familie wieder hören. Er hörte seinen Vater, der seine Mutter anschrie, die wiederum mit schrillem Ton aus der Küche zurück keifte. Zwischendurch ertönte die Stimme seines Bruders. In diesem Haus war immer etwas los, nie war es hier ruhig gewesen. Nicht so wie jetzt, diese Stille war so ungewöhnlich und deshalb wirkte dieses Haus, trotz der jetzt hellen Räume, bedrohlich auf ihn.
Nachdem er sämtliche Zimmer kontrolliert hatte, ohne etwas zu finden (er wußte nicht einmal, wonach er überhaupt suchte), entschloß er sich, erst einmal zu duschen. Danach würde er sich bestimmt besser fühlen.
Paul stand mit geschlossenen Augen am Waschbecken, die kühle Luft auf seiner frisch gewaschenen Haut tat gut. Er strich sich mit beiden Händen seine Haare aus dem Gesicht, einen Friseur könnte er auch noch einmal aufsuchen, er sah ja schon fast aus wie ein Gott verdammter Hippie. Wie um seine Gedanken bestätigen zu wollen, blickte er in den alten, stumpfen Spiegel und zuckte erschrocken zurück. Was war das? Aus dem Spiegel blickte nicht sein Ebenbild, sondern, wie er zuerst dachte, das alte Gesicht seines Vaters. Er war einige Schritte zurück getreten, doch nachdem er den ersten Schreck überwunden hatte, näherte er sich neugierig wieder dem Spiegel. „Dad?“ Dann wurde ihm klar, dass es gar nicht das Gesicht seines Vaters war, sondern sein eigenes! Nur sah sein Spiegelbild ca. 50 Jahre älter aus, als das Gesicht das in den Spiegel hinein blickte. Er ging ganz nah heran, schaute den Greis ungläubig an. Seine Nasenspitze berührte fast das matte Glas, er wollte jede Kleinigkeit in diesem Gesicht sehen, nichts sollte ihm entgehen, keine Falte, kein graues Haar. Er sog sein “altes Ich“ förmlich in sich auf. Dann kniff er die Augen noch einmal fest zu, als er sie wieder öffnete, sah er in das Gesicht eines jungen Mannes, sein Spiegelbild. Hatte er jetzt schon Wahnvorstellungen? „Was bin ich froh, wenn ich hier alles erledigt habe und wieder aus dieser Stadt verschwinden kann!“ murmelte er vor sich hin.
Er hatte lange überlegt in welchem Bett er die Nacht verbringen sollte. Entschied sich dann aber für das im hinteren Zimmer. Hier hatte er früher zusammen mit seinem Bruder gehaust. Nun bewohnte John das Zimmer alleine und Paul wunderte sich, dass es hier so aufgeräumt aussah. Früher ließ sein Bruder immer alles fallen, wo er gerade stand. Ihr gemeinsames Zimmer sah dadurch immer aus, als wäre ein Hurrikan durch gefegt. Bevor er sich hinlegte, blickte er sich noch einmal in dem Raum um, nichts wies darauf hin, das er hier irgendwann mal wohnte, nichts erinnerte an ihn. War das wirklich so ungewöhnlich, nach sieben Jahren, hatte er erwartet das seine zurückgelassenen Sachen hier auf ihn gewartet hätten. Es kam Paul vor, als hätte seine Familie jede Erinnerung an ihn in diesem Haus vernichtet. Als hätte er hier nie existiert, was vielleicht eine Erklärung dafür wäre, warum er sich hier so fremd fühlte. Ein Fremdkörper der von seiner Umgebung nicht akzeptiert wird!
Trotz seiner Erschöpfung lag er noch lange wach und ließ seine Gedanken in die Vergangenheit wandern. Er hatte nie bereut von hier weggegangen zu sein und er würde es auch nicht bedauern wenn er diese Stadt in wenigen Tagen wieder verlassen würde. Irgendwann überkam ihn dann doch die Müdigkeit und er schlief ein.
Als er wieder erwachte, war es stockdunkel im Zimmer. Aber wieso war er aufgewacht. Moment, bewegte sich da nicht etwas. Er blickte quer durch den Raum und nahm eine leichte Bewegung in der Dunkelheit wahr. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Nacht und der Schatten an der gegenüberliegenden Wand nahm Konturen an. Er erkannte die Umrisse einer Person. „Hallo, ist da jemand?“ fragte er in die Stille und erschrak dabei über die Lautstärke seiner Stimme. Die Gestalt bewegte sich, der Schatten löste sich von der Wand, und kam auf ihn zu. Paul richtete sich auf und dann erkannte er den Mann, es war sein Bruder. Nur wenige Meter vor ihm verharrte die Gestalt. Sie blickte ihn an, hob langsam den rechten Arm und zeigte still auf ihn. Dann löste sie sich vor seinen Augen langsam auf, was blieb war das dunkle Zimmer und Paul, der jetzt wieder hellwach war. Er blieb noch einige Minuten ruhig in dem Bett liegen und horchte in die Nacht. Es blieb alles still. Dann entschied Paul, dass es keinen Sinn mehr machte wenn er liegen bliebe. Er ging nach vorne in die Küche, machte sich einen Kaffee, setzte sich an den alten klapprigen Küchentisch und wartete auf den Tag.
Langsam kroch das Licht über das Land. Die ersten Sonnenstrahlen fielen durch das Fenster, wärmten schon wohltuend seine Haut. Er hatte sich fest vorgenommen heute alles zu erledigen und dann so schnell wie möglich diese Stadt zu verlassen.


Als er das Beerdigungsinstitut „Aris“ betrat, fröstelte er. Von der angenehmen Wärme der Morgensonne war hier drin nichts zu spüren. Schon als die Glastüre hinter ihm zu fiel, befiel ihn diese Kälte. „Was kann ich für sie tun?“ Eine krächzende Stimme riß Paul aus seinen Gedanken. Hinter einer dunklen, mit billigen künstlichen Blumen dekorierten Empfangstheke, saß eine in Mausgrau gekleidete alte Frau. Sie blickte ihn durch ihre großen, rot getönten Brillengläser an. „Ja, mein Name ist Stetton, Paul Stetton, meine Mutter ist hier aufgebahrt!“
Nervös blickte die kleine, alte Frau auf ihren Schreibtisch und flüsterte mit zittriger, unsicherer Stimme: “Einen Moment bitte, Herr Stetton! Ich werde Herr Aris informieren das sie hier sind!“ Was hatte diese Frau so aus der Fassung gebracht? Paul sah wie sie eilig den Telefonhörer abnahm und einige Tasten drückte, dann sprach sie leise in die Muschel: „Herr Aris, der Sohn von Frau Stetton ist hier und möchte seine Mutter noch einmal sehen!....Ja....O.K.!“ Er blickte sie erwartungsvoll an, nachdem sie den Hörer wieder aufgelegt hatte. Die Frau blickte ihn über den Rand ihrer Brille an, sagte dann in sachlichem Ton: „Einen Moment bitte noch, Herr Stetton. Herr Aris kommt sofort.“ Paul wurde das Gefühl nicht los, das hier irgendetwas nicht stimmte, aber er fragte nicht nach, ließ die Frau lieber in Ruhe und blickte sich in dem Raum um. Seine Fragen könnte ihm der Chef des Instituts sicher besser beantworten. Einige quälend lange Minuten später, öffnete sich eine der hinteren Türen. Ein freundlicher älterer Mann im schwarzen Anzug kam auf ihn zu. „Herr Stetton, tut mir leid, dass sie warten mußten. Mein Name ist Frederic Aris. Sie wollen also noch mal ihre verstorbene Mutter sehen? Bitte folgen sie mir!“ Sie gingen einen schmalen Fensterlosen Gang entlang und betraten dann einen größeren Saal. Paul sah die sechs Särge schräg als Formation aufgestellt. Wieder bekam er Gänsehaut. „Herr Stetton, darf ich?“ fragte Herr Aris und deutete auf einen der Särge. „Bitte!“ antwortete Paul leise. Der Bestatter öffnete die Verschlüsse und hob langsam den Deckel an. Paul traute seinen Augen nicht. Er hatte seine Mutter sieben lange Jahre nicht gesehen und hatte sich nicht vorstellen können, dass sie sich in den Jahren verändert hatte. Und nun lag diese alte Frau vor ihm. Sie schien doppelt so alt zu sein, als seine Mutter jetzt sein müßte. Eingefallene Wangen zeichneten das knochige, faltige Gesicht, umgeben von schneeweißen Haaren.
„Ja, nach dem Tod ihres Vaters ist ihre Mutter schnell gealtert. Sie verließ den Ort überhaupt nicht mehr, bis zu diesem einen Tag, als wollte sie dem Tod entfliehen. Sie überquerte die Stadtgrenze und als sie wenige Stunden später zurückkam, muß sie nur noch ein Schatten ihrer selbst gewesen sein. Ich hatte sie wenige Tage vor ihrem Tod noch gesehen, sie war alt, aber sie wirkte nicht zerbrechlich. Als ich dann gerufen wurde, Herr Stetton, das können sie mir glauben, manchmal hasse ich meinen Beruf, als ich sie dann sah war ich wirklich geschockt. Ich habe schon viel gesehen, aber so etwas noch nicht. Ich kann mir bis heute noch nicht erklären was mit dieser Frau geschehen ist. Sie ist in wenigen Tagen scheinbar um Jahrzehnte gealtert. Es sieht fast so aus, als hätte etwas, ihrer Mutter die Lebensenergie förmlich ausgesaugt!“ Paul spürte wieder diese Übelkeit. Er verabschiedete sich rasch und eilte hinaus auf die Straße. Das Bild das sich ihm gerade geboten hatte, würde er den Rest seines Lebens vor den Augen haben. Er mußte weg, raus aus dieser Stadt und wenn es nur für ein paar Stunden war. Er stieg in seinen Wagen und fuhr zu seinem Elternhaus zurück. Er hatte fest vor seine Sachen zu packen und sich irgendwo außerhalb ein Zimmer zu suchen. Was war hier passiert? Was hatte seine Mutter zerstört?
Er hatte keine Ahnung warum er immer noch hier war! Fühlte er sich in diesem Haus auf einmal geborgen? Jedenfalls war das Verlangen sich außerhalb der Stadt ein Bett zu suchen verschwunden, nachdem er die Türe hinter sich geschlossen hatte. Er würde diese Stadt aussperren, die Türe schließen und diesen Ort, diese Häuser und die Menschen vergessen. Nur das Bild seiner Mutter blieb. Er hatte es noch vor Augen als er wieder im Bett lag und einschlief. Doch in seinem Traum veränderte sich das Gesicht seiner Mutter, es verschwamm und an ihre Stelle trat das Gesicht seines Bruders. Dieses Mal blieb die Gestalt nicht stumm, John berührte Paul an der Stirn und direkt durchfuhr eisige Kälte dessen Körper, dann sprach sein Bruder zu ihm: „Herzlich Willkommen zu Hause, Bruder! Ich wusste, dass du nun zurück kehren würdest. Als unsere Mutter mir ihre Dienste verweigerte, mußte ich mir jemand anderes besorgen und mich von ihr loseisen! Wie du heute sehen konntest ist mir das sehr gut gelungen. Nun bist du wieder hier...für immer!“ Plötzlich sprang der Stachel eines Skorpions aus Johns Fingerkuppen und bohrte sich tief in Pauls Herz. Paul erwachte aus seinem Traum.

Der alte Mann hatte die Angewohnheit noch vorm Frühstück in den Keller zu gehen, die schwere Eisentür aufzuschieben und dem Wesen dort, das halb Mensch und halb Skorpion zu sein schien, seine Nahrung zu bringen. Jeden Morgen erinnerte der Blick in den Spiegel ihn daran was passierte wenn er versuchte diese Stadt zu verlassen. Er würde mit jedem zurück gelegten Kilometer um ein weiteres Jahr altern, wenige Stunden später als uralter Greis sterben. Er hatte das schwarze Blut in sich. Er war verflucht in einer Stadt zu leben die ihn haßte und die er haßte.
Er war ein Gefangener dieser Stadt, dieses Hauses, seiner eigenen Vergangenheit!

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Tag der Veröffentlichung: 18.10.2009

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