Die Halbelfen
Der Weg zurück
Warten
„Weißt du eigentlich noch wie wir uns kennen gelernt haben? … Ich meine so richtig, nicht nur unser erstes Treffen…“ – „Was soll das jetzt?“ fragte er zurück, während er weiterhin konzentriert in die Ferne blickte.
Sie saßen gerade unter einem der alten Bäume, die sich auf dem Hügel vor der Siedlung erstrecken. Weit und breit war niemand anderes zu sehen, auch hören konnte man niemanden. Nur ganz entfernt auf der weiten Ebene, die mittlerweile mehr ausgetrocknete Steppe als fruchtbares Grasland war, waren einige kleine Lichter zu erkennen, die sich auf den Hügel zu bewegten. Es waren nur wenige, doch die beiden wussten ganz genau wer sich ihnen dort näherte.
Von Fern hörte man den gewaltigen Flusslauf, der sich etwa fünf Meilen südlich von hier beinahe gerade von Osten nach Westen erstreckt, von den östlichen Ausläufern der Berge bis hin zum fernen Ozean. Einst kamen immer wieder Reisende durch das Land, welche von den Klippen und den Stränden und dem unendlichen Weiten des Ozeans erzählten, die meisten haben ihre Geschichten bestimmt nur erfunden, doch manche Wenige sahen durchaus so aus, als seien sie tatsächlich von dort gekommen.
Durch die andauernde Hitze und den fehlenden Regen ist der Andor zwar nicht mehr so reißend wie nach den Regenperioden im Frühjahr, doch ist er immer noch tief genug, um einen Troll darin zu ertränken, sofern man dazu natürlich die nötige Kraft hat.
Mari und Sori saßen nun schon seit der Abenddämmerung unter dem Baum, der stark nach Lavendel roch, ein Duft der bestimmt nicht unangenehm war, doch Sori störte es etwas, denn er hielt nicht sonderlich viel von Düften, sie verrieten einen nur; doch hier war es gut, dass der Baum ihren eigenen Körpergeruch überdeckte. Bäume dieser Art tragen das ganze Jahr über eine große Anzahl an Früchten, etwa Apfelgroß, meist rot oder orange mit einer leicht stacheligen Haut, die schön und köstlich aussehen mögen, doch nur in äußerstem Notfall gegessen werden sollten und auch nur dann, wenn man einen erfahrenen Heiler oder sogar Magier an der Seite hatte. Diese Frucht führt nach nur wenigen Stunden zum Tod, sättigt aber ungemein.
„Jah ich kann mich noch erinnern. Das war doch in Seras Schloss, wenn ich mich nicht irre? Schöne Nacht damals, nicht wahr…“ - Gerade eben war die Nacht beinahe so wie damals und die ganzen Erinnerungen an vergangene Tage kamen wieder. Es waren gute Tage damals, eine gute Ernte, genug Reichtum für jeden, selbst wenn es hin und wieder kleinere Streitigkeiten zwischen den einzelnen Schichten gab, jedoch herrschte damals noch weitgehend Frieden zwischen den Königshäusern und Grafschaften. Aber irgendetwas hat sich in das Gebilde eingemischt, von dem damals noch niemand so richtig verstand, was es war. Und niemand achtete auf die Warnungen der Alten. Es geschah wohl, wie es geschehen musste: trotz Vertrauen und Gunst nach Generationen von Regenten, versuchte jeder nur sein eigenes Hab und Gut zu beschützen und niemandem mehr Vertrauen zu schenken, sei es auch der beste Freund gewesen. Nach einigen falschen Worten und Taten setzten sich einige ab, um bei ihrem eigenen Reichtum bleiben zu können. Leider waren einige zu schwach für schöne Worte und so verfielen viele auf die falsche Seite, ohne zu wissen was Ihnen geschehen würde. Während die Bündnisse im Süden und im Westen mittlerweile wieder erneuert sind und trotz einigen Problemen wieder gefestigt scheinen, steht im Osten der Feind. Die Horden sind zwar noch weit Entfernt, doch man stellt sich seinen Problemen lieber, bevor sie auf einen zukommen.
„…doch waren die Sterne damals noch heller…“ – „…oder deine Augen haben nachgelassen!“, sie versuchte zwar ernst zu bleiben, doch sie musste lächeln. Sie liebte es, Sori mit solchen Worten zu necken, obwohl sie wusste, dass seine Augen die besten zwischen Aris und den Gestaden waren. Sori hatte die Augen eines Jägers, er war ständig wachsam, selbst im Schlaf und seine Pfeile verfehlten nie ihr Ziel.
Durch ihr ein wenig verträumtes Gespräch über vergangene Tage haben Mari und Sori kaum bemerkt, dass die Lichter die Hälfte des Weges zu ihnen bereits zurück gelegt hatten. „Die Anderen haben das langsame Reisen wohl noch nie gemocht.“, erwähnte Sori und Mari musste lachen. Sie kannte die Anderen zwar nicht so gut wie Sori, doch wusste sie, was Reisen mit Elfen bedeutete - zur Ruhe kam man mit ihnen selten. Und so ganz verstehen würde man sie wohl auch nie.
„Es war schön, damals, als wir zu zweit durch Seras Garten gewandelt sind, der ruhige Wind der das Laub der Bäume streifte, der weiße Brunnen, niemand der gestört hätte, als wir uns…“ – „Jah Mari, es war schön, ich vermisse die Zeiten auch.“ Sori streifte aus Versehen ihren Arm, als sie sich zu ihm wandte. Sie schaute in seine wolfsähnlichen Augen, es gab kaum jemanden der es mit ihm aufnehmen konnte, was Ausstrahlung anging - natürlich auch sonst nicht. Sie war wirklich froh darüber ihn gefunden zu haben. Sie bemerkte seine Reaktion, legte ihre Hand auf seine Schulter und streichelte ihm über den Hals, „du bist immer noch so leicht zu verführen wie früher?“ Diesmal war er es der lachen musste, er kannte Maris Gabe einen Mann verführen zu können, und musste schmunzeln beim Gedanken darüber, dass sie es bei ihm noch nie ausgenutzt hatte, bei ihnen beiden war immer alles ehrlich und ohne falsche Verführung gewesen – es war von Anfang an eine Leidenschaft zu spüren, doch brauchte es bei beiden ziemlich lange, bis sie das verstanden haben. Doch wie man sieht spielt eine kleine Verzögerung wohl keine große Rolle, wenn es sich um wahre Liebe handelt, auch wenn er es zu selten aussprach, wie viel er für Mari fühlt. Es wird wohl nie vorbei gehen hoffte er jedes Mal, wenn er darüber nachdachte, wobei er nicht nur an die gemeinsamen Nächte mit ihr dachte. „Ja, von dir lässt sich wohl jeder gerne verführen.“ – „he, du weißt, dass ich es nicht so meine“ antwortete sie gespielt beleidigt, doch als sie das schmunzeln um seine Lippen bemerkte kniff sie ihm in die Seite und küsste ihn.
Reisende ohne Rast
Sie waren nun schon fast an ihrem Ziel angelangt, doch wusste selbst Erdan, dass die Reise sie noch viel weiter führen würde, als bisher erwartet. Es ging nicht mehr nur um das Reisen durch die Menschenregionen, um Bündnisse, Unterstützung und Handel, sondern um viel mehr, das sich bisher noch nicht genau erahnen ließ, selbst für einen Elfenmagier nicht. Seit sich diese fremde Macht in das Gebilde eingemischt hat, fühlt man sich sogar als Elf nicht mehr allzu sicher in diesen Gegenden, obwohl die Horden noch sehr weit weg von den Ebenen waren. Doch bestimmt sind die Gebiete südlich des Andor und die Wälder Morgans und den anschließenden Bergen im Norden die einzig wirklich sicheren Orte.
Wie immer gingen sie in ihrem üblichen Reiseschritt; die Menschen glaubten wirklich, dass dies bei Elfen Laufen war, doch hat wahrscheinlich nur selten ein Mensch einen Elfen beim richtigen „Laufen“ gesehen. Er selbst kannte nur zwei von ihnen, die mit ihm Schritt halten konnten, wenn auch nicht sehr lange. Es würde bald zu einem Wiedersehen kommen, er wäre aber froh darüber, wenn es nicht zu den viel zu langen Ansprachen in den Königshäusern kommen würde.
Doch die Menschen liebten es eben lange zu Reden und zu Diskutieren, bevor Taten folgen konnten. Für das Menschenvolk wäre ihre bisherige Reise sicherlich lange erschienen, doch für einen Elfen waren es nur wenige Tage, wenn es auch Wochen gedauert hat, bis sie die Ebene erreicht hatten.
Erdan gehörte zu den Waldelfen, auch wenn er schon seit Langem an den Gestaden Wacht hielt, fernab von den alten Wäldern. Jene ihres Volkes, die bereits viele ins Licht gehen sahen, viele Schlachten und Kriege hinter sich hatten und bereits viele Menschengenerationen kommen und gehen sahen wurde ihnen als letzte Aufgabe aufgetragen, die Gestade zu sichern, selten bekam er dort Menschen zu Gesicht und wenn, dann gab es nur wenige, die den ihren davon berichten konnten. Doch seit etwa einem, vielleicht auch zwei Jahrhunderten gab es Velas, die wohl einzige Menschenstadt direkt am Ozean. Die Menschen haben sich dazu bewogen, den wenigen Elfen die es noch gab zu helfen, so wie die Elfen den Menschen bereits oft in schlechten Zeiten beigestanden haben. Doch keiner der Menschen wusste, weshalb die Strände am Ozean sicher gehalten werden mussten und auch nicht, was sich hinter dem weiten Meer verbarg.
Die Gruppe um Erdan erreichte nun endlich die flachen Hügel vor dem alten Wald, doch noch gab es nur vereinzelt Bäume und kleine Sträucher. Der alte Wald war aber auch nicht zu vergleichen mit den Wäldern Morgans; diese wahrhaft uralten Bäume überragten die höchsten Mauern der Menschenbastionen um Ellen. Doch sah man seinen Begleitern die Erleichterung an, die schützenden Bäume hier zu erreichen. Er verstand nicht, wieso sich einige der Menschen vor den alten Wäldern fürchteten. Ihnen zufolge hauste zu viel unbekanntes Getier in den Schatten der Bäume, doch lag es sicherlich nur daran, dass die Menschen vergessen hatten, wie man mit der Natur lebt. Seit gut elf Monden waren Erdan und seine Gefährten nun schon unterwegs, mit einem Menschen dazu hätten sie sicherlich zwanzig oder mehr benötigt und doch freute er sich darüber, nachdem sie jede Siedlung vermieden haben, auf vertraute Menschen zu treffen. Die beiden an die er gerade dachte waren die einzigen, die nicht sofort anfangen würden, ihn über Neuigkeiten und über die Gestade auszufragen, außer vielleicht die Frau. Damals war sie für Elfen höchstens ein kleines Mädchen, doch in Menschenjahren gezählt war sie bereits Erwachsen.
Plötzlich blieb die Gruppe stehen; „Löscht die Lichter!“ flüsterte er ruhig, etwas hatte vor ihnen geraschelt und es war kein Laub. Er wusste woher es kam, doch konnte er in der Menschenwelt nicht genau erahnen was es war. Er roch nur den Duft von Lavendel; wer oder was auch immer das gerade war, es hat sich gut hinter dem Geruch der alten Bäume verborgen. Niemand war beunruhigt oder nervös und doch fasste Erdan den Griff um seinen Dolch. Sie gingen ohne Fackeln weiter, denn sie wussten, dass sie die besseren Augen hatten als jeder andere Mensch, bis auf…
Sie gingen an einem Strauch vorbei und sahen sie. Unter einem der hohen Bäume lag eine Frau auf einem Mann mit einem ihm wohlbekannten Schwert an seiner Seite. Um nicht unhöflich zu sein bedeutete er seinen Gefährten stehen zu bleiben und er selbst räusperte sich ganz leise. Es reichte, um die Frau herumfahren zu lassen. Als sie ihn bemerkte sah er ihr selbst durch die Dunkelheit ihre Verlegenheit an. Sie haben die Ankunft der Elfen wohl bereits erwartet, keiner außer diesen beiden hätte ahnen können, welchen Weg die Elfen nehmen würden. Die Verlegenheit war verflogen und Mari stürmte auf Erdan los; es war ein Wunder, dass sie nicht anfing, lauthals loszurufen und den ganzen Wald zu wecken, sie war lebhaft und doch merkte man ihr an, dass sie reifer geworden ist. Er wusste dass sie sich nur allzu gut an die Formen der Begegnung erinnerte, aber hier draußen war es ihr egal und sie überging es, sich zu verbeugen. Sie warf sich um Erdans Hals und umarmte ihn stürmisch. Auch Sori war aufgestanden, doch ihm reichte ein Kriegergruß um das Handgelenk.
Begegnungen
Erdan stellte kurz seine Gefährten vor, Dalur, Erodir, Erogan und Miriah, als sie sich schließlich in den Schatten der Bäume setzen. Es musste etwas nach als Mitternacht sein und sie entschlossen sich für diese Nacht, hier zu lagern. Auch wenn sich ein Elf nie über lange Reisen beklagen würde und sie alle noch stark genug waren, um einen weiteren Mond lang durchzumarschieren, war er froh endlich eine kleine Rast einzulegen, „um seinen Beinen ein bisschen Ruhe zu gönnen“. Er sprach mit diesen Worten zu Sori und Mari und doch wussten die beiden nur zu gut, dass die Rast nur ihnen beiden galt.
Die Gruppe hat sich nun auf sieben vermehrt und so würden sie alle gemeinsam im Morgengrauen weiter marschieren. Während zwei der Elfen irgendwo im Dunkel der Nacht Wache hielten, nämlich die beiden Brüder Erodir und Erogan, saßen die anderen beisammen und blickten ohne viele Worte in den nächtlichen Himmel, als Erdan erwähnte „früher war das leuchten der Sterne in dieser Gegend tatsächlich heller.“ Und als ob Mari auf seine Worte gewartet hätte antwortete sie „…jah genau, wir haben vorhin darüber diskutiert als ihr uns überrascht habt…“ – „Jah, das hab ich mir bereits gedacht. Verzeiht.“ Erdan hat ihren Humor vermisst. Mari war eigenartig, manchmal neugierig und vielleicht noch etwas kindlich, an anderen Tagen leicht streitsüchtig und direkt, doch ihren Humor und ihr Wesen hat sie sich in jeder Situation bewahrt. Sie war einzigartig, genauso wie Sori mit seinen Wolfsaugen, den Arm eines Jägers und seiner natürlich unnahbaren Ruhe.
Während Mari in ihrer schönen Gestalt einiges mit Miriah gemeinsam hatte, jedoch charakterlich mehr ein Mensch zu sein scheint, sah man unter Umständen Sori den Halbelfen an. Alle beide sind als Halbelfen geboren, doch unter Menschen aufgewachsen und unterscheiden sich äußerlich nur wenig vom Menschenvolk. Und doch besaßen sie eine gewisse innere Stärke und bestimmte Fähigkeiten, welche Ihresgleichen nicht zu verstehen vermag. Es ist schon wunderlich, wie so etwas Seltenes geschehen kann und sich genau diese beiden auch noch begegnet sind, obwohl „finden“ das wohl bessere Wort für Menschen wäre. Was sich die Lichter wohl dabei gedacht haben?
Die Ebene unter ihnen war leicht mit Nebel bedeckt. Für die Siedlungen in der Ebene wird es wieder die einzige Feuchtigkeit für den heutigen Tag sein. Doch die Gruppe entschied sich für den Weg durch den Wald. Der alte Wald war nicht groß, und trotzdem wird man einen halben Mond lang laufen müssen um das andere Ende zu erreichen. Der Weg auf den befestigten Straßen drum herum wäre zwar weniger mühselig, jedoch länger und Erdan hatte wenig Lust darauf, auf zu viele neugierige Blicke zu treffen, er hielt den Wald für sicherer. Es gab kaum bösartige Wesen in den Wäldern, obwohl sich nicht einmal die Horden in die Wälder trauten.
Es ist gefährlicher auf ihre Milizen zu treffen, als auf einen ausgewachsenen Waldtroll. Laut Maris Auffassung ist es besser, sich „mit einem Troll zu betrinken, als mit der Horde um Wasser zu streiten“ obwohl Sori genau wusste, dass Mari keine Möglichkeit auf Streit auslassen würde, sofern es sich nur um eine „kleine“ Armee der Horde handelt. „Klein“ ist Mari zufolge eine Armee mit zwischen fünfzig bis hundert Mann, doch ist es besser sich in diesen Zeiten nicht den Milizen offen zu zeigen.
Als die Schatten zum ersten Mal auftauchten, dachte sich niemand etwas dabei. Erst als es zu den ersten unerklärlichen Morden kam, und erste Herrscher sich der fremden Macht anschlossen, begann man sich zu wappnen, viel zu spät wie sich noch herausstellen sollte. Die schwachen Geister der durch Reichtum und Macht geblendeten Herrscher waren ein gefundenes Fressen für die dunklen Einflüsse der Fremden. So zerfielen die Reiche im Osten und das ständig wachsende Heer der Horde nahm immer mehr Ländereien ein, bis es sich vor einigen Jahren aus heiterem Himmel zu den Grenzen des Gebirges im Osten zurückzog. Doch dies wird bestimmt nicht für immer so bleiben, denn jeder fühlte, dass sich hinter den starken Mauern an den Bergpässen irgendetwas zusammenbraut. Doch auch die Menschen diesseits des Gebirges befestigten sich seitdem immer stärker. Städte und Siedlungen wurden zu Festungen ausgebaut, während die geheimen Höhlen im Süden und in den Ausläufern der Berge mit Toren gesichert wurden mit großer Unterstützung der Meister der Verteidigung, den Zwergen, die sich jedoch alleine in ihr weites Höhlensystem zurückgezogen haben, um sich nicht „vergiften“ zu lassen von den Schatten, so sagten sie. Nur wenig dringt seitdem aus den Höhlen hervor, es geht nur ein Gerücht um, durch das herumerzählt wird, dass das kleine Volk etwas zu schützen versuchte, doch keiner kann sich auch nur die geringste Vorstellung davon machen, was es sein könnte, doch vermutlich war es nur ein Wunsch der Menschen, dass es etwas gab, womit man die Horden besser besiegen konnte...
Ohne viele Worte zog die siebenköpfige Truppe weiter durch den Wald nach Osten, der vermeintlichen Sicherheit von Aris entgegen. „Es wird in etwa einen halben Mond dauern, bis wir Aris erreichen,“ ergriff Erdan das Wort. Monde, dies ist die Zeitangabe der Elfen an die sich Mari wohl wieder gewöhnen müssen wird. Ein Mond ist die Zeitspanne zwischen Neumond und Vollmond, also in etwa vierzehn Sonnenaufgänge. Somit würden sie sieben Tage benötigen. Mari dachte an ihren Weg bis hin zu den Hügeln, für den sie mit Sori zehn Nächte lang unterwegs war. „Ich glaube du warst zu lange fort von hier, wir brauchen bestimmt länger um…“ – „Nein wir müssen in sieben Menschentagen die Stadt erreichen, es gibt einige wichtige Dinge zu klären, von denen ich euch, meine Freunde, noch nichts genaues erzählen kann“ – „Na gut, aber ihr wisst dass wir nicht so schnell reisen können, wie ihr?“ – „Ihr werdet euch unsere Geschwindigkeit aneignen müssen, je schneller wir dort sind, desto früher dürft ihr euch erholen!“, und bei seinen letzten Worten spielte ein Anzeichen eines Lächelns Humor an seinen Zügen, doch bei Elfen wusste man bekanntlich nie, was sie gerade dachten, und Mari vermied es weiter zu protestieren.
So verging der Marsch durch den Wald, der auch eine leichte Hetzjagd hätte sein können, ohne dass sie jemandem begegneten, mit nur kurzen Pausen und ohne genügend Schlaf. Doch irgendwie hatten die Elfen recht damit, wenn sie sagten, Mari und Sori würden sich ihrer Geschwindigkeit anpassen müssen, doch es kam Mari keineswegs mühsam vor. Sie tat sich sogar außergewöhnlich leicht. Veränderte man sich, wenn Elfen mit einem wandelten, oder hatte sie diese Stärke einfach nur zu lange nicht mehr ausnützen können?
Am dritten Tag der Reise veränderte sich der Wald etwas. Die Bäume wurden höher und standen weiter auseinander, man konnte die Pfade der Tiere die hier lebten besser sehen, doch gab es hier auch viel weniger Sträucher und kleine Rinnsale kämpften sich durch das immer lichter werdende Dickicht.
Die Umgebung wurde schöner, so kam ihnen vor. Die Elfen fühlten sich wie immer mit der Natur verbunden und man bemerkte tatsächlich die Macht, die dieser Wald besaß, obwohl es für die Elfen keinen Vergleich zu den alten Wäldern von Morgan im Norden gab. Doch man fühlte sich geborgen zwischen dem großen Blätterdach, das sich beinahe schon Schützend über ihnen erstreckte. Die beiden Brüder gingen als Vorhut voraus und Dalur, der auf dieser Reise bisher nur wenig gesprochen hat, folgte ihnen. Er sah mit seinen Dunklen langen Haaren und den viel zu hellen Augen beinahe unheimlich aus; er war schlank, obwohl man ihm dennoch eine starke kämpferische Ausstrahlung ansah, und doch besaß er so etwas wie Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit, so kam Mari vor. „Ob er nur schüchtern ist?“, dachte sie. Doch sie verwarf den Gedanken gleich, weil sie wusste, dass Elfen so etwas wie Schüchternheit gar nicht kannten.
Erdan war der einzige, den Mari und Sori bereits kannten. Er hat sich seit ihrer ersten Begegnung kaum verändert, während man Sori und Mari das älter werden bestimmt ansehen musste, auch wenn sie nie so alterten wie normale Menschen. Miriah, Erodir und Erogan waren sehr freundlich und offen, wenn auch gleichzeitig unnahbar und fremd. Doch Erdan ist auch nach vielen Jahrzehnten ein Freund geblieben. Trolle und Elfen vergessen einen nie hat Sori einst gesagt, und Mari wusste nur allzu gut, dass er Recht hatte. Leise flüsterte sie Sori zu: „Ich laufe lieber mit den Elfen zusammen, bis ich umkippe, als dass ich mich mit einem Troll betrinke!“
Plötzlich erschütterte irgendetwas den Wald und die Elfen blieben auf der Stelle stehen. Die beiden Elfenbrüder kamen ihnen entgegen und wirkten vollkommen ruhig, doch waren auch sie nervös. Nur Erodir sprach auf elbisch zu Erdan und bedeutete ihnen mitzukommen. Sie gingen ein Stück weiter den Waldweg entlang, schlugen sich jedoch bald in die Büsche. Mari brauchte etwas länger um sich neben die anderen zu knien und erkannte erst, als sie aufblickte eine kleine Lichtung, auf der überall entwurzelte Bäume und abgeschlagene Baumstümpfe herumlagen, auf denen noch frische Erde klebte. Es war weit und breit niemand zu erkennen. Mari wollte gerade aufstehen, als etwas auf sie zuflog. „Das kann doch nicht…“, Mari wurde von Dalur gerade noch rechtzeitig zu Boden gerissen, als der Baumstamm bereits über sie hinweg flog und ein Stück hinter ihnen auf einen anderen Baum aufschlug und diesen beinahe spaltete lies. „Was zum…!“
Texte: Copyright by Tobi V.
Tag der Veröffentlichung: 19.01.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Gewidmet all meinen Freunden, die man nicht immer braucht wenn sie da sind, doch die immer da sind, wenn man sie braucht!