Kapitel 1
Odessa/Straßburg 1934
Paul lag im hohen Gras und ließ die Sonnenstrahlen seinen kleinen Körper erwärmen. Mit einem wohlduftenden Grashalm im Mund schaute er die Wolken an. Sein guter Freund Adam lag nicht weit von Ihm entfernt, im Schatten des Apfelbaums und schlief. Paul setzte sich auf und schaute ins Tal, er mochte es sehr sein Elternhaus vom Hügel aus zu beobachten. Die kleine Lehmhütte stand direkt am Dorfrand von Neustraßburg. Das Dorf wurde im Jahr 1928 gegründet und lag in einer Mulde. Im Schutz der Hügellandschaft, mit Feldern und Obstbäumen. Den Fluss Kutschurgan der am Dorfrande floss, hörte man in der Stille der Natur deutlich plätschern. Die Vögel sangen Ihre Lieder und Paul hörte Ihnen zu, als ob Sie Ihm Geschichten erzählten.
Auf einmal hörte Paul die Glocken läuten, er erschrak kurz weil er in seinen Träumereien gestört wurde. Paul drehte sich hektisch zu seinem Freund um und schüttelte Ihn - “ Adam wach auf, wir bekommen großen Ärger, wenn wir nicht in der Kirche sind. Mama reist mir den Kopf ab, meine Sonntagskleidung hab ich auch noch nicht an, komm wir rennen los, mach mal inne“.
Adam sprang auf „Mensch Paul!! Ich hab so gut gedöst, aber meine Mutter macht mich auch einen Kopf kürzer, wenn wir nicht da sind.“Grinsend fügt er hinzu- „Wetten Paul ich bin schneller als Du unten, wir sehen uns dann in der Kirche.“
Die Jungs rannten den Hügel runter, vorbei an den Weiden der Pferde. Der kleine Trampelpfad verzweigte sich und die Jungs mussten sich jeweils in verschiedene Richtungen trennen. Paul nahm den linken Pfad. Im Dorf angekommen, ging er im schnellen Schritt die Straße hoch zu. Nach ein paar Metern bog er links in den Vorhof seines Elternhauses. Er blieb stehen damit sich sein Atem beruhigen konnte, nebenher schaute er auf das Haus. Die braunen Holzbalken gaben dem nicht allzu großen Haus seine Konturen, die Zwischenräume mit Lehm und Stroh verputzt, auf dem Dach lag Schilfrohr, drei Holzfenster sah man noch von der Straße aus. Paul ging etwas nervös zur der schweren, dunklen Holztür, er wollte gerade die Tür öffnen, doch seine Mutter war um einiges schneller.
Agnes eine 25jährige junge Mutter stand am Türrahmen, in Ihrem Sonntagskluft: Eine glatt gebügelte weiße Bluse mit kurzen Ärmeln, die Bluse hing locker über dem karierten Rock, das gerade mal Ihre Knie bedeckte, dazu trug sie wie immer ihre weißen Sandalen. Der Wind lockerte eine Strähne aus ihrem kurzen, braunen Haar. Paul hob sein Kopf und blickte in die wunderschöne, schmalen aber müden Augen seiner Mutter, die verärgert Ihn anblickten. „Paul...“ Agnes wollte gerade Ihren Sohn tadeln, doch dieser Junge fiel Ihr einfach ins Wort. “ Mutti tut mir leid, sei nicht böse, ich zieh mich auch ganz, ganz schnell an, Hab dich lieb!!“ rief Ihr Paul zu als er schnell in die Stube sauste. Seine Mutter ließ er einfach im Türrahmen stehen, wie immer! Agnes war auch nicht mehr verärgert, sondern schmunzelte total verdutzt und dachte – „dieser kleine Bengel überrumpelt mich ja immer wieder!“ Sie ging zurück in das Haus, in einen kleinen, dunklen Flur. Öffnete links die Tür zum Wohnraum, setzte sich neben dem Kamin und den Duft des verbrannten Holzes konnte sie noch im Sommer wahrnehmen.
„Eva, komm zu mir, meine kleine“
Sie setzte ihre Tochter auf Ihren Schoss, streichelte das gelockte, dunkle Haar der 4jährigen und schaute in den Raum. In der Mitte stand ein runder, rustikaler, massiver Holztisch. Auf dem Tisch lag von Agnes selbst gestickte, weiße Tischdecke, die sie nur sonntags auslegte. Eine einfache Vase mit wunderschönen gelben und roten Dahlien, strahlten mit der Morgensonne um die Wette.
Aus dem Kinderzimmer hörte Agnes ein liebevolles „Danke Mutti“ ihres Sohnes, der gerade wohl seine saubere Sonntagskleidung auf seinem Kinderbett entdeckte, die Agnes für ihn hergerichtet hatte. Ein langärmliches, dunkelblaues Baumwollhemd mit weißen Knöpfen und eine schwarze Hose ebenfalls aus Baumwolle. Paul zog sich rasch um, für seine 6 Jahre war er ziemlich selbstständig. Er wollte seiner kleinen Schwester Eva ein Vorbild sein.
Paul ging zur Agnes und Eva, „Mutti wo ist eigentlich Vater? Auf mich schimpfst du und Vater ist noch gar nicht da!!“
„Ja, Mama wo Papa? sehe Papa nicht!“ rief kleine Eva um Ihren Bruder zu unterstützen. Immer noch auf dem Schoß sitzend, schaute Sie ihre Mutter an.
„Kinder!?“, Agnes stellte kleine Eva auf den Boden, stand auf und verschränkte ihre Arme.
„Paul! Wo ist dein benehmen hin? Während du unterwegs getrödelt hast, sicherlich wieder mit Adam, hat euer Vater sich schon um das Vieh gekümmert und wartet geduldig in der Küche.“
„Entschuldige Mutti, wollte nicht unhöflich sein, wusste ja nicht!? Also ich bin nun auch soweit.“
Sie gingen gemeinsam aus der Wohnstube. Paul nahm seine Schwester an die Hand und ging schon mal in den Hof. Agnes ging über den Flur zur der Küche und sah Ihren Mann gemütlich in der Küche sitzen, der gerade am Glass Wasser nippte. Sie blickte nochmal zur Kochnische rüber, wo der alte Holz-Herd stand, um nach zu sehen ob auch alles aus und weggeräumt war.
„Franzel, die Kinder haben dich schon vermisst....“ lächelte Sie.
„Na wenn unser Strolch da ist, und auch ansehnlich ist, geselle ich mich sehr gerne zu euch“, schmunzelte er seine Frau an.
Sie gingen wie noch am ersten Hochzeitstag, händehaltend in den Flur, doch bevor sie draußen waren, hatten Sie ihre Hände wieder gelöst. Die Kinder sollen ja nichts mitbekommen.
„Papa!!!Ich dich misst“ lief Eva zu Ihrem Vater.
„Eva, man sagt vermisst, aber das lernst du auch noch“ sagte Paul, laut lachend zu seiner Schwester.
„Ihr wartet mal hier. Ich habe den Pferdewagen schon vorgespannt, eure Mutter kann ja in ihrem Zustand nicht so weit laufen.“
Franz ging ums Haus, wo er schon mal den Pferdewagen gerichtet hatte, um zu Fahren. Franz stieg ein und rief: „Los mein guter“. Er lenkte den Wagen um die Ecke des Hauses und hielt im Hofe an, damit seine Familie einsteigen konnte.
„Agnes, lass mich dir helfen, nimm meine Hand.“ Franz streckte seine von der Arbeit muskulösen Arme aus und gab seiner Frau die Hand, damit er sie liebevoll zu sich in den Wagen ziehen konnte.
„Ich helfe Dir Eva“, stolz und nachahmend seinem Vater, half Paul seiner Schwester.
Der Wagen war nicht all zu groß. Vorne wo das Pferd gespannt wurde, war eine Sitzbank für zwei Personen, die durch eine Holzwand getrennt war. Im Beladungsraum befand sich jeweils links und rechts eine Sitzgelegenheit für mehrere Personen.
Sie fuhren zur Kirche und nahmen an dem Sonntagsgottesdienst teil. Die Kinder hatten währenddessen in der Kirchenstube katholischen Religionsunterricht.
„Paul ich möchte dich gerne bitten das Vater unser vorzusprechen, in der Hoffnung das du deine Tage auch dafür nutzt“, sagte Fräulein Martha die Kirchendienerin.
Paul war froh darüber, dass er dies noch kurz vor Sonntag mit seiner Mutter gelernt hatte und es ohne zu stottern aufsagen konnte.
Sein Freund Adam war selbst erstaunt. Nach dem Vortrag flüsterte er: „Du Paul, hast ja geübt!! Da bin ich aber froh das nicht ich dran war, hätte nichts herausgebracht aus mir“.
Der Gottesdienst ging zu Ende und die Kinder rannten herum. Dabei unterhielten sich die Erwachsenen oder Verabredeten sich noch für den Abend.
Paul und seine Familie fuhren anschließend Heim. Daheim wurde erst mal Mittag gehalten und Bratkartoffeln gespeist. Paul liebte dieses Gericht.
Nach dem Mittagessen ging Paul hinaus zu Maltschik, in den Stall. Nahm einen Hocker und eine Bürste um das Pferd trocken zu bürsten.
Auf einmal hörte Paul seinen Freund Adam im Hof nach Ihm rufen: „Paul? Bist du beim Pferd?“ Adam wusste, dass Paul wie immer nach dem Mittagessen in den Stall ging.
„Ja Adam, komm hierher!“ antwortete Ihm Paul.
Adam ging in den Stall und sah Marja. Eine braune Kuh mit einem großen, weißen Fleck auf dem Rücken. Mit ihren angesägten Hörnern lag sie in einer Abgrenzung im Stall. Sie kaute gemütlich auf ein bisschen Heu herum, das neben ihr lag.
Im nächsten Augenblick schaute Adam zu Paul und sagte: „ Was hältst den davon wenn wir zu unserem Treffpunkt gehen? Die alte Mühle vermisst und sicherlich schon“.
„Das könnten wir gerne machen! Ich frage noch meine Eltern ob ich es auch wirklich darf.“ Antwortete Paul und legte die Bürste zur Seite.
Adam fragte Paul mit etwas erschrockenen Stimme: „ Du willst doch nicht etwa deinen Eltern sagen das wir zur alten Mühle möchten? Das kannst Du vergessen! Sie werden es dir nicht erlauben, weil es uns verboten ist dort zu spielen!“
„Nein Adam, ich bin doch nicht blöd! Ich werde einfach fragen ob wir draußen spielen können.“ Antwortete Paul enttäuscht, weil sein Freund ihn so belehrend fragte.
Die Jungs rannten sofort ins Haus, doch dabei stolperte Adam über die Türschwelle und Paul musste lachen.
Die Eltern waren währenddessen in der Küche. Franz saß am Tisch und schaute Agnes beim Abwasch zu. Sie unterhielten sich über den bevorstehenden Besuch seines Bruders Lorenz mit der Tochter Johanna.
Paul vernahm nur das Wort Besuch und zögerte etwas, bevor er seinen Vater um Erlaubnis bat.
„Papa, kann ich mit Adam draußen spielen?“ fragte Paul vorsichtig.
„Naja mein Junge..., wartet doch etwas. Gleich kommt dein Onkel Lorenz mit Johanna dann könnt ihr raus, aber auch nur wenn Ihr Eva und Johanna mitnehmen würdet.“ Er sagte es mit Freude, denn so konnten er und seine Frau sich ohne Störung mit seinem Bruder unterhalten.
Paul war eigentlich überhaupt nicht damit einverstanden. Flüsternd fragte er seinen Freund: „Was meinst den dazu Adam? Ich finde es doof, das wir die zwei Gören mitnehmen müssen.“
Adam flüsterte ihm zurück: „Sieh mal so, besser mit den zwei als gar nicht raus“
Paul wendete sich wieder seinem Vater zu „ Wenn es sein muss... Wir warten in der Stube.“
Ein paar Minuten später kam Onkel Lorenz mit Johanna. Nach der Begrüßung gingen die Vier nach draußen. Dort sagten die Jungs wie aus einem Munde zu Johanna: „Du bist aber nur dabei, wenn du auch auf Eva aufpasst. Sonst kannst gleich umdrehen.“
Johanna fiel aber nicht auf ihren Schnabel und erwiderte: „Ich weiß
das ihr sonst daheim bleiben müsstet. Also kommandiert hier nicht so rum!!“
Sie liefen die gepflasterte Straße hinauf, auf den großen Berg. Die Straße führte aus dem Dorf hinaus und Endete an einem tiefen Brunnen. Dort trafen Sie einen weiteren guten Freund von Paul, Josef Braun.
„Grüß dich Josef! Hast du die Kirche heut Morgen vergessen, oder warum warst du nicht da?“
Paul flüsterte zu Adam: „Wahrscheinlich hatte er wieder Dreck am Stecken...“ Er kicherte.
Josef antwortete: „Meine Mutter hatte mir eine dicke Strafe aufgebrummt, weil....“
Paul unterbrach Josef und sagte: „Hab ich doch gewusst!!“ Nach einer kurzen Überlegung fragte er Josef: „Möchtest du dich uns anschließen und mit zur alten Mühle kommen?“
Empört über das Ziel schrie Johanna sofort: „Dort dürfen wir doch gar nicht hin! Und erst recht nicht mit klein Eva!!“
„Ach was! Wenn du in unsere Gruppe möchtest, dann hast du gefälligst mit zukommen und auf gar keinen Fall den Eltern zu petzen!“, erwiderte Paul.
Johanna wollte unbedingt dazu gehören und ging ohne ein Wort mit.
Die alte Mühle stand total bewuchert am Fluss Kutschurgan. Die Holzschaufeln des Wasserrades waren morsch und sehr rutschig durch das Wasser und das Moos. Die Fenster der Mühle waren kaputt und der Efeu wuchs ins Innere der Mühle. Der Lehm an den Wänden war abgefallen und die Holzbalken der Mühle sahen aus wie Gerippe.
Paul, Adam und Josef setzten sich auf das Wasserrad und redeten darüber, wie blöd Mädchen sind. Das hörte Johanna natürlich und rief empört: „Das gibt’s doch nicht!! Ich bin tatsächlich blöd, weil ich überhaupt mit euch hier her gekommen bin! Ansonsten sind Mädchen schlauer als Jungs! Stimmt es meine kleine Eva?“ – „Da, Da.“, antwortete Eva ohne zu wissen worauf sie eigentlich antwortete.
Auf einmal machte es: „Krachch.....“ und Josef schrie vor Schmerz auf: „Aauu, Verdammte Hühnerkacke! Mein Bein, ich habe es mir bestimmt gebrochen!“
„So viel dazu, Mädchen sollen blöd sein, hab ich es euch doch gesagt, dass es gefährlich ist!“
Paul und Adam fühlten sich Schuldig und halfen Ihrem Freund aus dem Wasserrad. Als Josef dann am Ufer des Flusses lag, eilte Johanna zu ihm, weil sie Josef etwas gern hatte.
„Lass mich mal schauen. Oh nein, das Blutet ja! Versuch mal ob du auf deinem Bein stehen kannst? Wenn nicht müssen die zwei Dummköpfe dir helfen und dich stützen.“
Zu Hause angekommen, bekommen die drei Jungs mächtigen Ärger von Ihren Eltern, weil sie trotz des Verbotes bei der alten Mühle waren.
Pauls Vater sagte: „Junger Mann, weil du anscheinend zu viel Zeit für Schabernack hast, darfst du mir erzählen wozu wir den Mais brauchen! Informationen kannst du dir morgen holen. Anschließend hilfst Du mir im Stall!“ Pauls Mutter fügte noch hinzu: „ Abendessen hast dir zur Strafe auch versemmelt, für dich geht es jetzt sofort ins Zimmer!“
Paul verstand, dass Sie etwas Falsches gemacht haben. Er ging mit trauriger Mine ins Zimmer, er machte sich große Sorgen um seinen verletzten Freund.
Am nächsten Morgen wurde Paul von seinem Vater früh geweckt, der Hahn der Nachbarn krähte schon. „Paul deine Mama hat dir Frühstück gerichtet, nach dem essen kommst du zu mir und ich bring dich aufs Feld zu Onkel Andreas.“
Auf dem Maisfeld angekommen rief Franz seinen Bruder zu sich:“ Andi komm mal ich habe dir einen Helfer mitgebracht!“ Andreas lächelte und sagte: „Franz was hat dein Sohn angestellt?“
„Wieso? Ist es denn so offensichtlich, das Paul was angestellt haben muss?“ , fragte Franz seinen Bruder der Ihn doch so gut kannte.
Andreas wollte mehr in Erfahrung bringen also sagte er: „Ja Franz, er soll bei mir Strafarbeiten, nicht wahr? Es müsste schon was ernstes sein, du weißt ja wie anstrengend die Arbeit auf dem Feld ist!“
Franz antwortete etwas verärgert über die Neugierde seines Bruders,: „ Die Jungs waren gestern an der alten Mühle, wie gefährlich es dort ist, durfte Josef an seinem Bein spüren. Er hat sich verletzt. Dem Jungen geht es schon besser habe mich bei seiner Mutter heut Morgen erkundigt. Dadurch das Sie nicht nur sich selbst in Gefahr gebracht haben sondern auch Johanna und Eva muss die Strafe sein.“
Er schaute seinen Sohn an und sagte Ihm: „ Paul du hilfst deinem Onkel Andreas! Du sollst dir gut merken wozu wir Mais brauchen und erzählst mir am Abend ausführlich.“
“ Ach den Andi frage ich auch ob du fleißig warst.“ Mit diesem letzten Wort Stieg er aufs Pferd und ritt fort.
Paul gab dem Onkel seine Hand, um Ihm zu zeigen, dass er bereit war die Strafe anzutreten. Jetzt wo er mitbekommen hat, dass es seinem Freund Josef schon besser geht.
„Onkel Andreas, wofür brauchen wir den Mais?“ fragte Paul.
„Ganz einfach unsere Kühe und Pferde brauchen es als Futter für die kälteren Tage. Wie alles gemacht wird bis die Tiere ihr Futter bekommen siehst du gleich. Zuerst müssen wir den Mais ernten, dazu muss es erst geschnitten werden und die Maiskolben vom Rest getrennt werden. Das trennen ist deine Aufgabe Paul.“ Sagte Andreas im ruhigen und verständnisvollen Ton.
Paul machte sich gleich an die Arbeit, er hatte von Onkel Andreas alles gezeigt bekommen. Als Paul an der Zerkleinerung von Mais war, passierte es!
Paul balancierte auf der Stange, in einem unbeobachtem Moment, zwischen dem Rad mit den Messer und dem Pferd dass im Kreis lief. Er war zu nah an das Messer gekommen. Er verspürte einen starken Schmerz und gab einen lauten Schrei von sich, hüpfte zur Seite und fiel erschöpft zu Boden.
Als er auffwachte merkte er das er im Spital war, er hörte leise Stimmen seiner Eltern. "Franz, meinst Du wir waren zu streng mit dem Jungen?" "Liebes, ich glaube nicht, dass wir streng zu Ihm waren, es ist schlimm was Paul gerade erlebt hat, aber wenn er Unsinn macht passiert sowas halt" antwortete sein Vater. " Ich bin sehr erleichtert, das Andreas schnell reagiert hat und ihn hierher nach Wigoda ins Krankenhaus gebracht hat", erwiderte Paul's Mutter. Paul merkte noch den Schmerz am Fuss und wolte wissen warum.
"Mama!" sagte Paul noch benommen, "warum bin ich hier? Ich weiss nur das ich balanciert bin und einen Schmerz spürte. Was war los?" fragte Paul seine Mutter.
"Ach mein lieber, Onkel Andreas fand dich neben dem Messerrad auf dem Boden liegen. Du hast sehr stark geblutet. Das Messer hat wohl deinen Fuss erwischt und 3 deiner Zehen...." Agnes säufzte bevor Sie überhaupt weiter erzählen konnte. "Deine Zehen wurden abgeschnitten. Andreas hat dich schnellst möglich hierher gebracht und ritt dann mit dem Pferd sofort zu uns. Kind du hast uns so einen Schrecken eingejagt!!" "Ist Vater jetzt sauer auf mich?" fragte Paul seine Mutter voller schuldgefühl, da er etwas ganz dummes gemacht hatte. "Nein mein Junge, er hat sich auch sehr große Sorgen gemacht, gibt es aber nicht zu."
Kapitel 2
Agnes eine zierliche und von der Arbeit gezeichnete Frau, trat ins Kinderzimmer und sah ihre drei Kinder an. Paul packte gerade seine Schulbücher zu einem Bündel.
"Wie groß er doch geworden ist, naja er ist 8 und mein ganzer Stolz." Ihre Gedanken konnte zum Glück keiner hören. Ihr Blick ging weiter durch das kleine Zimmer und sie musste schmunzeln als sie ihre 6jährige Tochter Eva erblickte, die gerade verzweifelt versucht die Sandalen zu schließen. Ihr jüngster Sohn Franz schlief noch in der Kinderwiege.
Agnes ging zu Paul und flüsterte ihm zu " Paul wie weit bist du? In der Küche liegt dein Vesper, nimm und beeile dich. Die Schule beginnt bald und du musst noch ca 3 Kilometer laufen. " Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange.
"Wo ist Pap's?", fragte Paul genau so leise um den kleinen Bruder nicht zu wecken.
"Er ist noch im Stall und versorgt die Tiere und nun beeile dich" flüsterte sie ihm zurück.
Paul drückte die Tür zur Küche auf, sah sein Vesper auf den massiven Holztisch, der neben dem Fenster rechts vom Herdofen stand. Nahm sein Vesper und packte es zu seinem Bündel. Als er in den dunklen Flur gehen wollte, zerrte ihn seine Schwester Eva an seinem hellblauen Hemd und sagte " Ich will auch endlich in die Schule mitkommen."
"Nein! , Du bist noch zu jung dafür, ich habe dir schon oft gesagt...nächstes Jahr! Nun lass mich los, ich komme zu spät. " antwortete Paul zornig.
Er ging durch den Flur. Einen Meter vor der großen und schweren Eingangstür, öffnete er eine kleine, schmale, unscheinbare Tür zum Stall. Paul rief in den Raum hinein "Ich bin dann mal weg! " - " Lerne fleißig mein Sohn und trödel nicht auf dem Weg zur Schule" , schalten ihm die Worte seines Vaters zurück.
Paul ging die gepflasterte Hauptstraße entlang. Links und rechts standen kleineren Lehmhäuser. Manche konnte man kaum erkennen, da der Vorgarten so verwildert war. Weiter in der Dorfmitte rechts gegenüber des Dorflaladens stand ein mit Steinen veredelter Brunnen. Er traf sich hier öfters mit seinen Freunden Adam und Josef. Neben dem Brunnen war eine Pferdestärke.
Paul sah eine ältere Frau, die gerade ächzend versuchte die vollen Eimer mit Wasser an einem hölzernen Tragejoch zu befestigen.
"Frau Schuhmacher, ich helfe Ihnen" sagte Paul kurz. Er nahm die Eimer wieder ab und legte das Tragejoch auf ihre Schultern. " Ich mache einen Eimer dran und sie halten es kurz, damit ich auf der anderen Seite den zweiten dran machen kann."
"Du bist ein lieber Junge. Ich danke dir, den Rest schaffe ich schon allein" erwiderte Frau Schumacher freundlich zurück.
Paul nahm rasch seinen Bündel vom Brunnenrand und rannte die Straße runter zum Ende des Dorfes. Er musste die Zeit wieder aufholen.
Er ging im schnellen Schritt an den Wiesen, Feldern und Obstbäumen vorbei. Die Äpfeln waren reif, also pflückte er zwei für die Schule.
Nach einem Kilometer aus dem Dorf, stand er am Damm. Links der Stausee und rechts der Fluß Kutschurgan. Er überlegte: "am Stausee entlang verliere ich Zeit...Ich nehme den direkten Weg."
Der Damm war um diese Jahreszeit etwas mit Wasser bedeckt. Paul zog seine Hose aus, packte diese zusammen mit dem Bündel auf seinen Kopf und ging ins Wasser. Ungefähr auf der Hälfte ging im das Wasser bis an die Knie. Plötzlich rutschte er ins Loch, dass zum baden der Pferde bestimmt war.
"Hilfe, Hilfe. ..!" rief er ängstlich. Er dachte sein Leben sei vorbei. Hier auf der Strecke kam kaum jemand vorbei. Er versuchte trotzdem nochmal zu schreien. Diesmal so laut wie er konnte: "Hiiiilfeee..!"
Paul hatte Glück,denn eine ältere Schülerin, die ebenfalls auf dem Weg zur Schule war, hörte ihn. Sie warf sofort ihre Schulsachen ins Gras und eilte zum Damm.
Sie holte den völlig erschöpften Jungen aus dem Wasser. Dieser wimmerte wie ein Welpe. Paul schaute das Mädchen mit großen Augen an und erkannte seine Retterin.
Eugenia Springer war die Tochter seiner Taufeltern. Ihre blonden Locken klebten durch das Wasser zusammen so wirkte ihr Gesicht noch schmäler. Ihre braune Bluse klebte ebenfalls am Körper und von ihrem schwarzen Rock fielen dicke Tropfen auf's grüne Gras. " Danke dir Eugenia, du bist mein Schutzengel" sagte Paul mit zitternder Stimme.
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Tag der Veröffentlichung: 11.12.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Opa danke für diese wunderschönen Einblicke in dein langes und schweres Leben.