Es war einmal, vor langer langer langer Zeit ein Medizinmann. Naja, zumindest hatte er so geheißen: Hans Medizinmann. Im Orte war er ein anerkannter Arzt, wenn auch der einzige. Doch da sein Dorf mit seinen 411 Einwohnern weder von Malaria, der Pest, noch von Cholera heimgesucht wurde, hatte er den ganzen Tag nichts Besseres zu tun, als irgendwelche Flüssigkeiten zusammen zu brauen, die er später als Heilmittel im Tausch gegen Unmengen Holz oder Perlen tauschte. Ein Wehwehchen da, ein Wehwehchen dort. Die Leute kamen und überreichten dem Medizinmann alles Mögliche um an seine Mittel zu kommen. Und es half! Manchmal zumindest! Also… eher selten. Wenn’s geholfen hatte, predigen meist der Patient und die Clan-Mitglieder das Blaue vom Himmel. Sie verehrten den Medizinmann und ließen dieses Lob auch in der Messe durch den Priester aussprechen. Hatte die Brühe jedoch nicht gewirkt, schwiegen die Bewohner des Dorfes. Man durfte ja schließlich keine Schwäche zeigen. Vielleicht lag es ja am Patienten selber, der einfach nur verhext war. Den ein oder anderen hatte er mit diesen vermeintlichen Medikamenten gar umgebracht! Das ging übrigens in die Kategorie "nichts genutzt" und man schwieg darüber. Der Medizinmann lebte alleine. Stets hatte er beteuert, keine Frau zu haben, da diese ihn von seiner durchaus guten Arbeit ablenkte. Eitel war er.
Eines Tages aber benötigte der Priester Hilfe. Er schickte nach dem Medizinmann und der fand ihn, zusammengekauert auf dem Stroh, das sein Bett markierte. Da er bisweilen nicht gewusst hatte, was denn dem armen Kirchenmann fehlte, hatte er eine große Auswahl an Mittelchen mitgebracht. Die Forderungen aus dem Volk kamen prompt, für den Herrn Pfarrer müsse es doch unkonventionelle Wege geben, er müsse doch schleunigst gerettet werden. Woraufhin der Medizinmann allesamt hinaus beorderte. Der Pfarrer war keineswegs erfreut über diese Tatsache und stöhnte bloß vor Schmerzen vor sich hin. Der Medizinmann ging geschäftig hin und her und plötzlich blies ein kalter Wind um seine Beine. Er ging zwei Schritte zurück, einen nach vorne und meinte stolz die Quelle der Krankheit gefunden zu haben. Denn in der steinernen Behausung des Pfarrers klaffte ein Loch so groß wie ein Apfel. Die kalte Luft musste den Kirchenmann erkältet haben. Dessen war sich der Medizinmann ganz sicher. Er grübelte und studierte, studierte und grübelte. Da plötzlich hatte er eine Idee. Wenn kalte Luft die Menschen krank machte, müsste doch warme Luft wieder zur Gesundheit verhelfen. Da nahm der Medizinmann etwas Stroh vom Bett des Pfarrers. Er ging hin zum Loch, legte das Stroh davor, und begann zwei Stöcke darauf aneinander zu reiben. Indes hatte der Kirchenmann immer lauter angefangen zu stöhnen. Auch draußen wurden Stimmen lauter. Das Volk verlangte nach einer Lösung! Just als der Qualm begann, hörte der selbsternannte Heiler auf zu reiben. Der Windzug würde sich durch das Feuer erwärmen und den Herrn Pfarrer schon wieder gesund machen, dessen war sich Hans Medizinmann sicher. Also ging er nach draußen um stolz zu verkünden, dass nun die Lösung des Problems gefunden sei. Er stellte sich vor die Leute und machte abwinkende Gesten zur Beruhigung. Doch die Meute wurde immer lauter und deutete auf die Hütte des Pfarrers. Als sich der Arzt endlich umdrehte, sah er es! Flammen schossen aus dem Strohdach der Behausung und Rauch quoll aus jeder einzelnen Ritze. Die Leute stürzten in die Hütte um zu helfen, doch es war zu spät. Die heilenden Flüssigkeiten des Arztes hatten als Brandbeschleuniger gedient und in Nullkommanichts das ganze Haus in Brand gesteckt. Ende, aus, vorbei. Der Herr Pfarrer erlag der ausgesprochen dämlichen Idee des Medizinmannes. Und der Medizinmann selber? Tja, der ward nie wieder gesehen.
Tag der Veröffentlichung: 07.01.2017
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