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Vor zwei Wochen, ich schrieb gerade an "PEACE!" einer Geschichte über die Jugendzeit meiner Eltern, in der ich sowohl schonungslos wie auch gewohnt unkritisch meine Lieblingsthemen Kiffen und Gruppensex bearbeitete, klingelte das Telefon.

„Guten Tag!“ sagte ein Mann, den ich nicht kannte, der aber offensichtlich bereits einiges von mir wusste, “Sie haben doch bei einem Gewinnspiel teilgenommen, bei dem es einen Porsche zu gewinnen gab, oder?“

Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht genau. Ich nehme nämlich an allen Gewinnspielen teil, die ich irgendwie in die Hände bekomme. Ich bin davon überzeugt, dass auch ich irgendwann mal gewinnen kann. Was, das ist mir inzwischen sehr egal. Aber dass es jetzt gleich ein Porsche sein würde, damit hatte ich wirklich nicht gerechnet.

„Ja, ich denke schon, dass ich da mitgemacht habe“, sagte ich deshalb wahrheitsgetreu und bereitete mich mit der gebotenen Euphorie bereits auf meinen Hauptgewinn vor. Dazu tippte ich hektisch die Suchbegriffe „Porsche + Unterhaltskosten+ Spritverbrauch“ bei Google ein. So erfuhr ich in Sekundenbruchteilen, dass eine einzige Tankfüllung ungefähr fünfzig Prozent meines monatlich frei verfügbaren Einkommens ausmachen würde. Tragischerweise würde ich damit aber auch nur zweihundert Kilometer weit kommen. Aber wenn ich am fünfzehnten schon pleite sein würde und den Tank dazu auch schon leer wäre, dann wäre das natürlich nur so mittelideal. Andererseits hatte ja auch niemand gesagt, dass Porschefahren ein reines Vergnügen ist. Da aber wirklich jeder weiß, dass man zur Rettung der deutschen Wirtschaft und insbesondere der angeschlagenen Autoindustrie Opfer bringen muss, war auch ich bereit mich selbstlos einzubringen. Kurz entschlossen ging ich deshalb auf die Homepage von „Brot für die Welt“. Dort verfasste ich ein kurzes Kündigungsschreiben meines jährlichen Spendenbetrags und hatte so bereits ganz einfach schon mal zehn Euro im Jahr eingespart. Meinem Porsche Vergnügen stand also eigentlich nichts mehr im Wege. Dachte ich zumindest…

„Also, für das Porsche-Gewinnspiel, da wünsche ich Ihnen viel Glück“, sagte der Call Center Agent, während ich immer nervöser wurde. “Aber heute, da möchte ich Ihnen schon mal einen Reisegutschein schenken.“

Das fand ich natürlich auch toll. In Anbetracht der vielen Probleme, die offensichtlich mit dem Gewinn des Porsches auf mich eingestürzt wären, wäre ein Reisegutschein vielleicht sogar besser als das Auto. Ich verreise nämlich total gerne. Wenn auch nur theoretisch. Für praktisch fehlt mir ja meist das Geld. Aber dieses klitzekleine Problem schien sich ja gerade in Luft aufzulösen.

„Das ist ja toll!“ rief ich deshalb auch gleich sehr begeistert und fühlte mich in meinem Vertrauen in die Macht der Gewinnspiele absolut bestätigt. Ein fataler Fehler…

„Ja, supertoll sogar. Allerdings müssten Sie vorher noch eine Kleinigkeit bei unserer Firma, die sich mit dem Vertrieb von Bildbänden über das zauberhafte Saarland beschäftigt bestellen, damit der Reisegutschein wirksam wird.“

„Wie jetzt?“

„Also, Sie müssen erst einen Bildband bei uns kaufen und dann schicken wir Ihnen den Reisegutschein zu. Wollen Sie dann „Zauberhafte Landschaften des Saarlands“ oder „Zauberhafte Saar im Saarland“ bestellen?

Unverschämtheit“, dachte ich,“ da bin ich schon so gutmütig und tausche den Porsche gegen den Reisegutschein und jetzt soll ich auch noch einen Bildband kaufen? So mal gar nicht, mein Freund! Den Reisegutschein kannst Du Dir jetzt mal geschwind sonst wo hinstecken!“ Da der arme Call Center Agent für die Dreistigkeit seines Auftraggebers aber wahrscheinlich auch nichts kann, teile ich ihm meine Gedanken nur stark gefiltert mit um ihn nicht zu verletzten.

„Ehrlich gesagt, interessiere ich mich nicht so sehr für die Schönheit des Saarlandes. Wissen Sie was, ich verzichte dann doch lieber auf den Reisegutschein und warte einfach auf meinen Porsche.“

Mit diesen Worten legte ich entschlossen auf und widmete mich wieder der LSD – geschwängerten Jugend meiner Eltern. Außerdem nahm ich mir natürlich vor, über die vielen Probleme die der Porsche mit sich bringen wird, später noch mal gründlich nachzudenken und bis zum Gewinnzeitpunkt dafür gute Lösungen parat zu haben.

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Zwei Tage später, dieses Mal bin ich gerade damit beschäftigt den schlechtesten Sex meines Lebens in einer bisher immer noch unveröffentlichten Geschichte in Worte zu fassen und möglichst trotzdem meine gute Laune zu behalten, klingelt das Telefon erneut. Als ich den Telefonhörer abnehme, erklingt wieder die ungeliebte Stimme des heimtückischen Verkäufers von „Zauberhaftes Saarland“:

„Also, ich habe bei unserem letzten Gespräch verstanden, dass Sie keinen Reisegutschein wollen, sondern lieber den Bargeldgewinn.“

„Sie haben das letzte Mal doch gar nichts über einen Bargeldgewinn gesagt“, rufe ich empört, “aber ich will sowieso überhaupt nichts mehr gewinnen!“

„Sie wollen nie mehr etwas gewinnen? Aber Sie nehmen doch immer an allen möglichen Gewinnspielen teil.“

„Jetzt nicht mehr. Ich habe herausgefunden, dass mich verschiedenste Gewinne total ruinieren könnten. Ich gehe jetzt stattdessen auf den Strich.“ Ich grinse dämonisch in mich hinein, überzeugt davon ihm mit dieser frontalen Attacke, auf den ihn auch die beste Callcenter –Agent-Schulung nicht vorbereitet haben dürfte, den Wind aus den Segeln genommen zu haben. Leider klappt diese perfide Strategie aber entgegen meiner hohen Erwartungen nur so mittelgut.

„Also, wenn Sie jetzt nichts mehr gewinnen wollen, vielleicht wollen Sie dann ja statt dessen etwas geschenkt bekommen.“ Er macht eine dramaturgisch hochwirksame Pause bevor er fortfährt: “Mich zum Beispiel“, sagt er dann.

„Jetzt richtig geschenkt, oder muss ich dann auch vorher einen Bildband über das Saarland bestellen?“ frage ich interessiert, während ich bereits mit der notwendigen Recherche für eine verbindliche Antwort beschäftigt bin und mit flinken Fingern die Suchbegriffe "Unterhaltskosten + Mann“ bei Google eintippe. Unfassbarerweise habe ich daraufhin nur Treffer, die sich auch wieder mit den Unterhaltskosten von sauteuren Autos beschäftigen. Das ist bestimmt so, weil man diese Kosten bei der Unterhaltsberechnung von Männern zwingend dazu rechnen muss. Ich bin sehr beeindruckt. Wie klug und vor allen Dingen weitsichtig die Google-Betreiber doch sind!

„“Nee, Sie müssen dann nichts bestellen“, antwortet der Call Center Mann, “Sie können mich geschenkt haben.“

Okay. Ich muss nachdenken. Wenn ich den Mann jetzt schon geschenkt kriege, dann fallen die Anschaffungskosten und Rekrutierungskosten ja schon mal weg. Das ist ja schon mal eine ganze Menge, was ich da sparen würde: Teure Cremes, nuttige Klamotten, Solariumbesuche und Tickets zu langweiligen Veranstaltungen wie Konzerte mit 12 Ton Musik, Aufführungen tschechischer Avantgardefilme in kleinen Programmkinos ohne Popcornmaschine und Vernissagen von Randgruppenkünstlern, die ich allesammt ansonsten nie besuchen würde, bei denen ich aber stets hoffe interessante Männer zu treffen. Das würde alles ersatzlos wegfallen. Das Beste an dem geschenkten Mann wäre allerdings, dass ich auch meine Nerven ziemlich schonen könnte. Denn ich müsste dann ja nicht mehr diese Kennenlern-Dates über mich ergehen lassen, bei denen mir Männer stets wortreich erklären was sie für supergeile Superhengste sind, den Beweis dafür aber stets schuldig bleiben.

Im Prinzip klingt das also alles sehr gut. Aber wenn ich diese Ersparnisse wieder mit den Unterhaltskosten für das sauteure Auto verrechne, das ja offensichtlich unumgänglich wäre, dann bin ich mir doch nicht mehr so sicher, ob sich das noch rentieren würde. Vor allem, weil meine bis dahin dann geschonten Nerven ja durch den ganzen Streit den ein Auto regelmäßig in eine Beziehung bringt, doch wieder sehr strapaziert werden würden. Schwierig, schwierig das alles. Trotzdem muss ich jetzt wohl eine Entscheidung treffen:

„Also, danke für das Angebot. Aber ich warte jetzt doch erst mal auf den Porsche, den ich ja demnächst gewinne“.

„Quatsch. Fakt ist, dass ich Ihre Stimme total geil finde und ich Sie deshalb unbedingt wieder anrufen wollte. Und Sie wollen mir doch jetzt nicht erzählen, dass eine Frau wie Sie nicht immer und ständig an neuen Männern interessiert ist.“

Ich denke nach, denn wahrscheinlich unwissendlich hat er einen wunden Punkt bei mir getroffen. Ja, ich bin wirklich ständig und immer an neuen Männern interessiert. Trotzdem bin ein bisschen schockiert, dass man es offensichtlich jetzt schon an meiner Stimme hört wie ausgehungert ich bin. Um Zeit zu gewinnen gebe ich eine tiefgründige und gleichzeitig mehrdeutige Antwort:

„Ähmmm…“

„Siehst Du! "

„Hallo? Seit wann duzen wir uns denn?"

"Seit gerade. Obwohl, wenn wir uns siezen, dann klingt das alles irgendwie viel versauter, oder?"

"Sag mal. Die Spießerin in mir fragt sich jetzt, ob Du nicht eventuell Deinen Job verlieren könntest, wenn Deine Chefin rausfindet, was Du hier eigentlich so treibst.“

„Wieso? Wir reden doch nur ganz normal. Was machst Du eigentlich beruflich?“

„Ich bin Juristin.“

„Kann man davon leben?“

„Wenn man gut ist, dann ja. Ich leider nicht. Deshalb habe ich ja auch früher immer an diesen blöden Gewinnspielen teilgenommen.“

„Aber jetzt ja nicht mehr.“

„Genau, das war mir nämlich zu anstrengend, weil dann immer irgendwelche Leute bei mir zu Hause angerufen und mich stundenlang zugetextet haben. Deshalb gehe ich ja jetzt lieber auf den Strich. Da habe ich meine Ruhe.“

„Ich finde Dich wirklich immer besser! Sag mal, was würdest Du eigentlich machen, wenn ich im Sommer im Kino neben Dir sitzen würde und beginnen würde vorsichtig Dein Bein zu streicheln.“

„Kommt auf den Film an. Bei Action Filmen, zum Beispiel schlafe ich sowieso sofort ein, da würde ich das wahrscheinlich gar nicht bemerken und bei tschechischen Avantgardefilmen da …“

„Und was würdest Du tun, wenn meine zielstrebige Hand dann Dein Knie umfasst...“

„Also, falls ich wach wäre, was – wie ich bereits erläutert habe- stark von der Wahl des Filmes abhängt, dann würde ich…“

„Du trägst natürlich einen Rock ... und ich würde Deine Beine erkunden und Du mich gewähren lassen. Der Film würde immer uninteressanter für Dich werden…“

„Falls er nicht schon uninteressant wäre. Ich bin ja, wie gesagt- sehr wählerisch was Filme angeht. Bei Filmen, wo es eigentlich nur darum geht möglichst viele Autos im Rahmen überflüssiger und absehbarer Verfolgungsjagden zu schrotten, bin ich zum Beispiel oftmals so genervt, dass….“

„Es erregt Dich, dass Du solches Interesse hervorrufst... Es mach dich an. Vor allem, weil ein Film läuft, bei dem es darum geht, möglichst viele Autos im Rahmen überflüssiger und absehbarer Verfolgungsjagden zu schrotten und solche Filme gefallen Männern ja bekanntlich ganz besonders gut. Aber ich, ich interessiere mich gerade nicht für die Autos. Auch wenn es mir natürlich im Herzen weh tut, dass der Lamborghini Murcielago LP640, also nicht die schlappe 6,2 Liter Version, sondern die geile 6,5 Liter Version mit V 12 Zylinder und 640 PS, Allradantrieb, 20 Zoll BBS Felgen mit 340 kmh Topspeed und von 0 – 100 km/h in 3,4 Sekunden und damit mein absoluter Lieblingswagen auf diese geradezu perverse Weise missbraucht und …“

„Ich lege jetzt auf!“

„Tust Du nicht! Du hebst, ohne mich anzusehen leicht Dein Becken, um mich Deinen Rock nach oben schieben zu lassen... Ich streiche über Deine Beine und Du erschauderst... Ich mache an Deinem Höschen halt... Suche nach Deinem Nabel. Also, wenn Sie an dem Gewinnspiel jetzt nicht mehr interessiert sind, dann kann ich Ihnen immer noch anbieten, dass….“

„Geht´s noch? Ich hatte doch schon gesagt, dass ich an überhaupt keinen Gewinnspielen mehr teilnehmen will!

„Schon gut. Meine Chefin kam nur gerade vorbei.“

„Ach so. Macht nichts. Ich habe sowieso gerade keine Lust mehr mich im Kino von Fremden befummeln zu lassen, weil…“

„Angespornt von Deinem Verhalten wandert meine Hand natürlich zu Deinem schon langsam feucht werdenden Höschen.... Ich fasse nur kurz durch den Stoff an, um es dann mit Deiner Hilfe einfach auszuziehen... Dann schaust du, ob alles ruhig ist und öffnest für ihn deine Beine... Meine Hand erforscht deine Schamlippen von oben bis unten und Du merkst, wie Du mich erregst, greifst nun auch nach meiner Hose und… Nein, der Bildband „Zauberhafte Landschaften des Saarlandes“ ist im Moment vergriffen. Kann ich Ihnen etwas anderes anbieten? Ich persönlich liebe zum Beispiel das Buch „Zauberhafte Saar im Saarland“ ganz besonders….“

„Wieder Deine Chefin?“

„Ja. Blödes Biest, die braucht einfach mal wieder einen echten Kerl, dann hat die bald auch wieder bessere Laune. Ist ja nicht auszuhalten mit der. Aber egal, wir beide müssen ja jetzt mal weiterkommen hier.“

„Da hast Du absolut recht. Ich fasse deshalb unsere bisherigen Erkenntnisse mal kurz zusammen: Fakt ist, dass Du mich und insbesondere meine Stimme total geil findest. Fakt ist aber auch, dass ich an keinen Gewinnspielen mehr teilnehmen möchte, weil ich ja jetzt lieber auf den Strich gehe und außerdem Filme mit Autoverfolgungsjagden hasse. Das gilt auch, wenn mir im Kino jemand den ich gar nicht kenne dabei die Muschi streichelt, da ich das dann ja sowieso nicht mitbekommen würde, weil ich ja schon eingeschlafen wäre. Ist das so ungefähr alles richtig?“

„Ja. Ich rufe Dich wieder an. Ich merke ja, Du willst es doch auch! “

Klick. Er hat aufgelegt und ich gebe bei Google die Suchbegriffe „Telefonnummer+ wechseln+ sofort“ ein. Ich habe nämlich wirklich absolut keine Lust auf Action Filme mit Autoverfolgungsjagden - auch nicht mit geschenktem Mann…

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 01.03.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Meinem Lieblings-Call-Center-Agenten. Im Herzen bin ich bei Dir!

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