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Ob auch eine Mail von Luigi dabei ist? Ich bin ziemlich aufgeregt, was zugegebenermaßen sehr unprofessionell aber angesichts der Vollkommenheit seiner Person trotzdem verzeihlich ist. Wir tauschen schließlich schon seit Wochen unglaublich heiße Mails auf noch unglaublicherem hohen Niveau aus. Hoffentlich lädt er mich jetzt endlich mal zu einem Treffen ein. Ungünstigerweise kann ich ihn ja selbst nicht einladen. Schließlich ist er Sizilianer! Das sagt schon alles. Trotzdem kann dieses heiße Blut aber nicht immer und ständig als Entschuldigung gelten. Ich will ein Date! Am besten sofort! Und genau deshalb überfliege ich jetzt hektisch meine Mails. Er hat geschrieben und er ist online. Oh Gott, mein Herz!

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Mail von Italian Stallion:

„Als männlicher Teil dieses virtuellen Spiels sind wir Männer diejenigen, die versuchen mit Charme und Eleganz die Aufmerksamkeit der Frau zu erhaschen. Und es gibt doch nichts Schöneres als eine Frau, die mit ihrer ganzen Person in der Männerwelt Respekt erzeugt... Das hat Klasse. Ein weiser Mann sagte Anfang des letzten Jahrhunderts:“ There are two kinds of class:“ First class and no class". Du weißt, dass Du First Class bist. Ich gehe sogar noch weiter. Du hast für mich den Begriff „First class“ neu definiert. So hoffe ich Dir nicht zu nahe zu treten, wenn ich gestehe, dass ich mir wünsche Dich nun auch zu spüren. Wenn Du wie ich fühlst, dann gewähre mir die Ehre und komm heute Abend in mein bescheidenes Casa in Büderich. Darf ich hoffen?
Luigi“
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Yes, yes, yes!!!! Ich werde verrückt. Heute ist es also endlich soweit. Luigi und ich werden uns sehen, miteinander reden und selbstverständlich schon kurze Zeit später stundenlangen, supergeilen, wahnsinnsausgefallenen Sex auf extrem hohen Niveau haben. Gütiger, bin ich aufgeregt. Jetzt muss ich mich jetzt sehr stark zusammenreißen, damit ich nichts mehr vermassle.

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Mail an Italian Stallion:
„Die Ehre sei Dir gewährt. Kann man da gut parken?“
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Mail von Italian Stallion:
„Si. Du kannst direkt hinter meinem Wagen parken. Es ist ein schwarzer Porsche Cayenne S. Würde 20 Uhr bei Dir passen? Und könntest Du roten Lackstiefel anziehen, die Du auf Deinem Profilphoto bei Sexnet.com trägst?“
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Was hat der denn geglaubt, das ich anziehen würde? Flache Schuhe oder was? Oder meint der jetzt NUR die roten High Heels? Das geht natürlich auch, aber die Autofahrt nach Büderich wäre dann schon ein bisschen schwierig. Also nicht für mich, sondern nur für die anderen Autofahrer. Ach was, über diese Details denke ich später noch mal nach.

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Mail an Italian Stallion:
„Ich werde dort sein und Dich nicht enttäuschen.“
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Punkt zwanzig Uhr stehe ich in Büderich vor dem Haus von Luigi. Sehr hipp, sehr weiß, sehr teuer. Bevor ich auf die Klingel aus poliertem Edelstahl drücke, richte ich sogar angespannt noch mal schnell meine Frisur. Selbstverständlich mache ich so was kindisches sonst nie, aber bei diesem Spitzenmann kommen bei mir ungeliebte Selbstzweifel hoch. Als die Flügeltür lautlos aufgeht und den Blick auf eine gigantische Eingangshalle freigibt, erleide ich deshalb vor Aufregung auch direkt eine Herzattacke.

Klack, klack, klack. Die Absätze meiner roten High Heels klacken laut auf dem auf dem glitzernden italienischen Grantitboden. Ich fühle mich jetzt sehr sexy. Und neben dem Geräusch meiner Pfennigabsätze höre ich noch etwas. Zuerst ganz leise:“ Der Vogelfänger bin ich jaaa…“ Das ist Pamino aus Mozarts „Die Zauberflöte“. Wie geil ist das denn? Vogelfänger, Zauberflöte, Wahnsinn, genau diese subtile Verdorbenheit ist es die mich in dieses Reichenghetto getrieben hat. Die Exkursion hat sich ja jetzt schon fast gelohnt. Denn bei aller Liebe zu meiner Heimat, so was ist im Ruhrgebiet wirklich ungleich viel schwieriger zu finden.

Luigi selbst sieht in natura fast noch besser aus als auf dem Photo, das er mir geschickt hat. Mal abgesehen von dem spießigen Hermes Schal den er um seinen Hals trägt und der Tatsache, dass er von der angegebenen Körpergröße von 1,85 Meter Körpergröße weiter entfernt ist, als erwartet. Ich schätze mal so 15 Zentimeter. Egal, der Mann ist ein Gott.

„Bella“ haucht er mir ins Ohr „endlich“. Mir ist schon ganz schwindelig vor Erregung, jetzt kann ich mich auf keinen Fall mehr zurückhalten! Um keine wertvolle Zeit zu verlieren, ziehe ich Luigi direkt beherzt an mich. Seltsamerweise befreit er sich aber wieder vorsichtig aus meiner heißen Umarmung und führt mich in sein Wohnzimmer, in dem ein Feuer im Kamin prasselt. Da das auf Grund der Außentemperaturen wirklich nicht erforderlich gewesen wäre, wittere ich auch hier eine tiefsinnige Bedeutung. Klar. Er will die Zimmertemperatur dramatisch hochziehen, damit wir uns schon ganz bald gegenseitig die Klamotten vom Leib reißen müssen, vor dem Kamin natürlich.

Das Wohnzimmer selbst ist sehr spartanisch eingerichtet. Selbst auf dem Designerglastisch der genau in der Mitte des Raums placiert ist, stehen nur zwei Gläser und eine Flasche Wein. Sonst nichts. Sofort stelle ich mir vor, wie wir diese Deko vom Tisch schmeißen, der rote Wein sich zeitlupenmäßig über die blankpolierten, weißen Fliesen ergießt, ich in gleichen Zeitlupentempo auf den Tisch sinke und wir uns auf der Glasplatte unserer Leidenschaft hingeben, ohne an ein Morgen zu denken. Leider holt mich die Realität jedoch jäh ein. „Uno Momento, Bella. Ich habe die Untersetzer für die Gläser in der Küche vergessen.“ Untersetzer? Ich befürchte, dass die Sache auf dem Tisch wohl doch nicht so wunschgemäß laufen wird…Naja. Muss ja vielleicht auch nicht unbedingt sein. Vor dem Kamin wäre es schließlich genau so gut. Direkt auf dem schneeweissen Flokati…

Luigi stellt nun die Gläser auf die Untersetzer und bietet mir einen Stuhl an. Ganz gentlemanlike schiebt er mir den beim Hinsetzten sogar unter den Hintern. Meine Phantasie geht schon wieder völlig mit mir durch. Dieses Mal werde ich von leicht devoten Visionen gemartert und obwohl ich normalerweise überhaupt keine devoten Tendenzen habe, wäre ich hier und jetzt bereit das im Rahmen eines superverdorbenen Rollenspiels mal auszuprobieren. Hatte ich „Rollenspiele“ eigentlich als erotische Vorliebe in meinem Profil angekreuzt? In jedem Fall muss ich mich aber offensichtlich noch ein bisschen gedulden, denn jetzt gießt mein Bettgefährte in spe uns beiden erst mal von dem Wein ein. „Mein lieber Luigi, ich trinke doch keinen Alkohol.“ Das muss ich sagen, weil ich das schließlich bei Sexnet.com so angegeben habe. Außerdem finde ich meine Stimme auch gerade sehr erotisch.

„Bella, das ist doch kein profaner Alkohol. Das ist etwas viel besseres. Ein Dal Forno, 250 Euro die Flasche. Nur durch eine Verkettung äußerst günstiger Umstände ist es mir gelungen diesen edlen Tropfen in einer exklusiven Vinothek am Barbarossaplatz in Düsseldorf zu ergattern. Du musst ihn probieren. Bella, tu es für mich.“

Immer noch gefangen in meinen tendenziell devoten Träumen und durch die Situation im Allgemeinen total benebelt, gehorche ich und trinke einen Schluck, während mein Sizilianer mich erwartungsvoll anschaut. Also muss ich etwas sagen: “Ja schön. Ein bisschen trocken im Hals. Aber lecker.“ Luigi sieht nun aus, als ob er gleich ohnmächtig werden würde. Er hebt sein Glas leicht an und lässt den Wein darin langsam kreisen. Ich befürchte wieder einmal, gleich die Besinnung zu verlieren, denn das ist ja wohl superheiß.

„Bella, erkennst Du denn nicht, wie tief, dicht und dunkel der Dal Formo ins Glas läuft? Ein Wunder an Vielschichtigkeit und Finesse. Alle einzelnen Aromen zu beschreiben, die ich bei diesem Wein assoziiere, hätte wenig Aussicht auf Erfolg. Alles kann nur ein kläglicher Versuch sein, den Wein durch Aromenkategorien zu charakterisieren. Doch ich werde den dreisten Versuch nicht wagen! Der Wein ist so schön, so komplex so stilvoll und nie aufdringlich. Unglaublich, Bella! Womit kann ich diesen Dal Forno nur vergleichen? Vielleicht mit einer großen italienischen Oper - Stil, Eleganz und Klasse, aber auch ein vergnügliches Maß von bourgeoisem Charme zur Befriedigung gewöhnlicher Sinneslust…“ Ich nicke eifrig. Gott sei Dank, wir sind wieder beim Thema.

„Ähm, Luigi. Wo wir gerade bei Sinneslust sind, sollten wir da nicht langsam auch mal sinnlich werden. Ich meine, das Kaminfeuer, der Dal Forno, die Zauberflöte…“ Um die Zweideutigkeit meiner Aussage zu unterstützen mache ich eine ausladenden Geste.

„Bella, Sinnlichkeit ist der Motor meines Seins und Deiner Existenz. Wie Du Dich bewegst. Diese Gesten, dieser Ausdruck. Liebst Du das experimentelle Theater eigentlich auch so sehr wie ich?“ „Das was?“ Ich bin nun stark irritiert. Ist das eine Sexpraktik die sich meiner Kenntnis trotz meiner intensiven Recherchen bisher entzogen hat oder einfach nur ein anderer Begriff für Rollenspiele?

„Bella, experimentelles Theater… das ist doch nur eine allgemeine Bezeichnung für verschiedene Bewegungen im westlichen Theater, das im 20. Jahrhundert als Reaktion gegen die dann dominierenden Versammlungen anfing, und das Schreiben und die Produktion des Dramas regelten. Wusstest Du eigentlich, dass eine späte Phase des experimentellen Theaters des 20. Jahrhunderts auch als „Theater des Absurden“ bezeichnet wird?“

Nein, das wusste ich nicht. Aber absurd kommt mir die ganze Geschichte hier inzwischen wirklich vor. Hallo? Ich sitze hier ohne Unterwäsche in einem sündhaft teuren Kleid herum und meine Füße schmerzen total in den High Heels die ich unbedingt anziehen sollte. Außerdem ist es auch sehr anstrengend immer den Rücken so gerade zu halten, damit meine Brüste auch im Sitzen super aussehen. Aber so richtig helfen tut das alles nicht gerade. Doch halt! Es könnte natürlich auch sein, dass wir hier nicht weiterkommen, weil Luigi mich gar nicht richtig gut sehen kann. Immerhin ist dieser blöde Tisch zwischen uns. Also muss ich ihn vom Tisch wegzulocken und dann kann es endlich losgehen!

Ich stehe nun ganz langsam auf, lasse meine Finger dabei über die Glasplatte gleiten und steuere auf den Flokati vor dem Kamin zu. Von dem tollen farblichen Kontrast den ich so geschaffen habe bin ich selbst auch ganz begeistert. Alles ganz weiß, ich in dem roten Kleid, mit den roten Schuhen, das Rotweinglas in der Hand...

Oh super, meine geniale Strategie wirkt schon. Luigi steht auf und kommt ganz nah zu mir, seine schwarzen Haare streifen meine Wange, ich kann seinen Geruch ganz deutlich wahrnehmen. Dann greift er nach meiner Hand und…“Bella, kannst Du mir mal das Weinglas geben?“ Lasziv reiche ich ihm das Glas, jetzt geht es ja offensichtlich los, da muss ich die Hände freihaben. Mein nun endlich williger Sexualpartner geht nun zurück zum Tisch und stellt das Glas wieder auf dem Untersetzer ab, während ich ihn mit sündigen Blicken verfolge. „Ich habe ein bisschen Angst, dass Du den verschüttest und die Flecken kriegt meine Haushälterin aus dem Teppich ja nie mehr raus. Ähm, und kannst Du vielleicht auch wieder an den Tisch kommen, Bella? Das mit den Schuhen auf dem weißen Teppich, das muss ja vielleicht auch nicht unbedingt sein.“

Ja, das stimmt natürlich… Offensichtlich muss ich hier dringend etwas unternehmen. Zum Beispiel über eine Exit-Strategie nachdenken. Andererseits kann es immerhin sein, dass Luigi doch vielleicht einfach nur extrem schüchtern ist und sich hinter dieser pseudo-intellektuellen- Italo- Fassade versteckt. Dann müsste ich die Initiative ergreifen, wozu mir allerdings noch ein bisschen der Mut fehlt. Aber wenn ich nichts mache, dann wird das hier ganz eindeutig nichts mehr. Also werde ich jetzt handeln.

Da Exit und exen ja beides mit „Ex“ anfängt greife ich nun entschlossen zum „Dal Forno“ und mache mir das Glas erst mal richtig schön voll. Und runter damit. Das ganze drei mal schnell hintereinander. Luigis entsetzte Blicke ignoriere ich gekonnt, da er mir später für meinen beherzten Aktionismus sicherlich noch dankbar sein wird. Jetzt muss ich nur noch zehn Minuten warten, bis das Weinchen wirkt und dann Attacke. Die Wartezeit überbrücke ich notgedrungen damit die langweilige Unterhaltung mit Luigi fortzusetzen:

„Mein Lieber, ich finde es total faszinierend, was Du so alles weißt. Experimentelles Theater, mit wem kann man sich darüber schon auf so einem hohen Niveau unterhalten. Die Konversation mit Dir ist wirklich inspirierend. Obwohl ich zugeben muss, dass ich das Avantgardekino dem experimentellen Theater irgendwie doch vorziehe. Das Theater ist nämlich für mich auf Grund meiner hochsensiblen Natur manchmal etwas problematisch. Die Kinoleinwand schafft für mich jedoch die Distanz, die ich brauche um mich als Person nicht zu verlieren. Was meinst Du denn dazu?“ Treffer! Luigi blüht auf. „Du, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Nimm zum Beispiel einen Ito Daisuke, dessen Hauptgenre bekanntlich das Jidai-geki (Samurai-Actionfilm) war. Ich meine, er schuf das japanische avantgardistische Kino und hat entgegen aller damaligen Konventionen europäische Romanerzählungen einfließen lassen. Das kann man quasi als Brückenschlag zwischen Theater und Kino werten. Erkennst Du den revolutionären Genius, Bella? Und so bin ich auch. Revolutionär und genial“.

Okay. Das war´s. Inzwischen bin ich total dicht und erkenne nun endgültig, dass hier gar nichts mehr laufen wird. Im Wein liegt eben doch die Wahrheit. Allerdings hat mich dieses bekloppte Japan Thema immerhin darauf gebracht, dass ich jetzt superviel Lust auf ein Paket Tsunami Sushi habe. Aber natürlich nicht bei dem Spinner in Büderich, sondern schön zu Hause auf meinem Sofa in Essen. Doch wie komme ich jetzt hier weg? Mangels anderer – eventuell humanerer - Möglichkeiten, greife ich zu einem heimtückischen aber sehr wirksamen Trick:

„Luigi. Ich würde mir gerne mal das Näschen pudern, Du verstehst schon….“ Zur Verdeutlichung meines randillegalen Vorsatzes zwinkere ich auch noch neckisch mit dem rechten Auge. Klar versteht er, er ist schließlich ein reicher Künstler aus Büderich. Ich weiß auch schon, was er jetzt sagen wird und werde nicht enttäuscht:“ Bella, kein Problem. Aber kannst du das bitte im Bad machen. Ich meine, da sind jetzt zwar schon deine Fingerschmierspuren auf dem Glastisch, aber das braucht ja auch nicht noch mehr werden. Aber auf den Fliesen im Bad kannst du machen was du willst.“

Und ab dafür! Ich muss mich sehr zurückhalten, nicht los zu rennen, denn auf halbem Weg kann ich den Ausgang schon sehen. Aus Tarnungsgründen schlage ich sogar die Tür vom Gäste WC noch zu. Dann ziehe ich die Schuhe aus und stürme aus dem Haus. Hinter mir wird Mozarts Königin der Nacht zum Glück immer leiser:“ Ha, ha, ha, ha, haaaaaaaaaaa. Ha, ha, ha, ha, haaaaaaaa….“ Ja, ja. Lach Du nur!

Geschafft. Erleichtert springe ich in meinen Ford Fiesta Festival, den ich anweisungskonform direkt hinter Luigis Porsche Cayenne S geparkt habe und trete energisch aufs Gas. Seltsamerweise springt mein Wagen aber nur ein ganz kurzes Stück nach vorne und bleibt dann abrupt stehen. Solche Störungen brauche ich gerade jetzt natürlich nicht, denn nun muss ich wieder aussteigen um zu sehen was mich aufhält. Es ist der Cayenne S von Luigi. Da steckt mein kleiner Ford nämlich jetzt drin. Wie ärgerlich! Vor allem, weil mich das jetzt in eine total doofe Situation bringt. Wenn ich wieder nach oben gehe und das Malheur gestehe, wird die Sache superpeinlich für mich, weil Luigi dann ja weiß, dass ich fliehen wollte. Außerdem würde ich mich für die Tat angesichts meines aktuellen Alkoholspiegels im Moment sowieso nicht so gerne verantworten wollen.

Sehr, sehr ärgerlich das alles! Trotzdem muss ich dieses Problem jetzt lösen und so treffe ich nach kurzem Zögern eine Entscheidung die nachhaltig sicherstellt, dass ich Luigi weder beim Vino noch vor Gericht wiedersehen muss: Ich trete beherzt nochmals aufs Gas, so dass sich mein Ford Fiesta Festival mit einem lauten Ratsch aus Luigis Porsche befreit und brause einfach unerkannt im Schutze der Dunkelheit davon.

Die Fahrtzeit von Büderich nach Hause nutze ich um zu Billy Idol Songs in meinem Auto zu performen und schon mal die Erkenntnisse dieses Abends auszuwerten. Die sind natürlich eher niederschmetternd. Dabei fing alles so gut an. Die tollen Mails, der Esprit und dann natürlich die Tatsache, dass Luigi Sizilianer ist. SIZILIANER!!!! Und dann das! Unglaublich! Das kann man ja wirklich keinem erzählen. Obwohl erzählt hat der ja eine Menge. Über japanisches Avantgarde Kino zum Beispiel….

Siedendheiß fällt mir jetzt ein, dass ich ja doch schon mal so einen japanischen Avantgarde Film gesehen habe. Darin ging es um ein japanisches Paar, das sich eigentlich ständig nur lustvoll gewürgt hat, bis Sie Ihn schließlich erwürgt hat - selbstverständlich beim Sex. Oh mein Gott! Ob das mit den japanischen Avantgarde Filmen vielleicht nur eine Anspielung war die erst jetzt verstehe? Ist es möglich, dass Luigi die Abgründe meiner Phantasien auf diese subtile Weise ergründen wollte? Zuzutrauen wäre es ihm ja. Allerdings hätte ich wirklich keine Lust gehabt mich mit seinem Hermes Tuch strangulieren zu lassen und dabei auch noch die ganze Zeit mit der Zauberflöte gequält zu werden. Leider aber nur mit der Oper!

Gütiger, ich muss sogar jetzt noch die Musik im Auto lauter machen um das ätzende:“ Ha, ha , ha, ha, haaaaaaaaa. Ha, ha, ha, ha, haaaaaaaaa“ der Königin der Nacht aus dem Ohr zu kriegen.
Es ist wirklich alarmierend wie negativ sich so viel intellektuelles Getue auf den Sex auswirkt. Stimmt der Satz: „Dumm fickt gut“ also vielleicht doch? Und gilt eventuell auch der Umkehrschluß


Schwer zu sagen, denn mit Luigi ist es ja bis zu diesem Punkt gar nicht gekommen. Mit Sicherheit kann ich bisher also nur feststellen, dass das „Dumm“ im Gegensatz zu diesem „Schlau“ es fffimmerhin überhaupt mal tut, anstatt stundenlang gebildet daherzuquatschen.

Inzwischen bin ich am Breitscheider Kreuz und habe keine Lust mehr auf Sushi. Deshalb suche ich im Fußraum meines Autos nach meinem Handy, natürlich bei voller Fahrt. Ich bin ja wieder mal auf der Flucht- und das schon das zweite Mal in meinem Leben! Glücklicherweise finde ich das Telefon zeitnah zwischen den leeren Brötchentüten und Kaffeebechern und rufe meine besten Freund an. Schließlich müssen wir das traumatische Luigi Erlebnis heute noch gemeinsam im „Star Diner“ bewältigen. Gott sei Dank hat er gerade Zeit, um seiner besten Freundin in diesen schweren Stunden beizustehen. Das ist bei ihm durchaus nicht immer so. Seine Aufopferung für mich auf die er sich so ultraviel einbildet findet ja immer sehr schnell ihre Grenzen, wenn er dafür eine Sexgelegenheit aufgeben müsste. Heute war er aber auf der Jagd offensichtlich genau so unerfolgreich wie ich. Er ist nämlich sogar schon da als ich im „Star Diner“ ankomme. Während ich ihm wortreich von den schockierenden Ereignissen der letzten Stunden erzähle, essen wir eine Riesenportion Cheese Fries und schädeln uns final weg. Bei mir geht das dieses Mal natürlich ziemlich schnell, weil ich ja schon die Flasche „Dal Forno“ drin habe.
Trotzdem setze ich mich – kaum wieder zu Hause angekommen- pflichtbewusst sofort wieder an meinen Labtop um die Erkenntnisse dieses Abends aufzuschreiben. Wer trinken kann, der kann schließlich auch arbeiten! Erschreckenderweise hat Luigi meine Flucht inzwischen jedoch bemerkt und mir bereits eine Mail geschrieben.
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Mail von Italian Stallion:
„Bella, wieso verlässt Du mich so plötzlich nach diesem wunderbaren Abend voller Intimität und gegenseitigem Respekt? Ich verzehre mich vor inbrünstiger Leidenschaft die Leiden schafft und will Dich unbedingt wieder sehen. Dafür würde ich bis zum Ende der Welt reisen. Die Sonne, den Mond das alles will ich Dir zu Deinen schönen, kleinen Füßen legen. Mein Leben will ich in Deine zarten Hände geben, jeden Tag nur mit Dir verbringen und natürlich jede Menge Bambinis.

Wir haben so viel gemeinsam. Wie zum Beispiel die Liebe zum experimentellen Theater und zum avantgardistischen Kino. Du bist die Frau meins Lebens. Ich flehe Dich an: Beende mein Leiden und kehre zu mir zurück. Am Besten pronto und zieh dann auf jeden Fall die roten Stiefel wieder an! Amore, Luigi.“

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Offensichtlich hat er den Schaden an seinem Cayenne wohl noch nicht bemerkt. Das ist sehr praktisch, denn jetzt verbanne ich „Italian Stallion“ umgehend auf meine Ignore Liste und breche so den Kontakt zu ihm für immer ab. Soll er mal schön selbst auf seiner Zauberflöte spielen. Ich bin auf jeden Fall raus aus der Nummer, aber immer noch auf der Suche…


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 01.02.2009

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