Hier stehe ich nun, vor einer Wand aus Grün.
Pflanzen jeder Art, soweit das Auge reicht.
So sieht er also aus, der Bücher-Dschungel.
Was mich hierher gebracht hat?
Eine Idee.
Eine Idee für ein Buch.
Die Abenteuerlust hat mich gepackt.
Doch, wo starten? Wie beginnen? Hier gibt es nichts, das auch nur ansatzweise wie ein Weg oder
Pfad aussieht.
Mein einziges Rüstzeug ist das kleine Schreibratgeber-Messer in meiner Hand.
Heureka denke ich mir und setzte den ersten Schnitt, an einer der Seiten-Lianen.
Das Messer gleitet fließend hindurch und öffnet mir den Weg in eine unbekannte Welt.
Zügig komme ich voran, Seiten-Liane, um Seiten-Liane lasse ich hinter mir und stoße immer Tiefer
in die neuen Gefilde vor.
Freudig genieße ich die Umgebung, sauge die neuen Eindrücke in mich auf.
Ich bin der geborene Entdecker. Was die anderen immer von Beschwerlichkeiten jammern, kann
ich nicht verstehen. Bin stolz auf den zurückgelegten Weg.
Dann trifft sie mich.
Völlig unerwartet.
Die Hitze.
Keuchend muss ich inne halten. Jeder Schritt treibt mir die Schweißperlen ins Gesicht und die
Anstrengung einen Fuß vor den anderen zu setzten lässt mich straucheln.
Ich brauche eine Pause.
Doch die Rast hat nicht den gewünschten Effekt, die Erholung bleibt aus.
Schleppe mich weiter.
Aber der Dschungel ist unerbittlich. Er wird dichter. Ich befinde mich inmitten der Informationsflut.
Überall schießen neue Planzen wie Pilze aus dem Boden. Grün und noch mehr grün.
Das Vorankommen wird zu einer zähen Angelegenheit.
Vor mir lichtet es sich etwas.
Und was sehen meine geschundenen Augen? Ein kleines Dorf.
Auf dem Dorfplatz begrüßt mich eine alte Frau. Einladend nimmt sie meine Hand.
„Komm,“ sagt sie, „setzt dich und ruh dich aus. Ich bringe dir etwas zu essen. Du musst sehrä
erschöpft sein.“
Und das bin ich. Ich habe es verdient mich auszuruhen.
Nachdem ich ein köstliches Essen genossen habe, dusche ich an einem kleinen Wasserfall.
Was für ein paradiesischer Ort.
Die alte Frau hat mich in ihre Hütte eingeladen und ich leiste ihr Gesellschaft.
Träge lausche ich ihrer Stimme. Versunken in gemütliche Kissenberge, schicken mich ihre
Geschichten auf Reisen.
Wie lange bin ich schon hier? Tage, Wochen oder gar Monate? Ich weiß es nicht mehr.
„Alte Frau? Wie lange bin ich schon bei dir?“
„Liebes Kind, im Dorf der Zerstreuung gibt es keine Zeit. Viele die hierher gekommen sind, sind
einfach geblieben. Wen kümmert schon Zeit? Gut soll es einem doch gehen.“ Sie schenkt mir ein
zahnloses Lächeln.
Das rüttelt mich wach und ich besinne mich auf meinen Weg und erinnere mich an mein Ziel.
Ich verabschiede mich und verspreche, Sie ab und an zu besuchen.
Die Alte Frau umarmt mich fest, will mich gar nicht gehen lassen.
„Sei vorsichtig! Hüte dich vor dem Selbstzweifel-Tiger und vor den Kritiker-Affen. Gefährliche
Biester. Viele die sie trafen, wurden nie wieder gesehen.“
„Ich werde auf mich aufpassen“, sage ich und verschwinde im Grün.
Tauche ein in den dichten Dschungel. Pflüge gekonnt durch die Seiten-Lianen.
Ich betrete ein neues Areal. Die Umgebung ist feucht, es tropft mir in die Augen und verklärt
meine Sicht. Wenn ich mich abstützen will, rutsche ich an unseriösen Verlagen ab. Schmierig
bringen sie einen ins schleudern. Falsche Versprechen, locken mit ihrem Ruf.
Wo ist mein Weg? Ich weiß nur, das hier, ist er nicht.
Mache kehrt und atme erst wieder ruhig, als das vertraute Grün vor mir auftaucht.
Alleine kämpfen ist kräftezehrend. Jeden Hieb muss man selbst tun und ein Ende ist nicht in
Sicht. Auf was hab ich mich da nur eingelassen? Im Dickicht höre ich den Selbstzweifel-Tiger
schnurren. Nur schnell weg hier, bevor er mich frisst.
Vor mir raschelt es im Gebüsch. Abwehrend hebe ich meine Schreib-Machete.
Doch heraus tritt ein anderer Reisender. Genauso verschreckt wie ich.
Wir lachen laut und befreiend. Dann gehen wir ein gutes Stück zusammen und alles fühlt sich
leichter an.
Wir sitzen zusammen am Lagerfeuer und tauschen Erfahrungen aus. Hoch über uns ziehen die
Erfolgsautoren-Vögel ihre Kreise. Prächtige und beeindruckende Kreaturen.
Als wir weiter wandern kommen wir an den Punkt, an dem sich unsere Wege trennen. Mein
Wegbegleiter muss weiter in den Recherche-Wald und vor mir liegt der Letzte-Kapitel-Berg.
Wir verabschieden uns und versprechen in Kontakt zu bleiben.
Der Aufstieg ist mühsam aber ich nehme einen Schritt nach dem anderen. Alles in meinem Tempo
und ohne Hast. Unterwegs kann ich die wunderbare Aussicht genießen. Der Blick ist frei bis zum
Horizont. Stolz betrachte ich, was bereits hinter mir liegt.
Nur der Abstieg trennt mich jetzt noch von meinem Ziel.
Ich dachte ich würde schneller vorankommen.
Lektor-Schlingen und Cover-Sträucher brauchen lange bis sie aus dem Weg geräumt sind.
Doch dann bin ich da.
Der Ende-See taucht vor mir auf. Er lockt mit seinem kristallklarem Wasser.
Ich genieße es meine Füße in das kühle Nass zu tauchen. Immer weiter wate ich hinein und
schließlich tauche ich unter. Alle Anstrengung, alle Last, fällt von mir ab und meine Worte ergießen
sich in kleine Wassertropfen.
Erschöpft aber glücklich schaue ich Ihnen dabei zu, wie sie sich auf die Reise zu den Leser-
Wasserfällen machen.
Ich wünsche mir das sie ihren Zweck erfüllen und Vielen Freunde bringen.
Tag der Veröffentlichung: 24.07.2019
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für alle Schreiberlinge