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Die Geburt




Vorwort: Seit meiner Kindheit ist mein Verlangen stetig gewachsen mich in schriftlicher Form auszudrücken. Nun endlich habe ich mich dazu entschlossen meine Gedanken die in meinem Kopf gespeichert sind in diesem Buch zu verarbeiten. Es werden viele Geschichten, die das Leben so schreibt in einer Hauptgeschichte erzählt. Ich hoffe ihr habt genauso viel Spaß beim Lesen wie ich beim Schreiben haben werde.
Es ist eine Lebenswanderung, die durch gute und schlechte Zeiten führen wird. Angefangen von der Geburt bis hin zum Hier und Jetzt der heutigen Zeit. Es wird die Lebensgeschichte von Conny erzählt und von den Menschen, denen sie begegnet ist im Laufe der Jahrzehnte ihres turbulenten Lebens.


Die Geburt
Mit der Geburt eines Menschen fängt für uns das Leben sofort richtig an und damit beginnt jede Lebensgeschichte. Jedoch verläuft sie bei Jeden von uns auf ganz unterschiedliche Weise, darum ist jede neu erzählte Geschichte für uns spannend und interessant.
Der Frühling breitete langsam seine Flügel aus und mit seinen ersten wärmenden Sonnenstrahlen erfasste er das ganze Land. Der Morgen meiner bevorstehenden Geburt hatte etwas mystisches an sich, die Nebelschwaden zogen sich zurück um das Sonnenlicht durchblinzeln zu lassen. Die Flügel des Frühlings waren den Feenflügeln gleichermaßen ebenbürtig an diesem ereignisreichen Tag und die Stunde meiner Geburt rückte immer näher, denn meine Mutter lag bereits in den ersten Wehen. Obwohl meine Mutter das zweite Kind erwartete, war sie völlig aufgelöst und nervös.
Das Geburtshaus befindet sich heute noch in der Siedlung am Rande des Dorfkerns. Zuerst fährt man mit dem Auto immer auf der Hauptstraße entlang aus der Richtung des Dorfkerns kommend. Dann biegt man in die nächste Kurve ein und wir befinden uns bereits Mitten in der kleinen Siedlung. Der nächste Blick fällt direkt auf ein in der Ecke freistehenden Backsteinhaus mit einem wunderschönen Erker in dem ich geboren wurde. Hinter dem Haus erstreckt sich ein Wäldchen, aus denen die Wildschweine schon mal bis in den Garten kommen aus Neugier und sie schauen sich nach etwas essbaren in den Mülltonnen um. Auf der gegenüberliegenden Seite des Hauses erstrecken sich mehrere Reihenhäuser.
Nicht unweit des Geburtshauses befand sich die Entbindungsklinik für die umliegende Landregion. Meine Mutter hatte sich aber fest in ihren Dickschädel gesetzt zu Hause entbinden zu wollen. Sie erhoffte sich dadurch eine bessere Betreuung durch den behandelnden Arzt falls es zu Komplikationen kommen sollte. Mein Vater versuchte sie vom Gegenteil zu überzeugen, das im Krankenhaus eine gute medizinische Versorgung für sie bereit stehen würde. Aber was sie sich einmal in den Kopf gesetzt hatte, das wurde auch von ihrer Mutter und ihrem Ehemann ohne jegliche weitere Diskussion sofort in die Tat umgesetzt. Als weitere schmerzhafte Geburtswehen einsetzten, bat sie meinen Vater er sollte rasch die Hebamme verständigen. Da schwang sich mein Vater verwegen sogleich auf sein Pferd wie ein Ritter um seinem edlen Burgfräulein zur Hilfe zu eilen. Natürlich stieg er auf sein geliebtes Motorrad der Marke BMW, die noch aus der Vorkriegszeit stammte. Er raste wie wild in das Krankenhaus um die Hebamme und den Arzt zu verständigen, weil deren Einsatz an Ort und Stelle des Geschehens umgehend von Nöten sein würde. Die Hebamme fuhr sofort mit meinem Vater auf dem hinteren Motorradsitz im Eiltempo wieder in die Siedlung zurück zu meiner Mutter Ilse. Meine Oma Elsa hielt so lange die Stellung im Haus und versorgte alle Anwesenden mit warmen Kaffee und Kuchen zur Beruhigung. Sie stand neben dem Bett ihrer verzweifelt wirkenden Tochter und streichelte ihr liebevoll den Kopf und hielt ihr die Hand wie es ihrer aufopferungsvollen Art entsprach. In der Küche saß der Opa Max und Oma Erna bei einer Tasse Kaffee und sie spielten mit meiner großen Schwester Silvia ein Brettspiel zur Ablenkung von dem aufregenden Geburtsvorgang. Als die Hebamme eintraf, da war die Geburt bereits im vollen Gange. Die Hebamme wirkte beruhigend auf meine Mutter, jetzt war eine Person anwesend mit reichlich viel Erfahrung im Kinder gebären. Alle Anwesenden versammelten sich rund um das Bett meiner Mutter Ilse. Sie keuchte und stöhnte und rang ständig nach Luft und bald im nächsten Augenblick hatte sie es geschafft. Endlich hielt mich die Hebamme in ihren Armen und sie versorgte mich mit dem nötigsten für diesem Moment. Als nächstes legte sie das Neugeborene Kind in ein Stoffverziertes und mit schönem Bettzeug versehendes Wäschekörbchen, damit ich es schön kuschelig hatte. Die Hebamme rief hoch erfreut:"Was für ein fröhlich lachender kleiner Wonneproppen ist heute geboren."Meine Oma Elsa meinte dazu:"Hurra, es ist ein Sonntagskind geworden, denen sagt man doch besonders viel Glück in ihrem Leben voraus." Die meisten in der Runde nickten ihr zustimmend zu. Ich erblickte Anfang des Monats März im Jahr 1960 in der Mittagsstunde um 12 Uhr das Licht der Welt. In einem kleinen brandenburgischen Dorf namens Annahütte. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich leider noch nicht im geringsten erahnen, dass meine Welt im Osten Deutschlands für lange Zeit ziemlich klein bleiben würde. Die Sonne schien recht freundlich an diesem Tag, der gerade meine Geburtsstunde einläutete. Zur Mittagsstunde hörte man im Hintergrund des Geschehens die Turmglocke der alten Kirche läuten, um mich als neuen Erdbewohner in meinem Leben herzlich willkommen zu heißen. Die Sonnenstrahlen leuchteten mir vom Fenster aus direkt in meine leichtgeöffneten Augen hinein im Licht sah ich aus als ob ich auf dem Kopf einen Heiligenschein trug. War es ein besonderes Zeichen was mich auf meinem Lebensweg begleiten sollte?
Das war der kurze Augenblick als sich alle Anwesenden nach mir umschauten.
Dann wandten sich alle wieder meiner schreienden und tobenden Mutter zu, weil sie aus der normalen Geburt heraus ein Drama inszenieren musste wie in einem gut inszenierten Theaterstück. Nun verlangte sie von meinem Vater Waldemar, das er umgehend den Arzt holen sollte, denn ihr Gesundheitszustand würde sich verschlechtern. Die Hebamme war bereits wieder in das Krankenhaus von meinem Opa gefahren worden, weil alles in Ordnung schien als sie das Haus verlassen hatte. Der heran eilende Arzt stellte ebenfalls fest , dass alles in bester Ordnung bei ihrer Entbindung verlaufen ist und teilte es den umstehenden Familienmitgliedern mit. Aber ganz zum Leidwesen meiner Mutter, denn sie war mit dem Ergebnis nicht zufrieden gestellt worden. Sie stand von Anfang an meines Lebens gern im Rampenlicht. Meine Mutter berichte mir voller Dramatik in meiner Pubertät wie folgt von meiner Geburt :" Also, bei deiner Geburt wäre ich ja fast gestorben, denn ich bekam während der Entbindung einen Herzinfarkt und fast wäre ich dabei noch verblutet. Allerdings musste ich zwei Tage später doch in das Krankenhaus hinein, weil ich das Kindbettfieber bekam." In der Zeit als meine Mutter ärztlich versorgt wurde, schlief ich in meinen Körbchen in friedlicher und himmlischer Ruhe ein. Ich träumte von der liebevollen Zuneigung und Geborgenheit, die mir meine Familie in Zukunft schenken würde. Schließlich hatten meine Eltern lange auf mich warten müssen und ich kam als Versöhnungsgeschenk für meine Eltern auf diese Welt. Eltern setzen ihre Kinder nun einmal ungefragt in die Welt und leider kann man sich seine Familie nicht selber aussuchen. Seine Entwicklungsmöglichkeiten hängen von dem Umstand ab, in welche Familie wir hinein geboren werden. Dabei ist es von großer Wichtigkeit, ob sie dir den Rücken stärken um dir beizustehen. Wenn Eltern die Neugier des Kindes von klein auf wecken und seinen Spaß am Lernen fördern, hat es die besten Voraussetzungen, seine Talente und Fähigkeiten in seinem Leben zu nutzen. Tun sie es nicht, hat selbst das Begabteste kaum eine Chance, zu einem Überflieger zu werden.

Familienbande




Meine Schwester
Zum Zeitpunkt meiner Geburt war meine Schwester Silvia bereits 10 Jahre und 4 Monate alt. In ihrem Aussehen ähnelte sie meiner Mutter Ilse und der Charakter gleichte wie ein Ei dem anderen. Silvia trug ihre langen dicken pechschwarzen Haare zusammen geflochten zu zwei Zöpfen. Jedoch die längere Nase erbte sie von unserem Opa Max. Sie war nicht gerade hocherfreut als ich in ihr Leben gekommen bin. Schließlich war bis dahin ein Einzelkind, alles drehte sich nur um sie und plötzlich war da ein anderes kleines Wesen. Jemand, der wichtiger werden würde wie sie selbst. Konnte die Lieb zu ihrer kleinen Schwester jemals entflammen? Anfangs freute sie sich über ein neues Geschwisterkind und sie beteiligte sich eifrig an meiner Namensuche. Ihre Wahl fiel auf den Namen Conrnelia, davon wurde der Spitzname Conny abgeleitet. Ein Geschwisterkind bedeutete für sie die Vorherrschaft ihres verwöhnten Einzelkind Daseins aufzugeben und nicht mehr im Mittelpunkt zu stehen um die volle Aufmerksamkeit von den Eltern und Großeltern zu erfahren bereitete ihr großes Kopfzerbrechen. Sie konnte das Gefühl nicht loswerden, dass sich ihre Eltern und Großeltern nicht mehr genügend für sie interessieren könnten und sich alle nur noch um das niedliche Neugeborene kümmern würden. Im laufe der kommenden Jahre dachte sie sich immer wieder neue Pläne aus, um letztendlich wahrgenommen zu werden.
In der Schule erzählte sie den Lehrern und Mitschülern, dass sie zu Hause mit einem Riemen Schläge von ihren Eltern bekommt, sobald sie schlechte Schulnoten mit nach Hause bringen würde. Sie erfand immer neue Lügenmärchen für die Nachbarn und Großeltern. Es war alles ziemlich unverständlich für meine Eltern und sie klärten die Missverständnisse zur Zufriedenheit der Dorfbevölkerung auf. Nur um Mitleid zu erwecken und um mehr Beachtung wieder zu erringen kämpfte sie verbissen mit aller Macht für ihre Vorherrschaft in der Familie.
Mein Kinderwagen stand im Garten, dort hielt ich einen Mittagsschlaf. Meine Mutter bereitete gerade das Mittagessen zu wie jeden Tag für meine Schwester. Als Silvia aus der Schule nach Hause gekommen war und mich dort schlafend vorfand, da nutzte sie die Gelegenheit für sich aus und warf mir eine Handvoll Sand in den Kinderwagen hinein. Schließlich war kein Mensch in meiner Nähe um den Vorfall zu beobachten. Nachdem die schändliche Tat entdeckt worden war, konnte sie sich einer Aussprache nicht mehr entziehen, ihr wurde gründlich verdeutlicht, dass sie doch als große Schwester eine Mitverantwortung zu tragen hat. Von nun an bemühte sie sich einen Schritt näher auf mich zu zugehen, indem sie mit mir spielte und spazieren ging. Ihre Boshaftigkeiten flackerten stets immer wieder Mal auf wie eine nicht erloschene Flamme einer Kerze. Sie trägt bis zum heutigen Zeitpunkt den Neid und die Eifersucht in ihrem versteinerten Herzen, die Gefühle von Hass und Liebe zu mir leben weiter in ihr.

Meine Eltern
Vor meiner Entstehung wollten sich meine Eltern eigentlich trennen, deshalb bin ich so etwas wie ein Versöhnunggeschenk. Mein Vater Waldemar war gutaussehend ein typischer Frauenschwarm, vergleichbar vom Typ her mit dem französischen Schauspieler Jean-Paul Belmondo in seinen Filmrollen faszinierte er mich genauso wie mein Vater, dem ich meine Bewunderung entgegenbrachte , etwas verwegen, sehr galant, charmant und unterhaltsam immer einen Witz auf seinen Lippen.
Als meine Schwester geboren wurde, veränderte sich das Leben meines Vaters komplett. Meine Mutter verlangte von ihm aus ihrer Eifersucht heraus seinen Beruf, als Orchestermusiker aufzugeben. So schulte er um und arbeitete als Industriekaufmann in verschiedenen Betrieben im Büro.
Mein Vater bekam seinen Einberufungbefehl als einfacher Soldat im März 1944, da wurde er gerade 17 Jahre alt. Er wurde in der Stadt der Liebe stationiert. In Paris lernte er seine erste Liebe kennen und verliebte sich gleichzeitig in das Land mit seinen köstlichen Speisen und lernte die französische Bevölkerung schätzen. Kurz vor dem Kriegsende begab sich auch seine Einheit auf den Rückzug nach Deutschland. Seine Truppe wurde auf dem Weg in Richtung Heimat unmittelbar in Kriegshandlungen verwickelt, dabei musste er mit ansehen wie seine blutjungen Kameraden neben ihm im Kugelhagel starben. Als eine kurze Ruhepause des Gefechtes eintrat und es herrschte ringsherum gespenstische Stille , da erfolgte der Befehl alle übrig gebliebenen Soldaten mussten mit ihren kleinen Spaten eine große Grube ausheben. Dorthinein kamen die gefallenden Soldaten und ebenfalls die Schwerverletzten. Danach wurde die Grube mit Erde wieder zugeschüttet.
Nach dem 2. Weltkrieg, als er mit 18 Jahren 1945 aus dem Gefangenenlager in Kassel aus der amerikanischen Gefangenschaft entlassen wurde, führte ihn sein Weg in die Großstadt nach Berlin um das Musikstudium wieder aufzunehmen und somit seinem Talent nachzugehen. Natürlich beendete er sein klassisches Musikstudium im Fach Klavier und Fangott mit Bravour. Schließlich erbte er das musikalische Talent von seinem leiblichen Vater, der jahrelang Musikkapellmeister in Leipzig war. Am Theater der Bergarbeiter in Senftenberg trat er im Jahr 1947 seine Stelle im Orchester als Musiker mit Freude an. Die Musik war einer seiner großen Leidenschaften in seinem Leben.
Dort lernte er meine Mutter kennen, sie tanzte im Ballett und wurde mit kleineren Rollen in Theaterstücken besetzt und sie nähte auch Kostüme. Meine Mutter war eine bildschöne Frau mit dunklen pechschwarzen schulterlangen lockigen Haaren, ihre großen braunen Augen funkelten und einer winzig kleinen Stupsnase, ihre Figur war sehr klein und zierlich. Ihr Aussehen und den passenden Charakter dazu verknüpfe ich mit den italienischen temperamentvollen Leinwandschönheiten der 50er Jahre. Die in der Ehe das Zepter stets in der Hand behalten als Familienoberhaupt fungieren, sie meistern den Haushalt, bei der Kindererziehung gibt man den Ton an und der Ehemann, die Eltern folgen gern ihren gut gemeinten Anweisungen und Ratschlägen.
Jedoch erahnte mein Vater als er sich Hals über Kopf in sie verliebte nicht wie anstrengend sie sein konnte. Nachdem sie verheiratet waren, da fand er es allmählich heraus. Sie blieben zusammen bis der Tod sie schied. Sie meisterten all die Höhen und Tiefen, denen ihr das Leben als Herausforderung auf ihren langen Weg mitgegeben hatte.
Vom Gefangenenlager berichtete er uns, dass für ihn der Tausch von Zigaretten wichtig gewesen sei. Er hat lieber geraucht und so tauschte er seine Ration Brot und die Schokolade sowie der Teller Suppe gegen die für ihn notwendig gewordenen Zigaretten ein. Er blieb sein Leben lang ein Kettenraucher wie es üblich ist, sobald eine Zigarette ausgeraucht war, da wurde sogleich die nächste wieder angezündet. Die Zigaretten wurden selbst mit Tabak gefüllt in kleine Papierblättchen eingerollt und fertig waren sie zum Rauchen.
In der Nachkriegszeit tingelten meine Eltern während der Sommerpause des Theaterbetriebes mit dem gesamten Theaterteam fast durch das gesamte Land, um die Leute fröhlich zu stimmen mit ihrem Unterhaltungsprogramm. Nach den Vorstellungen feierten sie Alle gemeinsam viele ausgelassene Stimmungsvolle Partys wie das damals üblich war. Sie spielten ihre eigene Musik und tanzten nach den Klängen ihrer Zeit. Das Stadttheater Senftenberg war in seinen frühen Jahren nach der neuen Gründung nach dem Krieg zu einer Art von Talentschmiede geworden. Für einige junge Schauspieler wurde gerade dieses Theater zum Sprungbrett von der Theaterbühne direkt in das Fernsehen der DDR und auf die auf die Kinoleinwand. Eine der bekanntesten Schauspielerinnen mit der meine Mutter einst auf der Bühne stehen konnte, ist Anne Kathrin Bürger. Sie ist bis heute noch ein Bestandteil in unserem Fernsehprogramm und sie spielte in unzähligen Tatortfilmen eine wichtige Rolle. Zuletzt war sie 2008 im Film " die Stein zu" sehen. Ebenfalls erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die erfolgreiche Zusammenarbeit mit ihrem Schauspielkollegen und Ehemann dem Regisseur Rolf Römer. Er wurde durch seine legendäre Rollen in den Indianerfilmen des Ostens weltberühmt. Ich kann mich noch besonders gut an den Film "Die Söhne der großen Bärin" von 1965 erinnern.

"Wenn der weiße Flieder wieder blüht, dann singe ich dir ein kleines Liebeslied, immer immer wieder blüht der weiße Flieder" klingt eine Filmmelodie noch in meinen Ohren. Diese Melodie hat mein Vater oft auf seinem Klavier vorgespielt und dazu gesungen. Zur Freude meiner Mutter, denn es war ein großer Liebesbeweis von ihm. Deshalb heirateten meine Eltern zur Zeit in dem der Flieder blüht mit einem Strauß aus weißen Flieder, das war im Jahre 1949 und siehe da nach 6 Monaten lag meine Schwester Silvia schon in ihrem Babykörbchen. Mein Vater Waldemar war bei der Hochzeit 22 Jahre alt und meine Mutter Ilse gerade 19 Jahre alt. Meine Mutter erzählte mir meine Schwester sei eine Frühgeburt. Die Situation war ihr unangenehm in der sie sich befand und für die damalige Zeit war es den Leuten noch peinlich über die wahren Gründe zu sprechen.

Eltern und Großeltern




Als meine Mutter ihren Entschluss gefasst hatte meinen Vater für immer zu verlassen, war das Fass ihrer Geduld zum Überlaufen gebracht worden durch sein Verhalten . Sie hatte von Bekannten aus der Stadt erfahren, dass er anderen Frauen auf seiner Arbeit im Büro beim Hoch- und Tiefbau wiederum schöne Augen gemacht hatte. Mein Vater bat sie flehend über ihre Trennung nochmals richtig gründlich nachzudenken, denn auch der Tochter Silvia zu liebe wollten sie im Grunde genommen weiterhin eine Familie bleiben. Sie stimmte dem Vorschlag zu und beschloss zu einer 4 wöchigen Erholungskur zu fahren. Dort wollte sie in aller Ruhe heraus finden ob sie ihrer Liebe Willen so weiter leben kann und um alles zu überdenken wie man zu einer vernünftigen Lösung in diesem Fall kommt.
Doch in ihrem wankelmütigen und traurigen Zustand lernte sie bei der Kur einen älteren netten Mann kennen, der ihr aufmerksam zuhörte als sie von ihren Problemen berichtete. Er spendete ihr nicht nur Trost und Zuwendung sondern bemühte sich immer mehr um ihre Gunst und Liebe. Der verständnisvolle Mann wurde ihr Kurschatten während der Zeit des Kuraufenthaltes. Danach wollte er sie unbedingt Wiedersehen und der Witwer lud sie zu sich nach Hause ein nach Thüringen in sein schönes Einfamilienhaus. Seine Tochter war bereits Erwachsen und wohnte nicht mehr daheim. Also nahm Ilse das Angebot an und verbrachte mit ihm angenehme Stunden.
Nun kämpfte mein Vater mit allen Mitteln um die Liebe seines Lebens, denn gerade die Vorstellung darüber, dass er sie an einen anderen Mann verlieren könnte, erweckte seinen Ehrgeiz sie zurückzugewinnen. Nun wünschten sie sich einen kleinen Sohn, ihrer Vorstellung nach wird damit das Familienglück komplett wieder hergestellt sein. Meine Mutter ist wieder zur Vernunft gekommen ist doch klar, denn sonst wäre ich doch nicht ihre zweitgeborene Tochter Conny . Sie versöhnten sich endlich und irgendwie waren sie noch enger miteinander verbunden als jemals zuvor.
Meine Schwester konnte meiner Mutter diesen Fehltritt niemals verzeihen, denn sie hatte Angst ihre Eltern zu verlieren. Silvia war 9 Jahre alt als sie ihre schlimmen Erfahrungen und Verlustängste überstehen musste. Kinder leiden furchtbar in der Zeit , sie ziehen sich still zurück, wenn sich Eltern nicht mehr einig sind und ihre Beziehung in Frage stellen, ob ein gemeinsamer Weg in ihrem Leben überhaupt noch möglich ist.

Im Alter von 8 Monaten fing ich mit den Laufübungen an. Aber irgendwie liefen meine Füße über den großen Onkel davon, das bedeutet im Klartext, die beiden großen Zehen trafen sich gewöhnlich. So kam es schon einige Male vor, dass ich unfreiwillig ins stolpern kam und somit auf der Nase landete. Mit einem Jahr konnte ich richtig laufen und meine große Schwester nahm mich mit zu ihren Freunden um miteinander zu Spielen.
In der Dorfmitte lebte Oma Erna in einer kleinen Wohnung im ersten Stock eines Zwei-Familienhauses, darunter wohnte ihre Cousine, die beiden alten Damen waren bereits Witwen und ihre Ehemänner starben durch altersbedingte Krankheiten.
Erna war die Adoptivmutter meines Vaters, er wurde im Alter von 14 Jahren von dem Ehepaar adoptiert, denn da stimmte erst die leibliche Mutter nach langen Überredungskünsten der Pflegeeltern und mit dem Einverständnis ihres Sohnes einer Adoption zu. Davor war er zuerst einmal seit seiner Geburt dem Ehepaar zur pflege überlassen worden. Waldemar wurde aus einem Waisenhaus abgeholt und trug von diesem Zeitpunkt an den Familiennamen der Pflegeeltern. Er wurde von Oma Erna ausgewählt, weil er am gleichen Tag geboren wurde wie sie selbst nämlich am 2. März, deshalb viel die Wahl auf ihn.
Erna war die zweite Ehefrau von Opa Otto und um viele Jahre jünger als er. Otto musste eine schreckliche Entdeckung in seiner ersten Ehe verkraften, bei einer Tauglichkeitsuntersuchung auf die Vorbereitung hin zum Kampf in der Armee im 1. Weltkrieg wurde in diesem Zusammenhang festgestellt, dass er eindeutig zeugungsunfähig war. Aber seine Ehefrau Nummer 1 hatte in dieser Ehe bereits zwei Kinder auf diese Welt gebracht. Sie wollte die Kuckucks Kinder, die sie von ihrem Liebhaber empfangen hatte, dem gutgläubigen Ehemann unterjubeln, weil er die Familie gut versorgen konnte. Doch als sie ihm unter Druck und mit Tränen in ihren Augen endlich die ganze Wahrheit gestand, flehte sie ihn um Vergebung an und er solle doch bei ihr zu bleiben. Da stand sein Entschluss bereits fest sich von ihr zu trennen, denn der Verrat an ihm war zu schwerwiegend um ihr jemals wieder vertrauen zu können. Damit war diese Ehe zum Scheitern verurteilt und sie trennten sich voneinander in einem Scheidungsverfahren.
Jedenfalls besuchten wir Oma Erna regelmäßig einmal in der Woche am Samstag Nachmittag zum Kuchen essen, den hatte meine Mutter am Vormittag fertig gebacken. Wir Kinder bekamen jeder eine Süßigkeit zum Naschen von der Oma ausgehändigt. Jedoch bekam meine Schwester zusätzlich ein Taschengeld für ihre Spardose. Aber eines war strengstens für mich verboten, denn nichts durfte in der Wohnung von kleinen Kinderhänden angefasst werden, denn es könnte etwas dadurch kaputt gehen. Ich lies keinen Versuch ungenutzt um doch noch an mein Objekt der kindlichen Begierde heranzukommen. Also schlich ich mich heimlich still und leise in einem unbemerkten Moment davon in ihr Schlafzimmer. Dort befand sich die riesengroße kugelrunde Babypuppe, die auf der ordentlich dekorativ drapierten Tagesdecke ihres Bettes saß. Ich wollte sie ganz fest an mich drücken und sie in meinen Armen liebevoll wiegen und ihr dabei ein Schlaflied singen. Schließlich beschäftigte sich keiner der Anwesenden mit mir, sie plauderten miteinander. Da braucht sich kein Mensch wundern, wenn man aus der langen Weile heraus sich einfach was zum Spielen aussucht. Daraufhin wurde ich meistens schon bald wieder entdeckt und von allen Seiten dröhnten die Stimmen der Erwachsenen wie ein Donnerwetter in meine empfindsamen Ohren. Dadurch rutschte meine Oma Erna in meiner Beliebtheitsskala auf den untersten Rang , denn sie hatte ständig etwas an mir auszusetzen und zu meckern. Ich konnte es einfach nicht verstehen, dass sie mir einem kleinen Kind kein Verständnis entgegenbrachte. Ich gebe unverblümt zu, dass ich ein Wildfang als Kind war und man konnte mich nicht so leicht bändigen. Deshalb durfte meine Schwester Silvia meistens bei Oma Erna ihre Ferientage verbringen,wenn unsere Eltern in trauter Zweisamkeit in den Sommerurlaub gefahren sind. Aber meine Auswahl war für mich die bessere, denn ich habe in Senftenberg bei meinen Großeltern in dieser kinderfreien Zeit meiner Eltern verbleiben dürfen. Ich wurde verwöhnt mit meinem Lieblingsessen den Hefeklößen mit Heidelbeeren, die Oma Elsa extra nur für mich aus Hefeteig hergestellt hat. In ihrem Garten konnte ich nach Herzenslust herumtoben.

Meine frühen Kindheitserinnerungen




In den Sommerferien 1962 fuhren meine Eltern für 14 Tage in den Urlaub an den Schwielauchsee zum Camping. Aber nach einer Woche Liebesurlaub zu Zweit bekamen meine Eltern große Sehnsucht nach ihrer kleinen Tochter, dem Wirbelwind von 2 Jahren und vier Monaten. Also fuhren sie nochmals mit ihrem Auto zurück um mich bei meinen Großeltern abzuholen. Dann konnten wir unbeschwert das wunderschöne sonnige Wetter genießen um Baden zu gehen in den angenehm temperierten See. Ich planschte völlig nackt und unbeschwert mit meiner kleinen nackten Puppe am Ufer des Sees. Ganz zur Freude meiner Eltern, denn sie sahen mir zu wie ich viel Spass im Wasser hatte. Am Abend saßen wir noch lange vor unserem Zelt. Dort wurde von meiner Mutter der kleine viereckige Klapptisch zum Abendessen liebevoll gedeckt und rings um den Tisch standen drei Campingstühle . Der Sitzbereich war aus einem gestreiften bunten derben Stoff bezogen worden und darunter befand sich ein Gestell aus Metall. Diese Regiestühle waren eine recht stabile Angelegenheit. Vor dem Schlafen gehen spielten meine Eltern mit mir am Tisch noch ein Brettspiel, danach war ich so müde, dass ich jedes Mal gleich nach dem Spiel eingeschlafen bin. Ich fand meinen ersten Urlaub mit meinen Eltern wirklich wunder schön.
Als der Sommer zu neige ging, da zogen wir aus der kleinen Dorfsiedlung aus dem zu engen Haus ohne Komfort von Annahütte nach Senftenberg. In dieser Stadt wurden gerade viele Neubauten errichtet für die jungen Familien. Wir zogen in die Erich-Weinert-Straße in eine Erdgeschosswohnung ein. Diese Neubauwohnung verfügte über ein Kinderzimmer, was ich mir mit meiner 10 Jahre älteren Schwester teilen musste. Genau vor unser Haustür befand sich auf einem Grünstreifen, der um den gesamten Häuserblock reichte ein Sandspielkasten und verschiedene Spielgeräte. Davor ging ein langer Zaun entlang, er trennte das Wohngebiet von den Bahnschienen der vorbei führenden Bahnstrecke. Einen Katzensprung von unserem Haus entfernt befand sich der Bahnübergang. Dort schaute ich mir gern die vorbeifahrenden Dampflokomotiven an, die lautstark beim heranfahren hupten. Hinter dem Bahnübergang befindet sich noch heute das Gebäude und Wohnheim der ehemaligen Ingenieurschule. Um zu meiner Oma zu gelangen musste ich nach rechts einbiegen, vorbei am Gelände des Hoch- und Tiefbaues wo mein Vater beschäftigt war. Dann noch einige Schritte geradeaus vorbei an einem winzig kleinen Lebensmittelgeschäft, noch eine Kurve und schon steht man vor dem Mehrfamilienhaus meiner Großeltern. Dahin bin ich des öfteren ausgebückst, sobald ich lange Weile auf dem Spielplatz vor unserem Haus verspürte. Natürlich meldete ich mich nicht bei meiner Mutter ordnungsgemäß ab, sondern sie suchte mich jedes Mal bis sie mich fand um mir einen Klaps auf den Po zu geben.
Dort gab es einen großen Garten mit einer Schaukel, die an der Teppichstange befestigt wurde, die zum Ausklopfen von schmutzigen verstaubten Teppichen nützlich sein sollte. Im Alter von 4 Jahren entdeckte ich für mich den Garten als einen großen Abenteuerspielplatz. Dort befand sich auch der Hühnerstall meiner Oma. Ich versuchte die Hennen zu dressieren, dass gefiel dem Hahn überhaupt nicht und er flog auf meinen Kopf um mich anzugreifen. Ich erschrak, ich konnte nicht ahnen, dass der Hahn so aggressiv reagieren würde. Dann fing ich an fürchterlich aus meiner Angst heraus zu schreien. Er hackte mir immer wieder mit seinem spitzen Schnabel auf meinen Kopf herum. Ich fuchtelte ganz wild vor Aufregung mit meinen Händen über meinen Kopf hinweg. In diesem Moment hörte meine Oma meine lauten Hilfeschreie:"Hilfe Oma rette mich." Sie kam gerade noch rechtzeitig angerannt zum Ort des Geschehens um mich aus meiner misslichen Lage endlich zu befreien. Da sich die Anwohner ständig über das laute krähen des Hahnes beschwerten, schlachtete meine Oma noch am selben Tag, aber schweren Herzens ihren geliebten Hahn auch um des lieben Friedenswillen in der Nachbarschaft. Ich schaute meiner Oma bei der Schlachtung zu, weil es mich interessierte was das für eine Bedeutung hat, denn ich konnte mir darunter noch nichts vorstellen. Meine Oma erklärte mir nicht den Vorgang, sonder sie legte gleich mit der Schlachtung los. Sie hielt den Hahn fest in ihren Händen, dann legte sie seinen Kopf auf den Hackklotz wo eigentlich das Feuerholz für die Kachelöfen gespalten wurde, das Hackebeil schlug den Kopf ab. Der Hahn blutete aus und irgendwann wurden seine bunten Federn von seinem Körper gerupft. Jetzt begriff ich langsam was mit dem Hahn geschehen war und ich habe Mitleid für sein Schicksal empfunden. Meine Oma sagte mir, dass die Haustiere gezüchtet werden, damit sie eines Tages geschlachtet werden um in den Kochtopf zu gelangen. So war es auch an diesem Abend, als wir mit der ganzen Familie versammelt um den Tisch herum saßen um den gebratenen Hahn zu verspeisen.

Leider gab es in den Anfangsjahren noch keine Kinder in der Umgebung mit denen ich spielen konnte, denn die meisten von ihnen waren viel Älter als ich und konnten mit mir nichts anfangen. Dafür leistete mir gern das Rentnerehepaar aus dem Nachbareingang meiner Großeltern Gesellschaft. Sie hatten noch keine Enkelkinder und so sorgten sie sich gern für meine Unterhaltung. Wir unternahmen etwas im Garten, wir ernteten gemeinsam das Gemüsebeet ab. Anschließend gab es immer etwas leckeres zu Essen und ein erfrischendes Getränk stand auch für mich bereit. Sie hielten sich eine Katze als Haustier, mit der ich gern spielte und eines Tages setzte ich die gute Mieze in meinen Puppenwagen hinein. Jedoch hielt sie es nicht lange dort aus, obwohl ich doch alles mit weichen Kissen ausgelegt hatte. Sie fühlte sich leider nicht wohl bei unseren kleinen Ausflug. Ich fand es richtig Schade, dass die Katze keine Lust hatte mit mir zu spielen. In diesem Augenblick kam mir die rettende Idee, in Omas Kühlschrank befindet sich noch das Hähnchen was sie zum Abendessen zubereiten wollte, das konnte mir nicht aus dem Puppenwagen herausspringen. Der Puppenwagen war eigentlich mein alter Kinderwagen, den meine Oma extra für mich aus dem Keller geholt hatte. Jedoch genau an diesem Tag hatte ich meine Puppe zu Hause vergessen. In dem Fall musste ich mir einen Ersatz dafür einfallen lassen und ich fuhr den ganzen sonnigen Nachmittag mit dem Hühnchen was keine Eier mehr legen wollte mit dem Kinderwagen spazieren. Als meine Oma von ihrer Arbeit nach Hause zurück gekehrt war, da traute sie ihren Augen nicht, als sie in den Wagen hineinschaute. Meinte meine Oma zornig:" Das Essen ist doch kein Spielzeug, dass erlaubst du dir nicht noch einmal mein Fräulein. Nun haben wir für heute Abend kein schönes Stück Fleisch zum Braten mehr im Haus. Jetzt müssen wir noch schnell zum Fleischer gehen bevor der Laden schließt um einen neuen Braten zu kaufen, den ich heute Abend noch zubereiten muss, damit ich ihn rechtzeitig zum Abendessen auf den Tisch bringen kann." Sie nahm das Hühnchen aus dem Kinderwagen heraus und warf es stillschweigend in den Mülleimer.

Mein Großvater arbeitete bis zu seinem 67 Lebensjahr im Schichtsystem in Schwarzheide in einem Wasserwerk als Maschinist. Meine Oma hatte ständig den ganzen tag über irgendetwas anderes zu tun. Vormittags putzte sie bei einem Fotografen dessen Wohnung und dafür bekam sie als Bezahlung den guten Kaffe, Kakao und Schokolade aus dem goldenen Westen überreicht. Der Fotograf war aus dem Konzentrationslager heimgekehrt, weil er von jüdischer Herkunft war. Zur Mittagszeit holte sie aus der Mensa der Ingenieurschule das Mittagessen für den Verein der Volkssolidarität ab, dass sie in wärmende Behälter verstaute. Anschließend fuhr sie mit ihrem Fahrrad weiter, um das Essen zu den alten Leuten zu bringen, die nicht mehr so gut auf den Beinen waren wie meine Oma. Meine Großeltern fuhren stets mit ihren Fahrrädern bei Wind und auch bei schlechten Wetter zu ihrer Arbeitsstelle dadurch fühlten sich fit und gesund. Am Nachmittag füllte sie noch die Regale mit neuer Ware in dem kleinen Lebensmittelgeschäft auf, dass sich gleich um die Ecke ihres Hauses befand. Somit konnte sie das Geschäft schnell zu Fuß erreichen. Einige Male durfte ich sie begleiten und ihr beim einsortieren der
Ware zu helfen. Dann waren wir schneller mit der Arbeit dort fertig. Dann konnte ich meiner Oma bei der Küchenarbeit zur Hand gehen. Wie ich jetzt im nach hinein feststellen muss, hatten meine Großeltern eigentlich wenig Zeit für mich übrig als ich noch Kind war. Andere Großeltern hatten sich schon längst zur Ruhe gesetzt um als Rentner ihren wohlverdienten Ruhestand zu genießen. Dadurch konnte ich mir diese gewisse Freiheit erlauben um in meiner eigenen " Pippi Langstrumpf " Kinderwelt zu leben. Alle Abenteuer und Erlebnisse mit meinen Sinnen aufzunehmen um spielend die Welt zu erobern und daraus für das spätere Leben etwas zu lernen.
Ich freute mich riesig auf das freie Wochenende von Opa Max, denn dann konnte ich aus seinem Kleiderschrank seinen schönsten Anzug für ihn heraus suchen. Meine Mama zog mir mein Lieblingskleid an und brachte mich zu meinen Großeltern um mich auf den Sonntagsspaziergang vorzubereiten. Unser Sonntagsspaziergang führte uns in den städtischen Tierpark und anschließend ging es zum Eis essen in die Innenstadt. Für uns Beide war es immer ein besonderes Erlebnis gewesen den Sonntagnachmittag miteinander zu verbringen. Ich schob ganz stolz meinen neuen Puppenwagen mit meiner langhaarigen Puppe vor mir her. Den Puppenwagen bekam ich zu meinem Geburtstag von meinen Großeltern geschenkt und meine Eltern überreichten mir die Langhaar Puppe, die ich in einem Schaufenster des Spielzeuggeschäftes entdeckt hatte und mir schon lange gewünscht hatte. Als wir zwei wieder zu Hause ankamen, da war das Abendessen bereits liebevoll von meiner Mama gemeinsam mit meiner Oma zubereitet worden. Der gedeckte Tisch wartete auf uns und so aßen wir wieder einmal gemeinsam mit unser gesamten Familie am Tisch um einen guten Braten zu verzehren. Nach dem Abendessen genehmigte sich Opa Max an seinem freien Tag zum Fernsehabend einen Schnaps aus Weizenkorn gebrannt. Irgendwann wurde ich neugierig auf diese durchsichtige Flüssigkeit, wenn das dem Opa so gut schmeckt, dann werde ich jetzt einen Schluck probieren. Ich spuckte sogleich das im Rachen so scharf brennende Getränk aus, denn es schmeckte mir nicht. Anschließend schüttete ich das schon schlecht gewordene und dadurch ungenießbare Zeugs in das Waschbecken in der Küche und füllte die leere Flasche mit dem Wasser aus der Leitung wieder auf. Als die Sache aufflog , da erlebte ich meinen Opa das erste Mal in meinen Leben wutentbrannt. Ich erklärte allen Anwesenden, dass so ein Schnaps nicht gut für Menschen sein kann, weil er schlimmer wie Medizin schmecke und das kann nicht mehr gesund sein für den Bauch von meinem Opa. Ich wollte ihn nur beschützen, damit er ganz Alt werden kann und nicht daran stirbt. So war die Sache vergeben und vergessen worden, man erkannte, dass ich in guter Absicht handelte.

Kindergartenzeit




Im Frühjahr 1963 bin ich endlich in den Kindergarten gekommen, die Vorfreude auf meine neuen Spielkameraden war Riesen groß. Da ich vorher wenig Gelegenheit hatte mit gleichaltrigen Kindern zu spielen. Die meiste Zeit verbrachte ich vormittags mit meiner Mutter und nachmittags mit meiner älteren Schwester die meine Aufsichtsperson auf dem Spielplatz war. Aber am liebsten bin ich bei meinen Großeltern in meiner Freizeit unterwegs gewesen. In den ersten Tagen meiner Kindergartenzeit versteckte ich mich meistens hinter dem Rockzipfel meiner Kindergärtnerin. Ich suchte gern ihre Nähe, weil ich mich bei der älteren Frau einfach wohl fühlte und gut behütet. Jeden Tag näherte ich mich langsam den spielenden Kindern an, bis ich richtigen Spaß dabei hatte mit ihnen herumzutoben. Darüber freute sich meine Mutter sehr, denn sie konnte endlich wieder beruhigt zur Arbeit gehen. Doch am Anfang des Sommers passierte etwas wirklich schlimmes beim freien Spielen auf dem Kindergartenspielplatz. Es geschah an einem Nachmittag kurz bevor die meisten Kinder von ihren Eltern abgeholt worden sind. Ich tobte gerade mit Wilfried und einigen anderen Jungs aus meiner Kindergartengruppe unbeschwert herum, als plötzlich ein älterer Junge einen Streit mit Wilfried anzettelte. Der größere Junge kochte vor Wut, weil sich Wilfried seinen Anweisungen lautstark widersetzte. Jetzt nahm der erboste Junge einen größeren Stein in seine Hand. Der Stein lag unmittelbar in seiner Nähe auf dem Wiesenboden herum. Nun warf er den Stein mit voller Wucht in die Richtung von Wilfrieds Gesicht. Ich stand in diesem Augenblick genau neben Wilfried, als der Stein sein Auge traf. Es floss das Blut in strömen aus seinem Auge hinunter über sein ganzes Gesicht. Wilfried verlor gerade sein Auge, ich konnte es nicht fassen was gerade geschehen war. Sogleich wurde er in das Krankenhaus gebracht. Später bekam Wilfried ein braunes Glasauge als Ersatz eingesetzt. Natürlich wollte ich nach diesem schrecklichen Erlebnis nicht mehr in den Kindergarten gehen. Ich bekam täglich einen Heulkrampf am Morgen, somit weigerte mich mit aller Macht nochmals die Kindergarteneinrichtung zu betreten. Jetzt fühlte ich mich nicht mehr sicher in dieser Umgebung, denn in diesem Moment des Unfalls konnte uns auch nicht meine Lieblingskindergärtnerin vor dem Unglück beschützen. Zu meinen Leidwesen musste ich im jungen Alter von 3 Jahren und 4 Monaten bereits feststellen, dass man nicht von allen schlechten Ereignissen in unserem Leben geschützt werden kann.
Eines Tages gab meine Mutter den täglichen Kampf mit mir auf. Es blieb ihr in diesem Fall keine andere Wahl mehr, denn sie konnte mich nicht mehr leiden sehen. Also kündigte sie für mich ihre neue Arbeitsstelle in einem Beruf, der ihr Freude bereitete. Sie wollte unter andere Leute kommen, endlich weg von ihrer täglichen Hausarbeit, denn sie war lange genug Hausfrau und Mutter gewesen in den letzten Jahren. Ihre Arbeit sah sie als eine Chance an, um sich mit ihren Arbeitskolleginnen Austauschen zu können in beruflicher Hinsicht. Nun fügte sie sich ihrem Schicksal und betreute mich weiterhin bis ich in die Schule kam.

Der erste Ostseeurlaub




In diesem Sommer fuhren wir an die Ostsee nach Bansin um einen wohlverdienten Urlaub genießen zu können. Für mich war es der erste Ostseeurlaub, aber es sollten noch viele folgen. Unsere gesamte Familie hatte in Bansin eine Privatunterkunft vermittelt bekommen. Die Unterkunft befand sich in einem Mehrfamilienhaus. In diesem Feriendomizil bewohnten wir die erste Etage. Dort ging es vom Flurbereich aus in die zwei Schlafräume, die uns zur Verfügung gestellt wurden, darin standen jeweils zwei Doppelbetten. Auf dem Gang im Flurbereich befand sich hinter einer Tür die Waschgelegenheit mit einem Waschbecken. Daneben hinter einer weiteren Tür war ein winzig kleiner Raum in dem sich das Toilettenbecken befand mit einem alten Holzdeckel darauf. Die sanitären Einrichtungen musste man sich mit der Gastgeberfamilie teilen, die bewohnten den unteren Teil des Hauses.
Gleich am ersten Morgen musste ich meine Schwester Silvia bei meinen Eltern verpetzen, weil sie sich neben mir im Waschraum mit einer morgenlichen Katzenwäsche zufrieden gab. Ich fand es einfach ekelig sich nur mit zwei Fingerspitzen zu befeuchten und um sich damit nur kurz einmal die beiden Augen zu benetzen. Schließlich war meine Schwester bereits 13 Jahre alt, aber mit so einem Benehmen konnte sie niemals ein Vorbild für mich werden.
Nach dem Frühstück war es dann endlich soweit, wir gingen hinunter an den Sandstrand bei strahlenden Sonnenschein. Nun konnte ich mit meinem Vater Waldemar eine Sandburg bauen, ganz zu unserem beiderseitigen Vergnügen. Meine Mutter Ilse und Schwester Silvia sonnten sich hinter uns in dem angemieteten Strandkorb. Dann erklärte mir meine Mama worauf ich zu achten habe beim Spielen am Ostseestrand. Ich sollte nicht alleine ohne eine Aufsichtsperson aus der Familie in die Ostsee baden gehen, weil ich noch nicht schwimmen konnte. Ich versprach ihr dem Wasser fern zu bleiben und mich nur in Ufernähe aufzuhalten. Es sei gefährlich sobald man bei stürmischer See hervorgerufen durch einen starken Wind zum Baden geht. Dabei könnte ich in den Wellen ertrinken, weil man hinaus auf das offene Meer getrieben wird. Also ging ich mit meinem kleinen Sandeimer und der Schaufel nur an das Ufer um aus dem feuchten Sand Kuchen zu backen mit den Sandförmchen. Als nächstes schöpfte ich mit der Schaufel das Wasser in meinen Eimer hinein. Jedoch fühlten sich die Wellen des Wassers so schön an meinen Beinen an, dass ich das Spielzeug zur Seite stellte um fröhlich weiter zu planschen. Ich hüpfte wild mit den Füßen vor mich hin und mit den Armen ruderte ich wie bei einer Bootsfahrt. Ich stellte mir vor ein Kapitän auf einem Segelschiff zu sein. Tief im Spiel versunken bemerkte ich nicht wie ich den hohen Wellen immer näher entgegen hopste. Ich vergaß mein Versprechen und die Gefahr, die in den hohen Wellen steckte. Nun ging ich unbeschwert weiter in das tiefe Wasser hinein ohne zu ahnen was dabei passieren könnte. Dann verlor ich langsam den Boden unter meinen Füßen und im nächsten Moment riss mich die nächste starke Welle um. Ich tauchte mit meinem gesamten Körper unter das Wasser hinweg. Diese Welle trug mich mit fort und zog mich auf das Meer hinaus. Ich wurde unter das Wasser gedrückt, denn die welle traf mich mit voller Wucht. Nun zappelte ich verzweifelt mit den Beinen um mit dem Kopf wieder nach oben an die Wasseroberfläche zu gelangen. Die zischende schäumende Gischt der wild tobenden Wellen peitschte mir immer wieder in mein Gesicht und mein Mund füllte sich mit dem salzigen Meereswasser. Ich röchelte nach Luft und tauchte nochmals unter die tosende Welle. Jedoch versuchte ich immer noch vergeblich mit dem Kopf über dem Wasser zu verbleiben. Ich ruderte mit meinen Armen wild um mich herum. Aber in dieser Situation der Verzweiflung spürte ich wie mich eine rettende Hand packte. Ich rang sofort nach Luft und hustete das Salzwasser aus meinem Mund heraus. Ich spürte wie mich Jemand aus den Fluten zog und mich vor dem Ertrinken rette. Ich wurde ganz sanft und vorsichtig in Ufernähe abgelegt. Als ich meine Augen langsam öffnete und zu mir kam. Da konnte ich ich es einfach nicht fassen, ich sah einen Schuljungen vor mir stehen. Er war vielleicht 1 Jahr jünger wie meine Schwester. Er war mein Held dieses verhängnisvollen Tages, unglaublich ihm hatte ich mein Leben zu verdanken. Irgendwie hatte dieses Ereignis mittlerweile für Aufsehen am gesamten Strandabschnitt gesorgt, aus allen Richtungen kamen die Leute angelaufen. Sie starrten mich mit entsetzten Blicken und aufgerissenen großen Augen voller Neugier an. Darunter befanden sich auch meine verdutzten Eltern, die ich in der Menge erkannt hatte. Der Junge namens Werner rief lautstark in die versammelte Menschenmenge hinein: "Zu wem gehört der kleine Junge hier ?" Sogleich meldeten sich meine Eltern zu Wort und klärten meinen Lebensretter und die umherstehende Menschentraube auf, dass ich doch ein Mädchen sei.
Meine Mutter wünschte sich in ihrer Schwangerschaft mit mir, dass sie einen Jungen gebären würde. Deshalb trug ich für lange Zeit eine Badehose zum Schwimmen und mein Haarschnitt war dementsprechend sehr kurz ausgefallen. Ich war für meine Eltern eben lange Zeit der kleine Strohblonde lebhafte Bub, den sie sich immer gewünscht hatten. Die Bekannten meinten stets zu meinen Eltern:"Eure kleine Conny kommt ganz nach ihrem temperamentvollen Vater und ihre blauen Augen hat er ihr auch vererbt."
Ich erholte mich nach diesem aufregenden Tag voller Abenteuer ziemlich schnell von meinem Schrecken was ich in der tiefe des Meeresbodens erleiden musste. Ich bin wohl im Sternzeichen der Fische geboren, trotzdem beschlossen meine Eltern mich zum Schwimmunterricht zu schicken sobald wir zu Hause angekommen sind. Bei meinem Lebensretter bedankten sich meine Eltern ganz herzlich und ich gelobte Besserung. Wir lernten seine Eltern und seinen jüngeren Bruder kennen. Von diesem Tag an spielten wir in der restlich verbleiben Urlaubszeit miteinander und unsere Eltern freundeten sich ebenfalls miteinander an. Wir saßen abends gemütlich beieinander und tagsüber gingen wir jetzt gemeinsam Baden mit ihrem großen schwimmenden Gummikrokodil bereitete uns das Wellenreiten besonders viel Spaß. Dann rückte der Tag des Abschieds immer näher. Wir wollten uns einfach noch nicht voneinander trennen. Da kam die Mutter von Werner auf eine geniale Idee, dass ich hinten auf der Rückbank ihres Wartburg mitfahren durfte. Wir fuhren am selben Tag nach Hause und in die selbe Richtung nach Berlin was für ein schöner Zufall. Kurz vor Ost-Berlin stieg ich um in unsere Familienkutsche einen Moskwitsch ein russisches Modell. Vor der Weiterfahrt nach Senftenberg verabschiedeten wir uns noch ganz lieb von unseren Freunden. Somit ging ein erlebnisreicher Sommerurlaub zu Ende. Eine meiner schönsten Urlaubserinnerungen aus der Kindheit war für immer und unvergessen in meinem Gedächtnis geblieben.

Schwimmtraining


 
 
 
Als wir vom ersten Ostseeurlaub wieder heimgekehrten, sogleich meldete mich meine Mutter zum Schwimmunterricht an. Jedoch musste ich bis zum Frühjahr warten um Schwimmen zu lernen. Das städtische Schwimmbad hatte keine beheizten Schwimmbecken, also war man von der Witterung stark abhängig gewesen, denn wer will schon bei eisiger Kälte seine ersten Schwimmübungen wagen. Ich freute mich schon voller Vorfreude auf das Schwimmbad. Endlich war es soweit, ich begann mit dem Schwimmtraining. Jedoch werde ich nie vergessen können wie kalt das Wasser zu dieser Zeit eigentlich noch gewesen ist. Mich ließ der Gedanke an die Kälte des Schwimmbeckens schon im Vorfeld völlig erstarren und erschaudern. Mitten in der Übungsstunde fing ich vor Kälte an zu frieren und ich zitterte vor mich hin. Meine Mutter rief mir zu: "Du musst dich schneller bewegen im Wasser und durch die Schwimmbewegungen wird dir bald wieder warm werden." Sie hatte gut reden, denn sie stand oben am Beckenrand und nicht wie ihr Kind im kalten Wasser. Das Wetter spielte nicht immer so mit wie ich es mir erträumt hatte, es fehlten mir die wärmenden Sonnenstrahlen des nahenden Sommers. Trotz alledem war ich wirklich eine gelehrige kleine Schülerin und gab mir viel Mühe den Anweisungen des Schwimmlehrers folge zu leisten. Er zeigte mir auch alle Tricks und führte sie mir anschaulich im Schwimmbecken vor. Daraufhin habe ich es schnell verstanden die Übungen sofort in die Tat umzusetzen. Alle waren sichtlich stolz auf die kleine vierjährige Schwimmerin. Meine Mutter Ilse stand stets am Beckenrand und spornte mich mit ihren Zurufen bei meinen ersten Schwimmübungen an. Zum Schluss wurde mir das Schwimmabzeichen überreicht, dass zeichnete mich aus zu den Schimmern dazu gehören zu dürfen. Nun konnte ich ganz allein ohne die Erwachsenen Aufsichtspersonen im großen Schwimmbecken Schwimmen gehen. Der Planschbecken Bereich kam für mich nicht mehr in Betracht, denn ich gehörte jetzt zu den großen Schwimmern. Außer dem Schwimmabzeichen, bekam ich von der Schwimmerei, die auch an kalten Tagen stattfand, eine starke Mittelohrentzündung mit auf dem Heimweg. Irgendwann verschlechterte sich mein Gesundheitszustand zusehends und man brachte mich in das Krankenhaus am Rande der Stadt. Dort musste ich eine Woche verbleiben um auskuriert zu werden. Das stille Liegen in dem Bett viel mir als lebhaftes Kind sichtlich schwer. Meine Eltern holten mich mit dem Auto aus der Klinik ab. Mein Vater Waldemar freute sich mich endlich wieder in seine arme schließen zu könne und als kleines Dankeschön durfte ich mit ihm in die Garage fahren. Ich saß auf dem Schoß meines Vaters und ich hielt dabei das Lenkrad fest in meiner der Hand. Ich hatte mir wirklich vorgestellt in meiner kindlichen Fantasie, dass ich mit unserem Familienauto, dem Moskwitsch in die Garage gefahren bin mit der Hilfe meines Vaters selbstverständlich. Übrigens hat meine Schwester sich bis heute geweigert das Schwimmen zu erlernen. Ganz nach dem Motto der Pechmarie im Märchen von Frau Holle sagte meine Schwester zu diesem Thema:"Ich könnte dabei doch nass werden."

Puppendrama




Kinderspiele
In diesem Frühling des Jahres 1964 lernte ich das Rollschuh laufen mit den alten abgeschrammten Rollschuhen meiner Schwester. Verständlicher Weise fiel ich ständig auf die Knie bei den ersten Laufversuchen, deshalb flogen die Rollschuhe bald wieder in den Keller. Wer hat schon Lust und Freude an diesem Sport, wenn man sich ständig blutige und aufgeschürfte Knien dabei holt.
Dann brachten mir meine Eltern mit dem kleinen uralten Fahrrad meiner Schwester Silvia das richtige Fahrrad fahren bei. Mein Vater hielt den Gepäckträger und den Lenker fest. Er rannte neben mir her, denn falls ich das Gleichgewicht verlieren sollte bei meinen ersten Fahrversuchen, fing er mich mit seinen Armen behutsam auf. Wie jedes andere Kind auf diesem Planeten konnte ich auch bald und schnell herumrasen mit dem alten Fahrrad um den Häuserblock.
Meine Schwester Silvia war inzwischen 14 Jahre alt gewesen und hatte genau wie meine Mutter sich die Haare beim Frisör ziemlich kurz schneiden lassen. Vielleicht war diese Frisur der neue Sommertrend der Saison. Mir gefiel ihr neuer Haarschnitt überhaupt nicht, weil sie beide doch so eine schöne pechschwarze und lockige natürliche Haarpracht hatten.
In diesem Sommer spielte ich öfter Mal vor unserem Haus auf dem Spielplatz. Eines Tages gesellte sich der 12 jährige Nachbarsohn zu mir, ich spielte gerade mit meiner langhaarigen Puppe, die ich zu meinem Geburtstag gerade geschenkt bekam. Meine Freude über meine Puppe sollte nicht mehr lange anhalten. Ich kämmte behutsam die blonden langen Haare meiner Puppe ausgiebig. Ich war mit mir allein beschäftigt und das war auch gut so, denn ich fühlte mich wohl dabei. Ich war tief versunken als Puppenmutter in meinem Rollenspiel. Plötzlich stand Fred vor mir und sprach mich von der Seite her an. Ich zuckte leicht mit meinen Schultern auf, denn ich wusste sobald Fred in der Nähe von Kindern auftauchte, dann gab es mit Garantie auch schon Ärger mit ihm. Seine Eltern arbeiteten in der Gastronomie. Sie stritten sich oft in der späten Nacht, wenn sie von der Arbeit heimkehrten. Fred erhielt genau wie seine Mutter, die Kellnerin war von dem Mann des Hauses ordentliche Prügel verpasst. Im laufe der Zeit wurde als ziemlich unangenehm und störend empfunden wegen der unmittelbaren Nähe zu dieser schrecklichen Familie, weil man durch die Wände in dem Neubau das lautstarke Geschrei der Nachbarn ungewollt mithören musste. Meine Eltern dachten in dem Zusammenhang immer mehr über einen Umzug aus diesem Haus nach. Fred sagte zu mir in aller Deutlichkeit und drohte mir mit erhobener Faust und den Worten:" Hör mir mal gut zu Kleine, du ziehst jetzt sofort deine Hose runter und zeigst mir, ob du ein Junge bist oder ein Mädchen bist, weil du doch mit Puppen neuerdings spielst. Aber, wenn du dass nicht tun solltest, dann muss ich deiner Puppe, hier schau her, mit meinem wunderschönen scharfen Taschenmesser die blöden Haare abschneiden. " Er fuchtelte mir unentwegt mit seinem Taschenmesser vor meiner Nase herum. Dabei redete er weiter auf mich ein."Falls es sich heraus stellen sollte, dass du doch ein Junge bist, kommen die Haare der Puppe erst recht vom Kopf runter." Ich entgegnete ihm frech und mutig wie immer, wenn er Streit suchte. "Da kannst aber lange darauf warten, dass ich meine Hosen vor dir Blödmann herunter ziehe." Nun begann er mir die Puppe aus meinen Händen zu reißen. Aber ich versuchte vergeblich meine Puppe festzuhalten und kämpfte mit aller Kraft meine geliebte Puppe nicht aus meinen Händen zu verlieren. Er war leider zu stark für mich und ich hatte keine echte Chance diesen ungleichen Kampf zu gewinnen. Er grinste mir frech in mein Gesicht und sogleich begab er sich an sein zerstörerisches Werk. Fred schnitt vor meinen Augen der Puppe die Haare mit seinem Messer ab. Er stach wie wild auf das Gesicht und den Körper der Plastik Puppe ein. Dann warf er mir die Puppe vor meine Füße und mit einer letzten Bemerkung."Das hast du nun davon, weil du stur wie ein Esel bist." Das waren die Worte , die er zu mir sagte, als er endlich fort ging. Nun breitete sich die Wut in meinen ganzen Körper aus. Ich begann fürchterlich zu weinen die Tränen rannten in Sturzbächen von meinem Gesicht hinunter und tropften auf den Grasboden. Ich hatte langsam begriffen, dass meine Puppe für immer völlig zerstört bleiben würde. Aus meinem traurigen Schmerz heraus über den Verlust der Puppe beugte ich mich herunter zu ihr, um sie mit meinen Händen aufzunehmen. Ich ging in Richtung der Mülltonne und ich öffnete sie langsam und bedächtig. Voller Abscheu über das schlechte Erlebnis was mir gerade zugestoßen war, entschied ich mich dafür sie in die Mülltonne zu werfen und ich verabschiedete mich von ihr mit einem Schlaflied. Aus Furcht vor Fred hatte ich die Behauptung aufgestellt, dass ich ein Junge sei um mich mit dieser Aussage vor ihm zu schützen. Es war ein Trugschluss um sich als Junge stärker zu fühlen. Bald musste ich erkennen, dass er sich mit jedem Kind anlegen würde, dabei spielte das Alter und das Geschlecht von den angegriffen Kinder keine Rolle. Meine Eltern haben nichts gegen diese Familie unternommen, sondern sie sahen als einzigen Ausweg aus dieser Situation nur den Umzug. Also zogen wir einige Monate später in eine andere Stadt.

In der Badewanne bin ich der Kapitän




In unserer Neubauwohnung konnten wir den Luxus in Form einer Badewanne genießen. Ich nahm mir gern zum Planschen Spielzeug mit in die Wanne hinein. An diesem Badetag nahm ich mir aus dem Schrank meiner Mutter ein Trinkröhrchen aus Glas mit hinein. Ich konnte mit den Röhrchen so herrlich große Wasserblasen zaubern. Meine Mutter tropfte nur einige Spritzer von dem aromatisch riechenden Schaumbad in das Badewasser hinein, das reichte völlig aus um richtig schöne Wasserblasen entstehen zu lassen. Irgendwann rutschte mir das Glasröhrchen aus meinen nassen Händen und es landete auf dem Grund der Badewanne. Im gleichen Moment zersplitterte das Röhrchen in 1000 kleine Glasstücke. Im nächsten Augenblick spürte ich in meinem linken Fuß einen ziehenden und stechenden Schmerz. Meine Fußsohle fing gleich an zu bluten, weil ich in einen der vielen Glassplitter hinein getreten war. Nun rief ich nach meiner Mutter, die mich schnellstens aus der Wanne holte. Sie versorgte mich mit einem Verband. Beim nächsten Badevergnügen stellte mir meine Mutter eine Fußbank für meinen im Verband steckenden verletzten Fuß mit hinein. Da ich mich nicht richtig bewegen konnte, rief ich lautstark nach meinem Vater, der sogleich zu mir in das Bad geeilt kam. "Papa, ich möchte, dass du mich heute mal abseifst mit dem Waschlappen." sagte ich flehend und mit einem kessen Augenaufschlag zu ihm. Ich wusste dem Charme seiner kleinen Tochter konnte er nicht wieder sprechen. Schließlich konnte ich mich selbst waschen, aber mit meinem verletzten Fuß konnte ich mich nicht vom Hocker weg bewegen. Es war für mich etwas besonderes mit meinem Vater allein im Badezimmer zu sein. Ich konnte mit ihm Lachen über seine Späße, die er für mich ausgedacht hatte bei meinem Badevergnügen. Ansonsten musste ich ihn immer mit meiner Mutter und meiner Schwester teilen. Er war für mich der allerliebste Papa von der ganzen Welt.

Der Sandkasten




Als ich auf unseren Spielplatz vor den Haus mich nicht mehr vor Fred sicher fühlte, da beschloss meine Mutter eine Aufsichtsperson mitzuschicken. Es wechselten sich alle Familienmitglieder regelmäßig ab um auf mich aufzupassen, dass mir nichts mehr schlimmes geschehen konnte. Eines Tages als meine Schwester Silvia wieder einmal an der Reihe war mit meiner Beaufsichtigung, versuchte sie mit meiner Mutter zu diskutieren, damit sie sich vor ihrer verantwortungsvollen Aufgabe drücken konnte. Sie hatte wie immer absolut keine Lust für mich den Babysitter zu spielen. Meine Mutter kam auf die Idee und sagte zu ihr:"Dann nimmst du Cornelia einfach mit zu deinen Freunden, du weisst doch wie sie die Kleine mögen." Sie verzog ihre Mundwinkel und entgegnete ihr:"Das kommt nicht in Frage, das ich die Nervensäge mitnehme." Da dachte sie sich schnell eine neue Boshaftigkeit aus, um mich zu ärgern in der vorausschauenden Absicht mich bald wieder los werden. Sie war 14 Jahre alt und sie wollte sich am Nachmittag nach der Schule unbedingt mit ihren Freunden treffen. Vor unserm Haus auf der Wiese stand ein Sandkasten eingerahmt von Holzbalken, die als Sitzgelegenheit diente. An diesem Tag nahm ich mir von zu Hause mein Sandspielzeug mit, einen bunten Eimer und eine kleine Schaufel. Beide Spielgegenstände bestanden aus dem Material Hartplaste. Meine Schwester saß gelangweilt auf der Sitzecke des Sandkastens. Ich spielte mit den Sandformen, die ich in meinem Eimer versteckt hatte. Ich habe einige Sandkuchen gebacken, als ich auf meinem Kopf etwas krabbelndes entdeckte. Anfangs wollte ich mich nur an dieser Stelle kratzen. Nun spürte ich langsam wie dieses Krabbeln auf meine Hand über ging. Zuerst stieß ich vor Ekel einen lauten Schrei aus und fing vor Schreck gleich zu weinen an. Dann schüttelte ich die große Spinne von meiner Hand ab. Danach brüllte ich lautstark und wütend meine Schwester an:"Was bist du nur für ein gemeines Bist." Meine Schwester konnte sich vor ihrem hämischen Gelächter kaum noch auf der schmalen Sitzbank halten. Das brachte mich in rasende Wut und ich rannte in ihre Richtung noch mit meinem Eimer in der Hand. Ich schlug ihr mit voller Wucht den Eimer auf dem Kopf und die Plaste zerbrach in viele kleine Stücke. Mit dieser Reaktion hatte sie nicht in diesem Moment gerechnet. Somit waren wir Quitt und die Angelegenheit war wieder vergessen. Trotzdem erzählte ich meinen Eltern von dem unangenehmen Erlebnis mit meiner Schwester. Sie musste sich eine ordentliche Standpauke wegen ihr ungebührendes Verhalten anhören, weil sie mir die Spinne auf den Kopf gesetzt hatte.

Die neue Stadt




Der Umzug

Wir zogen Anfang des Jahres 1965 nach Görlitz um, in die wunderschöne Kulturstadt an der Neiße. Der Fluss trennt den deutschen Teil der Stadt durch eine Brücke mit dem polnischen Teil. Meine Vorschulzeit verbrachte ich Mitten in der großen Stadt. Dort wohnten wir in dem Altstadtviertel direkt in der Heiligen Grab Straße in einem Mehrfamilienhaus aus der Jahrhundertwende. Die Wohnung befand sich im dritten Stock des Hauses und war sehr beengt für unsere vierköpfige Familie. Sie hatte nur zwei kleine Zimmer, die sich aufgliederten in den Wohn- und Schlafbereich und eine Küche gehörte noch dazu. Für uns beiden Geschwisterkinder war kein einziges Zimmer vorhanden, deshalb schliefen wir mit im Schlafzimmer der Eltern. Alle Räume wurden durch Kachelöfen mit Kohle beheizt. Die Toilette befand sich außerhalb der Wohnung man musste ein Stockwerk hoch gehen um sie benutzen zu können. Was für ein Rückschlag, den wir beim Wohnkomfort erleiden mussten, wenn man die komfortable Neubauwohnung noch vor seinen Augen hatte. Unmittelbar vor unser Haustür verlief die Straßenbahnstrecke, man konnte laut und deutlich auch bei geschlossen Fenster hören wie die Straßenbahn quietschend um die Ecke einbog. Einige Schritte von unserem Wohnhaus im Gründerzeitstil entfernt, befindet sich noch heute das heilige Grab. Wir wohnten im Nikoleiviertel, der kleinste Stadtteil in Görlitz, aber mit einer großen geschichtlichen Bedeutung. Dieses Stadtviertel übte auf mich eine starke Anziehungskraft aus, dort zu leben bedeutete für mich die Magie in mir zu spüren durch die Ausstrahlung dieser wunderbaren Gebäude, die vor aus längst vergangener Zeit erbaut wurden. Ich sah mein Viertel mit den Augen eines Kindes und mir war zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst, dass es auch religiöse Hintergründe gab. Es hatte mir keiner so richtig erklärt, jeder in der Familie war gerade mit sich selber beschäftigt um sich in der neuen Umgebung besser zurecht zu finden. Ich erkundete auf eigene Faust mein Umfeld , denn für mich war diese Stadt wie für mich geschaffen um spielerisch viele Abenteuer im Umkreis meines Wohnhauses zu finden. Als erstes entdeckte ich für mich das Heilige Grab, das mich immer neu faszinierte, wenn ich auf seinen Pfaden wandelte. Das Görlitzer Heilige Grab ist im 15. Jahrhundert erbaut worden und es gilt als dem am nächsten nahekommenden im ganz europäischen Raum, der dem Jerusalemer Orginal nachempfunden wurde. Am Fuß des Heiligen Grabes am gegenüberliegenden Hang gibt es die Jüngerwiese, der Ölberg, dort stand der Ölbaum, der heute ein 150 jähriger Ahorn ist. Unter dem Ölbaum befindet sich ein Sitzplatz in Form einer Bank, die zum Verweilen einlädt. An diesem Platz saß meine Mutter, wenn sie mich bei einem beschaulichen Rundgang durch das Heilige Grab begleitete und sie schaute mir beim Spielen zu in dieser beruhigenden Landschaft. In dieser Stille und mit dem Einklang mit der Natur konnte man diesem Ort seine innere Ruhe finden. Dort war man geschützt vor dem Lärm und dem hektischen Treiben der Innenstadt. Am tiefsten Punkt der Anlage befindet sich ein Teich, darin laichen die Amphibien. Ich beobachtete das lustige Treiben der Frösche und lernte wie aus einer kleinen zappelnden Kaulquappe ein großer quakender Frosch heran wachsen konnte. Das Wässerchen Lunitz wurde namentlich unbenannt zum Bach "Kidron" und an dieser Stelle matschte ich am liebsten mit meinen Händen herum. Dieser Ort zeigte mir meine wachsende Naturverbundenheit auf, in der ich mein Leben lang wohl fühlen kann um mit mir und Natur in den Einklang zu kommen. An den Wochenenden gingen wir stets in die Stadt um jedes Mal neue Sehenswürdigkeiten zu entdecken. Aber auch die vielen Parkanlagen wie die Ochsenbastei und der Ochsenzwinger hatte seine interessanten Seiten um mit der Familie spazieren zu gehen.
In meiner Vorschulzeit hatte ich den alten Schulranzen meiner Schwester Silvia am liebsten auf meinem Rücken sobald es auf meine tägliche Entdeckungtour ging am Vormittag, darin verstaute ich brauchbare Dinge, die man als Entdecker unbedingt bei der Reise dabei haben musste. Ich war bereits voller Erwartung auf die Schulzeit im kommenden September, deshalb erzählte ich in der Nachbarschaft herum, dass ich schon ein Schulkind bin. Sobald die älteren Leute mich fragten wohin ich gehe, antwortete ich:"Ich muss mich beeilen die Schule fängt gleich an." So entging schnellen Schrittes der Neugier und den fragen der alten Omas. Dieses Mal führte mich meine abenteuerliche Reise hinunter zur Nikoleikirche, die ich besichtigte und es gab rundherum vieles zu entdecken im Nikoleizwinger beendete ich meinen Ausflug. Ich fragte die Passanten , die ich auf meinem Weg traf ständig nach der Uhrzeit, denn zum Mittagessen musste ich spätestens zu Hause erscheinen. Irgendwann wurde es höchste Zeit den Heimweg anzutreten. Nun schnell wieder nach Hause, denn meine Mutter wartete mit dem Mittagessen und meine Schwester hatte Schulschluss.

Erste Freundschaft




In unserem Mehrfamilienhaus in der Heiligen Grab Straße in Görlitz wohnte unsere Familie mittlerweile seit sechs Monaten. Da ich nicht wie die anderen Kinder in einen Kindergarten ging, fehlte mir die Gelegenheit mit ihnen zu spielen. Dadurch fehlte mir der Anschluss an Kinder in meinem Alter. Während dieser Zeit spielte ich meistens allein, jedoch begleitete mich meine Mutter auf den Spielplatz in der näheren Umgebung. Als eines Tages ein Umzugswagen vor unserem Haus parkte, wurde meine Neugier geweckt. Ich wollte unbedingt in Erfahrung bringen ob dieses Mal ein Kind in meinem Alter mit einziehen würde. Also schaute ich aus dem Schlafzimmerfenster hinunter auf die Straße und schaute dem Einzugstreiben zu. Da entdeckte ich einen Jungen, der eine Spielzeugkiste auf seinen Händen in den Hauseingang trug. Tatsächlich zog ein gleichaltriger Junge über uns in die vierte Etage in das alte Haus aus der Gründerzeit mit seiner Familie ein. In den darauffolgenden Tagen kamen wir miteinander ins Gespräch. Er erzählte mir, dass seine Familie aus der unmittelbaren Nähe hergezogen sei. Sie stammten aus Sachsen und kamen von einem kleinen Dorf , das nur einige Kilometer von der Stadt entfernt lag. Als Klaus das erste Mal vor mir stand, da fielen mir sofort seine strahlend wasserblauen Augen auf. Er hatte strohblondes Haar genau wie ich. Vom ersten Augenblick an waren wir uns sympathisch gewesen und wir hatten miteinander viel zu besprechen. Deshalb war ich hoch erfreut über den Einzug von Klaus und wir freundeten uns in den nächsten Tagen miteinander an. Wir haben uns prächtig verstanden, denn Klaus war mit seiner ruhigen Art der Ruhepol für mich und mein Ausgleich zu meinem sehr lebhaften Wesen. Er brachte mir gegenüber genügend Geduld und Verständnis entgegen um sich meinen überdrehten Temperament anzuschließen. Klaus hatte ein ernsthaftes Interesse mit mir auf eine große Entdeckertour in unserem Stadtviertel zu gehen. Schließlich wohnten wir in der Nikoleivorstadt eingebettet zwischen den Häusern auf dem Petersberg und den ausgestreckten Friedhofsanlagen und direkt am historischen Heiligen Grab. Dort gab es wirklich viele Möglichkeiten auf eine wunderbare Zeitreise direkt hinein in das Mittelalter zu gehen. Wir interessierten uns gemeinsam für die geschichtlichen Hintergründe der einzelnen Bauwerke in unserer Stadt und lernten dabei spielerisch etwas über die verschiedensten Epochen der vergangenen Zeit kennen. In seiner Nähe fühlte ich mich einfach wohl, endlich konnte ich so sein wie ich wirklich war ohne das man mich zu bremsen versuchte in meinem Wissensdrang und in meiner Abenteuerlust. Beim Herumtoben kannten wir keine Grenzen und es gab dabei immer viel zu Lachen. Aber wir spielten an den trüben Tagen im Frühling, als der Regen an unseren Fensterscheiben prasselte in der Wohnung von Klaus einige Brettspiele wie "Mensch ärgere dich nicht" oder Kartenspiele. Da musste ich mich mächtig anstrengen um Klaus auch einmal beim Spiel zu besiegen. Sobald die Sonne wieder schien gingen wir meistens Hand in Hand durch unser historisches Stadtviertel spazieren und entdeckten gemeinsam immer neue interessante Gebäude und Kirchen. Wir fanden heraus, dass die Nikoleikirche aus der spätgotischen Epoche stammte und das große Kaufhaus am Demianiplatz zur Jugendstilzeit erbaut wurde. Eines Tages hatten wir die Idee auf dem Kirchturm zur Peterskirche hinauf zu steigen. Aber da herrschte höchste Geheimhaltung bei der neuen Tour, denn unsere Mütter sollten sich nicht unnötig um uns Sorgen machen. Hauptsache wir hielten das oberstes Gebot unserer Mütter ein und waren bis zum Mittagessen wieder zu Hause. Also gingen wir gleich nach dem Frühstück los in Marschrichtung hin zur Peterskirche. Dort angekommen stiegen wir wie all die anderen Touristen die vielen Treppen empor bis die Aussichtsplattform erreicht war. Unsere Puste ist uns auf dem Weg langsam ausgegangen und hoch oben in der Kirchturmspitze verschnauften wir eine Weile. Dann nahmen wir das prächtige Panorama was vor unseren Augen lag wahr. Dieser unvergleichliche wunderbare Panoramablick, der sich zu unseren Füßen ausgebreitet hatte, beeindruckte uns in diesem Augenblick mächtig. Nur von dort oben konnte man den besten Überblick auf unsere Heimatstadt genießen. Dieser Ausflug hatte sich für uns gelohnt, dass wurde uns in diesem bedeutenden Moment richtig klar. Wir merkten wie sehr unsere mittelalterliche Stadt uns bereits an unsere Herzen gewachsen war. Für uns war unser Nikoleiviertel ein riesengroßer Abenteuerspielplatz und wir Beide fühlten uns als die Entdecker unserer neuen Welt. Obwohl uns unsere Eltern es eigentlich nicht erlaubten in unserem Alter weite Ausflüge ganz allein zu unternehmen, konnte ich Klaus meistens dazu überreden das Verbot zu umgehen um weitere Abenteuer zu erleben. Klaus bekam ein manches Mal ein schlechtes Gewissen dabei, denn er war nicht ganz so unbeschwert wie ich. Er dachte an die Worte seiner Mutter , was uns alles schlimmes passieren könnte bei unseren Alleingängen durch die große Stadt. Klaus fühlte sich nicht wohl in seiner Haut bei manchen heiklen Situationen, die ich ausheckte. Sobald wir in alten verfallenen Häusern herum stöberten und er versuchte mich auf die Gefahren, die auf uns lauerten hinzuweisen. Entgegnete ich ihm schnippisch:" Klaus, du hörst dich schon schlimmer an wie meine Mutter. Sei kein Spielverderber und komm schon hier mit rein." Trotzdem waren wir felsenfest davon überzeugt, dass unsere Freundschaft für die Ewigkeit bestimmt ist und wir besiegelten unseren Schwur mit einem Handschlag. Mittlerweile war ein halbes Jahr bereits vergangen und wir pflegten weiterhin unsere Freundschaft mit unseren Abenteuern. Manchmal sah ich es auch langsam ein, dass ich zur Übertreibung neigte, weil ich Klaus nicht vergraulen wollte mit meiner Unvernunft lenkte ich meinen Kurs um. Mittlerweile hörte ich auf ihn und versuchte nicht immer meinen dicken Kopf durchzusetzen was mir offensichtlich ziemlich schwer fiel mich zu zügeln, aber mir war es Wert mich zu verbiegen, weil ich Klaus als guten Freund nicht missen wollte.
Nun näherte sich langsam der Tag der feierlichen Einschulung im September 1966 und wir freuten uns schon mächtig und warteten schon voller Spannung auf den ersten Schultag. Wir saßen einige Tage vor dem unmittelbaren aufregenden Ereignis zusammen und unterhielten uns über die Gedanken, die in unserem Kopf herum spuckten. Was uns in der ersten Klasse erwarten würde, fragten wir uns ständig. Diese Ungewissheit was auf uns zukommen würde, beschäftigte uns an diesem Abend und wir diskutierten gemeinsam über das Thema Schule. Jeder von uns hatte andere Erwartungen und Vorstellungen an die bald beginnende Schulzeit. Zum Ende unseres Gespräches waren wir uns wie immer einig gewesen, denn man musste das bevorstehende Ereignis einfach auf sich zu kommen lassen. Zu einem späteren Zeitpunkt wollten wir darüber diskutieren wie die ersten Schultage auf uns gewirkt haben. Zum Abschied bekam ich an diesem Abend meinen ersten kleinen Kuss in meinem Leben. Er küsste mich liebevoll direkt auf meinen verschlossen gehaltenen Mund und dieser erste Kuss fühlte sich einfach himmlisch an. In dieser Nacht schlief ich ruhig und friedlich in meinem Bett ein. Natürlich träumte ich in dieser Nacht von Klaus und unseren vielen Abenteuern, die wir in den letzten Monaten gemeinsam erleben durften. Ich war überglücklich in dieser Zeit vor unserer Einschulung und besonders beeindruckte mich seine Offenheit mir seine Zuneigung zu offenbaren. Die erste Freundschaft in seinem jungen Leben zu finden, war für mich ein eindrucksvolles Erlebnis und unvergesslich zugleich. Ich wünschte mir es würde nie mit dieser Freundschaft zu Ende gehen.

Die Einschulung




Mein gleichaltriger Freund, der ebenfalls in unser Haus eingezogen war und ich freuten uns riesig auf die bevorstehende Einschulung. Die in den nächsten Tagen stattfand und so bereiten unsere Familien alles besonders gründlich für dieses Ereignis vor, denn es sollte zu einem Höhepunkt in unserer Kindheit werden. Meine Mutter kaufte mir ein dunkelblaues Kostüm, die Jacke hatte eine Knopfleiste an der sich silberne Knöpfe befanden und ich hatte zu dem kurzen Faltenrock eine weiße Bluse an. Dazu trug ich an meinen Füßen schwarze Samtschuhe und weiße Kniestrümpfe, die meine dünnen Beine stark betonten. Mittlerweile waren wir Beide 6 Jahre alt geworden und der Tag der Einschulung rückte in greifbarer Nähe. Anfang September 1966 war es endlich soweit wir bekamen von der Schule die Nachricht, dass wir Beide in die selbe Klasse gehen werden. Die Begeisterung von meinem besten Freund und mir war unbeschreiblich großartig nach der Verkündung dieser guten Nachricht. Nur eine Straßenbahnstation entfernt, trennte uns von unserer Schule. Natürlich war das Schulgebäude ein altes historisches Gebäude, das aus der Jugendstilzeit stammte. Unsere Mütter übten mit uns einige Male den Fußweg zur Schule zu gehen mit Hinweisen wie man die Straße zu überqueren hat und auf die lauernden Gefahren des Straßenverkehrs in der Großstadt zu achten. Dabei sollten wir uns ordnungsgemäß nach den Straßenverkehrsvorschriften bewegen. Wir beruhigten unsere Mütter und versprachen ihnen, dass wir ihre Ratschläge auf unseren kurzen Schulweg berücksichtigen würden.
An dem Tag der Einschulung waren unsere beiden Familien richtig aufgeregt, denn ein neuer Lebensabschnitt wurde heute begonnen. Ein wichtiger Wendepunkt in unserem noch jungen Leben wurde für uns Kinder, die in die erste Klasse kamen mit dem Beginn der Schulzeit für uns eingeläutet. Nun betraten wir zum allerersten Mal das Schulgebäude und unsere Lehrerin nahm uns an der großen Eingangstür in Empfang. Sie führte uns in das Klassenzimmer, indem wir ab dem heutigen Tag fleißig lernen werden. Nach ihrer freundlichen Begrüßung sangen wir zur feierlichen Eröffnung in unserem Klassenraum das Lied:" Ich bin jetzt ein Schulkind und nicht mehr klein und trage auf dem Rücken ein Ränzelein." Ebenfalls waren viele Familienmitglieder der Schüler anwesend, bei unserer feierlichen Aufnahme in die erste Schulklasse. Die Eltern präsentierten sich stolz mit ihren Kindern und die Geschwisterkinder waren ebenfalls anwesend. Die älteren von ihnen bekamen schulfrei für die erste Schulstunde der traditionellen Eröffnungsveranstaltung. Meine Schwester kam in diesem Schuljahr in die 8. Klasse und sie hatte vor in diesem Jahr die Schule erfolgreich zu beenden, denn sie war bereits im letzten Jahr sitzengeblieben. Während der gesamten Schulzeit musste sie zwei Mal eine Klasse wiederholen und eingeschult wurde sie erst mit 8 Jahren, weil sie ziemlich klein und zierlich von ihrer Statur geraten ist. Dafür war sie mit ihrem frechen Mundwerk immer stets vorne weg. Kein Wunder sie war keine gelehrige Schülerin und hatte meistens keine richtige Lust zum Lernen.
Meine Großeltern kamen extra aus ihrer Heimatstadt Senftenberg angereist, um bei mir zu sein an diesem besonderen Tag meiner Einschulung. Ich trug voller Stolz meine große Zuckertüte in der Hand und mein Vater fotografierte mich vor dem alten Schulgebäude. Meine dunkelrote Zuckertüte, die aus samtigen Stoff bezogen war und auf der sich ein nostalgisches Bild eines kleinen Mädchens befand . Als ich am Nachmittag die Schultüte auspackte und ganz viele bunte pastellfarbene Schaumzuckerfiguren darin vorfand, kostete ich zuerst ein rosafarbenes Schweinchen. Aber nach dem ersten Biss war mir klar, es schmeckt mir überhaupt nicht dieses süße Zuckerzeug. Ich sagte zu meinem Opa Max: "Opa mir schmecken die niedlichen Tierfiguren nicht, die sind so zuckersüß und klebrig in meinem Mund. Ich möchte sie dir schenken, denn du magst doch solche süßen Sachen." Max lächelte mir kopfnickend zu, er gab mir zu verstehen, dass er mit Freude meine Gabe annimmt. Ich freute mich wirklich sehr über den Besuch meiner Großeltern das war das schönste Geschenk für mich an diesem Tag, denn nun gehörte mir für einen ganzen Tag lang ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Mein Vater brachte sie mit seinem Auto zu uns nach Hause, weil er einen Tag zuvor bereits hinfahren musste nach Senftenberg, um eine unangenehme Sache zu erledigen. Mir erzählte man die aufregende Geschichte erst zwei Tage nach meiner Einschulung, damit ich einen fröhlichen und unbeschwerten Schulanfang feiern konnte. Mein Vater Waldemar musste nach Annahütte in seinen Heimatort fahren um die Formalitäten zur Beerdigung seiner Adoptivmutter vorzubereiten. Oma Erna war vor einigen Tagen durch einen tragischen Unfall kurz nachdem sie in das Krankenhaus kam, leider verstorben an den Folgen ihres Missgeschickes. Erna fuhr einmal wöchentlich mit ihrem Fahrrad hinaus vor den Toren des Dorfes, wo sich der Friedhof befindet um wie jede Woche das Grab ihres schon lange verstorbenen Mannes zu pflegen. Sie harkte mit ordentlicher Sorgfalt mit der Harke den Erdboden ringsum die Grabstelle und mit der Gießkanne hatte sie stets die angepflanzten Blumen gegossen. An diesem tragisch endenden Tag begab sich Oma Erna mit der Gießkanne in der Hand zum tiefen Friedhofsbrunnen um daraus Wasser zu schöpfen. Als sie sich mit der Kanne Wasser in der Hand tief in den Brunnen hinunter beugte, da bekam sie plötzlich durch ihre Krankheit bedingt eine so genannte Blutleere in ihren Kopf. Dadurch wurde ihr augenblicklich schwindlig, dann fiel sie in einen ohnmächtigen Zustand. Durch ihr starkes Übergewicht wurde sie von ihren eigenen Körpergewicht hinunter gezogen in den tiefen Brunnen und ihr Kopf tauchte unter das Wasser. Sie ertrank in diesem Friedhofsbrunnen, weil sich zu diesem Zeitpunkt in ihrer unmittelbaren Nähe gerade keine lebende Menschenseele aufhielt. Deshalb wurde sie zu spät von einer anderen älteren Frau aufgefunden, aber sie konnte die schwergewichtige Erna nicht aus dem Brunnen heraus ziehen. Die Frau versuchte es mit ihren letzten Kräften, aber der Versuch endete ohne sichtlichen Erfolg. Der Arzt wurde verständigt, aber als er mit dem Rettungswagen eintraf, um sie in das Krankenhaus zu bringen, waren alle Wiederbelebungsversuche vergeblich. Das Ende ihres Lebens war somit besiegelt, denn die letzten Rettungsversuche begannen in diesem Moment zu scheiterten. Es waren die unglücklichen Umstände, die sich aneinander gereiht hatten, die führten zu dem tragischen Unfallende. Einige Tage später fand man sich zur Trauerfeier und Beerdigung meiner Oma Erna ein auf den Friedhof in Annahütte, sie wurde nur 62 Jahre alt. Ich erinnerte mich noch Mal in diesem Augenblick an sie zurück, denn in dieser besinnlichen Zeit als ich von ihr Abschied genommen habe, wurden die Gedanken an sie nochmals wach gerufen. Ich hatte mit ihr gute und schlechte Zeiten erlebt, die in meiner Erinnerung an sie für immer verbleiben würden. In den guten Zeiten hat sie mit mir viel gesungen, das weckte meine musikalische Seite in mir auf. Sie sang:"Mit den Füßchen trapp trapp, mit den Händchen klapp klapp, einmal hin und einmal her ringsherum das ist nicht schwer." Dabei tanzte sie mit mir Hände haltend im Kreis herum. Sie war jedoch ein ungeduldiger Mensch und ich brachte sie leicht aus ihrer Ruhe. Dann ärgerte sie sich über mich und wollte mir eine Ohrfeige verpassen. Doch einmal rannte ich um den Couchtisch rund herum und sie schnaufend hinter mir her, um mich einzufangen. Sie erwischte mich dieses Mal nicht, darüber war ich froh gewesen. Sie rief mir hinterher:"Na warte Fräulein, wenn ich dich erwische, dann raucht es im Karton. Du kannst was erleben, wenn dein Papa gleich nach Hause kommt." Nachdem sie mich zwei Runden um den Tisch gejagt hatte, beendete sie erschöpft das unfreiwillige Lauftraining. Sie gab keuchend und völlig geschafft die Verfolgung nach der quirligen Conny auf. Meinen Vater, der gerade ahnungslos von der Arbeit heimkehrte und die Eingangstür aufgeschlossen hatte, wurde gleich von Oma Erna abgefangen und sie erzählte ihm mit aufgeregter Stimme und in völlig aufgelöster Verfassung über das Geschehen was gerade zwischen uns Beiden vorgefallen war. Er stand noch in der Eingangstür, als sie ihr Leid klagte und berichte ihm von meinem schändlichen Vergehen, weil ich mich ihren Anweisungen wieder setzte. Mein Vater Waldemar versuchte beruhigend auf seine Mutter einzureden, denn ihm lag es am Herzen zwischen uns zu vermitteln. Er wollte unbedingt dem ewigen Streit zwischen uns ein Ende bereiten.

In der 1. Klasse




Die ersten drei Monate

Nach dem Tag der feierlichen Einschulung erwarteten wir mit großer Spannung den ersten richtigen Schultag in unserer Klasse. Da wir wie alle Kinder in diesem Alter völlig motiviert waren, wollten wir endlich Lesen und Rechnen lernen. In dieser Nacht konnte ich vor Aufregung nicht richtig durchschlafen und ich wälzte mich ständig in meinem Bett hin und her. An dem Vorabend des ersten Schultages gingen mir viele Dinge durch meinen Kopf, denn in meinen Gedanken war ich zweigespalten. Sie schwankten zwischen einer gewissen Vorfreude bis hin zur Ungewissheit was mich dort erwarten würde. Ständig wachte ich wegen der kreisenden Gedanken, die sich in meinem Kopf festgesetzt hatten auf, die mich fragten:"Was müssen wir bloß alles Lernen damit wir eines Tages Erwachsene sein können? Finde ich unter den Mitschülern neue Freunde mit denen ich viel Spaß erleben werde?" Am Morgen nach dem Frühstück traf ich Klaus im Hausflur und wir gingen frohen Mutes wieder einmal Hand in Hand an diesem sonnigen Tag gemeinsam in die Schule. Durch das Händchen halten nahm er mir die Angst vor den neuen Ereignissen, die ich noch nicht richtig einschätzen konnte. Ich war innerlich verunsichert und ein einziges Nervenbündel. Wie wird der heutige Tag für mich am Ende aussehen, wird er für mich gute oder schlechte Sachen bereithalten? Klaus beruhigte mich mit seinen Worten:"Conny, alles wird gut werden, wenn wir zwei fest zusammenhalten, dann glaube mir kann uns nichts schlimmes passieren. Entweder die anderen Mitschüler mögen uns oder nicht. Ich hatte noch keine Ahnung was Alles auf mich zu kommen würde in der Zukunft in dieser Klasse. Diese Ungewissheit quälte mich und meine Gedanken kreisten ständig um das selbe Thema herum. Ich stellte Klaus die Frage: "Ob es mir in der Klasse mit den neuen Mitschülern in dieser alten Schule gefallen wird?" Klaus entgegnete mir:"Wer sollte dich nicht mögen, du bist doch mit deiner Art immer lustig drauf und stets vergnügt eben für jeden Quatsch zu haben was kann daran schon verkehrt sein?" Nun waren wir bereits in der Schule angekommen, für den täglichen Schulweg benötigten wir nur auf dem Hinweg ohne zu trödeln ungefähr 15 Minuten von der Zeit. Wir betraten unseren Klassenraum und schauten uns kurz nach den anderen Kindern um. Äußerlich konnte mir keiner meine Verzweiflung ansehen, denn ich war doch ziemlich aufgedreht und fröhlich drauf. Ich hatte den Mund am richtigen Fleck, denn mir kam immer ein passender Spruch über meine Lippen. Also war ich gewappnet für den Kampf um einen Gegner zu bezwingen, für einen Mitschüler, der sich mit mir anlegen wollte.
In dem Klassenraum setzten wir uns ganz selbstverständlich nebeneinander auf die beiden Stühle hin, die vor der Schulbank standen, denn wir kannten momentan noch keinen anderen Mitschüler. Einige der Klassenkameraden kannten sich bereits aus dem Kindergarten. Sie schauten uns etwas seltsam an und tuschelten miteinander, denn die meisten Kinder nahmen neben einem gleichgeschlechtlichen Mitschüler ihren Platz in der Schulbank ein. Dann betrat die Lehrerin den Klassenraum, die Schulglocke läutete den Unterrichtsbeginn ein. Wir legten fleißig los mit dem Lernen für unser weiteres Leben. Unsere Freude über unsere fest geschlossene Freundschaft sollte nicht mehr lange anhalten, denn sie wurde in den nächsten Tagen auf eine harte Probe gestellt. Die meisten Mitschüler fingen uns an zu hänseln und riefen uns in der großen Pause auf dem Schulhof hinterher: "Liebespaar küsst euch Mal auf dem Mund ist kerngesund." Irgendwann schämte sich Klaus für die ständigen Hänseleein, denen wir täglich ausgesetzt waren in Grund und Boden. Aber statt mir zu helfen und beizustehen wie wir es uns bei unserem Freundschaftsschwur geschworen hatten, da trat das Gegenteil ein und mein Freund kam mit dieser unangenehmen Situation nicht mehr zurecht. Aber ich träumte davon, dass auch Klaus wie ein wahrer Prinz, die in meinem Märchenbuch, stets ihre geliebte Prinzessin retteten vor dem bösen Drachen, ebenfalls seine Freundin zur Seite eilen würde um mich zu verteidigen vor den aufgebrachten Mitschülern, die uns fürchterlich ärgerten. Leider sollte meine Vorstellung von einem edlen Prinzen nur ein Traum bleiben, denn Klaus fühlte sich unter Druck gesetzt von unseren Mitschülern. Er versuchte sich allein aus der Misere zu befreien ohne einen Gedanken an mich zu verschwenden. Er begann täglich ein Stück mehr mich zu verletzen mit seinem verräterischen Verhalten mir gegenüber. Klaus wollte nichts mehr von mir wissen und wie schlecht ich mich in dieser verfahrenden Situation fühlte, interessierte niemanden. Nun verbündete er sich mit den anderen Schülern um schnell aus seiner misslichen Lage herauszukommen. Er dachte nicht mehr im geringsten daran unsere Freundschaft aufrecht zu erhalten. Indem er sich immer weiter von mir entfernte und mich eines Tages nicht mehr beachtete. Klaus zog sich von mir komplett zurück ohne weitere Erklärungen ließ er mich fallen wie eine heiße Kartoffel aus seinen Händen, weil ich für ihn, unbequem geworden bin. Ich passte nicht mehr in seine Welt hinein und er verspottete mich gemeinsam mit seinen neu gewonnenen Schulfreunden. Klaus hatte den Anschluss in diese Klasse geschafft und Freunde gefunden unter der Bedingung unsere Freundschaft aufzugeben. Dieser Umstand kränkte mich und aus dem fröhlichen Kind von einst wurde ein trauriger Bücherwurm, der sich in seine Bücherwelt zurückgezogen hatte. In meinen Büchern war die Welt in Ordnung und ich lebte in ihrer Fantasie weiter um der Enttäuschung und dem vorübergehenden Tränenfluss zu entfliehen. Danach wurden die nächsten Tage und Monate in dieser ersten Klasse zu meinem persönlichen Spießrutenlauf erklärt, denn durch solch eine Blamage vor der ganzen Klasse einfach bloßgestellt zu werden, dadurch war es keine leichte Aufgabe für mich in diesem Klassenkollektiv wieder Fuß zu fassen. Ich konnte mir nicht mehr vorstellen in dieser Klasse noch richtige Freundinnen zu finden. Von diesem Zeitpunkt an wurde es für mich unerträglich in die Schule zu gehen. Welches Kind möchte gleich am Anfang seines Schulanfangs in eine solche Aussenseiterrolle gedrängt werden. Wie komme ich nur wieder aus diesem Dilemma heraus? Außerdem entwickelte sich Klaus bei seinen schulischen Leistungen zu einem Streber und wurde damit äußerst beliebt bei der Lehrerin. Er wurde der Klassenbeste in allen Fächern und die meisten Mitschüler bewunderten ihn dafür. Ich hingegen wählte die Zensuren im goldenen Mittelmaß aus, denn mir war die Lust auf das Lernen irgendwie abhanden gekommen. Meine Mutter meinte eines Tages zu mir:"Du kannst doch mit Klaus die Hausaufgaben besprechen und mit ihm Mathematik üben, damit du noch bessere Noten bekommen kannst."Mein Blick, den ich ihr entgegenbrachte konnte ganze Bände sprechen. Zuerst hatte sie keine Ahnung von dem was sich in der Schule für eine Tragödie abgespielt hatte, weil ich ihr nichts von den Geschehnissen aus meiner Klasse erzählte. Ich zog es vor still vor mich hin zu Leiden und mich zurückzuziehen in meine eigene fantastische Fantasiewelt in der ich glücklich sein konnte. Aber sie sah mir meinen Kummer an der Nasenspitze an und sie merkte an meinem missmutigen Verhalten, dass irgend etwas nicht mit mir stimmen konnten. Sie drängte mich daraufhin ihr zu erzählen was mich momentan bedrückte und nahm sich die Zeit um mir zuzuhören. Also erzählte ich meiner Mutter was mich in der letzten Zeit aus meiner Bahn herausgeworfen hatte. Ich empfand das Gespräch mit meiner Mutter als sehr befreiend, denn ich konnte mir meine Schmerzen von meiner Kinderseele reden. Sie tröstete mich mit ihren Worten und sie nahm mich in ihren Arm. Dabei streichelte sie mir sanft über meine Haare und ich fand langsam zu meinem eigenen Frieden in mir. Sie fuhr mit den Worten fort:"Jetzt fällt es mir auch leichter die Neuigkeiten zu verkünden, wenn du nicht mehr so an Klaus hängst wird alles gut. Wir haben heute einen Brief vom Wohnungsamt erhalten mit der freudigen Nachricht, dass wir endlich in eine größere Wohnung umziehen können. Ich hatte mir schon große Sorgen darüber gemacht, dass du traurig sein wirst, wenn du Ende des Jahres nach den Weihnachtsferien in eine andere Schule kommst. Wir haben diese neue größere Wohnung vom Wohnungsamt zugeteilt bekommen, aber sie liegt in einem anderen Stadtteil von Görlitz. Dieser Stadtteil nennt sich Rauschwalde und er liegt weiter weg von der Innenstadt mehr im Grünen gelegen. Dort werdet ihr Kinder ein gemeinsames Kinderzimmer vorfinden. Sicherlich wird es dir in dieser ländlichen Gegend gut gefallen. Ist das nicht eine wunderbare Nachricht, die ich dir überbringen konnte?"
Ich kann es einfach nicht richtig beschreiben, aber in diesem Moment fiel mir wirklich ein großer Stein von meinem Herzen hinunter auf dem Boden der Tatsachen. Ich hatte reichlich Zeit und die Gelegenheit dazu gefunden aus den schrecklichen Ereignissen der letzten drei Monate zu lernen für meine weitere Zukunft. Mit diesem Wissen konnte ich gestärkt in der neuen Schule einen Neuanfang starten um Freunde für mich zu gewinnen und wieder fleißig mit dem Lernen durchzustarten.

Erinnerungen




Der Freundeskreis meiner Eltern

Es zog der milde Spätsommer des Jahres 1962 in das ostdeutsche Land ein. Ich war zu diesem Zeitpunkt gerade 2 Jahre und 6 Monate alt. An diesem Altweibersommer Wochenende war es für mich wieder einmal soweit, die gemeinsame Zeit mit meinen Großeltern zu verbringen. Meine Eltern begaben sich in das Heimatdorf meines Vaters um dort ein Partywochenende mit einem befreundeten Ehepaar zu feiern. Dort in diesem kleinen Dorf wohnte Oma Erna und sie kümmerte sich an diesem Wochenende wie gewöhnlich, wenn meine Eltern unterwegs auf Reisen oder zum Feiern waren um meine ältere Schwester Silvia. Sie stand einen Monat kurz vor ihrem 14 Lebensjahr, den es war Anfang September. Sie wollte mit ihren alten Schulfreunden ebenfalls am Samstag Abend um die Häuser ziehen. Sie hatten sich vorab bereits verabredet mit ihren Freunden. Durch ihre Vorfreude auf das spannende Wochenende war ihre Laune bestens und so hegte sie keinen Groll gegen mich, weil sie wusste das ihre kleine Schwester nicht mitkommen würde. Zu der Truppe meiner Schwester gesellte sich von dem befreundeten Ehepaar der 9jährige Sohn namens Konrad mit dazu. Seine kleine 1jährige Schwester Jeanette war genauso wie ich bei ihrer Oma an diesem Wochenende untergebracht. Unsere beiden Familien unternahmen auch gemeinsame Ausflüge an den Wochenenden mit unseren Autos fuhren wir in die nähere Umgebung zum Baden oder es ging in die Natur hinaus. Wir beiden kleinen Mädchen krabbelten schon von Kleinauf gemeinsam in einem Laufstall umher, wenn unsere Mütter ihren Kaffeeklatsch hielten und unsere Väter an ihren Motorrädern herum bastelten. Schließlich wohnten die beiden Ehepaare jahrelang in der unmittelbaren Nachbarschaft in dem brandenburgischen Dorf Annahütte zusammen. Ihre Wohnhäuser lagen nicht weit von einander entfernt. Sie lernten sich näher kennen und bemerkten ihre gemeinsamen Interessen, deshalb freundeten sie sich schnell miteinander an. Das Ehepaar und die Mutter von Bruno kamen ursprünglich Anfang der 50er Jahren aus Düsseldorf nach Ostdeutschland. Sie waren immer schick und modisch gekleidet was bei meinen Eltern gut ankam, denn meine Mutter nähte sich ihre eigene Modekollektion direkt auf ihren Leib. Bruno und Traudel tanzten gern Rock´n´roll und meine Eltern tanzten auch für ihr Leben gern, also fanden sie viele Gemeinsamkeiten, die ihre Freundschaft immer mehr festigten. Der erstgeborene Sohn Konrad stammte aus einer früheren Beziehung von Traudel. Sie wurde von ihrer Jugendliebe mit 16 schwanger und mit 19 Jahren heiratete sie ihren jetzigen Ehemann den Bruno. Aber am liebsten feierten sie alle vier gemeinsam im Klubhaus die verrückte Faschingszeit. Dann erinnerten sich Bruno und Traudel gern zurück an die ausgelassene Karnevalsstimmung, die sie vor dem Mauerbau in ihrer Heimatstadt Düsseldorf mit den alten Freunden und der Familie jährlich gefeiert hatten. Der Berliner Mauerbau erfolgte bekanntlich über Nacht zum 13. August 1960. Danach konnte man lange Zeit nicht mehr in den goldenen Westen fahren. Später durfte Bruno seine Verwandtschaft bei einer Beerdigung wieder besuchen und brachte uns allen schöne Geschenke mit. Damals waren die üblichen Geschenke nach dem Besuch im Westen meistens Kaffee, Schokolade, Bekleidungstücke und Kosmetikartikel und alles hatte immer so lecker gerochen, dass war der typische Geruch aus dem Westen von Deutschland. Mein Vater Waldemar war einmal eine ganze Faschingssaison Anfang der fünfziger Jahre in Mainz mit dabei gewesen. Er erhielt von dem Festkomitee einen Orden ausgehändigt, weil er sich mit seiner Musik und einer Büttenrede aktiv am Karneval mit beteiligt hatte. Diesen Orden bewahrt meine Mutter Ilse in aller Ehre an diese schöne Erinnerung auf. Bis zum heutigen Tag hütet sie den Orden wie einen Schatz und er liegt immer noch nach so vielen Jahrzehnten in ihrer Schmuckkiste drin.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Meine Oma, ihr Fahrrad und ich

Am Freitag Abend erzählte mir meine Oma wie jeden Abend, wenn ich bei ihr übernachten durfte eine schöne Gute-Nacht-Geschichte, damit ich meine Ruhe zum einschlafen finden konnte. Dieses Mal erzählte sie mir von der Entstehung des Kohletagebaues, der sich ganz in der Nähe von meinen Großeltern ihrem Wohnhaus befand. Sie wollte mich an diesem Abend beruhigen wegen der Geräuschkulisse, die seit einigen Wochen im Schlafraum vorherrschte und die mir Unbehagen bereitete, weil ich mir nicht vorstellen konnte was da draußen geschah. Bei dem geöffneten Fenster im Schlafzimmer, das uns frische Luft in dieser warmen lauen Nacht verschaffen sollte, da hörte ich im Hintergrund während ich versuchte einzuschlafen das laute quietschende Geräusch des Baggers. Ganz in unserer Nähe befand sich seit kurzer Zeit der Tagebau Meuro, der mit dem großen Bagger die Kohle aus der tiefen Erde mit seinen lautstarken Schaufeln heraus holte. Die fertigen Kohlebriketts lagerten auch meine Großeltern in ihrem Keller ein für die kalte Jahreszeit, damit feuerten sie die Kachelöfen in ihrer kleinen Wohnung an. Auf dem mit Kohle befeuerten Herd in der Küche kochte meine Oma auf den glühend heißen Herdplatten das Mittagessen und in der Backröhre schmorte der Braten, darin wurde auch so mancher schmackhafte Kuchen gebacken. Meine Oma war eine fantastische Köchin und Bäckerin und sie erfreute unsere gesamte Familie mit ihren Künsten an diesem alten funktionstüchtigen Herd und zauberte uns so manchen Leckerbissen auf dem Tisch. Diese Küche blieb Orginalgetreu erhalten bis zum Anfang der 80er Jahre.
Am nächsten Morgen nach meinem Erwachen, da stand das Frühstück auf dem Küchentisch für uns bereit. Also frühstückten meine Oma Elsa und ich erst einmal gemeinsam um gestärkt in den neuen Tag zu starten. Mein Opa Max war bereits morgens seit um 6 Uhr früh unterwegs mit seinem Fahrrad auf dem Weg zur Frühschicht nach Schwarzheide um seiner Arbeit nachzugehen.
Oma besprach mit mir den Verlauf des heutigen Tages wie sie sich den Samstag mit mir vorstellte und sie sagte zu mir: "Also nach dem Frühstück hole ich mein Fahrrad schnell aus dem Keller und dann fahren wir Beide zum Einkaufen. Zuerst gehen wir zum Bäcker um das frische Brot und die Brötchen abzuholen. Anschließend geht es zum Fleischer, der sich gegenüber von der Bäckerei befindet, um das bestellte Fleisch und die Wurst einzukaufen für unser Abendessen und den Sonntagsbraten. Danach backen wir zwei einen Kuchen, dass wird dir sicherlich Spaß bereiten. Im Anschluss daran kannst du mich in den Garten begleiten. Ich muss die anstehende Gartenarbeit verrichten und du kannst mir beim Unkraut jäten helfen und beim Blumen gießen." Soweit, so gut, das Fahrrad war mittlerweile startklar gewesen und ich nahm vorn auf dem Kindersitz meinen Platz ein. Der Kindersitz sah aus wie ein kleinerer Fahrradsattel und er wurde am vorderen Fahrradrahmen befestigt mit Schrauben. Etwas weiter unten waren die Fußstützen angebracht und die wurden für mich ausgeklappt. Ich stellte meine kleinen Füße darauf und schon fuhren wir los in Richtung der Bäckerei. Die beiden Geschäfte, die wir als Ziel vor uns sahen, waren von unserem Wohnhaus ungefähr 10 Minuten entfernt. Ich rutschte wie immer unruhig mit meinem Po auf dem Fahrradsattel hin und her. Inzwischen sang ich fröhlich für uns ein Kinderlied:"Kam ein kleiner Teddybär aus dem Spielzeugland daher." Einfach still zu sitzen fiel mir eben ziemlich schwer. Nun fing ich an mit meinen Füßen zu zappeln und nahm den rechten Fuß von der Fußstütze herunter um mit meinem Bein hin und her zu schlenkern. Plötzlich und unverhofft kam ich dabei mit dem rechten Fuß in die Speichen des Vorderrades. Meine Oma bemerkte nicht gleich den Widerstand im Vorderrad, sondern sie trat nochmals in die Pedale hinein. In diesem Moment verkeilte sich mein gesamtes Bein vom unteren Knöchel an und zog sich tief in die Speichen des Vorderrades hinein. Alles was mit dem Unfallgeschehen in Zusammenhang gebracht werden konnte, lief rasend schnell vor meinen Augen ab. Meine Oma hatte in diesem kurzen Augenblick der Unachtsamkeit von uns beiden als sich der folgenschwere Unfall ereignete keine richtige Chance gehabt umgehend zu reagieren. Bevor sie mich überhaupt auffordern konnte meine Zappelei zu unterlassen während wir mit dem Fahrrad unterwegs waren, traf mich blitzschnell das tragische Ereignis wie aus heiteren Himmel. Die Folge für mich war äußerst schmerzvoll, denn ich schrie lautstark vor Schmerzen auf. Nun konnte nur noch eine Schadensbegrenzung stattfinden, indem mich meine Oma mit ihrem Halstuch verbunden hatte um damit den starken Blutfluss, der aus meinen Unterbein herausquoll etwas zu stoppen. Ungefähr fünf Minuten von unserem derzeitigen Aufenthaltsort entfernt, da befand sich das Krankenhaus der Stadt Senftenberg. Also musste ich tapfer, aber vor Schmerzen brüllend und heulend auf dem Fahrrad sitzend die schnelle Fahrt bis zum Krankenhaus aushalten. Als wir im Krankenhaus eintrafen, wurde ich sofort ärztlich versorgt und meine Oma tröstete mich über meinen Schreck hinweg. Zu der damaligen Zeit gab es in den meisten Privathaushalten keinen Telefonanschluss, deshalb war die Verständigung etwas schwerer gewesen um zum Beispiel einen Krankenwagen zu rufen oder um meine Eltern zu benachrichtigen. Es gab nur einige wenige öffentliche Telefonzellen, die lagen weit von einander entfernt. Meine Eltern holten mich am Sonntag am späten Nachmittag aus dem Krankenhaus ab. Dann ging es zurück zu meinen Großeltern, denn dort versammelte sich die ganze Familie wie geplant zum Abendessen um den großen Küchentisch. Jetzt konnten sie die unangenehme Bescherung, die ich meiner Familie bereitet hatte mit eigenen Augen sehen, denn mein Verband an meinem rechten Bein war nicht zu übersehen. Trotzdem haben wir alle gemeinsam am Sonntag Abend den guten Braten, den meine Oma inzwischen zubereitet hatte in trauter Familienrunde Essen können und es hatte uns allen wie immer lecker geschmeckt. Allerdings machte sich meine Oma wegen des Unfalls große Vorwürfe, aber meine Eltern meinten zu ihr."Da konntest du in diesem Fall nichts daran ändern, denn kleine Kinder sind so spontan in ihrer Handlungsweise, dass die Aufsichtsperson nicht so schnell reagieren kann und in manch einer fatalen Situation ist der Ausgang ungewiss. Da brauchst du dich nicht schuldig zu fühlen, denn bei unserem temperamentvollen Kind kann uns so eine Sache vielleicht auch einmal passieren. Natürlich ist es Schade für unsere kleine Conny, weil sie ihr Leben lang durch die verbleibenden Narben, die auf dem Bein zurück bleiben werden an diesen schrecklichen Tag erinnert wird. Hauptsache ist doch, dass sie bald gesund wird und wieder herumspringen kann."

Weihnachten


 
 
Oh du fröhliche Weihnachtszeit
 
Endlich war es soweit die Weihnachtszeit rückte immer näher und der nächste Umzug unserer Familie stand kurz vor der Tür. Damit stieg nicht nur meine Vorfreude auf den bevorstehenden Umzug nach Rauschwalde , sondern auch auf das besinnliche Weihnachtsfest, dass wir im Kreise der Großfamilie feiern würden, so wie im jedem Jahr. Der Stadtteil Rauschwalde liegt in einem Außenbezirk weit ab von der direkten Innenstadt von Görlitz.
In den Weihnachtsferien wurde ich mit dem Auto von meinen Eltern zu meinen Großeltern nach Senftenberg gefahren. Meine Eltern bereiteten inzwischen in aller Ruhe den Umzug von der Heiligen Grab Straße in Görlitz vor. Meine ältere Schwester Silvia half ihnen zwangsweise bei denVorbereitungen unser Hab und Gut in Kisten und Kartons mit einzupacken. Sie hätte sich etwas besseres vorstellen können, als den Eltern zu helfen, aber so konnte sie am Nachmittag wenigstens in ihrer Freizeit mit ihren Schulkameraden zusammen sein.
Das Weihnachtsfest feierten wir Alle gemeinsam in fröhlicher Runde bei meinen Großeltern. Ich bekam genau mein Weihnachtsgeschenk, das ich auf meinem Wunschzettel für den Weihnachtsmann geschrieben hatte. Ich freute mich riesig über meinen neuen Kaufmannsladen, der mit allen ausgestattet war, was zum Verkauf in einem kleinen Tante Emma Laden dazu gehörte. Im Vorfeld der Weihnachtsvorbereitungen hatte mein Vater die Rückwand des Kaufmannsladens mit schwarzer Tafelfarbe gestrichen. Also konnte ich folgerichtiger Weise nicht nur an der Tafel malen oder schreiben, sondern ich spielte damit Schule. Ich war in diesem Spiel die Lehrerin und meine Puppen und Plüschtiere waren meine Schulkinder. Dieses Weihnachtsgeschenk war einfach wunderbar für mich geeignet, denn ich konnte mich selber mit diesem Spielzeug stundenlang beschäftigen. Das Rollenspiel als Verkäuferin und als Lehrerin bereitete mir auch ohne Spielgefährten großen Spaß.
Am ersten Weihnachtsfeiertag hatte meine Oma eine leckere Weihnachtsgans in ihrem mit Kohle befeuerten Backofen zum Braten in die Röhre hinein geschoben. In der Zwischenzeit rollte sie die Kartoffelklöße in die richtige Kugelrunde Form, die waren ebenfalls von ihr selbst hergestellt worden aus rohen und gekochten Kartoffeln. Dazu reichte sie ein Apfelrotkohl, das als Beilage zu dem Weihnachtsessen nicht fehlen durfte. Als das schöne Weihnachtsfest und die krachende Silvesternacht, vorüber gegangen waren, da konnte ich bereits nach wenigen Tagen im neuen Jahr 1967 mit unserer gesamten Familie zurück kehren in unsere neue Bezugsfertige Wohnung nach Rauschwalde.

Der Umzug innerhalb der Großstadt


 
 
 Der Stadtteil Rauschwalde
 
Meine Eltern und meine Schwester hatten in der Zwischenzeit fleißig während meiner Abwesenheit die neue Wohnung wohnlich und dekorativ hergerichtet. Sie wollten mich mit dem Umzugsstress nicht belasten. Außerdem wollte keiner der Anwesenden beim Umzug, dass ich ihnen vor die Füße renne und somit hatten sie genügend Zeit und Ruhe vor mir, um die Wohnung mit den neuen Möbeln für das Wohnzimmer und die Küche gemütlich einzurichten.
Nun stand ich das erste Mal vor dem Sechsfamilienhaus aus der Jahrhundertwende und betrat die hölzerne Eingangstür voller Ehrfurcht vor dem alten Gebäude, es folgte ein kleiner Vorflur und man öffnete als nächstes eine Glasverzierte Flügelangeltür aus der Jugendstilzeit. Dann gelangte man über drei Treppenstufen, die uns zu den beiden Hochparterre Wohnungen führten, in unsere neue Wohnung. Die sich in dieser Etage auf der rechten Seite vom Flurbereich befand, die Eingangstür hatte ebenfalls eingearbeitete bunte Glasscheiben, die umrahmt wurden von einem Holzrahmen. Mein Vater schloss die Wohnungstür langsam auf. Nun standen wir auf dem langen Flur von dem aus rechts und links die Zimmertüren abgingen. Diese Zimmer wollten von mir neu entdeckt werde. Also stürzte ich mich voller Neugier sofort auf die erste Tür neben der Eingangstür und vorn auf der rechten Seite hinter dieser Tür lag das Wohnzimmer, das ausgelegt mit einem blau-grünen Teppich mit graphischen Muster verziert war und ganz dem modernen Stil der 60er Jahre entsprach. Die Übergardinen an den beiden Fenstern im Wohnzimmerbereich hatten ein ähnliches Muster und dieselbe Farbe, die dem Teppich geschmackvoll angepasst waren. An der rechten Wandseite stand eine dunkelbraune moderne Schrankwand mit einer Hochglanz-lackierten Vorderfront Oberfläche, an den Seitenwänden hingen mit weißen Leitern verbundene Hängeschränke. Ein passender Schreibtisch stand genau neben dem einen Fenster, wegen dem perfekten Lichteinfall und in der Mitte dieser Schrankwand war der Fernseher hineingestellt worden, darüber hingen die Hängeschränke. Auf der gegenüber liegenden Seite des Raumes von der langen Schrankwand ausgesehen, da hatten meine Eltern ein blaues mit groben Strukturstoff bezogenes Sofa aufgestellt. Davor stand ein rechteckiger langer Couchtisch, daneben befanden sich zwei blaue Sessel mit hohen Lehnen im Rückenbereich. Neben der Sitzecke wurde die dort befindliche Durchgangstür mit einem von meiner Mutter handgeknüpften in den blau-weißen Farben gehaltenen Wandteppich dekorativ abgedeckt. Vor dem anderen Fenster stellten sie die Essgruppe mit einem großen hölzernen Tisch und dazu passenden Stühlen auf, deren Sitzfläche mit gelben Strukturstoff gepolstert war. Hinter dieser Durchgangstür konnte man das Schlafzimmer meiner Eltern finden. In jeden der einzelnen Räume stand jeweils ein schöner alter Kachelofen, der uns eine hervorragende Wärme spendete in der kühleren Jahreszeit. Gegenüber von dem Eltern Schlafzimmer lag das gemeinsame Kinderzimmer von meiner Schwester Silvia und mir. In denen zwei Betten für uns aufgestellt waren. Eines der Betten stand an der äußersten Wandseite in der Nähe von der Tür in dem ich meinen nächtlichen Schlaf fand.
Am liebsten hüpfte ich öfter, als es meiner Mutter lieb war auf diesem Bett wie wild geworden darauf herum. Unsere Betten waren mit stabilen Sprungfedern aus Stahl in der Polsterung versteckt gewesen, deshalb konnte ich es gut als Sportgerät nutzen. Da hatte ich damals bereits schon eine Art von Trampolin zum Springen für mich selber entdeckt, bevor es überhaupt erfunden war. An der Fensterseite in der unmittelbaren Nähe der Balkontür stand das Bett meiner älteren Schwester Silvia. Sie erlaubte sich gern mal in der Nacht einen Spaß mit mir was ich nicht besonders komisch fand. Als ich bereits im tiefen Schlaf versunken war und süss in meinen Träumen dahin schlummerte, da schlich sie sich heimlich still und leise hinein in unser Zimmer, nachdem ihr Fernsehabend vorbei war. Dann zog sie sich ein weißes Bettlaken über ihren ganzen Körper und leuchte mit der Taschenlampe unter ihrem verkleideten Körper in meinem Gesicht herum. Danach stand sie direkt vor meinem Bett und schrie mir lautstark in mein schlafendes Ohr hinein. Mit verstellter und Furchteinlösender Stimme rief sie: "Huhu, hier ist die böse Hexe aus dem Zauberwald und sie nimmt dich jetzt mit in die Dunkelheit."Ich erwachte daraufhin und schreckte von meinem Bett hoch, da ich mich noch halb in der Schlummerphase befand und meinen Augen nicht ganz trauen konnte, die ich anfing mit den Fingern zu reiben. Nun brüllte ich lautstark vor Angst, die sie mir mit ihrem schaurigen Schauspiel einflößte. Meine Schwester hielt mir den Mund zu und sagte zu mir lachend vor Freude des gerade errungenden Erfolges:"Ich bin es nur, Silvia, hör auf zu brüllen unsere Eltern sind gerade erst eingeschlafen, die sollen nicht gestört werden. Na war ich nicht schön gruselig als Hexe."Ich entgegnete ihr:"Das nächste Mal hebst du dir deinen Blödsinn für die nächste Faschingsfeier in Annahütte auf, du blöd Kuh. Die Rache ist dir sicher."
Vor den Betten an der Wand gegenüber stand die Bernsteinfarbene ältere Wohnzimmerschrankwand meiner Eltern. Sie diente uns als Spielzeug- und Kleiderschrank und auf den Schreibtisch erledigten wir unsere Hausaufgaben für die Schule. Neben dem kleineren Fenster schloss sich eine große Balkontür an, der Balkon breitete sich von unserem Kinderzimmer bis hin zu der Küche aus. Meine Mutter nutzte das Küchenfenster als Durchreiche, um auf dem Balkontisch das Essen zu uns rüber zu reichen um den Tisch einzudecken. Dort konnten wir am frühen Morgen frühstücken bevor wir in die schule gingen, weil die Sonne wohlig warm auf den langen, aber schmalen Balkon schien. Es wurden auch andere Mahlzeiten bei schönen Wetter auf dem sonnenreichen Balkon eingenommen. Von dem Balkon aus schweifte mein Blick auf dem vor mir liegenden Wäscheplatz, davor breitete sich das nächste Wohnhaus vor meinen Augen aus. Auf der rechten Seite zog sich eine hohe Betongraue Mauer entlang des gesamten Grundstücks. Hinter der Mauer hörte man lautstark die Arbeit des Kohlehändlers, sobald er mit seiner Schaufel die Kohle scheppernd in die übergroße Waage schüttete um die Kohlesäcke zu befüllen. Die vollen Kohlensäcke wurden auf der großen Waage abgewogen bevor sie die auf den Lastkraftwagen verladen werden konnten. Es gab dabei jedes Mal ein schepperndes Geräusch, wenn er die Kohlenstücke auf die Waage poltern ließ. Der Kohlenstaub, der sich in der Luft ausbreitete und bei geöffneten Fenstern sich auf unsere Wohnungseinrichtung niederlegte, trieb meine Mutter bald in den Hausputz-Wahnsinn. Meine Mutter war Hausfrau und putzte täglich die Wohnung um sie von dem schwarzen Kohlestaub zu befreien. Als wir Mädchen aus der Schule zur Mittagszeit heimkehrten hatte sie für uns frisch gekocht, aber meist kam ein versalzenes Mittagessen auf dem Tisch. Der Spruch von der Frau, die ständig die Suppe und das Mittagessen versalzen hatte, lautet im Volksmund so: "Wenn eine Frau beim Kochen ständig das Essen versalzt, ja dann ist diese Frau wahnsinnig verliebt in ihren Ehemann."Na gut, gut zu wissen, dass meine Mutter immer noch in meinen Vater verliebt war, trotz der ständigen Streiterein zwischen den Eheleuten.

Meine Mutter und Ich


 
 
 
 
Kein Wunder bei meiner temperamentvollen Mutter mit ihrem Dickkopf, der immer gleich durch die Wände wollte, sobald es nicht nach ihren Kopf ging. Da flogen schon Mal die noch nicht abgewaschenen Teller durch die Küche bei einer ihrer spontanen Wutanfälle. Falls jemand aus der Familie einer anderen Meinung war als sie, spielte meine Mutter einige Zeit erst einmal die beleidigte Leberwurst nach einen solchen Wutausbruch. Sie hörte nicht gern ein falsches Wort einer leise geäußerten Kritik an sich, dass deutete auf einen persönlichen Angriff auf ihre Person hin. Meine Mutter wiegt sich in jeden der Vorkommnisse immer im Recht egal ob sie im Urecht war. Dann hatte keiner mehr von uns etwas zu Lachen an diesem Tag, der war in jeder Hinsicht für uns gelaufen, weil sie schlechte Laune verbreitete und nicht mehr ansprechbar gewesen ist. Also musste man sich Wohl oder Übel ihren Machkampf über sich ergehen lassen. Jede Form von Diskussion war in diesem Fall überflüssig geworden, weil es in das Nichts führte, keine Spur von Einsicht war bei ihr erkennbar. Ich erkannte, dass jeder seine eigene Meinung äußern sollte und diese auch von anderen Menschen respektiert werden müsste. Als Grundschulkind begann ich allmählich meine persönliche Meinung im Elternhaus und bei meinen Mitschülern standhaft zu vertreten. Ich empfand es als etwas positives eine eigene Meinung zu haben. Jedoch wurde ich meistens dafür von meiner Mutter bestraft, deshalb lernte ich früh in meiner Kindheit mich für meine Belange einzusetzen. Ich begann in dieser Zeit mich gegen meine Mutter aufzulehnen, anfangs ohne Erfolg, nach dem Motto die Erwachsenen haben immer Recht und ihre Meinung ist das Gesetz im Elternhaus. Aber ich wollte nicht mehr diesem Umstand akzeptieren kein Mitspracherecht in der Familie zu haben, deshalb verstrickte ich meine Mutter im Verlauf meines Lebens in endlose Diskussionen über die verschiedensten Themen, die uns im laufe der Jahre beschäftigten um meine Bedürfnisse frei zu äußern. Irgendwann sah ich mich in der Pubertät als starke Rebellin an und ich strebte einen ungleichen Kampf an, der sich zum Kraftakt für mich auswirkte. Aber zum Schluss wurde mein inneres ich gebrochen und ich tat was von mir verlangt worden ist, da halfen meine Proteste im Endeffekt wenig bei ihrer Dominanz. Die selbstsüchtige Art und Weise, die sie an den Tag legte war für mich Kräfte raubend. Meine Mutter rückte niemals von ihrer Ich-Bezogenheit ab und als Erwachsener Mensch gab ich den Kampf auf ihrer Liebe hinter zu rennen auf, denn ich musste zu meinem Leidwesen erkennen, dass sie sich nicht ändern wollte und immer diese kaltherzige Person, die mir inzwischen als fremd erschienen ist, bleiben würde. Das ewige betteln nach ihrer Anerkennung,Verständnis und Bestätigung hatte ich schon lange aufgegeben. Meine Gefühle waren ein ständiges Hin und Her zwischen von ihr Angezogen und Abgestoßen sein. Das schlimme an der ganzen Dramatik dabei war für mich, dass mein Vater immer bemüht war ihr alles so Recht wie möglich zu gestalten. Trotzdem musste ich auch zu der Erkenntnis kommen, dass die Eltern zwar es mit mir oft gut gemeint hatten um mich zu schützen und vor dem bösen der Welt zu beschützen, aber vieles dabei falsch gemacht haben. Ich wünschte mir mehr Eigenbestimmung, denn statt geführt zu werden im Leben, wollte ich einfach selber gute und schlechte Erfahrungen sammeln und selbst meine eigene Meinung zu bilden, um dann die dem entsprechende Entscheidung für mich persönlich treffen zu können. Einem Kind Liebe und Geborgenheit gewähren und es nach seinen eigenen Fähigkeiten unterstützend zu formen ist die bessere Erziehungsmethode.

Die Küche war ein Wahr gewordener Traum meiner Mutter, die Farbe der modernen Küchenzeile ist in einem mint-grünen Ton gehalten worden und die weißen aus Plaste bestehenden Türgriffe sind halbrund in der Hand liegend gewesen. Dieser weiße Kühlschrank mit dem Hebelgriff von damals, der in unserer Küche stand, ist in der heutigen Zeit zu einem nostalgischen Kultobjekt geworden. Diesen Kühlschrank kann man wieder käuflich erwerben von der Firma Smeg und der Anblick dieses Objektes in einem Küchenstudio löste bei mir diese alten Kindheitserinnerungen in mir wieder aus. Am Ende des langen Flures befestigten meine Eltern eine Gardienenstange an der Geschossdecke. Daran hing ein bodenlanger Leinenfarbender Stoffvorhang und dahinter habe ich die alte Körpergroße Zinkbadewanne von meiner Oma entdeckt und an der Wand stand ein Regal. Diese Ecke diente uns als improvisiertes Badezimmer, also an guten Ideen mangelte es meiner Mutter nicht. Indem wir nach einander in diesem Bad einmal in der Woche am Freitag Abend badeten und meine Mutter reichte mir anschließend den vorgewärmten Bademantel. An dem wöchentlichen Badetag musste stets das Badewasser in der Küche umständlicher Weise in einem Wasserkessel und in mehreren Kochtöpfen auf dem Gasherd erhitzt werden. Bei diesem Baderitual stellte mein Vater einen kleinen Heizstrahler neben der Badewanne auf, damit wir es schön warm in unserer altmodischen Badewanne hatten. Anschließend musste das schmutzige, gebrauchte Wasser aus der Badewanne heraus geschöpft und in einen großen Eimer gegossen. Der gefüllte schwere Eimer wurde in die Küche geschleppt, die sich am anderen Ende des Flures befand und im Waschbecken ausgeschüttet. In der großen Wohnküche konnten wir die Waschgelegenheit für den täglichen Gebrauch nutzen, die in Form eines kleinen Waschbeckens eingebaut war. Der Keller wirkte für mich als Kind wie ein Ort des Grauens, denn im Kohle- bzw. Vorratskeller für Kartoffeln und Einweckgläser mit eingekochten Obst- und Gemüse , erblickte ich die großen krabbelnden Spinnen an den Wänden, die sich langsam in meine Richtung direkt vor meinen Augen von ihren Spinnennetzen abseilten. Da war der Zeitpunkt gekommen für mich wo ich jedes Mal schreiend den unheimlichen Keller verließ ohne das ich mit dem Einweckglas in meiner Hand zurück kehrte. Ich erklärte meiner Mutter, dass ich unter solchen Umständen nicht mehr freiwillig in den grusligen Keller gehen würde und könnte nicht ihren Auftrag ausführen. Daraufhin lautete ihre Antwort:"Du bist aber auch zu nichts zu gebrauchen. Drückst dich vor den einfachsten Aufträgen, die ich dir übertrage." Die Toilette konnten wir außerhalb der Wohnung auf dem Flur aufsuchen und im Winter bei der Kälte fror man ein, obwohl mein Vater eine heizbare Leuchte anbrachte. Trotzdem blieb der Toilettenbesuch für mich eine Qual und kostete mir jedes Mal eine reichliche Überwindungskraft dieses Örtchen am Abend und bei Kälte aufzusuchen. I Hof des Hauses entdeckte ich das angebrachte Schild der Vermieterin mit der Aufschrift:" Kinder im Hof ist das Spielen strengstens verboten! Eltern haften für ihre Kinder!"Klare Ansage, also muss ich meine nähere Umgebung erkunden und auf Entdeckungssreise gehen.

Erlebnisse im Stadtteil


 
 
Sobald ich aus der Haustür unseres Wohnhauses kam, da begann für mich wieder einmal der Start zu einer neuen Entdeckungstour in die nähere Umgebung des neuen Stadtteiles von Rauschwalde. Neben dem Hauseingang erstreckte sich genau unter unseren Fenstern vom Wohn-und Schlafzimmer aus gesehen ein kleiner Mini Vorgarten, der mit einem halbhohen Holzzaun umrahmt worden ist, indem je entsprechend der verschiedenen Jahreszeiten bedingt die Blumen sich mit ihren Blüten der Natur ständig folgend stets prächtig abwechselten. Nun wohnten wir in einer ruhigen Nebenstraße. Davor breitete sich eine riesige Wiese eines Bauern, der in unmittelbarer Nähe hinter unserem Wohnhaus ein Bauerngehöft mit einer weiteren Weide besaß, die für seine Pferde zum täglichen Auslauf genutzt wurde. Am Horizont sah ich die Eisenbahnstrecke und man hörte nicht nur den durchfahrenden Bahnverkehr aus der Ferne lautstark über die Gleise rollen, sondern man konnte die Züge deutlich erkennen. Ich beobachtete gern am Straßenrand stehend wie sich so manche Dampflokomotive schnaufend und in Rauchschwaden gehüllt davon bewegte. Neben dieser großen Wiesenfläche ging ein breiter Fußweg entlang, der führte hinaus zu dem Eisenbahner Wohnviertel. Hinter der Pferdekoppel links aus von unserem Haus aus gesehen, konnte man an einigen Einfamilienhäusern vorbei laufen. In einem dieser netten Häuser wohnte eine Klassenkameradin von mir wie ich zu einem späteren Zeitpunkt erfahren hatte.
Nun ging ich mit meiner Mutter zum ersten Mal Einkaufen in dem Stadtviertel im Außenbezirk der Stadt Görlitz, wir gingen am Kohlehändler vorbei, der sich genau neben unserem Haus mit seinem Gebäude anschloss. Vor dem Grundstück des Kohlehändlers stand ein stattlicher großer Baum, der voller Anmut seine wunderschönen langen Äste herunter hängen ließ, denn jedes Mal bei meinem vorbei gehen an dieser alten Trauerweide erfreute ich an ihrem Anblick. Dahinter lag der Platz, wo die Lastkraftwagen standen und darauf warteten mit der Kohle beladen zu werden. Dieser staubige Platz wurde meistens umhüllt von einer Kohlrabenschwarzen Wolke, die alles rings herum mit einem schmierigen Kohlenstaubteppich überzogen hatte. Dann standen wir uns schon direkt auf der Hauptstraße von Rauschwalde, gegenüberliegend befindet sich die vorletzte Straßenbahnstation des Stadtviertels. Auf beiden Seiten der Hauptstraße entlang gab es einige kleinere Geschäfte zum Einkaufen, als wir um die Ecke von dem Kohlehandel einbogen, erblickten wir das erste Geschäft einen Buchladen. Einige Schritte weiter kam man an einer Bäckerei vorbei, gefolgt von dem winzigen Bekleidungsgeschäft bis hinter in diese Richtung folgend, dann kam man zum Ende dieser belebten Straße an. Dort sahen wir, eine kleine Poliklinik, in der sich verschiedene Ärzte nieder gelassen hatten, um die Bevölkerung hier schnellstens Versorgen zu können in einem Krankheitsfall. Wir überquerten die Straßenseite und kamen direkt auf das Freizeitzentrum zu. Dahinter erstreckte sich ein Spielparadies für Kinder, sogleich rannte ich auf diesen großen Spielplatz zu um als erstes zu Schaukeln. Nachdem ich eine Weile einige Spielgeräte in aller Ruhe für mich entdecken durfte, forderte mich meine Mutter zum weiter gehen auf. Wir hatten unser endgültiges Ziel noch nicht erreicht. Also ging unsere Tour weiter durch einen kleinen Stadtpark. Von da aus folgten wir wieder dem Straßenverlauf entlang der Hauptstraße. Als nächstes kamen wir an dem Obst- und Gemüsehändler vorbei, der seine ansprechenden Auslagen im Schaufenster und an wärmeren Tagen auch außerhalb des Ladens seine einladende Warenfülle dem Kunden schmackhaft präsentierte. Daneben konnte man in einem kleinen Lebensmittelgeschäft, die Artikel für den täglichen Bedarf einkaufen. Ein Geschäft weiter ging es hinein in die Fleischerei und wir hatten unser Ziel erreicht, meine Mutter kaufte Wurst und Fleisch ein. Ich bekam meine Lieblingswurst gleich in die Hand gereicht, es ist ein Wienerwürstchen, dem ich nicht widerstehen konnte, denn beim reinbeißen knackt sie so schön im Mund und der Geschmack ist einfach lecker.
Da ich ziemlich dünn und zierlich von meiner Statur her gebaut war, freute sich meine Mutter jedes Mal darüber, wenn es mir mal richtig gut schmeckte und ich etwas aufgegessen hatte. Aber am liebsten aß ich Kuchen und Torten vom Bäcker. Die selbst gebackenen Kuchen von meiner Mutter verschmähte ich meistens, sie schmeckten mir einfach nicht gut und den anderen ebenfalls nicht, entweder waren sie zu trocken ausgebacken worden oder misslungen in ihrer Zubereitung. Was mir nicht schmeckte wollte ich auch nicht aufessen, deshalb war meine Mutter sauer auf mich. Da ging sie doch glatt einmal mit mir zum Arzt und fragte ihn um einen Rat. Er stand auf meiner Seite was hatte ich für ein Glück verspürt ein Mensch, der mich endlich einmal verstanden hatte wie es mir so ergeht. Ich danke ihm heute noch dafür, dass er mir in dieser Situation bei gestanden hatte. Er meinte zu meiner Mutter:" Die Zeiten sind vorbei, dass man die Kinder heutzutage noch zum Essen zwingen muss, mit dem Satz"du musst deinen Teller leer essen sonst darfst du heute nicht mit deinen Freunden spielen gehen", so funktioniert die Sache nicht um sie aus der Welt zu schaffen. Ihre Tochter verhungert nicht, darüber brauchen sie sich keine Gedanken mehr machen, sie ist ein Feinschmecker, also lassen sie ihr Kind essen was es möchte und wie viel es möchte." Der Doktor hatte erkannt meiner Mutter ganz dezent zu erklären, das mir beim Essen mehr Selbstbestimmung zu übertragen ist und das ich auch als Kind schon über die Portionsgröße auf meinem Teller selber achten kann .
Damit war unsere erste Tagestour beendet worden und wir gingen nach Hause um das Mittagessen vorzubereiten.
Am nächsten Morgen zeigte mir meine Mutter den kürzesten Weg zur Schule, den ich in den nächsten Tagen wieder antreten musste. Der Schulweg führte uns auf die gegenüberliegende Straßenseite der Hauptstraße, dort war die Straßenbahnlinie von mir zu beachten um nicht überfahren zu werden. Anschließend ging der Weg weiter gerade aus und wir kamen an einigen Mehrfamilienhäusern vorbei und nach ungefähr 10 Minuten sind wir rechts in eine Nebenstraße eingebogen. Nun gingen wir einige Schritte weiter gerade aus und nach einer scharfen Linkskurve standen wir vor einer riesigen Feldfläche. Jetzt sahen wir endlich rechts von der Feldfläche aus, bereits das große Schulgebäude aus roten Backsteinen erbaut vor uns stehen, das uns nur noch durch einen Maschendrahtzaun trennte. Nun waren wir angelangt an unserem heutigen Ziel des heutigen Tages, um die Diesterweg-Oberschule in unseren Augenschein zu nehmen. Ich kam in die neue Klasse mit den neuen Klassenkameraden und meine Erwartungen an einen neuen Anfang verankerten sich positiv in meine Gedanken hinein.

Die neue Herausforderung




neue Schule, neue Klasse - neues Glück?

Nun war der Tag gekommen, als ich mitten in dem Schuljahr in der ersten Klasse, die Schule wechseln musste, wegen dem Umzug in ein anderes Stadtviertel. Meiner Schwester erging es gleichermaßen, dass trifft nur auf die neue Wohnung und Umgebung zu, in die sich einleben musste. Sie fuhr ab heute jeden Morgen mit der Straßenbahn in die Innenstadt um an ihrer alten Schule den zweiten Anlauf auf den Schulabschluss der 8. Klasse in diesem Jahr endlich zu bestehen.
Eingeschult wurde meine Schwester im Alter von 8 Jahren, weil sie für ihr alter immer sehr klein und zierlich war und etwas zerbrechlich wirkte wie eine Porzellanpuppe. Allerdings hatte sie es immer ziemlich Faust dick hinter ihren Ohren, wenn es darum ging irgendeinen Unsinn sich auszudenken oder Unheil zu stiften. Mit ihrer großen Klappe war sie von weiten schon zu hören und andere Kinder zu necken oder zu ärgern bis sie anfingen zu heulen, ja darin lag die besondere Stärke meiner älteren Schwester. Mittlerweile war sie 18 Jahre alt und damit 4 Jahre älter wie ihre eigentlichen Klassenkameraden. Das kommt davon, wenn man zu faul ist etwas in der Schulzeit für das Leben Lernen zu wollen. In diesem Schuljahr wiederholte sie die 8 Klasse noch einmal und in der 6. Klasse, ist sie auf Grund ihrer schlechten Noten ebenfalls sitzen geblieben und drehte eine weitere Ehrenrunde in der selben Klassenstufe.
Ich hatte mir fest für die erste Zeit in der neuen Klasse vorgenommen, zuerst etwas ruhig an die neue Situation heran zu gehen und nahm erst einmal eine abwartende Haltung ein wie ich von den Mitschülern angenommen werde. Ich übte mich in vornehmer Zurückhaltung um nicht gleich wieder unangenehm aufzufallen, weil ich keine weitere Ablehnung erfahren wollte, ordnete ich mich dem Klassenkollektiv unter um nicht unbeliebt zu machen in der Gruppe. Schließlich hatte ich aus der anderen Klassensituation meine Lektion gelernt wie man sich am besten Verhalten sollte, um einen Anschluss an meine neuen Mitschüler zu bekommen. Die Umsetzung die ich aus der Lehre des Misserfolges gezogen hatte, bewährte sich in ihrer praktischen Umsetzung und ich war mit mir und der Klasse zuerst ganz zufrieden.
Natürlich lief es es in der Schule mit manchen Mitschülern und im Unterricht nicht immer so glatt ab wie ich es mir in meiner kindlichen Fantasie eingebildet hatte. Im Zeichenunterricht malte ich am liebsten das Weltall mit dem Saturn und dem Feuerschweif , der ihn umgab und das dunkle der Nacht mit seinen leuchtenden Sternenhimmel, das Thema faszinierte mich immer wieder auf das Neue. Unter meiner linken Hand entstanden mystische Kunstwerke, die meine Lehrerin kritisch betrachte und das erhoffte Lob blieb aus. Im Gegenteil sie bemängelte in ihrem Zeichenunterricht, das ich mit dem bösen linken Händchen meine Kunstwerke erschaffen hatte. Also durfte ich mich in der Zukunft von meiner künstlerischen begabten linken Hand verabschieden , weil es die Lehrerin angeordnet hatte, das alle Kinder mit der rechten Hand malen müssen. Mit dieser Entscheidung konnte ich meiner künstlerischen Ader keinen freien Lauf mehr beim Malen lassen. Die Klassenleiterin unterrichtete uns in Deutsch und Mathematik und sie war eine ältere Frau, die Ruhe und Geduld auf mich ausstrahlte. Sie brachte mir viel Verständnis entgegen bei meiner unruhigen und ungeduldigen Art empfand ich das als sehr gütig und spornte mich beim Lernen an.
Die Zeit verging wie im Flug und die Winterferien standen bereits im Februar vor der Tür und alle Kinder freuten sich auf das verschneite Ferienwetter. Wir Kinder trafen uns zum Rodeln und Ski fahren auf einen kleinen Abfahrthügel, der sich in dem kleinen Stadtpark in unserem Stadtviertel und in der Nähe unserer verschieden Wohngebiete genau in der Mitte als Treffpunkt befand. Doch eines Tages als wir den ganzen Nachmittag wie wild mit den Klassenkameraden Ski gefahren sind auf unseren Hausberg, wurde mit der Zeit das Aufmerksamkeitsvermögen eingeschränkt. Bei einer Abfahrt verlor ich plötzlich das Gleichgewicht auf meinen Skiern, als ich bereits im Tal gelandet war. Nun kam ich mächtig in das Schleudern bei der Eindrehung in eine scharfe Kurve, die zur Bremsung dienen sollte. Mit letzter Kraft versuchte ich mich mit der rechten Hand abzustützen, um nicht auf die Nase zu fallen, denn ich wollte keine Bekanntschaft mit dem kalten Schnee machen. In diesem Moment verspürte ich einen stechenden Schmerz in meinem rechten Daumen. Ich ignorierte ebenfalls den kleinen Knacks, den ich zuvor gehört hatte bevor der Schmerz einsetzte. Also fuhr ich weiter mit großer Begeisterung und voller Eifer weiter auf meinen Skiern bis die Dunkelheit einsetzte. Als ich zu Hause mit dem durchgefroren Körper und der klatsch-nassen Ski Bekleidung ankam, bereitete mir meine Mutter gleich ein wärmendes Fußbad und einen heißen Tee zu, um mich von Außen und von Innen wieder langsam aufzuwärmen, damit ich mich nicht erkälte. Ich zog mir frische trockene und wärmende Bekleidung an. Da bemerkte meine Mutter meinen dick angeschwollenen Daumen. Sogleich fuhren meine Eltern mit mir nach dem Abendessen in das nahe gelegene Carolos Krankenhaus um mich röntgen zu lassen und siehe da , das Röntgenbild verriet dem Doktor, dass ich mir den Daumen angebrochen habe. Dann bekam ich von der Krankenschwester einen leichten Gipsverband angelegt, der nun die nächsten vier Wochen an meinem Daumen verbleiben musste. Damit war die Wintersportfreude für mich auf Eis gesetzt worden und mit einem Schlag für mich vorbei. Meine Mutter meinte zu mir:"Du bist selbst daran Schuld, denn Ungeschick lässt grüßen. Da muss man besser aufpassen und nicht immer zu wild sein." Ich hockte den Rest der Ferienwoche allein zu Hause beim Spielen in meinem Kinderzimmer herum.
Meine Deutschlehrerin Frau Thate wollte in meiner Situation zu mir besonders freundlich sein und meinte zu mir: "Ich werde in den nächsten Wochen deine Schönschrift nicht benoten, weil du die rechte Hand eingebunden hast."Allerdings vergaß sie bei der Kontrolle der Schönschrift Übungen, was sie zu mir am Vortag gesagt hatte. Als ich mein Schulheft ausgehändigt bekam und ich die Note 1 von ihr in meinen Heft sah, bestätigte mir diese gute Note, das ich mit meiner Annahme richtig lag, dass ein Linkshänder auch einer bleiben sollte. Ich hoffte auf die Gnade der Lehrer, dass sie das Verbot aufheben würden, weil die Tatsache bestätigt wurde, meine linke Hand ist besser um gute Noten zu erzielen. Würde ich sie weiter benutzen dürfen, weil es zu meinem Wohl befinden war? Als mich die Lehrerin in meiner Schulbank mit meinem weiß leuchtenden Gipsverband sitzen sah, da fiel ihr unser Gespräch vom Vortag wieder ein. Sie sprach mich daraufhin im direkten Augenkontakt an:"Ich sehe gerade in deinem Gesicht, dass du dich über deine Schönschrift Note freust, deshalb sind wir beide der gleichen Meinung wie ich sehe und somit kann ich dir die Zensur guten Gewissens mit in das Klassenbuch eintragen." Ich nickte ihr zustimmend zu.
Daraufhin überredete ich meinen Vater mit meiner Mutter in die Elternsprechstunde zu gehen, um das Gespräch zu suchen mit meiner Klassenlehrerin und der Kunsterzieherin, um endlich eine Klärung zu meinen Gunsten der Linkshändigkeit zu erzielen, denn so wollte ich einfach nicht gern weiterlernen.
Jedoch brachte nicht mal das offene Gespräch mit dem Lehrerkollegium die Einsicht, dass jeder Schüler das Recht haben müsste, sich frei entscheiden zu können um seine begabtere Hand benutzen zu dürfen. Die freie Wahl auf Selbstbestimmung ist zum Scheitern verurteilt worden, was für mich ein einschneidendes und negatives Erlebnis in mir auslöste.

Der Alltag in der Schule


Mittlerweile habe ich mich gut in die Klassengemeinschaft in der Schule eingelebt. Meine nähere Umgebung kannte ich in der Zwischenzeit durch meine Entdeckungtouren wie meine Westentasche, also in und auswendig.
Mit den Jungen aus dem Eisenbahnerviertel trafen wir uns fast täglich vorn an der Hauptstraße um gemeinsam zur Schule zu gehen. Wir hatten mächtig viel Spaß und immer etwas zu Lachen auf dem Schulweg. Manchmal kam Gottfried sehr früh am Morgen schon ganz allein ohne die Jungen vorbei zu mir nach Hause. Er klingelte an unserer Haustür um mich abzuholen. Aber meistens war ich noch nicht mit dem morgendlichen Frühstück fertig gewesen, also unterhielt er sich bis ich mit dem essen fertig war mit meiner Mutter. Er sagte zu mir: "Ich möchte gern Mal mit dir allein in die Schule gehen um mich mit dir zu unterhalten."Jedoch wurde ich den Eindruck nicht los, dass er vor den anderen Jungen auf der Flucht gewesen ist, um einfach nicht in eine wilde Rauferei zu geraten, weil er dabei in den meisten Fällen immer den anderen Jungen unterlegen war. Deshalb suchte er Schutz an meiner Seite, weil ich mich mit den anderen Jungen so gut verstanden hatte, dass ich mich ab und zu einmal für ihn einsetzte um von ihm abzulassen, sobald er das Jammern unter den harten Griffen seiner Mitschüler lauter klingen ließ. Aber irgendwie hatte ich mit meinen eigenen Problemen genug zu tun um Stärke und Durchsetzungsvermögen den anderen gegenüber zu zeigen, damit ich nicht mehr angreifbar werden konnte.
Eines Tages neckte mich Dagobert und nörgelte ständig an mir herum, da bin ich in der 10 Uhr Pause auf dem Schulhof völlig ausgetickt und habe mich wild vor Wut auf ihn gestürzt um mich mit ihm zu prügeln. Dabei ist ihm sein hämisches Lachen gleich aus seinem Gesicht verschwunden, denn mit diesem Angriff hatte er nicht gerechnet. Er versuchte stets jeglicher Rauferei aus dem Weg zu gehen, denn er war mehr der Dichter und Denker der Mathematik als der sich verteidigende bei einem Angriff. Also war ich klar im Vorteil, denn ich balgte mich gern herum nicht nur mit meiner nervenden Schwester, die mich deswegen gern provozierte. Nach dem Motto Angriff ist die beste Verteidigung habe ich zu Boden geworfen, danach schlug ich ihm auf dem Mund, so das sich einer seiner Milchzähne verabschiedete und aus seinem Mund herausfiel. Dabei fing an laut zu Jammern und er blutete aus seinem Mund. Allerdings sah es schlimmer aus als der Ist-Zustand war, denn in der ersten Klasse verliert man ständig einen wackelnden Milchzahn. Die Menge von Zuschauern, die sich längst im Kreis um mich versammelt hatten, die feuerten mich noch kräftig an um weiter los zu legen. Nun habe ich ihm seine Brille von der Nase gerissen und bin mit dem Fuß völlig außer mir darauf herum getrampelt. In dem Moment kam auch schon die Hofaufsicht in Form einer Lehrerin und brüllte mich lautstark an:"Was ist denn in dich gefahren wie kannst du diesem netten wohlerzogenen Jungen so was schreckliches an tun?" Ich wehrte sie ab mit meinen Worten:"Es sieht doch nur schlimmer aus als es ist und außerdem hat er mich ganz doll geärgert." Das ganze Theater hatte ein großes Nachspiel für mich bereit gehalten. Dagobert sein Vater war im Elternbeirat der Schule ein angesehener Mann und er hatte eine Aussprache mit der Klassenlehrerin und den jeweiligen Eltern eingefordert. Die Familie wohnte am Fuß gelegen von der Landeskrone, dem Wahrzeichen des Stadtviertels von Rauschwalde. In dieser Siedlung wohnte man in Einfamilienhäusern. Das Endergebnis der Sitzung ergab folgendes; meine Eltern mussten die Kosten der Brille ersetzen und meine Mutter hatte sich bereit erklärt eine Sportgruppe für Mädchen in der Schule zu übernehmen, damit die Kinder auf andere Gedanken gebracht werden.
Jetzt folgte eine strenge Erziehung, die meine Mutter konsequent durchsetzte im schulischen Bereich indem sie ständig meine Hausaufgaben mit mir erarbeitete, sobald ich ihr nicht ihren Erklärungen folgen konnte, da gab es gleich eine kräftige Ohrfeige, weil sie keine Geduld mit mir hatte und sie aus ihrem Konzept brachte. Dabei konnte sie mir nur schlecht etwas erklären, es lag einfach an unserer Verständigung. Meine Mutter hingegen dachte wirklich daran, das ich sie mit meiner Art provozieren möchte. Sie schrie mich an:" Wie blöd stellst du dich heute wieder an, warum begreifst du mich nicht." Meine Reaktion auf die Aussetzer meiner Mutter waren, das ich schützend meine Hände vor meinen Kopf zu legen versuchte, weil ich die Schläge befürchten musste.
Sie durchdachte eine angemessene Freizeitgestaltung für mich, damit ich mehr an den Nachmittagen ausgelastet war und somit unter gleichaltrigen Mädchen kommen konnte. Sie bestimmte über mich welchen Umgang ich zu einigen Spielkameraden ich weiterhin pflegen durfte. Meine Mutter war fest davon überzeugt, dass sie mir etwas gutes im Leben beibringt und mit ihren harten Vorgehen Erfolg haben wird, um aus mir einen angepassten Bürger der Deutschen Demokratischen Republik in ihrem politischen Sinne korrekt zu erziehen. Irgendwann wurde in der Klasse eine Lerngemeinschaft von unserer Klassenlehrerin in das Leben gerufen. Ich wurde zur Nachhilfe im Fach Mathematik zu einer Klassenkameradin namens Elke eingeteilt, sie wohnte ungefähr fünf Minuten von mir entfernt. Allerdings nutzte sie meine Anwesenheit reichlich aus um mit mir Schule zu spielen. Sie war die strenge Lehrerin und ich deckte mit ihren Puppen, die gesamte Schülerschaft ab, die sie dazu benötigte. Das Spiel schaute ich mir drei Mal hintereinander an und merkte dabei kommt keine gute Mathenote in der Schulaufgabe zu Stande. Dann sagte ich meiner Lehrerin Bescheid, das Elke mich nur für ihr Schulspiel braucht, weil sie keine anderen Schulfreundinnen hatte, denn wegen ihrer rechthaberischen Art im Umgang mit ihren Mitschülern war sie bei ihnen ziemlich unbeliebt. Also wurde ich Michael zugeordnet, er wohnte in dem selben Haus wie Elke. Dort fühlte ich mich bedeutend besser aufgehoben, die gesamte Atmosphäre passte in dieser Familie. Also ich kam in gute Hände, die Mutter gab uns immer etwas zu Essen und zu trinken während wir fleißig lernten. Wer hätte es gedacht ich verstand wie er mir die Mathematik in aller Ruhe erklärte auf Anhieb. Meine Noten verbesserten sich nach kurzer Zeit, ein Erfolg auf der ganzen Linie. Nach dem Lernen durfte ich noch mit Michael und seinem kleinen Bruder spielen, ich habe diese friedliche Stille zwischen den einzelnen Familienmitgliedern in diesem Haus genossen. Ich lernte dabei gleichzeitig, aber unbewusst wie eine harmonische Familie sein kann und danach sehnte ich mich mein Leben lang." Sollte meine Vorstellung von solch einen Familienleben als Erwachsener in Erfüllung gehen?" fragte ich mich damals.
Michael war der beste Freund von dem Pfarrerssohn Johannes aus unserer Klasse, er wohnte unmittelbar neben der Schule hinter einem Zaun, der die beiden Gebäude von einander trennten. Ebenfalls in einem roten Backsteinhaus und so kam es das ich mit gehen durfte zum Spielen in das Pfarrhaus. Dort war ich immer herzlich willkommen geheißen worden von Johannes seinen Vater, dem Herrn Pfarrer und seiner Frau, die eine Kinderärztin war und von seinen kleinen Geschwistern, die mich gleich mit in ihr Kinderzimmer mitnahmen zum Spielen. Die meisten Kinder in meiner Schulklasse waren evangelisch getauft worden, deshalb gab es viele Neider unter den Eltern meiner Klassenkameraden, als sie erfuhren das ich die Conny, als nicht Christin zu der Ehre gelangen konnte, dort am Nachmittag meine Zeit zu verbringen. Es ging soweit, bis eines Tages die Mutter meiner besten Schulfreundin Ute, die hinter der Pferdekoppel in der Nähe meines Wohnhauses wohnte in einem schönen Einfamilienhaus das Verbot an ihre Tochter ausgesprochen hatte, nicht mehr mit mir zu Spielen und auch den gemeinsamen Schulweg durften wir nicht mehr miteinander gehen, weil sie sich von der Atheisten Familie fern halten sollte. Ich dachte zurück an die tolle Zeit, die wir miteinander verbrachten in der laufe der Grundschulzeit. Nach den Hausaufgaben ging ich gern im Sommer hinter der Pferdekoppel vorbei über den Privatbesitz des ansässigen alten Bauern, der mir jedes mal als ich bei ihm vorbei ging mir mit seiner Mistgabel drohte und hinter mir her schrie:" Diese Gören heutzutage können keinen Privatbesitz respektieren." Meine Mutter musste mich erst mal darüber aufklären was er damit gemeint hatte. Jedenfalls konnten wir draußen in dem Garten meiner Freundin Ute nach Herzenslust herumtoben, plantschten im Wasserzuber und streichelten ihre kleinen Kätzchen. Das alles und noch viel mehr von den gemeinsamen schönen Erlebnissen sollte für immer beendet sein und ich konnte mein Unglück in diesem Augenblick nicht fassen, als sie mir die Freundschaft aufkündigte.


Das Weihnachtspaket

Zur Weihnachtszeit bekamen viele Mitschüler aus meiner Klasse die sogenannten West-Pakete von ihren Verwandten zugesandt. Wie sie mir aufgeregt berichteten, befanden sich in diesen Paketen die besten Süßigkeiten, die man sich nur vorstellen kann. Ebenfalls lagen einige Spielsachen darin, die nicht zu finden waren in den Schaufenstern unseres größten Kaufhauses der Stadt. 

Für uns Mädchen waren die modischen Kleidungsstücke bereits im Grundschulalter eine wichtige Voraussetzung um gut auszusehen. Meine Mutter schneiderte meiner Schwester und mir, sich selber versteht sich von selbst die schönsten Kleider und Kostüme. Unsere hausgemachte Mode war einzigartig und sehenswert. Die Stoffe für die Herstellung der eigenen Modelinie stammte teilweise aus älteren Kleidungsstücken meiner Mutter, dem Ledergeschäft und aus der Stoffffabrik in der zufälliger Weise meine Schwester arbeitete.


Da ich auch gern Mal ein solches Überraschungspaket öffnen wollte, beschloss ich meiner Oma in Bradenburg einen Brief zu schreiben. Der Ihnhalt des Brieftextes lautete folgendermaßen:"Liebste Oma, die du bist, bitte schicke mir als Überraschung zu Weihnachten ein Paket, genauso eines was meine Mitschüler immer bekommen an den Feiertagen."

Einige Tage vor Weihnachten war endlich derTag gekommen,den ich mir so lange herbei gesehnt hatte. Meine Mutter konnte endlich das Päckchen mit unserem Auto vom Postamt abholen. Als ich es sah traute ich meinen Augen kaum, dieses Paket war riesengroß und schwer. Ich hielt die Spannung einfach nicht länger mehr aus und drängelte und quengelte solange bis meine Mutter mir erlaubte das Paket zu öffnen.

Meine Erwartungen waren hoch was den Ihnhalt dieses Paketes betraf. Also riss ich aufgeregt das braune Papier vom Paket herunter, öffnete mit einer Schere den Pappdeckel. Ich schaute hinein und meine Augen wurden weit aufgerissen, mein Entsetzen über den unerwünschten Ihnhalt dieser Paketsendung wurde mir von meiner Mutter abgelen. In diesem Augenblick spielte sich eine Tragödie ab, denn ich fing entsetzlich an zu weinen und konnte mich nicht mehr beruhigen. Ich schluchzte immer mehr vor mich hin, das Tränenrinsal wollte einfach nicht aufhören zu fließen. Meine Mutter sah mich mitleidvoll an und meinte zu mir: Es tut mir wirklich leid für dich, aber du musst die Oma auch verstehen, sie denkt immer praktisch. Zuerst bekam ich über ein Kilogramm Orangen zu Gesicht. Dann noch einige Bananen und zum Abschluss zog ich aus dem großen Paket eine kleine Tafel Blockschokolade heraus, diese benutzte meine Mutter gelegentlich zum backen eines Kuchens. Aber ich kostete ein Stück von der Schokolade, sie wollte mir einfach nicht schmecken.

Meine Mutter tröstete mich mit den Worten der Weihnachtsabend mit den Geschenken, die der Weihnachtsmann bringt, der steht noch bevor. Vorfreude ist doch die schönste Freude.

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Tag der Veröffentlichung: 10.02.2012

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