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Abendstern


Dort liegst du nun. Wunderschön, zerbrechlich. Deine Haut wie Elfenbein und dein Haar wie Seide. Geschlossen sind deine strahlenden Augen und sacht hebt sich deine Brust im gleichbleibenden Takt deiner leisen Atemzüge. Der Mond schafft dir einen Thron, auf dem du diese Nacht herrschen sollst.

Voller Güte, voller Anmut bist du. Oh mein Abendstern, so fein so zart deine Hände voller elfenhafter Schönheit. Dein unvergleichlicher Mund, so vollkommen geschnitten, in solch Perfektion geschaffen, dass die Idee eines unsterblichen Gottes in ihm verewigt wurde.


Tränen tropfen auf den harten Boden. Meine dunklen Augen vermögen nicht mehr klar zu sehen. Dein engelsgleicher Körper schwindet in meine Erinnerung.
Jede Träne tropft und fällt und schlägt auf und zerfließt und mit ihr tropft und fällt und schlägt der unvorstellbare Schmerz meines Herzens.

Oh mein Abendstern, ahnst du nicht, welch Kummer meine Seele verdunkelt. Gequälter Schatten der Nacht, der ich bin. Jahrhunderte so scheint es, ziehen an den Fasern meines Lebens. Ohne Unterlass martern sie meinen Geist.


Meine zitternde Hand wischt die salzigen Tränen hinfort, streicht liebevoll über deinen Leib. Oh mein Abendstern, Wesen unübertroffener Anmut. Vertrauensvoll schmiegen sich deine schlanken Glieder in die samtigen Kissen, umhüllt vom magischen Schein deiner Sinnlichkeit.

Grüne Jade ist es, die an einer silbernen Kette deinen Hals schmückt. Dein Hals, unter dem dein warmes Blut in seinen Bahnen pulsiert, dir Leben spendet. Grüne Jade ist der Griff des Dolches, der sich grausam in mein Herz gebohrt hat. Oh mein Abendstern, weißt du doch nicht von der unendlichen Qual die ich erleide, kann nicht einmal ich sie erfassen.

Mit zitternden Händen umfasse ich nun jenen Griff. All meine Kraft scheint in meine Hände zu fließen. So ziehe ich, den Pein nicht wahrnehmend, die Klinge aus der von ihr geschaffenen Wunde. Schwarzes Blut befleckt das reine Metal.

Vorsichtig wische ich es hinfort.


Verzaubert setzte ich die strahlende Spitze auf deine Brust, schneide in feinen Linien ein Herz in dein jungfräuliches Fleisch. Unterwürfig neige ich mein Haupt und bete dich an, in stummer Hingabe dein Sein huldigend.

Das rote Lebenselixier deiner Adern tränkt die Laken.

Sanft küsse ich deine Lippen. Mein Herz explodiert. Die Welt schwindet ins Unwirkliche.

Nur du und ich, du und ich in den unendlichen Fängen der Liebe. Mein Körper schmiegt sich an dich. Deine Wärme ergreift mich, deine Haut streicht zart über die Meine.

Oh mein Abendstern, nur du und ich.


Meine Hand streichelt deine lieblichen Schenkel. Wie weich deine Haut, wie unwiderstehlich dein Körper. Nur du und ich.

Ich spüre dich, fühle dich in meinem Geist, in meinem Körper, um mich herum, neben mir, unter mir. Zwei Tanzende auf den Wegen der Ewigkeit. Zwei Liebende, verzaubert vom Sternenlicht. Und das Blut rauscht in mir, vereint sich mit deinem Strömen, pulsiert in meinen Venen.

Dann steigen tausende Engel herab. Jubilieren erfüllt
meinen Kopf. Ich umfasse den Dolch und steche zu.

Oh mein Abendstern, nur du und ich, vereint in unserem Blut, und die Engel tragen uns auf ihren Flügeln in die Unsterblichkeit.

Impressum

Texte: Brenne in lodernder Höllenglut, Sündiger. Vergehe in Schande, Dieb. Sonst möge mein Zorn dir folgen, und deine Seele werde Staub, auf ewig.
Tag der Veröffentlichung: 28.11.2008

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle die das Träumen noch nicht verlernt haben, denn Toasts haben keine Träume.

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