Cover

1. Kapitel

Lukas Paderas raufte sich das kurze Haar. Das durfte doch jetzt nicht wahr sein. All die Jahre, die er mehr geschuftet als gearbeitet und gelernt hatte, schienen an diesem Tag für die Katz gewesen zu sein.

Als Waisenkind war er bei Pflegeeltern aufgewachsen, die ihm durchaus Geborgenheit und Halt gaben, aber finanziell war nichts möglich, und so machte er eine Lehre, während er gleichzeitig auf der Abendschule sein Fachabitur ablegte. Sein Studium finanzierte er mit mehreren Jobs. Und mit ganz viel Glück hatte er passende Praktika bekommen. Seinen Bachelor hatte er mit Auszeichnung geschafft und im Anschluss eine gute Stellung in der großen Firma Herkna bekommen, wo er die erste Stufe der Karriereleiter mit Anlauf genommen hatte, und die Chancen für schnelles Weiterkommen standen gut.

Und nun scheiterte es an der Aufenthaltsgenehmigung! Tief seufzte er. Er wusste, dass seine Eltern seinerzeit mit ihm als Flüchtlinge in dieses Land gekommen waren. Damals war er gerade drei Jahre alt gewesen. Als ein Jahr später seine Eltern bei einem Unfall starben, kam er zu Pflegeeltern, die sich wirklich viel Mühe gaben und tolle Ersatzeltern waren.

Vor einem halben Jahr ‚klopfte’ die Ausländerbehörde bei ihm an und konfrontierte ihn mit der Kleinigkeit, dass er nur geduldet war und er nun noch ein halbes Jahr Zeit hätte, seinen Aufenthalt zu legalisieren oder auszureisen.

Alles hatte er unternommen, nichts ausgelassen, sämtliche Dokumente herbeigeschafft. Aber gerade bekam er die niederschmetternde Antwort, dass das alles nicht reichte. Morgen war die Frist abgelaufen. Morgen müsste er das Land verlassen.

Erneut seufzte er tief auf und erhob sich. Nun blieb ihm nur noch ein Gang. Der Gang zu seinem Chef und Mentor. Herr Kerberlein hatte ihn, seit dem ersten Vorstellungsgespräch, an seine Seite gezogen. An ihn hatte sich Lukas auch als Ersten gewandt, als sein „Problem“ aufgetaucht war.

 

Freundlich lächelte er der Sekretärin zu, die ihn anstrahlte und ihm leicht zunickte. Ohne Termin kamen nur wenige zum Chef, Lukas gehörte dazu.

Er klopfte, trat ein, schloss die Tür hinter sich und setzte sich vor den Schreibtisch. Herr Kerberlein nickte ihm zu und telefonierte zu Ende.

„Herr Paderas. Guten Morgen. Was führt Sie so früh zu mir?“, fragte Herr Kerberlein freundlich lächelnd als er das Gespräch beendet hatte.

„Guten Morgen, Herr Kerberlein.“ Lukas schluckte. Das Reden fiel ihm mit jedem Wort schwerer. „Ich wollte mich bei Ihnen für alles bedanken und Lebewohl sagen.“

Entsetzt sah Herr Kerberlein auf. Er öffnete den Mund, sagte aber nichts. Stand auf, ging zum Fenster, sah hinaus und kam wieder zurück. „Das kann nicht sein. Sie sind mein bester Mann. Ich habe große Pläne mit Ihnen.“ Einen Moment sagte er nichts und Lukas war zu aufgewühlt, um die Stille zu unterbrechen. „Wieso haben Sie das halbe Jahr nicht genutzt, um zu heiraten?“

„Ich… ähm…“ Auch ihm war die Idee gekommen, aber abgesehen davon, dass er nicht gewusst hätte, wie er an eine heiratswillige Frau kommen konnte, wollte er eigentlich aus Liebe heiraten. Aber in den letzten Jahren hatte er so viel Zeit in seine Karriere gesteckt, dass er hierauf seinen Fokus noch nicht gelegt hatte. Wie sich jetzt herausstellte, war das ein Fehler gewesen.

„Wie alt sind Sie?“

Aus den Gedanken gerissen, sah Lukas auf. „Siebenundzwanzig“, antwortete er nur.

Herr Kerberlein setzte sich wieder an den Schreibtisch und tippte am Computer. „Wir sind ein sehr großer Konzern. Hier muss es doch eine unverheiratete Frau geben, die die Voraussetzungen einer Ehe mit Ihnen erfüllt, um Sie hier zu legalisieren.“

Dabei tippte er weiter auf die Tastatur und sah ohne aufzusehen auf den Bildschirm. Überrascht lachte Lukas leicht auf. „Wenn wir das hier geschafft haben, setzen wir uns zusammen, trinken einen guten Whisky und sagen endlich Du zueinander!“

Lukas schüttelte leicht den Kopf und Hoffnung funkte auf. Sein Chef war berühmt dafür, dass er bekam, was er wollte. Koste es, was es wolle.

Fast eine halbe Stunde suchte er den Computer durch, telefonierte, suchte weiter… Seine Sekretärin brachte ihnen zwischenzeitlich Kaffee und Lukas hegte mit jedem Telefonat, das sein Chef führte, mehr Hoffnung. Sogar beim Standesamt hatte er schon angerufen und dort alles für eine kurzfristige Eheschließung arrangiert.

„Ah. Das ist sie. Hier passt alles! Sie werden wir uns einspannen!“

Lukas zog angespannt die Augenbrauen hoch, aber sein Chef sprang im selben Augenblick auch schon auf, ging zur Tür und winkte ihm, dass er ihm folgen sollte.

 

 

Sauer schmiss Jessica den Stift auf den Tisch. Sie hatte es so satt. Seit einem Jahr machte sie nun die Arbeit ihrer Chefin. Ohne Anerkennung, ohne ein Dankeschön oder Ähnliches. Wieder einmal saß sie hier und musste sich die neuesten Lügen anhören, die sich die Teamleiter für das Versagen in ihren Abteilungen ausdachten.

„Es wäre schön, wenn Sie sich das nächste Mal glaubhaftere Märchen ausdenken, wenn Sie mich schon anlügen.“

Ihre Stimme war kraftvoll, aber leise und ruhig. Innerlich platzte sie fast vor Wut, dass jede und jeder Einzelne hier im Raume meinte, sie für so unfähig zu halten. Sie war so angespannt, dass sie nicht bemerkte, dass sich die Tür des Konferenzraumes hinter ihr geöffnet hatte, jemand den Raum betrat und die Tür wieder schloss.

„Ich erwarte von jedem von Ihnen bis Freitag per Mail ein aussagekräftiges Dossier, wo das oder die Hauptprobleme in Ihren Abteilungen sind und was Sie vorschlagen, diese auszuräumen.“

Sie setzte sich auf und sah in die Runde.

„Sie können jetzt gehen. Wir werden uns danach bei Ihnen melden.“

Als Jessica merkte, dass die Mitarbeiter gar nicht zu ihr, sondern hinter sie sahen, drehte sie sich herum und schluckte. Der Bigboss! Ausgerechnet der und ausgerechnet heute! Super! Aber irgendwann musste es ja mal auch in der obersten Etage ankommen, dass ihre Vorgesetzte ihre Arbeit nicht wirklich machte.

Herr Kerberlein räusperte sich leicht, schritt langsam um den Konferenztisch, musterte dabei die Teamleiter und lehnte sich dann mit dem Rücken an den Fenstersims. „Ich glaube, das Meeting ist beendet und Sie haben alle zu tun.“

Alle standen hastig auf und verließen schnellen Schrittes den Raum. Auch Jessica packte ihre Sachen zusammen und stand auf.

„Bleiben Sie bitte sitzen, Frau Bauer. Ich möchte noch etwas mit Ihnen besprechen.“

Jessica schluckte schwer, sah auf und setzte sich langsam wieder hin. Eigentlich hatte sie nichts zu befürchten. Sie hatte ihre Arbeit gemacht und auch immer wieder Zeichen in die oberste Etage gegeben, dass hier etwas nicht richtig lief. Sie war sich ziemlich sicher, nichts verkehrt gemacht zu haben. Und trotzdem wurde ihr schlecht.

„Lukas, schließe bitte die Tür und setze dich zu uns.“

Irritiert sah Jessica sich um. Lukas Paderas! Oh, mein Gott, dachte Jessica und ihr wurde gleich noch heißer. Der Mann galt als gnadenlos und hart. Aber trotzdem schwärmte jede Frau, die Jessica kannte, von ihm. Mit seinem smarten Lächeln fing er jede Frau ein und machte sie quasi willenlos.

Jessica konzentrierte sich auf ihre Unterlagen vor sich und versuchte Ruhe auszustrahlen.

Lukas Paderas setzte sich auf halber Höhe an den Tisch und saß nun gut mittig zwischen ihr und dem Bigboss.

„War gar nicht so leicht, Sie zu finden.“ Herr Kerberlein lächelte sie freundlich an, aber Jessica hatte in dieser Firma gelernt, ständig auf der Hut zu sein. „Wir hatten Sie in Ihrem Büro vermutet, aber da waren Sie nicht.“ Er musterte sie leicht und fuhr dann fort. „Ich hatte nun auch nicht den Eindruck, dass dies Ihr erstes Meeting war, in dem Sie Frau Franke vertreten haben.“

Als er nicht weiter sprach, sah sie vorsichtig auf.

„Oder irre ich mich?“

Jessica schüttelte leicht den Kopf.

„Okay, dem werden wir nachgehen und uns später noch einmal darüber unterhalten.“ Herr Kerberlein nahm sich ein Glas von der Tischmitte und die Flasche Wasser. Während er sich etwas eingoss, sprach er weiter: „Im Moment geht es uns um etwas anderes. Genaugenommen geht es uns um Sie.“

Jessica schluckte erneut, sah zu Lukas Paderas und dann wieder zu Herrn Kerberlein. „Uns? Die Firma oder wer genau?“

Herr Kerberlein lachte leicht auf. „Genaugenommen ist dies auch im Sinne der Firma. – Frau Bauer. Nach meinen Unterlagen sind Sie 25 Jahre, unverheiratet und auch nicht liiert, richtig?“

Jessica überlegte, was das hier werden sollte. Was geht die Firma mein Privatleben an?

Als sie nicht antwortete, sah Herr Kerberlein sie direkt an. „Ja oder nein?“

Vorsichtig blickte sie zu Lukas Paderas herüber, der eigentlich sehr angespannt dort saß. „Worum geht es hier genau?“ Ein Verdacht wuchs in ihr. Es war kurz vor Jahresende. Einige Veranstaltungen standen an, wo die wichtigen Männer und die, die es werden wollten, die Firma mit ihren Partnerinnen repräsentierten. Immer wieder gab es in der Vergangenheit Gerüchte, dass nicht jede dieser Beziehungen echt war, sondern die jeweiligen Damen nur ausgeliehen waren. Jessica wurde immer schlechter.

„Ja oder nein?“, fragte er erneut freundlich, aber bestimmt.

„Es ist alles korrekt!“, antwortete sie und bemerkte, dass ihre Stimme leicht bebte. Männern wie Kerberlein und Paderas fiel das mit Sicherheit sofort auf.

„Gut! Und wollen Sie weiterhin in unserer Firma bleiben oder haben Sie andere Zukunftspläne?“

Nervös nahm sich Jessica ihr Glas, füllte es auf und trank es in einem Zug leer. Aber auch danach beantwortete sie die Frage nicht, sondern sah Herrn Kerberlein nur an.

„Also gut, lassen wir den Smalltalk und kommen gleich zur Sache. Ich habe für halb zwölf einen Termin für Sie und Herrn Paderas beim Standesamt vereinbart. Sie beide werden standesamtlich heiraten.“

Jessica hielt den Atem an. Hatte sie gerade richtig gehört? Er sprach, als hätte er sie soeben zu einem Vorstandsmeeting eingeladen. Eine gefühlte Ewigkeit sagte keiner etwas und irgendwann schnappte Jessica wieder nach Luft.

„Wie Sie wissen, ist Herr Paderas einer unserer besten Männer, die die Firma je hatte. Ich erwarte viel von ihm. Es soll Ihr Schaden nicht sein, Frau Bauer. Mit einem Mann wie Herrn Paderas an Ihrer Seite haben Sie keine Sorgen mehr.“

Sicherlich wünschte sich jeder hier in der Firma Männer wie Paderas lieber als Freund statt als Feind, aber heiraten?

„Warum?“ Nur mit großer Mühe brachte sie ein einziges Wort heraus.

Herr Kerberlein schnalzte leicht auf, schien zu überlegen, was er sagen sollte.

„Meine Aufenthaltsgenehmigung läuft heute aus.“ Lukas Paderas sah sie ruhig an. Seinen Blick konnte sie so überhaupt nicht einschätzen. Sie konnte ihn auch äußerlich nicht einschätzen. Er hatte etwas Südländisches oder Mexikanisches an sich, sah aber nicht wie ein typischer Ausländer aus.

„Eine Scheinehe?“, fragte sie fast flüsternd.

„Jein“, antwortete Lukas Paderas. „Wir müssten vor dem Termin beim Standesamt zu Ihnen nach Hause fahren, so viele persönliche Sachen wie möglich einpacken und zu mir bringen. Sie ziehen bei mir ein und werden auch die nächsten Monate bei mir wohnen. Ich bin ordentlich unter Beobachtung. Wir müssen es so aussehen lassen, als wären wir schon eine Weile zusammen. Als Begründung könnten wir angeben, dass wir das bis jetzt geheim gehalten haben, da solche Verbindungen in der Firma nicht gerne gesehen würden.“

Er holte kurz Luft, sah zu Herrn Kerberlein hinüber, dann wieder zu Jessica. „Die nächsten offiziellen Termine werden wir selbstverständlich zusammen wahrnehmen. Es muss halt glaubhaft sein.“

„Aber schlafen muss ich nicht mit Ihnen, oder?“ Als Jessica seine Mundwinkel aufzucken sah, ärgerte sie sich gleich noch mehr über diesen arroganten Schnösel. Ihm lagen die Frauen zu Füßen. Für ihn war wohl völlig klar, dass auch sie … Aber da hatte er die Rechnung ohne den Wirt gemacht!

„Selbstverständlich nicht, Frau Bauer“, beruhigte Herr Kerberlein die Situation. „Und ich denke, dass Sie in einem Jahr wieder in ihrem eigenen Leben leben können.“

Innerlich sackte Jessica zusammen. Es kostete sie viel Kraft, weiterhin gerade auf ihrem Stuhl sitzen zu bleiben.

Eine angespannte Stille entstand, bis Herr Kerberlein aufstand und langsam zur Tür schritt. „Gut, dann haben wir alles besprochen. Nehmen Sie sich beide den Rest des Tages frei, um alles zu regeln. Ich sehe Sie morgen als Frau Paderas um zehn Uhr in meinem Büro, dann sprechen wir über das Meeting, welches hier vorhin stattfand.“ Damit verließ er den Raum und schloss die Tür hinter sich.

 

 

Lukas musterte Jessica. Sie war ihm bisher noch nicht aufgefallen und er überlegte, woran das gelegen hatte. Ihr Anblick alleine brachte seinen ganzen Körper in pure Aufregung, wie er es noch nie erlebt hatte.

Sie war nur etwas kleiner als er und passte rein körperlich perfekt zu ihm. Ihre schlanke Figur wurde durch ihre weiblichen Rundungen betont und ihr Gesicht sah einfach nur lieb aus. Sie passte eigentlich nicht auf diese Stelle. Sie schien zu nett für diesen Job. Aber genaugenommen war es ja auch nicht ihr Job, den sie da gerade machte.

Ihre glatten langen, honigblonden Haare legten sich um ihr Gesicht und betonten ihre graublauen Augen, die sie dezent, aber gekonnt geschminkt hatte.

„Ich weiß, dass ich sehr viel von Ihnen verlange. Wir kennen uns noch nicht einmal, aber Sie sind meine letzte Rettung. Andernfalls muss ich morgen ausreisen. Ausreisen in ein Land, welches laut Pass meine Heimat ist, an das ich mich aber nicht erinnern kann, und ich weiß überhaupt nicht, was ich da soll.“

Immer noch sah sie ihn nur an. Allerdings änderte sich ihr Blick, als ob sich nun Angst darin spiegeln würde.

„Ich verspreche Ihnen, dass ich nichts tun werde, was Sie nicht wünschen, und ich würde mich freuen, wenn wir uns ein wenig besser kennenlernen und vielleicht Freunde werden könnten.“

Jessica stand auf und ging im Raum auf und ab. Lukas ließ ihr die Zeit. Wobei gerade Zeit etwas war, die er im Moment überhaupt nicht übrig hatte.

„Also nur, um sicherzugehen, dass ich alles richtig verstanden habe: Wir fahren nun zu mir, holen ein paar Sachen von mir, deponieren diese bei Ihnen, als würden sie dahin gehören, dann fahren wir zum Standesamt, heiraten und machen auf verliebt, aber in Wirklichkeit fassen Sie mich nicht an!“

Ihr Blick wurde streng und Lukas musste sich Mühe geben, nicht aufzulachen. Sie sah so süß aus!

„Korrekt. Das heißt, wir werden nicht umhinkommen, dass ich Sie in der Öffentlichkeit auch mal in den Arm nehme oder sogar mal küsse. Das tun Verliebte nun einmal. Und es muss ja echt wirken.“

„Was für Sie dabei herausspringt, liegt auf der Hand. Und was ist mit mir? – Ach ja, ich vergaß, ich darf meinen Job behalten!“ Sie ging wieder zum Tisch und nahm ihre Unterlagen.

Lukas war sich nicht so sicher, ob er sie richtig verstanden hatte. Ihr Job stand dabei doch nicht auf dem Spiel. „Sie können Nein sagen!“, sagte er ruhig. „Das hat keinerlei Auswirkungen auf Ihren Job.“

„Das glauben Sie doch selbst nicht, oder?“

Lukas musterte sie kurz. „Doch, das glaube ich. – Was möchten Sie? Geld?“

Nun schnappte sie hörbar nach Luft. „Ich bin keine Prostituierte!“

Lukas stand auf und ging zu ihr. „Das habe ich auch nicht behauptet. Also? Heiraten wir? Fahren wir zu Ihnen?“

Jessica rang erneut nach Luft. „Ich muss meine Mutter anrufen und wir müssen heute Nachmittag bei ihr vorbeifahren. Es wird schlimm genug werden, meine Eltern anzulügen, aber dann sollen sie es wenigstens von mir hören, und Sie, mein Lieber“, dabei tippte sie ihm mit dem Finger auf die Brust, „kommen mit.“

„Das ist das Wenigste, was ich tun kann, und es wird mir eine Ehre sein, Ihre Eltern kennenlernen zu dürfen.“

Genervt verzog Jessica den Mund. Innerlich lachte Lukas auf. Sie schien gegen seinen Charme immun zu sein, das reizte ihn!

 

2. Kapitel

 

Lukas schmunzelte, als sie im Fahrstuhl tatsächlich darüber diskutierten, mit welchem Wagen sie fahren würden. Als sie in der Tiefgarage aus dem Fahrstuhl stiegen, wartete der Hausmeister bereits auf sie.

„Müller, guten Morgen, Herr Paderas. Herr Kerberlein sagte mir, dass Sie Hilfe bräuchten.“

„Guten Morgen. Sagte er das?“

„Ja, ich habe im Transporter fünf Kisten. Er meinte, Sie müssten heute Morgen kurzfristig Sachen von A nach B transportiert bekommen.“

„Das ist gut. Wir hatten uns gerade überlegt, wie wir das am besten transportieren, nicht, Liebes?“

Jessica funkelte ihn nur an und Lukas hatte Mühe, ein Grinsen zu unterdrücken. „Am besten fahren Sie einfach hinter mir her. Wir treffen uns an der Ausfahrt?“

Der Hausmeister nickte und Lukas ging zielsicher zu seinem Wagen, öffnete ihn und setzte sich hinein. Nur zögerlich kam Jessica hinterher und stieg dann, ohne weiter ein Wort zu verlieren, ein. Kurz vor der Ausfahrt wartete bereits der Hausmeister.

„Du musst mir deine Adresse sagen und wie ich dahin komme.“ Als sie nichts sagte, sah er zu ihr herüber. Erst dann gab sie ihm die Adresse.

In Jessicas Wohnung ging alles ganz schnell. Noch nie hatte Lukas jemanden so schnell Kisten packen gesehen. Innerhalb einer halben Stunde waren CDs, Bücher, Fotoalben, sämtliche Badutensilien und der halbe Kleiderschrank eingepackt und im Transporter. Einschließlich sämtlicher Grünpflanzen, wogegen Lukas sich erst wehren wollte, dann aber nachgab, als er merkte, dass sie hier zu keinerlei Zugeständnissen bereit war.

Auf der Fahrt zu seinem Penthouse herrschte angespanntes Schweigen im Auto und auch in der Wohnung war Jessica noch sehr reserviert. Nachdem aus dem Transporter alles ausgeladen war, verabschiedete sich der Hausmeister.

„Die Kisten mit den Büchern, CDs und dem Kram können Sie auspacken. Sie wissen am besten, wo hier Platz dafür ist.“ Während sie das sagte, zog sie das Handy heraus und wählte eine Nummer an. Dabei nahm sie die Kiste mit den Badutensilien und verschwand im Badezimmer.

Lukas hörte sie telefonieren, sah auf die Uhr und stellte erschrocken fest, dass es schon später war, als er vermutet hatte.

Als er die leere Kiste in den begehbaren Kleiderschrank brachte, fiel ihm auf, dass hier schon wieder alles verstaut war. Sie hatte seine Sachen einfach zusammengeschoben und ihre dazwischengehängt und -gelegt. Es sah aus, als gehörte alles genauso dahin.

„Ist ja erst einmal nur für den Fall, dass die gleich schauen wollen, ob alles rechtens ist. Sie können mir ja in den nächsten Tagen sagen, wie Sie die Aufteilung gerne hätten.“ Damit drehte sie sich wieder herum und verschwand im Wohnzimmer. Als er ihr dorthin folgte, stellte er fest, dass sie bereits die Blumen verteilt hatte, und nichts mehr ließ den Verdacht zu, dass sie soeben erst bei ihm eingezogen war.

„Können wir?“, fragte er vorsichtig nach.

Jessica nickte und sie gingen zum Fahrstuhl.

„Ich habe uns einen Tisch bestellt, dass wir gleich etwas essen können.“

„Aha. Mama macht Kaffee und Kuchen. Ich habe ihr gesagt, dass wir so gegen halb vier bei ihr sind.“

Lukas schluckte. Stimmt, sie hatte so etwas erwähnt. Da muss ich wohl nun durch!

„Und ich warne Sie! Meine Eltern liegen mir sehr am Herzen. Wagen Sie es nicht, sie abschätzig zu behandeln oder vor den Kopf zu stoßen!“ Ihr Ton war bissig, geradezu aggressiv.

Irritiert sah Lukas zu ihr herüber. „Wie kommst du denn darauf, dass ich das tun würde?“ Wie selbstverständlich war er zum Du übergegangen.

„Nun, Ihr Ruf eilt Ihnen voraus und ich weiß ja nicht, ob Sie privat genauso sind wie in der Firma.“ Dabei sah sie ihn nicht an, sondern schaute zu ihren Schuhen hinunter.

War so sein Ruf? Gut, er hatte nicht viele Freunde in der Firma. Aber Freundschaften wurden überbewertet und auf dem Weg nach oben konnten die eher hinderlich als hilfreich sein. „Keine Sorge, ich kann auch nett sein!“ Der Fahrstuhl öffnete sich und Lukas ging zu seinem Auto.

 

 

Vor dem Standesamt fuhr er den Wagen in eine freie Parklücke und stieg aus. Draußen atmete er tief ein und sah zum Feld auf der gegenüberliegenden Straßenseite hinüber. Innerhalb von Sekunden wurde sein gesamtes Leben einmal durch den Fleischwolf gedreht, zumindest fühlte es sich so für ihn an.

„Wo müssen wir denn hin?“, fragte sie nun leiser und ihre Stimme bebte.

Aha, dachte Lukas, Madame ist wohl doch nicht so abgebrüht, wie sie tut. Er drehte sich herum und zeigte mit der Hand zum Eingang. Hier war er in den letzten Monaten häufiger gewesen, wenn auch eine Etage höher, wegen der Aufenthaltserlaubnis.

Beim Standesamt ging alles ganz schnell. Herr Kerberlein hatte bereits ganze Arbeit geleistet. Alles war fertig und vorbereitet. Da Jessica in der Stadt geboren war, lagen dem Amt sämtliche Unterlagen von ihr vor und somit war das von der Seite überhaupt kein Problem.

Zu guter Letzt kamen sie auf die Namensregelung. Als der Standesbeamte die Frage an die beiden richtete, welche Nachnamen sie in Zukunft tragen wollten, antwortete Lukas sofort: „Jessica wird meinen Namen annehmen.“ Das stand für ihn fest wie das Amen in der Kirche.

Fragend sah der Beamte zu ihr, aber sie antwortete nicht, dementierte das aber zumindest auch nicht. Lukas sah zu ihr herüber. Daran sollte es doch jetzt wohl nicht scheitern. Heiß und kalt lief es ihm über den Rücken.

„Ich hatte dich doch richtig verstanden, dass du keinen Doppelnamen wolltest, oder?“, fragte er ruhig und griff sanft nach ihrer Hand, welche eiskalt war.

Nun sah sie zu ihm herüber. Ihr Blick war ausdruckslos und leer. Offensichtlich versuchte sie mit aller Gewalt ihre Gefühle zu verbergen, was wiederum nichts Gutes verhieß.

„Frau Bauer?“, hakte der Standesbeamte erneut nach. „Sind Sie damit einverstanden?“

Sie wandte den Blick ab und sah den Standesbeamten an. „Ja, ich nehme den Namen meines Mannes an.“

Lukas war, als fiele eine große Last von ihm ab. Leicht drückte er ihre Hand. Sie wollte sie ihm entziehen, aber er hielt sie weiter fest, bis sie beide unterschreiben mussten und nun offiziell Mann und Frau waren.

Der Standesbeamte räumte die Unterlagen zusammen. „So, das war es. Sie dürfen Ihre Frau nun küssen“, lachte er und strahlte dabei übers ganze Gesicht.

Lukas stand auf und zog auch Jessica von ihrem Stuhl hoch in seine Arme. Ohne Zögern küsste er sie. Eigentlich wollte er sie wirklich nur leicht und nur zur

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Liegen alleine bei der Autorin
Bildmaterialien: Liegen alleine bei der Autorin - Das Cover gestaltet hat Sabrina Dahlenburg
Lektorat: Doris Eichhorn-Zeller
Tag der Veröffentlichung: 08.03.2016
ISBN: 978-3-7396-4207-9

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /