Doreen stand im Wohnzimmer vor dem Fenster und schaute in den Garten hinaus. Wieder musste sie an Thorsten denken und seufzte schwer. Sie musste ihn vergessen, das nützte alles nichts. Schlimm genug, dass sie es so weit hatte kommen lassen, immerhin war sie verheiratet.
Wieder seufzte sie schwer und überlegte, was sie als Nächstes erledigen sollte. Sie wollte diesen freien Tag, an dem sie Überstunden abfeiern musste, nutzen, um im Haushalt einiges zu erledigen.
Sie hörte die Waschmaschine aufheulen, die soeben wohl die Wäsche noch einmal kräftig durchschleuderte. Gut, die eine Minute könnte sie jetzt auch noch warten, dachte sie, dann würde sie noch eben im Garten die Wäsche aufhängen können. Sie sah auf die Uhr. Es war noch früh, erst zehn Uhr und sie könnte anschließend die Fenster putzen.
Ihr fielen die Blumenkästen vorm Haus ein. Diese hatte sie heute Morgen vergessen zu gießen, denn obwohl es erst Ende Juni war, schien dieses Jahr ein richtig heißer Sommer zu werden.
Doreen ging auf die Terrasse raus, nahm sich die Gießkanne und füllte diese in der Küche mit Wasser. Gerade als sie in den kleinen Flur trat, um die Haustür zu öffnen, schellte es an dieser.
Als sie die Tür öffnete stand Thorsten vor ihr. Er sah sie an, kam zwei Schritte in den kleinen Vorflur, schloss die Haustür hinter sich, nahm die immer noch etwas überraschte Doreen in den Arm und küsste sie zärtlich. Er legte seine Hände hielten links und rechts sanft um ihren Kopf.
„Hey“, sagte er leise und küsste sie erneut, jedoch leidenschaftlich fordernd und Doreen ließ es nicht nur zu, sondern ließ sämtliche Sehnsüchte der letzten Tage aus sich heraus und erwiderte seine Küsse nicht minder leidenschaftlich.
Nach einer gefühlten Ewigkeit löste sich Thorsten langsam von ihr und strahlte sie an. „Bist du alleine?“, fragte er leise. Dorren musste leicht auflachen und brachte nur ein „Ja“, heraus.
Nur langsam bekam Doreen ihr Gefühlschaos in den Griff, öffnete dann die kleine Flurtür und ging ins Haus rein. Thorsten folgte ihr unaufgefordert.
„Was machst du hier?“, fragte sie immer noch leise, als wenn sie jemand hören könnte. Verschmitzt lächelte er sie an. „Ich hatte Sehnsucht nach dir.“
Doreen strahlte und gab sich auch keine Mühe, das zu verbergen.
Erneut schellte es an der Haustür. Doreen zeigte auf die Wohnzimmertür. „Geh schon mal ins Wohnzimmer“, sagte sie lächelnd, ging selber zur Haustür und öffnete diese.
Ihr Bruder Fabian stand vor der Tür und stürmte gleich an ihr vorbei ins Wohnzimmer durch, als sich die Tür öffnete und sagte wie nebenbei nur „Hey!“
Kopfschüttelnd ging sie hinterher. „Tag, ich bin Fabian“, hörte sie ihren jüngeren Bruder sagen und trat ins Wohnzimmer.
„Mein kleiner Bruder!“, ergänzte Doreen und sah Thorsten an, der Fabian automatisch auch die Hand reichte.
„Thorsten!“, stellte der sich nur knapp vor.
Fabian drehte sich wieder seiner Schwester zu. „Hier, habe ich dir mitgebracht!“ Er drückte ihr eine Musik-CD ihrer Lieblingsband in die Hand.
„Ich war gerade zufällig vorbeigefahren und dachte ich schelle mal an, um zu sehen, ob du da bist“, sagte er und grinste frech.
„Zufällig vorbei? Am Ende einer langen Sackgasse? Ah ja! Und was möchtest du wirklich?“
Wer es nicht sehen konnte, könnte es sich nicht vorstellen, dachte Doreen, aber für dieses freche Grinsen gab es tatsächlich noch eine Steigerung. Doreen schüttelte lachend den Kopf, ging in die Küche, hob dabei die CD hoch und sagte nur „Danke!“ Dann holte sie drei Gläser und eine Flasche Cola, stellte die auf den Wohnzimmertisch und schüttete Allen Cola ein.
Thorsten nahm ein Glas und setzte sich auf das Sofa. Auch Fabian nahm sich direkt ein Glas und trank es in einem aus. „Danke“, grinste er immer noch frech.
„Und? Ich höre“, forderte Doreen ihn auf.
„Ja, ich brauche deine Hilfe, kurzfristig“, rückte er dann mit der Sprache raus.
„Was heißt kurzfristig? Gestern, oder wie?“ Doreen war ein wenig mit der Situation überfordert, aber Fabian schien sich bei Thorsten überhaupt nichts zu denken.
„So ungefähr. Am liebsten Ende Mai.“
Doreen stöhnte auf. „Deine bzw. eure Steuern?“
Ja!“, antwortete Fabian knapp.
Doreen verdrehte die Augen. „Wann?“, fragte sie genervt.
„Wann kannst du?“
„Freitagnachmittag um fünfzehn Uhr“, schlug sie vor.
„Muss ich arbeiten. Ich habe die ganze Woche Tagschicht und nächste Woche Schlussdienst.“
„Ist deine Frau Resiane nicht da?“, hakte Doreen leicht genervt nach.
„Schon. Kannst du nicht morgens?“
„Fabian ich arbeite vielleicht vormittags bis dreizehn Uhr!“
„Heute nicht“, konterte er.
Doreen stöhnte leicht auf. „Ich musste Überstunden abfeiern und hättest du mal einen Tacken eher etwas gesagt, hätten wir den Mist schon fast fertig haben können.“
Fabian sah zu Thorsten rüber, dann wieder zu Doreen. „Was ist mit Übermorgen, Donnerstag? Da muss ich nur bis sechzehn Uhr arbeiten.“
Doreen überlegte kurz und sagte dann zu.
Erfreut nahm Fabian seine Schwester in den Arm und drückte sie. „Danke! Ich muss auch wieder los.“
Er sah zu Thorsten rüber, hob kurz die Hand. „Tschau, man sieht sich!“, sagte er und ging direkt zur Haustür.
Doreen ging ihm hinterher.
„Bis Donnerstag dann, Resi ist Zuhause, falls du also schon eher hin willst? Ach und kannst du wieder deinen Drucker mitbringen?“
Doreen nickte nur.
„Grüß die Kleine von mir! Tschau!“, verabschiedete Fabian sich.
„Ja, mache ich“, antwortete Doreen und sah ihm nach, „Tschau!“
Als sie wieder ins Wohnzimmer trat, kam ihr Thorsten schon schmunzelnd entgegen. „Ich muss auch wieder los, der Kunde wartete sicherlich schon“, sagte er leise und musterte Doreen.
Doreen beugte sich leicht zur Seite um an ihm vorbei zu sehen. Thorsten sah sich um. Hinter ihrem Grundstück grenzte ein Doppelhaus, deren eine Hälfte parallel zu ihrem war.
„Unsere Nachbarn hier passen sehr gegenseitig aufeinander auf.“
Doreen lächelte verlegen und sah zum Boden. Sanft schob er sie rückwärts in den fensterlosen Flur zurück und schloss die Wohnzimmertür hinter sich. Zärtlich zog er sie an sich und küsste sie intensiv. Dann drückte er sie fest an sich.
„Darf ich dich um deine Handynummer bitten?“, fragte er sie fast flüsternd.
Doreen löste sich und ging zur Kommode, öffnete die Schublade und holte eine Visitenkarte von sich heraus. Auf der Kommode lagen ein paar Bücher. Auf dem obersten stand ‚Himmelstraum’ ‚Doreen Mahner’.
Doreen reichte ihm die Karte und lächelte ihn an.
„Willst du gar nicht wissen, woher ich weiß, wo ich dich finde?“, fragte er, nahm ihre ganze Hand und drückte die leicht.
„Du weiß, wer mein Mann ist. Er ist sehr aktiv im Verein. Seine Eckdaten sind sehr schnell, notfalls über die Internetseite des Vereins zu finden“, lächelte sie ihn an.
„Darf ich dich anrufen?“, fragte er leise und zog sie wieder sanft an sich heran. Sie spürte, dass sein Herz klopfte, als wenn er soeben einen Sprint hinter sich hätte.
„Meinst du, dass das gut ist?“ Doreen sah ihn an und biss sich leicht auf die Unterlippe.
„Für mich, für dich, für uns, oder für wen?“ Thorsten lächelte leicht und strich ihr sanft über das Haar.
Doreen zuckte nur mit der Schulter. Erneut beugte sich Thorsten zu ihr und küsste sie sehr fordernd.
„Ich rufe dich an. Ist nach neun Uhr in Ordnung für dich?“, fragte er nachdem er sich sehr langsam von ihr löste.
Doreen nickte. „Wir sollten das nicht machen.“
„Ich weiß!“, antwortete er, zwinkerte ihr zu und ging.
Doreen stand wie angewurzelt da und sah noch eine ganze Weile die geschlossene Haustür an.
Sie wusste nicht, wie lange sie da gestanden hatte. Irgendwann fielen ihr die Blumen im Vorgarten wieder ein, danach ging sie in die Waschküche und holte die Wäsche in den Garten hoch. Auch den Fenstern widmete sie sich noch ausgiebig. Zuerst war die große Fensterfront im Wohnzimmer dran.
Beim Putzen schwankten ihre Gedanken immer wieder zu Thorsten ab. Er war groß, zumindest für ihre Verhältnisse, aber sie war ja nun mit ihren eins sechzig nicht wirklich groß. Gute eineinhalb Köpfe war er größer als sie und recht muskulös. Er war sehr gepflegt und äußerst charmant.
Seine dunklen kurzen Haare und vor allem sein kurzer Bart machten ihn sehr interessant. Er hatte diesen Henriqaurte-Bart, diese Art Bart, die schmal über die Lippe zum Kinn verlief und von dort ein kleiner Strich über das Kinn zum Mund führte.
Er bekam sicherlich immer was er wollte. Dieses besondere Lächeln, seine korrekte, aber doch lockere Haltung machten ihn einfach unwiderstehlich. Und er war immer am Lachen, egal wo man ihn sah.
Doreen seufzte schwer. Blöder Schützenverein, dachte sie und stöhnte leicht auf.
Immer und immer wieder waren sie sich bei offiziellen Anlässen begegnet. Es war der städtische, sehr große Schützenverein, in dem auch ihr Mann sehr aktiv war.
Dieser Verein hatte mehrere Züge, die im Grunde jeder für sich wie ein eigener kleiner Verein war. Es waren kleine Gruppierungen für sich. Aber es gab auch Veranstaltungen vom Hauptverein, wo alle Züge dran teilnahmen und halt das große gemeinsame Schützenfest im Sommer.
Irgendwann war er ihr aufgefallen. Bei einem der großen Veranstaltungen des Hauptvereins saß sie in einer Tischreihe neben seiner, aber sie saßen sich quasi gegenüber. Immer wieder trafen sich den Abend ihre Blicke und Doreen musste auch immer wieder herüber schauen.
Bei darauffolgenden Terminen trafen sie immer mal wieder aneinander. Aber außer den immer wieder zufälligen Blickkontakten passierte nichts. Irgendwann, bei einem Termin vor ein paar Wochen, lächelte er ihr dann zu. Doreen lächelte zaghaft zurück und das Eis war gebrochen. Da es stark auf das große Schützenfest zuging, fanden im Vorfeld immer mehr offizielle Termine des Hauptvereins statt und aus den zaghaften zulächeln wurden einfache Begrüßungen.
Doreen sah sich das Fenster genau an und rieb noch einmal trocken hinterher. Sie lächelte leicht bei dem Gedanken an Thorsten. Wie er Schützenfestfreitag das erste Mal auf sie zukam. Schnieke zu recht gemacht in Uniform kam er galant durch den großen Saal und zwinkerte ihr frech zu. Sie lächelte nur und ging mit ihrer Freundin weiter.
Später am Abend war sie mit ihrem Mann und der gesamten Klicke wieder im großen Saal. Es war feucht fröhlich, es floss ordentlich Bier. Irgendwann stand sie neben ihm an der Theke.
„Na? Alles klar?“, hatte er sie angesprochen und sie strahlte ihn an.
„Natürlich“, hatte sie geantwortete, „ist doch schließlich Schützenfest!“
Aber Doreen wurde gerufen und sie hatte sich dahin herumgedreht, als sie sich zurückdrehte, war er wieder verschwunden.
Sehr viel Spaß hatte sie den Abend mit ihrer Freundin. Ihr Mann war ja meist eh ohne sie unterwegs, aber das kannte sie ja nun schon. Zufrieden einen schönen Abend erlebt zu haben, ging sie dann nach Hause.
Das klingende Telefon holte Doreen aus ihren Gedanken zurück.
Thorsten Parkart saß an seinen Schreibtisch, spielte mit der Visitenkarte von Doreen und ließ seine Gedanken zu ihr schweifen.
Das ausgerechnet ihm das passieren musste! Es gab so viele Frauen und er wurde von einer Frau geradezu magisch angezogen, die verheiratet war. Ihr Lächeln kam ihn vor Augen und er musste automatisch schmunzeln.
Eine tolle Frau! Wie sie ihn heute Morgen die Tür öffnete und ansah! Thorsten bekam direkt wieder Herzklopfen und der Kuss! Er hatte sie total überfahren, war ohne Anmeldung bei ihr aufgetaucht, aber würde eine Frau einen Kuss so dermaßen erwidern, wenn sie nicht interessiert wäre?
„Thorsten?“
Thorsten sah auf und sein Freund und Kollege Andreas Schuster grinste ihn breit an.
„Was?“, fragte Thorsten entspannt.
„Wo warst du denn?“
„Wieso, ich sitze doch hier und arbeite.“ Thorsten sah Andreas fragend an.
„Arbeiten?“, Andreas lachte laut auf. „So wie du arbeitest möchte ich gerne mal Urlaub machen! Ich habe dich dreimal angesprochen, so weit weg warst du!“
Nun musste auch Thorsten lachen.
Thorsten steckte die Visitenkarte ein und ging an das schellende Telefon. Er hatte vor einigen Jahren mit seinem Freund Andreas diese Werbeagentur aufgebaut, die sehr gut angelaufen war. Mittlerweile mussten sie auch schon ein paar Mitarbeiter einstellen.
„Und? Wie heißt sie? Kenne ich sie?“, fragte Andreas nach, nachdem Thorsten wieder aufgelegt hatte.
Thorsten zuckte nur mit den Schultern.
„Was soll das denn heißen?“ Andreas musterte seinen Freund. „Du willst es nur nicht sagen“, sagte er dann und beobachtete genau, wie sein Freund reagierte.
„Ja.“ Thorsten nahm sich lächelnd seine Unterlagen und sah Andreas an. „Ich muss noch mal zum Termin raus. Bin ungefähr in einer Stunde wieder da.“
Ohne eine Antwort abzuwarten ging Thorsten zu seinem Auto und fuhr los. Er sah auf die Uhr. Eigentlich war er viel zu früh, aber er wusste auch, dass Andreas nicht locker gelassen hätte. Er sah auf die Straße raus: Stau! Auch das noch, dachte Thorsten und seufzte leicht.
Wieder gingen seine Gedanken zu Doreen. Im Traum hätte er nicht gedacht, dass er und sie… Wie sie Schützenfest da plötzlich neben ihm stand und sich suchend umsah. „Hast du etwas oder Jemanden verloren?“, hatte er sie gefragt. Sie sah auf und strahlte ihn so dermaßen an, dass er nicht anders konnte als bei ihr stehen zu bleiben.
„Jemanden“, hatte sie geantwortete, „meine Freundin war soeben noch hier.“
„Und jetzt? Soll ich dir suchen helfen, oder ich weiß etwas Besseres, ich warte mit dir hier und versüße dir das Warten mit einem Bier.“
Thorsten lächelte bei den Gedanken, wie er sie zur Theke überredet hatte, leicht auf. So völlig untypisch für einen Schützenfestsamstag hatten sie nur geredet, gelacht, waren ein wenig über den Platz geschlendert. Hier und da blieben sie stehen. Es war eigentlich erstaunlich, wie viel sie Beide geredet und gelacht hatten.
Als es dunkel wurde saßen sie gerade etwas Abseits auf der großen Festwiese und unterhielten sich über das neue Königspaar. Irgendwie alberten sie dann herum und sie landete dann in seinen Armen. Eine ganze Weile hatte er sie nur in seinem Arm gehalten und sie sah nur zu ihm hoch.
Als er sich dann zu ihr herunter beugte und sie küsste, wurde ihm schnell klar, dass in dieser Frau ein starkes Feuer loderte, das herausgelassen werden wollte.
Thorsten sah auf die Straße. Langsam ging es weiter. Der Stau löste sich dann auch schnell auf und so kam er gerade pünktlich bei dem Kunden an.
Auch der restliche Tag war noch mit reichlichen Terminen ausgefüllt und schnell wurde es Abend. Es war bereits nach neun Uhr als er es sich endlich auf seiner Terrasse gemütlich machen konnte. Es war noch immer sehr warm und er hatte sich etwas zu trinken mit herausgenommen.
Er nahm sich das Telefon und wählte langsam die Telefonnummer von Doreens Handy.
„Mahner“, meldete sich Doreen freundlich nach dem vierten Klingeln.
„Thorsten hier, hey!“
Du hättest dir vielleicht vorher überlegen sollen, was du sagen willst!, schoss es ihm durch den Kopf.
„Oh“, Doreen war offensichtlich richtig überrascht.
„Störe ich dich?“, fragte Thorsten sogleich.
„Entschuldige, nein, ich hatte nur mit deinem Anruf nicht gerechnet“, leise sprach sie, aber sie hörte sich entspannt an.
„Ich habe doch gesagt, dass ich anrufe.“ Thorsten war leicht irritiert und wusste nicht, was er davon halten sollte.
„Ja, stimmt, das hast du“, ein leichtes Lächeln hörte Thorsten heraus.
„Du hörst dich entspannt an, das ist schön.“
„Ja“, antwortete Doreen, „ich habe den Nachmittag im Garten gearbeitet und mich zur Belohnung vorhin in die Badewanne gleiten lassen. Danach bin ich direkt auf meine Coach und nun chille ich ein wenig ab.“
„Hört sich gut an. Bist du alleine, dass du das so genießen kannst?“
Thorsten lauschte, aber einen Moment war es still.
Dann antwortete Doreen „Nein, meine Tochter ist im Bett und ich hoffe die schläft schon.“ Sie atmete tief ein. „Und ich denke, dass mein Mann Axel irgendwo im Haus ist.“
Thorsten überlegte, ob er weiter nachfragen sollte. Irgendwo im Haus, hörte sich jetzt nicht nach einer intakten Beziehung an.
„Ich wollte dich heute Morgen nicht überrumpeln“, sagte Thorsten sanft.
„Hast du aber!“, fiel ihm Doreen direkt ins Wort, machte eine kurze Atempause und sagte dann weiter „Aber ich habe es nicht als unangenehm empfunden, ganz im Gegenteil, auch wenn ich noch nicht wirklich weiß, damit umzugehen.“
Thorsten lächelte auf.
„Wieso bist du vorbei gekommen?“, fragte sie direkt.
„Das sagte ich bereits: Ich hatte Sehnsucht nach dir!“
Wieder war es still am Telefon.
„Doreen? Ist alles in Ordnung bei dir?“ Thorsten lauschte ins Telefon und er hörte sie schwer seufzen.
„Es macht es nicht einfacher“, sprach sie dann leise weiter.
„Aber erträglicher!“, fiel er ihr diesmal schmunzelnd ins Wort. „Nein, nur für den Moment und dann ist man wieder alleine mit seinem Gefühlschaos.“
„Du sagtest, dass du morgen wieder arbeiten musst. Darf ich fragen, was du machst?“
Thorsten wechselte lieber das Thema, er wollte nicht riskieren, dass sie ihm sagte, dass er nicht mehr vorbeikommen oder anrufen sollte.
„Ja, ich darf morgen wieder arbeiten. Ich arbeite als Sachbearbeiterin in einer Immobilienfirma. Eigentlich immer von acht Uhr morgens bis Mittags um eins.“
„Ich dachte du machst etwas mit Steuern“, entfuhr es Thorsten.
„Ähm, nein. Schlimm? Wie kommst du darauf?“
Thorsten lächelte leicht. „Nein nicht schlimm, es war nur, weil dein Bruder dich wegen seiner Steuern angesprochen hatte.“
„Ach so“, Doreen lachte auf, „nein, mein Steuerwissen reicht für den Hausgebrauch. Bei Fabian ist nicht viel zu beachten, dass schaffe sogar ich.“
„Gut zu wissen!“, sagte Thorsten schmunzelnd.
„Wieso? Hast du deine Steuern auch noch nicht gemacht?“, wieder lachte Doreen leicht auf.
„Doch, doch, dass macht alles unser Steuerberater.“
„Euer?“, hakte Doreen nach.
Thorsten schmunzelte. „Ja, mein Kollege und ich.“
„Kollege? Aha!“
„Was heißt hier: Aha?“ Thorsten lachte. Es klang leicht ungläubig.
„Wieso macht man mit seinem Kollegen seine Steuern zusammen?“
„Ja, so jetzt auch nicht, aber wir haben den gleichen Steuerberater.“
Thorsten war sich nicht sicher, was sie von ihm wusste und wie viel er von sich preisgeben wollte.
„Warum hast du kein Brot gekauft?“, hörte Thorsten Axel im harten Tonfall im Hintergrund sprechen.
„Moment bitte!“, sagte Doreen und hielt offensichtlich das Telefon etwas weg.
„Ich telefoniere! Und ich habe Brot gekauft. Es ist nur ein größeres als sonst, deshalb liegt es nicht in der Schublade, sondern in der eigentlichen Brotablage hinterm Vorhang. Immer wieder gerne!“
Doreens Stimme war leicht kratzig und hatte einen zickigen Unterton, aber Thorsten konnte das verstehen, den Tonfall den Axel ihr gegönnt hatte, war auch nicht gerade nett.
Er hörte sie wieder leicht aufseufzen. „Entschuldige“, meldete sie sich wieder am Telefon zurück.
„Ist alles in Ordnung bei dir?“, fragte er sanft nach.
„Nein“, antwortete sie direkt, „sonst wäre das mit uns sicherlich auch nicht passiert, oder?“
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Tag der Veröffentlichung: 14.08.2013
ISBN: 978-3-7309-4376-2
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