Am Heiligabend fiel mir ein,
es müsste diesmal anders sein.
Ich konnt mich nicht dagegen wehren,
mir selbst was Schönes zu bescheren,
Denn in all den früh´ren Jahren,
war´s der Begriff von teuren Waren
der fraß die Haare mir vom Haupt...
doch niemand hat es mir geglaubt.
Im Sarggeschäft kauft´ ich ´nen Schrein
und legte selber mich hinein.
Es war aus Glas ein Spitze Sarg,
der außer mir nichts and´res barg.
Und alle Not und meine Sorgen
lagen dicht bei mir verborgen.
Pardautz – da ging die Türe auf,
und herein in schnellem Lauf,
da kamen die, die nachgeboren,
als hätten sie mich nie verloren.
Sie hatten selten lange Stunden
für den Besuch bei mir gefunden.
Sie schauten hier, sie schauten da.
Doch ich, die Mama, war nicht da.
Sie sah´n sich blöde an, wie toll
und überlegten, was das heißen soll.
Sie rannten auch mit viel Geschrei
sogar am Sarg und mir vorbei.
Augen, Mund und Herz verkniffen,
bis von ihnen wurd begriffen,
weil´s einer auf den Punkt gebracht:
„Sie hat sich aus dem Staub gemacht!“
Sowas verärgert bis aufs Blut
die junge tolle Menschenbrut.
Als erste, wie gewöhnlich,
Frau Tochter schrie: „Die Alte, unversöhnlich!
Das machte sie mit Vorbedacht!
Bei mir hat sie da falsch gedacht.
Von ihrem blöden, dummen Sterben
lass ich mir nicht den Spaß verderben.
Ich hab ihr immer prophezeit,
dass mich ihr Tod dereinst nur freut.“
Mein Erster, dieser schlimme Laps,
besoffen lallt er: „ …nicht mal´n Schnaps
hat sie mir hinterlassen.
Wenn das kein Grund ist, sie zu hassen…! “
Die junge Mutter will nichts sehen,
kreischt: „Lasst uns nach Hause gehen!“
Der Schwiegersohn, wie immer still,
tut das, was seine Frau halt will.
Sie rennen fort mit hartem Schritt
Und ziehn das kleine Hexlein mit,
das nicht mal weiß, wie es geschah,
dass Safta einfach nicht mehr da.
Es quietscht: „Wo ist die Safta, wo?
Habt ihr gesucht auch auf dem Klo?“
Nun zieht Stille in den Raum
und plötzlich – wie in einem Traum –
mit leisem Schritt, so lieb und fein,
treten liebe Wesen ein.
Die mir der Tod hat fortgenommen,
sind jetzt zu mir als Gast gekommen.
Sie streicheln mich: „Wie schön…
endlich wirst du mit uns gehn!
Nie mehr bist du dann so allein,
für immer wirst du bei uns sein!"
Da fühle ich mich wie befreit,
Oh, schöne schöne Weihnachtszeit!
Sie hocken auf dem Rand vom Sarg,
der ihres Lebens Liebstes barg.
Was für ein schönes Wiedersehn,
als ich sie sah um mich hier stehn.
Und leise, leis´ hab ich´s vernommen:
“Willst, liebes Kind, du mit uns kommen?“
Schon streckte ich die Hände aus…
Da stürmt die Meute neu mein Haus.
Klein Sösi hat sie angeführt.
Das kleine Herz hat was gespürt.
Ich hör den süßen Schrei heut noch:
„Ich brauche meine Safta doch!“
Da ließ ich gehen meine Lieben...
Ich bin beim Sösikind geblieben.
Texte: Tilly Boesche-Zacharow
Bildmaterialien: Internetbildeinstellung
Lektorat: Autorin
Tag der Veröffentlichung: 03.12.2012
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