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DIE GLOCKE

Die Glocke, hoch oben im Turme geschwungen,
hat bei Sonne und im Sturme geklungen.
Ihr Schall klang rein und klar und sehr weit.
Das war vor lange vergangener Zeit.
Jetzt ist die Glocke alt und gesprungen.
Sie klingt völlig spröde, setzt manchmal auch aus
Und dringt nicht mehr in die Ferne hinaus.
Der Schmied hält ins Feuer den glühenden Bolzen,
morgen wird die Glocke geschmolzen.
Geboren in wildfeurigen Schmerzen
wird sie gegossen aus silbernen Erzen.
Dann klingt, dann besingt
sie den neuen Anfang des Lebens.
Nur wer wirklich erglüht ,
in flammendem Lied,
lebt niemals vergebens.


SCHIFFFAHRT
MEIN KUTTER HEISST HOFFNUNG

Ich strandete nach langer Fahrt
an eines Ufers stillem Part;
bin wie nach endlos dunkler Nacht
am frühen Morgen aufgewacht
und sah die Sonne steigen.
Neben mir ein Bäumlein wuchs,
und süße reife Früchte trug´s,
ich durfte sie genießen.

Mein Kutter namens Hoffnung lag
in dieser Bucht gar manchen Tag
und hielt die ganze lange Zeit
zur Weiterfahrt sich stets bereit.
Doch ich wollte nie mehr fort. -
Erst als im Berg ein Feuer brannt,
nahm ich die Beine in die Hand
Nur das galt´s zu beschließen.


Ich kreuze nunmehr hin und her
auf einem manchmal wilden Meer.
Ich steig hinauf und fall hinab,
ich seh mich schon im nassen Grab,
spür mich fast Wasser saufen.
Doch kann ich Kutters Inschrift sehn:
Der Name lässt mich nicht vergehn,
trägt mich in seinen Armen.

Er wird, die Sache zu entschärfen,
mich an neue Strände werfen…
Und die Wurzel eines Traums
pflanz ich als Neugeburt des Baums;
werd dann nochmal beginnen…
Die Hoffnung mir zur Seite steh,
ja, es ist das, worum ich fleh.
Oh Schicksal, hab Erbarmen!


(Bln. 1. November 2010)


SUCHE NACH SICH SELBST

Der Wetterfahne auf dem Dach
liefst du dein ganzes Leben nach
und fühltest stets dich eingeschränkt
vom Mantel, der dir umgehängt.
Denn dieser wurde dir vom Leben
dereinsten einmal mitgegeben.
Du fühlst dich gar nicht wohl dabei -
Denn was du willst, scheint einerlei,
der Mantel hängt auf deinem Rücken,
sucht dir den Luftwind abzudrücken,
bis dir dann zu guterletzt
die Lunge pfeift, weil längst verätzt.
Du suchst dich zu entschädigen,
des Kleidungsstückes zu entledigen.
Du suchst dich nun von neuem
von dieser Kleidung zu befreien,
die dich bis zum letzten Rest
niemals dich selber bleiben lässt.
Nur zu - wirf ab des Mantels Falten,
Such wahres Ich dir zu gestalten.


Denn unter dichtem Mantelstaub
lass du nun – sag´s mit Verlaub -
ganz schnell und unverhohlen,
du hast dein Ich ja nicht gestohlen,
ohne Gürtel, ohne Schnallen
die äuß´re Hülle von dir fallen;
und wenn du dann von ihr befreit,
hör nun den Jubel. Aus dir schreit:
Ich bin ich, ihr könnte es sehn,
muss mich nicht nach Winden drehn.
Konnt mit der Schwere kaum noch schnaufen,
will unbeschwert durchs Dasein laufen.
Kommt, und macht es mir nur nach …
Lasst den Wetterhahn am Dach
nur weiter nach dem Wind sich wenden…
Warmer Mief soll uns nicht blenden,
Ich glaub, es ist nicht ganz verkehrt,
was dich dein eignes Ich gelehrt.
Musst dich nun nicht verstecken
hinter Decken, hinter Hecken


Zeige hier ganz bloß und frei,
wie schön es ohne Lasten sei.
Man kann doch stets nur selbst man sein –
Sonst wird das nichts trotz äußer´m Schein.
Sei lieber klar und unverschreckt,
als warmer Kloß, der drin verdreckt.

Ich musste dies so lang beschreiben,
um letztendlich ich selbst zu bleiben.
Habe mich nach schweren Stunden
nunmehr selbst und ganz gefunden.
Man lässt sich nicht als dumm vermählen –
wenn selber man´s gelernt hat -
W ä h l e n !

4. September in Berlin


ZEITLOSER KREISLAUF

Feuer und Wasser im ewigen Werde
schufen Materie zum Dasein der Erde.
Von allem ein bisschen ward nun gewonnen
bis dass ein Wesen mit Luft zum Leben geronnen.

Das Dasein des Menschen begann,
während die Zeit im Fluge verrann.
Der Mensch hinterlässt seine Spur,
er ist der Zeitmesser aller Natur,

die geht und kommt, die kommt und geht
so wie es die Schöpfung am Anfang gesät,
bis ihre Aufgabe als letztendliche Wendung
diesem Kreislauf beschert einst die Endung.

Dann bestätigt die letztendliche Lesung
die Vollendung im Sinn der Verwesung.


AUF DIE EINSTELLUNG KOMMT ES AN

Willst du das Glück erhaschen,
willst du es fangen und erjagen?
Siehst es als Zuckerstück zum Naschen?
Gefehlt - es liegt oft schwer im Magen.

Das Glück muss dich von sich aus streifen,
es könnt dich sonst erschlagen.
Darfst ´s nur mit Fingerspitzen greifen,
um leise ihm dann Dank zu sagen.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 28.11.2010

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