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ELEFANT IM PORZELLANLADEN

Ein Elefant tritt still und fein
in einen Porzellansaal ein.
So lange er nichts weiter tut,
geht auch die Sache noch ganz gut.
Doch als er staunend um sich schaut
und kaum noch seinen Augen traut
ob all der schönen zarten Sachen,
die andern soviel Freude machen,
da schlägt sein Herz ganz rasch und laut.
Es sprengt ihm fast die dicke Haut.
Er möchte näher und viel sehn
und beginnt voran zu gehen,
da…zittert, splittert all die Pracht,
dieweil sie nicht für ihn gemacht.
Und unter ihm, da kracht es laut,
dieweil es nicht für ihn gebaut…
Als alles Porzellan zerschlagen,
sieht man ihn wild von dannen jagen.


Doch, wie im Leben es so geht,
auch diesesmal ist es zu spät.
Es hat ein Weiser einst gesprochen:
Wenn Porzellan erst mal zerbrochen,
dann hilft kein Kitt und auch kein Kleister.
Er hatte recht, der alte Meister.
Drum – wenn ein Elefant du bist,
meid Plätze, wo´s zerbrechlich ist.


(Veröffentlicht in Visitenkarten Bd.1, Journalistikverlag 1963)


KARFREITAG 1972

Meine Liebe zu dir
ist das Reißbrett,
auf dem ich – Pergament –
angepinnt bin, und es werden mir
Linien eingraviert,
die niemand zu löschen vermag.

Meine Liebe zu dir
ist ein Kreuz,
an welches mich das Schicksal schlug.
Nicht einmal du
kannst mich davon
erlösen.


(Aus: Stückwerk, 1973)


BLÄTTER – GEFALLEN
VOM BAUM DER

ERKENNTNIS

I.
Womit wir uns´ren Hunger stillen,
womit wir uns´re Hände füllen,
das ist des Lebens Überfluss,
den man nur einfach finden muss.

Wir suchen hier, wir suchen da.
Wir wissen nicht, wie es geschah,
dass man sich plötzlich lieben kann –
Auf die Bereitschaft kommt es an.

Wir gingen beide, du und ich
und spürten plötzlich – sicherlich –
dass man den Acker düngen muss,
nur mit des Lebens Überfluss.


II.
Haben wir nicht durchlitten,
wie gerade Bitten
das vernichten,
was wir haben wollten?
Ach, wir zollten
den Tribut
mit der Glut
des ew´gen Lebens.
War´s vergebens?
Nein, mitnichten.
Gleich den Blinden,
die sich finden,
haben wir erfahren,
wie die wunderbaren
Kräfte sich in uns verdichten,
dass wir nicht nur lieben dürfen,
so wie and´re Tränke schlürfen.


Nein, dass wir ohne Wissen
lieben müssen..
Dass wir, ohne uns zu nennen,
einander lieben können.


IN MEINEN HÄNDEN
halt ich die Welt;
es wird sich nun zeigen,
bleibt sie stehn oder sie – fällt.

Gold gab ich für Eisen,
der Wein ist verwässert
kann ich damit beweisen,
dass ich etwas gebessert?

Wirfst du ein Feuer
mitten ins Erz,
wirfst du die Liebe
mir in das Herz,


wird es sich zeigen,
ob das Fragment
uns heller erleuchtet
oder – verbrennt.

Ich will es durchstehen,
gemeinsam mit dir,
wie Winde verwehen,
vergehn einst auch wir.


PANTHA RHEI

Das ganze Leben ist ein Fluss
mit immer neuen Wellen,
gegen die dann oft zum Schluss
die kleinen Fische schnellen.

Ein kleiner Fisch, das bist auch du.
Drehst hin dich, her - mit aller Macht,
fühlst plötzlich Sicherheit und Ruh,
du hast es bis zum Strand gebracht.

Da liegst du wie ein Ruderboot.
Bist wie auf Dünensand gebaut –
Du weißt nicht: du bist längst schon tot.
Erreicht ist, wovor allen graut.


LEBENSABEND
*)Ein Akrostichon


L eben, Liebe, Leidenschaft,
E inmal, einzig, eigenartig
B raut´ ich mir zum Lebenssaft.
E ngel? Teufel? Was erwartet, was gesucht ?
N ebel nahen, raten: Flucht !
S üße Sehnsucht, wo geblieben?
A uf´s Panier ganz groß geschrieben,
B ieg ich Bogen mir zum Segen.
E wigkeiten exilieren Weiten…
N acht will sich ganz sacht nun breiten,
D ürstend sink ich ihr entgegen.


Israel, 2004

*) Akrostichon ist eine Gedichtform, deren Anfangsbuchstaben
der Zeilen ein gewähltes Wort - hier Titel – ergeben.


DAS LEBEN – EIN ALBTRAUM

Aus schwerem Traum, der mich geschreckt,
hat Wirklichkeit mich aufgeweckt;
doch was ich nur im Traume sah,
nun in Wirklichkeit geschah.

Die Bombe, die im Traum ich fand,
liegt mir im Wachsein in der Hand.
Sie explodiert, ich werd zerstückt
und in den Albtraum rückgeschickt.

( Noch in Frohnau - Deutschland, 2003)


LETZTE NACHT

Den schwarzen Mantel umgeschlagen,
sah meine Seele ich davongetragen.
- ich dachte an den Morgen –
sie flog und stieg und stieg und flog,
wie eingefangen von dem Sog..
Dieweil ich lag und schaut,
hat leise sie mir anvertraut:
Das Schwerste ist vollbracht –
Dies ist deine letzte Nacht,
brauchst dich um nichts zu sorgen.


(2003)


FÜR JOJAKIM
(1931 - 1992 -1996)


AETERNITATIS

Erst warst du eine Wolke,
die mich umhüllte und umfing,
um mit mir zu schweben.

Dann lagst du mir als Stein,
der dich in der Tiefe des Grabes einschloss,
auf meinem Herzen.

Jetzt wirst du mir zum Stern,
dessen Licht mir nachts Zeichen gibt,
mich auf den Weg zu dir zu machen


VERSPRECHEN

Wie könnte ich an and´res denken,
als immer nur – nur dich zu sehn?
Wohin sollt ich die Schritte lenken
Als auf den Weg, zu dir zu gehen?

Wie kann ich auf Vergessen hoffen
und denken, dass es weitergeht?
Nur eine Tür, die steht noch offen,
für diese ist es nie zu spät.

Ich werde nur dir treu noch bleiben,
mein Herz, es schlägt - wie lange noch? – für dich.
Ich lass mich von den Wellen treiben
bis zu des fernen Himmels Strich.

Dort werd ich dir erneut begegnen.
Du streckst nach mir die Hände aus.
ich werd die letzte Stunde segnen,
ich komm zu dir, ich komm nach Haus.


(Israel, 1998)


HILFLOS

Seile der Liebe
- deine Arme –
fesseln mich nicht mehr
an den Pfahl des Lebens.
Ich taumele
durch Israel
und suche
dein Grab.

Ich kam…
dir einen Stein zu setzen.
Nun bring ich dir
den Sohn.


FÜR AVIGDOR
(1959 – 2002)


KÖNIGSSOHN

Es träumte mir – ich hätte einen Sohn geboren…
Er wuchs und war ein Stück von meinem Herzen.
Ach nein, er selber war das Herz und füllte mich mit Liebe.

Ich wachte auf und sieh, ich fand mich ohne Sohn…
Ich schrie: „Mein Kind, wo bist du denn geblieben?“
Der weiße Schnee deckt alle Schreie zu,
ihr Echo blieb als Paukenschlag zurück.
Was hörte ich? Ich bin doch taub!
Was sah ich nur? Ich bin doch blind!

Die Schreie unter weißem Block,
sie lassen mich verstummen.
Oh, rotes Blut aus Herzenswunde,
tau ab das Eis, befreie meine Schreie,
die schmerzgekrümmt zur Krone werden…


Mein Kind, du kamst aus fernem Dunkel,
das du in mir als Erdreich fandst.
Nun ist die Blüte abgestorben,
die Wurzel aber blieb in mir,
es wächst der Tränendiamant.
Du liegst gebettet mir im Herzen,
das jetzt zum Sarkophag geworden,
dir, meinem Königssohn,
der mir den Weg bereitet hat…

(2003)


EIN KLEINER JUDENJUNGE

Er trug das Leid der Welt?
Er musste es ja nehmen.
Was blieb ihm, als ein Held
das eig´ne Wesen zu bezähmen?

Er ließ ans Kreuz sich schlagen
Für das, was Menschheit heißt.
Selbst noch in uns´ren Tagen
man ihm das Herz ausreisst.

Man fragte nicht nach Wollen,
man fragte nicht nach Lust.
Die history mit Grollen
Gebot einfach: du m u s s t !

Ich kann für ihn nur hoffen,
dass es ihn s o nicht gab.
Die Fragen bleiben offen,
er nahm sie mit ins Grab.


ARMER JUDE JEHOSHUA
(Karfreitag 2001 in Haifa)

Jesus – du hast keine Wahl,
als jedes Jahr dieselbe Qual
an deinem Kreuze zu erleiden,
wo die Gläubigen sich weiden,
wenn dein sterbend´ Auge bricht –
Eine Gnade gibt es nicht.

Jesus – du musst jedes Jahr
neu aus deinem Grab erstehen,
um das Flehen
deiner Beter
zu erhören früh und später.
Jeder Tropfen deines Bluts
macht Voyeuristen frohen Muts.


Jesus – jedes Jahr auf´Neue
Brechen sie geschwor´ne Treue,
und so lang´ sie durch dein Leiden
immer wieder finden Freuden,
werden sie – in deinem Sinn? –
auf das Kreuz hin weiter schwör´n,
glaubend, ihren Gott zu ehr´n.


GEBET

Elohenu, du – sein Vater -,
siehst das Werk der Menschheit tief im Krater,
wo sie deinem Sohn: „Oh, Heiland!“ sagen,
während sie – ihn folternd – plagen.
Mach doch endlich dem ein Ende,
beginne deiner Zeiten Wende,
beende dieser Wesen Sein,
die sich so am Leiden freu´n,
an dem Leiden, das die Kraft
für die Folterung erst schafft..


(CHANUKKA IN HAIFA – 1997 / 5758)


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 18.03.2009

Alle Rechte vorbehalten

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