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Kapitel 1




Ich erwachte von dem Geräusch neben mir. Sofort bemerkte ich das Gewicht auf meinen Beinen. Ich öffnete die Augen und schaute hoch zur Decke.
Was hatten wir für einen Wochentag? Mir wollte er nicht einfallen. Ich drehte langsam den Kopf zur Seite und blickte in Paul schlafendes Gesicht. „Paul.“ flüsterte ich und versuchte mich zu bewegen, mich zur Seite drehen. Gewicht belagerte meine ganze rechte Seite. Ich schaute hin und runzelte die Stirn. Lily schlief mit weit geöffneten Mund und atmete friedlich aus und ein. Ihre schwarzen Locken ringelten sich um ihr Gesicht herum und lagen auf meiner Brust. Ich schob sie ein Stück von mir, in dem Moment wurde mir bewusst wo ich und welcher Wochentag heute war. Samstag. Und ich war auf der Party. Aber von wem? Ich schaute genervt zur Decke und seufzte. Kopfschmerzen meldeten sich und ich schaute wer bleiern auf meinen Beinen lag. Wenigstens konnte ich mich schon mal aufsetzen. Ich kannte den Namen des Jungen nicht, aber er ging in meine neue Klasse. Vielleicht würde mir der Name später einfallen. Paul regte sich plötzlich neben mir und ich spürte wie auch er sich aufsetzte und mich angrinste.
Ich denke jedes Mädchen kennt dieses Grinsen von dem Jungen in den man sich verliebt hat, oder? Und faür die, die noch nicht die heilige Erfahrung gemacht haben, freut euch! Denn dieser Moment ist einmalig und überwältigend.
Also grinste er breit und unzählige Schauer rieselten mir den Rücken hinunter und mein Herz begann schneller zu schlagen. Ich lächelte auch und blinzelte mit den Augen.
„Hey.“ sagte ich und er schaute um sich. Neben ihm lag Ella, meine Schwester. Ihr Arm um seine Hüfte und ihr Bein an seines angewinkelt. „Wollen wir los?“ fragte er und schob sie ohne weiteres von sich. Sie gähnte und schlief auf der anderen Seite weiter. „Wollen wir das?“ entgegnete ich und er stand wacklig auf. „Na, das will ich doch hoffen.“ grinsend bot er mir seine Hand an die ich ergriff und aufstand. „Hier siehts aus.. wie in einem Saustall.“ murmelte ich als ich über die Körper sprang und angeekelt vor einer Kotzlache stehen blieb. „So sieht es jedes Wochenende aus.“ hörte ich ihn hinter mich lachen. „Oh Gott.“ sagte ich und schaute nach meiner Jacke, die ich komischerweise nicht mehr trug. „Ich denke, meine Jacke kann ich vergessen.“ Paul schaute mich an und nickte zustimmend.„Das denke ich auch.“
Wir waren die Ersten die wach waren ,stellte ich fest und durchquerte den Flur der ziemlich übel stank und vollgemüllt mit leergetrunken und achtlos hingeworfenen Flaschen und sonstigem Krams war. „Aber die Party war nicht schlecht, oder was meinst du?“ Paul öffnete die Haustür und grinste noch breiter als er sah, dass ich mich nach meinen Schuhen um sah. „Ich fass es nicht. Meine Schuhe sind auch weg.“ ich musste lachen. Verlegen strich ich mir das Haar zurecht und schüttelte Konfetti heraus. „Wieso hast du nicht gesagt, dass ich noch was im Haar hatte?“ fragte ich ihn lachend und er zuckte die Schultern. „Mich hat es nicht gestört.“ ich errötete und schüttelte nochmals mein Haar umher. „Und was mach ich jetzt ohne Schuhe?“ hilflos grinsend stand ich vor ihm und er schaute sich um. „Wie wär's wenn wir uns ein Schuhpaar ausleihen?“ er ging um mich herum zur Tür und schaute wieder in den Flur hinein. Ich hörte ihn pfeifen und mein Grinsen brannte sich wohl in mein Gesicht ein. Ich setzte mich auf die Treppen vor dem Haus und ließ die nackten Füße baumeln. „Ich möchte aber schon nur Markenschuhe.“ sagte ich mit nasaler Stimme und erschauerte als ich ihn laut lachen hörte. „Nur das Beste für dich.“ sagte er und setzte sich neben mich, mit einem neuen Schuhpaar in den Händen. „Na, ist das was für dich?“ er grinste und ich runzelte die Stirn und prüfte gespielt ernst die Schuhe. „Nun...“ sagte ich ausschweifend und betrachtete sie genauer. „Größe 38?“ ich schüttelte lachend den Kopf. „Kleiner?“ fragte er und dieses Mal war er es der die Stirn runzelte. „Nein, größer. 41 wäre in Ordnung.“ murmelte ich und er glättete die Stirn und sein Lächeln trat zum Vorschein. „Du hast ja Riesenfüße!“ er lachte laut und ich schlug ihm auf die Schulter und lachte mit. „Hey!“ er zwinkerte mit den Augen und berührte meine Wange mit den Fingerspitzen. Im nächsten Moment sprang er wieder auf die Füße. „Gut, dann schau ich mal nach, ob Clownsschuhe noch im Angebot sind.“ er verwuschelte mir die Haare bevor er ging und ich rief wieder „Hey!“. Meine Wange brannte, da, wo er mit seinen Fingerspitzen entlang gestrichen hatte. Mein Herz klopfte so lauthals, dass ich glücklich wie schon lange nicht mehr die Augen schloss und ein Stoßgebet an den Himmel schickte. „Danke.“ flüsterte ich. „Danke, danke!“.
Ich öffnete sie wieder und sah das eine Frau auf der Straße mich anschaute. Sie sah mich zu lange an und langsam fühlte ich mich unwohl. Vorsichtshalber drehte ich mich um, in der Hoffnung, dass jemand hinter mir stand den sie betrachtete. „Ihr Kindespack!“ schrie sie plötzlich und kam auf mich zu. Meine Augen weiteten sich und das Adrenalin schoss mir ins Blut. Ich sprang auf meine nackten Füße und ging die Treppenstufen zurück nach oben. „Dieser Lärm!“ rief sie. „Ihr habt doch alle keine Tassen mehr im Schrank, ihr faules, drogensüchtiges Pack!“ Neben mich trat Paul der die Augenbrauen zusammenzog und mir die Schuhe entgegen hielt. „Lass uns abhauen.“ sagte er plötzlich und ich schlüpfte in die hochhackigen Pumps und ergriff seine Hand, die er mir entgegenstreckte, und begann mit ihm zu laufen. Die Treppen hinunter, an der schreienden Frau vorbei und weiter.
Ich war so glücklich. Wir liefen an den Häusern vorbei die noch still vor sich hin schlummerten. Er schaute mich während dem Laufen an und lächelte so dass ich noch schneller rannte und wir erst nach weiteren 10 Metern hielten und nach Luft rangen. „Wir müssen noch paar Meter. Dann sind wir am See.“ sagte er atemlos und stützte sich an seinen Knien ab. Ich tat ihm nach und schnaufte. „Wieder im laufen?“ fragte ich und er lachte auf. „Spinnst du?“ er richtete sich auf und schüttelte lachend den Kopf. „Wir haben die ganze Nacht gelegen, jetzt können wir genau so lang laufen.“ meinte ich spitz und grinste. Er kratzte sich am Kopf und tat als würde er überlegen. „Meinst du, ich sollte dir hinter her laufen?“ sein Grinsen wurde schief. Ich errötete und überlegte. „Obwohl. Ja, wieso nicht. Ich würde dir gern hinter her laufen.“ Ich lachte atemlos und schaute an ihm vorbei, damit er nicht bemerkte wie sehr mich seine Worte aufwühlten und elektrisierten. „Also gut, wo der St. Peter See ist weißt du doch oder?“ Ich wollte gerade verneinen, da sprintete er los. „Egal! Du musst eher mir hinter her laufen! Wer zuletzt ankommt wird ins Wasser geschmissen!“ er war schon einige Meter voraus, als ich überhaupt realisierte was passiert war. Ich grinste und rief mein „Hey!“ und rannte ihm nach.

Er warf sich auf den weichen Rasen und lachte. „Du hättest mich ja beinahe wirklich eingeholt!“ ich hielt neben ihm an und atmete schwer ein und aus. „Du bist irre schnell.“ brachte ich noch heraus, da sprang er wieder auf schnappte sich meine Hand und zog mich ins Wasser. Ich schrie lachend und versuchte ihm die Hand zu entziehen. „Keine Chance!“ prustete er und hob mich hoch und warf sich mitsamt Kleidern ins Wasser. Der Steg war so verdammt rutschig, dass ich seinen überraschten, erschrockenen Blick noch einfangen konnte, ehe ich unter tauchte. Das Wasser war im ersten Moment eiskalt und ich schwamm sofort an die Oberfläche und sah mich zähneklappernd und atemlos nach Paul um. Er tauchte gleich neben mir auf und grinste. „Du bist verrückt.“ stieß ich aus. Er lachte zustimmend und strich seine nassen Haare zurück, während ich vorsichtig und möglichst unauffällig überprüfte ob mein Kleid irgendwie durchsichtig wurde. Es war schwarz. So viel zu meinem Gehirn. Ich grinste über meine Zerstreutheit und zog trotzdem das Kleid ein wenig höher.
Wir schwammen auf einer Stelle und ich konnte den Blick nicht von seinem schönen Gesicht wenden. Seine dunklen Augen schauten mich an, Wasserperlen hafteten an seiner Nasenspitze und seine Lippen verfärbten sich leicht blau. Etwas lag in seinem Blick, dass mich zu ihm zog und ich meine Hände um seinen Nacken legte und die Wassertropfen auf seiner Nasenspitze fort küsste. Einmal, und dann ein zweites Mal. Er schloss die Augen während ich langsam zu seiner Wangen mit den Lippen wanderte, anschließend hoch zu seinem Auge. Dort angelangt küsste ich sanft sein Lid. Er schloss die Arme um mich und wieder bewegte ich meine Lippen sanft an seinem Gesicht hinunter zu seinen Lippen die sich sogleich auf meine pressten und wir uns sanft küssten. Ich weiß nicht wie lange wir so umschlungen im Wasser waren.
Die Zeit hatte keine Bedeutung mehr, alles, Raum und Zeit, drehte sich um uns zwei. Alles verlor an Bedeutung. Er und ich. Nichts wollte ich mehr, in diesem Moment, als ihn zu spüren.
Ich unterbrach den Kuss als ich hapsend nach Luft schnappte. In mir brodelte es und das kühle Wasser war wundervoll zu spüren, wie es unsere Körper umfloss und uns noch enger aneinander schmiegen ließ. Keiner von uns traute sich etwas zu sagen, niemand wollte die stille Zufriedenheit unterbrechen.
Ich schaute auf und streichelte mit dem Daumen seine Wange. „Du bist so wunderschön.“ hörte ich ihn atemlos flüstern, ich errötete und lächelte. „Vielleicht klingt das für dich als Junge komisch.. aber du bist auch wunderschön.“ sein Grinsen wurde schief als er den einen Mundwinkel frech hochzog. „Ja, aber es ist wahr.“ sagte ich und spürte plötzlich wie er seine Lippen sanft auf meine drückte und mit seinen Händen an meinem Rücken herum nestelte und tiefer mit ihnen rutschte. Ich konnte nicht anders als meine Beine um seine Hüften zu schlingen.
„Okay, lass uns aus dem arschkalten Wasser steigen.“ sagte Paul nach dem weiteren Kuss und erschauerte. „Ja.“ ich konnte keinen klaren Gedanken fassen, erst als er wieder auf dem Steg stand und mich heraufzog. Als der Wind wehte, stieß ich zischend die Luft aus und schüttelte mich. „Und wir haben keine anderen Klamotten mit.“ murmelte ich und wunderte mich, dass keine Jogger um den See liefen, oder Rentner mit den Hunden spazieren gingen. „Die trocknen schnell. Bei dem Wetter.“ Paul legte die Hand an die Stirn und schützte sich somit vor der Sonne als er in den Himmel schaute. „Trotzdem ist der Wind unglaublich kalt.“ ich schürzte die Lippen und sehnte mich nach seiner duftenden Haut und den Küssen. Er zuckte die Schultern und zog sein Shirt, dann die Hosen und seine Sandalen aus, er grinste mich an und legte sich mit seinen Boxershorts auf das Gras und verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Ich wusste nicht was ich machen sollte, also stand ich wenige Sekunden unbeholfen auf einer Stelle und blickte mich ständig um. „Ist doch egal was die Leute denken.“ hörte ich ihn murmeln. Ich schaute ihn wieder an und seufzte. „Was soll's.“ stimmte ich ihm zu und strich das schwarze Kleid ab. Die Schuhe hatte ich wieder im Wasser verloren.
Hätte ich gewusst, dass ich irgendwie mich entkleiden werden würde, dann hätte ich mich für ein anderes Unterwäscheset entschieden. Ich fluchte insgeheim und hielt das Kleid kurz noch schützend vor Brust und Bauch. Aber wer hätte auch gedacht, oder auch nur geträumt, dass ich mit Paul am St. Peter See halbnackt liegen würde? „Was schaust du so ernst?“ er lachte und zog mich zu sich hinunter. „Hier ist niemand, so weit ich das beurteilen kann, und mir kannst du dich ruhig in Unterwäsche präsentieren. Ist ja doch fast so, als hättest du ein Bikini an.“ er nahm das Kleid, faltete es zusammen und steckte es unter seinem Kopf, nahm die alte Haltung wieder ein und ich schüttelte den Kopf. „Hey!“ machte ich und setzte mich nah neben ihm und verschränkte die Arme vor der Brust. „Komm her.“ sagte er und drückte mich auf seine Schulter so dass sein Atem meine Stirn strich.
Ich löste die Stille auf als ich auflachen musste. „Hm?“ machte er und drehte sein Gesicht mehr zu mir. „Weißt du, ich musste gerade irgendwie denken, wie irreal die Situation hier gerade ist.“ ich runzelte die Stirn und betrachtete weiter die Wolken, die wie Wattebällchen den blauen Himmel schmückten. „Wieso?“ fragte er. Ich zuckte die Schultern. „Keine Ahnung. Ich hätte einfach nicht gedacht, dass ich jemanden finden würde... hier. So schnell. Und überhaupt.“ ich räusperte mich. „Also ich weiß auch nicht, ich will jetzt auch nicht zu viel in die Sache hinein interpretieren, aber-“ „Halt die Klappe.“ er lachte und schüttelte, wie ungläubig, den Kopf. „Das hier. Wir beide jetzt? Ich bin mal ehrlich: Ich hätte auch nicht gedacht, dass ich mal so mit dir hier liegen würde, aber irgendwie passt das. Es passte von dem ersten Moment an, als wir uns angesehen haben.“ er seufzte und küsste mich aufs Haar. „Dieses komplizierte hin und her, wegen, ich finde dich zwar toll, aber wir müssen uns doch näher kennenlernen und vielleicht ist es doch nicht das richtige... das muss nicht sein, wenn es passt.“ er drehte mein Gesicht zu sich und küsste mich auf die Nasenspitze und lächelte. „Und das hier jetzt, dieses „wir“, das passt verdammt gut.“ er zwinkerte mir zu und da konnte ich nicht anders als mich auf den Ellbogen zu stützen und ihn zu küssen.

Als die Klamotten eine oder zwei Stunden später trocken waren machten wir uns auf dem weg zu ihm nach Haus. Mit Huckepack hinten auf ihm und meinen Kopf an seiner Schulter gestützt war ich wohl das glücklichste Mädchen auf der Welt. Ich schloss die Augen und pustete ihm ins Ohr. „Lässt du das mal sein.. das kitzelt.“ er kicherte und mein Herz raste. Wie süß, ich musste laut lachen und er schüttelte den Kopf. „Du schweres Tier.“ sagte er und ich haute ihm auf die Schulter. „Schweig und bewege dich geschwinder!“ wir lachten über die Zweideutigkeit und dann begann er zu laufen, so dass ich auf seinem Rücken wie ein Sack Kartoffeln durchgeschüttelt wurde. „Okay, okay! Ist ja gut!“ ich lachte und er wurde langsamer. „So, wir sind da.“ sagte er und ließ mich auf den Stufen runter. Viele Häuser und nochmals viele Häuser standen nebeneinander gereiht und strotzten vor Reichtum und Präsenz, und die davor parkenden Autos gaben der Straße so etwas spießiges und fremdes. Von den Vorgärten will ich gar nicht erst anfangen.
„Hübsch.“ sagte ich und er lachte. „Ja, sehr hübsch.“ er ging vor und drückte die Türklinke hinunter und trat ein, ich schlüpfte schnell hinterher. „Wie spät haben wir es denn überhaupt?“ fragte ich ihn flüsternd und schaute mich in der riesigen Halle um. Von außen mag zwar alles klein und beschaulich aussehen, aber innen drin, war es genau andersrum.
„Kurz nach 12 Uhr Mittag.“ ertönte eine scharfe Stimme von der anderen Seite des Raumes. Ich versteifte mich und lächelte unbeholfen in die Richtung wo die Stimmer herkam. „Mum!“ sagte Paul und lächelte seine Mutter an. „Schön, dass du dich auch wieder mal blicken lässt, Junge!“ sie kam mit schnellen Schritten auf uns zu. Ihre Stilletos hallten durch den Raum und ich wünschte mich weit, weit fort. Ich versuchte so gut wie möglich meine nackten Füße hinter Paul zu verstecken. Und meine Haare! Wie sahen sie wohl aus? Ich wusste nicht wie ich mich verhalten sollte, ihr die Hand reichen? Oder reichte ein leises „Hi“? Ich nestelte an meinem zerknitterten Kleid herum und schaut erst auf, als sie vor uns stehen blieb. „Mum, das ist -Vorname- Douglas, die neue Mitschülerin von der ich dir erzählt habe.“ er hielt meinen Arm und ich versuchte mein bestes Lächeln. „Freut mich Sie kennen zu lernen.“ Die stechenden schwarzen Augen wurden zu Schlitzen. Langsam glitt ihr Blick an meinen Körper hinunter und blieb bei meinen nackten Füßen stehen. Ihre Augenbrauen gingen in die Höhe und ich erkannte genau wie sie missbilligend mit den Lippen zuckte. „Hallo Alicia.“ sagte sie und ich schüttelte den Kopf. „Nein, ich heiße nicht -Name-. Einfach nur Alice.“ verbesserte ich sie und drückte die Zehen zusammen. „Nur Alice?“ sie hob den Blick und runzelte die Stirn. Sie hatte schwarzes Haar dass sie zu einem Dutt zusammengebunden hatte, ihre schmalen Lippen waren blutrot und die Wangenknochen perfekt mit wenigen Pinselstrichen Rouge geschminkt. Sie trug ein langes, schwarzes Kleid, dass mit weißen Blumen am Rand bestickt war, die weißen Stilletos passten perfekt zu ihrem ganzen Gesamtbild. Ich fühlte mich so unwohl in meinem Partykleid und meinen nackten Füßen, dass ich am liebsten im Erdboden versunken wäre. „Ihr könnt mit uns essen, Großvater Ed und Großmutter Beccy sind ebenfalls am Tisch.“ Ich errötete. „Ehm, nein, das ist wirklich nicht nötig, ich wollte auch nicht stören...“ Paul unterbrach mich und zog mich hinter sich. „Wir essen jetzt.“ sagte er bestimmend und ich blieb ruckartig stehen. „Nein.“ zischte ich und die Mutter ging mit einem amüsiertem Gesichtsausdruck an uns vorbei. Paul blieb ebenfalls stehen und schaute mich fragend an. „Ich kann doch nicht so mit euch essen!“ ich zeigte auf das Kleid, die Haare und meine Füße. „Oh Gott, das ist so peinlich Paul! Hättest du gesagt, das deine Eltern.. so..“ und wieder unterbrach er mich und verdrehte die Augen. „.. so spießig sind?“
„Nein. Das wollte ich nicht sagen!“ ich räusperte mich. „Ich fühle mich aber so unwohl, wenn ich bloß etwas anderes zum Anziehen hätte.“ er lächelte plötzlich und küsste mich auf die Stirn. „Du siehst toll aus. Und außerdem sind wir zu Hause, da braucht man keine Schuhe zu tragen.“ er machte kurzen Prozess mit seinen Schuhen und wackelte mit den Zehen. Ich lachte und ließ mich von ihm ins Zimmer ziehen. „Hey!“ sagte er und winkte seinen Großeltern und seinem Vater zu. „Das ist Alice.“ ich hob die Hand zum Gruß. „Guten Appetit, lassen sie sich von mir nicht stören.“ ich zwinkerte nervös und nestelte wieder an meinen Haaren herum. „Hallo Alice! Komm, setz dich zu uns!“ sagte Pauls Großmutter und lächelte so strahlend, dass das Gefühl der Scham verflog und ich mich neben ihr nieder ließ. „Ich hoffe ich störe wirklich nicht.“ murmelte ich und reichte dem Großvater die Hand und nickte dem Vater zu. „Paul, du hast uns gar nicht erzählt, dass du so eine hübsche Freundin hast.“ sagte der Großvater kauend und zeigte mit der Gabel auf mich. Ich errötete wieder und ließ mir von der Mutter die Kartoffeln auf den Teller geben. „Ich wollte sie euch erst zeigen und dann von ihr erzählen.“ er grinste und spieß eine Cherrytomate auf und führte sie in den Mund. „Paul hat erzählt, dass du aus Brighton hergezogen bist. Ist die Nordsee sehr schön?“ fragte die Mutter. Ich nickte. „Wunderschön.“
Wir unterhielten uns noch kurz über mich und meine Familie und die Beweggründe weshalb wir umgezogen sind, und wie ich die neue Umgebung fand und ob die Schule in Ordnung ist und ob ich den Stoff ohne Probleme bewältigen würde.
Im großen und ganzen hab ich dort wohl sehr gut abgeschnitten, denn nach dem wir aufgegessen und uns verabschiedet haben, hörte ich wie die Großmutter immer wieder zu der Mutter meinte, wie reizend ich doch wäre. Ich grinste innerlich und war wirklich froh darüber, dass die Familie mich so nett aufgenommen hatte.
Paul zeigte mir sein Zimmer und zog sein Shirt wieder aus und warf es auf den Boden. Ich schluckte und setzte mich auf sein gemachtes Bett und schaute ihn genau an und sog jeden Zentimeter seines Körpers in mich auf.
Ich besann mich wieder und schaute mich in seinem Zimmer um. „Du liest viel?“ ich stellte mich vor das Regal und grinste. „Sir Arthur Conan Doyle hat es dir angetan oder?“ ich hörte ihn lachen. „Er ist mein Gott!“ rief er und dann hörte ich wie die Dusche anging und Wasser laut gegen den Duschvorhang prasselte. „Hast du etwa ein Bad gleich neben deinem Zimmer?“ fragte ich ungläubig und setzte mich wieder auf das Bett. „Jap!“ ich schürzte die Lippen und nickte bewundernd. „Nicht übel.“ sagte ich zu mir selbst als ich den Kamin entdeckte und den teuren Teppich davor liegen sah. „Wirklich nicht übel.“ er kam mit dem Handtuch dass er an der Hüfte umgebunden hatte, wieder herein. „Willst du auch?“ er zeigte auf das Bad und ich überlegte. „Ich hab keine sauberen Sachen mit.“ sagte ich und er grinste. „Du nimmst dann einfach was von mir?“ Ich zog meine Braue hoch. „Ob ich das möchte...?“ sagte ich grinsend und wurde sogleich mit einer Bluse die er aus seinem Schrank hervorholte abgeworfen. „Du ziehst einfach ein schwarzes Shirt an und dann ist auch gut, ich kann dich nachher nach Hause fahren, dann wird dich niemand in so schicken Sachen sehen.“ er grinste und zog sich ein weißes Shirt über. „Okay, dann verschwinde ich mal für 10 Minuten.“ ich schnappte mir ein T-Shirt und ging duschen. Einfach so. Ich stand wie elektrisiert unter dem Wasser und zitterte. Ich zitterte vor Glück, Erleichterung, ich stand wie unter Strom! Das ist alles so anders und so neu und doch ist es, als ob ich nie etwas anderes gemacht hätte. Ich habe mich fallen lassen. Ich war ich selbst und es fiel mir nicht schwer mich neu zu akzeptieren.
Es wird alles gut. Ich stellte das Wasser ab und trocknete mich. Summend ging ich zurück in sein Zimmer und legte mich neben ihn auf das Bett und betrachtete ihn eingehend. Er schaltete den Fernseher aus und drehte sich zu mir. „Und es steht dir vorzüglich!“ bemerkte er und grinste schief. „Es passt mir wirklich, es ist nicht all zu groß.“ ich lächelte und er berührte mein nasses Haar. „Das liegt wohl daran, dass wir fast gleich groß sind.“ fügte ich hinzu und er lachte auf. „Ich bin mindestens fünf Zentimeter größer als du!“ rief er aus und sprang auf. „Steh auf, dann beweise ich es dir!“ er zog eine Schnute und ich stand lachend auf. „Nein, wir sind wirklich gleich groß, das ist mir schon in der Schule aufgefallen.“ Ich stellte mich vor ihm hin und er lachte, stellte sich auf die Zehenspitzen und nickte dann selbstgefällig. „So ist es richtig.“
Ich seufzte gespielt genervt. „Du hast Probleme.“ So wurde ich zurück auf das Bett geschubst und von ihm, ja ich sage mal, überfallen.

Am späten Nachmittag verabschiedete ich mich endgültig von seiner Familie, die erstaunt über mein neues Outfit war, von der Großmutter wurde ich sogar in den Arm genommen.
Im Auto sprachen wir nicht viel sondern ließen das Dach runterfahren und fuhren eine längere Strecke bis zu mir heim. „Ich hätte den Nachmittag gern weiter mit dir verbracht, aber das Spiel heute ist ziemlich wichtig, du kannst doch mit zuschauen kommen!“ sagte er als wir vor meinem Haus stehen blieben. „Ich würde sehr gern, Paul. Aber ich sollte auch mal heim, meine Eltern machen sich mit Sicherheit schon Sorgen, da ich mein Handy zu Hause gelassen habe, konnten sie mich schlecht erreichen.“ Ich seufzte. „Aber wir sehen uns spätestens Montag morgen im Unterricht wieder.“ ich lächelte und küsste ihn sanft.
„Ich melde mich.“ „Okay, bis dann.“ murmelte ich und stieg aus. „Bis dann Alice!“ mit quietschenden Reifen fuhr er davon.

Ich drückte die Klingel die über den Namen „Douglas“ hing und laut schrillte, das wohl selbst unsere Nachbarn sie mitbekommen sollten. Plötzlich bekam ich Gewissensbisse und mir wurde schlecht. Nach wenigen Sekunden wurde die Tür weit aufgerissen und meine Mutter starrte mich erst gelangweilt und dann erleichtert an. „Alice!“ sie lächelte. „Wo warst du den ganzen Tag?“ ich trat ein und folgte ihr ins Wohnzimmer. „Tut mir sehr leid, aber ich habe mein Handy vergessen und konnte mich so nicht bei euch melden, Ma.“ ich umarmte sie und sie zupfte an Pauls Shirt. „So, und jetzt erzählst du mir alles eingehend!“ ihr Lachen steckte mich an und und statt dem Schwindelgefühl traten die Schmetterlinge ein und wirbelten in meinem Bauch herum. Sie setzte sich mit ihrer Schüssel Eiscreme auf das Sofa, ich nahm neben ihr Platz und holte tief Luft. „Oh mein Gott, Ma, es ist so unglaublich!“ ich lachte und sie hüpfte auf und ab. „Na los! Ich habe schon versucht Ella auszufragen, aber die hat ganz schlechte Laune und wollte nichts verraten, also hockt sie jetzt schon die ganze Zeit in ihrem Zimmer herum, und jetzt los!“
Also erzählte ich meiner Mutter von dem gestrigen Abend und der Party und dem heutigen Tag. Ich wusste anschließend nicht wer begeisterter von uns beiden war, ich oder sie.
„Alice, ich freue mich so, dass es mit ihm geklappt hat! Wirklich! Ich weiß gar nicht wohin mit meiner Freude, mein Schatz!“ sie klatschte begeistert in die Hände und küsste mein Gesicht. „Weißt du was, das feiern wir! Ich denke ich habe im Keller noch eine Sektflasche rumstehen sehen. Ich schaue mal eben nach. Ella könnte mitfeiern, die süße Maus, dann kommt sie mal aus ihrer Höhle raus.“ Ma lachte und verschwand in den Keller hinunter.
Ich nahm die Auszeit als Gelegenheit mich umzuziehen und mir die Haare endlich zu bürsten. Ich nahm die Treppen je zwei Stufen hoch und sah einen Schatten oben stehen. Es war Ella die mit verschränkten Armen oben wartete und grinste. „Auch mal wieder zu Haus?“ ich zuckte die Schultern und grinste breit. „Wurde mal Zeit, dass ich auch so spät heimkehre.“ sie streckte mir dir Zunge aus.
„Du hättest mich wecken und mitnehmen können. Ich war da ganz allein und musste dann auch noch mit aufräumen helfen.“ sie folgte mir in mein Zimmer und setzte sich auf den Boden. „Wo hast du überhaupt gesteckt? Und was soll dein Outfit?“ sie lachte auf. „Sind dir die Hosen ausgegangen?“ ich bedachte sie mit einem genervten Blick und sie verdrehte die Augen. „Also erzähl schon!“ Ich zog Pauls Shirt aus und faltete es sorgfältig zusammen und schlüpfte dann in eine bequeme Hose und in ein pinkes Top...


Fortsetzung folgt... :>

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Tag der Veröffentlichung: 22.01.2013

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