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Kapitel 1




Freitag, 18.05. 17.29 Uhr



Lukas dreht den Wasserhahn auf. Das Blut tropft von dem Messer ins Waschbecken und verläuft mit dem Wasser. Während er das Messer abwischt, denkt er über seine Tat nach. Es ist keine Reue, die er empfindet. Es ist etwas anderes. Genugtuung? Auch nicht. Er kann dieses Gefühl nicht definieren. Doch es ist da. Er legt das Messer zur Seite und schaut in den Spiegel. Er sieht fertig aus. Dunkle Ringe zieren seine Augen. Plötzlich zerrt sich sein Gesicht zusammen. Voller Wut dreht er sich weg und geht durch die Tür in Richtung Schlafzimmer.

'Ich bin so aufgeregt!', schreie ich heraus. Meine beste Freundin Melina lacht. 'Denkst du du schaffst das alleine?', fragt sie mich. 'Ich denke schon. Ich bin ja wohl kaum ein kleines Baby mehr, das nicht alleine einen Ferienjob bewältigen kann, oder?', antworte ich. Melina grübelt. 'Aber Taya. Ich wollte so unbedingt gern mitkommen. Wirst du mich denn vermissen?', fragt sie mich und lächelt erneut. 'Natürlich, aber das ist ein großer Schritt für mich um erwachsen zu werden. Und wir Beide fahren nächstes Jahr zusammen nach Malle, okay?', bringe ich mit einem großen Lacher heraus. Sie nickt. Wir fangen nochmal an zu lachen. Doch kurz nachher schaut Mel auf die Uhr: Oh nein! Ich muss los, es ist schon 17.52 Uhr.' Sie drückt mich zum Abschied und sagt noch: 'Schade, dass ich nicht länger bleiben kann, aber du kennst ja meine Ma... Und viel Spaß. Ich werde dich sehr vermissen!'. Sie wendet sich ab und geht durch die Tür. Obwohl sie nebenan wohnt macht ihre Mutter immer großen Terz, wenn sie nicht rechtzeitig zum Abendessen kommt. Ich schüttel meinen Kopf um meine Gedanken los zu werden. Ich muss immerhin noch meinen Koffer packen, da es in knapp 2h losgeht.

Kapitel 2




Freitag, 18.05. 19.47 Uhr



Mein Koffer knirscht leicht. Der rote Hartschalenkoffer ist bestimmt 20kg schwer. Aber dafür sind das auch Klamotten für 15 Tage drin. Der Weg von der Haustür bis zum Auto kommt mir weit vor. Die nächsten 15 Tage werden wahrscheinlich schwer und haben wenig mit Urlaub zu tun. Ich meine als Schwimmlehrerin zu 'arbeiten' zählt nicht wirklich zu Urlaub. Aber dafür lerne ich neue Menschen kennen. 5 um genau zu sein. Einer davon wird der Betreuer sein. Der Rest wird genau so wie ich darin ausgebildet, anderen Kindern schwimmen zu lehren. Ich bin auch nur durch meine Mutter auf diesen, Achtung Sarkasmus, wunderschönen, entspannenden Urlaub gekommen. Sie denkt, ich könnte supergut schwimmen. Dabei bin ich nur unterster Durchschnitt, dennoch soll ich in den nächsten Tagen Kindern beibringen, wie man es macht.

Lukas sitzt auf seinem Bett und denkt nach. Er denkt darüber nach, wie hunderte von Menschen am nächsten Morgen auf das Mädchen im Pool reagieren werden. Geschockt. Traurig. Überwältigt.
Er würde es wissen. Er würde in der, sogennanten, ersten Reihe stehen und das Schauspiel bewundern.

Mein Handy klingelt. Eine neue SMS. 'Hey Süße, ich hoffe du hast viel Spaß. Meine Ma stresst grad mal sowas von rum-.- Also so wie's momentan aussieht wird das mit dem Freizeitpark nach deinem 'Urlaub' nichts:(
I love u &miss u<3', stand darin. Zwar will ich zurück schreiben, doch habe irgendwie keine Lust und mein Akku ist sowieso fast leer.
Während der gesamten Fahrt nieselt es. Dafür, das es schon mitten im Sommer ist – fast Hochsommer – ist es ziemlich kalt und regnet non-stop. Mal sehen was der Ferienjob mit sich bringt...

Kapitel 3




Freitag, 18.05. 23.05 Uhr



Ich schaue meinen Eltern nach. Sie fahren wieder nach Hause. Ich drehe mich um und schaue das Ferienhaus für reiche Eltern, die ihren Kindern nicht selbst das Schwimmen beibringen wollen und stattdessen sie lieber in einen überteuerten Kurs schicken, an. So mitten in der Nacht sieht es gespenstisch aus. Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken und ein Geräusch aus dem Gebüsch lässt mich erschrecken. Von dem Schauer gepackt renne ich in das Haus, nicht nur weil ich ein wenig Angst habe sondern auch, weil der Regen stärker wurde.
Nun stehe ich da. Allein. Ohne Ahnung, was ich jetzt zu tun habe. Ich krame in meinem Rucksack nach einem Zettel. 'Da ist er!', rufe ich fast laut aus. Ich lese:
Hallo liebe Bewerberin,
Sie wurden ausgewählt - als eine von 5 – den Ferienjob an zutreten.
Wir bitten Sie am 18.05. um 23.30 Uhr in den Hauptsaal des Feriengebäudes Summertrac zu kommen. Dort werden Sie weitere Infos zu Ihrem Job erhalten.

Mit freundlichen Grüßen
der Betreiber
Jack McCartney

Lukas sitzt in einem Taxi. Er fährt nach Gemlo, genau das wo er vor wenigen Stunden seine 'Tat' vollbracht hat. Er ist überzeugt, dass er zwar wohl kaum Applaus dafür bekommt, aber jedoch ein wenig Respekt, endlich einmal. Vor ihm stehen noch ca. 20min Fahrt.
Er denkt zurück an seine Kindheit. Seit der Grundschule wurde er gemobbt. Im Kindergarten war er gar nicht erst gewesen. Seine Eltern haben sich lieber gestritten, als im Zuneigung zu zeigen. Sein Vater ist im Alkohol ertrunken. Seine Mutter mit dem Gärtner durchgebrannt.
Ihm läuft eine Träne über's Gesicht. Er darf jetzt bloß nicht schwach werden, er hat noch einiges vor sich, denkt er sich.

Ich stopfe den Zettel wieder zurück in meine Tasche und suche den Hauptsaal, den Koffer hinter mir her schleifend. 'Da links liegt er', stoße ich hervor.
Das erste was ich sehe, ist ein großer lodernder Kamin direkt gegenüber des Eingangs. Danach sehe ich 3 Gesichter die mich anlächeln. 'Hallo. Bin ich hier richtig?', frage ich. Ein großer Mann mit grauen Haaren und Bart antwortet mir: 'Natürlich. Bist du Taya Stevens?'. 'Genau die bin ich', entgegne ich mit einem kleinen Lächeln. Es folgt ein größerer Smalltalk. Bis hin zu meiner Frage: 'Und warum treffen wir uns mitten in der Nacht?'. Darauf bricht ein großes Gelächter aus zwischen denen, die mir gegenüber stehen. 'Entschuldigung, aber diese 2 lieblichen Kinder haben mir die gleiche Frage gestellt, als sie rein kamen. Will einer von euch die Frage beantworten?', sagt der Betreuer. Ein Junge, der mir etwas schmierig erscheint, sagt: 'Ich mach das', in einem richtig eingebildeten Ton,' Es ist weil das Haus vor 2 Stunden erst geschlossen hat und danach noch geputzt werden musste'. 'Achsoo', stoße ich hervor, etwas beunruhigt, aber ich will auch nicht weiter nachhaken, da mir aufgefallen ist, dass ich noch nicht einmal die Namen von meinen sogenannten Teammitgliedern weiß. Also frage ich nach. Der Betreuer mit den grauen Haaren und dem grauen Bart heißt Gregor Brauer, der etwas schmierige Junge, der auf seine eigene Art niedlich ist, heißt Marcel und das etwas schüchterne Mädchen, das bis jetzt noch kein Wort gesagt hat, heißt Tina. Tina ist hübsch. Rote Haare mit leichten Locken, grüne Augen, schöne Haut, tolle Figur. Alles was ich nicht habe. Ich habe nur dunkel braune, glatte Haare, blaue Augen, Sommersprossen, durchschnittliche Figur. Währenddessen ich meine Haare aus meinen Gesicht streiche, kommen hinter mir zwei weitere Jungen ins Zimmer. Mit einem kleinen 'Hallo' begrüßen die Beiden uns. Nachdem der fast identischen Smalltalk wie vor einigen Minuten vorbei war, weiß ich auch ihre Namen. Einer der beiden hat blonde Haare, grüne Augen und Locken. Er heißt Sam. Der Andere hat hellbraune Haare, braune Augen und ein Muttermal über der Lippe. Er heißt Kevin. Nachdem wir noch ein bisschen redeten, gehen wir alle ins Bett um für den nächsten Tag ausgeschlafen zu sein.

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Bildmaterialien: Google
Tag der Veröffentlichung: 10.08.2012

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