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Kapitel 1

Als ich aufwachte, waren meine Hände eiskalt. Ich spürte meine Glieder nicht mehr und in meinem Kopf war ein dichter Nebel. Dann schlief ich wieder ein.

Als ich aufwachte war mir sofort klar, dass es schon wieder passiert war. Wieder einmal musste ich mich einen weiteren Tag lang versteckt halten. Ich stand langsam auf und tat das, was ich jedes Mal zuerst tat. Ich ging zum Fenster und schaute hinaus.

Ich fuhr erschrocken zurück, als plötzlich ein Auto in Miniaturformat an mir vorbeischoss. Ich hatte schon viel gesehen, aber das hier war mir dennoch neu. Überrascht zog ich den Vorang zu.

Als ich langsam an den Spiegel trat erkannte ich das bekannte Gesicht des Jungen. Wieder einmal hatte ich die Kontrolle über sein Leben übernommen. Meine nächsten Schritte führten mich zu dem Wecker. Zu dem Wecker, der sich von Mal zu Mal veränderte. Als ich dieses Mal jedoch nach dem Wecker suchte, fand ich ihn nicht. Verzweifelt flüsterte ich: "Ich wünschte doch bloß, ich wüsste welches Datum ist!"

Als nächstes antwortete mir eine menschliche Stimme. Panikiert drehte ich mich um meine eigene Achse, doch es war niemand zu sehen.

"Heute ist Freitag, der 14. März im Jahre 3086." Verwirrt starrte ich in die Luft. Bisher war ich jedes Mal um knapp 100 Jahre in die Zukunft gereist. Übe 1000 Jahre waren es noch nie gewesen. Noch nicht einmal ansatzweise. Als ich mich umsah wurde mir sofort klar, dass es stimmen musste. Alles war anders, nichts war mehr so, wie es in meiner Zeit war. Einerseits war ich wieder zu Kay geworden. Zu dem Jungen, der immer gleich alt war, wie mein richtiger Körper in meiner Realität. In meiner Realität, in der ich Layla hieß und ein Mädchen war. Andererseits gab es in diesem Zimmer Dinge, die ich mir nicht hätte erträumen können. Überall gab es neue, unbekannte Farben. Manche Dinge schwebten geordnet herum und mein Bett war mittlerweile in die Wand eingefahren. Minutenlang sah ich mich um. Das einzige, was ich ausließ, waren die Geräte. Geräte konnten gefährlich werden, denn über sie hatte ich absolut keine Kontrolle. Gegen sie war ich ohnmächtig.

Mir war bewusst, dass ich diese Situation hätte ausnutzen können. In meiner Welt wäre ich berühmt geworden. Ohne Weiteres. Ich hätte nur etwas aus dieser Welt der Zukunft mitnehmen müssen. Ich hätte mir nur neue Pläne beschaffen müssen. Jedoch tat ich es nicht. Es war zu gefährlich. Wenn ich auch nur wenige Jahre in die Zukunft reiste, war ich jedes Mal erstaunt über die hohe Anzahl der Erfindungen, die innerhalb der wenigen Jahren erfunden wurden. Diesmal blieb es jedoch nicht bei Erfindungen, doch das sollte ich wohl bald selbst herausfinden.

Ich wollte diesen Tag wie alle Tage davor verbringen. Ich wollte abwarten und darauf hoffen, dass ich bald zurück konnte. Zurück in meine Zeit, in der ich dann nichtsahnend als Layla weiterleben konnte. Als Layla erinnerte ich mich nie an meine Zeit als Kay. Während ich nicht zuhause war, blieb die Zeit dort gewisserweise stehen. Wenn ich zurückkam, waren nur wenige Minuten oder wenige Sekunden vergangen. Als Kay jedoch erinnerte ich mich an alles, was in Laylas Zeit passierte. Ich fragte mich oft, wieso das alles passierte. In Büchern hatten die Menschen, die in die Zukunft reisten meistens eine Aufgabe. Oder sie zerstören alles mit der Macht, die sie sich beschaffen konnten. Das hier jedoch war kein Buch. Es war keine erfundene Geschichte. Es war die Realität.

Menschen sind schlecht darin, Geheimnisse lange zu hüten. Besonders wenn mit diesem Gehemnis tausend unbeantwortete Fragen einhergehen. Mir blieb jedoch nichts anderes übrig. Niemand wusste, dass ich hier war. Niemand wusste wer ich war und niemand würde es jemals wissen dürfen. Insgeheim wünschte ich mir oft, einfach aus diesem Zimmer zu spazieren und mich hier umzusehen. Das war jedoch unmöglich. Wenn jemand erkennen würde, wie verloren ich hier mit allem umging, wäre ich ein Versuchsobjekt. Ich wäre ein Wunder, das es zu erforschen galt. Ich wusste jedoch selbst nicht, was mit meinem Körper geschah, wenn ich wieder nach Hause kam. Ich wusste nur, dass ich zwischen jeder Reise einmal auf dem kalten Boden aufwachte und mich nicht mehr bewegen konnte, bis ich wieder einschlief und dann in Kays Bett aufwachte. Meistens blieb ich einen Tag lang in der Zukunft. Ein Tag war quasi die Mindestanzahl. Länger konnte ich bleiben, kürzer nicht. Wenn ich nach 24 Stunden zurückwollte, musste ich mir bloß die Kette umlegen, die ich immer in meiner Tasche bei mir trug. Nach mindestens einer Woche zuhause, wurde ich dann für mindestens einen Tag wieder in die Zukunft geschleudert.

Anfangs war es spannend, doch irgendwann verlor es seinen Reiz. Ich hatte sowieso nicht die Möglichkeit, irgendwann aus diesem Zimmer zu treten.

Mir war nicht bewusst, wie gefährlich es diesmal war. Es hatten sich nicht nur Einzelheiten verändert. Manche Dinge erkannte ich nur mit Schwierigkeiten wieder und von den Geräten hielt ich mich noch ferner als sonst. Und diesmal gab es einen großen Hacken. Denn Denken wurde gefährlich.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 2

 

Langsam fuhr ich den Stuhl aus der Wand. Ich schob ihn rüber zum Fenster und starrte nach draußen. In meinem Kopf wurde der Wunsch immer stärker, nach draußen zu gelangen. Als er mein Bewusstsein erreichte, passierte es zum zweiten Mal.

Einen Atemzug später stand ich neben einer Straße. Mein plötzliches Auftauchen irritierte niemanden. Wenige Sekunden lang beschlich mich die Vermutung, dass ich unsichtbar war, doch als ein Mann mit einem Hut mich anherrschte, dass ich im Weg stehe, war mir klar, dass es nicht so war. Ich war lebendig und sichtbar. Mitten auf einer belebten Straße. Und niemanden interessierte mein plötzliches Auftauchen. Alles was mir neben der aufsteigenden Panik blieb, war eine Frage: Was war hier los?

Voller Panik versuchte ich mich zu orientieren. Zuhause kannte ich die STraßen in und auswendig, doch hier... war alles anders. DieTatsache, dass Menschen beliebig vor mir erschienen und andere plötzlich verschwanden, machte es nicht einfacher. Hektisch lief ich entlang der Straße, neben der ich gelandet war. Es gab beinahe keine Autos. Die Auutos, die es gab, flogen und die einzigen, die noch fuhren, sahen aus, als würden sie jeden Moment auf der Straße liegen bleiben. Ein weiterer Unterschied war die Größe. Manche Autos waren so klein, dass sie in meiner Zeit als Spielzeuge durchgegangen wären. Beinahe noch nevöser machten mich die Menschen. Sie lebten schneller, beinahe hektisch nebeneinander. Sie herrschten einander an und jeder ging seinen eigenen Weg, ohne Rücksicht auf Verluste. Ich war erst wenige Minuten auf der Straße und noch hielt das Adrenalin meinen Körper in Hochform, aber mir war klar, dasss so ein Leben mich auf Ddauer ermüden würde. Sobald ich diese Erkenntnis gefasst hatte, spürte ich einen dünnen Hauch der Müdigkeit, der durch meinen Körper fuhr. Augenblicklich wurde ich ruhiger. Langsam konnte ich wieder normale Gedanken fassen. Dann machte ich mich auf den Weg in die nächste Bibliothek.

Schon kurz danach war mir klar, dass es ein genialer Einfall gewesen war, hierher zu kommen. Ich hatte erst durch wenige Zeitschriften geblättert und mir ein paar aktuelle Bücher aus den Regalen genommen, doch ich hatte schon einen besseren Überblick über dieses Leben hier, 1000 Jahre nach meiner Zeit.

Je länger meine Augen über diese klärenden und zugleich verwirrenden Zeilen flogen, desto unsicherer wurde ich. Gedanken waren gefährlich. Zu gefährlich. Denn ich hatte sie absolut nicht unter Kontrolle. Und Kontrolle über die eigenen Gedanken war wohl das Wichtigste, das ich hätte haben müssen.

 

Kapitel 3

 

Als ich ein paar Stunden später aus der Bibliothek trat, hatte ich mir vorgenommen, es zu üben. Leise murmelte ich den Wunsch, in mein sicheres Zimmer zu gelangen. Als ich meine Augen aufschlug, stand ich in meinem Zimmer. Es hatte funktioniert. Leicht zitternd und mit etwas Zuversicht fuhr ich den Stuhl aus der Wand. Meine Knie zitterten. Und das wahrscheinlich schon seit Stunden. Die restlichen Stunden bis zu meiner Heimkehr schlief ich. Im Schlaf konnte nichts passieren. Nur dann war ich sicher. Vielleicht fragt ihr euch, warum ich nicht den besten Tag meines Lebens erschuf. Ich brauchte ja bloß meine Gedanken, nicht wahr? Ein Teil der Antwort war, dass ich Angst hatte. Doch diese Antwort war zu leicht. Der hauptsächliche Grund, war mein Gefühl. Die Stimme in meinem Bauch, die mich so selten täuschte, und die mir zweifllos sagte, dass es fatale Folgen haben würde, wenn ich in dieser Zeit noch irgendetwas machte. Und darin lag die viel größere Angst. Was passierte mit Layla, wenn mir hier etwas zustoß? Wenn ich hier starb oder wenn irgednwas mich daran hinderte, wieder nach Hause zu kommen?

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Tag der Veröffentlichung: 06.07.2019

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