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>>Lucas an George…>> tönte es aus dem Lautsprecher, der dazu im Takt knisterte und rauschte. Lucas, der in seinem Fahrzeug saß, einem großen, neuen Linienbus, der Marke Timetravel, nahm sein Funkgerät was locker in der Armatur hing und sprach hinein: „Ja, Georgi ich kann dich hören. Was gibt es denn?“ Auf der anderen Seite der Leitung blieb es still. Nur das Knacken der bestehenden Verbindung zeigte, dass diese noch vorhanden war. Plötzlich vernahm Lucas Geschrei und ein scheinbares Handgemenge auf der anderen Seite der Leitung. Wieder nahm er sein Funkgerät schrie hinein, fragte ob alles in Ordnung sei. Es kam keine Antwort. Er vernahm einige Gesprächsfetzen. Er hörte wie jemand sagte, dass wenn er das Funkgerät nehmen würde, tot sein würde. Lucas fragte noch einmal ob alles in Ordnung sei mit seinem Kollegen, doch als dieser wieder nicht antwortete, wusste er, dass es kein dummer Jungenstreich war, oder ein Scherz, er wusste dass es ernst war. Er rief die Polizei, erklärte dass sein Kollege Opfer einer Entführung sei, dass er bedroht würde. Lucas versuchte sich schnell zu erinnern, welche Route sein Kollege an diesem Tag hatte. „Ecke Hammington bis Oaks“ sagte er dem Polizistin am Telefon. Lucas bat darum, dass er seinem Kollegen half. Schnell. Als Lucas seinen Bus zur Weiterfahrt startete, fuhr er die 47. in Richtung Dakoncounty entlang. Kurz bevor er die Haltestelle erreichte, vernahm er den heftigen Knall eines Schusses. Dieses Geräusch schallte durch den ganzen Bus, fuhr ihm durch Mark und Bein. Er stoppte abrupt, lehnte die Arme aufs Lenkrad, erklärte den Fahrgästen, dass die Fahrt frühzeitig beendet war. Die Passagiere stiegen aus, verwundert und fassungslos. Lucas forderte seinen Kollegen noch einmal auf, Antwort zu geben. Er versuchte die Tränen, die in ihm aufkamen zu unterdrücken, wollte „normal“ klingen. >>Gib Acht wer nächstes Mal in deinen Bus steigt.>> riet die fremde, dunkle Stimme am Ende der anderen Leitung. Voller Angst, und einem Gefühl der Traurigkeit, machte Lucas sich auf den Weg auf die Route, die sein Kollege an diesem Tag gefahren hätte. Es wimmelte nur so von Polizisten, als er dort ankam, den Schotterweg befuhr und sein Fahrzeug zum Stehen brachte. Er stieg aus und wurde direkt gefragt ob er der junge Mann sei, der den Notruf abgesetzt hatte. Er bejahte. „Hat der Täter sonst noch etwas gesagt?“ fragte der Beamte. Lucas schien abwesend, gerade in diesem Augenblick wurde die Leiche seines langjährigen Kollegen und Freund aus dem Bus getragen. Der Polizist wiederholte seine Frage. „Er sagte: Gib Acht wer das nächste Mal in deinen Bus steigt.“ Der Polizist zog die Brauen hoch. Lucas nickte. „Fahren sie nach hause. Es war ein schwerer Tag für sie.“ Riet der Beamte. Lucas zögerte nicht, er drehte um und lief den Weg bis nach Hause. Lucas selbst wohnte nicht weit vom Tatort entfernt.

Er brauchte frische Luft um seine Gedanken sortieren zu können. Was war heute geschehen? Sally würde merken, dass mit ihm etwas nicht stimmte, auch sie kannte George schon lange. Er erreichte sein Haus in der Crowley Street, steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte bedächtig um. Es schien als öffnete er die Tür in eine andere Welt. Er betrat den Flur des Einfamilienhauses, das er mit seiner Frau Sally bewohnte. Er stand starr im Flur, ihm wurde schwindelig, er hatte das Gefühl, als würde der Boden unter seinen Füßen nachgeben. Seine Frau Sally, die ihn eintreten hörte, ging besorgt in den Flur. Eigentlich kam Lucas direkt zu ihr und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Sie erreichte den Flur, sah dass es ihrem Mann sehr schlechte ging, sie versuchte ihn zu stützen, sagte, dass er sich einen Moment aufs Sofa legen sollte. „Was ist geschehen? Du bist kreidebleich!“ fragte sie angsterfüllt. Lucas ließ sich auf die Couch nieder, blickte wie gelähmt an die Decke des hellen Wohnzimmers. Nun bahnten sich die ersten Tränen ihren Weg aus seinen Augen. Geradlinig verliefen sie über seine schmalen Wangen, bis zu den Schläfen wo sie herunterliefen. Sally kam zu ihm, sah dass er weinte. Sie strich ihrem Mann über das volle, dunkelbraune Haar. „Was ist passiert, mein Schatz?“ fragte sie liebevoll. Ab und an blinzelte Lucas, sagte jedoch nichts. „Ist etwas auf der Arbeit passiert?“ fragte sie weiter. „George ist tot“ sagte Lucas kurz. Sally wich erschrocken zurück. „Mein Gott…“ sie hielt sich die Hände vor den Mund, war erschrocken. „Einfach erschossen.“ Sagte er weiter. „Was?“ fragte Sally voller Angst. Lucas erklärte ihr nach und nach alles, sagte, dass er es über Funk gehört hatte, dass er nicht mehr weiter wisse. Er nahm sich ein paar Tage frei. Die Medien berichteten von dem mysteriösen Busfahrermord.

Nach ungefähr einer Woche betrat auch Lucas das erste Mal seit dem Vorfall seinen Linienbus. Er ging mit einer wahnsinnigen Angst zur Arbeit, er dachte, diese würde ihm den Verstand rauben. Jeden Fahrgast musterte er ausgiebig, wenn sein Funkgerät losging, zuckte er zusammen, wenn ein Mann in den Bus einstieg, traute er sich kaum ihm in die Augen zu sehen, in jedem Passagier vermutete er einen potenziellen Täter. Doch nach und nach verbarg sich diese Angst, in seinem Innersten. Seit dem Vorfall waren zwei Wochen vergangen, zunehmend ging es Lucas besser. Doch dann wiederholte sich das Drama, ebenfalls in den Oaks. Diesmal hörte Lucas es nicht, sondern erfuhr an der Dienststelle davon. Er war schockiert, entrüstet, er bekam erneut Angst, dieselben Gefühle, die er erfolgreich in sein Innerstes gesperrt hatte. Diesmal war es Jeff. Er überlebte den Vorfall schwerverletzt und die Polizei hegte alle Hoffnungen, dass er den unbekannten Busfahrerkiller identifizieren könnte. Des Weiteren ordnete die Polizei an, dass in jedem Fahrzeug ein Beamter mitfährt. Lucas bekam den jungen und eigentlich noch unerfahrenen Polizisten Tommy mit an Bord. Der war gerade mit seiner Ausbildung fertig geworden und Lucas fühlte sich nicht unbedingt sicherer. Tommy beobachtete jeden Fahrgast der einstieg und dann geschah etwas sehr seltsames.

Ein Herr um die fünfzig betrat den Linienbus. Er fingerte in seiner Manteltasche und Tommy war sich sicher, dass er der Täter war. Er fragte den Mann, wo er denn hin wolle, nachdem er bereits Verstärkung gerufen hatte. „Ich würde gern in die Oaks fahren, wenn sie nichts dagegen haben.“ Antwortete der Mann freundlich. Er wirkte stilbewusst, war adrett gekleidet, sah gepflegt aus. Doch er schien vergessen zu haben, dass Lucas den Bus in die Oaks nie fuhr, er hatte eine vollkommen andere Linie. Tommy begann den Mann in ein Gespräch zu verwickeln und bekam heraus, dass er selbst einmal Busfahrer gewesen war. An der nächsten Haltestelle stiegen zwei Beamte in zivil ein, die ihn letztendlich festnahmen, er wehrte sich nicht, gestand den Mord und den versuchten Mord.

Als Motiv gab er an, dass er sich rächen wollte. Vor vier Wochen hatte man ihn fristlos entlassen. Er sei zu alt, für diesen Beruf.

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Tag der Veröffentlichung: 27.12.2009

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