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Ich war kurz davor ihn zu betreten: den Friedhof. Lange schon stand ich davor und wusste nicht ob ich gehen sollte oder nicht. Ich hatte Angst. Angst das vorzufinden, von dem ich wusste dass es hier war. Angst es anders vorzufinden, als ich es zurückgelassen hatte. Das Grab meines Vaters.
Es war Abend. Ein schöner Abend, dunkel und zurückhalten, geheimnisvoll. Ich öffnete die Tür zu dem Friedhof und ging hinein. Als ich aufsah verschlug es mir die Sprache. Hunderte Lichter brannten rötlich von den Friedhofskerzen in der Nacht. Weit verbreitete dich das Licht, das mich so sehr an die Irrlichter aus den Sagen erinnerte, die ich als Kind immer gelesen hatte.
Weit breitete sich das Lichtermeer aus und ich konnte mich nicht mehr richtig darauf konzentrieren, weshalb ich eigentlich hier war.
Ich ging zu dem Grab meines Vaters. Es stand verlassen da, unbeleuchtet – als eines der wenigen – und sah trostlos aus. Ich hatte zwei Kerzen mitgebracht. Eine von meiner kleinen Schwester, die sich um diese Uhrzeit nicht mehr auf den Friedhof traute. Ich lächelte die Kerze an. Dann holte ich mein Feuerzeug aus der Tasche, zündete die Kerze an und stellte sie auf den Randstein des Grabes. Dann tat ich das Selbe mit der zweiten Kerze und stellte sie neben das gusseiserne Kreuz. Und auf einmal sah das Grab nicht mehr trostlos aus. Es war wunderschön. Es glänzte im Schein der Flammen und schien neu und umwerfend zu sein.
Und in dieser kleinen Flamme entdeckte ich für den Bruchteil einer Sekunde das Gesicht meines Vaters, der mir zulächelte. Ich lächelte in die Flamme zurück und trat vom Grab ein kleines Stückchen zurück. Es kam mir so vor, als ob mein Vater plötzlich wieder neben mir stand, die Hand auf meine Schulter legte und mich leicht drückte. Ich schloss die Augen um noch einmal bei ihm zu sein, dann war die Illusion vorüber.
Und ich ging mit einer kleinen Flamme im Herzen die hell brannte wieder zurück nach Hause.

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Tag der Veröffentlichung: 04.01.2011

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