"WIE MAN EIN ERFOLGREICHES THEATERSTÜCK SCHREIBT"
Das Buch
Erstmals gibt der ostfriesische Bühnenautor Helmut Schmidt in einem Buch Auskunft über sein schriftstellerisches Wirken. Gleichzeitig gibt er angehenden Schreibern Tipps, was man beim Verfassen eines Theaterstücks beachten sollte. Schmidt berichtet über seine ersten Schreibversuche, Erfahrungen mit Verlagen und das Schreiben gemeinsam mit anderen Personen.
Der Autor
Helmut Schmidt hat 1989 Autodidakt mit dem Schreiben von Bühnenstücken begonnen. Bis heute hat er 48 Mehrakter und mehr als 20 Sketche und Kurzspiele verfasst, von denen es bisher mehr als 1000 Inszenierungen gegeben hat. Er wurde 1963 in Rhauderfehn geboren und wohnt noch heute dort. Seine Theaterstücke schreibt er überwiegend in plattdeutscher Sprache und lässt sie danach in andere Sprachen übersetzen. Sie sind zu beziehen durch den Plausus-Theaterverlag in Bonn, sowie im Mahnke-Theaterverlag in Verden/Aller.
Weitere Informationen finden Sie auf seiner Webseite
www.Theater-Schmidt.de
„Wie man ein erfolgreiches Theaterstück schreibt“
Helmut Schmidt
Inhalt:
Vorwort Seite 7
Wie alles begann Seite 14
Voraussetzungen Seite 19
Werkzeuge und Schreib-Ort Seite 24
Idee und Handlung Seite 29
Bühnenbild Seite 39
Figuren Seite 49
Anfang Seite 60
Dramaturgie und Handlungsfaden Seite 71
Happy End ? Seite 91
Inhalt und Titel Seite 94
Fertig – und nun ? Seite 104
Verlag und Verträge Seite 112
Finanzen Seite 118
Alleine oder zu zweit? Seite 122
Anhang Seite 126
Vorwort
Sie haben sich dieses Buch gekauft weil Sie Theaterstücke schreiben wollen? Das ist großartig. Ich meine, es ist großartig, dass Sie Theaterstücke schreiben wollen. Ob es richtig war, dass Sie sich dieses Buch gekauft haben, darüber unterhalten wir uns vielleicht mal persönlich, wenn Sie es bis zum Ende gelesen und wirklich mit dem Schreiben angefangen haben.
Sie wollen hier nun von mir erfahren, wie man ein erfolgreiches Theaterstück schreibt; denn so ist ja schließlich der Titel dieses Buches. Aber ich muss Sie enttäuschen. Denn ich weiß es nicht. Ich habe keine Ahnung wie man das macht - ein erfolgreiches Theaterstück schreiben. Denn da stellt sich bei mir schon die Frage: „Was ist denn ein erfolgreiches Theaterstück?“ Wissen Sie es? Würden Sie es mir verraten? Ich würde es gerne erfahren. Nehmen Sie also gerne ein Stück farbiges Klebeband zur Hand – am besten schwarz – und überkleben Sie auf dem Cover vorne das Wort „erfolgreich“. Jetzt stimmt der Titel in etwa. Ob wir es irgendwann wieder entfernen, das wissen wir jetzt noch nicht. Das kommt darauf an, ob wir bis zum Ende dieses Buches gemeinsam erfahren haben, was ein erfolgreiches Stück ist. Machen wir uns also auf die Suche.
Sie werden sich fragen, wie ich dazu komme, ein solches Buch wie dieses zu schreiben. Wieso behaupte ich, ich wäre in der Lage Ihnen mitzuteilen, wie man ein Theaterstück schreibt?
Nun, ich schreibe seit fast 20 Jahren Bühnenstücke und habe soeben meinen 48sten Mehrakter fertiggestellt. Wenn ich zu den Premieren eingeladen werde, höre ich von manchen Akteuren nach der Vorstellung immer wieder die Fragen: „Wie machen Sie das nur? Ich würde auch gerne schreiben. Können Sie mir nicht ein paar Tipps geben, wie man schreibt?“
Und das ist der Grund gewesen, weshalb ich dieses Buch geschrieben habe. Ich möchte Ihnen verraten wie ich das mache. Das ist alles. Ich weiß nicht, wie viele Inszenierungen es bisher von meinen Stücken gegeben hat. Irgendwann habe ich aufgehört, das zu verfolgen. Aber es sind schon weit über 1000 zusammen gekommen. Und weil ich mir nicht vorstellen kann, dass so viele Bühnen und auch Zuschauer einen so schlechten Theatergeschmack haben, darf ich wohl annehmen, dass meine Werke spielbar und unterhaltend sind. Deshalb kann ich Ihnen auch erzählen, wie ich das mache – das Schreiben eines Theaterstücks.
Wenn Sie das Schreiben von Bühnenstücken lieber auf eine andere und professionelle Art und Weise erlernen bzw. unterstützt werden möchten, dann empfehle ich Ihnen Arbeitskreise oder Seminare. Und auch in Volkshochschul-Kursen werden diese manchmal angeboten. Der Verdener Arbeitskreis für niederdeutsche Theaterautoren ist z.B. auch sehr geeignet dafür. Stören Sie sich nicht an dem Wort „niederdeutsch“. Durch das Schreiben von niederdeutschen Theaterstücken wollen wir natürlich diese Sprache erhalten. Falls Sie aber nicht in plattdeutsch schreiben möchten oder erst gar nicht sprechen können, ist das für den Verdener Arbeitskreis auch kein Problem. Wenn Sie ein Theaterstück verfasst haben, findet sich sicher auch ein Übersetzer, der es in andere Sprachen und Dialekte übersetzen wird.
Die Seminare im Verdener Arbeitskreis finden in der Regel zweimal im Jahr statt und widmen sich immer einem bestimmten Thema. Aufgrund neuer Mitglieder wird von Zeit zu Zeit aber auch immer wieder ein Grundkurz angeboten. Und dieser ist als Einstieg für das Schreiben von Bühnenstücken wirklich sehr sinnvoll. Informationen dazu finden Sie im Internet. Sie können ja mal darüber nachdenken, ob das in Frage kommt für Sie. Sicher gibt es aber auch noch andere Arbeitskreise und Methoden um zu erfahren, wie ein Theaterstück geschrieben wird.
Sie halten hier also kein Fachbuch eines gelehrten Bühnenschriftstellers in der Hand. Ich bin nur ein Mensch, der über das Theaterspielen zum Schreiben gekommen ist, und der sich ungewollt zum Vielschreiber entwickelt hat. Ich kann Ihnen nur meine Erfahrungen mitteilen und Ihnen Ratschläge und Tipps zum Schreiben geben – mehr nicht. Dieses Buch ist auch kein Ratgeber mit Regeln die Sie unbedingt einhalten müssen. Vielleicht ist vieles sogar falsch was ich Ihnen hier über das Schreiben erzähle. Ich kann Ihnen nur berichten, wie ich es mache.
Wenn Ihnen das nicht reicht und Sie nun enttäuscht sind, dann ist dieses Buch für Sie nicht das richtige. Tut mir leid. Vielleicht können Sie es umtauschen oder verschenken. Ich hoffe sehr, Sie können den Klebestreifen unbeschadet vom Deckblatt wieder entfernen, sonst wird´s mit dem Umtauschen problematisch. Wenn Sie aber doch wissen möchten, wie Helmut Schmidt Theaterstücke schreibt, dann freue ich mich sehr darüber.
Ich möchte Ihnen zunächst etwas sehr wichtiges von mir erzählen: Ich schreibe ganz sicher gegen alle Regeln der Schreibkunst! Es gibt zwar keine Gesetze wie man schreiben muss – nein. Aber Schreibregeln, die man befolgen sollte? Ja – die gibt es. Es wird empfohlen (und ich benutze ganz bewusst dieses Wort „empfohlen“) ein Theaterstück folgendermaßen zu verfassen: Sie haben den Plot* im Kopf *(ein Ausdruck, der in der Dramaturgie den ursächlichen Zusammenhang eines vorgestellten Ereignisverlaufes zu einem bestimmten Ende bezeichnet) und sollten nun am besten handschriftlich eine Art Ablaufplan erstellen. Das bedeutet: Sie kennen Ihre Grundidee für Ihre Geschichte und schreiben nun auf, was in welchem Akt passieren soll. Danach teilen Sie jeden Akt in Szenen ein. Sie schreiben auf, was in welcher Szene geschieht – bis zum Ende. Erst wenn Sie das erreicht haben, fangen Sie mit Ihrem Notebook oder Computer mit dem eigentlichen Schreiben des Stücks an. Jedem Bühnenautor wird diese Methode von vielen Lektoren sehr nahe gelegt, und so machen es sicher auch die meisten. Und das ist auch sicher nicht falsch. ICH mache das nicht so. Bei mir ist nur die Grundidee vorhanden. Ich schreibe weder einen ausführlichen Ablaufplan noch ein Exposé auf. Ich schreibe gar nichts handschriftlich vor. Ich überlege, welche Figuren mitspielen sollen, habe im Kopf einen groben Plan, was alles passieren könnte und fange direkt an, es in das Notebook einzutippen. Ich hab´ vorher kaum eine Ahnung, wie sich das Stück entwickeln soll – vor allem weiß ich nicht, wie es enden wird. Meine Theaterstücke werden erst beim Schreiben selbst entwickelt. Das einzige, was ich den meisten Fällen als erstes kenne, ist der Titel des Stücks. Wenn Sie also meine Variante des Schreibens akzeptieren, sind wir vielleicht gute Partner.
Ach – noch was: Ich denke und schreibe grundsätzlich für Laien-Theatergruppen. Das ist völlig falsch, sagen mir Lektoren oft. Man sollte immer für renommierte, professionelle Bühnen schreiben. Na gut. Wenn ich mich beim Schreiben ausschließlich auf Profi-Bühnen konzentriere, dann habe ich den Vorteil, dass ich in manchen Dingen etwas flexibler sein darf. Richtig! Ich könnte mit mehreren Bühnenbildern, mit aufwendiger Technik und Kostümen arbeiten. Was nutzt es mir aber, wenn ich dieses Werk dann nur einem kleinen Kreis von Bühnen anbieten kann, die dann doch kein Interesse daran haben. Es könnte passieren, dass mein Stück über Jahre, vielleicht sogar nie aufgeführt wird. Denn für Laienbühnen wäre der Aufwand, den ich dann in meinem Stück verlange, sicher zu groß. Ist es da nicht sinnvoller, Stücke zu schreiben, die von Laienbühnen spielerisch leicht umzusetzen sind; aber dennoch von der Qualität und dem Niveau auch für Profi-Bühnen geeignet wären? Ich denke ja. Das ist der Grund, weshalb ich beim Schreiben in erster Linie an die Laiengruppen denke. Es gibt tausende davon - alleine in Deutschland. Und jede Gruppe braucht jedes Jahr ein Theaterstück. Lassen Sie uns also gemeinsam Abschied nehmen von den Klassikern – von denen es sicher viele gibt, die sehr publikumswirksam sind und die auch mir persönlich gut gefallen. („Mein Mann der fährt zur See“ und „Der möblierte Herr“ sind ganz wunderbare Klassiker, finde ich) Aber Theater ist grundsätzlich nichts Altes. Und gerade wenn es um Theatergruppen geht, die in plattdeutsch ihre Stücke aufführen, ist es wichtig, dass diese auch ein junges Publikum erreichen. Und das ist mit Werken, die in den 50er bis 70er Jahren spielen, sehr unwahrscheinlich.
Ich könnte Ihnen nun von der Geschichte des Theaters berichten, und würde dann mit einem Kapitel beginnen, in dem Sie erfahren, dass das Hauptkennzeichen eines Dramas nach Aristoteles die Darstellung der Handlung durch Dialoge ist. Deshalb unterscheidet es sich in der Antike von dem erzählenden Epos. Hierüber kann man ein ganzes Buch füllen. Sicher ist das ein interessantes Thema; aber damit möchte ich Sie verschonen. Hören Sie sich das in Seminaren an oder gehen Sie ins Internet, wenn Sie sich über den Ursprung des Theaters informieren wollen.
Sind Sie immer noch bereit für eine Zusammenarbeit?
Dann lassen Sie uns nun gemeinsam den Weg gehen. Den Weg zu Ihrem ersten Theaterstück – vielleicht sogar erfolgreich. Ich freue mich.
1.Kapitel
Wie alles begann
Etwa 25 km von meinem Elternhaus entfernt jobbte ich an den Wochenenden in einer Discothek als Discjockey. Fast 7 Jahre lang machte ich das; von 1984 – 1991. Es war eine von diesen kleinen Dorf-Discotheken, die es heute kaum noch gibt. Ich habe Single-Schallplatten aufgelegt. Die Songs von C.C. Catch, Modern Talking aber auch U2 und Queen dröhnten aus den Boxen. Ich war damals noch einer von den DJ´s, die zwischen den einzelnen Titeln den Gästen Informationen über die Songs und den Interpreten durch´s Mikrophon mitteilen und sie anheizen musste. Bei guten Songs wurde getanzt; wer viel tanzt braucht was zu trinken. Klever, diese Geschäftstaktik. Ich durfte jeden Abend – hauptsächlich den jungen Damen – ihre Musik-Wünsche erfüllen. Und so lernte ich damals Edeltraud Trey kennen, die sich immer „Touch by touch“ von der Gruppe Joy wünschte. Irgendwann erzählte sie dann, dass sie in einer Laiengruppe Theater spielen und die Premiere kurz bevor stehen würde. Ich schaute mir die Aufführung an und es gefiel mir sehr. Ein knappes Jahr später erzählte Edeltraud mir, dass einer der aktiven Spieler weggezogen sei und die Gruppe unbedingt einen neuen „jungen“ männlichen Akteur suchen würde; und ob ich derjenige nicht sein möchte. So kam ich zur Theatergruppe Stapelmoor im Rheiderland und spielte dort einige Jahre meistens den jungen Liebhaber – den von Edeltraud natürlich . Es machte mir großen Spaß Theater zu spielen. Mir fiel jedoch gleich nach dem zweiten Jahr auf, dass die Stücke, die unser Spölbaas ausgesucht hatte, nicht sehr zeitgemäß waren. So fing ich an, mich intensiver mit Theater zu befassen. Ich informierte mich über andere Theatergruppen und welche Werke diese aufführten. Von etwa 20 Theatergruppen im Umkreis der Stadt Leer führten die meisten recht altbackene Stücke auf – einige davon sogar die richtig alten Klassiker aus den 50ern. Wir spielten ja in plattdeutscher Sprache und es war damals schon ein Thema, dass diese Sprache gefördert werden müsste in den Kindergärten und Schulen, weil die Kinder schon mehr und mehr nur hochdeutsch von ihren Eltern hörten. Und mir kam der Gedanke dass dieses Fördern der niederdeutschen Sprache bei den Laien-Theatergruppen schon mal nicht funktionieren konnte. Denn wenn nur diese Stücke aus den 50er und 60er Jahren aufgeführt werden, ist es wohl kein Wunder, wenn Jugendliche diese nicht sehen wollen. Theater muss doch auch zeitlos und modern möglich sein, dachte ich. Gerade um die jungen Menschen für das Theater und für das Plattdeutsche zu begeistern. Im Frühjahr 1989 probte ich dann mit der Theatergruppe das Stück „Kirmes in ´t Dörp“ ein. Das Stück hatte zwar komische Szenen, es war aber eben wieder eine Bauernkomödie aus den 60ern. Im Sommer des gleichen Jahres machte ich mich dann mit meiner Olympia Schreibmaschine ans Werk und versuchte selbst, ein Theaterstück zu schreiben. Ausgerüstet war ich damals lediglich mit einigen Jahren Spielerfahrung. Aber ich hatte eine Idee. Mein Erstlingswerk sollte sich um eine anstehende Silberne Hochzeit drehen. Sie will groß feiern – er ist seit einigen Wochen arbeitslos, geht aber jeden Morgen aus dem Haus und verschweigt seiner Frau sein Los, weil er ihr die Freude auf das bevorstehende Fest nicht verderben will. Aber wovon soll die Hochzeitsfeier bezahlt werden? Das war mein Plot. Und es entstand der 3Akter „Zwei Jungs zuviel“. Im Spätsommer 1989 war mein Werk vollendet. Ich habe mich zunächst etwas geniert; aber durch Edeltraud´s Bestreben ist es dann unserem Spielleiter Diedrich Wessels in die Hände gefallen. Er meinte, es wäre viel zu lang und müsste eingestrichen werden. Er und ich taten es und unsere Theatergruppe in Stapelmoor im hat es im Februar 1990 uraufgeführt. Nennt man das dann ein erfolgreiches Theaterstück, wenn wir fast immer vor ausverkauftem Saal spielten – anders, als in den Jahren zuvor? Ich denke nein. Es ist ein ganz normaler Vorgang, wenn die Presse berichtet, dass einer der Akteure aus einer Laienspielgruppe sein Erstlingswerk geschrieben hat; dass die Menschen neugierig werden und es sehen möchten. Das hat mit Erfolg nichts zutun. Aber die Kritiken waren gut. Natürlich hatte ich diese Komödie so geschrieben, dass es ordentlich was zu lachen gab. Aber es war nicht zu „platt“ und dramaturgisch soweit korrekt. Es dauerte nicht lange, da kamen von verschiedenen Bühnen Anfragen. Sie wollten wissen, wo das Stück denn verlegt wäre. So musste ich mich um Verlage bemühen. Ich wusste, dass unsere Theatergruppe die Stücke aus dem Theaterverlag Karl Mahnke aus Verden bezog. Es ist nach wie vor der führende Verlag in Deutschland – wenn es um niederdeutsche Theaterstücke geht. Fast alle bekannten Klassiker sind dort verlegt. Ich schickte mein Werk also dahin und hoffte, dass es dort aufgenommen wurde. Aber nach einigen Wochen hat man mir das Manuskript zurückgesandt und mir mitgeteilt, dass es so nicht verlegt werden könnte. Es müsste bearbeitet werden und ich wurde gleichzeitig eingeladen den Verdener Arbeitskreis zu besuchen. Ich war sauer. Ja, ich war stinkesauer. Ich hatte in dem Stück sogar selber die Hauptrolle gespielt vor einigen Wochen – und die Leute hatten getobt – ja, wir hatten sogar Standing ovations. Jetzt schreiben die mir, es ist nicht gut genug?! Die haben das doch gar nicht gesehen.
Heute lache ich darüber. Aber glauben Sie mir – es kann Ihnen ähnlich ergehen. Ich bin dann Mitglied in dem Arbeitskreis geworden und bereue es nicht. Das was mir dort vermittelt wurde, hat schon erheblichen Einfluss auf Qualität und Niveau meiner nachfolgenden Werke ausgeübt. Und dafür bin ich Dieter Jorschick sehr dankbar. (obwohl wir auch oft nicht einer Meinung waren) Trotzig wie ich manchmal bin, wollte ich damals nach meinem ersten Werk aber nicht warten und mein Stück auch nicht bearbeiten. Ich hatte schließlich schon Anfragen von mehreren Gruppen bekommen. Was sollte ich also tun? Ich suchte nach einem anderen Verlag. Dort wurde es zwar aufgenommen; aber auch für diesen Verlag musste ich es leicht umändern. Das tat ich dann auch. Und das machte mir Mut und ich begann gleich danach mit dem zweiten Stück. Und dann kam das Dritte und so weiter. Ich entwickelte mich recht schnell zum Vielschreiber. Ja – ich bin überproduktiv. Manche Lektoren halten nichts von Vielschreibern. Sie denken, wenn man weniger schreibt, werden die Stücke intensiver geschrieben und somit besser. Das halte ich für nicht wahr!
Tja, das alles passierte 1990. Und soeben habe ich den 48sten Mehrakter beendet mit dem Titel „Vier Hände für ein Euter“. - Wie die Zeit vergeht...
2. Kapitel
Voraussetzungen
Ich möchte mich jetzt aber wieder um Sie, meinen Leser kümmern und stelle mir zunächst die Frage, warum Sie eigentlich ein Theaterstück schreiben wollen. Vom Erfolg reden wir erstmal nicht. Wir kennen uns nicht und ich weiß nichts von Ihrer Vorbelastung, die dafür sprechen könnte, dass Sie als Autor geeignet wären. Aber keine Angst. Sie brauchen weder einen Doktortitel, noch eine bestimmte Ausbildung oder ein Diplom zum Schreiben. Die habe ich auch nicht, wie Sie gerade erfahren haben. Wer also könnten Sie sein?
Hier ein paar Beispiele:
Sie sind männlich, Anfang 40, Immobilienmakler, verheiratet, haben 3 Kinder und spielen in Ihrer Freizeit Fußball in der Alten-Herren-Mannschaft? – Ihre Frau spielt seit einigen Jahren in einer Theater-Laiengruppe und hat Sie nun überredet, dort auch aktiv zu werden, was Ihnen großen Spaß macht und Sie so begeistert, dass Sie das Kribbeln in den Fingern spüren selbst ein Stück zu verfassen? – Okay.
Sie sind eine Frau, Ende 50, Frührentnerin, alleinstehend, langweilen sich manchmal zuhause, gehen ab und zu gerne mal ins Theater und denken plötzlich: Was dieser Autor zu Papier gebracht hat, kann ich bestimmt auch? – Akzeptiert.
Sie sind Anfang 20, wissen noch nicht genau in welche Richtung Sie sich beruflich orientieren möchten, sind eine Leseratte und waren sowohl in Deutsch als auch im Aufsätze-schreiben in der Schule ein Ass. Theater interessiert Sie sehr? – Gut.
Finden Sie sich in eines der Beispiele irgendwo wieder?
Wie alt Sie sind, was Sie für eine Schul - und Ausbildung haben, aus welchen Gründen Sie schreiben möchten, spielt wirklich keine große Rolle. Wichtig ist, dass Sie mit dem Herzen dabei sind und sich mit dem Thema Theater auseinandersetzen. Und vor allem: Sie müssen sich die Zeit nehmen für Ihre Arbeit als Bühnenschriftsteller. Fast jeder übt das Schreiben zunächst nebenberuflich aus. Auch ich mache das seit 20 Jahren so. Wenn Sie das auch so handhaben wollen ist das völlig in Ordnung. Dann sollten Sie aber diese Zeit intensiv nutzen, die Ihnen dafür bleibt.
Wichtig ist, dass Sie gerne schreiben und lesen und gerne ins Theater gehen.
Wenn Sie schon auf der Bühne gestanden und dort einige Rollen gespielt haben – bei einer Laienbühne meinetwegen - sind Sie viel besser vorbelastet für Ihr Vorhaben als Autor. Denn genauso ist es bei mir ja auch angefangen.
Obwohl ich den Grund nicht kenne, warum Sie schreiben wollen, wäre es auch möglich, dass Sie sich geärgert haben über ein Theaterstück. Weil es Ihnen nicht gefallen hat. Sei es nun, dass Sie sich eine Aufführung angeschaut haben, vielleicht sogar von einer renommierten Bühne. Sie haben viel Geld für eine Eintrittskarte bezahlt und sind richtig schlecht unterhalten worden? Oder Sie haben in Ihrer Theatergruppe, bei der Sie seit vielen Jahren Mitglied sind, von Zuschauern gehört, dass Ihre Gruppe schon bessere Stücke gespielt hat in anderen Jahren; oder waren selbst nicht so zufrieden – weder mit dem gesamten Stück, noch mit Ihrer Rolle. - Und nun wollen Sie es besser machen ? - Warum nicht?!
Vielleicht wollen Sie aber auch nur deshalb ein Theaterstück schreiben weil Sie glauben, das könnte Ihnen Spaß machen und dieses würde zusätzlich zu Ihrer hauptberuflichen Tätigkeit ein wenig Taschengeld abwerfen? - Auch nicht schlecht.
Der Grund spielt eigentlich keine Rolle – die Hauptsache ist, dass Sie es wirklich wollen.
Sind Sie noch da? Sind Sie immer noch bereit? Prima. Dann machen wir weiter.
Es gibt immer wieder Menschen die behaupten „Ach, wenn jemand schreiben kann, dass muss in den Genen liegen – das kann man nicht lernen. Für sowas muss man eine Ader haben.“
Ich weiß nicht genau, ob da was dran ist. Als ich etwa 10 Jahre alt war und in die 5. Klasse ging, hat meine Mutter mir manchmal die Aufsätze für die Schule geschrieben, mit denen ich Schwierigkeiten hatte. Diese typischen – von Lehrern immer wieder – ach so beliebten Geschichten wie: „Mein schönstes Ferienerlebnis“ oder „Das Gewitter“. Damit hatte ich Probleme damals. Das Talent lag eher bei meiner Mutter. In 20 Minuten hatte sie für mich einen schönen Aufsatz erledigt. Und ich habe immer gute Noten dafür erhalten in der Schule. Danke Mama. - Mein eigenes Interesse an das Schreiben kam erst als ich schon 25 war.
Welche Voraussetzungen Sie für Ihre neue Tätigkeit als Bühnenautor mitbringen sollten, steht in keinem Gesetzbuch. Wenn Sie ein paar von den folgenden Kriterien erfüllen, sind Sie ganz gut vorbelastet:
Sie sind gerne in Gesellschaft, reden nicht nur, sondern hören anderen auch gerne zu?
Sie interessieren sich für das Geschehen in der Welt und auch in Ihrer Nachbarschaft?
Sie lesen gerne? Die Tageszeitung und auch gerne mal einen Roman ?
Sie gehen gerne mal ins Theater, ins Kino, in die Oper zu Konzerten oder sonstigen kulturellen Veranstaltungen?
Sie schauen sich gerne Filme im Fernsehen an, aber auch hin und wieder Talkshows, Berichte und Serien?
Wenn Sie sich einen Film anschauen, haben Sie das Talent, das Sie sich schon nach der Hälfte in etwa ausmalen können, wie dieser enden mag?
Sie können einige dieser Punkte mit „Ja“ beantworten? Na, worauf warten wir denn noch?
3.Kapitel
Werkzeuge und Schreib-Ort
Natürlich können Sie sich einen Block und einen Bleistift kaufen und mit dem Schreiben beginnen. Aber kein Verlag wird es heutzutage noch akzeptieren, wenn Sie ein handgeschriebenes Manuskript einreichen. Ohne Computer, Speichermedien und einem Text-verarbeitungsprogramm ist also das Schreiben in unserer Zeit wohl nicht mehr möglich – wenn es – wie in unserem Fall – um Theaterstücke geht, die verlegt werden sollen. Ich empfehle Ihnen als Programm „Word“. Es ist das meistverkaufte Programm zum Erfassen und Bearbeiten von Texten; außerdem arbeiten die meisten Verlage damit. Beschaffen Sie sich am besten die neueste Version im Fachhandel. Die kostet zwar etwa 100 Euro – aber es lohnt sich. Ob Sie Ihr Werk in einen Computer oder in ein Notebook eingeben spielt keine Rolle. Ich arbeite seit Jahren nur noch mit Notebooks. Das hat den Vorteil, dass ich flexibler bin und das Gerät überall mit hinnehmen kann. Die Hardware (Computer oder Notebook) und die Software (Word) stehen nun also bereit und warten auf Ihre Ideen. Wenn Ihnen das zu schnell geht und Sie sonst nicht mit dem Computer arbeiten, dürfen Sie natürlich auch mit Block und Bleistift beginnen. Um sich Notizen zu machen, werden Sie ab jetzt sicher sogar immer ein kleines Büchlein und einen Stift bei sich tragen. Aber Ihr endgültiges Werk muss in den Computer hinein – da geht kein Weg dran vorbei. Ich empfehle Ihnen somit – arbeiten Sie am besten von Anfang an mit einem Computer.
Zunächst mal sollten Sie jetzt einen richtigen Ort finden, wo Sie schreiben möchten.
Es gibt Autoren, die behaupten, dass es ein großer Raum sein muss, in dem Ihr Schreibtisch an einer ganz speziellen Stelle seinen Platz findet. Sie sollten alles um sich herum vergessen, die Tür hinter sich schließen und ganz für sich sein bei totaler Ruhe.
Nun, wenn manche Autoren nur so schreiben können, ist nichts dagegen zu sagen. Die Behauptung, dass das Schreiben nur so funktionieren kann, halte ich für puren Blödsinn.
Finden Sie selbst Ihren ganz persönlichen Ort den Sie mögen, und lassen Sie sich da von niemandem etwas vorschreiben. Viel Licht und eine schöne Atmosphäre sind meines Erachtens wichtig. Sicher habe auch ich ein Büro mit einem Schreibtisch; aber ich schreibe an einem Theaterstück auch gerne mal in meinem Wohnzimmer, während ich auf der Couch liege, das Notebook auf meine Oberschenkel ruht und auf meine Worte wartet, die ich eintippe. Ich brauche auch keine absolute Ruhe. Ich liebe es, wenn im Hintergrund schöne Musik zu hören ist. Ich wähle am liebsten Instrumental-Musik mit sanften Tönen oder Chris de Burgh. Mit Chris de Burgh schreibt es sich wirklich gut. Ich schreibe bei schönem Wetter auch gerne draußen auf der Terrasse oder setze mich auf eine Bank in einen Park. Wenn ich längere Fahrten mit der Bahn unternehme, schreibe ich auch dort gerne. Auch wenn ich im Flugzeug sitze, schreibe ich manchmal. Es gibt sogar Autoren, die setzen sich in ein Cafe mit Ihrem Notebook und schreiben da; weil sie es genießen, dass viele Menschen um sie herum sind. Wenn auch Sie diese Variante für sich entdecken – machen Sie das so. Alles ist möglich.
Es ist also völlig Ihnen überlassen, wo Sie schreiben. Tun Sie es da, wo Sie sich wohl fühlen. Achten Sie aber darauf, dass Sie nicht so oft von anderen Personen gestört werden; sie sollten sich schon konzentrieren können. Wenn Sie Familie haben, sagen Sie einfach Ihrem Partner oder Ihren Kindern, dass Sie jetzt bitte eine Zeitlang schreiben und nicht gestört werden möchten. Auch die Tageszeit – wann Sie schreiben – bleibt Ihnen überlassen. Ob Sie das morgens machen oder lieber am Abend, vielleicht sogar Nachts… machen Sie es so, wie Sie es für richtig halten. Es gibt dafür keine Regeln. Stellen Sie sich auch etwas zu trinken hin. Eine Kanne Tee o.a. - Sie werden es brauchen. Ab und zu ein Stück Schokolade ist auch nicht schlecht. Es regt die Phantasie an. Ich bilde mir das zumindest ein. Geben Sie mir aber bitte nicht die Schuld, wenn Sie in einigen Wochen an Übergewicht leiden.
Sie sollten spüren, dass Sie auch wirklich bereit sind zum Schreiben und dass Sie große Lust dazu haben. Haben Sie mal einen schlechten Tag erwischt oder sind müde, dann schreiben Sie nicht. Warten Sie dann lieber ein oder zwei Tage bis Sie besser drauf sind. Wenn Sie traurig sind – weil z.B. einer Ihrer Bekannten oder Freunde gestorben ist – oder Sie etwas anderes Negatives mit sich herumtragen, dann ist das Schreiben auch nicht möglich. Das kann sogar Wochen oder Monate dauern. Versuchen Sie es erst gar nicht – und zwingen Sie sich nicht, nur weil Sie denken, das Schreiben würde Sie ablenken. Es funktioniert nicht. Ich weiß, wovon ich hier rede. – Aber an schlechte Stimmung wollen wir erst gar nicht denken.
Wie lange Sie schreiben – auch dafür gibt es keine Gesetze. Aber ein bis zwei Stunden am Stück sollten Sie schon dranbleiben an Ihrem Werk. Das sind etwa 1000 Wörter. Und begehen Sie nicht den Fehler und schreiben nur einmal im Monat eine Stunde. Dann ist es sehr schwer für Sie, den Faden wieder zu finden. Bleiben Sie dran – leben Sie mit Ihrem Werk. Denken Sie auch an Ihr Stück wenn Sie nicht daran schreiben. Vielleicht reden Sie auch mit anderen darüber. Manche Einfälle für die weitere Entwicklung Ihres Werks entstehen auch dann oft, wenn Sie nichts eintippen. Sie sollten immer wissen, was Sie bisher geschrieben haben und was als nächstes passieren könnte – welche Szene, welcher Akt nun folgen wird. Sie dürfen gerne mal eine Pause machen – auch ein paar Tage – aber dann muss es weiter gehen.
Mir haben andere Theaterautoren einmal erzählt, dass sie etwa 2 Jahre lang an einem Stück schreiben. Sie verfassen 20 Seiten und legen es dann in eine Schreibtischschublade um es auf sich wirken zu lassen. Holen es dann nach 3 Monaten wieder hervor und arbeiten weiter daran. Wenn es nach Monaten dann endlich in einer Rohfassung fertiggestellt wurde, überarbeiten sie es. Immer und immer wieder.
Unglaublich, sage ich. Sowas käme für mich nie in Frage. Aber – jeder wie er mag. Wenn Sie und ich den Weg des gemeinsamen Schreibens weiter gehen wollen, dann vergessen Sie sowas. Immerhin wollen wir schreiben, nicht schlafen. Das Leben rast vorbei.
Alles klar soweit? Prima. – Dann machen wir uns also endlich an die Arbeit. Sie haben ja jetzt alles. Der Computer oder das Notebook sind vorbereitet? Oder aber liegen nun für den Anfang zumindest Block und Stift parat? Und Sie haben auch Ihren persönlichen Lieblingsort gefunden? Dann reicht es jetzt auch mit den Vorbereitungen und wir sollten uns endlich dem Hauptthema widmen: Nämlich Ihrem ersten Bühnenstück.
4. Kapitel
Idee und Handlung
Am Anfang steht die Grundidee Ihres Theaterstücks. Eigentlich kann man die Idee in einem einzigen, langen Satz beschreiben. Es ist meistens eine Frage. Daraus entwickeln sich dann die Figuren und der Handlungsfaden meistens von selbst. Ich gebe Ihnen mal ein paar Beispiele:
„Was würde passieren, wenn ein Gynäkologe einer 45jährigen Frau diagnostiziert, dass sie schwanger ist; am gleichen Tag aber auch die Tochter bei dem Arzt war mit gleichem Nachnamen und es bei der Blutprobe zu einer Verwechslung kam?“ *(Das Erfolgsrezept)
„Wie verhält sich eine der reichsten Familien Deutschlands, wenn in der Zeitung steht, dass in wenigen Wochen ein Komet auf die Erde stürzt und wahrscheinlich alles Leben vernichten wird?“ *(Pyramids of Time) Musical – derzeit in Arbeit
„Was könnte alles passieren, wenn zwei arbeitslose Männer einen Escort-Service für Frauen anbieten?“ *(Willkommen im Chez André)
„Zwei Obdachlose nutzen seit Jahren in den Wintermonaten ein unbewohntes Ferienhaus auf einer Insel. Dieses wird nun jedoch verkauft und es zieht eine Familie ein.“ *(Heideweg Nr. 11)
„Ein Hobby-Chemiker erfindet ein Serum, welches den Schweißgeruch komplett unterbinden soll. An freiwilligen Testpersonen wird es ausprobiert.“ *(Der verrückte Professor)
*Titel der Stücke von mir, die durch diese Grundideen entstanden sind.
Haben Sie es verstanden? Nur ein einziger Satz reicht meistens aus für eine Idee. Vielleicht schreiben Sie auch schon mal einen Satz auf. Diese Ideen können sogar vor Ihrer Haustür passieren oder in Ihrer Tageszeitung stehen. Im Sommer 1991 war ich bei meinen Arbeitskollegen Renate und Stefan Brömmelhaup zur Hochzeit eingeladen. Sie erzählte mir schon Monate vorher, wie intensiv sie und ihr zukünftiger Ehemann mit den Vorbereitungen beschäftigt wären. Als es endlich soweit war, saß ich in der Kirche und verfolgte die Trauung. Dieses Bild der beiden jungen Leute vor dem Altar gefiel mir so gut, dass ich mir das auf einer Bühne vorstellte. Hatte ich jemals ein Theaterstück gesehen, bei dem sich am Schluss zwei Menschen verlieben und heiraten möchten? – 100te !!! Hatte ich aber schon eine Komödie gesehen, bei dem auf der Bühne auch die Trauzeremonie zu sehen ist? Nein ! Und so ist „Hochzeit mit Hindernissen“ entstanden; eines der meistgespielten Stücke aus meiner Feder. Mir war klar, dass es problematisch werden würde, als Bühnenbild eine Kirche zu nehmen. Deshalb dachte ich an die amerikanische Art, und die Vermählung findet in einem Garten statt. Die Frage, die ich mir damals stellte war: „Was kann alles passieren, wenn zwei Menschen heiraten wollen, und fast ein Jahr an diesem Fest geplant wurde, damit alles perfekt wird?“
Kennen Sie die Antwort? Natürlich läuft – in dem Theaterstück - während der Vorbereitungen und auch bei der Trauung selbst alles schief, was nur schieflaufen kann. Das ist Komik – und das Publikum liebt es.
Ich denke, dass ist auch der Grund, warum dieses Stück so häufig aufgeführt wird. Sie haben bestimmt schon mal eine Hochzeit in Ihrer Familie miterleben dürfen; wenn nicht sogar Ihre eigene. Und jeder Zuschauer, der sich ein Theaterstück ansieht, ebenfalls. Der schönste Tag im Leben (na ja, manchmal auch nicht! ) soll unvergessen bleiben. Und dazu bedarf es eine gute, intensive Vorbereitung. Und wenn trotz dieser Mühe dennoch alles daneben geht, ist das komisch. Und weil das keiner erleben möchte im wahren Leben, amüsiert sich das Publikum umso mehr, wenn es auf der Bühne gezeigt wird.
Ich möchte Ihnen noch ein anderes Beispiel geben, wie Sie Dramaturgie aufbauen können. Wenn Sie einfach drauf los schreiben und es gibt auch nach Seiten keinen Moment in Ihrem Stück, der aufregend oder spannend wird, dann ist das keine Dramatik. Ohne Dramatik und ohne Konflikt kann Ihr Stück nicht funktionieren!
Bauen Sie eine Banalität aus! Auch das ist ein guter Weg um die Kunst der Dramatik kennen zu lernen. Das funktioniert wunderbar in 2 Stufen. Passen Sie auf!
Eine junge Dame befindet sich auf einer Kirmes und betrachtet das sich drehende und vollbesetzte Riesenrad.
Finden Sie das interessant und dramatisch? Nicht wirklich, oder? – Wenn Sie sich diese Szene mal bildlich vorstellen, welche Fragen haben Sie dann?
Vielleicht: Warum ist die Frau alleine auf der Kirmes? Überlegt Sie, auch mit dem Riesenrad zu fahren? Erfreut sie sich an dem Fahrgeschäft? – Puuuh... da sind meine Fragen auch schon fast zuende. Will ich überhaupt mehr darüber wissen? Denn wenn eine Frau sich auf einem Jahrmarkt ein Riesenrad anschaut – ist das im Grunde stinklangweilig, nicht wahr?!
Aber nun verlängern wir den Satz um einen weiteren:
Eine junge Dame befindet sich auf einer Kirmes und betrachtet das sich drehende und vollbesetzte Riesenrad. Plötzlich stürzt eine Person aus 30 Meter Höhe aus eine der Gondeln.
Wow! Das ist dramatisch, oder?!
Und dann gibt es viele Fragen: Warum ist diese Person aus der Gondel gestürzt? War es ein Unfall – war es Mord? Wer saß mit in dieser Gondel? Was macht die junge Frau? Was machen die anderen Fahrgäste und und und...
Möchten Sie noch ein Beispiel, damit Sie dramatische Momente kennenlernen? – Okay!
Ein glückliches, junges Paar möchte heiraten. Beide möchten „jungfräulich“ die Ehe eingehen.
Nun, das ist vielleicht in unserer heutigen Zeit etwas ungewöhnlich – aber jeder wie er mag. Und das war es auch schon, oder? Welche Fragen haben Sie zu diesem Satz? Sicherlich nur den einen: Warum wollen die beiden bis zur Hochzeit warten?
Achtung – wir verlängern:
Ein glückliches, junges Paar möchte heiraten. Beide möchten „jungfräulich“ die Ehe eingehen. – Kurz vor der Trauung stellt sich heraus, dass die junge Frau schwanger ist.
Meine Güte – dieses Flittchen... Jetzt haben auch Sie mehr Fragen, stimmt´s?
Versuchen Sie doch bitte selbst einmal, durch solche Sätze den Weg zur Dramaturgie bzw. zu einem aufregenden Punkt zu finden. Es hilft, glauben Sie mir.
Manches von Ihren Ideen können Sie vielleicht sogar in Ihrem Stück einbauen.
Und ? Haben Sie schon einen Einfall, worum es in Ihrem ersten Stück gehen soll?
Aus diesem Grundsatz entwickelt sich dann meistens automatisch, ob Sie eine Komödie, einen Krimi, ein Schauspiel oder gar ein Musical schreiben möchten.
Auch sollten Sie wissen, ob Sie sich für einen Sketch, einen Ein – oder Mehrakter entscheiden wollen. Und auch in welcher Sprache Sie schreiben möchten.
Ich bin damals sofort mit einem Mehrakter angefangen. Und ich schreibe fast nur Komödien. Und genau darüber werde ich in diesem Buch berichten – über eine abendfüllende Komödie. Und als Sprache empfehle ich Ihnen hochdeutsch. Ich selbst habe fast alle meine Stücke in plattdeutsch geschrieben, danach übersetzt oder übersetzen lassen in Hochdeutsch. Wenn Sie Ihr Stück verlegen bekommt in der Regel der Verlag auch die Rechte für die Übersetzungen in andere Sprachen. (Niederländisch, Schweizer Deutsch oder andere Dialekte). Weil wir uns aber für eine Sprache entscheiden müssen und ich nicht weiß, ob Sie der plattdeutschen Sprache mächtig sind, werden wir es in Hochdeutsch verfassen.
Ihre Grundidee für das Stück sollten Sie nirgendwo klauen. Machen Sie nicht den Fehler und schreiben Sie ein Stück über einen Mann, der wegen Steuerhinterziehung für einige Wochen ins Gefängnis muss; seinen Verwandten aus Scham erzählt, dass er wieder zur See fährt; und das besagte Schiff dann untergeht. – Schreiben Sie auch kein Stück über eine Theatergruppe, die ein Theaterstück inszeniert, bei dem im 1. Akt die Generalprobe und im 2. Akt die Premiere gezeigt wird mit sehr komischen Situation.
Das gibt es schon. Wenn Sie sich für´s Theater interessieren, haben Sie erkannt, dass es bei diesen Ideen um „Mein Mann der fährt zur See“ und „Nichts als Kuddelmuddel“ handelt. Wenn Sie genau so etwas schreiben, können Sie Probleme mit anderen Autoren und den Rechten bekommen bzgl. des Originals. Finden Sie Ihre eigene Idee für ein Stück. Sie werden sich jetzt fragen, ob das denn überhaupt noch möglich ist im Jahre 2008 und danach. Denn es gibt ja schon ein paar tausend Bühnenstücke. Welches Thema oder welche Idee ist denn noch neu und noch nicht verbraucht?
Es ist nicht ganz falsch, wenn Sie das denken. Jede Grundthematik ist wahrscheinlich schon in irgendwelchen Stücken verarbeitet worden. Damit meine ich z.B. Erbschaft, Lottogewinn, Geburt eines Kindes, Arbeitslosigkeit, Insolvenz und so weiter.
Das alles gibt es schon. Aber die richtige Mischung macht es; dann entsteht ein neues Werk. Die Elemente müssen so geschickt angeordnet sein, dass es unvergleichlich ist. Und genau das sollten Sie sich vornehmen.
Es ist auch möglich, dass Sie Ihren Plot in einem Spielfilm oder in einem Roman finden. Auch das ist mir schon passiert. Benutzen Sie dann aber bitte ausschließlich die Grundidee. Mehr nicht. Sie bekommen wahrscheinlich auch hier Ärger wegen der Rechte, wenn Sie einen Film oder Roman exakt der Handlung gleichend in Dialogform niederschreiben und es als Ihr Stück verlegen lassen. Haben Sie Phantasie und erfinden Sie besser selbst etwas.
Kommen wir nun zu einer Idee für Ihr erstes Stück. Was halten Sie davon: „Eine 70jährige Frau, die noch immer einen kleinen Tante-Emma-Laden führt, soll von ihren Kindern ins Altersheim abgeschoben werden.“ Was fällt Ihnen spontan dazu ein? Welche Fragen stellen wir uns bei dieser kleinen Geschichte? Überlegen Sie mal. Klappen Sie am besten das Buch erstmal zu und denken Sie über diesen Satz nach. Vielleicht schreiben Sie Ihre Gedanken dazu auf. Wenn Sie ein paar Dinge aufgeschrieben haben, lesen Sie weiter und vergleichen Sie, ob Sie sich die gleichen Fragen stellen wie ich. Mir sind zu dieser Idee gleich 5 Fragen eingefallen:
Warum wollen die Kinder ihre Mutter abschieben?
Was wird aus dem Laden und was haben die Kinder damit vor?
Wie ist das Verhältnis zwischen Mutter und ihren Kindern?
Wie verhält sich die Mutter – was plant sie und mit wem?
Wovon wird das Pflegeheim bezahlt?
Waren es die gleichen Gedanken, die in Ihrem Kopf vorgingen? – Gefällt Ihnen das Thema überhaupt ? Ich hoffe doch. Ich habe es soeben erfunden. Es gibt bisher kein Stück von mir mit diesem Gedanken und mir ist auch kein Theaterstück eines anderen Autoren bekannt, welches dieses Thema beinhaltet. Sicher gibt es Theaterstücke, in denen Pflege - und Altenheime ein Thema sind. Das Ohnsorg Theater in Hamburg hat im Sommer 2008 erst wieder eins aufgeführt mit dem Titel „Atschüß mien Leeve“. Es gibt sogar Klassiker mit dem Thema Altersheim. Aber wir erfinden unser eigenes Werk dazu – und wir zeigen bestimmt kein Pflegeheim als Bühnenbild.
Wir sollten nun als erstes regeln, in welcher Zeit das Stück spielen soll. Sie können jede Zeit wählen, die Ihnen gefällt. Wenn Sie die 50er oder 70er Jahre wählen, müssen Sie natürlich auf viele Feinheiten achten, wie Kostüme, Bühnenbild, Sprache, Währung u.a. Es ist bekannt, dass besonders Laienbühnen damit größere Schwierigkeiten haben. Manche Bühnen spielen es aber dennoch und verschieben das Stück einfach zeitlich um 20-30 Jahre nach vorne. Sowas ist grauenhaft und richtig schlecht. Wir einigen uns für unser gemeinsames Werk auf die heutige Zeit – also ab 2008. Ist Ihnen das recht? Ich kann Ihnen leider nichts anderes anbieten, weil ich grundsätzlich keine Stücke schreibe, die in den 60er oder 70er Jahren spielen.
Das Stück kann sicher viele Jahre ohne Änderungen aufgeführt werden wenn wir uns für Jahre ab 2008 entscheiden, weil unser Deutschland sich so schnell nicht verändert. Es wird sehr wahrscheinlich auch 2015 noch aktuell sein und könnte sich dann auch noch so abspielen, denke ich. Verstehen Sie mich nicht falsch. Natürlich verändert sich die Welt täglich, jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde. Vor allem die Technik ist ein Phänomen. Diese Entwicklung macht mir manchmal fast Angst. Kaufe ich mir heute ein neues Handy, habe ich morgen ein altes Modell. Ist es nicht so? Aber bei Theaterstücken ist es so, dass es 10-20 Jahre unverändert spielbar sein wird. Das merke ich an meinen Werken, die ich vor 10 Jahren geschrieben habe. Bis auf die Änderung unserer Währung (von DM in Euro) musste bis heute kaum etwas verändert werden. Ihr Stück kann also eine lange Zeit vielen Zuschauern Freude bereiten.
Und in 50 Jahren ist es dann vielleicht ein Klassiker – wer weiß?
5. Kapitel
Das Bühnenbild
Jetzt sollten wir uns als nächstes um das Bühnenbild kümmern. Ich habe im Laufe der Jahre sehr viele Laienbühnen kennengelernt. Viele Gruppen geben sich Mühe mit ihren Bühnenbildern, manche sehen es sogar als Herausforderung, dem Publikum etwas ganz besonderes zu zeigen. Aber die wenigsten Gruppen wählen freiwillig sehr aufwendige Bühnenbilder. Außerdem meiden es viele, mehr als ein Bühnenbild zu zeigen. Manchen Gruppen ist das auch gar nicht möglich. Vielleicht werden Sie irgendwann ein Theaterstück schreiben, in dem es unumgänglich ist, das Geschehen mit nur einem Bühnenbild zu zeigen. Das ist mir auch schon passiert und ist nicht schlimm – manche Laienbühnen kriegen das sogar sehr gut hin. Für professionelle Ensembles, die mit Drehbühnen arbeiten ist das natürlich kein Problem. Wir wollen aber in erster Linie für Laienbühnen denken. Und welche Laienbühne verfügt schon über eine Drehbühne? Wenn Sie wollen, dass Ihr Stück verlegt und dann auch oft gespielt werden soll, vermeiden Sie grundsätzlich aufwendige, und vor allem mehrere Bühnenbilder. Veränderungen in einem Bühnenbild bewerkstelligen Theatergruppe schnell – ein komplett anderes Bild schreckt sie jedoch eher ab – auch wenn Ihr Stück „gut“ ist und es den Gruppen gefällt.
Nun werden Sie sich fragen, was man als Bühnenbild denn alles nehmen darf. Da gibt es viele Möglichkeiten. Wenn Ihr Stück im Himmel oder in der Hölle spielen soll, dann verlangen und beschreiben Sie dieses Bühnenbild. Sie dürfen eine Gaststube nehmen, eine Bäckerei, einen Garten, eine Kirche, einen Campingplatz oder eine Terrasse. Es spricht aber auch nichts gegen ein Wartezimmer, ein Bordell, ein Vereinsheim, ein Krankenzimmer, eine Baustelle und und und...
Auch ein Flur kann wunderbar funktionieren, wie wir alle aus den Klassikern „Tratsch im Treppenhaus“ und „Der möblierte Herr“ wissen. Wenn Sie Ihre Geschichte schreiben und Sie Ihre Figuren in einem bestimmten Bühnenbild sehen möchten, ist eigentlich jedes Bühnenbild richtig – auch wenn Sie es im Weltraum spielen lassen wollen oder auf dem Mond. Das wichtigste, was Sie aber bedenken müssen: Das Bühnenbild ist der Ort, an dem alle Akteure zu sehen sind und wo die Spieler zusammen kommen. Deshalb ist auch das Wohnzimmer bzw. die Wohnküche immer noch das meistgewählte Bühnenbild bei den Autoren. Das ist ganz natürlich und realistisch, weil man sich in einer Wohnung – eben das Wohnzimmer – trifft. Wenn Sie als Bühnenbild nur die Toilette eines Einfamilienhauses nehmen würden, wäre das dumm. Was bitte sollte sich da abspielen? Denken wir lieber nicht weiter darüber nach. - Gegen eine sehr große Toilette mit mehreren Kabinen und vielen Waschbecken (z.B. in einem Hotel oder einem Restaurant) spräche aber eigentlich nichts. Ich hab´ so ein Bühnenbild bisher zwar noch nirgendwo gesehen, aber wenn das für Sie ein Thema wäre – bitte.
Sie wissen schon jetzt, dass Ihnen verschiedene Bühnenbilder gefallen? Sie möchten ein absolut außergewöhnliches Bühnenbild? Oder für jeden Akt sogar ein anderes? Na gut. Dann wählen Sie doch für Ihr Werk im ersten Akt ein Bordell, für den zweiten möchten Sie eine Baustelle und der dritte Akt spielt dann im Weltraum… okay. Tun Sie es. Ich rate aber sehr davon ab. Schauen Sie mal - Sie sind der Autor; und nachdem Sie Ihr Stück abgeliefert haben ist Ihre Arbeit erledigt. Aber Bühnenbauer müssen das, was Sie verlangen auch hinbekommen – und bei drei so verschiedenartigen Bühnenbildern bezweifel ich doch sehr, ob das überhaupt eine Laien-Gruppe machen würde. Was hätten Sie also davon? – Es ist nicht nur eine Vermutung – es ist Fakt, dass Laiengruppen mehrere Bühnenbilder scheuen.
Wir müssen uns nun für Ihr erstes Werk auf ein Bühnenbild einigen. Welches wählen wir also? Es geht in unserer Idee um eine Frau, ihren Kindern und um diesen kleinen Laden. Es ist schon abzusehen, dass diese Frau eine der tragenden Rollen verkörpern wird, deshalb sollte das Stück auch dort stattfinden, wo diese Frau sich oft aufhält. Wir könnten ihren Laden nehmen als Bühnenbild – aber bedenken Sie auch hier bitte folgendes:
Einen komplett eingerichteten Laden zu zeigen, bedeutet auch schon mal viel Aufwand für die Gruppen. Viele Lebensmittel, sehr viele Requisiten. Wenn die Frau ins Altersheim soll (ob die Kinder das hinkriegen oder nicht, wissen wir jetzt noch nicht), stellt sich schon die Frage, was danach mit dem Laden passiert. Dieses würde – je nach Entwicklung – wahrscheinlich wieder ein zweites Bühnenbild bedeuten – und wieder reichlich Aufwand für die Bühnenbauer. Ich schlage vor, wir lassen das Stück in der Wohnküche dieser Frau spielen, und im Hintergrund sehen wir einen Durchgang direkt zu dem Laden. Das sieht ganz hübsch aus und die Zuschauer stellen sich den Laden bildlich vor - auch wenn sie ihn nicht zu sehen bekommen. Es tut mir leid, dass wir wieder auf Wohnküche zurückgreifen; aber hier bietet sich das wirklich sehr an. Sind Sie einverstanden? Gut.
Auf den ersten Seiten eines Theaterstücks wird vom Autor das Bühnenbild beschrieben. Sie müssen natürlich nicht nur das Bühnenbild genau vor Augen haben, sondern auch die Räume, die der Zuschauer nicht sieht; die aber für das Geschehen manchmal sehr wichtig sein können. Diese müssen Sie aber natürlich nicht beschreiben. Jedes Bühnenbild braucht einen Auf – und Abgang. In unserem Fall ist es eine Tür, die nach draußen führt. Wo sich diese Tür befindet, kann von Ihrem Stück abhängen – wenn es egal ist, schreiben Sie das auch so in der Beschreibung. Wir stellen uns unser Bühnenbild mal so vor, dass der große Durchgang zum Laden nach hinten – also an die Rückwand - angeordnet wird. Rechts ist die Tür, die zum Flur nach draußen führt, eine dritte brauchen wir bestimmt auf der linken Seite, die zu weiteren Räumen führt. (Küche, Schlafzimmer, Bad u.a.) Unsere Haupt-Protagonistin wird sich sicher nicht immer im Laden oder in der Wohnküche aufhalten, oder außer Haus sein. Das wäre recht unlogisch. Deshalb ist die linke Tür zu den anderen Räumen im Haus recht sinnvoll. Wenn wir also nun drei Türen (bzw. 2 Türen und einen Durchgang) haben, ist zu überlegen, ob ein Fenster noch nötig bzw. möglich ist. Ein Fenster sieht zwar immer recht hübsch aus in einem Bühnenbild; wenn diese aber für das Stück selbst keinerlei Bedeutung hat (niemand muss dort herein-oder hinausschauen, keiner flüchtet durch das Fenster o.a.) dann verzichten Sie einfach darauf oder überlassen das den Bühnen – je nach Größe und Möglichkeit - selbst. Wenn Sie schon jetzt oder während des Schreibens den Einfall haben, dass Sie mit dem Fenster spielerisch etwas Interessantes vor haben, dann ist diese natürlich auch unentbehrlich im Bühnenbild. Falls das aber nicht der Fall sein sollte, zwingen Sie die Bühnenbauer der Theatergruppen nicht mit Details, die für das Stück unwichtig sind; nur weil Sie es sich in Ihrem Kopf so denken. Ich glaube, für meinen Vorschlag brauchen wir kein Fenster und einigen uns auf die 2 Türen (je rechts und links) und den Durchgang nach hinten zum Laden.
Nachdem wir das nun bestimmt haben, kommen wir zu der Einrichtung des Raumes. Beschreiben Sie es bitte so ausführlich wie möglich; lassen Sie den Gruppen aber dennoch einige Freiheiten. Verzichten Sie bitte auf Details, die für das Stück nicht nötig sind. Wenn Sie z.B. schreiben: Im Raum befindet sich eine Couchgarnitur in aschgrau dann möchte ich als Spielleiter und Bühnenbauer wissen, warum die Farbe der Couch eine so große Rolle spielt. Lassen Sie also sowas, nur weil Sie es sich so vorstellen, für das Stück aber absolut unwichtig ist. Wenn Ihr Stück erst verlegt ist und aufgeführt wird, werden Sie sich sicher manche Inszenierungen davon anschauen. Und glauben Sie mir: Nicht nur zwischen den einzelnen Inszenierungen liegen Welten – auch bei den Bühnenbildern. Sie sollten also für das Bühnenbild zunächst die Dinge verlangen, die nötig und für das Stück tragend sind. Außerdem muss die Einrichtung zu der Figur passen. Wenn wir uns nun in unserem Stück für diese ältere Dame entschieden haben (nennen wir sie einfach zunächst mal Dame X), dann gehe ich davon aus, dass es eine der sympathischen Personen ist im Stück. Wenn sie mit 70 Jahren noch einen Tante-Emma-Laden führt, geht es ihr evtl. finanziell nicht besonders gut – wäre doch möglich. Sie kann den Laden aber auch deshalb noch erhalten wollen, weil es ihr einfach Spaß macht. Wenn sie aber der Sympathie-Träger des Werks ist, dann geht sie sicher auch ganz ordentlich mit ihrem Geld um. Und das wirkt sich somit auch auf unser Bühnenbild aus – verstehen Sie? – In einem Wohnzimmer einer unsympathischen, wohlhabenden Person sieht es bestimmt anders aus als bei unserer Dame X, oder? – Ich sehe eine nett eingerichtete Wohnküche vor mir, die sauber und gemütlich wirkt, die aber weder Wohlstand noch Armut zeigt. Sie auch ? Wenn Sie allerdings unsere Dame X ganz anders anlegen möchten, sieht auch das Bild anders aus. Nehmen wir mal an, die Kinder nehmen ihr alles weg, was in dem Laden an Einnahmen zusammen kommt. Sie wird auch in ihrem hohen Alter noch gezwungen, den Laden zu führen. Dann ist die Situation eine völlig andere und das Bühnenbild darf natürlich auch sehr karg ausgestattet werden, so dass die Armut unserer Dame schon über das Bühnenbild deutlich wird – schon beim ersten Öffnen der Bühnen - ohne jeglichen Dialog. Richtig. Aber dann wird es ein Schauspiel, weil das Thema schon sehr ernst und dramatisch wirkt, nicht wahr?! Ich dachte, wir hatten uns auf eine Komödie geeinigt – und diese zweite Möglichkeit des Bühnenbildes ist dann doch eher schlecht gewählt. Ich hoffe, Sie denken ebenso darüber.
Stellen Sie sich also diesen Raum eingerichtet vor und beschreiben Sie es in Ihrem Stück. Eine Wohnküche hat natürlich Sitzmöglichkeiten. Das kann eine Eckbank sein, oder einfach Tisch mit Stühlen. Weil unsere Dame ja schon 70 ist, wäre auch ein gemütlicher Sessel sinnvoll. ABER: Spielen Sie dann auch damit und lassen Sie Requisiten und Möbel auch einen Sinn erfüllen!
Wenn sich irgendwo im Raum eine chinesische Skulptur befinden soll, dann muss das im Laufe Ihres Stücks einen Sinn machen, weshalb Sie diese verlangen. Wenn ein CD-Player oder Fernseher in Ihrer Beschreibung aufgeführt wird, dann ist es sinnvoll, dass irgendwann diese Geräte auch ihren Einsatz haben. Ansonsten ist das nur Ballast und Mühe für die Bühnenbauer. Falls ein eingerahmtes Foto an der Wand in einer Szene zum Einsatz kommen soll, dann schreiben Sie auf, dass dieses Foto dort von Anfang an hängen soll. Falls das Bild nicht in Ihr Spiel einbezogen werden soll, muss es dann auch nicht unbedingt an der Wand hängen. Nette Kleinigkeiten, die man in jeder Wohnküche findet, werden in den meisten Fällen von den Bühnenbauern sowieso in das Bühnenbild gestellt. (Kalender, Blumen, Dekoration auf Tisch und Schränke u.a.) Soweit alles klar? Ich werde Ihnen hier dann mal ein Beispiel geben, wie das Bühnenbild zu dem Stück beschrieben werden könnte:
Bühnenbild:
Das Bühnenbild zeigt die Wohnküche von Frau… (Dame X). Nach hinten führt ein Durchbruch zu ihrem Lebens-mittel-Laden, von dem man auch vom Zuschauerraum aus schon einiges sehen kann (diverse Lebensmittel-packungen, Getränke, Werbeschilder u.a.) Ein Vorhang (aus Holzperlen oder Plüschstreifen) vor dem Durchgang macht die Sicht dorthin nur möglich, wenn jemand hindurch geht. Nach rechts geht eine Tür zum Flur nach draußen, nach links eine weitere Tür zur Küche, zum Bad und Schlafzimmer von Frau… (Dame X). Der Raum ist zwar gemütlich, aber schlicht eingerichtet. Ein Sofa, zwei Sessel, (oder Eckbank) Tisch und Schrank. Irgendwo das Telefon und ein CD-Player. An den Wänden 3 Fotographien. (von ihrem verstorbenen Mann, ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter, sowie von ihrem Enkel) Außerdem an einer Wand ein Regal mit einigen Romanen.
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Falls Sie für andere Stücke, die Sie demnächst schreiben werden, mehrere Bühnenbilder brauchen, beschreiben Sie diese natürlich einzeln: 1. Akt: - 2. Akt: usw. Zufrieden? – Okay, schon beim Beschreiben unseres Bühnenbildes habe ich mir überlegt, dass ich bestimmt irgendwann das Telefon einsetzen werde. Und ich möchte vielleicht auch mal mit Musik eine Szene untermalen. Die Romane auf dem Regal habe ich gewählt, weil Dame X gerne liest. Die Bilder an den Wänden von Ihrer Familie zeigt ihre Herzlichkeit und werden auch ihren Sinn im Stück haben. Hier habe ich schon an die Figuren unseres Stücks gedacht, worauf wir im nächsten Kapitel eingehen.
Viele Autoren – solche wie ich – schreiben am Ende der Bühnenbildbeschreibung gerne den beliebten Satz: „Alle weiteren Ausstattungen sind der Spielgruppe überlassen“. Das bedeutet, dass wir Autoren zum einen den Bühnenbauern ein paar Freiheiten einräumen und zum anderen erwarten, dass die Theatergruppe aufgrund des Stücks und des Dialogs manches ins Bühnenbild stellt, welches absolut passend wirkt. Die meisten Laienbühnen richten mit viel Liebe das Bühnenbild her und machen sich auch Gedanken. Nur wenige kriegen das leider nicht immer hin.
Das was wir nun gelernt haben war nur das Beschreiben des Bühnenbildes, welches wir für dieses Stück benötigen.
Aber das Prinzip ist bei jedem anderen Bühnenbild ebenso. Egal welches Bühnenbild Sie auch verlangen, beschreiben Sie es auf die gleiche Weise. Ausführlich ja – mit den Dingen die wirklich wichtig sind – vermeiden Sie aber sinnlosen Schnick-schnack, und lassen Sie den Bühnen trotz allem einen Freiraum. Sie werden Bühnenbilder sehen, da geht Ihnen das Herz auf; und dann wird es vorkommen, dass Sie Ihr Stück in einem Bild sehen, wo trotz Ihrer Beschreibung vieles falsch ist. Das kommt eben vor bei Laientheatergruppen – auch wenn Sie das Bühnenbild noch so intensiv beschreiben. Es passiert selten, aber es passiert.
Wenn es um Requisiten geht, die nur in einem Akt benötigt werden, dann steht das nicht im Bühnenbild, sondern vor der ersten Szene zu Beginn der einzelnen Akte.
Das sollte dann zum Bühnenbild soweit genügen, denke ich. Sie haben nun gelernt, was Sie von den Gruppen als Bühnenbild fordern dürfen und sollen, und was Sie besser vermeiden.
6. Kapitel
Figuren und Titel
Eine Idee ist da, das Bühnenbild ist beschrieben. Kommen wir nun zu einem der wichtigsten Kapitel – den Figuren oder den Protagonisten. Zunächst stellt sich die Frage – wie viele Figuren möchte ich in meinem Stück unterbringen? Wie viele brauche ich eigentlich? Oder muss ich auch bedenken, wie viele ich überhaupt nehmen darf? – Nun, es ist so, dass Sie 20 und mehr Darsteller in Ihrem Stück verwenden dürfen – dafür gibt es ja auch keine Regeln. Aufführungen die von Freilichtbühnen inszeniert und gezeigt werden, haben sehr häufig 30, 50 oder noch mehr Darsteller. Besonders bei historischen Inszenierungen sieht man immer sehr viele Akteure. Ich schaue mir so etwas sehr gerne an. Aber draußen ist ja auch Platz – und eine große Freilichtbühne hat kein Problem mit 50 Darstellern. Wir wollen hier aber in erster Linie an geschlossene Räume denken, und an Bühnen, die auch recht klein sein können. Und Laientheatergruppen verfügen meistens nur über eine bestimmte Anzahl von aktiven Akteuren. Die Anzahl der Darsteller ist immer abhängig von Ihrer Idee und der Handlung. Manchmal brauchen Sie einfach 12, in anderen Stücken sind vielleicht nur 4 Spieler nötig. Wenn ich zu den Premieren meiner Stücke eingeladen werden, höre ich von den Spielleitern immer wieder folgende Bitten: „Ach, schreiben Sie doch bitte Stücke mit mehr Spielern. Wir haben 15 aktive Mitglieder in unserer Gruppe. Wäre doch schön, wenn die mal alle mitspielen könnten“. Am Tag darauf bin ich dann in einem anderen Ort und höre dort: „Ach, schreiben Sie doch bitte in Zukunft mehr Stücke mit weniger Spielern. Wir sind nur 6 Personen in unserer Gruppe, und manchmal möchten nicht alle eine Rolle übernehmen.“ – Tja, Sie sehen, es ist schwer, es jeder Bühne recht zu machen. Um es abzukürzen:
Ich empfehle Ihnen: 7 bis 8 Personen in einem Stück sind genau richtig. Das ist eine gute Anzahl und für die meisten Bühnen gut umzusetzen. Schreiben Sie auch gerne mal ein Stück mit 6, 10 oder 13 Personen. Aber der gute Schnitt ist eben 7 – 8.
Jede Figur braucht einen Namen. Die dürfen Sie sich selbst aussuchen. Verwenden Sie besser keine Namen von bekannten Persönlichkeiten. Es wäre dumm, wenn Ihre Protagonisten Helmut Kohl, Heidi Kabel oder Veronica Ferres heißen würden. Das könnte sogar Schwierigkeiten geben. Aber auch wenn die Namen Ihrer Figuren nicht „berühmt“ sind, achten Sie bitte auf die richtige Auswahl. Falls es einen großen, bekannten Betrieb geben sollte, welcher z. B. von Hans und Beate Hansen, Ludger und Maria Memmen oder Detlef und Nina Meyer geführt wird, dann nennen Sie in Ihrem Stück am Besten kein Ehepaar so. Es gibt Menschen, die haben an Theater kein Interesse und könnten trotz Ihrer freierfundenen Handlung des Werks in ihrer Persönlichkeit verletzt werden wenn diese dort ihre Namen hören oder lesen. Wenn sich irgendwann bei einer Inszenierung dann doch eine Namensähnlichkeit eines Paares ergibt von einer großen Firma o.a., Sie jedoch von diesen realen Personen nichts wussten; dann ist das ein unglücklicher Zufall und niemand wird Ihnen daraus einen Strick drehen.
Ich hole mir die Namen meiner Figuren meistens aus einem dicken Telefonbuch. Heutzutage kann man dazu natürlich auch eine CD-Rom nehmen. Und dann mische ich Vor-und Nachnamen. Wie Sie das machen, ist Ihnen überlassen.
Kommen wir zu den Namen unserer Figuren und zur Besetzung unseres Stücks. Zunächst spielt also unsere Dame X eine Rolle. Welchen Namen wollen wir ihr geben? – Wie wäre es mit Leni Kramer? Eigentlich heißt sie Helene. Aber jeder nennt sie nur Leni. Sie möchten einen anderen Namen? Gerda Krupp? Johanna Muchal? Gesine Peters? Nehmen Sie das, was Ihnen gefällt. Was Sie beim Wählen eines passenden Namens noch bedenken sollten, wäre das Alter der Figuren. Unsere Dame X ist 70. Nehmen Sie deshalb keinen Namen für sie, welcher sehr modern ist und den ein Elternpaar vor 70 Jahren ganz sicher keiner Neugeborenen gegeben hätte. Ein anderes Beispiel: Wenn ein Pastor in Ihrem Stück mitspielt, ist es gut möglich, dass sein Sohn oder seine Tochter christliche Namen tragen wie Simon, Johannes, Maria oder Esther. Aber solche Feinheiten lernen Sie sehr schnell – glauben Sie mir. Manchmal kristallisiert sich aus einem Namen sogar schon der Charakter der Figur. Das kann Ansichtssache sein, aber für eine sympathische junge Frau nehme ich lieber Silvia, Helga oder Heidi. Wenn ich Namen lese wie Katharina, Elisabeth* oder Gertrud* dann sehe ich auf der Bühne darin eher die Figuren, die den Konflikt zu verantworten haben. Eine männliche, etwas linkische Figur würde ich eher Joachim, Focko, Gerd, Heinrich oder Kunibert nennen. Sven, Jörg, Andre oder Sebastian passen für solche Charaktere nicht so gut; meinen Sie nicht auch? – Aber wie ich schon sagte: Das kann Ansichtssache sein. *Wenn Sie – meine Leserin – wirklich Elisabeth oder Gertrud heißen und sich selbst als ganz liebe Person sehen, dann verzeihen Sie mir diese Bemerkung.
Ich gehe übrigens davon aus, dass unsere Dame X deutscher Abstammung ist – deshalb auch ein deutscher Name - Helene Kramer (genannt Leni).
Wer soll in unserem Stück sonst noch mitspielen? Leni´s Sohn und die Schwiegertochter ? Das hatte ich mir beim Beschreiben des Bühnenbilds schon so gedacht. (Die Foto´s an den Wänden) Sie erinnern sich? - Gut. Der Sohn und seine Frau haben natürlich einen anderen Nachnamen, weil Leni verheiratet war. Nennen wir die beiden Rudolf und Ina Pleiss? Warum nicht!? Hatten wir uns schon darauf geeinigt, dass Leni Witwe ist? Ich denke, dass ist für die Geschichte ganz passend. Haben wir also schon 3 Figuren. Leni, ihren Sohn und dessen Ehefrau. Wenn Leni mit 20-30 geheiratet hat, sind Sohn und Schwiegertochter somit 40-50 Jahre alt. Haben die beiden Kinder? Vielleicht einen Sohn oder eine Tochter, die/der zu ihrer/seiner Großmutter ein sehr gutes Verhältnis hat und dann möglicherweise in unseren Verwicklungen eine wichtige Position einnehmen wird? Wäre das okay für Sie? Nehmen wir einen Sohn und nennen ihn Daniel? Prima. Daniel Pleiss also. Wie alt ist dieser? Er könnte 20-25 Jahre alt sein. Mit einer solchen Alters-Spanne geben Sie den Gruppen immer einen schönen Spielraum – für alle Figuren im Stück. Fordern Sie bitte nur konkret angegebene Altersangaben, wenn es wirklich nötig ist. Als Beispiel nenne ich da mal: „Der 75ster Geburtstag“. Da muss die Akteurin natürlich zunächst eine 74jährige verkörpern. In unserem Stück geht es ja darum, dass Leni das Rentenalter bereits erreicht hat uns es sich im Dialog sicher irgendwann ergeben wird, dass darauf hingewiesen wird. Deshalb ist das Alter von Leni auch sicher genauer als das von manch anderen Figuren. Unsere Leni ist also 70 – basta ! Die Theatergruppen müssen nun eine 70jährige Akteurin für diese Rolle zeigen. Maskenbildner können aber 20jährige zu Greisinnen machen. Eine Person jünger schminken ist da schon etwas schwieriger. Wenn im Dialog auch das genaue Alter von einer anderen Person ein Thema ist und darauf angesprochen wird, müssen Sie diese natürlich auch exakt so angeben.
Weiter zu unseren Figuren. Wir haben nun vier. Leni, Rudolf, Ina und Daniel. Wen brauchen wir noch? Sie erinnern sich an unsere Grundidee? Stellen Sie sich die Situation nochmal vor. Sehen Sie diese Leni, den Laden und was alles passieren könnte. Der Konflikt steckt ja schon in unserer Grundidee. Die haben Sie schon wieder vergessen? Na gut – kann passieren. Hier also nochmal zur Auffrischung: „Eine 70jährige Frau, die noch immer einen kleinen Tante-Emma-Laden führt, soll von ihren Kindern ins Altersheim abgeschoben werden.“
Diese Geschichte ist von vornherein aufgeteilt in „die Guten“ und „die Bösen“. Das ist gut so, weil wir sonst keinen Konflikt hätten. Und ohne Konflikt wäre ein Theaterstück nur langweilig. Wir brauchen also noch ein paar Figuren, die auf der Seite von Leni sind, d.h. Figuren, mit denen Leni sich über diese Situation austauschen kann. Wer käme da in Frage? Hat Leni Freundinnen? Damen in ihrem Alter, mit denen sie über das Vorhaben ihrer Kinder reden kann? Eine von den beiden ist vielleicht auch eine Witwe? Hhmm… Ich denke, das könnte ganz interessant werden. Nehmen wir zwei davon. Zwei Freundinnen von Leni. Fallen Ihnen da schon die Namen der beiden ein? Schreiben Sie sie auf. Ich nenne sie mal Helga Willms und Trude Lehmann. – Nun haben wir schon sechs Figuren. Reicht Ihnen das? Wenn ich recht überlege, möchte ich für die Verwicklung in dem Stück gerne noch zwei weitere. Ich denke da an einen Herren, der Leni nahe stehen könnte. Er könnte es ernst meinen und sich in Leni verlieben. Oder ist diese Person jemand, der Leni nur Honig um den Mund schmiert und von Ihrem Sohn angesetzt wird, gegen Leni zu intrigieren? - Und wie wäre es mit einer jungen Frau? Diese junge Dame könnte eine Bekannte oder sogar die Freundin von Daniel sein. Was wäre aber, wenn der Sohn von Leni eine junge Geliebte hat? Alles ist möglich. Ich möchte die beiden einbauen. Das wird spannend. Nennen wir den Herren doch Karl-Heinz Ahrens und die junge Dame Gabi Meyer. Ich denke, damit schließen wir die Liste der Figuren ab. Es ist möglich, dass wir noch eine weitere Person brauchen; vielleicht brauchen wir eine von den gewählten aber auch nicht und streichen diese wieder. Das kommt immer auf die Entwicklung des Stücks an. Machen wir also die komplette Liste, die auf Seite 4 Ihres Manuskripts ihren Platz finden sollte und so aussehen könnte:
Die Spieler: 5w/3m
Helene Kramer (genannt Leni) - Witwe (70 Jahre)
Rudolf Pleiss - ihr Sohn (ca. 40-50 Jahre)
Ina Pleiss - Rudolf´s Frau (40-50 Jahre)
Daniel Pleiss - (beider Sohn – 20-25 Jahre)
Helga Willms - Witwe, Freundin von Leni
(ca. 60 Jahre)
Trude Lehmann - Freundin von Leni (ca. 50 J.)
Karl-Heinz Arens - (ca. 60 -70 Jahre)
Gabi Meyer - (20-25 Jahre)
Wir benötigen 5 weibliche und 3 männliche Akteure für unser Stück. Das ist eine recht gute Mischung und von vielen Bühnen umzusetzen. Bei Karl-Heinz und Gabi ist die Funktion noch offen; (damit meine ich das Beziehungsverhältnis dieser Figuren zu Leni) die fällt uns während des Schreibens noch ein. Bei den Freundinnen von Leni habe ich mich dazu entschlossen, dass sie doch verschieden alt sein sollten. Aus dem einfachen Grund, dass viele Bühnen nicht unbedingt drei Spieler in ihrer Gruppe haben, die schon 70 Jahre alt sind. Außerdem könnten die Dialoge der drei mehr Witz hergeben, weil sie aufgrund des Alters verschiedener Meinung in machen Dingen sind.
Charakter und Aussehen der Figuren
Die Protagonisten sind nun ausgewählt. Sie können sich nun die Mühe machen und auf der nächsten Seite jede Figur charakterlich beschreiben. Manche Autoren tun das. Ich mache das nicht. Denn die Charaktere ergeben sich doch aus dem Dialog. Ist das nicht der Fall, ist ein Stück wohl nicht sehr gelungen. In Ihrem Kopf stehen ja die Figuren fest. Durch den Konflikt, mit dem Sie Ihr Stück gleich am Anfang spicken, ergeben sich verschiedenartige Personen mit unterschiedlichen Charakterzügen automatisch. Mit der Kleidung verhält es sich ebenso. Ich beschreibe beim ersten Auftritt jeder Person, was diese trägt. Kleidung ergibt sich auch aus dem Charakter. Wenn Sie es für sinnvoller halten, gleich auf Seite 5 Ihre Figuren auch optisch zu beschreiben, dürfen Sie das gerne machen.
Auf der Seite unter den Namen Ihrer Figuren schreiben Sie bitte noch die Spielzeit, den Spielort und evtl. die Dauer des Stücks. Dafür sind Verlage und vor allem die Gruppen immer sehr dankbar. Das könnte so aussehen:
Spielzeit: Sommer in der Gegenwart
Spielort: Blumberg (Kleines Dorf irgendwo in Deutschland)
Spieldauer: ohne Pausen ca. 100 Minuten
Zur Spielzeit sei gesagt, dass es Ihnen überlassen ist, zu welcher Jahreszeit Ihr Stück spielen soll. Manche Werke sind auch im Dialog an bestimmte Feste im Jahr gebunden, z.B. Weihnachten, Ostern oder Pfingsten. Dann ergibt sich die Jahreszeit automatisch daraus. Wenn Sie Ihr Stück über einen längeren Zeitraum spielen lassen wollen, verändern sich die Jahreszeiten natürlich auch. Ein Beispiel: Wenn im 1. Akt ihres Stücks eine Frau im 3. Monat schwanger ist und das Stück im Februar beginnt; das Kind im 2. Akt dann geboren wird, ist die Zeit dieses Akts natürlich der August oder September. Diese Angaben sind deshalb wichtig, weil die Akteure im Winter bestimmt andere Kleidung tragen werden als im August und Sie auch mehr mit dem Wetter im Dialog spielen können. Ich möchte, dass sich unser Stück ausschließlich im Sommer abspielt. Welcher Zeitraum es wird, weiß ich noch nicht – jedoch nicht mehr als 4-6 Wochen. Dafür reicht ein Sommer ja aus.
Zum Spielort: Ich denke bei dem Stück mit diesem kleinen Lebensmittel-Laden an ein kleines Dorf. Ob das nun auf dem Land oder am Stadtrand sein wird, ist nicht so wichtig. Sie sollten es so schreiben, dass das Publikum schnell merkt, dass es ein kleiner Ort ist und dass die nächste Stadt einige Kilometer entfernt liegt. Den Namen des Spielorts dürfen Sie erfinden. Ich habe ganz selten reale Ortsnamen verwendet in meinen Stücken. Falls es passt, ändern manche Gruppe das Geschehen sowieso gerne ab in dem Ort, in dem das Stück auch wirklich gespielt wird. Das stört mich nicht. Unseren Spielort nenne ich Blumberg – klingt das nicht schon wie ein Dorf? Ich denke ja.
Die Spieldauer ergibt sich aus der Seitenanzahl. Wenn Sie Größe 12 im Schriftbild Times New Roman wählen und Sie die Seitengröße auf DIN A5 eingerichtet haben, sieht das so aus, wie ich es auf Seite 61 in diesem Buch in einem Dialog-Beispiel vorgebe. Ich mache zwischen den Dialogen aber immer einen Absatz. Mit dieser Form sind 90 Seiten Text auch etwa 90 reine Spielminuten. Als Tipp sei schon mal gesagt, dass ein abendfüllendes Stück eine reine Spieldauer ohne Pausen 120 Minuten nicht überschreiten sollte. 90 Minuten sind besser.
Die schon angegebenen 100 Minuten in der Beschreibung des Stücks sind unverbindlich und nur ein Beispiel.
Was auf den ersten Seiten dann noch stehen sollte ist der Inhalt des Stücks. Das ist für uns ja jetzt noch nicht möglich, weil wir den genauen Inhalt noch gar nicht wissen. Ich zumindest nicht. Wenn Sie Ihren kompletten Inhalt allerdings schon kennen, dann kann ich Sie nur beglückwünschen. Schreiben Sie es auf.
7. Kapitel
Der Anfang
Textverarbeitungsprogramme geben uns die Möglichkeit jederzeit etwas von unserem Text zu löschen, hinzuzufügen oder das Layout zu verändern. Das machen Verlage vor dem Druck Ihres Manuskripts sowieso. Dennoch rate ich Ihnen, spätestens jetzt die Seite für Ihr Stück einzurichten. Manche Verlage arbeiten mit der Größe DIN A4, andere mit der kleineren, handlichen Variante DIN A5. Es ist Ihnen überlassen, mit welchem Format Sie zunächst arbeiten wollen. Das Format können Sie ja hinterher noch wieder ändern. Zum besseren Verständnis zwischen Ihnen und mir, richten Sie jetzt die Seite in DIN A5 ein. Auf Seite 5 beginnen Sie dann mit dem Schreiben des ersten Akts. Auf dem Deckblatt und den Seiten 2 bis 4 finden wir Titel und Autor, Inhalt, Spieler und Bühnenbild. Das was Sie eigentlich nur brauchen zum Einrichten Ihrer Seiten ist ein Tabulator. Die Namen der Figuren stehen am linken Außenrand. Rücken Sie dann den Dialog mit dem Tabulator ein, so dass er für die Akteure besser zu lernen ist. Das sieht dann so aus:
Beatrice: Paula, betrachte es doch mal von einer anderen Seite. Du bist nicht verheiratet, musst nur Dich alleine versorgen, bist schon 55 Jahre alt...
Paula: Danke, das Du mich an mein spektakuläres Leben erinnerst.
Beatrice: In Urlaub fährst Du sowieso nicht. Und wenn, dann nur für ´n paar Tage zu Deiner Schwester nach Merseburg. Und mit Weihnachtsgeschenken hast Du es ja auch nicht so.
Paula: Moment ! Die Kinder von meiner Schwester Gertrud warten jedes Jahr auf Geschenke von ihrer Tante Paula. Und das sind 3 Stück ! 12, 15 und 21 Jahre alt. Und Du weißt ganz genau was Jugendliche heutzutage für Ansprüche haben – gerade wenn es um Geschenke geht. (isst wieder)
Beatrice: Dann fallen Deine Präsente eben dieses Jahr zu Weihnachten etwas kleiner aus.
Paula: Ja genau. 50% kleiner. – Dir ist es ja wohl völlig egal, was die hier mit uns machen, wie?! Wieso bist Du eigentlich immer so - PIANO ?
Beatrice: Weil es keinen Sinn hat, sich über Dinge aufzuregen, die wir kleinen Durchschnittsbürger sowieso nicht ändern können. Die Wirtschaft in Deutschland... nun ja... die Konkurrenz ist eben zu groß, in anderen Ländern in Europa kann man billiger produzieren – auch Schokolade - so ist das nun mal.
Paula: Na, Deine Einstellung möchte ich haben. Diese ganze Betriebsversammlung - das…
Haben Sie das erledigt? Prima. Und schreiben Sie mit einem gut leserlichen Schriftbild. Times New Roman ist sehr gängig und beliebt; Arial auch. Falls Ihnen das alles Probleme bereitet und Sie mit WORD das erste Mal arbeiten oder noch nicht zurechtkommen, erwarten Sie nun bitte keine weiteren Details von mir. Es würde den Umfang dieses Buches sprengen wenn ich Ihnen hier noch in vielen Einzelheiten berichten würde, wie man mit einem Textverarbeitungsprogramm umgeht. Ich hoffe, Sie verstehen das. Holen Sie sich dann am Besten einen Freund ins Haus, der Ihnen die Grundkenntnisse von WORD beibringt oder besuchen Sie einen Kurs.
Auf Seite 5 schreiben Sie jetzt ERSTER AKT. – 3Akter sind bei den Theatergruppen besonders beliebt. Auch ich verfasse am liebsten Stücke in 3 Akten. Die Anzahl der Akte hängt hauptsächlich davon ab, wie oft Sie einen Zeitsprung machen wollen bzw. müssen in Ihrem Werk. Weil ich davon ausgehe, dass dieses Ihr Erstlingswerk werden soll, fangen Sie auch besser mit einem 3Akter an. Als erstes kommt nun die Beschreibung des ersten Bildes, wenn der Vorhang sich öffnet. Wie beginnt das Stück? Was ist außer dem zuvor beschriebenen Bühnenbild noch als Requisite nötig jetzt – welche Figur sieht der Zuschauer – oder ist kein Spieler auf der Bühne? Hören wir vielleicht nur ein Geräusch? In der Komödie „Willkommen im Chez André“, die ich gemeinsam mit Christoph Bredau geschrieben habe, sieht das so aus:
Erster Akt
(Wenn der Vorhang sich öffnet, sitzen Andre und Frank am Tisch. Jeder liest leicht bedrückt ein Stück einer Tageszeitung. Auf dem Tisch liegt ein Handy. Es ist ein Wochentag in den Nachmittagsstunden. Hier und da liegen Gegenstände herum. (Kleidung, Zeitungen, leere Flaschen, leere Lebensmittelpackungen – aber bitte nicht zu sehr übertreiben) Es sieht nicht sehr aufgeräumt aus. Die beiden sind etwas „schlampig“ gekleidet. In T-Shirt´s oder geöffneten Hemden; Jeans, die nicht sehr sauber aussehen oder schon Risse haben, alte Turnschuhe o.a.)
Sie beschreiben also genau, wer anwesend ist, was diese gerade tun und welche Requisiten jetzt in dieser Szene noch benötigt werden. Außerdem beschreiben Sie hier nun als Erstes die Kleidung der Akteure. Und auch die Stimmung, d.h. dass Verhalten der Akteure. Die Tageszeit ist auch von Vorteil. – Es ist der allererste Eindruck, den der Zuschauer hat; und er hat beim ersten Öffnen des Vorhangs sehr viele Dinge auf einmal aufzunehmen: Das komplette Bühnenbild und die erste Szene. Der Zuschauer sollte jetzt sofort informiert werden über die Situation – völlig ohne Worte von den Akteuren.
Wenn ich den Beginn von „Willkommen im Chez André“ wie vorhin beschreibe, was geht mir dann als Zuschauer in 10-20 Sekunden durch den Kopf?
Ich sehe ein karges Bühnenbild, zwei Herren die nicht sehr gepflegt gekleidet sind, beide lesen in der Zeitung, sitzen eher gelangweilt am Tisch. Diese Situation ist jedem Zuschauer sofort klar, nicht wahr?!
Und von den Gedanken des Publikums ausgehend, beginnen Sie auch mit dem ersten Dialog Ihres Stücks. Verzichten Sie auf lange Vorreden und Einleitungen, fangen Sie direkt mit dieser Ausgangssituation an. Das bei den beiden nicht alles 100%tig in Ordnung ist, das sehe ich als Zuschauer. Ebenso, dass die beiden nicht glücklich sind. Das Publikum hat nun schon Informationen über diese – noch wortlose - Szene. – Ein anderes Beispiel?
Erster Akt
(Es ist kein Spieler auf der Bühne, wenn der Vorhang sich öffnet. Auf einem Blumen-hocker und auf der Fensterbank stehen verwelkte Blumen. Der Fernseher und evtl. andere Dinge sind evtl. mit Laken oder Tüchern abgedeckt. Es ist Gründonnerstag, ca. 16.30 Uhr)
Hier ist die Ausgangssituation anders. Kein Spieler auf der Bühne. Verwelkte Blumen, abgedeckte Möbelstücke. Was ahnt der Zuschauer? Hhmm… Sieht so aus, als wäre in diesem Raum einige Zeit niemand mehr gewesen. Steht die Wohnung leer? Sind die Bewohner verreist? Wir wissen es nicht – aber sofort in der ersten Spielszene und dem ersten Dialog wird das Publikum es auch hier erfahren. Das einzige, was der Zuschauer hier aus dem Text nicht erfährt: Es ist Gründonnerstag. Dieser Hinweis ist zunächst nur für die Akteure von Bedeutung; das Publikum erfährt es aber sehr bald aus dem Dialog, der folgt. - Und noch ein drittes Beispiel:
Erster Akt
Wenn der Vorhang sich öffnet, sitzt Harald am Schreibtisch und tippt auf der Computer-tastatur; Lena saugt Staub. Harald ist sichtlich genervt vom Staubsaugergeräusch; Lena macht einen betrübten, weinerlichen Gesichtsausdruck, wischt sich ab und zu die Tränen ab. Es ist ein Samstag in den Vor-mittagsstunden.
Hier sehen wir zwei recht aktive Akteure auf der Bühne, wenn der Vorhang sich öffnet. Ein Mann und eine Frau. Ob sie verheiratet, bzw. Lebenspartner sind, wissen wir noch nicht; nehmen es aber an. Einen Konflikt sehen wir aber schon hier ohne Worte – ER – genervt vom Krach des Staubsaugers; SIE – sehr betrübt und traurig. Zusätzliche Requisiten benötigen wir hier nicht. (außer den Staubsauger) Das Bühnenbild sieht unverändert aus, so wie es vorher beschrieben wurde.
Wenn Sie den Spielbeginn beschrieben haben, beginnen Sie nun mit dem Dialog der 1. Szene des 1. Akts. Manche Autoren, die ein Erstlingswerk versuchen, machen den Fehler, dass sie am Anfang einen langen Dialog zur Einleitung schreiben. Das ist langweilig und ungeschickt. Fangen Sie sofort in der 1. Szene mit dem Geschehen an ohne lange Vorreden. Verwandtschaftsverhältnisse und der Konflikt müssen sich automatisch ergeben, während gespielt wird.
Wenn ich im Zuschauerraum sitze, erlebe ich es manchmal, dass der Spielleiter vor den Vorhang tritt, das Publikum begrüßt, und dann beginnt das Stück zu erklären und zu beschreiben. Manchmal sogar in allen Einzelheiten und auch mit Schlusspointe. Ich könnte in solchen Momenten auf die Bühne gehen und diesen Menschen erschlagen. Denn wenn mir vorher jemand das Stück erklären muss – welches ich mir ja gleich noch ansehen will – dann muss es so schlecht geschrieben sein, dass dieses nötig ist. Oder diese Person macht das, weil er davon ausgeht, dass das Publikum zu dumm ist, die Komödie zu verstehen. Eine dritte Möglichkeit wäre noch, dass soviel gestrichen wurde vom Text, dass eine Erklärung nötig ist. Als Zuschauer muss ich alles verstehen in einem Stück – ohne Ansage und Erklärung eines Spielleiters.
Wie könnte nun die erste Szene in Ihrem Stück aussehen?
Die Grundidee ist uns bekannt; und nun haben Sie einige Möglichkeiten, das Spiel beginnen zu lassen. Hier ein paar Beispiele: 1. Es befindet sich kein Spieler auf der Bühne, im Hintergrund hören wir Leni soeben eine Kundin verabschieden. Gleich darauf kommt sie in das Wohnzimmer. 2. Leni und ihre Kinder sitzen am Tisch. 3. Leni und ihr Enkel Daniel befinden sich im Raum. 4. Leni befindet sich im Laden, ihr Sohn und ihre Schwiegertochter sind im Raum und unterhalten sich schon über die Zukunft des Ladens und über Leni.
Sie sehen, es gibt viele Varianten das Geschehen beginnen zu lassen. Für welche sie sich entscheiden bleibt Ihnen überlassen. Das A und O für eine dramaturgisch korrekte Komödie ist der Konflikt, der sich am besten gleich in den ersten 5 Minuten des Stücks herausstellt; oder aber sich recht schnell im Laufe des ersten Aktes entwickelt. Nur ein Konflikt ist die Ausgangsbasis für ein spannendes, unterhaltsames Theaterstück. In unserem Fall bedeutete das, es sollte recht schnell dazu kommen dass das Publikum darüber informiert wird, was die Kinder von Leni im Schilde führen.
Hin und wieder bekomme ich von Nachwuchsautoren Manuskripte zugeschickt. Diese bitten mich dann immer um eine ehrliche Stellungnahme, bevor sie es einem Verlag anbieten möchten. Ich mache das sehr ungern, weil ja auch dramaturgisch korrekte Stücke immer eine Sache des Geschmacks sind. Aber davon abgesehen kann ich den Schreib-Debütanten ehrlich mitteilen, ob es gravierende Fehler in Ihrem Manuskript gibt. In manchen Werken die ich lese, passiert einfach nichts. Wenn zwei oder drei Akteure im ersten Akt 20 minutenlang ein nettes Gespräch führen, alle sind sich einig, jeder ist freundlich, niemand hat ein Problem und der Zuschauer beginnt sich zu fragen was das eigentlich soll, dann ist das definitiv ein langweiliges, schlechtes Stück. Es muss etwas passieren auf der Bühne. Wir brauchen einen Konflikt! Merken Sie sich den folgenden Satz:
„Kein Konflikt ist ungeschickt!!!“
Ich mache Ihnen hier jetzt einmal einen Vorschlag wie unser Stück in der ersten Szene beginnen könnte:
(Wenn der Vorhang sich öffnet, stehen Rudolf und Ina schweigend im Raum. Sie schauen beide etwas sehr unsicher drein. Von hinten hört man wie Leni gerade eine Kundin verabschiedet)
Falls wir uns dafür entscheiden sollten, bekommt das Publikum den Konflikt dieses Stücks sicher sofort in der ersten Szene präsentiert. Man ahnt schon, dass Rudolf und Ina mit Leni reden möchten. Wie wäre es aber hiermit:
(Wenn der Vorhang sich öffnet, ist kein Spieler auf der Bühne. Leni kommt sodann mit einer Geldkassette von hinten, setzt sich an den Tisch; beginnt das Geld zu zählen. Gleich darauf kommt Daniel von rechts dazu)
Hier erfahren wir zunächst etwas von Leni und ihren Laden, lernen Daniel kennen, und haben nun die Möglichkeit den Konflikt ein wenig später auftauchen zu lassen. - Wie lange es dauert, bis sie dem Publikum mit dem Konflikt im Stück konfrontieren, ist Ihnen überlassen. Wichtig ist jedoch das der Konflikt überhaupt auftaucht.
8. Kapitel
Dramaturgie und Handlungsfaden
Ein Theaterstück ist immer oder zumindest in den meisten Fällen in mehrere Akte eingeteilt. Im ersten Akt bauen Sie den Konflikt auf und das Publikum wird über die Figuren informiert. In dem nächsten Akt entwickelt sich die Handlung und kommt zu Höhepunkten – und im letzten Akt klären wir den Konflikt und beenden es. Zufriedenstellend für die meisten Figuren im Stück – auf jeden Fall aber befriedigend für den Zuschauer.
Jedes Stück hat natürlich eine Haupthandlung, kann aber auch eine oder mehrere Nebenhandlungen enthalten. Die Haupthandlung in unserem Stück ist natürlich Leni und ihr Laden, und was aus beiden wird. Eine Nebenhandlung könnte z.B. sein das Rudolf eine Geliebte hat, Daniel eine erste bzw. neue Freundin, Eheprobleme von Leni´s Freundinnen oder manch anderes. Haupt – und Nebenhandlung kann man auch wunderbar miteinander verstricken.
Wenn sie nun mit dem Schreiben Ihres ersten Akts beginnen, möchte ich zunächst auf einen Fehler hinweisen, den ich schon sehr oft in Manuskripten gelesen habe, die mir von Nachwuchs-Autoren zugesandt wurden. Den sollten sie auf gar keinen Fall machen:
Die Dauer eines Akts ist in der Regel 25-35 Minuten lang. (wenn es sich um einen 3 oder 4-Akter handelt) In einem Akt sollte es keine Zeitverschiebungen geben. Das heißt, wenn in Ihrem Stück die erste Szene am Frühstückstisch um ca. 8 Uhr beginnt, endet der erste Akt um 8.30 Uhr. Starten Sie den zweiten Akt am Nachmittag um ca. 15 Uhr, endet der zweite Akt ganz sicher nicht am späten Abend oder in der Nacht, sondern gegen 15.30 Uhr. In einem Spiel-Akt ist die Zeit real. Falls es Ihnen aber mal nicht möglich ist, in einem Akt eine Zeitverschiebungen zu vermeiden, sollten sie das sehr geschickt lösen (z.B. Wechsel vom Abend zum Morgen mit Musik und Lichteffekten o.a.) Und zwar so, dass der Zuschauer diese Zeitverschiebungen auch mitbekommt. Dieses sollte in einer angemessenen Pause ohne Akteure auf der Bühne passieren. Am besten vermeiden Sie jedoch solche Dinge. Zwischen den Akten können Sie mit der Zeit spielen, wie es Ihnen beliebt. Das dürfen Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Monate oder sogar Jahre sein. – IN einem Akt besser nicht! – Ich habe schon Manuskripte gelesen und sogar schon Theaterstücke gesehen, da beginnt der erste Akt beim Frühstück und endet 25 Minuten später, in dem die Hauptakteurin zur Disko geht. (Was ist das für eine Disko, frag ich mich dann – die morgens um 8 Uhr schon geöffnet hat?) Und im Dialog wird dann meistens auch noch sehr deutlich gesagt, dass plötzlich später Abend ist. Wie soll ich da als Zuschauer noch klarkommen? Machen Sie solche Fehler bitte nicht.
Sie sollten während des Schreibens im Geiste immer bei jedem der einzelnen Figuren sein. Wo ist dieser gerade – was tut er oder sie? – Somit vermeiden Sie es, dass unsere Leni ins Schlafzimmer geht und in der nächsten Szene von draußen wieder hereinkommt. In einem solchen Fall muss sie wohl durchs Fenster geklettert sein. Und wenn dieses im Stück nicht vorgegeben wird und es dafür keinen Grund gibt, wundert sich der Zuschauer. – Ebenso verhält es sich mit der Dauer der Abwesenheit der Akteure. Falls eine Figur z.B. einen großen Einkauf erledigen soll, dauert dieses seine Zeit. Achten Sie darauf, dass diese Zeit auch ungefähr eingehalten wird. Der Zuschauer hat ein sehr scharfes Auge und sieht und bemerkt alles, oder zumindest vieles. Wenn also ein Akteur den Raum verlässt zum Einkaufen, kann dieser nicht schon nach zwei Minuten mit vollen Taschen wieder zurückkommen. Überlegen Sie mal, wie viel Zeit SIE für Ihren Einkauf benötigen. Lassen Sie diesem Akteur in Ihrem Stück also auch die angemessene Zeit dafür oder ihn in diesem Akt gar nicht wieder auftreten, wenn es nicht nötig ist.
Wenn Sie nun mit dem Schreiben des ersten Akts beginnen, dann denken Sie bitte daran, dass jeder Satz welcher gesagt wird von Ihren Figuren, auch einen Sinn haben muss. Sie sollten sich beim Schreiben darauf konzentrieren. Stellen Sie sich immer selbst die Frage: „Warum sag dieser Akteur das?“ Sie wissen nicht genau, was und wie ich das meine? Okay; schauen Sie mal:
Anne: (nach einer kleinen Überlegungspause) Was hältst du von einem neuen Tee-Service?
Florian: Haben Mutter und Vater doch erst zum 20. Hochzeitstag von Mutters Schwester bekommen. Zumindest sechs Tassen. Und den Rest hat sie sich selbst gekauft. Du weißt doch, das mit den lila Blumen.
Anne: Stimmt. (streicht auf dem Block etwas aus)
Florian: Irgendein schönes Bild an der Wand – das ist doch was für die Ewigkeit.
Anne: Oooh... wie langweilig. Und was soll da für ein Motiv drauf sein? Eine nackte Frau fürs Schlafzimmer?
Florian: Mir könnte so etwas gefallen. (schmunzelt)
Anne: Ja sicher. Vergiss das besser schnell. Es sollte etwas Ausgefallenes sein. Vor allem soll es ja nicht nur Vater gefallen.
Florian: Wieso muss ein Geschenk zur silbernen Hochzeit der Eltern überhaupt ausgefallen sein?
Anne: Na, weil wir die Kinder sind, darum! – Mann, das kann doch nicht so schwer sein.
Florian: Was hältst du von... – Mutter spricht schon seit Wochen davon, dass ihre Töpfe ständig anbrennen. – Ja, ein neues Topf-Set – davon haben wir alle was.
Anne: Florian! Das ist ja das Letzte! Haushaltsgeräte und Töpfe schenken Kinder nicht zu einer Hochzeit.
Florian: Wieso nicht? Besser etwas praktisches als irgendeinen Blödsinn, womit sie doch nichts anfangen können.
Anne: Wenn ich jemals heiraten sollte und mein Mann schenkt mir an unserem Hochzeitstag einen Toaster oder einen Eierkocher – nein, den würde ich erst gar nicht heiraten.
Sie erkennen ganz deutlich, dass sich hier ein Geschwisterpaar Gedanken über ein passendes Geschenk für ihre Eltern macht – und zwar zur Silbernen Hochzeit. Einig werden sie sich jedoch nicht. Der Sohn denkt eher praktisch, die Tochter ist eher romantisch und will es „richtig“ machen. Durch jeden einzelnen Satz im Dialog lernen wir auch viel vom Charakter der beiden kennen. Und jeder Satz, den die beiden sagen, macht Sinn und gibt dem Zuschauer Informationen.
Vermeiden Sie also unnötiges Blabla, nur weil Sie der Meinung sind, Ihre Szene dürfte noch ein bisschen länger sein. Schreiben Sie nicht einfach irgendwas auf; bleiben Sie immer bei der Sache. Mit der Zeit haben Sie das schnell im Griff. Aber wenn Sie das erste Mal ein Stück schreiben, denken Sie bitte immer wieder daran: „Warum sagt Figur X das jetzt?“ und „Warum antwortet Figur Y so darauf?“
Als nächstes schlage ich Ihnen nun vor, wie unsere Komödie beginnen könnte in der ersten Szene:
1.Szene
Leni: (kommt von hinten aus dem Laden. Sie hat eine Geldkassette und ein Kassenbuch in der Hand, geht damit zum Tisch, setzt sich, beginnt dann das Geld zu zählen, schreibt Zahlen in das Buch. Sie macht einen leicht erschöpften Eindruck, trägt normale, alltägliche Kleidung)
2.Szene
Daniel: (kommt von rechts herein, nachdem er kurz davor angeklopft hat. Er trägt sportliche, sommerliche Kleidung) Hallo Tante Emma.
Leni: (erfreut, ihn zu sehen) Daniel, mein Junge.
Daniel: (geht zu ihr, gibt ihr einen Kuss auf die Wange) Zufrieden mit dem Tages-Umsatz?
Leni: Du kennst mich ja. Ich bin immer zufrieden. Und hör auf mich Tante Emma zu nennen.
Daniel: Entschuldige Oma Leni. – Kann ich noch ´ne Schachtel Zigaretten haben?
Leni: Du sollst nicht soviel rauchen. Das…
Daniel: (fällt ihr ins Wort) …schadet Deiner Gesundheit, lässt die Haut altern, kann impotent machen, stinken tut es sowieso… - Oma, aufhören ist gar nicht so einfach.
Leni: Deinem Großvater ging es damals ähnlich. Der konnte die Finger auch nicht davon lassen. Und er ist nur 73 Jahre alt geworden.
Daniel: Oma bitte. Großvater hatte einen Unfall.
Leni: (leicht betrübt) Ich weiß. Lass uns nicht davon reden. Bedien Dich nur.
Daniel: (streichelt ihr die Schulter, geht dann nach hinten in den Laden)
Leni: (schaut lächelnd zu ihm hoch, widmet sich dann wieder ihrer Abrechnung)
3.Szene
Ina: (kommt ohne anzuklopfen gefolgt von Rudolf herein. Beide tragen sommerliche Kleidung. Ina macht einen sehr resoluten Eindruck) Guten Abend, Schwiegermutter.
Rudolf: (begrüßt sie ebenfalls kurz) Mutter.
Leni: (leicht erschrocken) Huch, ihr? Ich bin noch bei der Tages-Abrechnung. (steht auf) Was darf ich Euch anbieten? Einen Tee?
Ina: (bestimmend) Schwiegermutter, setz Dich wieder. Wir müssen reden.
Leni: (verunsichert, setzt sich langsam wieder) Ja? Was ist denn los? Du schaust so ernst, Ina.
Rudolf: Mutter, wir wollten schon vor Wochen mit Dir reden. Aber wir haben es immer wieder verdrängt.
Ina: Genau! Aber jetzt können und wollen wir nicht länger warten.
Leni: Das hört sich sehr dramatisch an. Hab´ ich irgendwas verbrochen?
4.Szene
Daniel: (ist während des letzten Satzes von hinten aus dem Laden zurückgekommen; hat eine Packung Zigaretten in der Hand, wundert sich) Oh – Familientreffen?
Ina: Was machst Du denn hier? – Ich denke Du bist beim Fußball-Training.
Daniel: Fällt aus. (ahnt böses) Oh oh… Euer Gesichtsausdruck sagt mir, dass ihr nicht zum Kaffee hier seid.
Rudolf: Wir müssen es ihr endlich sagen, Daniel.
Daniel: Das könnt ihr nicht machen. Nicht so.
Leni: Was denn?
Rudolf: Wie lange sollen wir das denn noch mit uns herumtragen?
Daniel: Papa.
Leni: Meine Güte, was ist denn los? Was wollt ihr mir denn endlich sagen?
Ina: Das Du den Laden schließen musst und ins Altersheim sollst! – So, nun ist es raus!
Wenn das Stück so beginnt, ist der Konflikt schon nach wenigen Minuten da. Sie haben dem Publikum schon sehr viele Informationen mitgeteilt über Verwandtschaftsverhältnisse und Charakter der Figuren. Leni ist Witwe haben wir erfahren; das Verhältnis zu ihrem Enkel ist sehr gut; Leni will sofort ihre Abrechnung unterbrechen und ihren Kindern etwas anbieten; Daniel weiß auch von dem, was seine Eltern vorhaben – ist aber wohl dagegen; Sohn und Schwiegertochter sind recht barsch in ihrer Art. Es passt den beiden nicht, dass ihr Sohn anwesend ist. Sehr viele Informationen auf nur 3 Text-Seiten.
Wir könnten allerdings auch noch warten, bis Ina und Rudolf auftreten. Vielleicht würde es Ihnen besser gefallen, wenn Daniel seine Oma erst einmal vorsichtig einweiht über das, was seine Eltern vorhaben. Es ist auch möglich, dass Leni´s Freundin zufällig mitbekommen hat, welche Pläne Ina und Rudolf mit Leni haben, und diese als erste die Szene betritt. Sie sehen – vieles ist möglich. Nehmen Sie das, was Ihnen am besten gefällt oder finden Sie einen völlig anderen Weg und auch einen anderen Anfang des Stücks. Es ist Ihr Stück!
Wir bleiben aber mal bei meinem Vorschlag. Wie könnte das Stück also weitergehen? Schreiben Sie! Schreiben Sie jetzt! Wie reagiert Leni? Was tut Leni als nächstes? Was kann der Enkel Daniel für Leni tun? Wie lange dauert das Gespräch? Wer geht – und wer kommt in der nächsten Szene?
Was wird aus Leni und aus ihrem Laden? Das ist der rote Faden, der sich durch die ganze Komödie ziehen muss - bis zum Schluss.
Lassen Sie Ihre Phantasie spielen und schreiben Sie es auf!
Hier nun einige Tipps, die Sie befolgen sollten:
Vermeiden Sie es, Dialoge zu schreiben, die über 10 Minuten dauern und bei denen nichts passiert außer einem Gespräch ohne Hoch - und Tiefgang. Das wird schnell langweilig für den Zuschauer. Es sollte ständig etwas passieren. Bauen Sie Spannung auf. Füllen Sie einen Akt Ihrer Komödie mit mindestens 8 Szenen. Wenn es mehr werden ist das vielleicht manchmal noch besser. Versuchen Sie bitte nicht, in Ihrem Dialog die Menschen im Zuschauerraum mit derben Ausdrücken zum Lachen zu bringen. Wenn sich etwas Komisches nicht aus Dialog, Text und Situationskomik ergibt, dann ist es schlecht geschrieben. Nichts ist schlimmer, als den Zuschauer mit schweinischen Worten zum „Schenkel-Klopfen“ zu bewegen.
Sie werden sich fragen, was ist denn eigentlich komisch? Worüber lacht das Publikum? Was darf ich schreiben? Was ist nicht mehr komisch sondern platt und was geht unter die Gürtellinie?
Erste Regel: Der Zuschauer weiß über das Geschehen auf der Bühne immer mehr als die Akteure!!!
Das ist schon mal die erste gute Basis für ein dramaturgisch korrektes Werk. Sie wissen, was ich meine?
Wenn sich jemand im Raum versteckt und die anderen Anwesenden bemerken diese Person nicht. Das Publikum weiß das aber. Und die versteckte Person, hört den Dialog der Anderen. Das ist Spannung und Komik zugleich.
„Wer anderen eine Grübe gräbt, fällt selbst hinein“
Wer kennt diesen Satz nicht?
Jemand stellt einem Anderen eine Falle und wartet darauf, dass dieser hineintappt. Das kann alles Mögliche sein: Ein vergiftetes Getränk, manipulierte Speisen, eine Rattenfalle, ein Brief, ein Telefongespräch und und und...
Eine ganz andere Person oder derjenige, der die Falle selbst gestellt hat – fällt dann darauf rein. Da ist komisch für den Zuschauer und für die Figur auch sicher gerechtfertigt.
Verwechslungen kommen auch immer sehr gut an in Komödien. Eine Person kann ebenso verwechselt werden wie ein Gegenstand, ein Haus, ein Termin und manch anderes.
Missverständnisse in einem Gespräch sind auch komisch. Figur A erzählt über sein Schiff, welches Antje heißt – Figur B glaubt, dass dieser von seiner Ehefrau redet, die denselben Namen trägt.
Umkehrfaktoren sind köstlich, verrückt und sogar ein bisschen der Trend – glaube ich - für Komödien ab 2008:
Ein Mann verhält sich wie eine Frau oder umgekehrt. Warum ist das passiert?
Viagra für Frauen – was geschieht?
Männer als Prostituierte – wie sieht das aus?
Männer, die Striptease machen.
Eine Frau als Maurer.
Oder eine Frau als Bundeskanzlerin (ups, das gibt´s ja „leider“ schon)
Das sind nur ein paar Anregungen, die ich fast alle schon in meinen Stücken verarbeitet habe. Es gibt noch sehr viel mehr davon. Wenn Sie diese Dinge in Ihrer Komödie geschickt und richtig anlegen, kann es nur komisch werden.
Oder erfinden Sie etwas, was es im wahren Leben noch nicht gibt. Auch das kann sehr lustig auf der Bühne aussehen:
Ein Vertreter bietet Produkte an, die eigentlich recht sinnvoll sind und die es bisher nicht zu kaufen gab – Dauerwellen-Präparate, die über Monate halten; Haarwuchsmittel mit extremen Schnellwuchs-Effekt; Slip-Einlagen für Männer; Schokolade, die die Intelligenz sehr schnell fördern und so weiter. Das Dumme ist nur, dass diese Produkte viele Nebenwirkungen haben. Malen Sie sich schon aus, was daraus alles passieren könnte? Ich hab´ dieses Thema in „Haben wir nicht – gibt es nicht“ aufgegriffen.
Oder gehen wir in den medizinischen Bereich. Ein Hobby-Chemiker erfindet ein Serum, welches den Schweißgeruch bei Menschen komplett unterbindet. Nie wieder übler Geruch. Grundsätzlich eine wunderbare Sache. Aber er benötigt dazu freiwillige Testpersonen, und dieses Serum hat stark konzentrierte Hormone und die Menschen verändern sich. („Der verrückte Professor“) Solche Themen sind absolut verrückt, ja - aber publikumswirksam.
Komische Figuren in einer Komödie sind auch immer sehr wirksam. Wenn ich von „komische Figur“ rede, dann meine ich damit, dass diese Figur sich in vielen Dingen unterscheidet von den anderen. Das können Makel oder anderes sein, wie ein Sprachfehler*, eine Person, die kein deutsch spricht oder einen Dialekt; Personen, die etwas linkisch oder weniger gebildet sind; farbige Akteure; anders gekleidete Personen und manch anderes. Solche Figuren bringen Schwung ins Spiel und sind in den meisten Fällen schnell die Lieblinge beim Publikum. Dabei müssen das absolut keine tragenden Rollen für diese Figuren sein. Sogar in kleinen Rollen in einer Nebenhandlung können diese „komischen Figuren“ sehr wichtig und komisch sein.
*Ich selbst bin kein Freund davon, eine Figur mit einem Sprachfehler einzubauen.
Ihre Figuren im Stück sollten unterschiedlich sein. Wenn alle gleich sind – schon vom Charakter her – wo soll da die Dramatik und ein Konflikt auftauchen?
Ich komme nun zu einem recht heiklen Thema – zur Sprache und Ausdrucksweise. Schauen Sie sich mal einen Film an aus den 70er Jahren. Einen Klassiker mit Theo Lingen oder Roy Black. War das nicht eine schöne Zeit? Ja, das war sie. Aber ehrlich – können Sie sich noch heute genauso für die Handlung und den Dialog dieser alten Filme begeistern wie damals? (Wenn Sie noch keine 30 Jahre alt sind, werden Sie diese Filme eh nicht kennen; leihen Sie sich diese einmal aus Ihrer Videothek aus und urteilen Sie darüber) Ich lache nur noch in ganz seltenen Szenen über solche Filme. Es ist eher „unkomisch“ komisch, was da gezeigt wird. Die Zeit hat alles verändert.
Wenn Sie sich heutzutage jedoch im Fernsehen einen Film anschauen im Abendprogramm sehen Sie oftmals viel nackte Haut. Die Bettdecke, die in den 70ern eine große Rolle spielte, ist heutzutage verschwunden. Und nicht nur das. Auch verbal hat sich sehr vieles verändert. Zeitgenössische Filme müssen sicher so sein. Und es ist ja auch nicht falsch. Erinnern Sie sich an die Serie „Sex and the city“ ? Das ist beste Unterhaltung – aber jede Folge beinhaltet mindestens 50 sexuelle Worte, die nicht zu meinem täglichen Wortschatz gehören. Und zu Ihrem wahrscheinlich auch nicht.
Was unterscheidet also die Unterhaltung von Fernseh-Serien oder einem TV-Spiel-Film von einem Bühnenstück in Bezug auf verbaler, „offener“ Sprache und optischer Freizügigkeit?
Ganz genau kann ich Ihnen das auch nicht sagen. Fakt ist: Theater auf der Bühne ist immer live !
Sie werden sich nun fragen, was Sie auf der Bühne zeigen und sagen dürfen. Und damit meine ich natürlich, was Sie geschrieben vorgeben, welches dann von den Akteuren wiedergegeben werden soll.
Nun, der Bereich Theater ist ja sehr umfangreich. In Schauspielhäusern u.a. treten in manchen Stücken verschiedentlich oft Darsteller splitternackt auf – und es wird alles ausgesprochen, was man nur aussprechen kann. Ich bin aber in erster Linie für Volksbühnen zuständig – und hauptsächlich für Laiengruppen.
Ich glaube nicht, dass irgendein Laiendarsteller nackt auftreten würde. Ganz davon abgesehen, möchte ich das als Zuschauer auch gar nicht sehen in einem Volksstück. Vor allem ist das nicht komisch, meine ich.
Liebe und Sex ist aber auch im Volkstheater ein großes Thema. Als Zuschauer möchte ich Bilder im Kopf haben, was sich im Raum nebenan abspielen könnte. Wenn Sie eine leere Bühne sehen, nebenan steht eine Tür offen und von dort hören Sie als Zuschauer Stimmen von Mann und Frau, die nicht zu obszön sind; und der Mann kommt dann einige Zeit später im Slip leicht verschwitzt und zufrieden auf die Bühne, dann kann sich jeder vorstellen, was dort passiert ist. Ich finde das viel reizvoller, als wenn sowas auf der Bühne wirklich passieren würde und gezeigt wird.
Bei der Aussprache denke ich ebenso darüber. Selbstverständlich dürfen auch Laiendarsteller in unserer Zeit die Worte „blasen“, „bumsen“ und „ficken“ aussprechen. Wenn Sie der Meinung sind, Sie müssen das so in Ihrem Theaterstück schreiben, dann spricht eigentlich nichts dagegen. Aber glauben Sie mir – 99% aller Akteure würden eh andere Worte dafür benutzen bei den Aufführungen vor Publikum.
Ich benutze diese Worte in meinen Stücken überhaupt nicht!
Dieses Thema hat schon zu heftigen Diskusionen geführt, und man hat mich schon darauf angesprochen, warum ich so verklemmt wäre in meiner Aussprache in den Dialogen meiner Stücke. Ich denke aber nicht, dass ich verklemmt bin. Denn ich kann das ganz einfach erklären, warum ich mich gegen diese Worte wehre:
Zunächst einmal ist es so, das „Bumsen & Co.“ nicht zu meinem täglichen Sprachgebrauch gehören. Wenn ich als Gast im Saal eines Theaters sitze und mir eine Komödie ansehe, dann will ich doch von dem Geschehen gefesselt werden. Ich lebe mit den Darstellern. Ich habe doch auch Bilder im Kopf von dem, was nicht auf der Bühne passiert; was mir aber mitgeteilt wurde von den Akteuren. Wenn jemand einkaufen gehen will, habe ich für einige Sekunden den Supermarkt vor Augen. Geht jemand duschen, ist das ebenso.
So verhält es sich nun mal mit dem gesprochenen Dialog. Erzählt ein Darsteller, dass er eine Katze erschlagen hat, sehe ich das einen Moment lang. Berichtet jemand davon, dass er eine Bank überfallen hat, stelle ich mir auch das vor. Es ist ähnlich wie beim Lesen eines Romans. Wenn Sie ein gutes Buch lesen, haben Sie doch auch diese Bilder vor Augen. Sie stellen sich die Personen, Häuser, Orte, Gegenstände und das Geschehen aus einem Roman bildlich vor.
Wenn eine der Darstellerinnen auf der Bühnen sagen würde: „Hach, ich möchte es gerne mal mit meinem Chef hemmungslos auf dem Küchentisch machen“, dann habe ich für einen Moment dieses Bild vor Augen. Außerdem ist dieser Satz komisch und ich lache darüber.
Was aber würde passieren, wenn ich verbal nicht länger so verklemmt sein möchte und schreibe genau das auf, was ich eigentlich meine, nämlich: „Hach, möchte mit meinem Chef ficken“.
Ich wäre als Zuschauer geschockt. Schock-Momente sind in vielen Stücken angebracht und sicher auch manchmal wirksam – aber dennoch werden Sie in meinen Werken diese besagten Worte niemals lesen. Ich möchte mich als Zuschauer lieber amüsieren und meine eigenen Bilder im Kopf haben, als dass mich im Dialog ein Akteur auf der Bühne mit seinen Worten schockt.
Das ist meine Meinung dazu. Wenn Sie das anders sehen – Sie wissen ja, dass es keine Gesetze gibt.
Ebenso verhält es sich mit der Frage, wo die Grenze spielerisch erreicht ist? Ich habe schon einige Komödien mit mannstollen Frauen geschrieben, die recht pikant sind. Natürlich dürfen sich diese Akteure ausziehen. Bis zur Unterwäsche gehe ich da auch. Aber dann wäre es besser, das folgende findet im Raum nebenan statt oder die Szene wird unterbrochen. Wenn Sie dennoch einen Schritt weitergehen und sich auch sprachlich äußerst derb ausdrücken, fühlt der Zuschauer sich wie in einem Schmierentheater – und das wollen Sie doch nicht. Einen gewissen Anspruch und Niveau sollte Ihre Komödie schon mitbringen. Finden Sie also das richtige Maß an Erotik und lassen Sie es knistern. Erschlagen Sie das Publikum nicht mit verbaler Schweinerei. Das ist dumm und platt.
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Wenn Sie zum Ende kommen bei einen Akt, dann lassen Sie es so spannend enden, dass der Zuschauer es kaum abwarten kann, wie Ihre Komödie weiter geht. Besonders zum Ende der einzelnen Akte ist es wichtig, dass der Handlungsfaden gewisse Höhepunkte erreicht.
Wenn Sie schreiben, denken Sie immer aus der Sicht des Zuschauers. Der Zuschauer braucht die Informationen – nicht die Figuren auf der Bühne.
Vergessen Sie auch nicht die Spielanweisungen im Dialog. Dieser sollte in Klammern stehen. Spielanweisungen sind für die Akteure ganz wichtig.
Ein Beispiel:
Gerda: Genau! Wo bleibt Manni eigentlich so lange? Der müsste doch mit dem Melken fertig sein. Ist ja schon nach acht. (geht zur Tür nach hinten, ruft dorthin:) Manni. M a n n i !!! (kommt zurück, schmiert ein Butterbrot, belegt es mit Käse o. a.)
Arno: (sieht weiterhin interessiert in das Heft) Und ausmisten müssen wir dann gar nicht mehr?
Heinrich: Ach was. Das fällt alles in den Kanal.
Arno: (zeigt auf ein Bild) Und sieh mal, wie viel Platz die Kühe dann haben.
Heinrich: Eben! Da fühlen sie sich sicher rundum wohl, und bessere Milch geben sie dann auch.
Gerda: Was hat denn mehr Platz mit besserer Milch zutun?
Heinrich: Gerda; wie oft bist du am jammern und klagen, wenn du deinen alten Hüfthalter trägst?
Gerda: H e i n r i c h !!!
Arno: (muss lachen)
Ich habe Ihnen die Spielanweisungen hier in „kursiv“ abgedruckt, zum besseren Verständnis. Der Akteur auf der Bühne muss von Ihnen – dem Autor, bzw. der Autorin – nicht nur erfahren, was er zu sagen hat, sondern auch was er gestisch tun muss, wann er geht, wann er hineinkommt usw. Sparen Sie nicht mit Ihren Spielanweisungen, übertreiben Sie es mit Ihrer Ausführung aber auch nicht.
Zum Schluss möchte ich nochmal zurückkehren zu meinem Vorschlag: Die Komödie mit Leni, dem Laden und ihren Kindern, die sie ins Pflegeheim abschieben wollen. Falls Ihnen diese Idee gefällt und Sie daran schreiben möchten, würde ich mich freuen. Lassen Sie Ihrer Phantasie freien Lauf, was alles passieren könnte in diesem Stück.
Sie dürfen mir gerne Ihre ersten Schreibversuche zusenden. Ich werde mich ganz bestimmt damit auseinandersetzen und Ihnen ehrlich antworten.
Auf meiner Webseite www.Theater-Schmidt.de finden Sie im Impressum meine Kontaktdaten.
9. Kapitel
Happy End?
In unzähligen Theaterstücken (besonders bei den Klassikern) weiß der Zuschauer schon nach dem ersten Konflikt zwischen junge Frau und junger Mann: „Am Ende kriegen sie sich doch!“ – Warum machen Autoren das? Weil das Publikum zum Schluss gerne ein schönes Ende sieht? Der Autor will es „gut“ machen am Ende? - Ich selber habe das auch in vielen Stücken so gemacht. Weil ich es aus anderen Stücken so kenne. Aber in den meisten meiner zuletzt geschriebenen Werke habe ich mich davon etwas distanziert. Es muss – und es kann sogar nicht immer gut enden. Manchmal ist das sogar völlig unrealistisch. Denken Sie also zunächst nicht an zwei junge Menschen im Stück, die sich nicht mögen – sich aber am Ende des Stücks doch in die Arme fallen. Das kann passieren; muss aber nicht sein. Schreiben Sie einfach Ihre Geschichte auf. „Friede, Freude, Eierkuchen“ ist nicht immer nötig und auch nicht immer sinnvoll. Im wahren Leben läuft es manchmal auch nicht so.
Verstehen Sie das aber nicht falsch. Der Zuschauer möchte schon gerne nach Hause gehen und die meisten Ungereimtheiten des Stücks aus dem Weg geräumt haben; oder sich zumindest selbst ausmalen, was sich nach dem letzten Vorhang noch entwickeln könnte. Der Konflikt sollte aber geklärt werden – wie auch immer. Das muss nicht immer zur Zufriedenheit aller beteiligten Akteure sein; aber finden Sie eine Lösung für ein zufriedenes Publikum.
Kennen Sie meine Komödie „Praxis Dr. Freesemann?“
Harald Freesemann schreibt seit Jahren Bücher, die leider von den Verlagen nicht herausgegeben werden. Somit muss seine Frau Lena für beide den Unterhalt als Putzfrau verdienen. Eines Tages zieht im Stockwerk über ihnen ein neuer Mieter ein. Die Nachbarin Gisela weiß zu berichten, dass es sich um einen „Gehirnklempner“ handelt, wie sie sich ausdrückt. Zufällig heißt dieser mit Nachnamen ebenfalls Freesemann. Lena und Harald sind gar nicht erfreut über diese Namensgleichheit, weil sie nun viele Störungen von den Patienten erwarten. Immerhin müssen diese an den ersten Stock vorbei, wenn sie von Dr. Horst Freesemann behandelt werden wollen. Doch schon hat der erste Patient die Türen verwechselt und tritt bei Harald ein. Da dieser Mann verzweifelt ist und behandelt werden will und dafür sofort einige Hunderter auf den Tisch legt, wittert Harald seine Chance und behandelt munter drauf los. Und dann erscheint plötzlich der wahre Psychiater und will sich auch von Harald behandeln lassen. Denn dieser leidet selbst an einer merkwürdigen endogenen Psychose...
Dieses Stück endet praktisch im Chaos. Der Zuschauer geht aber nicht unzufrieden nach Hause. Die finanzielle Not des Hauptdarstellers hat ein Ende, weil er nebenbei ein Manuskript geschrieben hat über das Geschehen auf der Bühne mit dem „wahren“ kranken Psychiater. Dieses hat seine Frau zu einem Verlag gesandt und es wird verlegt. Die Nachbarin, die dahinter gekommen ist, dass Harald Patienten behandelt, obwohl er kein Arzt ist, wird mit einer Reise zum Schweigen gebracht. Von den psychisch kranken Figuren im Stück wird jedoch niemand geheilt. Im Gegenteil. Zum Schluss werden sogar noch die „normalen“ verrückt!
Und so ist es dramaturgisch okay. Der Hauptkonflikt wurde gelöst – aber es gibt neue Probleme. Das Stück ist abgeschlossen; der Zuschauer darf zufrieden gehen, darf sich aber auch Gedanken darüber machen, was denn danach noch passieren könnte.
Wir alle kennen das auch aus dem Kino oder Fernsehen. Wie oft haben wir schon einen sehr spannenden Film verfolgt und plötzlich... aus! – Das machen Produzenten und Drehbuchautoren oft. Sie erzählen uns die Geschichte, klären das Hauptproblem irgendwie, aber beenden es nur indirekt. Im Theater ist es nicht ganz so – aber manchmal recht ähnlich.
Wenn es Ihnen aber besser gefällt, ein Theaterstück doch mit einem Happy-End zu füllen, tun Sie das. Gar nichts spricht dagegen. Ich wollte Sie nur darauf aufmerksam machen, dass es da keine Regeln gibt.
10. Kapitel
Inhalt und Titel
Für den Verlag und auch für die Gruppen sollten Sie den Inhalt Ihres Stücks gleich auf den ersten Seiten Ihres Manuskripts schreiben. Wenn Sie schon vieles wissen, was in dem Stück passieren soll, dürfen Sie das auch vor dem eigentlichen Schreiben machen. Auf halber Strecke oder nach dem Beenden des letzten Akts ist das aber auch möglich. Mit dem Inhalt präsentieren Sie praktisch Ihr Stück. Verlage ändern diesen meistens nicht ab. Denken Sie daran, dass viele Theatergruppen diesen Inhalt auch für ihre Werbung in Flyern, Programmheften und für die Presse übernehmen. Deshalb beschreiben Sie den Inhalt bitte ausführlich und interessant – aber nicht mehr als eine DIN A5 Seite. Und verraten Sie niemals die Schluss-Pointe! Sie möchten ein paar Vorschläge, wie Inhalte aussehen können? – Bitte:
Alida Neumann sieht in ihrer Ehe mit Ingo keinen Sinn mehr und will sich mit Schlaftabletten das Leben nehmen. Ingo hat sich und seine Frau mit „falschen“ Aktien und dem viel zu großen Haus in den finanziellen Ruin getrieben, und somit hat das Ehepaar mehr als 300.000 Euro Schulden. Alida glaubt außerdem, dass Ingo ein Verhältnis mit einer anderen hat, da er in letzter Zeit viele Briefe und Anrufe von Frauen bekommt. Ingo hat verlangt, dass Alida vier Lebensversicherungen zu je 150.000 Euro abschließen soll. Alida denkt, sie soll von ihrem eigenen Ehemann ermordet werden und wählt deshalb vorher lieber den Freitod. Doch dazu kommt es nicht; denn Ingo´s Plan sieht ganz anders aus: Er inseriert in diversen Zeitungen, dass er Fotomodelle sucht und lädt diese zu sich ein. Er sucht ein Ebenbild seiner Frau Alida – zumindest in Größe und Gewicht. Diese will er dann betäubt in das Auto seiner Frau setzen, einen Abhang hinunterstürzen lassen; um so mit einem vorgetäuschtem Unfall seiner „Ehefrau“ das Geld für die Lebensversicherung zu kassieren. Danach wollen sich Alida und Ingo ins Ausland absetzen. – In Gabi Koch findet Ingo schließlich das perfekte Opfer. Doch ungewollt verliebt sich Ingo in sein Model und wirft den Plan um, indem er nun doch seine Alida in das Auto setzen will. Gabi erfährt kurz vor dem geplanten Mord zufällig von Alida, welchen Plan Ingo zunächst hatte; kann es kaum fassen, dass sie umgebracht werden sollte. Die beiden Frauen freuen sich nicht nur an, sondern entdecken auch die Liebe zueinander und schmieden dann den Plan, Ingo zu beseitigen. Doch die mit Zyankalie vergiftete Cola wird versehentlich von Ingo´s Freund Sven getrunken. Wohin aber so schnell mit der Leiche ? Denn unentwegt taucht die neugierige Nachbarin Else Krautwurst auf....
Sie lesen das komplett beschriebene Stück, jedoch nicht, wie es endet. So sollte es sein. Somit machen Sie die Spielleiter neugierig auf das Stück und es dürfte auch von der Presse so abgedruckt werden; ohne dass der Leser schon das Ende erfährt. – Und noch ein zweiter Vorschlag:
Anna Thalmann ist Mutter einer 18jährigen Tochter, hat einen Ehemann der in der Woche auswärts arbeitet und einen „guten“ Lohn verdient, eine „beste Freundin“, mit der sie täglich ein-zwei Stunden Klatsch austauscht, sowie einen Wellensittich, dem sie intimstes anvertraut. Ihre Mietwohnung ist groß und hübsch eingerichtet, und sie war noch niemals ernsthaft krank. Sie könnte also eine glückliche Frau sein. Doch der Alltag frustriert sie seit einiger Zeit und sie fühlt sich in ihrer Rolle als treusorgende Mutter und Ehefrau überflüssig und verlassen von ihrer Familie. Die Tochter macht Schwierigkeiten, ihre wenigen Hobbys fangen an sie zu langweilen und wenn ihr Mann Erwin an den Wochenenden zuhause ist, sieht der lieber ein Fußball-Spiel oder geht zu seiner Skatrunde, anstatt mit seiner Frau etwas zu unternehmen. Anna hat angefangen, diesen Frust in sich hineinzustopfen – und das im wahrsten Sinne des Wortes – denn sie isst viel und gerne und hat 20 Kilo Übergewicht. Doch nun will sie was ändern! Sie bestellt sich Fitnessgeräte im TV-Shop, geht zur Gymnastik-Gruppe, holt sich Schminktipps von ihrer Freundin Sonja; will das Feuer in ihrer Ehe erneut entfachen. Aber ihr Plan ist mühselig und langwierig. Als eines Tages die Waschmaschine defekt ist, taucht der junge, türkische Klempner Mustafa Yldiz auf, der von Anna sofort fasziniert ist. Er lädt sie zu sich ein und bereitet Anna einen unvergesslichen „türkischen“ Abend. Wird Anna schwach und verfällt diesem gutaussehenden jungen Mann oder lernt sie durch dieses Geschehen, dass sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen muss?
Auch hier erfahren wir den Inhalt und den Konflikt, jedoch nicht, wie es enden wird. Machen Sie das mit Ihren Stücken am Besten ebenso.
Kommen wir nun zu meinem Lieblingsthema. Denn jedes Theaterstück benötigt einen Titel. Einen geeigneten Titel zu finden ist manchmal gar nicht so einfach. Er soll ja etwas vom Stück verraten und auch interessant sein, damit vor allem die Zuschauer neugierig werden, wenn sie es auf den Plakaten und Programmheften lesen. Ein Titel kann aus nur einem Wort bestehen, eine Frage sein oder einen ganzen Satz beinhalten. Ich rate jedoch von zu langen Titeln ab. Titel können auch nur indirekt etwas mit dem Inhalt zutun haben. Zweideutige Titel finde ich besonders reizvoll. Um Ihnen die unterschiedlichen Varianten für Stück-Titel etwas näher zu erklären, nenne ich hier ein paar Beispiele:
Inhalt: Das recht wohlhabende Ehepaar Rita und Ulfert Brauer ist mit ihrem Sohn Heiner von der Stadt aufs Land gezogen. Ihre Nachbarn sind die recht „einfachen“ Eheleute Diekmann. Obwohl zwei Welten aufeinanderprallen, versucht man, gut miteinander auszukommen. Heiko (Arbeiter) und Gesine (Hausfrau) leben zwar in kargen Verhältnissen, müssen hier und da etwas einsparen um zurechtzukommen; aber sie sind gesund und immer fröhlich. Doch Rita (Kosmetikerin) und Ulfert (Chefredakteur) zeigen ihren Nachbarn täglich deutlicher, dass sie etwas „besseres„ sind. Zum großen Krach zwischen den Familien kommt es dann, als Marion Diekmann aus Alabama zurückkehrt. Sie war dort ein Jahr als Au-pair-Mädchen tätig, und stellt bei ihrer Rückkehr – zunächst zum Entsetzen aller – ihren neuen Lebensgefährten Jonny vor – einen farbigen Medizinstudenten! Das geht dem Ehepaar Brauer zu weit. Mit fiesen Intrigen und Anschlägen versuchen nun die Familien sich das Leben gegenseitig schwer zu machen. Es kommt immer wieder zu Vergleichen vor Gericht; ein hoher Zaun trennt zuletzt die beiden Grundstücke. Durch einen erneuten Anschlag von Gesine auf Ulfert erleidet dieser einen Herzanfall. Und kein anderer als Jonny darf ihm das Leben retten...
Soweit zum Inhalt. Der Konflikt ist klar. Es geht um zwei sehr unterschiedliche Familien. Und diese finden wir sowohl in den verschiedenen Charakterzügen als auch im finanziellen Bereich. Und genau das wollte ich in meinem Titel ausdrücken. Hier findet der Zuschauer zwei sehr große Kontraste. Das habe ich „umschrieben“ für den Titel genommen; nämlich „Mettwurstbrot und Kaviar“. In dem Stück wird weder ein Brot mit Mettwurst noch Kaviar von den Akteuren gegessen. Der Titel macht nur den Unterschied dieser Familien deutlich.
Ein weiteres Beispiel:
Inhalt: Das Ehepaar Menno und Mathilde Gruben kommen mit ihren Kindern Henning und Anette von einem 4wöchigen Ägypten-Urlaub zurück; alle freuen sich auf das bevorstehende Osterfest. Doch bei ihrer Rückkehr findet die Familie im Briefkasten einen Haufen mit Mahnungen von den Versorgungsunternehmen vor. Ein Anruf bei der Bank bescheinigt der Familie, dass das Konto der Gruben´s mit 30.000 Euro überzogen wurde. Niemand kann sich diesen Fehler erklären; man denkt zunächst an eine Falschbuchung und die Angestellten der Bank wollen sich gleich nach den Feiertagen daran machen, den Fehler zu suchen. Dann kommt Mathilde´s Schwiegermutter – wie jedes Jahr – über Ostern zu Besuch; ein Erbonkel meldet sich nach vielen Jahren aus Bayern; und auch Menno´s Chef nistet sich bei den Gruben´s ein, da dieser mal wieder Eheprobleme hat und von seiner Frau aus dem Haus geworfen wurde. Alles halb so schlimm – wenn nicht plötzlich Strom, Gas, Wasser und das Telefon lahmgelegt werden würde. Jetzt heißt es improvisieren. Ein Lagerfeuer im Garten ersetzt den Herd; aus Hennings Wasserbett zapft man das gute Nass, und ein umgebautes Fahrrad sorgt durch kräftiges Treten zumindest für Licht im Haus am Abend. Niemand soll etwas merken; aber ob das klappt? Und wo ist dieser Fehler nun zu finden mit den 30.000 Euro?
In diesem Stück ist eine Familie gefordert, ungewollt eine Woche lang autark zu leben. Wie selbstverständlich schalten wir täglich das Licht an, benutzen den Elektroherd und drehen den Wasserkran auf?! Dieses wird der Familie ganz plötzlich genommen; und keiner der anderen Figuren im Stück soll etwas davon bemerken. Wie könnte also der Titel des Stücks sein?
Genau: „Robinson Crusoe lässt grüßen“. Passt doch, oder?!
Und ein letztes Beispiel:
Inhalt:
Das junge Ehepaar Nico und Silvia Schröder feiert den ersten Hochzeitstag. Nico ist sehr glücklich, dass seine Frau ihn nicht verlassen hat, obwohl er nun schon ein Jahr arbeitslos ist und Silvia den Unterhalt für beide verdienen muss. Doch dann liest Nico in der Tageszeitung das verlockende Stellenangebot einer Kaffee-Firma. Er bewirbt sich telefonisch und bekommt prompt den Job. Doch anstatt der versprochenen Kaffee-Proben werden ein paar Tage später Erotik-Artikel ins Haus geschickt. Nico kann sich den Irrtum nicht erklären. Silvia ist außer sich vor Wut und glaubt Nico nicht. Sie denkt, er brauche nun Ersatz, weil sie seit einigen Wochen schwanger ist. Zu allem Ärger zieht auch noch Nicos Schwiegermutter bei den beiden ein, da diese große Probleme mit ihrem Mann hat. Dann taucht endlich ein Vertreter auf; und Nico denkt, alles klärt sich nun auf. Dieser ist jedoch von der Firma „ERO“ und nicht, wie Nico dachte, von „TImann – KAffee. Dieser will Nico natürlich auch nichts vom Marketing in punkto Koffein erzählen, sondern Aktfotos von Nico zusammen mit einer Prostituierten machen für den neuesten Erotik-Katalog, in dem Nico etwas später auch prompt in einer recht eindeutigen Situation abgelichtet steht. Was ist hier los bei dem jungen Ehepaar? Wer steckt dahinter? Ist es eine dumme Verwechslung oder will sich irgendjemand an Nico und Silvia Schröder rächen?
Dieser Titel ist eine Kombination aus den Anfangsbuchstaben der beiden Firmen, die eine Rolle spielen in dem Stück. Die Exklusive Romantik-Oase und Timann-Kaffee. Zusammen ergibt das „ERO-TI-KA“. Und weil Sex der Schwerpunkt in dieser Komödie ist, passt dieser doppeldeutige Titel sehr gut, glaube ich.
Ein Schauspiel von Ingo Sax handelt von einer jungen Frau, die an Mutismus (totale Sprech – und Kontaktunfähigkeit) erkrankt ist. Es heißt „Amanita“. Die Hauptdarstellerin in dem 4-Personen-Stück heißt aber eigentlich Celia. Schauen Sie sich das Stück einmal an, dann werden Sie erfahren, warum der Autor das Stück „Amanita“ genannt hat. Sehr geschickt und ein dickes Lob an Ingo Sax!
Zerbrechen Sie sich aber nicht den Kopf nach dem perfekten Titel. Auch „Das Gasthaus zum goldenen Anker“, „Jubiläum“, „Der Stern von Padua“, „Die Schmuggelbrüder“ und 1000 andere publikumswirksame und zum Teil sogar prämierte Theaterstücke tragen Titel, die lediglich auf den Ort des Geschehens hinweisen oder das ausdrücken, worum es lediglich geht. Das ist auch okay.
Aber manche Bühnenwerke haben auch schlechte Titel. Es gibt ein Stück, dass heißt schlicht und einfach „Theater“. Unabhängig was auch immer da geschehen mag und ob es dramaturgisch korrekt ist, so finde ich den Titel doch sehr farb-und einfallslos.
Der Titel Ihres Theaterstücks fällt Ihnen vielleicht erst ein, wenn Sie Ihr Werk beendet haben; oder eventuell während Sie noch daran schreiben.
Aber zum Abschluss des Themas rund um den Titel möchte ich Ihnen ein noch völlig anderes Phänomen vorstellen:
Manchmal kommt es vor, dann unterhalte ich mich mit Freunden; und im Laufe des Gesprächs werden plötzlich Worte gesagt oder Sätze gesprochen, die sich ganz wunderbar als Titel für Theaterstücke eignen würden. „Die Schattenfrau“ – „Wo ist das Meer (Mehr) ?“ – „4 Hände für ein Euter“ – „Sonnenbrand“ – „Männer mit Flügeln“.
Überlegen Sie mal. Wenn Sie solche Titel lesen oder hören, entwickelt sich etwas völlig Neues. Denn wir haben nun keinen Grundgedanken und keinen Plot mehr für ein Stück, dem wir nach dem Verfassen einen Titel verpassen; (so, wie sich ein Theaterstück ja eigentlich entwickeln sollte) nein, wir haben nur den Titel – als Erstes! Und was kann man damit anfangen? – Genau, wir können nun aus einem Titel eine Idee entstehen lassen. Wenn ich mir die Titel so anschaue, fallen mir sofort 100 Sachen ein, worum es sich handeln könnte. Ihnen auch?
Versuchen Sie auch gerne mal diese Variante. Aber nehmen Sie bitte andere Titel als die, die ich hier aufgeschrieben habe – denn diese möchte ich in den nächsten Monaten schon selber benutzen.
11. Kapitel
Fertig ! – Und nun ?
Schon beim Schreiben selbst müssen Sie an die nächsten Schritte denken. Ein Romanautor schreibt sein Buch für seine Leser, die es im Buchladen kaufen können. Dazwischen waren Lektor, Verleger und Druckerei. Wenn Sie ein Theaterstück schreiben, dann tun Sie das sicher deshalb, weil Theatergruppen dieses aufführen sollen. Denn sonst wäre das recht sinnlos. Ihr Manuskript kann man nirgends kaufen. Und ein Rollenbuch liest sich auch nicht besonders gut.
Nachdem Sie also der Meinung sind, Ihr Theaterstück ist fertig; Sie selbst sind glücklich und zufrieden mit dem Werk; senden Sie es an einen oder mehrere Verlage, damit es verlegt wird. Ich rate Ihnen, wählen Sie zunächst nur einen Verlag aus, der für Ihr Theaterstück in Frage kommen könnte. Sie erhalten ganz sicher – wenn es auch ein wenig dauert – eine Kritik zu Ihrem Stück. Vielleicht wird Ihnen geraten es komplett zu überarbeiten, weil das Werk Fehler und Unstimmigkeiten enthält; manchmal kritisiert ein Lektor auch nur einen Teil oder einige Szenen des Stücks. Und dann kommt es natürlich vor, das Verlage Ihnen das Manuskript zurücksenden mit dem Satz: „Kommt für uns nicht in Frage – vielen Dank“. Das dumme bei solchen Absagen ist, dass Ihnen der Verfasser des Briefes nicht mitteilt, warum es nicht in Frage kommt. Wenn Ihnen so etwas passiert, verlieren Sie nicht gleich den Mut. Eine solche Absage bedeutet nicht unbedingt, dass Ihr Werk grottenschlecht ist. Nehmen Sie sich dann die Zeit, lesen Sie es nochmal in Ruhe durch, versetzen Sie sich während des Lesens in die Rolle des Zuschauers und erleben Sie, was Sie dort auf der Bühne geboten bekommen. Überarbeiten Sie es vielleicht gründlich und bieten Sie es dann einem anderen Theaterverlag an. Aber ich will auch ehrlich mit Ihnen sein. Wenn Sie einen solchen Brief erhalten sollten und Ihr Werk kommentarlos abgelehnt wird, dann muss Ihr Theaterstück wahrscheinlich wirklich großer Mist sein. Denn jeder Lektor wird sich die Mühe machen, Ihnen detailliert zu schreiben, was ihm nicht gefällt, wenn es insgesamt recht ordentlich gelungen ist. Und mit einer solchen Kritik ist es für Sie viel leichter Ihr geschriebenes gründlich zu überarbeiten und zu verändern. Falls Sie also einen Brief erhalten, indem nur geschrieben steht, dass kein Bedarf besteht, dann fragen Sie nicht nach den Gründen. Der Verlag wird es wissen. Passiert Ihnen das auch bei weiteren Verlagen, dann müssen Sie sich endlich eingestehen, dass Ihr Geschriebenes wohl wirklich nicht besonders gut sein muss. Es ist möglich, dass Sie eben nicht zum Schreiben geboren wurden und Ihnen das nun mal nicht liegt. Dann sollten Sie auch so fair sein und es irgendwann einsehen. Sicher schlummern in Ihnen unentdeckte Talente, die eben nichts mit dem Schreiben zutun haben. Aber daran wollen wir heute nicht denken – denn es geht ja darum das Sie glauben, Sie können es und das Sie es zumindest versuchen wollen!
Ob Sie eine Komödie, ein Schauspiel, eine Farce, einen Krimi, einen Mehrakter oder nur ein Kurzspiel oder einen Sketch schreiben; ob Sie in Hochdeutsch oder in einer Mundart Ihre Werke verfassen, ist Ihnen dabei völlig selbst überlassen. Fakt ist: Sie müssen zunächst den Lektor eines Verlags Ihrer Wahl mit Ihrem Stück überzeugen. Er (oder sie) muss der Meinung sein, dass Ihr Werk stimmig ist, keine Fehler enthält, das es mit einem „guten“ Plot gespickt ist; den Handlungsfaden nicht verliert, und vor allem – das Ihr Stück spielbar und für den Verlag geeignet ist; und vor allem – das es auch Bühnen anspricht, die es aufführen werden. Denn kein Verlag wird Ihre Arbeit unter Vertrag nehmen, damit es jahrelang dort im Schrank ohne Interesse der Bühnen verstaubt. Und das wollen Sie doch am allerwenigsten, oder?
Nehmen wir mal an, Sie bekommen Post vom Verlag, und Sie lesen, dass der Lektor sich mit Ihrem Stück auseinandergesetzt hat und Ihnen darin mitteilt, was geändert werden sollte. So, wie Sie es dem Verlag zugesandt haben, möchte man es nicht ins Programm aufnehmen.
Wie reagieren Sie? – Ich kann es mir denken. Sicher lesen Sie die Zeilen und die Kritik eines Ihnen noch völlig unbekannten Lektors – die manchmal auch sehr direkt ausfallen kann – und sind beleidigt und wütend. „Das Stück ist gut - was denkt der sich bloß? - Es gibt noch andere Verlage – soll er es doch lassen – ich schreibe ja schließlich nicht für den Lektor“… all diese Sätze werden bei Ihnen ein Thema werden. Ich weiß es. Einen Verlag für ein Erstlingswerk zu finden, ist oft mühsam.
Hören Sie auf, sowas zu denken und beleidigt zu sein. Ein Lektor ist kein Gott und Sie lesen da nur eine einzige Meinung – das ist richtig. Aber dieser weiß ganz genau was er schreibt und versteht seinen Job. Zumindest sollten wir Autoren das annehmen. Seien Sie vernünftig und nehmen Sie die Kritik an und vor allem – setzen Sie sich mit Punkten auseinander, die bemängelt wurden. Auch wenn es bitter ist – tun Sie das, was der Lektor Ihnen rät. Viel später werden Sie es einsehen, dass es richtig war.
Manchmal hat es auch etwas mit Glück zutun. Mein 47stes Stück „Willkommen im Chez André“, welches ich zusammen mit Christoph Bredau geschrieben habe, wurde von 2 Verlagen abgelehnt, weil es denen zu schlüpfrig war, und die Verlage der Meinung sind, dass sie ihre Kunden mit dem Stück vergraulen könnten. Als wir dieses Schreiben gelesen haben, waren wir sehr erstaunt. Hier ist zunächst der Inhalt des Stücks:
Die Freunde Andre Lambrecht und Frank Wattenfall haben an der Börse ihr gesamtes Vermögen verloren, sind seit einem Jahr arbeitslos und mieten nun gemeinsam eine 2-Zimmer Wohnung. Obwohl sich beide recht bemühten, gab es für sie bisher keine Chance auf einen neuen Arbeitsplatz. Mit ihrer Miete sind sie bereits in Verzug geraten, unbezahlte Rechnungen häufen sich und Hartz IV steht vor der Tür. Ihre Vermieterin Elfriede Krause setzt den beiden dann ein Ultimatum von einer Woche. Sollten sie nicht in dieser Zeit einen Arbeitsplatz nachweisen oder die Mietschulden zahlen, will sie die beiden hinauswerfen. Doch dann hat Andre eine geniale Idee. Und so kommt es, dass die beiden einen Begleit-und Escort-Service für Frauen anbieten. „Willkommen im Chez André“ heißt es in der Tageszeitung. Das Angebot wird zwar schnell angenommen; jedoch hatte keiner der beiden erwartet, dass es auch Damen gibt, die mehr wünschen als ein nettes Gespräch, ein gemeinsames Essen oder eine Massage. Aber die Vermieterin Elfriede Krause und Andre´s Freundin Tina setzen alles daran, dass diesem Treiben ein Ende gemacht wird. Doch dann ist da ja auch noch die Liebe...
Das älteste Gewerbe wird hier mit einem Umkehr-Faktor recht komisch dargestellt. Es zeigt zum einen, wie weit Menschen heutzutage gehen, um Geld zu verdienen. Außerdem macht es deutlich, dass auch Frauen sehr wohl bereit sind, Geld dafür zu zahlen, um mit einem Mann eine nette Stunde zu verbringen. Das den Männern das über den Kopf wächst und einer der beiden sich in eine Kundin verliebt, weil er es nicht mehr erträgt, sich von ihr bezahlen zu lassen, zeigt sehr menschliches Verhalten auf der Bühne und dramaturgisch gute Unterhaltung, meinen wir. Das es bei den einzelnen Szenen recht pikant zugeht, liegt auf der Hand. Dennoch waren wir gefordert, alle Szenen, die den Verlagen zu weit gingen, großzügig zu „entschärfen“; und diese 2. abgeänderte Fassung hat ein Verlag dann doch aufgenommen ins Programm. Das unser Original nicht akzeptiert wurde, fanden wir sehr schade. Und diese Entscheidungen hängen manchmal auch mit der Stimmung des Lektors zusammen, welche es liest. Das ist sehr schade – aber damit müssen wir auch umgehen können.
Ihnen kann das Gleiche passieren. Nehmen wir mal an, Sie erhalten auch einen solchen Brief von einem Verlag.
Sie machen sich also an die Arbeit (nicht genervt von dem Brief des Lektors, sondern voller Elan und gut gelaunt, mit der Hoffnung auf ein viel besseres Werk) und entdecken vielleicht selbst schon beim Abändern, dass es jetzt viel besser wird. Das ist ja auch möglich. Sie sehen vielleicht immer deutlicher auch Fehler, die Sie gemacht haben. Nehmen Sie sich Zeit für das Überarbeiten. Machen Sie das nicht in 2 Stunden. Der Verlag hat sich auch die Zeit genommen, Ihr Manuskript zu lesen und Ihnen die Fehler vielleicht mitgeteilt. Jetzt sollten Sie es auch erst dann wieder ein zweites Mal einsenden, bis jeder Kritikpunkt ausgebügelt ist.
Gehen wir nun einen positiven Schritt weiter. Sie erhalten von Ihrem Verlag die Nachricht, dass Ihr Theaterstück verlegt werden soll. Wenn Ihnen das zum ersten Mal passiert, ist das ein herrliches Gefühl – glauben Sie mir. Sie haben eine große Hürde überwunden und es zumindest bis dahin geschafft. Wollen wir das Erfolg nennen? Warum nicht?! Ein erster Erfolg für Sie! Ihre Arbeit ist hier soweit erledigt. Seien Sie gerne ein bisschen stolz auf sich.
Nun können Sie im Grunde nicht mehr viel machen. Sie unterzeichnen einen Vertag mit dem Verlag, (auf das Thema „Verträge“ gehe ich in Kapitel 12 noch ausführlich ein) und freuen sich, dass der Verlag Ihr Stück anbietet. Das passiert in Form von Katalogen, die üblicherweise einmal pro Jahr an die Theatergruppen verschickt werden oder natürlich im Internet auf den Webseiten der Verlage.
Jetzt folgt der nächste Schritt, der zu überwinden ist. Sie müssen mit Ihrem Stück die Theatergruppen erreichen. Wie Sie sicher wissen, haben Spielgruppen die Möglichkeit vom Verlag Ansichtssendungen zu bestellen. Wäre es nicht schön, wenn der Inhalt Ihres Werks in den Katalogen oder Webseiten des Verlages bei manchen Spielleitern so interessant herüber kommt, dass es von vielen Bühnen zur Ansicht bestellt wird? Genau, das sehe ich ebenso. Welche Bühnen das tun, erfahren Sie nicht. Erst wenn eine Bühne sich für Ihr Stück entschieden hat, erhalten Sie in den meisten Fällen (je nach Verlag) eine Mitteilung über die Spielgruppe, den Ort und die Aufführungstermine.
Wenn Ihr Stück zum allerersten Mal gespielt wird, sprechen wir ja von einer Uraufführung; und in den meisten Fällen werden Sie, als Autor, dazu eingeladen. Und sicher werden Sie dieser Einladung folgen. Denn nun werden endlich Protagonisten, Geschichte und Idee lebendig – zum ersten Mal. Ist ein ganz aufregendes Gefühl, können Sie mir glauben – ich hab´s schon oft erlebt. Vielleicht sind Sie enttäuscht darüber, wie die Gruppe Ihr Stück umsetzt, vielleicht sind Sie auch begeistert. Wenn die Gruppe Ihnen jedoch sagt, dass sie bei den Proben viel Spaß hatten, das Stück gerne inszeniert haben; das Publikum sehr zufrieden ist; die Pressekritik gut ist, und die Gruppe auch mit den Zuschauerzahlen einverstanden ist, dann darf man sagen, dass Ihr Stück spielbar ist. Und das dürfen Sie dann als Ihren ganz persönlichen Erfolg sehen.
12. Kapitel
Der „richtige“ Verlag für Ihr Stück und Verträge
Wenn Sie die Buchrücken von Ihren Romanen in Ihrem Bücherregal durchschauen, werden Sie schnell merken, dass es sehr viele Verlage für Belletristik u.a. gibt. Wir Bühnenschriftsteller haben da eine nicht so große Auswahl. Aber dennoch gibt es Theaterverlage, die mit sehr fairen Bedingungen unsere Bühnenstücke verlegen. Und einige machen das sogar richtig gut. Ein gutes Verhältnis zum Lektor des Verlags ist meines Erachtens wichtig. Schauen Sie sich am Besten im Internet um, welche Verlage es gibt und welchem Sie Ihr Stück anbieten möchten. Ich musste natürlich von Anfang an einen Verlag finden, der auch plattdeutsche und Dialekt-Stücke anbietet. Die größte Auswahl an niederdeutschen Bühnenstücken führt nach wie vor der Mahnke Verlag in Verden. (www.Mahnke-Verlag.de) Einige Stücke von mir sind auch dort zu beziehen.
Es gibt aber auch Verlage, welche nicht nur hochdeutsche, sondern auch plattdeutsche Werke und Dialektstücke anbieten. Seit 2008 sind die meisten meiner Werke beim Plausus Theaterverlag in Bonn verlegt. (www.Plausus.de) Und zwar in platt-und hochdeutsch.
Wenn Sie über eine Suchmaschine im Internet auf Verlags-Suche gehen, werden Sie aber noch einige andere finden. z.B. den Reinehr-Verlag in Mühltal (www.Reinehr.de), die Vertriebsstelle und den Verlag deutscher Bühnenschriftsteller in Norderstedt (www.vertriebsstelle.de), den Theaterverlag Rieder in Wemding (www.Theaterverlag-Rieder.de) und manch andere. Einige Verlage haben sich jedoch auf ein spezielles Gebiet wie Kinderstücke, Dramen o.a. spezialisiert.
Welcher Verlag für Sie nun in Frage kommt, kann ich Ihnen nicht abnehmen. Ich kann Ihnen nur berichten, dass ich mit dem Plausus-Verlag in Bonn und auch mit dem Mahnke-Verlag in Verden soweit ganz gut zusammenarbeite. Schon seit Jahren.
Ich musste aber auch schon sehr schlechte Erfahrungen mit einem Theater-Verlag machen, mit dem ich sogar einen 8jährigen Rechtsstreit geführt habe.
Was ist also wichtig und was sollten Sie beachten?
Sie selbst sollten als Autor gut mit dem Lektor und den Mitarbeitern des Verlags auskommen; außerdem sollten Sie von Theatergruppen keine Beschwerden hören bzgl. des Verlags. Sie übertragen dem Verlag zwar die meisten Rechte zu Ihrem Werk; dieser hat jedoch die Verpflichtung das Stück auch angemessen anzubieten und die Theatergruppen fair und freundlich zu behandeln. Sollten Sie irgendwann einmal von einer Theatergruppe negative und berechtigte Kritik über den Verlag hören, bei dem Sie Ihr Stück verlegt haben, dann machen Sie diesen gerne darauf aufmerksam. Wenn Ihr Werk nicht angenommen wird von den Bühnen, d.h. wenn es auch über mehrere Jahre zu keiner Aufführung kommen sollte, kann es vielleicht an der Qualität Ihres Stücks liegen. Falls die Fehler aber bei dem Verlag zu finden sind, dann haben Sie auch das Recht nicht den Mund zu halten.
Die Webseite eines Verlags sagt schon viel aus über dessen Arbeit. Der Internet-Auftritt ist ja in erster Linie für Theatergruppen gedacht. Aber auch Sie als Autor sollten eine übersichtliche, verständliche Theaterseite finden. Es sollte Ihnen Spaß machen auf diesen Seiten zu stöbern.
Lassen Sie sich beim Durchforsten der Webseiten gerne etwas Zeit. Schon alleine die Hauptseite einer Homepage kann manchmal viel über einen Verlag aussagen.
Wenn ich auf der Eröffnungsseite eines Verlages schon ausschließlich mit den Aufführungsbestimmungen „erschlagen“ werde, sagt das meines Erachtens schon einiges über die Person aus, die diesen Verlag führt. Ob Sie das ebenfalls als positiv empfinden, möchte ich sehr bezweifeln. Meiden Sie solche Verlage lieber.
Wenn Sie unsicher sind, welchen Verlag Sie wählen sollen, und Ihnen der Internet-Auftritt nicht ausreicht, dann rufen Sie gerne bei dem Verlag an, informieren Sie sich telefonisch über den Verlag, ob man überhaupt an Ihr Werk Interesse zeigt u.a. Somit haben Sie schon einen weiteren Eindruck. Haben Sie am anderen Ende der Leitung eine inkompetente oder unfreundliche und eigentlich völlig unfähige Person*, sollten Sie überlegen, ob Sie auch in Zukunft so behandelt werden möchten. *(Glauben Sie mir – auch solche Menschen sind mir schon begegnet, die sich sehr wohl selbst sogar als Lektorin eines Theaterverlages bezeichnen; anderseits aber das Wort „Premiere“ mit „ä“ schreiben. Ist nicht gelogen! )
Auf den Webseiten der Verlage erfahren Sie ja schon, ob der gewählte Verlag für Ihr Manuskript in Frage kommt. Wenn Sie also ein plattdeutsches Stück verfasst haben, wären z.B. Mahnke, Plausus oder der VVB die richtige Adresse für Sie. Nun kann es passieren, dass es dauert, bis Sie eine Antwort erhalten. Manche Verlage bestätigen Ihnen aber den Eingang Ihres Werks per Post, andere rufen Sie vielleicht an oder senden eine Email. Sollten Sie aber auch über Monate gar nichts hören von dem Verlag, dann würde ich das Manuskript wieder zurückfordern. Ich glaube kaum, dass Theaterverlage täglich unzählige Manuskripte zugeschickt bekommen und über ein halbes Jahr lang keine Zeit für eine Antwort oder Reaktion bleibt. (Obwohl Verlage dieses manchmal behaupten)
Falls Sie andere Bühnen-Autoren kennen, sollten Sie sich berichten lassen, mit welchen Verlagen diese zusammen arbeiten. Sie binden sich auch immer nur mit dem einen Stück an den Verlag, bei dem Sie dieses verlegen. Wenn Sie ein zweites oder drittes Stück verfassen, dürfen Sie das gerne einem anderen Verlag anbieten.
Haben Sie dann einen Verlag gefunden, und Ihr Manuskript stößt auf Interesse, dann kommt es zu einem Vertrag, den beide Partner unterzeichnen müssen. Die Verträge unterscheiden sich zwischen den einzelnen Verlagen nicht besonders. Es werden hauptsächlich die Rechte und Pflichten von Autor und Verlag festgelegt; die finanzielle Seite und die Vertragsdauer.
Es ist normal, wenn Sie dem Verlag das Recht zur Aufzeichnung im Hörfunk und Fernsehen, zur Verfilmung und auch das Recht zur Übersetzung in andere Sprachen erteilen. Sie sind aber der Urheber und bleiben es auch. Sie räumen dem Verlag jedoch die Nutzungsrechte ein. Falls irgendetwas in dem Vertrag doch nicht in Ihrem Sinne ist, dürfen Sie den Verlag auch darüber informieren und ggf. wird einer der Paragraphen bzw. Regelungen abgeändert.
Wichtig in dem Vertrag ist selbstverständlich die Aufteilung der Tantiemen. Es mag unterschiedliche Regelungen diesbezüglich geben. Aber im Normal-Fall erhält der Autor 70% - der Verlag 30 %.
Ein heikles Thema ist die Vertragsdauer und das Recht zur Kündigung des Vertrags. Ich persönlich werde nie wieder einen Vertrag unterschreiben, der keine detaillierte Zeitangabe der Vertragsdauer beinhaltet. Sie sollten darauf achten, dass Sie und auch der Verlag die Möglichkeit haben, das Stück kündigen zu können. (z.B. zu jedem 31.12. mit einer 3monatigen Kündigungsfrist und automatischer Verlängerung, falls nicht gekündigt wird)
Aber Vorsicht! – Steht in dem Paragraphen der Vertragsdauer keine Angabe von Daten, sondern nur der Hinweis, dass der Vertrag gültig ist in Bezug auf die Dauer der gesetzlichen Schutzfrist, dann bedeutet das nichts anderes, als dass sich ihr Manuskript auf das Urheberrecht bezieht. Und das heißt auf gut Deutsch dann, das Sie sich bis zu Ihrem Lebensende und noch weit darüber hinaus an den Verlag binden. Solche Verträge enden erst 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Eine lange Zeit, nicht wahr?! – Ich rate Ihnen – schließen Sie Verträge nur ab, die eine Laufzeit von 3 bis 5 Jahren haben und sich automatisch verlängern um ein weiteres Jahr. Auch wenn Sie lesen, dass eine erstmalige Kündigung erst nach 5 Jahren möglich ist, sollten Sie das akzeptieren. Aber binden Sie sich nicht bis an Ihr Lebensende.
Achten Sie unbedingt auf die Angabe von Daten bei der Vertragsdauer!
Als ich im Jahr 1990 für mein Erstlingswerk einen Verlag gefunden hatte, habe ich den Vertrag ohne Angabe von Daten unterzeichnet. Danach habe ich das noch mit 30 weiteren Stücken dort so gemacht. Wenn dieser Verlag dann so schlecht arbeitet, dass sich unzählige Spielgruppen-Leiter bei Ihnen melden und sich weigern, Ihre Stücke aufzuführen, sind Ihnen wegen der Verträge komplett die Hände gebunden. Das ist mir leider passiert. Und für diesen Fehler musste ich 8 Jahre mit meiner Anwältin kämpfen um aus diesen „Knebel-Verträgen“ wieder herauszukommen. Am 01.04.2008 war es dann aber endlich soweit. Das hat viel Kraft und Nerven gekostet.
Machen Sie diesen Fehler nicht. Wählen Sie einen „guten“ Verlag !!!
13. Kapitel
Finanzen
Was verdient man eigentlich an einem Theaterstück? Diese Frage haben Sie sich sicher schon oft gestellt. Und das sollen Sie hier auch ganz ehrlich erfahren. So wie ein Soldat Sold erhält, und ein Arbeiter Lohn, bekommt ein Bühnenautor Tantiemen. Und zwar ausschließlich durch den Verlag, bei dem Ihr Stück verlegt ist.
Geld bekommen Sie erst, wenn Ihr Stück von einer Theatergruppe aufgeführt wurde, und diese nach ihrer Spielzeit mit dem Verlag abgerechnet hat. Wann Sie dann das Geld erhalten – nun, da kann unter Umständen eine Menge Zeit vergehen. Manche Verlage rechnen umgehend nach jeder Abrechnung mit den Gruppen auch mit den Autoren ab; andere machen die Tantiemenabrechnungen ein Mal im Quartal – wieder andere ein oder zweimal im Jahr.
Wie sich das zusammensetzt?
Nun, jeder Zuschauer, der sich Ihr Stück anschauen möchte, muss Eintritt dafür zahlen. Wenn Sie selbst oft ins Theater gehen, bzw. Laienbühnen besuchen, werden Sie feststellen, dass die Gruppen sich sehr unterscheiden können. Und zwar in der Häufigkeit ihrer Aufführungen, bzgl. der Größe des Zuschauerraums und auch im Hinblick des Eintrittspreises. Ich kenne Gruppen, die zeigen nur 3 Aufführungen in einem Raum, der etwa 100 Personen zulässt für 4 Euro pro Zuschauer; andere spielen das Stück 40 Mal in einem Saal, welcher 350 Gästen Platz bietet für etwa 12 Euro p.P. Und hieraus ergeben sich dann die Abrechnungen für die Theatergruppen und auch Ihre Tantiemen. Die Gruppen müssen von ihren Gesamteinnahmen einen Prozentsatz an den Verlag zahlen. Dieser beträgt seit langer Zeit 10%. Von diesem Betrag erhalten Sie dann die in Ihrem Verlagsvertrag vereinbarten Anteile – sprich Tantiemen. Brauchen Sie Beispiele dazu?
1. Eine Theatergruppe führt Ihr Stück 5 Mal auf. Es wird ein Eintrittspreis von 5 Euro pro Zuschauer verlangt. Der Zuschauerraum fasst 100 Personen und alle Vorstellungen waren restlos ausverkauft. Somit hat diese Gruppe Gesamteinnahmen in Höhe von 2500,- Euro in ihrer Kasse. 10% = 250,- Euro muss diese Gruppe nun an den Verlag überweisen. Und von dieser Summe erhalten Sie dann 70% = das wären dann 175,- Euro für Sie.
Warum ich das Wort „wären“ geschrieben hab´? Nun – Verlage haben einen Mindestbetrag festgesetzt, der pro Aufführung bezahlt werden muss von den Gruppen, falls die Einnahmen unter einem bestimmten Betrag liegen. Dieser Mindestsatz ist auch bei den Verlagen unterschiedlich, liegt in den meisten Fällen aber um 70,- Euro. Das würde in unserem 1.Beispiel bedeuten, dass diese Gruppe bei jeder Aufführung den Mindestsatz nicht erreicht und somit 70,- Euro zahlen müsste. Das wären dann 350,- Euro an den Verlag. Davon 70% für Sie sind dann nicht 175 sondern 245,- Euro. – Diese Regelung beklagen viele Theatergruppen. Ich höre das immer wieder. Besonders die „kleinen“ Bühnen sind absolut nicht einverstanden damit. Verlage haben aber viele Kosten zu tragen und könnten ohne diese Vereinbarung kaum existieren. Deshalb kommt dieses auch uns, den Autoren zugute. Und glauben Sie mir: Gäbe es diese Regelung nicht, würden alle Bühnen nur noch 30 oder 40 Euro pro Aufführung zahlen.
Ich finde, dass die Bühnen nicht jammern sollten. Egal, wie viel eingespielt wird, es sind immerhin 90% des Geldes, die noch in der eigenen Kasse für die Gruppe verbleiben. Das ist doch fair, oder?!
2. Beispiel:
Eine Gruppe führt Ihr Stück in einem Theater auf, welcher 1000 Personen fasst. Es werden pro Person 12 Euro Eintritt verlangt; und bei 16 angekündigten Terminen, waren 12454 Zuschauer dort. Diese Gruppe hat selbstverständlich bei jeder Aufführung den Mindestsatz erreicht und muss nun von den Einnahmen 10% = 14.944 Euro an den Verlag zahlen. 70% für Sie sind dann 10460,- Euro.
Wäre das nicht schön? Aber eine solche Summe hab´ selbst ich noch nie von einer Gruppe bekommen. Ich wollte Ihnen nur mal deutlich machen, wie sich eine Abrechnung zusammensetzt und wie unterschiedlich diese sein können. – Es kann sein, dass Sie von einer Bühne mal nur 70 Euro erhalten, von einer anderen vielleicht mal ´nen knappen Tausender.
Wenn Sie ein Stück in hochdeutsch verlegt haben, und ein Übersetzer verfasst es in plattdeutsch oder in einer anderen Sprache, dann erhält dieser Übersetzer natürlich auch Tantiemen. Er oder sie hat ja schließlich eine Menge Arbeit damit gehabt; und das Werk könnte ja ohne diese Übersetzung gar nicht aufgeführt werden. Die Höhe der Anteile an den Übersetzer liegt in der Regel bei 20%.
Ich hoffe, Sie sind zufrieden und wissen nun in etwa, was Sie mit Ihren Theaterstücken verdienen können.
14. Kapitel
Alleine oder zu zweit?
Ich hatte schon 40 Mehrakter alleine geschrieben, als mich vor etwa drei Jahren meine Freundin besuchte und wieder mal aus ihrem Leben erzählte. Elke Siemers. Sie ist Kinderkrankenschwester und Theaterpädagogin, und wenn Sie erzählt in ihrer frischen, unvergleichlichen Art, sollte eigentlich immer eine Kamera mitlaufen. Es ist immer wieder köstlich ihr zuzuhören. Wir haben schon vor Jahren entdeckt, dass wir gemeinsam unglaubliche Storys erfinden können. Ja, wenn wir eine Stunde lang unserer Phantasie freien Lauf lassen, ist praktisch ein komplettes Theaterstück fertig – leider erstmal nur im Kopf. Vieles wurde aber bisher schnell wieder verworfen. Irgendwann kam es dann dazu, dass Sie eine solch dramatische Geschichte zu berichten hatte, die sie zum Teil selbst erlebt hatte, dass es absolut klar war für mich, dass daraus ein Theaterstück entstehen sollte. Einige Wochen später verlegten wir im Plausus Verlag dann unsere Komödie „Walnussmond mit Nougatcreme“.
Nun möchten Sie sicher wissen, wie das funktionieren kann – das „Zusammenschreiben“.
Ich habe bis heute zwei Varianten kennengelernt. Elke hatte bis dahin schon unzählige Bilder gemalt, viele verschiedene Rollen auf der Bühne verkörpert, viele Gedichte, Geschichten und kleine Romane geschrieben, auch an Theaterstücke hatte sie sich schon herangetraut; ja, sie ist eigentlich selbst ein künstlerisches Werk in menschlicher Form, aber auch eine Drama-Queen. Aber ein eigenes Stück in Dialog-Form zu verfassen wäre nicht so ihr Ding, meinte Sie.
Ich begann alleine, den 4Akter zu schreiben. Nach einiger Zeit beendete ich den 2. Akt und jetzt war Elke gefordert. Gerade das, was in dem folgenden Akt passieren sollte, konnte nur sie so wiedergeben und im Detail beschreiben. Ich bekam von ihr dann den Fortlauf unserer Geschichte, aber in Roman-Form. Nun war ich gefordert, diese Zeilen in einen Dialog umzuwandeln. Das hätte ich vielleicht auch hinbekommen; aber ich habe mich geweigert und Elke dazu gezwungen, dass sie es machen sollte. Ihre Art des Verfassens in belletristischer Form, sagte mir, dass sie auch Dialoge daraus formen konnte. Und sie tat es und es gelang ihr wunderbar. Den 4.Akt habe ich dann wieder alleine geschrieben. Danach haben wir uns zusammengesetzt und das fertige Werk so bearbeitet, dass es für uns beide zufriedenstellend war. Es ist eine Komödie mit Tiefgang daraus geworden. Und Gruppen, die es aufgeführt haben, hatten ein sehr zufriedenes Publikum. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass ich mit Elke irgendwann wieder so etwas zusammen mache.
Das war meine erste Erfahrung des Schreibens mit einer zweiten Person. Im Frühjahr 2008 kam es dann zum zweiten Mal zu einer Zusammenarbeit. Dieses mal mit Christoph Bredau.
Das Schreiben mit Christoph war eine völlig andere Art und Weise. Wir sprachen irgendwann über´s Theater und hatten die Idee, dass es eine Komödie geben könnte, in der zwei junge Männer sich sozusagen als „männliche Prostituierte“ anbieten. Ich habe vorhin davon berichtet. Interessant war auch, dass hier noch vor dem Schreiben der Titel feststand: „Willkommen im Chez André“. Ursprünglich hatten wir uns für „Chez Roger“ entschieden; aber ich denke, das Wort „Roger“ hätte manchen Akteuren auf der Bühne Probleme gemacht; weil es oft gesagt werden muss. Aus „Roger“ haben wir dann kurz vor Schluss einen „Andre“ gemacht. Christoph wurde im Niederrhein geboren, ist von Beruf Krankenpfleger und absoluter Filmfreak. Sein Haus gleicht in Teilen einem Kino. Theater interessierte ihn zwar sehr, aber er war für dieses Metier nicht vorbelastet. Für ihn war von Anfang an klar, dass wir das Stück gemeinsam schreiben sollten. Und damit meinte er, dass wir beim Verfassen zu zweit am Computer sitzen und den Verlauf der Komödie gemeinsam während des Eintippens erfinden. Für mich war das eine neue und fremde Art des Schreibens, und zunächst war es etwas anstrengend für mich. Manchmal hat er Vorschläge gemacht, mit denen ich überhaupt nicht einverstanden war – aber umgekehrt passierte das auch. Ab und zu musste ich ihn etwas bremsen, wenn er Vorschläge machte, die dann doch zu weit gingen; aber es kamen auch Dinge von ihm, die genial waren und die ich selbst vielleicht so nie geschrieben hätte. Viele Szenen wurden somit nur durch diese Zusammenarbeit wirklich schön ausgeschmückt; und das Endergebnis darf sich sehen lassen, meinten wir. Wir beide sind zumindest sehr zufrieden damit und sind nach dem Beenden von „Chez André“ zu dem Entschluss gekommen, dass das nicht die letzte Zusammenarbeit sein sollte, und arbeiten derzeit an einer zweiten Komödie: „Vier Hände für ein Euter“, welches wahrscheinlich im Herbst 2008 fertiggestellt ist.
Sie sehen also, dass es verschiedene Arten gibt, mit einer zweiten Person ein Stück zu verfassen. Wenn Sie sich jedoch darauf einlassen das komplette Stück zu zweit zu schreiben, sollten Sie den anderen niemals überfahren, indem Sie ab und zu doch alleine an dem Werk arbeiten. Das ist unfair dem anderen gegenüber.
Ob Sie auch die Variante des Zusammen-Schreibens bevorzugen sollten? Ich möchte Ihnen davon nicht abraten – will aber auch betonen, dass es alleine auch gut klappen kann. Ich werde ganz sicher mein 50stes Werk wieder alleine verfassen. Finden Sie auch hier Ihren eigenen Weg und Stil.
Wenn Sie Ihr erstes Werk beendet haben, ein Verlag nimmt es ins Programm auf, es wird gleich nach Erscheinen von den Gruppen angefordert und im Laufe der Zeit wird es 10 mal und mehr pro Spielzeit inszeniert; ich denke, dann dürfen Sie von einem recht erfolgreichen Theaterstück sprechen. Entfernen Sie dann auch gerne wieder den Klebestreifen auf dem Buch-Cover.
Herzlichen Glückwunsch
Anhang
Bei diesen Verlagen sind meine Stücke verlegt:
Plausus Theaterverlag
Heike Stuch/Gernot Weber
Kasernenstrasse 56
53111 Bonn
Tel.: 0228/3694814
Fax: 0228/3694815
Email: info@plausus.de
Internet: www.Plausus.de
Karl Mahnke Theaterverlag
Große Straße 108
Postfach 1507
27283 Verden/Aller
Tel.: 04231/3011-0
Fax: 04231/3011-11
Email: info@mahnke-verlag.de
Internet: www.Mahnke-Verlag.de
Meine Webseite: www.Theater-Schmidt.de
Sie lieben das Theater und haben den Kopf voller Ideen und Geschichten?
Sie spielen selber in einer Theatergruppe und würden gerne ein eigenes Stück verfassen?
Sie wollen gerne etwas zu Papier bringen in Dialogform; aber es erweist sich dann als ein schwieriges, enttäuschendes Unterfangen?
In diesem Ratgeber gibt der Autor Tipps wie man ein Theaterstück schreibt. Von der Grundidee, über die Dramaturgie, Handlungsfäden bis hin zur Veröffentlichung und der Zusammenarbeit mit Verlagen.
Tag der Veröffentlichung: 07.01.2011
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