Cover

Nach wenigen Minuten rollte die silberne Union Atlantic Lokomotive in den Hauptbahnhof von Han Ova, mit seinen verwaisten Bahnsteigen, aus deren Ritzen und Spalten im rissigen Beton kleine Sträucher und Büsche wucherten. Kieran stoppte die Lokomotive und nsch einem kurzen Monment erschien auf dem Monitor....ARRIVAL HAN OVA.....ENTER DESIRED DESTINATION....und eine Auswahl an Fahrzielen wurde aufgelistet...“Na das ist ja cool“ alle drei schauten gebannt auf den kleinen Bildschirm. New Amsterdam, Los Anchelos, Gulch City, Hamburgo, Mockba, Jwaneng....“Jwaneng, die Minenstadt. Ich glaube wir kommen da leichter hin als gedacht. Jetzt brauchen wir uns nur zurücklehnen und abwarten“ freute sich Kieran. „Bist du sicher das das eine gute Idee ist, warf Rouven ein, wir vertrauen dem Ding und schwups wir sind da? Wir wissen ja noch nicht einmal was uns dort erwartet.“ „Was sollte und dort schon erwarten? Entweder kommen wir an, oder eben nicht“ „Und genau dieses oder eben nicht stört mich irgendwie. Definitiv ankommen wäre mir lieber. Die Minen sind schon seit langer Zeit von der Außenwelt abgeschnitten und keiner weiß irgendetwas. Keiner weiß etwas und ich habe keinen Bock bei sowas draufzugehen“ sagte Rouven verärgert. „Wieso, du wolltest doch sowieso das einer von uns beiden draufgeht?“ Kieran legte Rouven seine Hände auf die Schultern „Angst kleiner? Du hast gesagt das einer von uns beiden draufgeht, oder auch wir beide oder keiner. Jetzt zick nich rum und lass uns fahren, sonst werden wir es wohl nicht herausfinden.“ Rouven legte seine Hände auf Kierans Schultern „Bist du so doof oder tust du nur so? Wir drücken Knopf, Zug fahren los, Jwaneng nix mehr da, was wird mit uns? Zug fahren los, Welt zuende wir machen plumps in wasweißich. Zug kommt an, Monster oder so fressen uns auf. Einfacher kann ich das nich ausdrücken. Wir wissen nich ob es den Ort zu dem wir wollen noch gibt und wir wissen nicht, gesetzt den Fall das es ihn gibt, was da auf uns wartet“ Kieran spürte eine unterschwellige Angst in sich aufkeimen, schob sie aber sofort wieder in den tiefsten Winkel seiner Gedanken zurück. „Okay, der Plan ist folgender wir fahren da hin, soviel steht einmal fest, also werden wir das Ziel wählen und uns dann in einen der Waggons setzen. Zu den Minen sind es 180 Meilen. Wir schauen ob uns das Ding sagt wann wir ankommen. Dann können wir rechtzeitig wieder in die Lok gehen und notfalls anhalten. Oder du bleibst die ganze Zeit hier vorne sitzen und wenn ein Gespenst auftaucht hälst du an.“ Rouven tätschelte Kieran auf seine Wangen. „Okay, du bist der Auserwählte, was auch immer das bedeutet. Aber das weißt du ja selbst nicht mal mit Sicherheit. Mir scheint aber das das Auswahlverfahren nicht sehr schwierig war da Intelligenz offenbar nicht zu den Hauptkriterien gehörte“, grinste er. „Grabbel mir nicht mit deinen Schmuddelfingern im Gesicht rum du Hosenscheißer“ Kieran packte Rouvens Hände, hielt sie fest „Fass mich einfach nicht mehr an, okay?“ und funkelte ihn böse an. „Uuuuh, Mr. Badguy möchte nicht angefasst werden...Uhuhuhuuu can’t touch this...“ „Ich zeig dir gleich Badguy“ Kieran drehte sich um und wählte Jwaneng als Ziel aus. Auf dem kleinen Bildschirm....DESTINATION JWANENG....PROCESSING....ARRIVAL 07:00 A.M.....SELECT DRIVING MODE...AUTOPILOT ACTIVATE IN 10....9....8....7...6....Rouven und Morutabana schauten entgeistert auf den Monitor..5...4....3....2.....1.....INITIATED! Der Zug setzte sich langsam in Bewegung „Das war BAD, grinste Kieran, und dabei hatten wir noch nicht einmal zuende Disskutiert“ Morutabana lachte. Rouven hätte Kieran am liebsten gepackt und ihm wehgetan, doch das würde jetzt auch nichts mehr ändern. „Idiot“ fluchte er und Kieran drehte sich um und verschwand durch die hintere Tür des Führerstandes.

Morutabana beobachtete wie die Geschwindigkeitsanzeige sich veränderte. „Wir werden bald Wissen ob das eine gute Idee war. In etwa 18 Stunden werden wir in Jwaneng sein. Lass uns auch nach hinten gehen, ein Paar Stunden schlaf sind wohl nicht das verkehrteste. In ein paar Stunden können wir ja mal nach dem rechten schauen“. Rouven nickte. Die beiden zwängten sich durch die kleine Tür und vorbei am lautstark vorsichhin brummenden Diesel, der den Zug weiter beschleunigte und fanden Kieran in einem Großraumwagen der ersten Klasse. „Kommt, ich hab uns Plätze freigehalten“ rief er ihnen entgegen. Der Waggon machte einen luxuriösen Eindruck. Seine Seitenwände waren mit Holz vertäfelt. Die dunkel getönten Fenster schützten vor der grellen Sonne und jedes Fenster verfügte zudem über eine Jalousie. Die Sitzplätze waren mit größerem Abstand zueinander montiert, so das man die Beine bequem ausstrecken konnte. Morutabana und Rouven setzten sich zu Kieran. Die Sitze waren weich und schmiegten sich an den Köper an. Morutabana streckte seine Beine aus und legte seine Arme auf die Armlehnen. Auf der rechten Armlehne befanden sich einige kleine Schalter. Er betätigte wahllos einen davon und ein kleines Display fuhr aus der Sitzseite und schaltete sich ein. Auf dem Bildschirm waren gelbe und blaue Felder zu erkennen, zwei Punkte und ein schmaler grüner Streifen der sich langsam von einem der beiden Punkte zum anderen hin verlängerte. „Ich glaube wir können uns hier beruhigt ausruhen, ohne das wir die Übersicht verlieren. Auf dem Display werden unsere Route und unsere Position angezeigt.“ In der rechten oberen Ecke des Bildes war ein Button ...Ext.Cam . Morutabana berührte den Button und das Bild des Monitors zeigte die vor ihnen liegende Strecke von der Lok aus gesehen. Morutabana schaute zufrieden.
„Na bitte, noch ein wunderwerk der Technik. Wir haben alles im Blick,“ sagte Kieran. „Wie gut das du das vorher wußtest, oh Auserwählter“ Rouven lehnte sich verärgert zurück und schloss die Augen. Auch Kieran wurde von seiner Müdigkeit übermannt. Er konnte seine Augen nicht mehr länger offenhalten und schlief ein.
Morutabana schaute noch eine ganze Weile auf den Monitor. Wir sind auf dem Weg, dachte er, wir sind auf dem Weg. Seit anbeginn der Zeit hatte er auf diesen Moment gewartet. Sicherlich hat er auch andere Sachen gemacht. Ganz nebenbei jedoch hat er gewartet das die Zeit kommt sich mit dem Auserwählten auf die Reise zu gehen. Den Weg zu gehen der vorherbestimmt war noch bevor die Menschheit ihr Bewusstsein erlangte. Er blickte auf seine schlafenden Begleiter. Kieran war nicht ohne Grund auserwählt worden. Es war nicht seine Wahl und auch dieses war vorherbestimmt. Aber er hoffte das der Auserwählte stark genug sein würde seine Aufgabe zu bewältigen. Notfalls mit ein wenig Hilfe. Und diese Hilfe hatte er in Han Ova gefunden. Seine Nemesis, seinen gerechten Zorn den er brauchte um seine Mission zu erfüllen. Kieran war auf seine Nemesis angewiesen so wie der Samen auf den Wind, die Sonne und den Regen. Nur dann würde er in fruchtbarem Boden zu einem großen starken Baum gedeihen der allem unbill trotzt. Morutabana beugte sich nach vorn und berührte die schlafenden Jungen vorsichtig an der Stirn. Sofort strömte eine unbändige Energie durch seinen Körper. Er schloss seine Augen und sah.
Es war eine warme Sommernacht und der Himmel war sternenklar. Rouven schaute aus seinem Fenster hinunter auf die Straße und beobachtete die vorbei fahrenden Autos. „Roooouuuuven“ tönte es aus der Küche „Rooouuuuven was hast du schon wieder gemacht“. Rouven überlegte einen kurzen Moment und rief „Nix, wieso?“ Nur einen Moment später stand seine Mutter mit einem Brief in der Hand in seinem Zimmer. Er sah sie von oben bis unten an, war sich jedoch keinerlei Schuld bewusst. „Weißt du was das ist? Dieser Brief steckte heute im Briefkasten, er ist von der Schule. Wir sollen zu einer Klassenkonferenz kommen nur weil du schon wieder Scheiße gebaut hast. Warum hast du das Mädchen geschubst?“ Rouven versuchte sich krampfhaft daran zu erinnern was vorgefallen war. Jessika diese blöde Kuh, fiel es ihm ein. Sie musste ihn verpetzt haben. Dieses kleine Miststück.
Jessica war in seiner Klasse. Er ging nun erst seit sechs Wochen auf seine neue Schule. Die alte musste er verlassen weil man ihn als auffällig betrachtete. Auffällig dachte er. Er hätte sich selbst nie als Auffällig bezeichnet, eher als unscheinbar und unbedeutend. „Warum machst du uns immer so einen ärger? Warte bis dein Vater nach Hause kommt. Haben wir nicht alles für dich getan?“ Rouven schluckt und ihm stiegen die Tränen in die Augen. Im Augenblicken wie diesen wünschte er sich immer er wäre nie geboren worden. Aber dafür war es zu spät. Er war 12 Jahre alt und hatte die Qualen seiner Existenz all diese Jahre ertragen. Schon oft hatte er sich vorgestellt wie die Welt wohl ohne ihn aussehen würde. Würde jemand bemerken das es ihn nicht gibt. Würde sich irgendetwas verändern. Er liebte seine Familie. Ob seine Familie ihn liebte war für ihn immer eine Frage die wie ein Damoklesschwert über seiner Existenz schwebte. Was wäre wenn er sterben würde? Wer würde zu seiner Beerdigung kommen?
„Sie hat mich geärgert, entfuhr es ihm, sie hatte selbst Schuld. Immer ärgert sie mich und ich kriege dann immer die Schuld“ Eine Träne lief über seine Wange. „Du kriegst doch nicht immer die Schuld, red kein unsinn. Aber wie kannst du jemanden schubsen der oben auf einem Treppenabsatz steht? Weißt du überhaupt was da alles passieren kann?“ Rouven schluchzte „Es tut mir leid das ich schon wieder Ärger gemacht habe“ In Wirklichkeit tat es ihm jedoch leid das er lebte. Denn würde er nicht leben, wäre das alles nicht passiert. „Ich red mit Papa, sagte seine Mutter, es wird ihn nicht freuen das wir schon wieder in die Schule müssen. Du weißt ja wie krank er ist“ Rouven saß regungslos auf seinem kleinen Sofa und schaute seine Mutter an, wie sie sein Zimmer wieder verließ und nach unten ging. Er schaute wieder aus dem Fenster. Vor seinen feuchten Augen verschwammen die Lichter und alles schien so unwirklich.
Er war nicht das leibliche Kind von Ellie und Leonard. Er wurde als Baby von ihnen adoptiert, denn er sollte es einmal besser haben als seine Mutter die sich niemals hätte um ihn kümmern können. Sie haben ihn gekleidet, gefüttert und aufgezogen. Und was hatte er gemacht? Nichts als ärger!
Am darauffolgenden Abend ging sein Vater mit ihm in die Schule. Alle waren dort. Sein Klassenlehrer, der Schuldirektor, der Klassensprecher, Jessika und ihr Vater. Nach einer kurzen Hauptverhandlung in der die Geschworenen auf schuldig plädierten und der Direktor sich dem Urteil anschloss wurde er rechtskräftig verurteilt. Vierzehntage suspendiert zu sein war noch ein mildes Urteil denn schließlich hatte er erst vor kurzem auf diese Schule gewechselt da er Auffällig war. Während des gesamten Heimwegs redete sein Vater kein Wort mit ihm. Da sein Vater noch nie ein Mann vieler Worte war wäre dies nicht ungewöhnlich gewesen. Läge nicht dieses bedrückende Gefühl der Ablehnung in der Luft.
Morutabana spürte wie der Energiefluss stärker wurde und nahm seine Hände von den Köpfen der Jungen, bevor er es riskierte die Kontrolle zu verlieren. Ein Blick auf den Bildschirm verriet ihm das sie noch nicht einmal ein viertel der Strecke zurückgelegt hatten. Entspannt lehnte er sich zurück und sah aus dem Fenster. Der Zug fuhr nicht mit einer konstanten Geschwindigkeit, er wechselte häufig das Tempo und Morutabana war beruhigt das der Autopilot offenbar in der Lage war die Reisegeschwindigkeit an die Streckenverhältnisse anzupassen. Die beiden Jungen schliefen tief und fest. Rouven hatte sich auf die rechte Seite gedreht so das ein Kopf auf Kierans Schulter ruhte. Meine beiden Engel, dachte Morutabana. Der Auserwählte und seine Nemesis. Wie sie dort schliefen entbehrte jedoch jeder Mystik. Wären sie in einem vollen Reisezug hätte sie jeder andere Reisende für zwei kleine Jungen gehalten. Etwas das beide sicher nicht gern gehört hätten, klein. Zwei Jungs die in dieser Welt Brüder hätten sein können, oder Freunde, wenn es der Plan so vorgesehen hätte. Doch der Plan war ein anderer. Sie waren Reisende in einer Welt die sich verändert hatte. Morutabana schloss seine Augen.
Kieran erwachte als erster und streckte sich. Er verspürte ein angenehme Art der Benommenheit, denn er hatte so gut geschlafen wie schon lange nicht mehr. Sein Kopf war schwer, doch seine Gedanken waren fokussiert und klar. Er hielt Rouvens Kopf, bewegte seine immernoch schlafende Schulter und legte ihn wieder zurück. Er wollte ih nicht wecken aber ihm war nicht ganz wohl bei dem Gedanken ein Kissen für jemanden zu sein. Morutabana saß in seinem Sitz und schlief tief und fest. Draußen vor dem Fenster konnte er nichts anderes erkennen außer Sand der vorüberflog. Er betrachtete Rouven wie er dort an ihn gelehnt war. Er war ein hübscher Junge. Er berührte sein blondes Haar, das ihm über die Stirn fiel und merkte wie fein es doch war. Seine Haut war sonnengebräunt und rein. Er drehte seinen Kopf ein wenig mehr und atmete tief ein. Er riecht so wunderbar, dachte Kieran. So wunderbar. Hätte man ihn gefragt wonach hätte er es wahrscheinlich nicht definieren können. Der Geruch von Rouvens Haaren gab ihm jedoch ein Gefühl von Geborgenheit. Es war wie Gras nach einem Gewitterregen. Wie die Wohnung die man morgens verlassen hatte und abends wieder betrat. Vorsichtig strich er ihm über das Gesicht über deine zwei neckische Grüpchen und seine kleine Stupsnase. Seine Haut war sanft und weich. So wie eine Bettdecke in die man sich jeden Abend einkuscheln möchte. Kieran öffnete die Lippen und streckte langsam die Zunge heraus. Wenn er sich nur ein wenig weiter drehte könnte er ihn schmecken, dachte er. Er verrenkte sich ein wenig, so das er seine Schulter aus ihrer Kissenposition befreien konnte ohne das Rouven wach wurde. Ganz sanft berührte er Rouven mit seiner Nasenspitze und erkundete damit sein Gesicht. Vorsichtig streckte er seine Zunge heraus und berührte ihn sanft an seine Nasenspitze.
In dem Moment schlug Rouven die Augen auf. Mit beiden Händen stieß er Kieran zurück, so das dieser fast sein Gleichgewicht verlor und von seinem Sitz fiel. „Hast du sie noch alle du Spinner“? schir er ihn an. Morutabana schlug die Augen auf. „Was zur Hölle leckst du mir in meinem Gesicht herum?“ Kieran starrte ihn mit aufgerissenen Augen an, denn er wusste nicht warum er das getan hatte. Er wusste nur das es ihm ein gutes Gefühl gegeben hatte. Für einen Moment hatte er das Gefühl gehabt, allein auf der Welt zu sein. So als ob die Welt still stand. Und jetzt von einem Moment auf den anderen fühlte er sich ertappt und bloßgestellt. Er war sprachlos. Rouven stieß ihn nach hinten und sprang auf seinen Schoß. „Du kleine perverse Sau! Komm mal klar! Seh ich aus wie `nen Lutscher? Was sollte das?“ Kieran war wie gelähmt. Am liebsten wäre er in einem Loch im Erdboden versunken. Aber wie das nun mal mit Löchern so ist, wenn man eines benötigte, tat sich keins auf. Sein ganzer Körper zitterte und er war immernoch starr vor Schreck. Rouven holte aus und schlug ihm mit der flachen Hand, so stark wie er konnte auf die Wange. Kieran fühlte einen Schmerz, wie eine Bombe die in seinem Gesicht explodierte. Seine Wange wurde rot und fühlte sich heiß an. „Hallohooo, ich rede mit dir. Was zur Hölle sollte das? Wofür hälst du mich? Wenn du sowas noch einmal machen solltest, Mister faß mir nicht ins Gesicht, dann werde ich dir mal zeigen was Schmerzen sind. Hörst du mir überhaupt zu?“ Kieran rührt sich nicht. Rouven ballte seine Hände zu Fäusten und schlug auf ihn ein. Jeder Schlag war für Kieran wie eine Erlösung aus einem bösen Alptraum und holte ihn langsam in die bittere Realität zurück. Das Gefühl der Geborgenheit, das Gefühl von Heimat, wich mit jedem Schlag ein wenig mehr. Er war hier auf einer Reise zu einem unbekannten Ziel. Einer Reise an einen Ort mit dem alle Menschen Angst und Schrecken verbanden. Doch jeder Schlag und das verwunderte ihn, brachte ihn Rouven noch näher als er es vorher, in dem Augenblick als er den Duft seiner Haare tief in seine Lungen sog, schon war. Es waren nicht die Schmerzen der Faustschläge die ihn letztendlich aus seiner starre herausrissen. Es war das immer erdrückender werdende Gefühl der Nähe. Zwei wie Eins.
Kieran schlug zurück so fest er konnte. Doch Rouven schlug weiter auf ihn ein. Er packte ihn, stieß ihn zu Boden und warf sich auf ihn. Er packte ihn am Hals und Rouven schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Kieran fühlte einen warmen Strom der sich von seiner Nase her über sein Gesicht ausbreitete. In diesem Moment der Ablenkung umklammerte Rouven ihn mit seinen Beinen und warf ihn zur Seite. Kieran stieß mit dem Kopf an ein Sitzgestell und ihm wurde schwarz vor Augen. Er hatte Angst das Bewusstsein zu verlieren, griff mit beiden Händen nach Rouvens Hals und würgte ihn.
Morutabana der sich das Schauspiel zu seinen Füßen bislang teilnahmslos verfolgte, streckte seine Hand aus und berührte Rouvens Knie. Im Moment der Berührung, spürte Kieran wie ihm die Luft weg blieb. Unsichtbare Hände die ihn festhielten und ihm langsam die Luft abschnürten. Rouven spürte wie sich etwas um seine Taillie zu legen schien und ihn zu zerdrücken drohte. Vereint im Schmerz lagen beide auf dem Boden und ließen voneinander ab und die Schmerzen ließen Augenblicklich nach. Irritiert schauten sie zu Morutabana und sahen einander an. Nun konnte auch Rouven dieses erdrückende Gefühl der Nähe spüren, welches Kieran in Angst versetzte. Wie Marionetten deren Fäden sich verheddert hatten, waren sie verbunden.
„Steht auf und setzt euch wieder hin. Was sollen die anderen Leute denken?“ Kieran und Rouven schauten sich um. Es fuhren zwar nicht viele Menschen nach Jwaneng, aber die wenigen in ihrem Waggon hatten das Schauspiel mit Kopfschütteln beobachtet. „Ihr seid unmöglich wie ihr euch benehmt“ Kieran und Rouven standen auf und setzten sich wieder in ihre Sitze. „Warum gaffen die so?“ erboste sich Kieran, haben die nix besseres zu tun?“ „Hättest du nicht angefangen würde uns jetzt keiner angaffen" herrschte Rouven ihn an. John der die beiden begleitete, bereute in diesem Moment das er Mae angeboten hatte Kieran nach Jwaneng mitzunehmen wenn er seinen Sohn in Pasadena abholte. Kieran und Rouven, die beiden Jungen mit denen er jetzt im Zug saß und die ihn auf peinliche Art mit ihrer Auseinandersetzung bloßgstellt hatten, hatten wenig gemein. Rouven war sein ältester Sohn, den er seit er in Jwaneng einen Job gefunden hatte nur noch in den Ferien sah. Kieran war Maes Neffe aus Pasadena, der Stadt in der auch Johns Famile lebte. Damit endeten auch schon die gemeinsamkeiten. John hatte lange überlegt als Mae ihn fragte Kieran mitzunehmen, denn er war sich von Anfang an sicher das dies keine gute Idee wäre und ihm nur scherereien bereiten würde. Doch hatte er sich von Mae überreden lassen und saß hier nun, umgeben von fremden Leuten die ihn anstarrten weil die beiden sich stritten. Sein Sohn besuchte eine Privatschule, vornehmlich aus dem Grund mit Subjekten wie Kieran nicht in Kontakt zu kommen. John betrachtete alle Dinge die seine Familie betrafen pragmatisch, denn er wollte das seine Kinder einmal genauso erfolgreich im Berufsleben stehen sollten wie er und den Kontakt und Umgang mit Störenfrieden aus einfachsten Verhältnissen, die zudem noch in Trailerparks wohnten, sah er als höchst unzuträglich in seiner Planung. Als der Zug in Jwanengs Bahnhof einfuhr stand Tante Mae bereits auf dem Bahnsteig und wartete sehnsüchtig auf ihren Neffe, der die ganzen Ferien bei ihr verbringen würde. Kieran rannte ihr entgegen und fiel ihr in die Arme. „Tante Mae“, freute er sich und wollte sie gar nicht wieder loslassen. „Kieran mein bester, groß bist du geworden seit wir uns das letzte mal gesehen haben. Wie war die Reise?“ „Hallo Mae“, ertönte eine Stimme hinter Kierans Rücken. „Hallo John. Ich hoffe ihr hattet eine angenehme Reise?, erwiderte Mae,Danke das du meinen Engel mitgebracht hast,ich hoffe es waren keine allzugroßen Umstände?“ John schüttelte den Kopf, „Nein nein, du weißt ja das ich dir gern mal einen Gefallen tue“. Rouven stand ein wenig abseits und hatte die ganze Szene beobachtet. „Rouven?, Mae sah ihn an, während sie nun John in ihre Arme schloß. „Ist das dein großer?“ fragte sie. „Ja, erwiderte John, das ist Rouven, ich hoffe du kannst dich noch an ihn erinneren. Das letzte mal das du ihn gesehen hast müsste inzwischen vier Jahre her sein.“ Mae ging auf Rouven zu und wollte ihn ebenfalls zur Begrüßung umarmen, doch dieser machte einen Schritt zurück und streckte ihr seine Hand entgegen. „Hallo“ murmelte er leise und Mae nahm seine Hand und schüttelte sie lächelnd. Rouven fand Mae immer schon etwas merkwürdig. Vielleicht war es aber auch das er Eifersüchtig war, denn sein Vater erzählte am Telefon oft von ihr und in den Ferien auch von Kieran. Warum konnte er keine Tante wie Mae haben, die ihn einfach mal in Ruhe lassen würde und nicht, wie sein Vater ständig nur sein bestes wollte. Die vier verabschiedeten sich vor dem Bahnhof und Kieran sah John und Rouven nach wie sie in ein Taxi stiegen und davon fuhren. „Jetzt gehen wir erstmal nach Hause, es gibt da noch jemanden der sich bestimmt freut dich zu sehen“, sagte Tante Mae und suchte nach einem Minibus Taxi, welches in ihre Richtung fahren würde. Die beiden zwängten sich mit einem dutzend Anderer in eines der unzähligen Minibus Taxis, die keinem keinem Fahrplan folgten und keine festen Haltestellen hatten. Man kam jedoch irgendwie immer genau dort an wo man hinwollte. Der Minibus fuhr eine dreiviertel Stunde kreuz und quer durch die Stadt bis sie endlich in der Steinbokstraat ankamen. Tante Mae gab dem Fahrer 10 Dollar, bedankte sich und dieser nahm das Geld lächelnd entgegen, startete den Motor und fuhr davon. Tante Maes Haus war in hellem gelb gestrichen und hatte im Gegensatz zu den Nachbarhäusern nicht von einem hohen Zaun umgeben denn Mae hielt nichts davon sich zu verstecken.
Jwaneng war eine Stadt der Veränderungen. Zumindest die Tiefe des großen Loches in der Mine änderte sich fast täglich. Es wurde tiefer und tiefer. Vor dem Fund der reichen Diamantenader war es ein kleines verschlafenes Nest, das aus kaum mehr als einer Hauptstraße mit einem Hotel, einem Saloon und einigen kleinen Geschäften bestand. Nach dem großen Fund kamen Heerscharen von Glücksrittern hierher und verwandelten es in eine schnell wachsende Stadt. Dies konnte man noch heute an den schäbigen Bretterverschlägen überall im Stadtzentrum sehen, die mittlerweile als Kulturerbe betrachtet werden. Auch wenn einige, nicht gerade wenige, in der Vergangenheit hohen Wolkenkratzern weichen mussten. Die alte Hauptstraße und der Bahnhof hatten jedoch in all den Jahren kaum etwas von von ihrem ursprünglichen Charme eingebüßt. Die pitoresk anmutenden und farbenfrohen Holzfassaden mit schmiedeeisrenen, reich verzierten Geländern an den Balkonen konnten einen manchmal vergessen lassen das dieses kleine unbedeutende Kaff sich zu einer reichen Wirtschaftsmetropole gemausert hatte, deren Vororte sich wie die Arme eines Kraken in das ehemals unberührte Land gegraben haben. Asphaltierte Strassen zogen sich wie ein Spinnennetz durch die Landschaft und Häuser reihten sich daran auf, wie Tautropfen an einem Herbstmorgen.
Belinda öffnete die Tür. Sie war Tante Maes Mädchen für alles, etwas das jeder der etwas auf sich hielt oder so tun wollte als ob es ihm gut ging hatte. Der unterschied bestand jedoch darin das tante Mae sie nicht wie ein Hausangestellte, sondern wie eine alte Freundin behandelte, was sie für Mae auch war. Kieran lief ihr entgegen und fiel ihr in die Arme.

. „Kieran, es ist so schön dich wiederzusehen. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit seit ich dich das letzte mal gesehen habe. Du bist gewachsen. Fast schon ein richtiger Mann“ Auch Kieran schien es wie eine Ewigkeit seit er das letzte mal hier gewesen ist. Für einen 14 Jährigen Jungen waren die Monate zwischen den Sommerferien schließlich auch eine Ewigkeit. Vor allem wenn man in einem strengen Elternhaus lebte wie er. Während er und tante Mae es sich im Wohnzimmer gemütlich machten, bereitete Belinda ihnen in der Küche frische Zitronenlimonade, es gab keine bessere Erfrischung an heißen Tagen wie diesem. „Und wie ist es dir ergangen seit deinem letzten Besuch?“ Belinda setzte sich auf den kleinen Hocker und goß jedem ein Glas Limonade ein. „Gut“ lautete Kierans kurze Antwort. „Schlafe ich wieder oben auf dem Dachboden“, wollte er wissen. „Ja, ich habe dir das große Bett fertig gemacht. Tante Mae hat die alten Matratzen weggeschmissen und oben steht jetzt ein großes Bett“ Rouven leerte sein Glas Limonade int einem zug, nahm seinen Koffer und rannte nach oben. Belinda fragte Mae wie Kierans Reise mit John und seinem Sohn verlaufen war. Mea nippte an ihrem Glas,„Ich denke ihn mitzunehmen war für John ein Gefallen, den er wirklich nur mirzuliebe gemacht hat.“ Belinda nahm ihr Glas. „Wahrscheinlich hast du recht Mae. Ich denke das John Kieran nicht mag. Immer wenn er uns besucht, dann tut er es ohne seinen Sohn, selbst wenn Rouven bei ihm wohnte.“ „Ja, lächelte Mae milde, das ist eben John. Er hält sich eben gern für etwas besseres und Menschen wie meinen Bruder für die Wurzel allen übels nur weil er sich als Tagelöhner durchschlägt und in einem Trailerpark wohnt“ Belinda schnaubte verächtlich, „Das ist nicht das, nach was man einen Menschen beurteilen sollte. Und das er Rouven nie mit hierher bringt zeigt doch was er für ein Mansch ist. Und trotzdem bist du jedesmal für ihn da wenn er deinen Rat braucht.“ Mea lehnte sich entspannt zurück, denn sie wusste das Belinda in vielen Dingen nicht verstehen konnte das sie tat, was sie tat. „Er ist ein alter Freund, Belinda. Und er braucht eben manchmal einen Stoß in die richtige Richtung. Es ist nicht einfach für ihn die meiste Zeit des Jahres hier zu leben, getrennt von seiner Familie.“ „Ja, aber du siehst wie er seinen Sohn behandelt. Kinder sollten nicht dazu gezwungen werden etwas zu sein das sie nicht sind und ich bin mir sicher das Rouven niemals die Absicht hatte zu dem kleinen Arschloch zu werden das er offensichtlich ist, denn von anderen Kindern kann er ja nichts lernen da er sich nur mit welchen Umgeben darf die den Vorstellungen seines Vaters entsprechen“, entrüstete sich Belinda. „Sei nicht so hart. Das Leben ist hart genug zu den beiden. Denk mal wie oft Rouven die Schule wechseln musste“ Mea nahm die leeren Gläser und trug sie zurück in die Küche.
Kieran stellte seinen Koffer in die Ecke und sprang auf dem neuen Bett das Tante Mae gekauft hatte herum. Er war so froh endlich wieder hier zu sein, denn es gab nichts schöneres auf der Welt hier in der großen Stadt bei Tante Mae die schönsten Wochen des Jahres zu verbringen.
John bezahlte das Taxi und befahl Rouven die Koffer ins Haus zu bringen. Mit einem kurzen Summen begann sich ächzend das schwere Tor zu öffnen das die hohe Mauer die das Grundstück umgab unterbrach und den Zugang zu einem Heim freigab das von der restlichen Stadt abgeschottet lag. Rouven stellte die Koffer in der Eingangshalle ab und schlich ohne ein weiteres Wort zu sagen in sein Zimmer. John setzte sich an seinen Schreibtisch um noch ein paar Geschäftsunterlagen durchzusehen, die sich an den zwei Tagen die er benötigte um seinen Sohn abzuholen, angesammelt hatten.
In den Folgenden Tagen lebte Kieran ein sorgenfreies Leben. Er brauchte sich um nichts zu kümmern und konnte auf Entdeckungsreisen gehen, während Tante Mae und Belinda zuhause alles im Griff hatten. Mein kleiner Mann im Haus, hatte sie ihn einmal genannt und genauso fühlte er sich. Wie ein Mann. Wenn er nach Hause kam stand immer etwas zu essen auf dem Tisch, sein Zimmer mit dem großen Bett musste nicht aufgeräumt werden und wenn er einmal spät nach Hause kam warteten Tante Mae oder Belinda auf ihn. Aber nicht um ihn mit Fragen zu löchern oder ihn zurechtzuweisen warum er denn so spät dran wäre, nein, die einzigen Fragen die ihm gestellt wurden waren, hast du noch Hunger und hattest du einen schönen Tag.
Rouvens Tage waren von einer immer Wiederkehrenden Routine geprägt. John ging früh aus dem Haus und Rouven musste nach dem gemeinsamen Frühstück allerlei Hausarbeiten verrichten, bevor er bis zu John Heimkehr am Abend, sein tägliches Lernpensum zu bewältigen hatte. Denn nur wer auch in den Ferien seinen Kopf trainiert, der wird es später mal zu etwas bringen. Abends sahen die beiden meistens gemeinsam Fern und pünktlich um neun Uhr wurde er ins Bett geschickt.
Einige Wochen später klingelte es an Maes Tür und Belinda öffnete sie. John stand davor und hinter ihm schaute Rouven Belinda, mit einer großen Reisetasche in der Hand fragend an. Belinda wäre vor Schreck fast der Staubwedel aus der Hand gefallen, denn mit diesen zwei Besuchern hatte sie nicht gerechnet. „Hallo Belinda, begrüßte er sie, ich möchte zu Mae“ Belinda bat die beiden herein und führte sie ins Wohnzimmer, wo sie sich schweigend auf das Sofa setzten. Sie sagte: „Einen kleinen Moment bitte, Mae ist im Garten“, und verschwand durch die Verandatür. Einen Augenblick später kam Mae in das Wohnzimmer und begrüßte die beiden. „Was hat euch denn hier her verschlagen?“ „Mae ich möchte dich um einen Gefallen bitten, begann John, ich muss dringend nach Kimberley fahren, dort hat es Probleme in der Mine gegeben“ Kimberley war die zweite Stadt in der die CONTINENTAL CORP. eine Mine betrieb. „Kannst du ein paar Tage auf Rouven aufpassen? Ich bin nicht lange weg.“ Mae schaute ihn verwundert an, denn er hatte es immer vermieden seinen Sohn mit in ihr Haus zu bringen. „Sicherlich, John. Das ist kein Problem, ich denke die Jungs werden schon ihren Spaß zusammen haben.“ John sah sie ernst an, „Rouven ist nicht hier um Spaß zu haben. Er weiß was er zu tun hat. Er wird Belinda zur Hand gehen und den Rest der Zeit lernen.“ Mea lächelte Rouven an. „Ich muß jetzt los“, verabschiedete sich John und eilte zur Tür hinaus. „Danke Mae, ich bin in ein paar Tagen zurück, rief er ihr zu als er ins wartende Taxi stieg, das mit hohem Tempo davon brauste. Rouven saß noch immer auf dem Sofa und hatte sich keinen millimeter gerührt. Mae schaute noch einen Moment dem Taxi nach, bis es veschwunden war und schloss die Tür. Belinda machte keinen hehl daraus das sie Rouven nicht mochte und ging in die Küche ohne ihn weiter zu beachten. Mae kam ins Wohnzimmer, betrachtete Rouven einen Moment lang schweigend und setzte sich auf den kleinen Hocker. „Es muss sehr dringend sein das dein Vater aus der Stadt muß“ sagte sie leise. „Du bist hier willkommen und Kieran wird sich freuen einen Spielkameraden zu haben.“ Rouven brummelte etwas unverständliches und fragte, „Wo soll ich schlafen?“ „Du teils dir einafch das große Zimmer unter dem Dachboden mit Kieran. Wie gut das ich neues großes Bett gekauft habe“ antwortete Tante Mae. „Es ist die Treppe hoch und dann links herum“ Rouven zögerte einen Moment, nahm seinen Koffer und schlich die Treppe hinauf. „Er ist noch in der Stadt, rief Mae ihm nach, aber mach es dir da oben ruhig schon mal gemütlich“ Rouven betrat das Zimmer und sah sich um. Er stellte seinen Koffer neben das Bett, nahm die Fernbedienung und schaltete den kleinen Fernseher ein. Eigentlich durfte er am Tage nicht fernsehen, weil da sowieso nur Mist lief der einen langsam verblöden lässt, wie sein Vater immer sagt. Ihm war das in diesem Moment aber völlig egal. Abgestellt bei Mae und diesem Arschloch. Als ob seine Ferien nicht schon beschissen genug waren, hier bei seinem Vater, der sowieso nie Zeit für ihn hatte. Er zog seine Schuhe aus, legte sich auf das Bett und schloß die Augen.
Es war schon ziemlich spät, so gegen halb elf als Kieran von einem seiner täglichen Streifzüge zurück nach Hause kam. Belinda und Mae saßen in der Küche und unterhielten sich. „Hi ihr beiden“ begrüßte er sie fröhlich, nichts ahnend das die nächsten Tage nicht so verlaufen würden wie er sich das vorgestellt hatte. „Deine Tante Mae hat eine Überraschung für dich“ zischte Belinda, die keinerlei Verständnis dafür hatte, das Mae sich von, in ihren Augen so genannten Freunden, ausnutzen ließ und das zudem noch wenn ihr Neffe sie besuchte. „Belinda, darüber haben wir doch nun ausführlich gesprochen, lächelte Mae, es wird schon gut für die beiden sein.“ Kieran öffnete den Kühlschrank und nahm sich ein großes Stück kalter Salamipizza heraus und schmatzte mit vollem Mund, „Was ist los? Was für eine Überraschung? Das klingt eher als ob ich morgen nen Zahnarzttermin hätte“ Mae sah ihn an und nahm ihn in den Arm. „Ein Freund hat mich gebeten auf ein paar Tage auf etwas aufzupassen, das ihm sehr Wichtig ist. Bitte sei ein lieber Junge und Hilf mir dabei“ Kieran verstand nicht was Tante Mae ihm damit sagen wollte. „Was?“ fragte er, den Mund immernoch voller Pizza. „Geh in dein Zimmer und finde es selbst heraus“ sagte Belinda, mehr zu sich selbst als zu Kieran. Nachdem er den letzten Bissen Pizza heruntergeschluckt hatt und mit einem großen Glas Wasser nachspülte, sagte Mae, die seine Frage bisher nicht beantwortet hatte, „Geh nach oben, da wartet jemand auf dich. Jemand der deine Hilfe braucht“ „Dem ist nicht mehr zu helfen“, entfuhr es Belinda und Kieran ging aus der Küche.
Als Kieran oben angekommen war, bemerkte er das in seinem Zimmer Licht brannte und der Frenseher lief. Vorsichtig öffnete er die Tür einen Spalt und sah wie Rouven auf dem Bett lag und in seinen Comics blätterte. Langsam betrat er den raum und Rouven schaute auf. „Was machst du hier?“ fragte er ihn verwirrt. „Das wüsste ich auch gern. Hätte mein Vater mich nicht allein zuhause lassen können anstatt mich hier abzustellen?“ Kieran nahm das Comicheft aus Rouvens Hand und legte es zur Seite. „Du wohnst jetzt hier? In meinem Zimmer, bei meiner Tante?“ Rouven stellte den Fernseher ein wenig lauter. „Ich hab mir bestimmt nicht ausgesucht hier zu bleiben, damit das klar ist. Mein Vater musste dringend weg und deine Tante Mae, naja, die hat jetzt eben die Ehre das ich hier für ein paar Tage rumhängen darf.“ Kieran war sauer. Wie konnte Tante Mae ihm das antun? Er rannte aus dem Zimmer und stürmte die Treppe hinunter. Tante Mae saß allein vor dem Kamin un dlaß in einem Buch. „Das ist nicht dein Ernst Tante Mae?, wollte er wissen und baute sich vor ihr auf. „Was meinst du?“ fragte Mae und legte das Buch zur Seite. „Was ich meine? Was macht dieser Typ hier? Tolle Überraschung, ist dir wirklich gelungen.“ Ihm standen vor Wut bereits die Tränen in den Augen. Mae zog ihn zu sich heran, strich über seinen Kopf und sagte leise, „Kieran, manchmal gibt es eben Dinge die wir einfach so akzeptieren müssen. John ist ein alter Freund und er brauchte meine Hilfe. Wir passen ein paar Tage auf seinen Sohn auf. Hörst du, ich sagte Wir. Belinda, ich und der Mann in meinem Haus“. Sie küsste ihn sanft auf die Wange „Jetzt geh wieder nach oben und versuch das beste daraus zu machen. Ich weiß das du das schaffst“. Kieran war sprachlos. Das kleine Arschloch blieb wirklich bei ihnen und wenn Tante Mae das so wollte, würde es auch nichts daran zu rütteln geben, also ging er wieder nach oben, während Tante Mae in ihrem Buch weiter las. Er ging in sein Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu. Rouven hatte sich mittlerweile ausgezogen und lag nur noch mit einer Boxershort bekleidet im Bett und schaute Fern. Kieran setzte sich auf das Bett, zog seine Schuhe aus und legte sich neben ihn. Rouven blickte kurz zu ihm und während der Nachrichtensprecher die Rugbyergebnisse verlas sagte er,“Deine Tante Mae ist schon irgendwie komisch oder?“. Kieran sprang wutentbrannt auf, schubst Rouven vom Bett und sprang auf ihn. „Was hast du gesagt? Sei doch froh das du überhaupt irgendwo bleiben kannst. Meine Tante ist nicht komisch! Du bist der einzig komische hier. Du nervst, du stinkst und du bist einfach Scheiße. Kein Mensch auf der Welt mag dich, jeder hasst dich, sogar meine Tante Mae, sogar dein eigener Vater“, schrie er und schlug auf ihn ein, „Sogar deine ganze Familie hasst dich“ Rouven begann zu weinen und da er nicht wollte das Kieran das bemerkt lachte er lauthals. Die Schläge taten weh, doch das was ihn am meisten schmerzte war der Gedanke das er Recht haben könnte. Kieran ließ von Rouven ab, der immernoch lachend mit Tränen in den Augen auf dem Boden saß, legte sich auf sein Bett, denn Tante Mae hatte es für ihn gekauft und zog sich die Decke bis über den Kopf. Kurze Zeit später, nachdem seine Tränen versiegt waren, kletterte Rouven ebenfalls zurück in Bett und schloß die Augen.
Am nächsten Morgen erwachte Kieran aus einem traumlosen Schlaf. Rouven lag neben ihm und hatte seinen Arm über ihn gelegt. Er stand auf und ging hinunter in die Küche, in der Tante Mae und Belinda bereits am Frühstückstisch saßen. „Gut geschlafen Spätzchen“ fragte Tante Mae, „wo ist Rouven?“ Kieran setzte sich auf seinen Platz und schenkte sich ein Gas frischen Oangensaft ein. „Im Bett“ sagte Kieran und begann sich Ahornsyrup über seine Pancakes zu gießen. „Sei doch ein Schatz und weck ihn, forderte Tante Mae ihn auf, ich würde gern an seiem ersten Morgen hier gemeinsam mit ihm Frühstücken. Er schob seinen Teller langsam an die Seite und ging widerwilig nach oben. Rouven schlief immernoch tief und fest. Er stand einen Augenblick einfach nur da, bis er sich entschied sich ihn unsanft zu wecken. Er erklomm das Bett und begann auf der Matratze herumzuhüpfen, bis Rouven die Augen aufschlug und ihn fragend ansah. „Aufstehen du Schlappschwanz. Meine Tante wünscht deine anwesenheit beim Frühstück“ und mit einem Satz sprang er wieder herunter und eilte zurück in die Küche zu seinen warmen Pancakes. „Ist er wach?, wollte belinda wissen und goß sich noch eine wenig heißen Kaffe in ihre Tasse. „Ja, ist er“, schmunzelte Kieran und begann sich genüßlich über seine Pancakes herzumachen. Es dauerte noch ein wenig bis ein verschlafener Rouven in der Küchentür stand. „Gut geschlafen“, fragte Tante Mae die gerade damit beginnen wollte den Tisch abzuräumen. „Hmhm“ brummte Rouven und setzte sich an den freien Platz am Frühstückstisch. „Lang ordentlich zu, forderte Mae ihn auf, ich muß in die Stadt und mit Belinda einige Besorgungen machen. Du kannst ja mit Kieran um die Häuser ziehen und dafür brauchst du ein gutes Frühstück.“ „Um die Häuser ziehen?“ nuschelte Rouven mit vollem Mund. Er war überwältigt von den vielen leckeren Sachen die auf dem Tisch standen. Zuhause bei seinem Vater gab es nur Cornflakes und Schwarzbrot. „Naja, Kieran ist meist den ganzen Tag unterwegs bis spät abends. Sa solltest du gut Frühstücken.“ „Vielleicht hat er ja keine Lust mitzukommen“, warf Kieran ein und funkelte Rouven böse an. Er hatte keine Lust den Tag mit ihm zu verbringen, es war schon genug Nachts neben ihm schlafen zu müssen. „Mann ist das lecker“. Rouven nahm sich nich etwas von Belindas frischem Obstsalat und stopfte ihn, schneller als ein Scheunendrescher, in sich hinein. Mae betrachtete ihn mit einem lächeln, während Belinda und Kieran mit finsteren Minen am Tisch saßen. Nach dem Frühstück räumten Mae und Belinda den Tisch ab und wuschen das Geschirr ab, während die beiden Jungs am Tisch saßen und einander anstarrten. „So wir müssen jetzt aber los, rief Tante Mae als sie auf die Küchenuhr sah. Schnell zogen sich die beiden Frauen ihre Jacken an und verschwanden durch die Vordertür.
„Was jetzt?“ wollte Rouven von Kieran wissen. Der starrte ihn nur weiter an ohne eine Mine zu verziehen. „Du kannst ja abhauen und ich bleib hier und schau Fern“ beschloß Rouven und stand auf. „Nee nee, lass man.Tante Mae hat gesagt ich soll dich mitnehmen, also mach ich das auch....wenn du willst.“ Rouven überlegte kurz. In all den Jahren in denen er seinen Vater regelmäßig besuchte hatte er nie wirklich etwas von Jwaneng gesehen, außer den teuren Restaurants, dem Bürolomplex in welchem sein Vater arbeitete und seinem Käfig in dem er seine Zeit mit lernen verbrachte während sein Vater auf der Arbeit war. Kieran war zwiegespalten bei dem Gedanken daran, Rouven den ganzen Tag hinter sich her zu schleppen. Aber was solls, dachte er sich, ich kann ihn ja irgendwo verlieren wenn er mir auf den Keks geht.
Rouven und Kieran stürmten aus Tante Maes Haus und suchten nach einem Minibus Taxi das sie in die Stadt bringen würde. Nach 15 Minuten stiegen beide in der Nähe des Union Square aus und schlenderten durch die Stadt. Rouven blieb vor einer großen Plakatwand stehen. CONTINENTAL MINING CORP. WE Build The Future. Eine freundlich aussehende Familie strahlte sie an. Vater, Mutter, Tochter und Sohn. Eine Bilderbuchfamilie wie sie wohl, außer auf Plakatwänden, nirgends sonst findet. Er dachte an seinen Vater und vermutete mal das wohl keine der auf dem Plakat abgebildeten Personen einen Job bei CONTINENTAL habe, denn dafür sahen sie viel zu glücklich aus. In diesem Moment beobachtete Kieran auf der gegenüberliegenden Straßenseite wie ein kleiner Junge sich blitzschnell einen Apfel aus der Auslage eines Gemüseladens greift und in einer Menschenmenge verschwindet. Rouven bemerkt einen Knuff an die Schulter, welcher ihn aus seinen Gedanken reißt. „Los komm!“ rief Kieran und lief los. Rouven der den Gedanken an seinen Vater immernoch nachhing hatte Schwierigkeiten ihm so schnell zu folgen. „Was ist denn los?“ keuchte er, während er versuchte mit Kieran schritt zu halten. Die beiden rannten über die stark befahrene Hauptstrasse zwischen den hupenden Autos hindurch und folgten dem Jungen in eine kleine Gasse, die hinter dem Cafe Europe abzweigte. Die Gasse war menschenleer und der kleine Junge rannte, vorbei an stinkenden Mülltonnen, schnell wie ein kleiner Kugelblitz, durch riesige Schmutzwasserlachen, die sich auf der mit Abfall übersähten Gasse gesammelt hatten Am Ende der Straße führte ein kleiner Trampalpfad über ein großes Feld, auf dem sich Autoreifen und unrat stapelten und kleinen Hütten aus Wellblech standen. Kieran und Rouven verlangsamten ihr Tempo um auf dieser Ebenen und trotz des Mülls und der Hütten, übersichtlichen Fläche genügend Abstand zu halten, um nicht entdeckt zu werden.
Kieran sah gerade noch wie der kleine Junge in einer der Wellblechhütten hinter einem kleinen Wall an einem der Abwassergräben die das Feld durchzogen, verschwand welche sich nicht sonderlich von den anderen Unterschied
Rouven sah sich ängstlich um, während Kieran hinter einer großen Tonne am Straßenrand in Deckung ging und ihn mit sich zog. Die Townships waren zwar kein Ort an dem durch ihr Verhalten auffallen würden, doch durch ihre Hautfarbe waren sie auffällig wie eine rote Clownsnase auf einer Beerdigung. „Da ist er rein“, flüsterte Kieran und deutete auf die Hütte neben deren Tür zwei riesige, von der Sonne ausgebleichte Ochsenschädel an der Wand hingen. Auf kleinen mit krakeliger Schrift beschriebenen Pappschildern waren bunte Fratzen gemalt, von denen einige Rouven an den Teufel erinnerten und andere Tiere und Fabelwesen darstellten . Kieran zupfte an Rouvens Ärmel und ging gebückt auf das Fenster an der Hütte zu während er Rouven, der sich sträubte näher heranzugehen, mit sich zog. Vorsichtig schaute Kieran durch das Fenster.
Im inneren der Hütte brannte ein Feuer um das sich eine kleine Gruppe Menschen versammelt war. Kieran kniff die Augen zusammen und entdeckte in der vordersten Reihe, dicht am Feuer sitzend den Jungen, der in seiner Hand immernoch den Apfel hielt, welchen er vom Gemüsehändler gestohlen hatte.. Der Raum war dunkel denn er besaß nur dieses eine Fenster unter dem die beiden kauerten. Zwei Fackeln an den Wänden erhellten den Raum dessen Boden mit Tierfellen bedeckt war und an den Wänden weitere Schädel von kleineren Tieren hingen, spärlich. Eine ältere Frau stand in einem Fell gewandet im Schein des Feuers, welches ihrem erscheinen einen geheimnissvollen, fast schon gespenstischen Eindruck vermittelte, was nicht zuletzt an den Schatten in ihrem faltigen Gesicht lag, den Menschen gegenüber. „Die ist mindestens hundert Jahre alt, flüsterte Rouven, warum sind wir hier?“ Kieran stupste ihn an und deutete ihm an ruhig zu sein. In ihren Händen hielt sie einen Stock, den sie beschwörerisch in die Höhe hielt. Und einige Worte in der für Kieran unverständlichen Sprache der Einheimischen, die er nie gelernt hatte, murmelte. Er hatte zwar oft Belinda beim telefonieren oder bei Gesprächen mit der Haushälterin der Nachbarn belauscht aber nie wirklich ein Wort verstanden. Die Frau murmelte noch einige verschwörerisch klingende Worte und ein älterer Mann aus der Gruppe reichte ihr eine kleine Kalebasse. Sie legte ihren Stock neben das Feuer, nahm sie entgegen, verdrehte ihre Augen, murmelte noch etwas unverständliches und warf sie in das Feuer, so das die Kalebasse in tausend Stücke zersprang und das Feuer hell aufloderte. Sie ging zu einem kleinen Tisch am hinteren Ende des Raumes, nahm etwas, das Kieran nicht genau erkennen konnte und wandte sich dem Mann wieder zu der in der zwischenzeit bis an das Feuer herangekrochen war und nun fast mit seinen Knien in der Glut dort kauerte und sie ansah. Sie griff über die Flammen hinweg und berührte ihn an der Stirn. Kieran konnte seinen Augen nicht glauben, ihr Arm schien mitten durch die Flammen zu reichen, und das lodernde Feuer schien ihr nichts auszumachen. Was auch immer es war, das sie vom Tisch genommen hatte, hielt sie immer noch in ihrer anderen Hand, die sie nun ebenfalls in die Flammen streckte. Wieder murmelte sie etwas und lachte laut auf. Sangoma, war das einzige Wort dass er in dem ganzen Kauderwelsch verstand. Sangoma....Medizinmann. Die Frau warf, was sie eben noch in den Händen hielt, in eine große Schale die neben dem Feuer stand. Sie sprach zu den Menschen in der kleinen Hütte und schaute dabei immer den Mann mit der Kalebasse an. Sprechen jedoch, schien sie zu allen und jeder in dem vom Feuer und den Fackeln erhellten Raum schien ihre Worte förmlich aufzusaugen. Der Mann mit der Kalebasse fing an zu weinen. Die Frau sprach noch eine Weile und der Mann drehte sich schließlich zu den anderen Leuten in der Hütte um und kehrte zurück auf seinen Platz. Einige umarmten ihn, einige streichelten seinen Kopf.
Die Frau reinigte nun die Schale, leerte sie aus, nahm eine Hand voll Erde und schleuderte sie hinein, so wie ein Baseballprofi einen Ball zum Homerun werfen würde. Sie verrieb den Sand, kippte ihn aus und füllte die Schale wieder mit Wasser.
Dieses Ritual wiederholte sich einige male und immer trat ein anderer an das Feuer. Manche weinten, wie der Mann mit der Kalebasse, einige lachten lauthals und wieder andere zeigten keinerlei Gefühlsregung. Jeder von ihnen reichte der Frau zu Beginn etwas, manche Gegenstände, manch Früchte. Alle jedoch wurden am Ende von den anderen in der Gruppe umarmt oder berührt.
Nun war der kleine Junge mit dem Apfel an der Reihe. Er reichte ihn der Frau und sagte einige Worte die für Kieran wie eine Entschuldigung klangen und sie lächelte ihn an, sprach sanft zu ihm, in der Sprache die Kieran und Rouven nicht verstanden und streichelte ihm über den Kopf. Der Rest des Rituals das sich nun vor ihren Augen einige Male wiederholt hatte glich den anderen. Am Ende lächlte der Junge, ging um das Feuer herum , nahm die Frau in den Arm und küsste ihre Hand, bevor auch er sich wieder zu den anderen gesellte. „Was soll das alles?, fragte Rouven leise. „Keine Ahnung, ich hab den Jungen vorhin beobachtet wie er den Apfel gestohlen hat“ flüsterte Kieran ohn den Blick abzuwenden. „Ja, aber was machen die da drin?“ „Woher soll ich das Wissen? Ich hab nur den kleinen Jungen verfolgt“ „Na toll. Wir sind hier und gaffen durch das Fenster einer kleinen Dreckshütte nur weil du dem Jungen nachgelaufen bist“ „Du bist auch hier!“ „Weil du mich hinterher geschleift hast. Ich würde jetzt lieber am großen Brunnen im Park sein oder noch besser zuhause bei meinem Vater“ „Sind wir aber nicht“ Kieran und Rouven flüsterten mittlerweile schon so laut, das einge Passanten auf dem staubigen Weg zwischen den Hütten stehen blieben und auf sie zeigten und über sie tuschelten. „Ich wollte Wissen wo er hin will, mit dem Apfel.“ „Ich wollte Wissen wo er hin will, äffte Rouven ihn ängstlich nach. Er fühlte sich unwohl und hatte Angst. Wütend flüsterte er immer lauter werdend: „Du hast doch echt nen Rad ab. Bist du jetzt nen Stalker? Das ist voll merkwürdig was die da drinnen treiben die machen irgendsoein Eingeborenenritual. Hast du dich mal umgesehen wo wir hier sind?“ „Ich finds interessant“, sagte Kieran mit einem grinsen und einer Beiläufigkeit in seiner Stimme wie man sie nur von Nachrichtensprechern bei Meldungen über Naturkatastrophen kennt, „und jetzt halt die Klappe. Ich will wissen was noch passiert. Warum verbrennt sich die Alte nicht den Arm wenn sie ins Feuer greift, is ja schließlich nicht Fire-Proof-Woman oder so. Was macht die da?“ . In der Zwischenzeit hatten sich einige Schaulustige versammelt um die streitenden Fremden zu betrachten. „Keine Ahnung was die treiben und ehrlich gesagt ist mir das auch Scheißegal. Lass uns zurück dahingehen, wo die zivilisierten Menschen sind“ Kieran sah Rouven auf einmal zornig an „Die sind auf alle Fälle zivilisierter als du“ er hasste es wenn jemand so etwas über die Menschen die hier schon vor dem großen Boom lebten, sagte. Kieran packte ihn an seinem Hemdkragen und drückte ihn gegen die Hütte. „Die sind zivilisierter als du, du kleiner Penner! Warum musstest du mir auch nachlaufen? Ich wollte nicht das du bei uns bleibst und ich wollte auch nicht das du mir nachläufst“, Kieran schrie mittlerweile lauthals, Ich hab dir gestern schon gesagt das du überflüssig bist. Die Welt braucht sowas wie dich nicht. Belinda ist eine von denen, du kleiner Wichser und sie ist im Gegensatz zu dir sowas von Zivilisiert, das glaubst du gar nicht“, schäumte er vor Wut. Rouven war völlig perplex. Er konnte nicht verstehen warum Kiean sich über das was er sagte so aufregte. Kieran schüttelte ihn und schlug ihn mit dem Rücken gegen die Wand unterhalb des Fensters.
Ndidi, die alte Sangoma hörte laute Stimmen unterhalb des Fensters, gefolgt von einem lauten Krachen. Das provisorisch befestigte Stück Wellblech gab nach und zwei Jungs fielen unsanft mit dem Stück Wellblech auf den Boden der Hütte. Die anderen Menschen in der Hütte waren zunächst erschrocken, doch nach einem kurzen Moment der Besinnung ergriffen sie die beiden Jungen und redeten wild durcheinander. Kieran und Rouven waren vor Schrecken wie gelähmt Die Meute zwang sie sich vor dem Feuer hinzuknien und wurde immer aufgebrachter. Ndidi kam langsam näher und kniete sich neben die beiden. Sie sagte etwas zu den Umstehenden, welche daraufhin verstummten und schweigend von Kieran und Rouven abließen. Kieran zitterte vor Angst und Rouven begann zu weinen. Nidid strich beiden sanft über ihre Köpfe, nahm ihren Stock in beide Hände und erhob ihn mit ausgestrecken Armen. Die Menschen in der Hütte wichen ein Stück zurück und beobachteten das folgende Geschehen schweigend. Ndidi stand auf und sagte in der Sprache der beiden: „Ihr seid zu mir gekommen. Die Prophezeihung wird sich erfüllen“ Danach murmelte sie wieder etwas für die beiden unverständliches und Kieran rücckte näher an Rouven heran der ihn mit großen Augen an sah. Kieran war kein mutiger Junge, er hatte oft Angst und genau in diesem Augenblick konnte er fühlen wie diese Angst immer stärker wurde und ins unermeßliche wuchs. Er wollte einfach weglaufen und sich verstecken, doch sein Körper lag in den Fesseln der Angst gefangen, so das Rouven für ihn das einzige war das ihm in dieser Situation ein Gefühl der Sicherheit gab. Als Zuschauer am Fenster war es in Ordnung hier zu sein, aber hier am Feuer zu sitzen und ein Teil eines geheimnisvollen Rituals zu werden, bereitete ihm Todesangst.
Rouven stieß Kieran mit der Schulter weg und Ndidi stellte den Stock an die Seite und sah die beiden an. „Was habt ihr mir mitgebracht?“ Kieran und Rouven sahen sich fragend an. „Gib ihr was...flüsterte Rouven, wegen deiner Stalkingnummer sind wir hier gelandet“ und rückte ein wenig weiter von ihm weg. Kieran sah ihn bettelnd an. Wie konnte er, der einzige Mensch den er kannte und der hier war, den er in den Arm nehmen wollte, damit er ihm das Gefühl von Sicherheit gibt, von ihm abrücken? Rouven schaute ihn voller Hohn an, denn schließlich war es seine Schuld das die beiden hier waren und formte mit den Lippen die Worte „Fuck You“.
Kieran kramte panisch in seinen Hosentaschen, doch da war nichts. Der Inhalt seiner Taschen lag vor dem großen Doppelbett in Tante Maes Haus. „Ich habe nichts“ flüsterte er, sah ins Feuer und weinte. Ndidi nahm die Schale die sie vorher in den Ritualen verwendet hatte und stellte sie neben sich auf den Boden. Sie wandte sich Rouven zu, der dort am Feuer saß und mit den Fingern nervös über das Fell vor ihm am Boden fuhr. „Du weißt nicht das du es hast aber dein Freund besitzt etwas das dem was du Besitzt sehr ähnlich ist“ sagte Ndidi und streckte den beiden, mitten durch das Feuer, die Hand entgegen. Kieran starrte auf die ausgestreckte, von tiefen Furchen durchzogene Hand der alten Frau, um welche die Flammen wild züngelten und schaute sagte leise „Gib ihr was sie will. Rouven sah die alte Frau fragend an. „Was soll ich haben?“ „Es ist in deiner Tasche“, erwiderte Ndidi mit sanfter Stimme. Rouven griff in seine linke Hosentasche und holte ein altes Armband hervor. Es war nichts wertvolles. Es bestand aus einem dicken Faden mit einer kleinen Holzperle die Kierans Tante Mae vor einigen Sommern auf dem Marktplatz gekauft hatte als sein Vater sich mit Mae getroffen hatte. Da er nicht oft dabei war wenn sein Vater sich mit Tanta Mae traf dabei sein durfte, konnte er sich noch genau an diesen Tag erinnern. Es war im Mai 2006 als sein Vater sich mit Mae auf dem Markt verabredet hatte und ihn zu diesem treffen mitnahm. Er musste den ganzen Morgen im Garten arbeiten und Hausarbeiten verrichten, als sein Vater strahlend zu ihm kam und ihn fragte ob er ihn in die Stadt begleiten möchte. Sie fuhren zum alten Markt von Jwaneng wo Mae bereits auf sie wartete. Sie gingen über den Markt mit seinen vielen Gerüchen und dem Lärm von den Marktständen an denen Frauen und markthändler handelten, redeten und lachten. Nachdem sie über den Markt gegangen waren und Rouvens Vater noch mit einem Markthändler über den Preis für Gemüse verhandelte, blieb Mae mit ihm an einem der unzähligen Stände mit Kunsthandwerk stehen und sagte zu ihm „Es hat mich sehr gefreut das dein Vater dich heute mitgebracht hat, denn ich möchte dir etwas schenken. Sie griff nach einem Armband und legte es ihm um sein Handgelenk. Das Armband war nichts besonderes sondern eines dieser Stücke, die von Touristen als kleines billiges Mitbringsel für Leute die ihnen nicht wirklich etwas bedeuten, zuhauf gekauft wurden. Tante Mae jedoch kaufte ihm dieses Armband und sagte, „Es gibt wertvolles im Leben und es gibt wichtiges im Leben. Und da du einer der beiden wichtigsten Menschen bist, die ich je kennengelernt habe, möchte ich dir dieses Armband schenken, als Symbol der Verbundenheit und des ewigen Kreislaufs.“ Er hatte nicht verstanden was Mae ihm damit sagen wollte, doch er freute sich so sehr über das Geschenk das er Tante Mae um den Hals fiel und sie fest an sich drückte. Als sein Vater wieder zu ihnen stieß fragte er worüber er sich so freue. Rouven erinnert sich noch genau daran wie er Mae anschaute, während er das Armband wieder von seinem Handgelenk löste und heimlich in die Hosentasche steckte. Sie schien nicht verärgert zu sein, denn sie blickte ihn verständnisvoll an und zwinkerte ihm zu. „Über nichts besonderes John, sagte sie, es ist einfach ein herrlicher Tag“
Rouven betrachtete das Armband wehmütig und legte es in Ndidis Hand. Seine Hand schmerzte als er dem Fauer dabei zu nahe kam und er zuckte zusammen. Ndid nickte sanft mit dem Kopf und wandt sich zu Kieran der immernoch starr vor Angst auf Rouven schaute. „Auch du hast es bei dir. Lege es dazu“ Kieran fasste ängstlich an sein Handgelenk und befühlte das Armband welches dort seit dem Tag als Tante Mae es ihm gekauft hatte gewesen ist. Schweren Herzens löste er es und legte es ebenfalls in die ausgestreckte Hand. Rouven sah ihn erstaunt an, blickte zu Ndidi und starrte ins Feuer.
Ndid schloss die Hand zur Faust und hob sie aus dem Feuer, hoch empor und die Menschen in der Hütte die leise und aufgeregt miteinander tuschelten, verstummten.
Beschwörerisch flüsterte sie einige Worte in ihrer, für die beiden unverständlichen Sprache und die Flammen loderten auf. Kieran zuckte zusammen und eine Träne rann ihm über die Wange denn, nachdem Rouven sein Armband in Ndidis Hand gelegt hatte, wusste er das Tante Mae ihn betrogen hatte, denn er erinnerte sich daran wie sie ihm einmal sagte, du bist nicht der einzige der mir Wichtig ist. Es gibt da jemanden der mir genausoviel bedeutet wie du. „Ihr seid hierher gekommen weil es eure Bestimmung war. Nichts geschieht aus Zufall in dieser Welt denn alles folgt einem Plan. Er ist älter als die Menschheit selbst und bringt alles zusammen. Alles was es je gab, gibt und geben wird. Jeder Mensch, jedes Tier und jede Pflanze ist Teil dieses Planes. Einer von euch ist ausgewählt worden die große Prophezeihung zu erfüllen. Doch ein Teil des ganzen steckt auch in dir, Rouven van der Wells“. Rouven schluckte, woher kannte sie seinen Namen? “Nur zwei Teile sind ein Ganzes und ohne das passende Gegenstück wird sich die Prophezeihung nicht erfüllen. Ihr habt den Weg zu mir gefunden. Ab heute werdet ihr untrennbar verbunden sein. In dieser Welt und in anderen. Euer Weg wird euch noch fester zusammenschweißen. Untrennbar. Denn ihr seid eins“ Kieran blickte zu Rouven der fasziniert und völlig in seinen Gedanken versunken auf die Flammen starrte und ihn nicht zu bemerken schien. „Es wird bald eine Zeit kommen, eine Zeit der Entbehrung und des Leidens. Nichts wird mehr so sein wie es einst gewesen ist, nichts wird so sein wie es heute ist. Die Welt wird sich verändern.“ Sie warf die Ketten in die große Schale, streckte sie ihre Hände über das Feuer zu ihnen aus und berührte ihre Schultern. „Ihr seid nicht von dieser Welt und schon bald werdet ihr in die Welt zurückkehren in die ihr gehört.“ Kieran schaute nun ebenfalls gebannt in die Flammen. In seinem Kopf herrschte ein aufgeregtes durcheinander, Gedanken schossen ihm durch den Kopf, zu schnell um sie festzuhalten. Ihm wurde schwindelig und wollte sich auf irgendetwas konzentrieren, doch alles verank in einem Strudel der ihn immer tiefer zog und plötzlich klärte sich vor seinem inneren Auge ein Bild. Er sah eine Wüste, Sand soweit das Auge reichte und die Sonne brannte so heiß von einem wolkenlosen Azurblauen Himmel und er begann zu schwitzen. Am Horizont sah er einen Mann, mit einem langen Mantel der ihm bis zu den Stiefeln reichte und einem Hut mit breiter Krempe, der sich eine Zigarette anzündete und ihn anschaute. Kieran ging näher heran und der Fremde sprach zu ihm, doch obwohl seine Lippen sich nicht zu bewegen schienen, konnte er ihn klar und deutlich hören was er sagte. „ Auserwählter, du bist zu mir gekommen um meinen Rat zu erfragen“ Das ist ein Traum, ein gottverdammter Traum, schrie eine Stimme in seinem Kopf, ich sitz in ner verkackten Hütte und Träume. Das kann echt nicht sein. Obwohl ihm die Bilder in seinem Kopf fast real schienen wusste er doch das sich sein Körper in einer kleinen Wellblechhütte in Keshatown befand.
Der winkte Kieran noch näher zu sich heran und reichte ihm seine Hand. Als Kieran seine ausgestreckte Hand berührte, schossen Bilder ddurch seinen Kopf, so schnell das ihm schwindelig wurde. Ein verlassnes Haus in dem drei Menschen leben, Rouven der auf einer verlassenen Straße steht und auf ihn wartet. Eine blonde Frau die in einem vernebelten Zimmer mit Ndidi sitzt. Eine Glocke in einem alten Tempel. Die Mine von Kimberley. Rouvens Vater. Tante Mae. Szenen aus seinem Leben. Er in einer Fremden Stadt. Seine Geburt. Immer schneller und schneller. Als der Fremde seine Hand wieder loslässt, versetzt es ihm einen harten Schlag der ihn von den Beinen wirft und er landet im warmen Wüstensand. „Ich bin in dir, fuhr der Femde fort, ich bin hier um dir zu zeigen das diese Leben nicht dein wahres Leben ist“ Kieran dachte nur, Das einzige das mich interessiert ist wie ich aus diesem Traum und aus dieser Hütte wieder herauskomme. „Du brauchst keine Angst zu haben“ Kieran trat mit seinem Fuß in den Sand. „Was bedeutet das, dies ist nicht mein Leben? Ich wurde geboren, lebe und war noch nie woanders.“ „ Deine Seele ist schon sehr alt, fuhr der Fremde fort, doch jetzt bist du ein Kind in dieser Welt . Aber in dir schlummert das Wissen von Aeonen und nur du allein kannst aufhalten was bald von den Minen ausgehend seinen Anfang finden wird.“ „Na dann erzähl mir doch am besten was dort beginnt und was das mit mir zutun hat“ antwortete Kieran trotzig. „Dort in den Minen beginnt das Ende der Welt wie wir sie kennen. Der Welt so wie du sie kennst. Und du musst es aufhalten, bevor es zu spät ist. Bevor Raum und Zeit sich verzehren. Es war lange prophezeit, doch niemand hat je auf die warnenden Stimmen gehört. Sie graben das Loch immer tiefer und bald werden sie den Tempel erreichen, der da einst auf einem Hügel hoch über einer Stadt lag die längst schon zu Staub zerfallen ist.“ Kieran sah sich um und spuckte in den heißen Sand. Die Sonne brannte unbarmherzig auf ihn hernieder und er fühlte sich wie ein Brathähnchen in einem Ofen. „Was ist in diesem Tempel?“ „In diesem Tempel befindet sich eine Glocke. Und ihm Jahr des Fuchses muss der Auserwählte diese Glocke schlagen und zum klingen bringen.“ „Ich bin also der Auserwählte und ich muss die Glocken läuten?“ “Ja, sagte der Fremde mit dem Hut und den kunstvoll verzierten Lederstiefeln, du musst die Glocke schlagen, erst dann wird alles wieder im Einklang sein“. Es wurde schwarz um Kieran und nur eine fremde, bedrohliche Stimme begleitete ihn. „Töte Rouven, denn wenn du es nicht tust wird er dir zuvorkommen“. Er verspürte einen Schlag und die Stimme des Mannes, der ihm im Traum erschienen war raunte, „Erfülle die Prophezeihung. Höre nur auf deine innere Stimme. In diesem Leben, wie in anderen und denke immer daran, Träume gibt es nicht“
Kieran schlug die Augen auf und schaute sich um. Er befand sich immernoch in der kleinen Wellblechhütte und Ndidi, die weise Sangoma lächelte ihn an. Rouven saß apathisch vor dem Feuer und bewegte sich nicht. „Was ist passiert?“ fragte Kieran und schaute Ndidi hilfesuchend an. „Ihr hattet eine Vision“ sagte sie und reichte den beiden ihre Armbänder. „Rouven, du solltest es von heute an tragen. Es ist das was euch verbindet, in dieser Welt und in allen anderen“ Rouven nahm das Armband aus ihren Händen entgegen und befestigte es an seinem Handgelenk. Kieran hatte seines schon wieder dort befestigt, wo er es seit dem Tag als er es von Tante Mae erhalten hatte, trug. „Es ist an der Zeit das ihr euch auf den Weg macht“ sagte Ndidi und begann in ihrer Sprache zu den Menschen in der kleinen Hütte zu sprechen. Ein raunen ging durch den Raum und die Leute begannen hektisch miteinander zu tuscheln. Kieran sah Rouven fragend an, doch dieser schaute nur, ebenso ratlos zurück. Langsam standen sie auf und gingen zur Tür als Ndidi ihnen Einhalt gebot. „Wartet einen Moment“ sagte sie, nahm etwas das wie ein großer Fliegenwedel aussah, tauchte es in eine Schale und besprenkelte sie mit Wasser. „Die Geister werden euch begleiten“, murmelte noch etwas in ihrer Sprache und wandte sich ab. Als Kieran und Rouven die Hütte verließen berührten sie die Menschen in der Hütte im vorübergehen erfürchtig. Auf der Straße schauten sich einen Moment lang an und Schwiegen. Rouven durchbrach als erster die Mauer des Schweiens und fragte, „Hattest du auch einen Traum?“ Kieran nickte. „Hat dir auch jemand gesagt das du mich umbringen sollst?“ Kieran sank auf die Knie und hob die Hände in den Himmel.


Es ist sicher nichts wertvolles das ich euch damit schenke. Aber es symbolisiert das Band das euch beide verbindet, denn ihr habt etwas wunderbares das euch verbindet. Durch alle Zeiten, bis ans Ende der Tage. Und diese Armbänder sind ein Zeichen dieser Verbindung“.

Impressum

Texte: by ME
Tag der Veröffentlichung: 05.01.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
for MUM

Nächste Seite
Seite 1 /