Chapter 2
Schweigend saßen Kieran und Morutabana im Führerstand der Lokomotive. Der Zug fuhr vorbei an Häusern, Farmen und Feldern, vorbei an verostenden Automobilen. Kieran konnte die Frage, was ihn in Han Ova erwarten würde nicht aus seinem Kopf verdrängen. Auf der gesamten Strecke, die sie bereits zurückgelegt haben, war ihm kein Anzeichen menschlichen Lebens aufgefallen. Eine Fahrt durch eine längst vergessene Welt, dachte er bei sich und knirschte mit den Zähnen. „Was ist los?“ fragte ihn Morutabana. Kieran schaute auf ein in sich zusammengestürztes Haus, welches sie passierten, das dicht an den Schinen stand und dessen Fassade als einziges aufrecht stand. „Nichts ist los. Alle sind weg. Hier haben einmal Menschen gelebt. Ich frage mich nur gerade was mit Ihnen geschehen ist“ antwortete Kieran leise. Morutabana sah das Kieran angespannt war. Vielmehr konnte er es an dem mahlenden Geräusch seiner Kiefer erkennen. „Denk nicht darüber nach was geschehen ist, denn es ist vor langer Zeit geschehen. Bevor du in diese Welt gekommen bist“ sagte Morutabana. „Bevor ich geboren wurde?“ „Bevor du in diese Welt gekommen bist!“ sagte Morutabana nachdrücklich. „Ist das nicht das gleiche?“ sah ihn Kieran fragend an. „Nein, sagte Morutabana geistesabwesend, das ist nicht das gleiche. Ich gehöre in diese Welt die sich Verändert hat, du bist in diese Welt nicht hineingeboren worden. Du bist in diese Welt gekommen, ohne das dir das im Augenblick bewusst sein mag. Du hattest ein anderes Leben, an einem anderen Ort, in einer anderen Welt.“ „Ist das so?, hakte Kieran nach, Wenn ich nicht hierher gehöre, du aber schon, dann stellt sich die Frage wo gehöre ich hin? Warum bin ich nicht dort wo ich eigentlich sein sollte?“ „Weil das alles Teil des großen Plans ist. Viele Menschen kommen hierher und gehen wieder. Nur wenige werden hier geboren und gehören letztendlich auch hierher. Sie Leben hier und sterben hier. Doch was sie gemeinsam haben ist, das sie hier eine Aufgabe zu erfüllen haben“, versuchte Morutabana zu erklären, „Diese Welt ist der Anfang und das Ende. Hier schließt sich der Kreis und alles was hier geschieht, passiert nicht ohne Grund. Wenn diese Welt aus den Fugen gerät, und das ist sie, aus den Fugen geraten, dann verändert sich Alles.“ Die Bebauung um sie herum wurde langsam dichter und sie passierten die Vororte von Han Ova. Andere Schienenstränge aus allen möglichen Richtungen stießen zu ihnen. Sie befanden sich jetzt auf einer sechsgleisigen Hauptstrecke under Auserwählte drehte den Fahrstufenregler langsam zurück. „Was bedeutet, Alles?“ Auf dem kleinen Display, welches die Fahrtgeschwindingkeit anzeigte, wurden die Zahlen immer geringer
28
25
21
15
11
bis sie bei neun stagnierten. Der Zug bewegte sich langsam durch das urbane Ödland das einst die Hauptstadt dieses Staates war. „Alles bedeutet Alles. Nicht mehr und nicht weniger“, sagte Morutabana. Kieran war fasziniert davon wie der Sand, im laufe der Zeit, seinen Weg in die Häuserschluchten gefunden hatte und sich stellenweise zu kleinen Dünen auftürmte. Der Zug erreichte das alte Fabrikgelände der CONTINENTAL WORKS, welches fast in der Innenstadt lag. Er drehte den Fahrstufenregler auf Null und die kleine Anzeige sprang nach weiterem herunterzählen ebenfalls auf Null. „Da wären wir...der Auserwählte erhob sich von seinem Sitz und zog am Bremshebel....nur zur Sicherheit, nich das er wegrollt. Immer die Handbremse anziehen“, lachte er und fügte hinzu, „Du kannst oder willst mir nicht erklären was deine Worte bedeuten sollen, oder?“ Morutabana blickte zu Auserwählten, senkte kurz die Augen und sah sich um. Das Gebäude der CONTINENTAL WORKS war riesig.
CONTINENTAL....act GLOBAL...think UNIVERSAL......kam es Morutabana in den Sinn, der Werbespruch der einst auf fast jeder Plakatwand prangte. “Es gab nichts was die nicht hergestellt haben“ merkte er an. Langsam ließ er seinen Blick über die riesige Backsteinfassade mit unzähligen, mittlerweile zerbrochenen Fenstern, aus denen im Erdgeschoß Sträucher und kleine Bäume wuchsen, wandern. Kieran überlegte kurz, ob er vielleicht eine Antwort auf seine Frage bekäme wenn er stur weiterfragen würde. Schließlich entschied er sich das es wahrscheinlich keinen großen Sinn haben würde und sagte zu Morutabana, „Ich werde mich einmal in der Stadt umsehen bevor wir weiterfahren“. Morutabana holte das Päckchen Zigaretten aus seiner Innentasche, entfernte das Plastik, öffnete sie und nahm eine Zigarette heraus. Er hob sie an seine Nase und schnüffelte daran. „Trocken, aber noch rauchbar“ sagte er. Leckte mit seiner Zunge über die Zigarette, schob sie in den Mund und zündete sie an. „Schau dich um wenn du willst. Lass dir Zeit. An diesem Ort wirst du etwas finden das du nicht gesucht hast. Oder besser gesagt es wird dich finden“. Was sollte das nun schon wieder bedeuten, rätselte Kieran während er seinen Rucksack aufsetzte. „Hoffentlich niemand der sich auch mit mir Vereinigen will“, murmelte er. „Nein, du wirst hier deine Nemesis finden“ erwiderte Morutabana. „Meine Nemesis, wollte Kieran wissen, „was heißt das denn jetzt schon wieder?“ „Das bedeutet nur, das du hier etwas finden wirst, das du schon lange gesucht hast. Etwas das du schon begehrt hast, lange bevor du in diese Welt gekommen bist“, sagte Morutabana während er teilnahmslos weiter auf das Fabrikgebäude starrte, „Das was du findest, ist etwas das dir immer schon gefehlt hat. Es ist das, was dich zu dem machen wird, was du sein solltest“ Kieran ging zur Tür und kletterte hinunter auf das Gleisbett. „Was sollte ich denn sein?, rief er Morutabana zu. „Das wirst du herausfinden“ tönte es aus der Lokomotive zurück. „Wir treffen uns hier nach dem nächsten Sonnenaufgang wieder“, fügte die Stimme noch hinzu. Kieran war verärgert. Alles was Morutabana sagte machte für ihn keinen Sinn. Seine Nemesis finden, damit er zu dem wird was er sein sollte, wie bescheuert war das denn? Er war doch schließlich schon jemand! Bis auf das brummen des Dieselmotors war es still, keine Menschenseele schien hier zu sein, nur der Wind bließ unaufhörlich Sand vor sich her, der dafür sorgte das ein leises, stetes Rauschen in der Luft lag. Er war in einer verlassenen Stadt, dabei lag Han Ova doch weiter von den Minen entfernt als Gulch City. Langsam ging er zur Brücke am Ende des Fabrikgebäudes und kletterte an der Böschung zur Straße hinunter.
Er war müde und das monotone Brummen des Diesels das immernoch in seinen Ohren klang hatte ein übriges dazu beigetragen das er, obwohl es gerade einmal Mittag war, kaum seine Augen offenhalten konnte. Han Ova war einmal die Hauptstadt des Dairy Staates. Eine Metropole mitten in der Wüste der Stille. Doch war die Wüste nicht nur still, sie schien vielmehr wie ein Portal. Ein Portal das sich ständig vergrößerte und eine neue, alte Zeit einläutete. Eine Zeit die längst vergangen war, eine Zeit die bereits zu verstreichen begann, als es hier noch keine Wüste gab. Die Menschen hatten diesen Ort schon vor langer Zeit verlassen. Unmerklich wich das Leben von diesem Ort bis er ausgeblutet war.
Die Natur hatte sich zurückgeholt was ihr einst gehörte, dachte Kieran bei sich. Der Mensch ist ein Teil dieser Natur, doch hatte er sich zu Wichtig genommen und er stellte sich ins Zentrum, doch die Zeit verstrich. Als es ihm schließlich gewahr wurde, da war es bereits zu spät. Die Natur hatte sich entschieden das sie auf ihn verzichten konnte. Langsam ging er durch die Straßen, welche von Sand bedeckt waren. An manchen Stellen sah man noch den schwarzen Asphalt in der Sonne glänzen und die weißen Markierungen, die den Menschen zu dieser Zeit die Richtungen wiesen. Sein Kopf war schwer und seine Beine viel zu erschöpft ihn noch lange zu tragen. Auf eine merkwürdige Art und Weise hatte dieser Ort ihn angezogen. Schon als ihm im Bahnhof von Gulch City bewusst wurde das dieser Zug zuerst in die Gegenrichtung fahren musste, um zu den Minen zu gelangen, verspürte er eine innere Unruhe. Kieran holte die Machete aus seinem Rucksack und beschloss, zu seiner eigenen Sicherheit, auf den breiten Hauptstraßen zu bleiben. Ihm fielen die unzähligen, säuberlich verbarrikadierten Fenster und Türen an den Wohnhäusern auf. Viele Schaufenster von Läden waren von den Besitzern mit großen Spanplatten fein säuberlich vernagelt worden so das man sie, nur abnehemen, den Laden reinigen und die Regale auffüllen müsste um wieder dort weiterzumachen wo die Zeit stehengeblieben war. Er hatte den Eindruck das die Menschen, die hier einmal lebten, wahrscheinlich niemals die Absicht hatten diesen Ort für immer zu verlassen. Alles war fein säuberlich für eine etwaige Rückkehr vorbereitet worden, so das das alltägliche Leben fast ohne Unterbrechung wieder hätte aufgenommen werden können. Er ging immer in der Mitte der Staße entlang mit genügend Abstand zu den verlassenen Häusern. Als er an einen großen Marktplatz erreichte, fiel ihm zunächst gar nicht auf, das dort ein Laden war, dessen Scheiben nicht abgedeckt waren. Vor dem Geschäft im Erdgeschoß eines sechstöckigen Hauses waren die Reste einer Feuerstelle zu sehen und es lagen geöffnete Konservendosen und allerlei gerümpel herum. Erst als er ein leises summen aus der offenen Ladentür vernahm traf es ihn wie einen Schlag, er war nicht allein in der Stadt. Schnell rannte er schutzsuchend hinter einen der großen abgestorbenen Bäume und ging in Deckung, um das Haus unbemerkt beobachten zu können ohne selbst gesehen zu werden. Lachend kam eine junge Frau durch die Ladentür nach draußen, gefolgt von einem jungen Mann und etwas das aussah wie ein Eichhörnchen. Die Frau war mit einer kurzen Jeans und einem vor dem Bauch zusammengeknoteten Top bekleidet und trug einen Korb mit Wäsche. Sie stellte den Korb auf dem Gehsteig vor der zerfledderten markise ab, drehte sich um und umarmte den mann, der ihr aus dem haus nach draußen gefolgt war. Er schien kräftg zu sein, denn er nahm sie in die Arme, hob sie hoch, küsste sie und beide begannen gemeinsam die Wäsche an einer, im zickzack unter der Markise gespannten, Wäscheleine aufzuhängen. Der Wäschekorb leerte sich schnell und die beiden wirkten sorglos, unterhielten sich dabei und lachten sehr viel. Kieran konnte kein Wort verstehen, doch ihre Stimmen trugen eine fröhliche Melodie herüber, die ihn einen Moment lang vergessen ließ wo er eigentlich war. Der Mann setzte sich auf rostiges Fass das neben der Feuerstelle stand, während die Frau wieder im Haus verschwand. Unbemerkt hatte sich das kleine Tier, welches ihn an ein Eichhörnchen erinnerte dem Baum genähert hinter dem er sich versteckte. Es hob seine kleine Nase in den Wind und mit einem großen Satz sprang es, in höhe seines Kopfes an den Baum und begann laut zu fiepen. „Sei ruhig Ongus, rief der Mann laut, und komm wieder her“ Das kleine Tier mit dem rotbraunen Fell dachte allerdings nicht daran dem ruf des Mannes zu folgen und begann auf den Baum zu klettern und ließ sich auf der ersten Astgabelung nieder. Kieran wich ein Stück zurück, schaute nach oben und umklammerte den Griff seiner Machete. Der Mann hatte in der zwischenzeit einen kleinen Stapel Holz in der Mitte der Feuerstelle aufgeschichtet und öffnete eine Dose. Er setzte sie an und leerte sie in einem Zug. Die Frau kam aus dem Haus zurück ins helle Sonnenlicht, wechselte ein paar Worte mit dem Mann, der daraufhin in Kierans Richtung zeigte. „Ongus“ rief sie mit einer freundlichen Stimme und kam langsam auf den Baum zu, auf dem der kleine Pelzträger auf und ab hüpfte und fiepte. Kieran bekam es mit der Angst zu tun und warf sich mit dem Rücken an den Baumstamm und presste sich fest dagegen. Wenn er sich ruhig verhalten und keinen mucks von sich geben würde, werde ihn schon keiner entdecken, dachte er. „Ongus, was hast du? Komm da wieder runter. Du sollst doch nicht weglaufen“ Die Frau stand nun unmittelbar vor dem Baum. Kieran schloss seine Augen und hielt die Luft an. Das kleine Fellknäul mit dem buschigen Schwanz umrundete einmal den Baumstamm, sprang direkt vor seine Füße und sah ihn an. Kieran kniff immernoch seine Augen fest zusammen und bemerkte nicht, wie plötzlich die Frau vor ihm stand und ihn erstaunt anschaute. Er fragte sich ob die Gefahr vorüber war und die Frau mit dem kleinen Tierchen schon wieder auf dem Weg zurück zum Haus war. Langsam öffnete er die Augen und hielt dabei den griff der Machete so fest, das seine Hände schmerzten. Erschrocken und starr vor Angst sah er die Frau vor sich stehen, mit Ongus, der auf ihrer Schulter saß. „Wen haben wir denn da?, lächelte sie ihn an, eine verlorene Seele die sich zu uns verirrt hat.“ Kieran wusste nicht was er sagen sollte. „Wo bist du denn hergekommen?“ Ongus sprang auf Kierans Schulter und leckte ihm mit seiner kleinen rauhen Zunge über die Wange. Die Frau lachte, „Ongus scheint dich zu mögen, und reichte ihm ihre Hand. Kieran löste den Klammergriff, mit dem er seine Machete in beiden Händen hielt, nahm ihre Hand und murmelte „Kieran... ich bin Kieran“. „Ich bin Candis“, sagte sie,“ du hattest wohl nicht erwartet hier jemanden anzutreffen, in dieser verlassenen Stadt?“ „Nein“ flüsterte er. Eigentlich hatte er, nachdem er sich versteckt hatte, erwartet nicht entdeckt zu werden. „Was tut ihr hier?“ wollte Kieran wissen. Sie schaute ihn an. Er fand das sich ihre Hand so wunderbar weich anfühlte und das sie so lebendig aussah im Vergleich zu der Frau in dem Gemischtwarenladen in Gulch. „Wir leben hier. Die meisten anderen sind vor Jahren von hier fortgegangen, aber wir sind geblieben. Es ist ein herrliches Fleckchen Erde. Still und so beruhigend. „ sie zog sanft an seiner Hand und er folgte ihr. „Josh, schau mal was ich hier gefunden habe“ rief sie dem Mann zu. Josh blickte auf, warf die Dose auf den Boden zu den anderen und kam ihnen entgegen. Er trug ein offenes Hemd mit kurzen Ärmeln und eine Khaki farbene Shorts. „Wir hatten eigentlich keinen Besuch erwartet“ rief er der Frau zu. „Hättest mir ja sagen können das du jemanden erwartest. Dann hätte ich ein wenig aufgeräumt“ „Das ist Kieran“, stellte sie ihn vor, als sie sich auf halbem Weg trafen. „Hey, ich bin Josh“ Joshs Händedruck war fest und sein lächeln freundlich. Er legte seinen Arm um Kieran und die beiden nahmen ihn in ihre mitte und gingen zum Haus zurück. „Du hast bestimmt Durst?“ fragte er, „setz dich“. Kieran setzte sich auf eine der umgedrehten Gitterboxen und sah sich um. Josh warf ihm eine Dose zu, die Kieran beim fangen aus den Händen glitt und auf dem Boden landete. „Schütteln sollte man die eigentlich nicht bevor man sie aufmacht“, grinste er und gab drückte ihm eine zweite in die Hand. „Gut festhalten. Wenn du die fallen lässt, kann ich dir nur noch eine warme anbieten“ sagte er, setzte sich neben ihn und musterte ihn von oben bis unten. Candis kam wieder aus dem Laden und trug ein Tablett mit etwas das wie Wurzeln aussah. „Du hast bestimmt auch Hunger, säuselte sie, stellte das Tablett auf das Fass, auf dem Josh vorher gesessen hatte. „Josh war gerade dabei ein Feuer zu machen und dann können wir ein paar Moniakwurzeln rösten. Ongus sprang auf das Tablett und beschnüffelte die Wurzeln. „Du bekommst auch etwas“, sagte sie und ging zurück ins Haus. Josh nahm einen kleinen Kanister und schüttete ein wenig Flüssigkeit über die Holzscheite. „Solange wir noch Autos mit Benzin im Tank finden, können wir uns leicht jederzeit ein Feuer machen“ Er nahm ein Streichholz, entzündete es und warf esauf die Holzscheite. Mit einem lauten puffen entzündete sich, mit einer großen Stichflamme, das Holz. „Bald können wir essen“. Kieran drehte die Dose zwischen seinen Händen. Sie war kalt und feucht. BUDVISER stand in großen silbernen Lettern auf dem Metall. Er öffnete sie und nahm einen großen Schluck. Es fühlte sich gut an, wie das kalte Bier seine Kehle hinunter lief. Er wischte sich über die Lippen. Josh sah ihn an und betrachtete die Machete. „Ich glaube nicht das du die hier brauchst, sagte er, ausser uns ist wahrscheinlich keiner mehr hier. Ich habe schon seit Monaten keine Menschenseele mehr gesehen. Du bist der erste der sich hierher verirrt hat.“ „Wart ihr schon hier als alle anderen die Stadt verlassen haben“, wollte Kieran wissen. „Wir haben hier schon unser ganzes Leben verbracht. Wir sind früher gemeinsam in die Schule gegangen. Als die Menschen die Stadt verlassen haben, sind wir zurück geblieben. Es ist jetzt sozusagen unsere Stadt. Es zog sich über Wochen hin, von den ersten die ihre Koffer packten, bis zu den letzten die ihre Habseligkeiten zusammenpackten und gingen. Auch alle von denen die zunächst hier ausgehalten haben sind mittlerweile schon seit Monaten weg.“ Kieran sah ihn mit großen Augen an,“Warum seid ihr geblieben?“, wollte er wissen. „Tja, das ist eine gute Frage. Vor dem unausweichlichen kann man eben nicht davon laufen.“ Er verstand nicht was Josh ihm damit sagen wollte, für ihn machte das alles keine Sinn. „Was ist den unausweichlich?“ fragte Kieran. Josh sah ihn fragend an, „Was meinst du? Ich spreche von dem großen Plan. Candis hatte sich mit einer alten Frau, die hier mit uns lebte, lange unterhalten. Ich habe ja nicht daran geglaubt aber sie hat ihr von einem Mann erzählt. Einem Fremden der durch die Welt streift und den alle fürchten. Sie war so etwas wie eine Hexe, eine Okkultistin. In ihrem Zimmer roch es immer nach irgendwelchen Kräutern und nach einiger Zeit, hier allein mit uns, hat sie Candis zu sich ins Zimmer gebeten. Wir haben uns oft die Frage gestellt wie es weiter gehen soll, und die Antwort erhielten wir durch diese alte Frau, mit der Candis ein besonderes Verhältnis seit diesem Tag verband . Sie sagte nur das alles ein Teil des großen Plans ist und das wir uns keine Sorgen machen müssten. Alles geschieht wie vorherbestimmt, ein Fremder, ein Wanderer zwischen den Welten, würde schon dafür sorgen das alles in seinen Bahnen bleibt. Ich hab das nicht begriffen. Aber ich denke jetzt verstehe ich was sie gemeint hat.“ Josh nahm die Moniakwurzeln und legte sie ins Feuer. Kieran fühlte sich unwohl in seiner Haut. Alles was Josh zu ihm sagte verwirrte seinen Geist nochmehr und ließ ihn daran zweifeln das er überhaupt Antworten haben wollte, denn jede dieser Antworten warf neue Fragen auf. „Was ist der Plan? Und was ist unausweichlich?“ fragte Kieran vorischtig nach, denn er befürchtete wieder eine Antwort zu erhalten die keine war. „ Der Plan...,“ begann Josh und Kieran rollte mit den Augen, weil er genau diese Worte nicht hören wollte,“....gibt allem seine Struktur. Alles was geschieht entspricht dem Plan, selbst der Zufall. Das du hier aufgetaucht bist ist ebenfalls ein Teil des Plans. Ich weiß zwar nicht warum du hier bist, aber ich muss das auch nicht verstehen.“ Kieran dachte sich, schön ich versteh hier nämlich auch gerade nichts und schaute auf die Moniakwurzeln, die sich langsam bräunlich färbten. „Es hat angefangen in den Minen und von dort aus hat es sich ausgebreitet. Keine Ahnung ob es irgendwo noch Leben gibt, wie wir es von damals kennen. Han Ova war einmal die Hauptstadt des Staates. Naja, ich schätze mal sie ist es immernoch, sagte er und drehte die Moniakwurzeln im Feuer, ich denke, das das was in den Minen geschah die Welt letztendlich verändert hat.“ Josh nahm die Moniakwurzeln aus dem Feuer und rief nach Candis „Essen is fertig, Süße“ Er reichte Kieran eine der Wurzeln und Kieran nahm sie mit beiden Händen. „Candis kann dir ein wenig mehr darüber erzählen glaube ich. Lass uns Essen und dann wird sie dir deine Fragen schon beantworten.“ Vorsichtig roch Kieran an der Wurzel und knabberte ein wenig an ihr. Sie schmeckte zu seinem erstaunen ein wenig wie Hühnchen. Noch nie in seinem Leben hatte er Wurzeln gegessen, doch sie schmeckte. Candis hatte sich zu ihnen gesellt und die drei aßen ihr Wurzeln ohne ein weiteres Wort zu sagen. Nach dem Essen setzte sich Candis neben ihn und fragte ihn ob er satt wäre. Kieran nickte, „Das war gut, was auch immer es war.“ Candis nickte „ja, schmeckt wie Hühnchen , oder? Woher kommst du?“ wollte Candis wissen und legte eine Hand auf sein Knie. Kieran schluckte, „Ich komme aus Gulch und bin mit einem Freund unterwegs zu den Minen.“ „Aber die Minen liegen doch weiter von Han Ova entfernt als Gulch City?“ „Ich weiß, wir sind mit dem Zug unterwegs. Aber leider stand der verkehrt herum auf dem Gleis, lächelte er, wir suchen eine Stelle wo wir ihn Wenden können um zu den Minen zu gelangen.“ Candis sah ihn erstaunt an „Und was genau sucht ihr in den Minen?“ „Wenn ich das wüsste, müsste ich ja nicht danach suchen. Ich komme aus einem kleinen Dorf im Grenzland und man hat mich auserwählt zu den Minen zu reisen um etwas zu finden. Ich bin mir nicht sicher was es ist. Es geht um einen Tempel und in diesem Tempel soll sich eine Glocke befinden.“ „ Soso, eine Glocke also“ grinste Candis. „Ja, eine Glocke, wobei ich mich Frage was eine Glocke in einem Tempel mit den Minen zutun hat. Ich meine..., Kieran lehnte sich zurück, ...eine Mine und ein Tempel, irgendwie passt das für mich nicht zusammen.“ Sie schaute ihn eindringlich an, „Die Minen haben bis zum Schluss Erz gefördert. Die Nachricht verbreitete sich damals wie ein Lauffeuer als etwas in den Minen auftauchte.“ „Kann ich noch etwas zu trinken haben Josh, fragte er leise. Josh stand auf und verschwand im Haus. „Was ist in den Minen aufgetaucht Candis?“ Candis wirkte abwesend und verwirrt, so als ob ihr etwas eingefallen ist, das sie schon längst vergessen hatte. „Ich weiß es nicht. Als Omimi noch bei uns lebte hat sie mich einmal mit auf eine Reise genommen, an einen Ort tief in mir selbst. Eine spiritistische Reise zu meinem inneren selbst. Ich konnte mich zuerst nicht darauf einlassen, doch dann nahm sie meine Hand und führte mich hinab in mein innerstes selbst. Dort habe ich etwas gesehen. Es war wie ein Schatten und eine Glocke schlug..Ding....Ding.....ein tiefes langes klingen. So mächtig das es mich erzittern ließ. Ich hatte keine Angst, denn ich war der Beobachter. Ich sah Episoden aus meinem Leben, so real als würden sie gerade geschehen, das einzige das mich ein wenig beunruhigte war dieser Schatten der über allem lag. Die Szenen wirkten alle so lebendig und doch fehlte ihnen etwas. Erst später ist mir bewusst geworden was es war, das fehlte. Ihnen fehlte die Kraft, die Lebensfreude die man verspürt wenn einen etwas wirklich berührt. Alles lag unter diesem Schatten“. Kieran schaute Candis an und bemerkte eine Träne in ihrem Augenwinkel. „Dieser Schatten lag über allem und hat allem die Freude genommen. Plötzlich erschien dieser Mann. Er war mit einem langen Mantel bekleidet und trug einen großen Hut mit breiter Krempe. Er war in mir, obwohl ich nicht denke das er ein Teil von mir ist. Ich sah die Minen und unbarmherzig schlug die Glocke immer lauter. Er stand nur da, drehte sich um und deutete auf einen Punkt im inneren der Mine. Ich war verunsichert doch ich folgte seiner Geste und schwebte auf diesen Punkt zu. Doch dort war nichts. Ich konnte nichts sehen. Dort war eine Wand aus Schutt und Erde.“ Candis schluchzte und Kieran nahm ihr Hand „Was war dort in deinem inneren, in der Mine?“ flüsterte er. „Ich weiß es nicht“, schluchzte Sie und er nahm sie in den Arm. „Ich weiß es nicht, aber es machte mir Angst. Es war, als ob nicht nur ich dort war. Ich weiß nicht wie ich es dir erklären soll aber ich hatte plötzlich das Gefühl in einem Raum voller Menschen zu sein. Menschen die wild durcheinander redeten und ich sah plötzlich Szenen die nicht aus meinem Leben stammten. Es waren keine meiner Erinnerungen, aber trotzdem konnte ich mich all diese Dinge sehen tun. Dinge von denen ich nicht mal geträumt hätte sie jemals in meinem Leben zu machen. Weißt du, ich teile viele meiner Erinnerungen mit Josh, denn wir kennen uns schon seit der Grundschule. In vielen dieser fremden Erinnerungen war er bei mir und in anderen waren andere Männer an meiner Seite. Ich verstand es nicht, und ich verstehe es immer noch nicht. Dieser Fremde Mann, er stand da und in vielen Bildern in meinem Kopf war auch er zu sehen. Wie konnte er in diesen Erinnerungen sein, die meine waren und auf eine andere Art doch nicht? Er hatte etwas faszinierendes an sich. Seine bloße Gegenwart fesselte mich. Auf einmal begann er zu mir zu sprechen, er sagte „Candis......es ist die Zeit gekommen in der niemand mehr dem unausweichlichen entfliehen kann.....schau dir deine Leben an und lausche der Glocke. Es ist die Glocke, die mit ihrem Schwingen alles im gleichklang hält. Lange war die Glocke verstummt doch jetzt ist die Zeit gekommen, in der der Auserwählte die Glocke schlagen muss, damit alles so weitergeht wie es der große Plan vorsieht. Doch wenn die Glocke erklingt, wirst du ein neues Leben beginnen. Ein Leben voller Entbehrungen und Qualen. D Wenn der Auserwählte deinen Weg kreuzt, wirst du vor die Wahl gestellt. Lebe dein Leben weiter oder Lebe ein anderes, ein entbehrungsreiches, ein Leben das du dir nicht einmal in deinen kühnsten Träumen vorstellen kannst. Ich weiß, das du die richtige Wahl treffen wirst, wenn einmal die Zeit gekommen ist. Dann verschwand der Mann, so plötzlich wie er erschienen war. Omimi war bei mir. Ich weiß nicht ob sie es die ganze Zeit war. Aber sie nahm mich wieder mit zurück und ich öffnete meine Augen in ihrem kleinen Zimmer. Nichts hatte sich verändert. Alles war so wie immer, bis auf das Gefühl unendlicher Leere, tief in mir.“ Kieran hatte nicht bemerkt das Josh bereits zurückgekehrt war und sich neben ihn gesetzt hatte. „Hier, dein Bier“ sagte er und reichte Kieran eine kalte Dose Budviser. „Was ist mit Omimi geschehen?“ wolltte Kieran wissen. Candis lag schluchzend in seinen Armen. „Sie ist fortgegangen“ antwortete Josh kurz und knapp. „Wie fortgegangen? Ich denke sie war hier mit euch zurückgeblieben?“ Josh starrte in die verbleibende Glut des Feuers. „Eines Morgens war sie nicht mehr da. Ihr Zimmer war so wie immer. Nichts fehlte, nichts war anders. Nur Omimi war auf einmal nicht mehr da. Sie kam nicht zum frühstück und da haben wir nachgeschaut. Alles war da und sie war weg.“ Kieran stutzte. Menschen verschwinden nicht so einfach, dachte er. Jeder hinterlässt irgendwelche Spuren wenn er irgendwo hingeht. Candis wischte sich die Tränen aus den Augen, stand langsam auf und setzte sich auf Joshs Schoß. „Honey, was ist los“, fragte sie ihn, schlang ihre Arme um ihn. Josh saß einfach nur da und starrte in die Glut. „Hey Sweetie. Mach dir keine Gedanken. Wahrscheinlich waren das die Kräuter die Omimi immer benutzt hat. Es war ein Böser Traum nichts weiter. Das ist jedenfalls das, was es jetzt für mich ist, ein böser Traum und über Träume darf man nicht nachdenken. Sie bedeuten nichts“ Josh erwiderte ihre Umarmung und küsste sie. Kieran dachte darüber nach was Candis ihm gerade erzählt hatte. Er sah keine Sinn darin. Eine Glocke die alles im Einklang hält und ein Fremder der möchte das sie eine Entscheidung trifft. Was hatte das alles mit ihm zu tun. Vielleicht lag es auch daran das er die ganze Zeit darüber nachdachte ob Candis seine Nemesis war. Vielleicht war es auch Josh oder Omimi, aber die war ja fortgegangen. Josh stieß Kieran, der in seinen Gedanken versunken war, an die Schulter, „Hey Großer, denk nicht über Candis Träume nach, grinste er, das ist nichts gewesen außer einem schlechten Trip“. Candis buffte ihn in die Seite, „Sag nicht sowas, Omimis Kräuter haben einen wenigstens ab und zu mal die Einsamkeit vergessen lassen“ „Mit mehreren Leben die vor deinen Augen abliefen, glaube ich eher das sie ne multiple Persönlichkeitesstörung ausgelöst haben“, prustete Josh und auch Kieran musste nun lachen. Den Rest des Tages zeigten die beiden Kieran ihr Zuhause. Auch das Zimmer das Omimi einst bewohnt hat. Es sah zu Kierans erstaunen wirklich so aus, als ob sie glich wiedr zur Tür hereinkommen würde und ihnen einen Tee anbietet, wie es sich für alte Damen gehörte. Kieran dachte an die Station in Gulch City und Mrs Jacksons Fahrkartenschalter. Dort sah es ganauso aus. Als ob sie gleich wieder kommen würde. Sogar ihre Jacke hing noch da.
Morutabana hatte einige Zeit in der Lokomotive gewartet und sich entschieden, das es das beste wäre sich ein wenig umzusehen. Mit einem Sprung landete er auf dem Gleisschotter und ging zur Brücke, kletterte die Böschung hinunter und sah in die Richtung in welche Kieran, der Auserwählte, vor einiger Zeit verschwunden war. Er drehte sich um und ging die Hauptstrasse hinunter, zum Tor des Fabrikgeländes der CONTINENTAL WORKS. Es war vor langer Zeit verschlossen worden. Er griff mit beiden Händen auf den oberen Beschlag, zog sich hoch und schwang sich darüber. Langsam ging er auf die Pförtnerloge zu, deren Fenster säuberlich mit Brettern vernagelt worden waren und schaute sich um. Auf dem Hof standen zwei große Sattelschlepper und ein alter Ford Gran Turino dick mit Sand bedeckt und rostig. Er ging um den Vorbau, in welchm sich die Pförtnerloge befand, herum und entdeckte ein zerbrochenes Fenster durch das eine kleine Birke in das Gebäude hineingewachsen war. Vorsichtig kletterte Morutabana durch das Fenster in das Fabrikgebäude, darauf bedacht sich nicht am zerbrochenen Glas zu verletzen. Das Voyer in dem er nun stand war groß und sehr hoch. Er vermutete das es wahrscheinlich bis hinauf in die dritte Etage reichen mochte. An der Decke hing ein riesiger Kronleuchter und in der Mitte befand sich ein kleiner Springbrunnen. Pflanzenkübel und Bänke aus Marmor umsäumten den Raum und zwei breite Rolltreppen führten hinter dem Empfangstresen auf den ersten Absatz der Galerie an der rückwärtigen Seite. Pompös, dachte er, drehte sich um und ging zur Tür der von außen vernagelten Pförtnerloge. Er drehte behutsam den Knauf, doch die Tür war verschlossen. Zwei Schritte Anlauf und ein kräftiger stoß mit der Schulter ließen das Holz um das Türschloß herum zerbersten und die Tür aufschwingen. In der Prörtnerloge befanden sich einige Monitore, eine große Schalttafel mit zwei Drehstühle davor und eine große Schrankwand. Morutabana öffnete alle Schränke auf der Rückseite des Raumes neben der Tür. Er hoffte einige Dinge zu finden die sie auf ihrer weiteren Reise gebrauchen könnten. Nach einer Weile hatte er einige Gegenstände von denen er dachte das sie von Nutzen sein könnten beisammen. Er verstaute alles in einem schwarzen Lederrucksack den er unter einem der beiden Schreibtische gefunden hatte und ging zurück in das pompöse Foyer. Er setzte sich auf eine der Marmorbänke und schaute nach oben. Einen kurzen Moment saß er dort regungslos und dachte nach. Er legte den Rucksack auf die Bank und ging zurück in die Pförtnerloge. Wenn der Computer der Lokomotive mit einem Zentralrechner eine Verbindung aufbauen konnte, dann kann ich vielleicht auch einen der Monitore wieder zum Leben erwecken. Er überflog die Taster und Knöpfe auf der Schalttafel und entschied sich einen nach dem anderen zu betätigen und zu sehen was passierte. Schon der fünfte Schalter, unter dem ein Schild mit der Aufschrift ..E..P..ER prangt, mehr war nicht zu entziffern, brachte die Monitore zum leuchten. Es dauerte ein wenig bis auf allen ein klares Bild zu sehen war. Auf einem konnte man den Vorplatz und die beiden LKWs erkennen, ein anderer zeigte die Eingangshalle. Ein weiterer Monitor erweckte Morutabanas Interesse. Auf ihm waren eine große Maschine und einige Förderbänder zu erkennen. Es war eine Überwachungskamera die ein Bild aus einer der großen Fabrikhallen zeigte. Continental hat vieles produziert, was die hier wohl hergestellt haben? Grübelte er. Auf den Förderbändern lagen noch einige Teile vom Produktionsabbruch. Die Fenster haben sie verrammelt aber aufgeräumt hatten sie nicht als die Produktion eingestellt wurde.
Es war bereits spät, als Kieran am brennenden Feuer saß und tiefe Müdigkeit verspürte. Er dachte darüber nach, das Josh sich seit seinem Gespräch mit Candis irgendwie merkwürdig Verhalten hatte. Candis bot ihm an die Nacht hier zu verbringen und in Omimis Zimmer zu übernachten. Kieran überlegte einen Moment und nahm seinen Rucksack, wünschte Josh eine gute Nacht und folgte ihr in Omimis Zimmer. „Sie hätte bestimmt nichts dagegen, sagte Candis, gab ihm einen Kuß auf die Wange, jetzt bist du unser neuer Mitbewohner“, und lächelte ihn an. Kieran schloß die Tür hinter Candis, warf seinen Rucksack auf Omimis Bett und sah sich um. Auf den Regalen an der Wand standen kleine Bilderrahmen mit vergilbten Fotografien. Kieran nahm einen in die Hand und sah sich die anderen an. Sie zeigten eine ältere Frau, offensichtlich Omimi vermutete er, mit andern Menschen die er noch nie in seinem Leben gesehen hatte. Auf einem der Bilder war ein Junge zu sehen, ein blonder Junge mit zerissenen Jeans und freiem Oberkörper. Er schaute verärgert in die Kamera, als das Bild aufgenommen wurde und schien nicht glücklich zu sein. Kieran fragte sich worüber er sich wohl geärgert haben mochte und wer er war. Kieran fand den Jungen sympathisch und strich über das Foto. Ob das wohl Omimis Enkel war? Was mochte aus ihm geworden sein? Nach längerem hinsehen fiel ihm auf das die beiden auf dem Foto vor einer großen, verspiegelten Glasscheibe standen auf der in einer Ecke das CONTINENTAL Logo prangte. Omimi trug ein elegantes schwarzes Kleid und gelbe Schuhe. Am rechten Bildrand war ein Teil eines Autos zu sehen, dessen Räder die Straße nicht zu berühren schienen. Kieran stellte das Bild welches er in den Händen hielt wieder zurück zu den anderen und warf einen flüchtigen Blick darauf. Den Mann mit dem langen Mantel, den reichverzierten Stiefeln und dem Hut mit der breiten Krempe, der Omimi auf diesem küsste bemerkte er jedoch nicht. Er zog seine Schuhe aus und warf sich aufs Bett. Mit hinter dem Kopf verschränkten Armen starrte er an die Decke und dachte über Omimi und diesen Jungen nach.
Candis und Josh saßen am Lagerfeuer und tranken Bier. „Was zur Hölle ist los mit dir?“ polterte Josh, „du hast es selbst gesehen in deinem Traum“ Candis schaute in den tief schwarzen Himmel, von dem keine Stern leuchtete. „Was erwartest du von mir“ sagte sie, mehr zu sich selbst als zu Josh. „Was denkst du. Was hat der Kerl in deinem Traum gesagt? Triff eine Entscheidung sonst wirst du qualen erleiden wenn irgendjemand irgendeine Glocke schlägt. Ich hab zwar nur nen Highschoolabschluß aber wenn ich eins und eins zusammenzähle dann ist der Zwerg da oben der Auserwählte und der sucht eine Glocke. Hallo Schätzchen. Wenn der dann die Glocke findet dann wirst du sobald er sie schlägt leiden.“ Josh griff einen Stock und warf ihn wütend ins Feuer. „Wer sagt denn das er die Glocke auch findet?“, versuchte Candis ihn zu beruhigen, „Träum weiter Süße, du hast doch mit dem ganzen Scheiß damals angefangen...oh, ich hatte eine Vision..oh, wie schrecklich...wenn der kommt müssen wir was unternehmen..blablabla, äffte er sie nach. „Jetzt is alles cool und wir warten einfach mal ab? Erinnerst du dich noch was du mir erzählt hast als du aus Omimis Zimmer kamst? Ich erinnere mich noch genau, Baby“ Candis schaute ihn verwirrt an, zog ihre Knie an und wippte vor und zurück. Sie wollte nicht mehr darüber nachdenken was sie in diesem Traum, dieser Vision gesehen hat. „Du hast geheult und mir erzählt das es passieren wird, das sich unsere Wege trennen. Das du ein Leben ohne mich führen wirst und wir nix dagegen tun können. Wir werden uns nie begegnet sein“. Candis umlammerte ihre Knie ein wenig fester und schloß die Augen. „Das ist was ich gesehen habe, in der Vision, nachdem mir der Fremde erschien und zu mir gesprochen hat. Ein Leben voller Qualen. Und ein Leben ohne dich.“ Josh stand auf und legte ein paar Holzscheite nach. „Ich hab kein Bock auf ein Leben ohne dich. Wir haben uns entschieden hierzubleiben als alle gegangen sind. Und wenn du willst können wir auch gehen. Wohin du willst. Aber erwarte nicht das ich mich einfach so in Luft auflöse so wie Omimi wenn irgendeine Glocke bimmelt.“
Kieran wurde von Joshs lauter Stimme aus seinen Gedanken gerissen. Er konnte zwar kein Wort verstehen, aber es klang als ob er ziemlich aufgeregt oder verärgert war. Er tastete im dunkel nach seinem Rucksack, nahm vorsichtig die Machete heraus und legte sie unter sein Kopfkissen. Er legte sich auf den Bauch, eine Hand umschloss den Griff und die andere verschwand in seiner Hose. Das erste mal seit Tagen fühlte er sich erregt und beschloss diesen Moment auszukosten. Er dachte an Candis, ihre weichen Hände. Er stellte sich vor wie sie ihn in den Arm nahm und streichelte, wie sich ihre prallen Brüste gegen seinen Körper pressten. Nach einem kurzen Moment wurde seine Hose warm und feucht und er stöhnte leise als er sein Gesicht in das Kopfkissen drückte. Er atmete tief ein und genoss dieses befreiende Gefühl der Lust. Es dauerte nur einige Augenblicke bis der Schlaf ihn übermannte und er in einem Traumlosen tiefen Nichts versank.
Nachdem Candis die leeren Bierdosen in einen Korb geworfen hatte blickte sie wehmütig auf Josh. „Ich geh jetzt ins Bett, kommst du auch gleich?“ Josh sah sie nur an. „Du bist mein starker Mann und ich liebe dich, das weißt du“ Er senkte seinen Blick und betrachtete das kleine Stück Asphalt vor seinen Füßen, welches nicht von Sand bedeckt war. „Glaubst du, das die Alte recht hatte?“ Mit seiner Hand strich er über den Sand, der sich so weich anfühlte und den Asphalt der rauh und uneben war. „Was ist die Realität, und was ist der Traum?“ „Honey, denk nicht darüber nach. Ich geh jetzt ins Bett. Kommst du auch gleich?“ Josh nickte. Als Candis in der Tür verschwand, hielt sie noch einen Moment inne und schaute zurück zu Josh. Er wirkte so stark und doch so hilflos, wie er dort saß. „Pssst, machte sie und Josh blickte auf, ich weiß das du schon das richtige tust“, und verschwand im Dunkel.
Morutabana überlegte kurz ob er einen Weg in die Fabrikhalle suchen sollte als er etwas spürte. Ein Gefühl, das nur zu gut kannte druchströmte seinen Körper und er schloß die Augen.
Josh ging nach oben um sich zu versichern das Candis tief und fest schlief. Leise schloß er die Tür und schlich zu Omimis Zimmer im dritten Stock. Aus dem Zimmer war nichts zu hören. Langsam drückte er die Klinke herunter und öffnete die Tür. Es war dunkel im Zimmer, aber da er sehr viel Zeit hier bei Omimi verbracht hatte, brauchte er nichts zu sehen um sich zurecht finden zu können. Er ging zu Omimis altem Bett und betrachtete Kieran, der dort auf dem Bauch lag und tief und fest schlief. Der Auserwählte, dachte er sich, vielleicht hätten die kein Kind auswählen sollen. „Tja, wärst du mal nicht hier vorbei gekommen“, hauchte er und beugte sich über ihn.
Nach traumlosem Schlaf begann sich ein Bild vor Kierans geistigem Auge zu manifestieren. Morutabana rief ihn. Das Bild wurde immer klarer. Es roch nach frischer Seeluft, so wie er es von zuhause kannte. Er stand auf einem Pier und die Möwen schrien. Als er an sich heruntersah, bemerkte er das er keine Kleider trug. In seiner Hand hielt er die Machete, welche er in Gulch City gekauft hatte. Leute schlenderten an ihm vorbei, einige grüßten ihn freundlich und andere eilten hastig vorüber. Ein müde und verbraucht wirkender Morutabana, der an der Reling stand, winkte ihn zu sich herüber. „Auserwählter, du musst dein Leben retten,“sagte er, deutete auf das Wasser und weit entfernt begann eine Schiffsglocke zu läuten. Kieran blickte hinunter. Im Wasser erkannte er die Flosse eines Haies. „Spring hinein“ Kieran schaute Morutabana fragend an. „Hä“. „Spring hinein, das ist deine einzige Chance“ herrschte er ihn an. „Spring einfach“. Kieran sah sich um. „Ist das hier nen Nackbadestrand? Und warum laufe ich hier überhaupt nackt rum?“ wollte Kieran wissen, der nicht daran dachte ins Wasser zu springen. „Jetzt spring, es rettet dein Leben!“. „Warum soll mit haien schwimmen mein Leben retten? Ich steh hier draußen ganz gut. Warum zur Hölle bin ich NACKT?“ Morutabana packte Kieran und hob ihn mit leichtigkeit hoch und schleuderte ihn gegen die Reling. „Tu was man dir sagt, mein Gott nochmal. Bist du so doof oder tust du nur so?“ Er hob ihn noch ein stückchen höher und setzte ihn auf das Geländer. „Hey, das ist doch nur nen Traum. Warum regst du dich so auf?“ lachte Kieran. Morutabana stieß ihn so fest er konnte über das Geländer und rief ihm nach „Träume gibt es nicht“.
Josh legte vorsichtig seine Hände um Kierans Hals und drückte zu so fest er konnte. „Du wirst mein Leben nicht zerstören“ schrie er und legte all seine Kraft hinein. Kieran bekam keine Luft mehr. Er versuchte zu Atmen, doch etwas hinderte ihn daran.
Er öffnete seine Augen und befand sich im Wasser. Das kühle Nass umschmeichelte seinen Körper. Er blickte sich um und sah die vielen kleinen Kringel die das Sonnenlicht, hier im flachen Wasser, auf den Meersboden zauberte. Die Schwerelosigkeit die ihn gefangen hielt gab ihm ein Gefühl von Freiheit.
Plötzlich jedoch waren die Sonnenkringel verschwunden, denn etwas das offenbar über ihm war warf einen riesigen Schatten. Er drehte seinen Kopf und erblickte einen Hai, der mit rasender Geschwindigkeit auf ihn zu kam. Panisch schrie er um Hilfe. Tausende kleiner Bläßchen, der Luft die bis eben noch seine Lungen füllte, stoben nach oben in Richtung der Oberfläche. Panik ergriff ihn, das war doch schließlich alles nur ein Traum. Verzweifelt versuchte er zu schwimmen. Der Hai streifte seinen Körper schräg von oben und drückte ihn tiefer unter Wasser. Er begann panisch einzuatmen und tränen stiegen in seine Augen als das Wasser schmerzvoll in seine Lunge gelangte. Zwei, drei hecktische Atemzüge später fühlte Kieran keine Schmerzen mehr. Er konnte Atmen. So müssen sich Fische fühlen, dachte er und lachte. Nun stiegen keine Bläschen mehr auf, denn seine Lungen waren bereits vollständig mit Wasser gefüllt. Der Hai hatte ihn wieder ins Visier genommen und schwamm nun mit weit aufgerissenem Maul auf ihn zu. Rasiermesserscharfe Zähne die ihn zerfetzen würden. Seine Hände waren leer, in all der Panik hatte er seine Machete fallen lassen. Er blickte nach unten, und zwischen altem Müll und bunten Korallen, da lag sie. Mit einigen kräftigen Schwimmstößen schwamm er nach unten und Griff die Machete. Dabei striff er mit seinem Arm über eine Koralle und verspürte einen wahnsinnigen Schmerz. In seiner Haut befand sich ein kleiner Schnitt und kleine Schwaden von Blut traten aus. Kieran fragte sich was das für ein Traum sein soll, in dem er unter Wasser atmen kann sich aber an so einer Scheiß Koralle den Arm aufschneidet.
Kieran blickte nach oben. Der Hai war verschwunden. Aus dem dunklen Schatten des Piers bewegte sich etwas auf ihn zu. Unbemerkt hatte es sich von hinten genähert und umschlang seinen Hals. Es fühlte sich weich und glitschig an. Kieran versuchte seinen Kopf zu drehen, doch das was seinen Hals umfasste, war so stark das er ihn nicht bewegen konnte. Erneut überfiel ihn panische Todesangst. Er schlug wild mit seiner Machete um sich in der Hoffnung irgendetwas zu treffen. Weitere glitschige Tentakeln umklammerten seinen Körper und er strampelte wie wild und schlug hysterisch um sich.
Josh drückte so fest zu, das seine Hände schmerzten. Kierans Gesicht lag fest ins Kissen gedrückt und seine Finger gruben sich tief in seinen Hals. „Verrecke endlich du Scheißkerl“ stöhnte er vor Anstrengung. Kierans Körper bebte in seinen Händen.
Das Wasser um Kieran färbte sich rötlich. Er musste etwas getroffen haben. Er nahm all seine Kraft zusammen und versuchte die klammernden Griffe zu lösen.
Josh schrie auf. Ein stechender Schmerz an seiner Brust traf ihn wie aus heiterem Himmel, gefolgt von einer warmen Sensation die sich langsam ausbreitete. Er löste eine Hand von Kierans Hals und befühlte die schmerzende Stelle. Sie war feucht und warm. Ein zweiter unglaublicher Schmerz durch fuhr sein Bein und er schrie abermals auf vor Schmerz und löste auch die andere Hand, mit der er immernoch Kierans Kopf in das Kissen drückte.
Kieran schwamm nach oben und druchbrach die Wasseroberfläche. Sofort hustete er das Wasser aus den Lungen und begann zu schwimmen.
Josh war benommen von unglaublichen Schmerzen und rollte sich in seiner Pein zusammen. Er meinte durch seine von Tränen verquollenen Augen einen Schatten zu sehen, der neben dem Bett stand. Doch als er wwieder hinschaute war dieser wieder verschwunden. Die Schmerzen waren unerträglich, Josh raffte sich auf und kroch aus dem Zimmer. Bei jeder Bewegung, bei jedem Atemzug wünschte er sich das es vorbei sein würde. Als er das Treppenhaus erreichte wurde es dunkel um ihn herum. Seine schmerzen ließen nach und er fühlte tiefen inneren Frieden und Erlösung.
Kopfschmerzen. Diese unglaublichen Kopfschmerzen, dachte Kieran als er am Morgen langsam die Augen aufschlug. „Man man man“, murmelte er, und setzte sich langsam auf. In seinem Kopf pochte es heftig und die Morgensonne ließ seine Augen schmerzen. Er atmete flach, denn bei jedem Atemzug verspürte er ein stechen in der Brust. Er sah sich um. Omimis Zimmer hat es echt in sich, dachte er und bemerkte eine großen nassen Fleck auf seinem Bett. Das es Blut war erkannte er an der tief roten Farbe, das es nicht seines war kam ihm in den Sinn nachdem er seinen Körper abgestastet hatte und sich für unverletzt befand. Einige Spritzer waren auf seinem Hemd und er wischte darüber um sie unbeabsichtigt zu verschmieren. Was war hier los? Er konnte sich an letzte Nacht nicht erinnern. Das letzte was er wusste war das er eingeschlafen ist. Und ganz offensichtlich hatte er eine beschissene Nacht, denn sein Kopf tat weh und er war noch genauso müde wie am Abend zuvor. Er vertaute seine Machete in seinem Rucksack und ging leise die Treppe hinunter. Candis und Josh schliefen offenbar noch und er wollte sie nicht wecken. Es war kalt als er das Haus verließ. Ongus, der die Nacht offenbar draußen verbracht hatte begrüßte ihn mit lautem fiepen und sprang auf seine Schulter. „Na, mein kleiner. Schlafen wohl noch die beiden?“ säuselte er ihm zu. „Ich werd mich jetzt auf den Weg machen. Ich glaube es ist besser so.“ Er holte einen der verbieben Schokoriegel aus seiner Hosentasche und packte ihn aus. Ongus beobachtete ihn neugierig und hüpfte vor ihm hin und her. „Hier mein Abschiedsgeschenk“ Kieran legte den Schokoriegel auf den Boden und schaute zu wie Ongus daran schnüffelte, ihn in seine kleinen Pfoten nahm und mit dem Schokriegel zu dem Baum lief hinter welchem ihn Candis gestern entdeckt hatte. Nach einem letzten Blick auf das große, alten Haus ging er los um sich noch ein wenig in der Stadt umzusehen, bevor er und Morutabana zu den Minen aufbrechen würden. Nach wenigen metern bemerkte er das er verfolgt wurde. Ongus hatte sein Abschiedsgeschenk sicher verstaut und hatte sich entschlossen ihm nachzulaufen. Kieran ging weiter in der Hoffnung das Ongus schon irgendwann umkehren würde In seinem Kopf kreisten die Gedanken um das was Candis ihm gestern gesagt hatte und um letzte Nacht.
Ongus war aufgeregt, er schnüffelte an jedem Strauch der aus den unzähligen Rissen im Asphalt wuchs. Er ging ziellos durch die verwaisten Straßen am County Parlament, hin zum großen Platz an dem die majestetische Town Hall stand. Kieran bemerkte nicht wie Ongus plötzlich versuchte auf sich aufmerksam zu machen, er war müde und seine Beine trugen ihn mit jedem Schritt einfach vorwärts, ganz automatisch ohne das er darüber nachdenken musste als plötzlich, wie aus dem nichts einige Meter vor ihm, ein Junge auf der Straße stand. Kieran bemerkte ihn zunächst nicht. Ongus, der den Jungen ebenfalls sah, blickte zu ihm auf und fiepte. Kieran ging stur weiter bis Ongus ihm direkt vor die Füße lief und ihn fast zu Fall brachte. Ongus fiepte leise, und nachdem der Auserwählte wieder einen festen Stand gefunden hatte schaute er nach vorn. Kieran hob eine Hand vors Gesicht, um seine Augen vor der Sonne zu schützen und erblickte einen Jungen der dort mitten auf der Straße stand. Kleine Sandwirbel tanzten über die Straße und der noch nicht so heiße morgendliche Wüstenwind frischte ein wenig auf. Ongus kletterte auf Kierans Schulter, hob seine Nase in den Wind und begann Kierans Wange, mit seiner kleinen rauhen Zunge abzulecken. Mit einem großen Satz sprang er wieder hinunter und landete weit vor Kierans Füßen.
Der sonnengebräunte Blondschopf, welcher für Kieran wie aus dem nichts aufgetaucht war, stand einfach nur da und lächelte ihn an. Über seinem freien Oberkörper hing lässig ein T-Shirt, seine Jeans waren sauber und an seinen Füße trug er weiße Turnschuhe. Kieran setzte seinen Rucksack ab und öffnete den Reißverschluß ein wenig, so das die glänzende Klinge der Machete zum vorschein kam. Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken dem Jungen schutzlos gegenüber zu stehen obgleich er nicht wusste wovor er Angst haben sollte. Sicherlich war er kleiner als Kieran, aber sein definierter Oberkörper ließ Kieran vermuten das er um einiges fitter war als er. Nachdem er Josh und Candy heute morgen verließ, war er sich sicher, keinen weiteren Menschen hier in dieser Stadt anzutreffen. Und all die verwirrenden Dinge die Josh ihm gestern erzählte, vom großen Plan, von der unvermeidlickeit, ließen ihn nicht daran glauben das dieser Junge aus dem Nichts erschienen ist. Irgendetwas stimmte hier nicht. Kieran atmete tief durch und konnte die Anspannung fühlen die seinen ganzen Körper ergriffen hatte. Schweiß ran über seine Stirn und er wischt langsam mit seinem Ärmel darüber. Irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht, aber er kam nicht darauf, was es ist. Er mustert den Jungen von oben bis unten und verzog sein Gesicht ebenfalls zu soetwas wie einem lächeln, das vermutlich so falsch war, wie das eines Arztes der seinem Patienten einreden wollte eine Rektaluntersuchung würde überhaupt nicht wehtun. Ihm war nicht ganz wohl und das spürte auch Ongus. Er schnüffelte aufgeregt in Richtung des Jungen, schaute sich um und erklomm in windes Eile Kierans Schulter. „Hi“ Kieran machte ein paar Schritte auf den Jungen zu. Der Junge neigte seinen Kopf, drehte sich um und setzte sich mit angezogenen Knien auf den sandigen Asphalt. Der Auserwählte hielt einen Moment inne. Das Gedankengewirr in seinem Kopf war plötzlich wieder da. Doch keiner davon ließ sich festhalten. Er ging langsam weiter auf den Jungen zu, zögerte einen Moment und setzte sich mit etwas Abstand neben ihn. Der Junge zog seine Knie an und verbarg sein Gesicht in seinen darauf verschränkten Armen. Kieran Musterte ihn. Er hatte kleine Ohren und dickes verwuscheltes blondes Haar. Auf seiner Haut glitzerten einige Schweißperlen und er trug keine Socken Ongus Kieran räusperte sich: „Was machst du hier?“ „Nichts besonderes, ich habe gewartet.“ Tönte es gedämpft unter seinen Armen hervor. Kieran rätselte einen Momentlang worauf man denn hier wohl warten könnte und entschloß sich zu fragen in der Hoffnung nicht wieder so ein Geschwafel wie von Candis zu hören „Aha. Und worauf?“ „Auf dich glaube ich, lachte der Junge und warf seinen Kopf zurück, auf dich“
Kieran stutzte, legte sich langsam zurück auf den heißen Asphalt, verschränkte seine Arme hinter dem Kopf und schaute in den klaren, blauen Morgenhimmel. Warum hat er auf mich gewartet und wer zum Teufel ist er? schoß es ihm in den Sinn. Sein erster klarer Gedanke seit er heute morgen aufgewacht ist. „Jetzt bin ich hier. Und jetzt?“ Der Junge legte sich neben ihn. Hätte man diese Szene an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit beobachtet hätte man glauben können das zwei Jungs einfach nur einen Sommertag in der Sonne genossen. „Ich werde dich zu den Minen begleiten“. „Zu den Minen?“ stutzte Kieran wiederrum. Woher wusste der Junge wohin er unterwegs war? „Zu den Minen also“ „Ja zu den Minen. Ich weiß das dir das wahrscheinlich komisch vorkommt aber so ist es nunmal. Ich warte schon seit einiger Zeit auf dich“. Kieran drehte seinen Kopf, so das er den Jungen anschauen konnte. Du hast also auf mich gewartet?, ging es ihm durch den Kopf, was wartet denn noch alles auf mich. Candis und Josh hatten mich offensichtlich nicht erwartet. Ihm fielen Morutabanas Worte ein. Du wirst hier deine Nemesis treffen. Meine Nemesis ist also der Typ da? Der Wind blies ihm Sand in die Augen und sie begannen zu tränen. „Blondie, sag mal hast du nix besseres zu tun?“ Der Junge lachte. „Nenn mich nicht Blondie. Und Nein, irgendwie zur Zeit nicht wirklich. Es ist meine Aufgabe dich zu begleiten. Und du kannst mir glauben das ich mir durchaus etwas besseres Vorstellen könnte“ kieran hatte inzwischen seine Arme vorseinem Gesicht verschränkt um seine Augen zu schützen.
„Wir werden gemeinsam zu den Minen gehen und dann wird es sich entscheiden.“ Er dachte sich, warum macht seit gestern nichts einen Sinn wenn ich jemanden treffe und warum erzählt mir jeder irgendwelchen stuß? Ich bin der Vereiniger, hey ich habe auf dich gewartet und begleite dich. Irgendwie war es schon seltsam. Meine persönliche Freakshow. Wenn mir nur mal irgendjemand sagen könnte was zum Teufel das alles soll. „Was wird sich dann entscheiden?“ wollte Kieran wissen. „Ob du lebst oder stirbst, ob ich lebe oder sterbe, ob wir beide leben oder sterben.....vielleicht auch gar nichts..So genau weiß ich das jetzt auch nicht“ sagte der Junge leise und drehte sich zu ihm um. „Na toll, woran sollte ich denn sterben wenn ich das mal fragen darf?“ antwortete Kieran und drehte sich ebenfalls zu dem Jungen. „An mir“ Der Auserwählte setzte sich auf und der Junge tat es ihm gleich und sah ihn freundlich mit diesem leck-mich-am-arsch-lächeln an. „Es liegt an dir was passieren wird, fuhr der Junge fort, und was geschehen wird wird geschehen, ob du das willst oder nicht.“ Kieran spürte Wut in sich aufsteigen. Wie könnte etwas geschehen was er nicht wollte. Und warum labert ihn hier jeder mit so einer gequirlten Hundekacke voll. Er fühlte wie sein Puls stieg und er wünschte sich er hätte seine Machete nicht dort drüben in seinem Rucksack gelassen. „Soso, an dir also. Weißt du, ich denke das ich dir durchaus deine verfickten kleinen Lichter ausknipsen könnte wenn ich das wollte, du bist kleiner als ich.“ Ein besserer Vergleich fiel ihm nicht ein. „ Außerdem wenn du mir jetzt erzählst das du der Grund für meinen Tot sein könntest, dann wäre es wahrscheinlich besser ich gehe allein weiter. Ich bin schließlich auch allein hierher gekommen.“ Kieran steigerte sich in seine Tirade hinein und er fühlte sich gut dabei. „Du hast ja keine Ahnung mit wem du dich anlegst du kleiner Hosenscheißer....“ Der Junge fasste ihm sanft an die Schulter. „Beruhig dich mal, auch in deinem Alter kann man einen Herzinfarkt kriegen“. „...nimm die Hand da weg Alter.“ Kieran schlägt die Hände von den Schultern. „Ehrlich, ich hab kein Problem dir eine zu klatschen. Ich hau dir so aufs Maul das du dir wünscht du würdest noch in Mamis Bauch sein. Und dann würde ich deiner Alten in die Mumu greifen, dich herausziehen und mit deiner eigenen Nabelschnur erwürgen. Danach zertrete ich dich wie einen Wurm...“ Der Junge legte seine Hände wieder auf Kierans Schultern, drückt ihn nach hinten und beugt sich über ihn. „Mach mal halblang, lachte er, ich hab nur gesagt, es könnte sein das einer von uns oder wir beide dabei draufgehen. Nichts ist geschehen und nichts wird geschehen was wir nicht tun.“ Kieran wehrte sich doch der Junge hielt ihn fest auf den Boden gedrückt. „Übrigens ich bin Rouven. Nur falls du ein Kreuz aufstellen willst an der Stelle wo du mein Embryo verscharrst“ Kieran gelang es eine der Hände die ihn hielten wegzuschlagen, so das der Junge auf ihn fiel und er ihn in einen Schwitzkasten nehmen konnte. „Du kleiner Pisser, geh von mir runter“ schrie er. „Mber .u .älsff .ich fest“ nuschelte der Junge und wandte sich auf ihm. Kieran konnte seinen Körper ganz deutlich spüren wie er sich gegen seinen rieb. Plötzlich stieß Kieran den Jungen von sich und stand auf „Was hast du denn?, lachte er wiederrum auf, war doch gerade so gemütlich“ Kieran sprang zu seinem Rucksack und zog seine Machete heraus. „Ich bin Kieran. Aber seit einiger Zeit nennt mich fast jeder den Auserwählten. Merk dir den Name gut“, rief er ihm zu und fuchtelte mit der Machete herum. „Glaubst du wirklich du könntest es mit mir aufnehmen Alter?“ fragte Rouven und machte einige Schritte auf ihn zu. „Ja klar, ich nehms mit jedem auf“, er nahm die Machete herunter und schaute ihn an „Ich habe mir immer Gladiatorenkämpfe angeschaut als ich klein war“ Das war ein Lüge, denn den letzten hatte er vor etwa einer Woche in Pasadena vor seiner Abreise gesehen.
Irgendwie hatte er jetzt Lust auf eine große Tüte Popcorn und einen großen Becher Popsy Cola. Er empfand die Atmosphäre in der Arena immer elektrisierend. Die Scheinwerfer, das Feuerwerk, die Einzugsmusik, die hysterisch schreienden Frauen. Er hatte sich oft selbst vorgestellt ein Gladiator zu sein und riesige Kerle binnen weniger Minuten zu besiegen. Jetzt stützte sich ein Junge der nicht einmal so alt war wie er und er konnte sich nicht einmal dagegen wehren und bekam es mit der Angst zu tun. „Nimm das Ding runter, herrschte ihn Rouven an, und steck es ein“ Kieran schaute auf die scharfe Klinge und bemerkte das Blut daran klebte. Erschrocken ließ er sie fallen und Rouven der mittlerweile vor ihm stand, hob sie auf. „Weißt du, begann Rouven, und beäugte die Machete aufmerksam. Das Ding sieht zwar so aus als ob du schon jemanden damit niedergemetzel hast, doch irgendwie machst du mir keine Angst. Kieran hingegen war starr vor Angst. Wie kam das Blut an die Machte?
Morutabana öffnete langsam die Augen. Er fühlte sich ausgebrannt. Zugern hätte er nachgesehen was dort auf den Bändern liegt. Aber es war bereits eine geraume Zeit verstrichen und der Auserwählte sollte wahrscheinlich bald zurückkommen. Was würde er tun wenn er nicht am Treffpunkt war. Würde er nach ihm suchen? Morutabana fasste den Entschluß zurück zum Zug zu gehen. Er ging in die Empfangshalle, schnappte sich den Rucksack und verließ das Gebäude.
„Okay, okay, ich geb auf“, sagte Kieran und hob die Hände, behalt das Scheißding und ich geh einfach meiner Wege. Ein Freund wartet auf mich und ich will ihn nicht länger warten lassen“. Rouven fasste die Machete an der blutverschmierten Klinge und hielt sie Kieran hin. „Dann sollten wir deinen Freund nicht länger warten lassen“ Kieran nahm die Machete und steckte sie wieder in seinen Rucksack. Die beiden klopften den Sand aus ihren Kleidern und Rouven kam näher. „Warum hast du mich weggestoßen?“ wollte er von Kieran wissen. „Weil ich mich nicht mit kleinen Kindern schlage“ schnaubte er und ging los. Ongus der sich das ganze Schauspiel angeschaut hatte verließ die beiden auf dem Weg zurück zum Bahndamm. Als Kieran sein fehlen bemerkte musste er an Candis und Josh denken. Ob sie mittlerweile bemerkt hatten das er wieder weitergezogen war? Er vermutete das Ongus zu den beiden zurückgelaufen war. Während des ganzen Weges beobachtete er Rouven in der Hoffnung das dieser das nicht mitbekommen würde. Ihm fieln die kleinen Grüpchen an seinen Wangen auf und die kleine Stupsnase. Rouven indessen, lächelte Gedankenverloren in sich hinein.
Morutabana traf zeitgleich mit den beiden an der Lokomotive ein. Schon von weitem konnte er sehen das der Auserwählte nicht allein aus der Stadt zurückgekommen war. „Du hast einen neuen Spielkameraden gefunden?“, begrüßte er ihn. Kieran schaute zu seinem Begleiter und nickte. „Sieht ganz so aus“ „Er will mich begleiten..... Irgendwie erinnert mich das an jemanden“ er zog eine Augenbraue nach oben und sah von einem zum anderen. „Weißt du, begann Morutabana, es ist wie es ist und es wird passieren was passiert. Ich glaube nicht an das Schicksal, aber ich denke, es ist sehr wahrscheinlich das es so etwas wie....einen Plan gibt. Du hast mich gefunden, weil ich nach dir gesucht habe. Deine Nemesis hat hier auf dich gewartet obwohl du nicht nach ihr gesucht hast“ „Der ist meine Nemesis?, unterbrach ihn Kieran, ich muss unbedingt ne Bilbliothek finden und nachschauen was das eigentlich genau ist. Ist das altgriechisch für Pickel am Arsch?“ „Wir drei werden einen Teil unseres Weges gemeinsam gehen, fuhr Morutabana fort, das ist der Plan. Nicht mein Plan, versteh das nicht falsch. Werden sich unsere Wege wieder trennen? Mit Sicherheit, denn wir sind drei und nicht eins. Aber für eine gewisse Zeit sind wir eine Einheit.“ Kieran schaute nach unten, hob einen Stein auf und warf ihn so weit er konnte den Bahndamm entlang. Alle drei sahen dem Stein hinterher. „Der Plan war ihn zu werfen und was dort wo er landet geschieht ist eine andere Sache“, resümierte Kieran grinsend. „Du hast es verstanden“, schmunzelte Morutabana. „Nö, nicht wirklich. Steigen wir ein, fahren los und wenden die Lok, dann sehen wir was passiert wenn wir dort sind“ Die drei stiegen in die Lokomotive und Kieran setzte den Zug langsam in Bewegung.
Candis hatte das ganze Haus durchsucht doch niemanden gefunden. Panik befiehl sie und sie rannte hinaus. Ongus sprang ihr entgegen und begrüßte sie fröhlich fiepend. Tränen rannen über ihre Wangen. „Ongus, schluchzte sie, ich kann niemanden finden. Wo sind Josh und der Junge, sie sind einfach verschwunden, so wie Omimi.“ Candis wusste nicht das sie nur zum Teil recht hatte. Josh war verschwunden und der Junge war auf dem weg mit einem Glockenschlag ihr leben in einen anderen Alptraum zu verwandeln.
Texte: by ME
Tag der Veröffentlichung: 05.01.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
to MUM