Cover



Vorwort


„Du musst es so machen, wie Dave gesagt hat. Einfach einen Schlussstrich ziehen“, Sharleen meine beste Freundin, der ich einfach alles erzählen kann, ist am anderen Hörer meines Handys und versucht mir klar zu machen, dass ich mit meinem Freund Nathan Schluss machen soll.
„Ja okay“, Ich beiße mir auf meine Unterlippe und drücke das Telefonat weg. Aus meinen Augenwinkel sehe ich das Bild von Nathan, das in Paris entstand, wo wir letztes Jahr mit unserer Französischklasse für drei Tage hingefahren sind. Darauf ist er zu sehen, wie er auf einer Bank auf dem Eifelturm sitzt und grinsend zu seinem Kumpel schaut, den ich allerdings rausgeschnitten habe. Mit zitternden Händen greife ich nach dem Bild, das mit allerdings zuerst aus der Hand rutscht. Es liegt auf der anderen Seite auf dem Boden und entblößt etwas Geschriebenes, dass ich an dem ‚glücklisten Tag‘ in meinem Leben dort drauf geschrieben habe. Schatz. 25.10.11. Nachdem ich das gelesen habe, verfinstert sich mein Blick. Meine Hände zittern immer noch – aber nicht vor Angst oder Trauer, sondern vor Wut.
„Arschloch!“ flüstere ich leise und pfeffere das Bild in eine Ecke meines Zimmers. Dann vergrabe ich mein Gesicht in meine Hände und fange an zu weinen.


Eins



Bevor ich mit dem jetzigen Geschehen anfange, sollte ich eher erzählen, was so die Tage davor passiert ist.

Um 18 Uhr bin ich am Park.

‘ steht in der SMS, die ich soeben von Nathan erhalten habe. Glücklich presse ich mein Handy gegen meine Brust und grinse breit. Endlich treffe ich mich mal mit Nathan. Überglücklich lese ich mir die SMS ein weiteres Mal durch und kann es kaum fassen. Wir treffen uns. Heute. Gut, eigentlich treffen wir uns, weil Ethan mir etwas erzählt hat, was Nathan über mich gesagt haben soll und das ist nicht grad etwas Positives, eher das Gegenteil.
Ethan und ich haben uns früher schon einmal gut verstanden. Sehr gut sogar. Wir wären auch fast zusammen gekommen, wären da nicht Nathan und Ophelia gewesen. Nathan hatte mir schon damals gesagt, dass er mich lieben würde, doch er hat es vor seinen Kumpels nie zugegeben, was mich immer sauer gemacht hat – natürlich auch zu Recht. Jedenfalls habe ich zu diesem Zeitpunkt Ethan kennen gelernt. Ich kenne ihn durch einen Freund und habe ihn dann einfach mal auf Facebook geaddet. Womit ich nicht gerechnet habe, ist, dass Ethan mich sofort anschreibt und wir uns mit jedem Gespräch immer näher kamen, bis wir unsere Handynummern ausgetauscht haben und uns dann auch zum allerersten Mal getroffen haben. Naja, aus einem Treffen wurden dann immer mehr Treffen, bis es dann nicht mehr normale Treffen waren, sondern welche, bei denen wir immer geflirtet haben und uns immer näher gekommen sind. Dann kam es zum Kuss. Doch dabei hab ich mich schlecht gefühlt, weil ich an Nathan denken musste und das habe ich Ethan auch gesagt. Er meinte er würde es verstehen. Der Kuss war ein Abschiedskuss, weil ich nach Hause musste. Danach haben wir uns nicht mehr geschrieben. Sendepause. Dann eines Tages, gehe ich nichts ahnend auf Facebook, schaue die Startseite durch. Und was sehe ich dann? ‚Ethan hat seinen Beziehungsstatus von ‚Single‘ zu ‚ist in einer Beziehung‘ geändert.

‘. Ich war damals richtig geschockt und wütend. Die Trauer kam erst einen Tag danach, aber dann richtig. Ethan hatte mir verarscht – eiskalt. Danach hab ich ihn so gut es geht versucht zu ignorieren und habe ihn nicht Mals mehr mit dem Arsch angeschaut.
Später, nachdem mit Ethans Freundin Schluss war, hatte er etwas mit einem Mädchen, namens Ophelia, zu tun, die gut mit meiner besten Freundin Sharleen befreundet war. Sie hat mir dann immer jeden Tag erzählt, wie toll und sexy Ethan doch sei. Dabei hab ich irgendwie etwas entwickelt, was gegen sie spricht. Das bedeutet, ich wusste zu diesem Zeitpunkt, dass sie und ich nie Freunde werden. Mich hat das alles nicht interessiert, was sie beide zusammen alles gemacht haben. Okay, es hatte auch etwas damit zu tun, dass ich extreme Eifersucht hatte. Aber das ist doch auch verständlich, oder? Ich mein, eine italienische Geilheit kann man so einfach nicht vergessen.
Um auf den Punkt zu kommen, Ophelia hat Ethan und mich dazu gebracht, dass wir uns endlich mal treffen, damit wir uns aussprechen können. Zu diesem Zeitpunkt war Ophelia dann nicht mehr so gut auf Ethan zu sprechen, da er angeblich Lügen über sie erzählen würde. Im wahrsten Sinne des Wortes, sie haben sich verkracht - hassen sich.
Jedenfalls Ethan und ich haben uns dann getroffen und uns ausgesprochen. Ich habe dann alles verstanden, warum er so gehandelt hat. Naja, wir wollen jetzt quasi ‚neu anfangen‘ und wieder als Freunde beginnen. Bei dem Treffen erzählte mir Ethan dann auch, dass Nathan gemeint hätte, dass ich ein zickiges und tussiges Mädchen wäre. In dem Moment war ich dann total sauer und habe ihm dann später eine SMS geschickt, dass ich mit ihm reden müsste.
Und jetzt habe ich seine Antwort. Ein ‚ja‘ zu unserem Treffen. Mit Herzklopfen lese ich mir die SMS nochmal durch, bevor ich sie wegdrücke, um auf die Uhr auf meinem Display zu schauen. 17:03 Uhr. Oh mein Gott. Schon so spät? In einer Stunde treffe ich Nathan.
Schnell schlüpfe ich aus meinen Sachen und steige unter die Dusche und wasche mich kurz, um mich frischer zu fühlen und gut zu riechen. Danach ziehe ich mir mein neues T-Shirt mit ein bisschen mehr Ausschnitt und eine schwarze etwas engere Jeans an. Dann trag ich noch ein wenig Lidschatten und Mascara drauf. Mehr brauch ich nicht, denn ich bin nicht so eine Schlampe, die sich Tonnen von Make-up aufs Gesicht klatscht. Ich ziehe mir meine Lederjacke über das Oberteil und streife mir noch meine Boots über. Ich fahre mit meiner Bürste nochmal schnell durch meine Haare und trage ein wenig Parfum auf. Nachdem ich mit allem fertig bin, betrachte ich mich unten in unserer Garderobe im Spiegel und lächle zufrieden. Hoffentlich gefalle ich Nathan so. Ich trinke noch schnell einen Schluck Wasser, bevor ich dann aus der Haustür gehe.
Der Park ist nur zehn Minuten entfernt, also kann ich den Weg ein bisschen langsamer gehen. Bei jedem Schritt, bei dem ich dem Treffen näher komme, schlägt mein Herz immer schneller. Gleich werde ich ihn nach langer Zeit endlich wieder sehen. Nathan hat nämlich die Schule gewechselt. Das war anfangs ein totaler Schock für mich, aber jetzt komme ich eigentlich relativ gut damit klar.
Im Park angekommen, lehne ich mich gegen einen dicken Baumstamm und atme tief aus und ein. Was soll ich denn überhaupt sagen? Und was wenn ich nur Scheiße laber? Oder wenn ich ihm gar nicht gefalle? Nervös schaue ich nach oben in den Himmel und versuche an etwas anderes zu denken, damit ich nicht mehr so aufgeregt bin. In dem Moment fährt der Bus um die Ecke und hält an der Haltestelle. Nathan steigt als erster aus und kommt auf mich zu gelaufen. Ich stelle mich gerade hin, zupfe nochmal an meinem Oberteil und streife meine Haare nach hinten. Nathan kommt mit einem breiten Grinsen auf mich zu und umarmt mich dann schwungvoll. Völlig perplex erwidere ich seine Umarmung und folge ihm den Weg entlang.
„Also was hat Ethan dir erzählt?“ fragt er mich, während er mit langsamen Schritten neben mir her geht.
„Er meint, du hättest gesagt ich wäre zickig und tussiges Mädchen wäre“, Ich versuche mein breites Grinsen zu verbergen, das ich immer bekomme, wenn ich mit ihm rede, indem ich meine Lippen aufeinander presse.
„Wann soll ich das denn gesagt haben?“
„Keine Ahnung. Hab ich nicht nachgefragt. Ich war nur damit beschäftigt mich aufzuregen“,
Aus Nathans Mund kommt ein leichtes Lachen. Er hat seine Hände in die Hosentaschen gesteckt und schaut vor sich auf den Boden.
„Jedenfalls habe ich das nicht gesagt … warte mal eben“, Nathan zieht aus seiner Hosentasche sein Handy und hebt es an sein Ohr. Ich kann mir schon denken, dass er Ethan anrufen will. Nach einer Weile schüttelt er leicht den Kopf und steckt sein Handy wieder zurück in seine Tasche. Wir beide gehen stumm nebeneinander her, bis wir an einer Bank ankommen, auf die wir uns setzten.
„Was wolltest du mir letztlich eigentlich sagen?“ unterbreche ich die Stille. Nathan wollte sich schon mal mit mir treffen. Da in dem Moment mein Handy nicht funktioniert hat, da mein Netz weg war, hat er mit meiner Freundin Sharleen geschrieben. Und sie hat ihn dann halt ein bisschen ausgefragt, was er mir denn sagen will und ob es etwas Negatives sei. Er meint nein, und das sie es sich eigentlich denken könne. Und daraus schlossen wir beide, dass es die drei magischen Worte waren, die jedes Mädchen gerne zu hören bekommt.
Nathan beißt sich nervös auf die Unterlippe und lacht leicht. „Hm, was war das denn nochmal?“
„Komm, stell dich nicht dumm“, antworte ich und schaue ihn für einen Moment an.
„Also, da war etwas mit ‚dich‘ und ‚ich‘, aber das Wort in der Mitte weiß ich nicht mehr“, Man merkt ihm total an, wie nervös er ist und sich nicht richtig traut es auszusprechen.
„Jetzt sag!“ grinsend mustere ich ihn immer noch. Er hat seine Hände auf seinem Schoß zusammengefaltet, seinen Oberkörper leicht darüber gebeugt und grinst verlegen.
„Warte eben“, Nathan greift wieder in seine Hosentasche und holt sein Handy wieder hervor. „Ach, hallo, Ethan“,
Ich streife meine Haare nach hinten und beobachte Nathan, während er mit Ethan telefoniert.
„Ja, die Violet ist hier neben mir“,
Bei meinem Namen zucke ich leicht zusammen. Ich hasse es, wenn mich jemand bei meinem vollen Namen nennt, da ich ihn einfach nicht leiden kann.
„Hör mal, was hast du der denn da bitte erzählt?“
Am anderen Hörer des Endes höre ich die vertraute Stimme von Ethan. Doch was er genau sagt, kann ich leider nicht verstehen.
„Ja, okay. Tschüss“, Nathan drückt den Anruf weg und schiebt sein Handy wieder an seinen richtigen Platz. „Also keine Ahnung, was der Ethan dir da erzählt hat, auf jeden fall stimmt es nicht“,
Ich nicke nur als Antwort und bewege meine Füße leicht im Sand hin und her.
„Also wo waren wir stehen geblieben?“
Auf meinen Lippen breitet sich ein Grinsen aus. „Du wolltest mir etwas sagen“,
„Ach ja“, Nathan stößt lächelnd die Luft aus und schaut einmal kurz nach links in die andere Richtung, bevor er mich anschaut. „Also … ich liebe dich“,
Er hat es gesagt! Die drei magischen Wörter. Oh mein Gott. „Oh“, ist da das einzige, was mir in den Kopf fällt. Es ist aber kein geschocktes oh, sondern ein oh, dass man immer sagt, wenn man etwas Süßes gesehen hat oder so.
„Ja, sehr süß, ne?“ Jetzt ist die Nervosität von Nathan förmlich zu spüren.
„Ja. Ich liebe dich auch“, Ich schaue ihn an und lächele leicht. Nathan hebt seinen Kopf und grinst breit. Dann umarmt er mich erneut. Nachdem er mich losgelassen hat, grinst er breit und schaut mich an.
„Wow, du riechst voll gut“,
„Ja? Danke“, Ich versuche mein breites Grinsen zu verhindern. Mein Herz schlägt total schnell und mein Körper strahlt lauter Glückshormone aus. Ich meine, er liebt mich!
Dann legt Nathan einen Arm um mich und ich rutsche näher zu ihm heran, um mit ihm zu kuscheln. In dem Moment schießt mir das Bild mit Ethan und mir in den Kopf. Als wir uns das allererste Mal näher gekommen sind, hat er auch seinen Arm um mich gelegt und ich hab mich an ihn gekuschelt. Nur ich hatte noch meine Hand mit seiner freien Hand verschränkt und ab und zu mit seinen Fingern gespielt. Schnell schüttele ich den Gedanken ab und unterhalte mich noch ein wenig mit Nathan.
Dann beschließt er nach Hause zu gehen. Ich begleite ihn noch ein bisschen, da ich dort eh lang muss. Ich habe meine Hände mit seinen verschränkt und wir gehen nebeneinander her, während wir uns unterhalten.
Als wir dann an einer Straßeneinbiegung ankommen, an der ich rein muss, umarmen wir uns nochmal. Dann schauen wir uns eine Weile an und küssen uns. Endlich. Der so ersehnte Kuss ist endlich da. Doch leider endet er viel zu schnell. Wir verabschieden uns und jeder geht dann seinen Weg nach Hause.

Zu Hause angekommen, greife ich nach meinem Handy und wähle Sharleens Nummer. Nach dem vierten Klingeln hebt sie dann endlich ab.
„Und wie war’s?“ meldet sie sich mit einer ziemlich neugierigen Stimme. Natürlich hab ich Sharleen noch schnell eine SMS geschickt, bevor ich mich mit Nathan getroffen hab.
„Also bevor ich dir alles erzähle, will ich erst mal klar stellen, dass Nathan vergeben ist …“, Ich grinse breit, denn ich liebe es meine beste Freundin auf den Arm zu nehmen.
„WAS?“ schreit sie in den Hörer, sodass ich mein Handy schon von meinem Ohr halten muss, um keinen Hörschaden zu bekommen. „Mit wem?“
„Also ich glaub die hieß … Violet Naylor, oder so“, grinsend laufe ich in meinem Zimmer auf und ab. Am anderen Ende des Hörers herrscht Stille.
„Oh mein Gott. Vi! Ihr seit zusammen?“
„Jep“, antworte ich stolz und mein Grinsen wird immer breiter.
„Ah! Vi, ich freu mich so für dich! Du Glückliche! Erzähl mir alles“,
Und von da an, muss ich Sharleen wirklich alles erzählen. Was er gesagt hat und was ich darauf geantwortet habe, bis hin zu dem Kuss, wie er war und so.
Nachdem ich ihr alles erzählt habe, piepst mein Handy und gibt mir zu verstehen, dass ich eine SMS bekommen habe.
„Warte mal eben, Sharleen. Hab ne SMS bekommen“, Ich drücke auf den grünen Hörer und schon wird die SMS mit gesendeten und empfangenen SMS angezeigt. Die Oberste ist die Aktuellste. Von Ethan. Ich schaue leicht verwirrt und öffne dann die SMS.
Ethan: ‚Wie lange bist du noch draußen? :D


Ich: ‚Bin grad wieder zu Hause, kann aber nochmal raus kommen :)


Ethan: ‚Ja bitte wäre cool :D


Irgendwie kommen mir seine SMS wieder komisch vor. So, als würde er wieder was von mir wollen. Ich schicke ihm noch schnell eine SMS, in der steht, dass wir uns am Spielplatz treffen.
„Sorry, Sharleen, aber ich muss wieder auflegen. Ich treffe mich jetzt noch mit Ethan“,
„Was? Mit diesem ARSCHLOCH?“ Mir war klar, dass Sharleen so geschockt reagiert, schließlich hat Ethan erst mich und dann auch noch Ophelia verarscht. Aber Sharleen kann mich einfach nicht verstehen. Aber Ethan und ich haben uns ja ausgesprochen und wollen nochmal ‚neu anfangen‘ – unsere Freundschaft neu aufbauen und dazu gehören auch ein paar Treffen, oder?
„Ja, mit dem“,
„Gott ey. Ich kann dich echt nicht verstehen. Du weißt was er gemacht hat, ne?“
„Ja, weiß ich, Sharleen. Wir reden später drüber“, Und bevor sie mir wieder eine Standpauke halten kann, dass ich doch total bekloppt wäre, drücke ich den Anruf weg und betrachte mich im Spiegel. Okay, so kann ich bleiben. Ich trage nur nochmal etwas Parfum auf, style meine Haare und gehe dann auf die dunklen Straßen. Nach fast jedem Meter, drehe ich mich um, um mich zu vergewissern, dass mich auch ja keiner verfolgt. Ich hab definitiv zu viele Horrorfilme geguckt. Aber was will man machen, wenn man eine Horrorfanatikerin als Freundin hat?
Beim Spielplatz angekommen, setzte ich mich auf eine Tischplatte aus Marmor und warte. Hier war Ethan und mein allererstes Treffen. Und er hat genau hier gesessen, wo ich jetzt sitze. Ich schaue nach oben in die Richtung, in der die Bushaltestelle liegt.
Nach einiger Zeit tauchen im dunklen zwei Gestalten auf, die sich unterhalten. Je näher sie kommen, desto besser kann ich ihre Stimmen entziffern. Die eine gehört zu Ethan, doch die andere kenne ich nicht.
„Ey, Violet. Kann ich meinen Kumpel mitbringen?“ ruft Ethan zu mir herunter.
„Eh nee?“ antworte ich ihm ziemlich schnell. Erstens, ich kenne seinen Kumpel nicht und zweitens habe ich im Dunklen schon Schiss genug. Die beiden verabschieden sich und dann kommt Ethan auf mich zu.
„Hey“, begrüßt er mich und umarmt mich kurz.
„Du hast wieder geraucht“, sage ich und rümpfe die Nase. Ich hasse Raucher. Eigentlich. Aber Ethan ist so lieb, darauf zu achten, in meiner Nähe nicht zu rauchen.
„Ja?“ fragt er und hebt seinen Arm um an seiner Jacke zu riechen. Dann zuckt er mit den Schultern und schaut mich an. „Alles klar?“
„Ja und bei dir?“
„Auch, was hast du heute so gemacht?“
„Nix. Hab mich eben mit Nathan getroffen“, Auf meinen Lippen erscheint wieder dieses verräterische Grinsen.
„Seit ihr jetzt zusammen?“ Kommt es auf einmal von Ethan wie aus der Pistole geschossen.
„Eh ja“, antworte ich, sichtlich verwirrt darüber, dass er es so schnell erraten hat.
„Ah, cool“, sagt er nur und tritt einen Schritt nach hinten. Beziehungsweiße läuft er hin und her.
Ethan und ich unterhalten uns noch eine Weile, wobei ich bemerke, dass er sich manchmal von mir entfernt, so nach dem Motto: ‚Oh sie hat jetzt ‘nen Freund, also komm ihr besser nicht zu nah‘. Dabei will ich Ethan näher bei mir haben. Klingt das jetzt komisch? Ich meine ich hab ja jetzt schließlich einen Freund. Aber … ich denke nicht. Oder?


Zwei



Mittlerweile bin ich schon zwei Wochen mit Nathan zusammen, doch er hat sich kein einziges Mal mehr gemeldet. Was soll das? Gut, eigentlich könnte ich mich auch melden, aber das hab ich immer gemacht (zu mindestens dann, als wir noch nicht zusammen waren) und er soll sich auch mal melden. Verzweifelt greife ich nach meinem Handy und wähle die Nummer von Sharleen.
„Ja?“ meldet sie sich nach einigen Klingeln.
„Hey. Ich muss mit dir reden“, antworte ich und setzte mich auf mein Bett.
„Worum geht’s?“
„Nathan“, murmele ich und beiße mir auf die Unterlippe. Am anderen Hörer ertönt ein genervtes Geräusch.
„Er ist nicht der Richtige, Vi“, Diesen Satz bekomme ich schon zum tausendsten Mal in dieser Woche zu hören. Jeden Tag sagt sie ihn mindestens drei Mal. Ich will es nur nicht richtig wahr haben. Den anderen gegenüber, die mich immer fragen, wie es mit Nathan läuft, tu ich immer so, als würde unsere Beziehung gut laufen, doch das tut sie nicht.
„Hm. Er hat sich immer noch nicht gemeldet“, seufze ich und ziehe meine Beine an meine Brust und umschlinge sie mit meiner freien Hand.
„Und darauf kannst du auch noch lange warten“, antwortet Sharleen leicht genervt. „Er ist echt total feige. Ihr habt euren Beziehungsstatus immer noch nicht geändert. Das kommt so rüber, als würde er dich verheimlichen wollen“,
„Ja, aber er macht das ja auch nur nicht, wegen den blöden Kommentaren, die kommen könnten. Und außerdem … wollen wir nicht, dass jeder ankommt und gleicht direkt meint: ‚Du bist mit Nathan/Violet zusammen? ‘“, lüge ich. Natürlich weiß ich, dass Nathan einfach nur feige ist und nicht zu mir steht, aber ich will es mir einfach nicht eingestehen. Und vielleicht sind da die Lügen eine Hilfe.
„Vi. Das glaubst du doch wohl selber nicht. Außerdem ist das auch genauso schlimm. Wenn er Schiss vor blöden Kommentaren hat, zeigt das doch, dass er nicht zu dir steht“, Im Hintergrund höre ich, wie Sharleen von ihrer Mam gerufen wird.
„Schreib ihm einfach mal ne SMS, Süße“,
„Ja, mal gucken. Muss noch überlegen, was ich ihm schreiben soll“,
„Boah, Vi! Du bist genauso ein Feigling. Piss dich nicht ein, nur weil du ihm eine SMS schreiben musst. Ich mein, ihr seit jetzt zusammen, da sollte dir so etwas nicht peinlich sein!“ Ich habe schon das Bild vor mir, wie Sharleen verärgert ihre Stirn in Falten zieht.
„Schon“,
„Also schreib ihm – jetzt. Ich muss jetzt auch auflegen. Es gibt essen“,
„Ja, okay“, sage ich leise und drücke auf den roten Hörer, um aufzulegen. Dann starre ich auf das beleuchtete Display, bis es sich verdunkelt. Ich drücke auf die Entsperrungstaste und klicke auf das Feld ‚neue Nachrichten‘.
Hey. Du meldest dich echt gar nicht. Langsam glaube ich, dass das so wird wie letztes Mal


Ich lese mir die SMS jetzt schon zum sechsten Mal durch. Mein Finger schwebt unsicher über dem Feld ‚Senden‘. Ich drücke darauf und lasse meinen Finger dort erst mal verweilen. Dann aber lasse ich los und die SMS wird gesendet. Schnell lege ich mein Handy beiseite, kneife meine Augen zusammen und wünsche mir, ich hätte die SMS nicht abgeschickt.
Bin ich echt so feige? Ich lasse mich in mein Kopfkissen fallen und starre die weiße Decke über mir an. In dem Moment blinkt mein Handy auf und zeigt mir an, dass ich eine neue Nachricht habe.
Ja sorry. Ich hab auch kein Bock ständig nach Bonn zu fahren. Aber wenn du damit nicht leben kannst, dann eben nicht!!!


Die SMS versetzt mir einen krassen Schock. Ich sitze mittlerweile wieder kerzengerade in meinem Bett und starre auf die Zeilen, die ich soeben schon gelesen habe. Wieso ist er denn jetzt auf einmal so zu mir? Hat er jetzt Schluss gemacht oder was? Unkontrolliert rollen mir ein paar Tränen über die Wangen. Warum hat er das geschrieben?
Du kannst dich ja aber auch mal per SMS oder so melden


Ich versuche, dass sie SMS etwas sanftmütiger klingt, damit er nicht direkt wieder so eine Agro-SMS schreibt. Ich schlucke und sende die SMS ab. Danach wische ich mir meine Tränen mit dem Handrücken weg, obwohl das nichts bringt, da direkt wieder neue kommen. Ich lege mich wieder hin und starre die Holzbalken über mir an der Wand an und betrachte deren Konturen.
Jetzt warte ich schon fast 20 Minuten auf eine Antwort, doch es kommt keine. Doch in dem Moment vibriert mein Handy. Schnell greife ich danach und öffne die SMS.
Und? :*


Seufzend lege ich mein Handy beiseite. Die SMS ist nur von Sharleen. Ich lege mein Handy wieder neben mein Kopfkissen, schalte das Licht aus und ziehe meine Decke bis zu meinem Kinn. Dann rollen mir noch ein paar Tränen über die Wangen, dann schließe ich die Augen und versuche meine Gedanken über Nathan zu vertreiben, damit ich einschlafen kann.

Am nächsten Tag sitze ich total entmutigt im Matheunterricht und drehe meinen Kuli auf dem Tisch hin und her. Meinem Mathelehrer, der uns das neue Thema erklärt, höre ich gar nicht zu. Wie auch? In meinen Gedanken ist eh nur die einen Fragen: Warum hat er sich nicht mehr gemeldet? Hat er meine SMS überhaupt bekommen? Hat er mit der letzten SMS Schluss gemacht?
„Huhu, Vi?“ Sharleen piekt mir mit ihrem Ellbogen in die Rippen.
„Autsch“, fluche ich leise und schaue sie finster an. „Was ist?“
„Ich hab dich was gefragt“, sie verdreht ihre Augen und schaut mich an.
„Ja und was?“
„Ob du Nathan geschrieben hast“, Bei seinem Namen zucke ich leicht zusammen und schlucke schwer.
„Ja“, murmele ich leise und starre an die Tafel vor mir, was allerdings nicht so leicht ist, da mein guter Freund Dave mit seinem dicken Kopf einen Teil der Tafel verdeckt. Mit Dave verstehe ich mich schon etwas länger. Ihm kann ich auch alles erzählen, ohne das er es weiter erzählt. Er wusste auch schon damals, dass ich auf Nathan stehe und andersrum. Natürlich zieht er es manchmal ins lächerliche und will immer wissen, ob wir uns schon geküsst hätten und ob wir es schon hatten (ihr wisst was ich meine!). Aber so ist Dave nun mal. Typisch Junge eben.
„Und?“ hakt Sharleen nach.
Ich krame mein Handy aus meiner Jackentasche und öffne den Posteingang, um ihr die SMS zu zeigen, die ich von ihm erhalten hab.
„So ein Arschloch. Was hast du denn geschrieben?“
„Das ich denke, dass unsere Beziehung so wird, wie letztes Mal“,
„Und dann rastet er so aus?“ Sharleen schüttelt verständnislos den Kopf. Ich zucke als Antwort nur kurz mit den Schultern.
„Was hast du denn danach geschrieben?“
„Das er sich auch mal per SMS oder so hätte melden können“,
„Und er?“ fragt sie mich weiter aus. Sharleen ist ein recht neugieriges Mädchen.
„Nichts“, antworte ich knapp und male ein paar Vierecke mit meinem Kuli an den Rand meines Mathehefts.
„Was? Echt jetzt?“
Ich nicke nur leicht und drehe meinen Kuli zwischen meinem Daumen und meinem Zeigefinger hin und her. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Sharleen verständnislos den Kopf schüttelt.
„Dann musst du Nathan eben nochmal schreiben“,
„ICH? Wieso denn ich?“ Ich lege meinen Kuli beiseite und schaue sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Irgendwie muss ich mich immer melden. Immer. Er tut das nie“,
Sharleen zuckt mit den Schultern. „Ja, das stimmt auch. Aber bis der sich meldet, könnten Jahre vergehen“,
Ich schlucke lautlos und starre auf mein Matheheft.
„Also musst du ihm wohl schreiben“,
„Jaja, mach ich auch“, antworte ich und schiebe meinen Kuli hin und her.
„Sharleen und Violet. Wenn ihr etwas zu sagen habt, dann sagt es doch bitte laut, damit es jeder mitkriegt“, ermahnt uns unser Mathelehrer, den ich sowieso nicht leiden kann, was er auch dummerweise dank meiner Mam weiß.
Ich nicke nur als Antwort und schaue meinen Mathelehrer dann die ganze Stunde weiterhin an.

Nachdem ein paar Tage vergangen sind, schreibe ich Nathan wieder eine SMS.
Hey. Hast du meine SMS letztlich nicht bekommen? Also ich hab vielleicht ein bisschen überreagiert, aber ich will das auch mal etwas in meinem Leben perfekt ist und naja.


Mit einem Seufzen und unter dem strengen Blick meiner Freundin Sharleen, schicke ich die SMS ab. Momentan übernachte ich für drei Tage bei ihr, da meine Mam mit meiner älteres Schwester und meinem älteren Bruder in New York ist. Ich sitze im Schneidersitz auf dem Gästebett und schaue auf den laufenden Fernseher.
Dann leuchtet mein Handy, das vor mir liegt, in dem Moment auf.
Ja okay, das verstehe ich. Aber du musst es mal realistisch sehen. Das mit uns klappt nicht, da ich so wenig Zeit habe, weil ich so oft weg bin. Und dadurch hätte ich auch weniger Zeit für dich …


Ich drehe mein Handy und zeige Sharleen die SMS.
„Kannst du vielleicht was schreiben? Aber noch nicht abschicken, ich muss es mir vorher durchlesen“, Ich reiche Sharleen mein Handy und schon tippt sie los. Nach ein paar Minuten grinst sie breit und reicht mir wieder mein Handy. Ich starre auf das Display. Ich sehe nur meinen Hintergrund, aber keine getippte SMS.
„Sharleen!“ Ich vermute schon etwas Schlimmes. „Du hast die SMS doch jetzt nicht etwas abgeschickt, oder?“ Ich starre mit offenem Mund auf mein Handy und öffne schnell alles gesendeten Nachrichten.
Schon. Aber du könntest dich ja auch mal öfters per SMS melden. :* oder auch mal anrufen :). Ich denke, dann wird das klappen. :*


„SHARLEEN!“ schreie ich sie an, muss aber dennoch grinsen. Bei Sharleen muss ich eigentlich immer vorsichtig sein, wenn sie für mich eine SMS schreibt, denn sie schreibt nie das, was ich eigentlich will.
Damals hab ich ihr auch mein Handy gegeben, damit sie Nathan etwas schreibt, weil ich nicht wusste, was ich schreiben soll. Nachdem sie mir dann mein Handy zurückgegeben hat, hab ich nachgeschaut, was ich geschrieben hab. Und was schrieb sie?
Ich mag Wodka


Das war mir in dem Moment echt sowas von peinlich, aber auch zu Recht! Welcher bekloppte Mensch schreibt denn bitte jemanden so ganz plötzlich, dass er Wodka mag?
Naja, jedenfalls bin ich jetzt gerade auch nicht recht mit der SMS zufrieden.
Dann blinkt mein Handy auf.
Ok


Ich verdrehe genervt meine Augen und schaue Sharleen an.
„Nur ein ok!“ Ich schalte meine Tastensperre ein und lege mein Handy wieder beiseite. Sharleen schüttelt mit dem Kopf. Genau dann klingelt ihr Handy.
„Oh, Leon ruft an. Ich telefonier nur eben ne halbe Stunde. Du kannst ja solange TV gucken“,
Sie nimmt den Anruf an und verlässt sofort das Zimmer, um in ihr eigenes zu gehen. Leon ist Sharleens Freund. Er hat ihr ein Tag, bevor ich mit Nathan zusammen gekommen bin, gesagt, dass er sie liebt, seitdem sind sie ein Paar.
Ich schaue ihr kurz nach, dann drehe ich mich auf den Bauch und schaue auf die Reportage von Galileo, die dort im Moment im Fernseher läuft. Warum kann Nathan nicht so sein wie Leon? Sollte ich vielleicht echt Schluss machen? Nein, nein. Vielleicht ändert sich da ja noch was. Vielleicht.


Drei



Schon seit sieben Uhr an einem Samstag bin ich wach und jetzt sitze ich in einem Auto, das total nach Rauch stinkt. Ich sitze hinten auf der Rückbank und Sharleen vor mir auf dem Beifahrersitz. Es wird eine CD abgespielt, auf der eigentlich nur spanische Lieder drauf sind.
„Wer zuerst das Schild vom Phantasialand sieht!“ Sharleen hat sich zu mir nach hinten umgedreht und grinst breit. Manchmal sind wir beide noch wie kleine Kinder, aber das stört uns nicht.
„Okay“, Ich strecke ihr leicht die Zunge raus und gebe ihr zu verstehen, dass ich eh wieder gewinne. Da wir noch nicht in der Nähe vom Phantasialand sind, schaue ich solange aus dem Fenster und höre der Musik nur leicht zu. Das Phantasialand ist ein ziemlich bekannter Freizeitpark, in den relativ viele gehen. Sharleen und ich gehen dort jedes Jahr einmal zusammen hin. Da wir jetzt Oktober haben, haben wir sehr wahrscheinlich das Glück, das dort sehr wenig los sein wird. Zwar ist das Wetter bis jetzt nicht ganz so gut, aber es kann ja noch gut werden.
„Da ist ein Schild. Ich habe es zuerst gesehen“, jubelt Sharleen und ich sehe ihr Grinsen durch den Rückspiegel.
„Tz. Ich habe es zuerst gesehen“,
„Ich hab es aber zuerst gesagt“, Sharleen grinst breit und schaut nach draußen. Ich schüttele grinsend den Kopf.
Nach weiteren zehn Minuten, biegt Sharleens Vater auf den Parkplatz des Freizeitparkes ein. Vor uns erstreckt sich der große Freefallturm, den Sharleen und ich so lieben. Wir verabschieden uns von Sharleens Vater, bezahlen unsere Eintrittskarten und betreten dann den Freizeitpark.
„Endlich sind wir wieder hier“, Sharleen schreit es fast und ich fange an zu lachen. Da wir recht früh dran sind, hat noch keine der Attraktionen geöffnet, daher stellen wir uns bei der Achterbahn Black Mamba an. Die extremste Achterbahn im Phantasialand. Direkt am Anfang kommt ein Looping und danach folgen einige Spiralen. In der Achterbahn hat man keinen Boden unter den Füßen, sondern die Sitze hängen nur oben an den Schienen.
Nachdem endlich Eintritt ist, beschließen Sharleen und ich in die allererste Reihe zu setzten. Dort sieht man am besten und wir beide saßen noch nie dort, da man dort am längsten anstehen muss, da relativ viele dort sitzen wollen.
Das Licht verdunkelt sich und die Musik wird lauter und schon weiß man, dass es los geht. Aus Spaß schrei ich kurz erfreut auf. Danach geht die Fahrt endlich los.

Jetzt sind wir schon mindestens fünf Stunden im Phantasialand.
„Okay, jetzt gehen wir nochmal auf River Quest“, schlägt Sharleen vor und geht den Weg nach oben zu der folgenden Attraktion.
„Ach auf einmal? Vorhin hast du dich doch noch beschwert, dass du so nass wurdest“, lachend folge ich ihr. River Quest in eine Wasserattraktion. Dort sitzt man in Reifen in die mindestens neun Leute hinein passen. Da zu dieser Jahreszeit kaum jemand mit den Wasserreifen fährt, können wir direkt durch gehen.
Nach der ersten Fahrt können wir sitzen bleiben und nochmal fahren. Doch es steigen zwei Jungs zu uns ein. Einer ist klein und sieht aus wie ein Türke. Der andere ist etwas größer und hat eine schwarze Surferfrisur. Sharleen und ich unterhalten uns ein wenig, während ich ein wenig angespannt, wegen den Jungs, bin. Dann fahren wir in den großen Fahrstuhl, der uns zum ersten und höchsten Berg bringt, bei dem man am nassesten wird.
„Ich wette ich werde wieder total nass“, jammere ich.
„Habt ihr etwa Angst?“ fragt jetzt der Typ mit der Surferfrisur.
„Nein, überhaupt nicht“, antworte ich lachend und schaue in seine Augen. Dann bewegt sich der Fahrstuhl nach oben und gibt nach einer Weile den Blick auf den Berg hinab.
„Oh mein Gott!“ Sharleen kreischt fast und umklammert ihre Tasche. Dann fahren wir den Berg nach unten. Natürlich dreht sich der Reifen so, dass Sharleen und ich mit dem Rücken nach unten fahren. Ich schreie leicht und bücke mich ein wenig, damit ich nicht so viel Wasser abbekomme. Doch dann klatscht eine ganze Ladung kaltes Wasser auf mich herab. Relativ nichts bleibt an mir trocken.
„Ah. Ich bin total nass“, flucht Sharleen und streift ihr Haar nach hinten. Ich schaue sie kurz an und dann an mir herunter.
„Was soll ich denn bitte sagen?“ lachend wische ich mir das Wasser aus dem Gesicht.
Nach der Fahrt müssen wir vier leider wieder aussteigen, da neun weitere Leute in den Reifen hinein wollen.
„Noch ne Runde?“ fragt Sharleen mich und grinst breit.
„Ach, ich hätte auch Lust zu“, mischt sich der kleinere Junge von den beiden ein. Also beschließen wir beide mit den Jungs noch ne Runde zu fahren.
Mit den Jungs fahren wir beide anschließen noch mindestens vier Mal mit den Wasserreifen, bis wir klitsch nass sind und genug haben. Trotzdem verabschieden wir uns nicht von den beiden, sondern verbringen noch den Rest des Tages mit ihnen zusammen.
Mittlerweile haben wir rausgefunden, dass die beiden Jeremy heißen und beide Italiener sind.
Nach der letzten Attraktion müssen Sharleen und ich dann leider gehen. Vor dem Ausgang der Achterbahn verabschieden wir uns von den beiden. Wir wollen eigentlich gerade gehen, als Jeremy, der mit der schwarzen Surferfrisur, mich anspricht.
„Kann ich deine Nummer haben?“ Er grinst leicht verlegen und schaut mich fragend an.
„Nee …“, antworte ich, aber überlege es mir dann doch nochmal. „Aber du kannst mir deine geben“,
„Ja okay, so geht es auch“, grinsend holt er sein Handy raus und diktiert mir seine Handynummer.
„Okay, ich schreib dir dann. Tschüss“, lächeln verabschiede ich mich von den beiden und gehe mit Sarah lachend den Weg zum Ausgang entlang.

Nachdem wir wieder bei Sharleen zu Hause sind, schlüpfen wir erst mal aus unseren nassen Sachen heraus.
„Dieser eine Jeremy wollte aber echt mal was von dir“, grinsend wirft Sharleen ihre Sachen auf ihr Sofa.
„Welcher?“
„Der mit der Surferfrisur. Den nennen wir jetzt einfach Jeremy 1“, beschließt Sharleen grinsend und schlüpft in ihre Jogginghose.
„Hä? Wieso meinst du?“ frage ich nach und ziehe mir ebenfalls meine Jogginghose über.
„Erst mal, er hat dich nach deiner Nummer gefragt und bei der Black Mamba habe ich mitbekommen, wie die beiden diskutiert haben, wer neben wem sitzt. Und Jeremy 1 wollte nun mal neben dir sitzen. Hast du das nicht mitbekommen?“
„Nö“, antworte ich und schüttele den Kopf.
Auf der Rückfahrt habe ich Jeremy dann eine SMS geschrieben und wir haben uns gegenseitig bei Facebook gesucht, damit wir noch heute Abend miteinander schreiben können.
„Aber, Vi, du weißt, du hast ‘nen Freund“,
„Ja. Ich find Jeremy eben einfach nur lustig und so“,
„Okay, ich wollte nur sicher gehen“, Sharleen greift nach ihrer Haarbürste und kämmt sich ihre nassen, zerzausten Haare durch. Nickend packe ich den Rest meiner Sachen in die große Tasche, die ich zu Sharleen mitgenommen habe. In ca. fünfzehn Minuten kommt meine Mam und holt mich ab.
„Auf jeden Fall war’s ein guter Tag“, sagt Sharleen und grinst wieder.
„Oh ja, das war er“, stimme ich ihr zu und lasse mich lächelnd auf ihr Sofa fallen. Er war sogar sehr gut. Vor allem weil die beiden Jeremys dabei waren.

Zu Hause angekommen, logge ich mich sofort in Facebook ein und sehe, dass ich eine neue Freundschaftsanfrage habe. Und zwar von Jeremy Angelosanto. Lächelnd nehme ich die Freundschaftsanfrage an und sehe, dass er online ist.
Jeremy: Hey :)

.
Er hat es anscheinend auch gesehen. Lächelnd antworte ich ihm.
Ich: Hey (:


Jeremy: Ich war vorhin auch noch nass. -.- :D


Ich: Ja ich auch :D


Jeremy: Was machst du so? :)


Ich: Ach nichts und du? (:


Jeremy: Auch nichts. Hast du eigentlich einen Freund? :)


Die Zeilen springen mir praktisch ins Gesicht. Hast du einen Freund?

Ich beiße mir auf die Unterlippe und schlucke heftig. Werde ich jetzt ‚ja‘ schreiben, werde ich vielleicht den Kontakt verlieren. Aber eigentlich führe ich ja keine richtige Beziehung, also ist es auch nicht schlimm, wenn ich nein sage, oder? Ich starre auf den flimmernden Bildschirm und lege meine Hände auf die Tastatur.
Ich: Nö ;)


Tippe ich anschließend und schicke es auch noch ab. Nervös knabbere ich an meiner Unterlippe. Sharleen muss es ja nicht erfahren und Nathan auch nicht.
Fuck, aber irgendwie komm ich ja jetzt schon wie ein Flittchen rüber.
Jeremy: Ah *-* :)


Ich atme kurz tief ein und aus und antworte ihm dann anschließend.
Ich: Ja :)


Danach schreiben Jeremy und ich noch eine längere Zeit, bis er offline muss, weil sein Dad sonst das Internet ausschaltet. Er verspricht mir mit seinem Handy online zu kommen. Während ich warte, fahre ich durch meine Haare und schaue auf meinen Bildschirm. Mein Blick hat sich leicht verfinstert, da ich über seine Frage von eben und über meine Antwort nachdenke. Dann stehe ich ruckartig auf und gehe ins Bad, um mich abzuduschen. Manchmal stelle ich mir einfach vor, dass das Wasser all meine negativen Gedanken hinunterspült und wie Dreck entfernt. Ich drehe das warme Wasser auf und lasse den Wasserstrahl auf mich niederprasseln.
Du bist ein kleines Flittchen. Ein Flittchen. Flittchen. Flittchen

, hallt es in meinem Kopf.
Ich raufe meine Haare und kneife meine Augen fest zu. Ich will kein Flittchen sein, verdammt. Ich balle meine Faust und lasse sie leicht gegen die Wand von der Dusche schnellen und stütze mich anschließend so an ihr ab.
Der Gedanke will einfach nicht verschwinden, bis es sich so anfühlt, wie ein Flash der durch meinen Kopf zuckt.
Verdammt, du bist aber ein Flittchen

, Violet!





Vier



Jetzt sind ein paar Tage nach diesem Vorfall vergangen. Mit Jeremy habe ich weiterhin noch geschrieben und immer dann war das schlechte Gewissen verschwunden. Das schlechte Gewissen kam immer danach. Sharleen weiß noch nichts davon und ich werde es ihr besser auch nicht sagen. Und Nathan erst recht nicht.
„Na, wie läuft’s so mit Nathan?“ werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Ich schaue zu Emily, die neben mir sitzt und auf meine Antwort wartet.
„Eh, gut“, Ich zwinge mir ein Lächeln ins Gesicht und hoffe, dass Emily, auch Em genannt, es nicht bemerkt.
„Habt ihr euch eigentlich nochmal getroffen? Nee, oder?“ hakt sie nach und zieht ihre Stirn leicht in Falten.
„Eh doch“, lüge ich schnell und grinse gezwungen. „Das hab ich dir glaub ich noch gar nicht erzählt“,
„Ja“, Em zwinkert mir zu und wirft einen kurzen Blick auf ihren Bildschirm, der immer noch am laden ist. Wir sitzen gerade alle in unserer Schule im Computerraum und müssen etwas über ein Thema rausfinden, das zum Antietatismus gehört. Em hat sich, während ihr Computer noch am hochfahren ist, zu mir herüber gebeugt, um sich ihre Langeweile zu vertreiben.
„Warum habt ihr euren Beziehungsstatus in Facebook eigentlich noch nicht geändert?“ hakt sie nach. Ich hasse diese Frage, denn ich weiß nie, was ich auf der Stelle darauf antworten soll.
„Ach, wir haben keine Eile“, Ich grinse kurz. „Wir haben keine Lust, das gleich jeder ankommt und uns vollfragt“, Alles gelogen.
„Ah ja“, Em zieht ihre Augenbrauen nach oben und widmet sich wieder ihrem Computer zu, um das Internet zu öffnen.
Ich drehe mich ebenfalls zu meinem Computer um und öffne mit zitternden Händen ebenfalls das Internet. Ich lebe mit Lügen. Lügen, bei denen ich wünschte sie wären keine. Lügen, die nur ein Leben ausmalen, dass ich gerne hätte.

Am Abend sitze ich mit meinem Laptop unten im Wohnzimmer und habe nebenbei den Fernseher laufen. Parallel bin ich noch in Facebook, um mit Sharleen und natürlich Jeremy schreiben zu können. Dazu bekomme ich noch ein paar SMS von Em, die anscheinend Langeweile hat. Ich habe mich gerade wieder gemütlich auf das Sofa gesetzt, als mein Handy wieder vibriert.
„Schnauze“, murre ich es an und lehne mich zurück. Ist eh nur ne SMS von Em. Die kann auch eben mal kurz warten. Ich greife nach meiner Nagelpfeile und feile meine Fingernägel und schaue dem nächsten Kandidaten zu, der sich bei ‚Das Supertalent‘ beworben hat.
Nachdem die Werbung begonnen hat, greife ich nach meinem Handy, um die SMS zu lesen. Doch statt ‚Em‘ steht dort ‚Schatz‘.
Mit Herzklopfen öffne ich die SMS und lese sie mir durch.
Hey. :* Hast du am Wochenende noch Zeit? :*


In dem Moment setzt mein Herzschlag aus. Nathan hat sich gemeldet und hat mich gefragt ob ich Zeit habe. Ah! Bevor ich antworte, teile ich das erst mal meiner besten Freundin Sharleen auf Facebook mit.
Hey :). Am Samstag hab ich noch Zeit. :*


Mit einem Lächeln im Gesicht schicke ich die SMS ab. Mein Herz klopft total schnell und meine Glückhormone sprudeln nur so aus mir heraus. Am liebsten würde ich jetzt schreiend im Wohnzimmer herum hüpfen, während ich mein Handy gegen die Brust presse, doch dann würden meine Mam und meine Schwester ziemlich dumm gucken. Stattdessen grinse ich einfach nur weiter und warte auf Nathans Antwort.
Wollen wir da vielleicht shoppen gehen? :))


Natürlich will ich. Dazu kann ich doch nicht nein sagen! Aber ich glaube ich muss. Ich habe kein Geld, um mir etwas zu kaufen.
Aber ich habe doch gar kein Geld. :o


Direkt danach bekomme ich seine Antwort.
Oh. Kannst du dir denn nicht vielleicht welches besorgen? :)


Seufzend lehne ich mich zurück und schaue meine Mam an.
„Mama, würdest du mir nochmal Geld fürs shoppen geben?“ frage ich und setzte meinen lieben Hundeblick auf.
„Nein, du warst erst vor kurzem“, antwortet sie, ohne ihren Blick von dem Fernseher zu nehmen.
Nee sorry. :(


Tz, dann gehe ich eben alleine :)


Lachend schüttele ich den Kopf und antworte sofort.
Nee, du gehst nicht alleine :p


Ich lege mein Handy wieder auf den Tisch und setzte mich im Schneidersitz davor und warte auf Nathans Antwort.
Nach zwei Minuten habe ich noch immer keine Antwort. Ich logge mich aus Facebook aus und gehe nach oben, da es Zeit ist ins Bett zu gehen, da ich morgen wieder Schule habe. Ich lege mein Handy neben mein Kopfkissen, schalte das Licht aus und lege mich hin. Ich starre an meine dunkle Decke und kann einfach nicht einschlafen, da ich darauf warte, dass Nathan nochmal antwortet.
Doch es kommt und kommt einfach keine neue SMS.
Irgendwann bin ich dann doch so müde, dass ich meine Augen schließe und direkt in einen tiefen Schlaf falle.

Dring, dring!


Ich stöhne genervt und schalte meinen Wecker aus. Ich blinzele verschlafen und schaue mich um. In meinem Zimmer ist es noch komplett dunkel. Ich schlage die Bettdecke beiseite und schlurfe müde ins Bad, wo ich mir erst mal eine warme Dusche gönne. Danach schlüpfe ich in meine Sachen, die ich mir am vorherigen Tag schon raus gelegt habe. Das muss ich immer machen, sonst würde ich morgens zu lange zum überlegen brauchen. Danach schminke ich mich ein wenig und trage etwas Parfum auf. Dann ziehe ich mir meine Boots und meine neue Winterjacke an, binde mir meinen Rundschal um und schnappe mir mein Pausenbrot. Dann verlasse ich das Haus.
Heute ist Freitag, das bedeutet morgen ist Samstag und morgen will sich Nathan mit mir treffen – beziehungsweise er wollte, aber ob das Treffen jetzt noch steht? Schließlich hab ich ihm ja geschrieben, dass ich kein Geld mehr habe und das ist ja quasi eine Ablehnung.
Als ich im warmen Bus sitze, schaue ich nach draußen und lasse meine Gedanken weiter schweifen.
An der Schule angekommen steige ich aus und gehe durch die Kälte ins Schulgebäude. Dort halten sich schon viele Schüler auf, die durch den riesigen Gang der Schule laufen und sich über die neusten News unterhalten.
„Vi!“ ruft jemand und ich brauche mich noch nicht Mals umdrehen, denn ich weiß auch so, dass es Sharleen ist. Sie kommt auf mich zugerannt und umarmt mich schwungvoll.
„Hast du gestern noch lange mit Nathan geschrieben? Trefft ihr euch denn jetzt? Und was macht ihr bei eurem Treffen? Erzähl mir alles!“
„Man bist du heute morgen wieder hyperaktiv“, lachend gehe ich mit ihr den Gang zu den Treppen, die nach oben führen, entlang. „Also ich weiß nicht wie das mit dem Treffen ist“,
„Hä, wie du weißt nicht?“ Sharleen schaut mich verwirrt an.
„Er wollte mit mir shoppen gehen, aber ich hab ja kein Geld mehr“,
„Vi“, seufzt Sharleen und geht die Treppen hoch. „Ihr könnt doch was anderes in der Stadt machen“,
„Stimmt, eigentlich schon“,
„Frag ihn doch heute nochmal“, sie zwinkert mir zu und lehnt sich gegen eine kahle Wand vor dem Klassenraum. Wir haben jetzt Geschichte.
Nachdem der Lehrer die Tür aufgeschlossen hat, gehen Sharleen und ich zu unseren Plätzen nach ganz hinten. Vor uns sitzen Dave und Taylor, meine zwei Lieblingsjungs aus meiner Klasse.
„Na?“ begrüßt uns Dave und lässt sich schwungvoll auf seinen Platz fallen. „Wie läuft es denn so mit Nathan?“
„Ach ganz gut“, antworte ich und lächle diesmal ungezwungen. Schließlich läuft es eigentlich ganz okay. Nicht gut, aber okay. Ich meine, er hat mich gestern gefragt, ob ich Zeit habe und immerhin hat er ein Zeichen von sich gegeben.
„Trefft ihr euch mal?“ hakt Dave nach und kramt in seiner Tasche nach seinem Geschichtsordner.
„Ja, morgen“, Ich grinse Dave breit an.
„Uh lala“, antwortet Dave und lacht leise. Dann dreht er sich nach vorne, damit er nicht, wie so relativ jeden Unterricht, da wir immer am quatschen sind, Ärger bekommt.
Ich hole mein Handy aus meiner Jackentasche und lege es vor mich auf den Tisch. Natürlich liegt mein Mäppchen davor, damit es meine Geschichtslehrerin nicht sieht.
Hey :). Was ist denn jetzt mit morgen?


Ich sende die SMS ab und lasse mein Handy weiterhin auf dem Tisch liegen. Dave und Sharleen sind derweil wieder in ein Gespräch vertieft. Dave zieht sie wieder mit irgendwelche Sachen, die mit ihrem Freund Leon zu tun haben, auf. Natürlich nur zum Spaß. Allerdings versteht Sharleen den nicht immer, aber heute schon.
Da vibriert mein Handy, wobei es ziemlich hörbar ist. Taylor dreht sich zu mir um, entdeckt das Handy und schüttelt den Kopf.
„Violet, Handy weg!“ ruft er laut durch die Klasse, um mich ein kleines bisschen zu ärgern. Ich schaue ihn streng an und drücke ihn ein wenig weg, damit er sich wieder umdreht. Leicht lächelnd schüttele ich den Kopf und öffne die SMS.
Keine Ahnung …


Sofort verschwindet mein Lächeln. Ich hasse es, wenn jemand keine Smileys macht. Dann kommt mir derjenige immer so uninteressiert und gelangweilt vor, als hätte derjenige keinen Bock auf den anderen.
Schlag mal was vor, was wir machen können :)

‘ antworte ich trotz allem und schiebe mein Handy direkt vor mein Mäppchen. Ich wende meinen Blick in Richtung Tafel und tu so, als ob ich aufmerksam zuhöre.
Kein Plan…

‘ kommt als Antwort wieder zurück.
Einfallsloser Junge :p


In dem Moment kommt meine Lehrerin auf mich zu. Schnell schicke ich die SMS ab, stelle die Tastensperre ein und stecke mein Handy zurück in meine Jackentasche.

„Sharleen, er hat immer noch nicht geantwortet“, jammere ich und lehne meinen Rücken gegen die kalte Fensterscheibe hinter mir. Wir sitzen auf einer Holzbank im großen Gang unserer Schule, die vor einer riesigen Fensterscheibe steht. In meinen Händen halte ich mein Handy, das ich die ganze Zeit hin und her drehe.
„Der konnte bis jetzt einfach noch nicht drauf schauen“, Sharleen zwinkert mir leicht zu und zieht ihre Tasche auf ihren Schoß, da sich jemand neben sie auf die Bank setzten möchte.
„Ja, vielleicht. Und was wenn nicht?“ Ich überschlage meine Beine, lehne meinen Kopf hinter mir auf die Fensterscheibe und schaue zu den vielen Schülern, die sich aneinander vorbeiquetschen und mit ihren Freunden quatschen.
„Du machst dir einfach viel zu viele negative Gedanken“, antwortet Sharleen darauf und schaut mich durchdringend an.
„Ja, das kann sein, aber ich sehe es nun mal realistisch“, murmele ich leise und stoße lautlos die Luft aus.
„Nein, tust du nicht“, Sharleen streicht sich eine Haarsträhne hinters Ohr und bewegt ihre Füße leicht nach vorne und nach hinten.
Ich gebe nur ein brummendes Geräusch von mir und beiße mir auf die Unterlippe. Das mache ich immer, wenn ich nicht weiter weiß, nervös oder aufgeregt bin. In diesem Fall ist es, weil ich nicht mehr weiter weiß.
„Wenn er bis heute Abend nicht mehr gemeldet hat, dann kannst du rumjammern und wütend auf ihn sein und sonst noch alles“, sagt Sharleen nickend und schlägt ihre Beine ebenfalls übereinander.
„Ja, aber wenn er sich bis dahin nicht gemeldet hat, dann wird das ja vielleicht gar nichts mit Samstag. Aber ich will ihn auch nicht ständig fragen, was denn jetzt ist, denn ich will ihn doch nicht nerven“,
„Wenn er dich wirklich liebt, dann nervst du ihn nie“, antwortet Sharleen darauf und schaut mich wissend an, während sie eine Haarsträhne um ihren Finger wickelt.
„Naja, ich weiß nicht …“,
„Du weißt nie!“ Sharleen macht eine große Handbewegung, die ich allerdings nicht deuten kann.
Darauf antworte ich nichts mehr, sondern starre einfach weiter in die Menschenmasse vor uns. Dann erklingt das Klingeln der Schulglocke, das sagt, dass die Pause vorbei ist.
„Och nee, jetzt haben wir Französisch“, stöhnt Sharleen genervt, hängt sich ihre Tasche um die Schulter und steht auf.
Als Antwort verdrehe ich die Augen und schwinge meinen Hintern von der Holzbank.


Fünf



Mittlerweile haben wir schon wieder Montag und das heißt auch neun Stunden Schule. Genervt lasse ich mich auf die Holzbank neben meine Freundin Em fallen. Neben ihr sitzt eine weitere Freundin, namens Rose, von mir.
Ach ja, was Samstag war – nichts. Nein, überhaupt nichts. Nathan hat sich nicht mehr gemeldet. Seufzend drücke ich meinen Kopf gegen die Fensterscheibe und schaue auf die gegenüberliegende Wand von mir. Währenddessen unterhalten sich Em und Rose ein wenig.
„Ey, Violet, dein Freund ist hier!“ werde ich aus meinen Gedanken gerissen. Ophelia läuft winkend und leicht ironisch grinsend an mir vorbei.
Nein, Nathan ist nicht gemeint, sondern Ethan. Ihn habe ich schon vor ein paar Minuten auf dem Schulhof getroffen. Sein Freund Jim grinst mich immer blöd an, sobald er mit Ethan zusammen ist. Jim ist Ethans bester Freund und er wusste natürlich darüber bescheid, was wir damals gemacht haben. Dann kommt Jim immer direkt zu mir, stupst mich an und sagt dann immer: „Na, Violet? Wie läuft’s so mit dem Ethan?“
„Ja, ich weiß“, antworte ich Ophelia und lächle gezwungen zurück. In dem Moment drehen sich Ems und Roses Köpfe zu mir um.
„Nathan ist hier?“ fragt Rose neugierig und beugt sich ein wenig über Em, damit sie besser mit mir reden.
Ich grinse leicht und schüttele den Kopf. „Nein. Sie meinte mit meinem Freund den Ethan“,
„Hä? Wieso den Ethan?“ hakt Rose verwirrt nach und zieht eine Augenbraue in die Höhe.
„Um mich ein wenig aufzuziehen, da sie Stress mit dem Hand. Und ich glaub sie weiß gar nicht, dass ich mit Nathan zusammen bin“, nicke ich leicht lächelnd und weiche ihrem Blick aus.
„Ja, weil ihr es ja nicht öffentlich macht“, Em schüttelt augenverdrehend den Kopf.
„Nicht?“ fragt Rose geschockt. Ich bin zwar mit Rose befreundet, aber ich erzähle eher Sharleen und Em so ein paar Sachen über die Liebe. Rose ist eine Person, der ich immer erzählt hab, dass mit Nathan alles gut läuft.
„Nö“, antwortet Em für mich und schaut mich ein wenig streng an.
„Das ist der Grund warum ich mit meinem Ex Schluss gemacht habe“, sagt Rose und lehnt sich wieder gegen die Fensterwand.
„Ja, ich weiß“, murmele ich leise.
„Warum macht ihr es denn nicht öffentlich?“ fragt Rose über die Schulter von Em hinweg.
„Weil er kein Bock auf dumme Kommentare hat und so“, sage ich ziemlich leise und versuche mich ein wenig aus der Situation rauszureden.
„Er steht einfach nicht zu dir“, antwortet Em und streift ihre Haare nach hinten. Bei den Worten bildet sich immer ein Klos im Hals, da es ja stimmt, aber ich will es mir nicht wirklich eingestehen. Ich meine, wer will das schon?
In dem Moment kommen Jim und Ethan lachend um die Ecke.
„Ah, Violet!“ ruft Jim und grinst mal wieder dämlich. „Wie läuft es denn mit dem Ethan so?“
Ich verdrehe die Augen, aber muss auch leicht grinsen. Rose schaut Ethan derweil ziemlich finster an. Sie kann ihn halt nicht leiden.
„Komm, Ethan“, sagt Jim grinsend, greift nach Ethans Arm und zieht ihn direkt neben mich. Ich rücke ein wenig beiseite, damit sich Ethan nicht direkt auf mich setzt.
„Hör mal, Jim. Violet ist mit Nathan zusammen“, sagt Ethan leise und wirft mir einen leichten Blick zu.
„Mit Nathan? Nathan ist schwuuuuul“, Jim zieht das Wort fürchterlich in die Länge.
„Ich hab letztlich mit Nathan geredet, Violet“, Ethan hat sich mir zugewendet und schaut mich an. Sofort stelle ich meine Tasche auf die Bank und stehe auf, während ich Ethan kurz ein Stückchen zur Seite zu ziehen, um mit ihm unter vier Augen zu reden.
„Was habt ihr geredet?“ frage ich neugierig und schaue Ethan an. Eigentlich immer, wenn Ethan mit Nathan geredet hat, ist es etwas Negatives.
„Also ich hab den am Samstag, da hab ich ein Spiel für die gepfiffen, gefragt, ob du und er zusammen wärt und er meint, dass ihr nicht zusammen seit“, antwortet Ethan und schaut mich forschend an.
Ich wende meinen Blick kopfschüttelnd ab und beiße mir auf die Unterlippe.
„Und am Samstag wollte ich den auch noch treffen“, Ich schüttele immer noch den Kopf, da ich es nicht fassen kann, dass Nathan mich wirklich verheimlicht, bzw. verleugnet.
„Oh. Lass dich nicht von dem verarschen, Violet“,
„Ja, ich weiß. Sagen viele“,
„Aber denk noch diese Woche noch drüber nach und mach nicht direkt Schluss. Ich will nicht, das wegen mir ne Beziehung kaputt geht“,
„Was gibt es da denn noch zu reden? Der verleugnet mich!“ Ich schaue Ethan streng an und kreuze meine Arme vor meiner Brust zusammen.
„Wir können ja mal wann anders miteinander reden, wenn der Jim nicht dabei ist“,
Ich nicke als Antwort. „Meldest du dich dann?“
„Ja“, Ethan nickt lächelnd und wir beide gehen zusammen zur Bank zurück, an der Ethan Jim mit sich nimmt und die beide den Gang weiter entlang gehen.
„Boah, Rose. Wie du geguckt hast“, antwortet Em lachend. „Ungefähr so“, Em zieht ihre Augenbrauen tiefer, damit sie einen etwas wütenderen Blick bekommt.
„Stimmt“, stimme ich leicht lachend zu, obwohl mir nicht zum lachen zu mute ist.
Warum verleugnet Nathan mich? Und ob es überhaupt stimmt, was Ethan erzählt? Manchmal hab ich das Gefühl, dass er ihn und mich auseinander bringen will, damit er wieder ein Mädel mehr zum rummachen hat, aber ich weiß es nicht genau. Ich beiße mir auf die Unterlippe und überschlage meine Beine.
In dem Moment kommt Sharleen vorbei. Ich springe von der Bank auf und packe sie schnell am Handgelenkt und ziehe sie dahin, wo ich eben noch mit Ethan stand.
„Du glaubst nicht, was Ethan mir grad erzählt hat“, Ich schaue Sharleen leicht säuerlich an.
„Ethan“, grummelt Sharleen und ihr Blick verfinstert sich leicht. „Was denn?“
„Er meinte, dass Nathan ihm gesagt hätte, dass wir gar nicht zusammen wären! Er verleugnet mich!“ Ich verschränke meine Arme vor der Brust.
„Arschloch“, flucht Sharleen ziemlich laut. „Sag ich ja. Er ist nicht der richtige. Mach Schluss“,
„Habe ich auch vor“, murmele ich leise und versuche ein paar Tränen zu unterdrücken.
„Oh, Vi, bitte jetzt nicht heulen“, Sharleen hat ihre Augen etwas weiter geöffnet.
„Ja“, Ich grinse leicht. „Ist nur ein bisschen schwer und so“,
„Violet!“ Jim, der gerade mit Ethan an uns vorbei geht, grinst breit.
„Boah, Jim. Verpiss dich“, rufe ich ihm zu, bevor er noch zu uns kommt. Ethan, der neben ihm geht, schaut mich leicht besorgt und entschuldigend an. So nach dem Motto, dass es ihm leid tut, was Nathan macht. Ich schüttele leicht den Kopf und wende mich dann wieder Sharleen zu.
„Weißt du, so einfach ist das nicht“, seufze ich leicht. „Schließlich stand ich ziemlich lange auf ihn. Dann sind wir endlich mal zusammen und dann muss ich Schluss machen“,
„Ich verstehe dich ja, aber es ist so besser für dich“, Sharleen lächelt mir aufmunternd zu.
„Dann werd‘ ich das wohl machen. Ethan meinte auch, ich soll mich von dem nicht verarschen“,
„Verdammt. Da muss ich ihm mal recht geben“,
Ich lache leicht über Sharleens Gesichtsausdruck. Das Lachen tut schon ein wenig gut.
„Komm, wir gehen jetzt rüber. Die achte Stunde fängt jetzt eh gleich an“, Sharleen zieht die Griffe ihrer Tasche wieder höher, da sie ihr soeben runtergerutscht sind.
„Ja, komme“, nickend gehe ich zu Em und Rose rüber, hole meine Tasche und verabschiede mich mit einer kurzen Umarmung von ihnen.

„Na, wie läuft’s mit deinem Freund?“ Dave sitzt auf dem freien Tisch neben mir und tippt was auf seinem ach-so-tollen Handy, mit dem er immer angibt, rum.
„Hö? Du hast ‘nen Freund?“ Eric dreht sich auf seinem Stuhl verwirrt zu mir um. „Wen?“
„Ach ist doch egal“, murmele ich, muss dennoch etwas grinsen.
„Hallo? Wer denn?“ fragt Eric immer weiter. Er ist ein ziemlich neugieriger Junge.
„Ich mach doch eh Schluss“,
„Wieso?“ fragt jetzt auch Dave, der mittlerweile sein Handy wieder in seine Hosentasche gesteckt hat.
„Eh … weil er mich verleugnet?“
„Soll ich den schlagen?“
„Nee, sei nicht so hart zu dem“, Ich grinse Dave breit an. Er war immer bereit Nathan zu schlagen, doch ob er es wirklich durchziehen würde, weiß ich nicht.
„Wen denn überhaupt?“ mischt sich Eric wieder ein. Unser Lehrer ist im Moment nicht im Klassenzimmer und daher macht eh jeder was er will.
„Vi, also du sagst er verleugnet dich, aber du machst doch grad dasselbe“, Meine Freundin Maren, die neben mir sieht, schaut mich an.
„Schon, aber …“,
„Sag doch jetzt einfach wer“, unterbricht Eric mich und hat seinen rechten Arm auf meinen Tisch gelegt.
„Darf ich’s sagen, Violet?“ Dave schaut mich grinsend an.
„Och, mach doch“, genervt schaue ich zurück und beobachte weiterhin das Geschehen.
„Es ist … Nathan!“ verkündet Dave relativ laut, sodass sich auch einige in der vorderen Reihe umdrehen.
„Nathan?“ fragt Eric und schaut mich grinsend an. „Nathan ist cool“,
Eher nicht, antworte ich in Gedanken und forme meine Hände zu Fäusten. Eric hat sich wieder nach vorne umgedreht und macht an seinen Aufgaben weiter.
„Wann machst du denn mit Nathan Schluss?“ Maren schaut mich neugierig an.
„Weiß noch nicht. Aber bald denke ich mal“, sage ich nickend und schaue auf meinen Tisch.
„Ey, das ist voll traurig“, Eric hat sich wieder umgedreht und schaut mich an.
„Was?“ frage ich.
„Jetzt weiß ich das mit Nathan seit zehn Minuten und dann machst du mit ihm Schluss“, Eric zieht einen kleinen Schmollmund und dreht sich wieder um.
„Ha ha“, sage ich sarkastisch, muss aber dennoch wegen seinem Spruch ein wenig grinsen.
„Ich weiß noch nicht Mals, wie ich Schluss machen soll“, sage ich, an Maren gerichtet.
„Du machst einfach so“, beantwortet Dave meinen Satz, schnappt sich mein Englischheft, schlägt sie letzte Seite auf, greift nach meinem Tintenkiller und zieht einen langen Strich über diese Seite. „Einfach so einen Schlussstrich ziehen“, grinsend geht Dave nach vorne zu seinem Platz, da unsere Englischlehrerin wieder gekommen ist.
Ich greife mir wieder mein Heft und schaue nachdenklich auf den blauen, langen Strich.
„Klar, so werde ich auch Schluss machen“, murmele ich leise, schaue den Strich nochmal an und schlage dann mein Heft zu.

- Meine ersten drei Kapitel, das Vierte habe ich auch schon fast fertig. Die anderen werden jetzt bald kommen. Hoffe es hat euch bis hier hin schon mal gefallen :) -

Impressum

Texte: Das Buch handelt um mein eigenes Leben - es ist also nichts kopiert. Nur die Namen wurden durch meine Hand geändert. Die Recht liegen allein bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 03.12.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch an alle, die in diesem Buch vorkommen und es auch dadurch ermöglicht haben, dass es dies überhaupt gibt. Und auch an die, die ihr Leben kompliziert finden. Mais, c'est la vie.

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