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Kapitel 1



Der Regen prasselte lautstark gegen mein Dachfenster und der Wind drückte gegen das Dach und pfiff durch die kleinen Lücken in dem Fenster. Meine Augen fühlten sich geschwollen an und taten weh. In meinem Kopf hämmerte es, als ob jemand von innen mit einem Borer durch meinen Kopf gelangen wollen würde. Ich lag die ganze Nacht wach und ich hatte kein Auge zu bekommen. Wie auch, wenn die Mutter von einem vor ein paar Tagen erst bei einem schrecklichen Unfall gestorben ist und man denkt, man sei dran schuld.
Schnell vertrieb ich mir den Gedanken, damit meine Augen nicht wieder wässrig wurden und mein Umfeld nicht zu verschwimmen scheinen würde. Ich schlug die Bettdecke zur Seite und schon umfasste mich die Kälte, die in meinem Zimmer herrschte. Als würde sie mich festhalten und nie wieder los lassen wollen. Noch total müde, kroch ich aus meinem Doppelbett und taumelte zum Schrank hinüber. Ich zog meinen Lieblingspullover mit dem Aufdruck I LOVE PARIS, den ich extra eine Nummer zu groß gekauft hatte, damit ich mich schön in ihn hinein kuscheln konnte, und meine helle Röhrenjeans aus meinem Schrank heraus. Ich zog mir meine Jeans über beide Beine und streifte mir dann noch schnell meinen Pulli über, damit mich die Kälte nicht noch weiter umfasste. Die Suche nach den passenden Schuhen viel mir nicht schwer, denn ich hatte momentan nur ein Paar, dass ich gerne trug. Meine grauen Boots. Diese standen in einer Ecke meines Zimmers und warteten darauf, dass ich sie anzog. Geschickt schlüpfte ich in sie hinein und zog dann meinen schwarzen Koffer aus einer Ecke hervor. Ich legte ihn auf den Boden, kniete mich davor und öffnete ihn. Da mein Schrank schon offen stand, riss ich einfach alle Sachen, die in den vordersten Reihen der Regale lagen, heraus und stopfte sie achtlos in meinen Koffer hinein. Die Sachen, die ich irgendwann mal ganz nach hinten gestopft hatte, ignorierte ich einfach, da ich sie eh nicht mehr trug. Nach einer Zeit quollen meine Sachen schon aus dem Koffer heraus. Daher setzte ich mich auf ihn drauf und versuchte mich etwas schwerer zu machen. Der Koffer ließ sich gerade so noch schließen. Dann stand ich auf, stellte den Koffer wieder gerade hin und ging zu meinem kleinen Tisch, auf dem all meine Schminksachen standen. Ein Spiegel mit schönen Verzierungen stand ebenfalls darauf und hatte seinen Rücken gegen die Wand gelehnt. Ich zog den Hocker heran und setzte mich auf ihn drauf. Als ich mich im Spiegel sah, erschrak ich lautlos und rückte etwas näher heran, um mich besser betrachten zu können. Wie ich vermutet hatte, waren meine Augen angeschwollen und hatten einen leicht rötlichen Farbton, da ich die Nacht zu viele Tränen vergossen hatte. Das Rötliche konnte ich nicht wegschminken, aber ich hoffte, dass man die Schwellungen verschwinden lassen konnte.
» Joy? Unser Dad will wissen, ob du fertig bist? « drang die gedämpfte Stimme meines älteren Bruders Flo, eigentlich Florian, durch die Holztür.
» Er ist nicht mein Dad, Flo. « knurrte ich. Schon der Gedanke daran, dass der Mann, namens Joe, mein Dad sein sollte, machte mich wütend. Ich hatte damals jeglichen Kontakt abgebrochen, als ich verstanden hatte, dass er meine Mam früher im Stich gelassen hatte, als ich noch nicht geboren war. Er meinte damals, dass ihm ein zweites Kind zu viel wäre. Kurz nachdem meine Mam gestorben war, hatte er sich auf einmal gemeldet und wollte sich zu uns nehmen. Ich hatte mich strikt geweigert, da ich seine neue Familie nicht kennen lernen wollte. Ich hatte mich so lange geweigert, bis Joe nachgab und uns nun auf ein Internat in Seattle schickte. Er schickte uns nach Seattle, da er auch dort wohnte und man dort auf diesem Internat einen guten Abschluss machen konnte. Trotzdem wollte ich nicht dorthin. Ich wollte aber auch nicht zu Joe ziehen. Ich wollte einfach hier bleiben, bei meinen jetzigen Freunden und hier in diesem gemütlichen Haus, auch wenn es einige Macken hatte.
» Joy. « Die Stimme meines Bruders wurde lauter. » Ist das jetzt nicht egal? «
Manchmal hatte ich den Eintrug, dass Flo froh darüber war, dass wir nach Seattle zogen. Und dass sich Joe endlich mal gemeldet hatte. Ich war diejenige, die sich mit Joe über unser nächstes zu Hause herum stritt. Flo hielt sich daraus und steuerte keinen jeglichen Kommentar bei. Schnell trug ich ein wenig Schminke auf, schob den Stuhl zurück und ging zu meinem Koffer. Mit einem Seufzer, das über meine Lippen glitt, umklammerte ich die Henkel meines Koffers, schritt zur Tür und öffnete diese.
» Sag Joe, dass wir los können. « Mit einem lauten Quietschen schloss ich meine Zimmertür hinter mir. Da ich noch den Koffer mit nach unten ziehen musste, war Flo schneller als ich.
Als auch ich endlich unten angekommen war, wartete mein Vater schon im Wohnzimmer auf mich. Er trug einen langen schwarzen Mantel, der ihn ganz einhüllte. Aus dem Mantel ragten zwei lange Beine hinaus, die in eine dunkelblaue Jeans gekleidet waren. Seine Schuhe waren ebenfalls schwarz und aus Lack.
» Dann können wir ja endlich los. « Joes Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken. Er strich noch einmal über die antiken Bilderrahmen, auf denen Flo und ich als Kinder noch zu sehen waren. Auch meine Mam war darauf abgelichtet. Ich nickte nur und hielt den Koffer immer noch in meiner Hand.
» Er sieht ein wenig schwer aus. « Joe zeigte auf meinen Koffer, der, wie er vermutete, ziemlich schwer war. » Soll ich ihn dir abnehmen? «
» Nein, dass schaffe ich schon selber. « Somit trug ich ächzend meinen schweren Koffer nach draußen vor den schwarzen Mercedes (naja, tragen konnte man dazu nun wirklich nicht mehr sagen. Ich zerrte ihn eher hinter mir her). Der kalte Regen tropfte auf meine Sachen und hinterließ nur kleine dunkelblaue Punkte auf meinem Pullover. Die Regentropfen, die auf mein Gesicht fielen, kullerten langsam meine Wangen hinunter. Während Flo und ich unsere Koffer in den Kofferraum stopften, schloss Joe die Haustür ab und kam danach schnell zu uns geeilt, damit er nicht zu sehr nass wurde. Ich kroch lieber auf die Rückbank des Autos, denn so war ich nicht die ganze Zeit Joes Blicken ausgeliefert. Ich presste meine Knie gegen den Fahrersitz und versuchte mich zu entspannen. Flo setzte sich ebenfalls nach hinten und schloss die Autotür hinter sich. Joe musterte uns noch einmal kurz durch den Spiegel, wobei ich meinen Blick abwandte und aus dem Fenster schaute. Mit quietschenden Reifen fuhr Joe aus der Einfahrt und gab kräftig Gas, wobei ich leicht in den Sitz gedrückt wurde. Die Straße, die zu unserem Haus führte, war ziemlich holperig, doch der Mercedes schien förmlich über den Asphalt drüber hinweg zu gleiten. Meine Muskeln waren angespannt, auch meine Gesichtsmuskeln konnte ich, bei dem Gedanken, dass ich demnächst in einem Internat wohnen würde, nicht locker lassen. Flo dagegen wirkte ziemlich locker, denn er hatte seinen MP3-Player hervor geholt und wippte mit dem Kopf zu der Musik, die er hörte. Ich machte es ihm gleich und kramte ebenfalls meinen iPod aus meiner Hosentasche hervor. Ich steckte mir meine knallpinken Ohrstöpsel in die Ohren, wählte mein Lieblingslied aus und schaltete meinen iPod auf volle Lautstärke. Ich strich mir ein paar nasse Haarsträhnen aus dem Gesicht, während ich weiterhin aus dem Fenster starrte. Draußen huschten die Häuser rasend schnell vorbei und die Bäume schienen miteinander verschmolzen zu sein. Auch die Regentropfen, die sich an dem Fenster ansammelten, glitten schnell über die kalte und leicht beschlagene Fensterscheibe hinüber.
Während der ganzen Fahrt schien Flo sich oft mit Joe zu unterhalten, denn er bewegte ab und zu mal seine Lippen, während er nach vorne schaute. Sollte sich Flo ruhig mit ihm unterhalten. So kam Joe wenigstens nicht auf den Gedanken mich auch mal ansprechen zu wollen. Ich legte meinen Kopf leicht an die kühle Fensterscheibe und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Ich vermisste meine Mam sehr und ich wollte so sehr, dass sie noch leben würde. Dann müsste ich jetzt nicht auf so ein blödes Internat gehen. Plötzlich wurden mir meine Ohrstöpsel aus den Ohren gerissen. Nun hörte man nur noch ganz leise die Musik aus den Ohrstöpseln, die jetzt auf meinem Schoss lagen.
» Hey! « protestierte ich und schaute zu Flo rüber, der mir die Ohrstöpsel aus den Ohren gerissen hatte. Da merkte ich erst, dass wir nicht mehr fuhren, sondern auf der Stelle standen. Joe schaltete den Motor ab und stieg aus dem Auto aus.
» Wir sind da. « murmelte Flo und schaute aus dem Fenster zu dem Internatsgebäude. Das Gebäude war riesig und sah kunstvoll aus. Die Backsteine waren weiß und wiesen keine Risse vor. Der Rasen, der sich um das Gebäude ausbreitete, sah so aus, als ob jeder Grashalm gleich lang war. Das Gebäude wurde von einer hohen, dicken Mauer, ebenfalls aus weißen Backsteinen, umrandet. Am Eingang streckte sich ein riesiges Eisentor in die Höhe, an dem mit verzierten, ebenfalls silbernen Buchstaben der Name des Internates stand: St. Andrews. Als ich ausstieg, konnte ich das Gebäude noch besser sehen. Und es sah unglaublich aus. Es schien so, als hätte es keine Macken und als wäre es ordentlich gepflegt.
» Na, dass hier ist ja mal ein geiler Schuppen. « seufzte Flo und griff sich seinen Koffer, den Joe schon längst auf den gepflasterten Bürgersteig gestellt hatte. Auch ich umgriff mit meinen Fingern den Henkel meines Koffers.
»Benehmt euch, habt ihr mich verstanden? « Joe stand vor uns und schaute uns beide an. Du hast mir gar nichts zu sagen, schoss es mir durch den Kopf, doch ich sprach es nicht laut aus. Stattdessen murmelte Flo für uns beide ein leises ja. Seufzend breitete er seine Arme aus und wollte uns beide umarmen, doch gekonnt wich ich schnell einen Schritt zurück. Ich wollte nicht seinen Atem in meinem Nacken spüren oder seine Hände auf meinem Rücken. Joe ließ seine Arme senken und stieß lautstark die Luft aus.
» Na gut. Dann wünsche ich euch viel Glück und habt Spaß. « sagte er, ging schnell ums Auto herum und stieg in sein Auto hinein. Wunderbar. Er konnte es wohl kaum erwarten bis er uns los hatte. Mit einem letzten Winken, startete er den Motor und fuhr davon. Seufzend straffte ich meine Schultern und drehte mich wieder zu dem Gebäude um. Das Eisentor stand offen und so konnten wir ohne Probleme den Innenhof des Internates betreten. Auch dort gab es die ordentlich, gepflegten Rasen. Vier Flächen um genau zu sein. Eine wurde von einem großen Baum verziert, dessen Blätter leicht herab gesenkt waren und im Sommer Schatten spendeten. Direkt unter dem Baum stand eine Bank ganz aus Marmor. Da es endlich aufgehört hatte zu regnen und die Sonne wieder hervor schaute, konnte man das Internat noch besser betrachten. Einige Schüler, die älter schienen als ich, hatten ihren Rücken gegen die Mauer gelehnt, oder lagen auf dem Gras und unterhielten sich. Vier Wege, die ebenfalls ordentlich gepflastert waren, gab es in dem Innenhof. Drei davon führten zu weiteren Türen, durch die man ins Innere des Gebäudes gelangen konnte. Flo und ich gingen einfach weiter gerade aus, auf eine Tür zu, die die größte von allen schien. Wir schoben die Holztür mit Mühe auf und betraten dann den Raum. Er hatte eine hohe Decke, an der eine Lampe herab hing. Die Wände waren weiß tapeziert und wurden von Bildern, auf den Leute oder Landschaften gezeigt wurden, geschmückt. Ich staunte nicht schlecht. Hier innen sah alles so nobel und schön aus, dass man schon Angst hatte, irgendetwas anzufassen und Schmutz zu hinterlassen. An einer Wand führte eine lange Treppe nach oben ins erste Stockwerk. Sie bestand ganz aus Holz und ein roter Teppich schmückte die, ansonsten langweiligen Treppenstufen. Ich schaute mich weiter um und entdeckte einen Schüler, der lässig an der Wand lehnte, und mit einer Schülerin quatschte. Er hatte schwarzes, etwas längeres Haar, das ihm manchmal ins Gesicht viel. Sein Gesicht war makellos und er hatte schöne Lippen, die ein wunderschönes, schiefes, Lächeln umspielte. Er hatte schöne braune Augen, die einen leichten Rot stich hatten. Er trug ein weißes Hemd, dessen Ärmel er leicht nach oben geschoben hatte. Um seinen Nacken baumelte lässig eine schwarze Krawatte, was an ihm richtig gut aussah und dazu auch noch erwachsen. Auch hatte er noch eine etwas weitere, schwarze Hose an und schwarze Lackschuhe. Seine Arme hatte er vor der Brust verschränkt und er lachte leicht. Das Mädchen, das vor ihm stand, hatte mir den Rücken zugedreht und ich konnte sie deshalb nicht ganz sehen. Sie hatte langes blondes Haar, das sich leicht wellte. Sie trug einen schwarzen Faltenrock, der ihr fast bis zu den Knien reichte und einen grässlichen dunkelgrauen Pulli dazu, unter dem ein weißes Oberteil leicht hervorschaute. Aber das schlimmste waren die grauen Kniestrümpfe und die Lackschuhe.
Mittlerweile hatte Flo schon einen weiteren Schüler, der sich hier im Raum befand, nach dem Weg zur Schulleitung gefragt. Er sagte, er würde uns den Weg zeigen, also schnappte ich mir wieder meinen Koffer und folgte ihm. Er ging schneller als wir, denn er musste nicht die schweren Koffer tragen. Außerdem ging er auch noch aufrecht. Der Junge hatte hellblaue Augen. Auch diese hatten einen leichten Rot stich, der bei ihm deutlicher zu sehen war, als bei dem Jungen eben im Flur.
» Ihr seid wohl neu hierher gekommen. « Er warf einen kleinen Blick über die Schulter, um uns zu mustern. » Ich bin Sean Collister und ihr? « Sean führte uns durch einen langen Gang. Die kleinen Wandlampen erzeugten nur wenig Licht und es war selten ein Fenster zu sehen.
» Ich bin Florian Carter und das ist meine kleine Schwester Joy Carter. « beantwortete Flo die Frage und folgte ihm weiterhin.
Ich warf einen wütenden Blick zu Flo. » Ich bin nicht klein. « zischte ich leise zu ihm herüber. Obwohl es eigentlich nur Flo hören konnte, da er direkt neben mir ging, zog Sean belustigend beide Mundwinkel nach oben.
Er führte uns direkt zu einer großen Holztür. Er hob seine Hand und klopfte leicht dagegen und ein freundliches „Herein“ ertönte.
» Miss Sullivan. « begann Sean mit einer ruhigen lauten Stimme zu sprechen. » Hier würde sie gerne jemand sprechen. «
Ich verschluckte mich fast an meiner eigenen Spucke, als ich das Wort gerne aus seinem Mund hörte. Ich wollte nur ungern hierher. Statt es meinem Gesicht anzeigen zu lassen, setzte ich ein gut gespieltes Lächeln auf. Der Raum hatte nur kleine Fenster, die Licht spendeten. Die ganzen Wände wurden von großen Regalen, mit Ordnern und Papieren, verdeckt. In der Mitte des Raumes stand ein Schreibtisch, der von Papieren, Stiften und Büchern bedeckt wurde, so dass man ihn gar nicht sehen konnte. An dem Tisch saß eine Frau mit schwarzen schulterlangen Haaren und einer schlanken Figur. Sie trug eine weiße Bluse und eine dunkelblaue Jeans.
» Ah. « Die dunkelroten Lippen der Frau umspielten ein Lächeln. » Ihr müsst wohl Florian und Joy Carter sein. « Miss Sullivan stand auf und kam zu uns herüber. Sie gab uns beide die Hand und schenkte uns ein warmes Lächeln. Danach ging sie zu einem der Regale. In diesem befanden sich einige Schubladen, von denen sie eine öffnete und zusammengefaltete Sachen herauszog. Nein, durchschoss es mich. Das waren doch jetzt nicht ernsthaft die Schulkleidungen.
» Dies ist die Schulkleidung. « Damit bestätigte Miss Sullivan meinen Gedanken. Zögernd nahm ich die Sachen entgegen. » Ihr solltet sie jeden Tag tragen, außer natürlich an den Wochenenden. Und dieses hier… « Miss Sullivan ging wieder zurück zu ihrem Schreibtisch und holte aus einer weiteren Schublade zwei dicke Stapel Papier, die sie uns ebenfalls in die Hände drückte. » …ist die Schulordnung. Ihr müsst sie euch durchlesen und natürlich auch einhalten. Okay? «
Flo und ich nickten beide, wie synchron. Sean stand immer noch, neben einem weiteren Mann, der wie Miss Sullivans persönlicher Bodyguard aussah, im Raum. Der Mann neben ihm hatte die Hände vor der Brust verschränkt und schaute mit einer leicht strengen Miene zu uns herüber, was an ihm eigentlich gar nicht so schlecht aussah. Dann gab Miss Sullivan uns noch unsere Zimmernummern und kehrte uns den Rücken zu.
» Ich glaube, damit ist alles geklärt. « sagte Miss Sullivan noch und ging zu ihrem Schreibtisch zurück. » Ach ja, Sean? « Sie drehte sich noch einmal um. Sean wurde jetzt hellhörig, denn er schaute jetzt mit einem erwartungsvollen Blick zu der Direktorin.
» Ja, Miss Sullivan? «
» Zeige unseren Neuankömmlingen bitte, wo sich ihre Zimmer befinden. « Miss Sullivan lächelte ihn kurz an und ging dann zurück zu ihrem Schreibtisch.
» Okay, dann folgt mir erneut. « Sean grinste uns leicht an und wir folgten ihm aus dem Büro. Wir verließen das Gebäude und gelangten wieder auf den Innenhof des Internates.
» Okay. Der Mädchentrakt ist links und der Jungentrakt rechts. « Sean zeigte jeweils in die Richtungen, in die wir zu gehen hatten. Dann wendete er sich an mich. » Du musst einfach durch die Tür gehen und dann nach rechts, dann kommen die Zimmer. Ich denke mal, dass du dein Zimmer finden müsstest. Ich gehe mit deinem Bruder mit, denn ich wollte so oder so auf mein Zimmer. «
» Klar, so orientierungslos bin ich schon nicht. « antwortete ich, verabschiedete mich von den beiden und ging über den gepflasterten Weg zu der hölzernen Tür, die in den Mädchentrakt führte. Ich drückte die schwere Tür auf und gelangte in einen Gang, dessen Wände aus braunen Backsteinen bestanden. An den Wänden hingen nur kleine Lampen, dessen Licht leicht flackerte. Der Boden bestand aus einem dunklen Holz, das aber teilweise von einem purpurroten Teppich bedeckt wurde. Ich ging weiter geradeaus und gelangte nach wenigen Schritten zu einer Glastür, die momentan offen stand. Ich ging durch sie hindurch und sah schon die ersten Zimmertüren. Die Türen bestanden aus einem edlen, dunklen Holz und die Zimmernummern hatten einen schönen Schwung und waren leicht golden angemalt. Das Licht im Flur wurde immer noch nicht heller. Es war aber immerhin so hell, dass man die Zimmernummern erkennen konnte. Der Flur hatte mehrere Abbiegungen, die ich entlang ging, während ich die Zimmernummern genauestens studierte.
Auf einmal hörte ich wie die Stimmen von einigen Mädchen näher kamen. Als sie mich kommen sahen, musterten sie mich für einen Augenblick und gingen dann kichernd weiter. Na toll. Das fing ja schon mal gut an.
Dann anschließend hatte ich mein Zimmer gefunden. Ich stellte meinen Koffer ab und schaute mit leichtem Herzklopfen auf die mit Gold angemalte Zimmernummer. Dann drückte ich die Türklinke nach unten, die dabei kein einziges Quietschen erzeugte, wie bei meiner Tür in meinem alten zu Hause. Bei dem Gedanken seufzte ich und hielt für einen kurzen Moment in meiner Bewegung inne. Dann aber stoß ich die Tür auf und helles Licht, das durch ein großes Fenster schien, blendete meine Augen. Ich blinzelte kurz und ließ meine Augen erst mal an das Licht gewöhnen, bevor ich mich in dem Zimmer umschauen konnte.
Das Zimmer war groß und geräumig. Es standen zwei Betten, jeweils an einer Seite des Zimmers. Jedes Bett hatte einen kleinen Nachtisch mit einer Nachtischlampe. In Bett wurde von einer pinken Bettdecke bedeckt, daraus schloss ich, dass dieses Bett schon belegt war. Unter dem Fenster stand ein Tisch, auf dem unzählige Blätter und Bücher herum lagen. Und in der Mitte des Zimmers lag ein großer, weißer, flauschiger Teppich. Leise schloss ich die Tür hinter mir und stellte den Koffer beiseite. Meine Zimmergenossin hatte auf ihrem Schreibtisch einen kleinen antiken Bilderrahmen stehen, in dem ein kleines Bild zu sehen war. Drei Personen waren darauf zu sehen. Ein Mädchen mit blondem schulterlangem Haar und die beiden Elternteile von dem Mädchen. Als ich die Mutter des Mädchens betrachtete, schluckte ich lautstark und ich musste mit den Tränen kämpfen. Rücklings steuerte ich auf mein Bett zu. Als ich die Bettkante an meinen Waden spürte, ließ ich mich fallen und wurde von der Matratze, dem Kissen und der Bettwäsche weich aufgefangen. Für einen kurzen Moment schaute ich von meinem Bett aus, aus dem Fenster. Tja. Das würde nun meine neue Heimat werden.

- Fortsetzung folgt -

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 06.01.2011

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