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Ich wusste dass wir sieben Uhr hatten und dies ohne auch nur meine Augen aufzumachen. Nein ich war keine Magierin, ich hatte nur die Schritte meiner Krankenschwester gehört. Frau Liebges, sie war genau das Gegenteil ihres Namens. Sie war gemein, fies und ließ alles Schlechte auf uns ab. Dem jungen Mann aus Zimmer 306 hatte sie sogar gesagt, solle er sich doch umbringen, seine Frau hat ja eh noch mal geheiratet. Der junge Mann sprang paar Tage danach von dem Gebäude C und niemand konnte sagen warum er sich umgebracht hatte. Niemand außer den Patienten und Ihr. Ich hörte wie der quietschende Wagen vor meiner Tür zum stehen kam. Ich hörte wie ihre Schritte in meine Richtung kamen. Sie räusperte sich laut und wartete dass ich aufstand und die Medikamente einnahm. Ich aber tat so als schliefe ich noch. Ein Grinsen breitete sich in mir aus, ich würde mich noch zur Wehr setzten. Ich hatte nicht vor hier mein Leben zu verbringen. Sie berührte mit ihrer warmen großen Hand meinen Rücken und sprach leise zu mir. < Aufstehen, hatten wir das nicht schon paar Mal gehabt >. Sie schüttelte sanft an meiner Schulter und jetzt zog sie meine Decke weg und schüttelte stärker. Ich gab einen Seufzer von mir. < Sie geben nie auf, wie ´? > ein Lächeln bildete sich in ihrem ovalen Gesicht. Ihr gelblicher Ton und ihre zu schrumpelige Haut die sich über Ihr Gesicht spannte ließen drauf deuten dass sie sich wohl wieder gebräunt hatte. Und zwar künstlich. Nicht schön, waren meine Gedanken. Ich nahm die großen Tabletten und schluckte sie mühevoll. Ich hustete auf und blickte sie flehend an. < Ach ja ich habe in Ihrer Akte nach gesehen. Sie sind in bester Verfassung dieses Medikament zu nehmen, ich muss Ihnen das kleinere und leichtere nicht bringen.> sie sagte das schroff und kalt. < Ja Sie müssen nicht, aber ich bitte sie drum. Das würde mir es erleichtern sie zu nehmen. > Die Frau schnaubte auf und dies klang so gemein und bösartig wie ich es noch nie gehört hatte. < Und was hätte ich davon. > Sie ging davon. Sobald sie weg war rannte ich zur Toilette und spuckten die Medikamente hinein und spülte runter und fragte mich wie wohl ihre Reise aussehen würde. Und ob sie an einen besseren Ort kamen als diesen, dies bezweifelte ich.
Ich huschte zu meinem Schrank zog wie immer eins meiner Kleidchen an und rutschte immer wieder über den Boden. Mein Lieblings Kleid war in der Wäsche also gab ich mich mit dem zufrieden. Es war weiß, unten waren viele schöne Blümchen. Ich zog meine Latschen an und hüpfte fröhlich in den Versammlungsraum. Wie jeden Morgen war ich eine der letzten und so bekam ich nur die Hälfte mit. Aber ich hoffte inständig darauf, dass Adrian mir wie immer einen Platz frei hielt. Ich kam schnaufend und nach Luft schnappend an, weil ich gerannt war. Adrian lächelte sein warmes lächeln und seine Augen strahlten. Ich mochte dieses Lächeln sehr. Ich kam zu ihm und durch wuschelte seine Haare und boxte ihn leicht in den Arm. Sein Lachen verschwand und er wurde auf einmal ganz ernst. < Mach das ja nie wieder! > < Sonst was ´?> scherzte ich. < Dann werde ich dich verfluchen.> < Das nehme ich in Kauf >. Wir lachten auf und versuchten auf das Gerede von den Menschen vorne zu achten. Sie sollten unsere Motivation anheben uns wieder aufbauen. Doch alles was sie höchstens erreicht hätten währe wenn sich ein Schimpanse am Hintern kratzen würde. Adrian atmete schwer und langsam. Ich kannte ihn schon lange. Seit meiner Einweisung, nein meinen Einweisungen. Drei Mal. Und er war immer da, er redete über sein Leben außerhalb nicht gerne. Ich kannte sein Lachen, diese Kuhlen wenn er lächelte. Und wenn er nervös war biss er sich auf die Unterlippe, die etwas fülliger war als die obere. Aber seine tiefsten Gedanken kannte ich nicht. Mich kannte er fast auswendig und was kennst du von ihm, fragte ich mich plötzlich. Meine Gedankengänge waren so mit Angst und Misstrauen verseucht dass ich diese Invasion nicht aufhalten konnte. Mich traf es auf einmal. Ich schaute ihn von der Seite an und er merkte meinen Blick sagte aber nichts. Sein trauriges Schweigen machte mich fertig, mir fiel auf das unsere Freundschaft eher oberflächlich war. Aber wenn man sehr lange Zeit ‘’Hier’’ verbrachte, dann brauchte man Menschen um sich. Egal ob normale oder genau solche wie man selbst. Mein Herz schlug auf, bei dem Wort Freunde, schauderte alles in mir. Meine letzten Freunde waren nicht die beste Erinnerung. Ich versuchte das Bild zu verdrängen aber es kroch auf. Ich sah wieder Blut und Ihre Köpfe nach hinten geneigt, weil sie schon gestorben oder bewusstlos waren. Der Schock packte mich, ich suche krampfhaft nach dem Grund für Ihren Tod. Sehe Schusslöcher, sehe Munition. Aber keine traf mich, glaubte ich damals. Ich blicke hoch zum Dach und sehe diese dunkle grau verzerrte Gestalt auf dem Dach aber die Art wie diese Person die Waffe hielt. Ein Hinknien und darauf die Waffe. Der Schmerz in meiner Brust ist schwer zu deuten. Überall auf mir Blut, ich bin verwirrt ist es meins oder ihres. Und dann schaue ich diese Silhouette an und sie nimmt die Brille ab und ich sehe eindeutig diese funkelnden grellen blauen Augen. So strahlend dass sie wieder zu schön für einen Mörder scheinen.
Mich traf das sehr. Mein Inneres begann zu zittern und ich schaukelte mich in einer rhythmischen Bewegung hin und her und versuchte diese Gedanken wieder zu verdrängen. Aber alle paar Monate kehrt sie wieder und lassen mir keine Ruhe. Deswegen wurde ich zum dritten Mal Eingewiesen. Weil sie immer wieder in mir aufkamen und mich innerlich auffraßen. Ich war immer stark von außen, doch von innen war ich am besten zu schlagen. Ich konnte jetzt all diese Gedanken nicht mehr verdrängen. Mir kamen all ihre toten Gesichter in den Kopf. Ich zuckte heftig auf und mir fiel erst jetzt auf dass ich zitterte. Dann kam mir der Gedanke dass ich an ihrem Tod verantwortlich sei. Und mein Gewissen nagte an mir wie schon in den letzten zwei Jahren. Alles in mir schrie auf, all die Gedanken kamen wie ein Wasserfall auf mich gestürzt. Warum an meinem Geburtstag´? Warum ausgerechnet ich und meine Familie ´? Warum hatte Nick überlebt´? Warum musste ich auch mein Handy fallen lassen und somit dem Tod entkommen. Waren die Schüsse vielleicht alle für mich und nicht für sie. Mein Körper zuckte immer stärker auf und erst jetzt nahm ich den Schmerz war. Ich war vom Stuhl gefallen und zuckte immer wieder gegen die Stühle und Menschen. Meine Trauer rannte leise und Geräuschlos in Form von Tränen über mein Gesicht. Erst jetzt hörte ich hin. Ich hörte wie alle still mich anschauten und wie ich immer wieder schrie. Ich schrie unverständliche und zusammenhanglose Wörter. Ich bekam nichts mit, ich spürte nur diesen Schmerz in meinen Gliedmaßen und in meinem Inneren. Der Schmerz meines Körpers war wie ein Nadelstich im Gegensatz zu den Schmerzen meines Herzens. Wie sehr ich sie doch vermisste. Die warmen Umarmungen meiner Mutter, das Getätschel meines Vaters und der glückliche Ausruf meines Bruders wenn ich nach einem langen Tag nach Hause kam. Ich sah uns auf der Couch, wie jeden Donnerstag. Ein trauriges Lächeln bildete sich in meinem Gesicht. Ich wollte sie so gern wieder sehen, die Sehnsucht nach dem Tod wurde so groß, dass ich mir wünschte ich würde irgendwo hinunter stürzen. Ich spürte viele Hände mich beruhigen, doch es interessierte mich nicht. Ich schrie sie sollen mich sterben lassen. Ich wollte endlich frei sein, diese Wände erdrückten mich. Nach langem Wenden und schreien spürte ich wie mich grobe Hände packten und mir etwas intravenös verabreichten. Ich konnte mich nicht wehren. Ich strampelte und schrie sie sollen mich vergiften und mich endlich frei lassen. Ich spürte wie diese mir verabreichte Flüssigkeit meine Glieder lähmte, wie alles in mir anfing zu schlafen. Meine Lieder fielen zu, mir war nach schreien nicht nach schlafen. Blöde Medikamente. Ich versuchte zu Strampeln, schlagen oder auch nur einen Finger zu regen. Aber es schien alles nicht mehr mir zu gehören. Ich war gefangene meines Körpers. Die Angst färbte meine Sinne schwarz, statt sie zu stärken. Alles in mir war kochend vor Wut. Ich merkte dass sie mich schleppten, bestimmt in mein Bett. Wo sie mich noch hundert prozentig anbinden würden. Erfahrungen hatte ich damit genug. Meine Wut verpuffte der Schlaf holte mich ein. Wie eine warme Decke legte er sich über mich und erdrückte mich, lies mir keine Möglichkeit auch nur andere Gedanken oder Gefühle aufkommen zu lassen. Ich war kurz davor einzuschlafen als ich ein zufälliges Gespräch mitbekam. < Ich dachte sie hätte ihre Medikamente genommen, anscheinend täuscht sie mich länger als ich glaubte. > sprach eindeutig Frau Liebges. < Hmm, in die Isolationshöhle braucht sie ja nicht zu gehen. > bei diesem Wort sprang mein Herz. Trotz des Mittels stieg in mir ein kleiner Funken Angst auf und ich wusste dass es nicht gutes bedeutete. < So schlimm war es auch nicht. Sie hatte eindeutig schlimmere Ausbrüche hinter sich gehabt. Ich frage mich nur warum jetzt nach einem drei viertel Jahr wieder einer kam. Vielleicht ist es Ihre Gesellschaft. Wir legen sie besser in eine andere Station um. > Egal wie viel von dem Medikament in mir war. Einen Moment lang war ich hell wach. Sie wollte mich von Adrian trennen. Ich zuckte auf und auch mein Körper schien meiner Anweisung zu folgen, da es sich um einen erheblichen Schock handelte.
< Nein ich denke dies würde sie nur noch mehr kaputt machen. > Diese Stimme kannte ich, das war mein Krankenpfleger. Er war nett und sehr höflich gegenüber allen Patienten. Er war wie ein Engel unter all den monströsen Menschen hier. Seine Stimme beruhigte mich und gab mir Hoffnung, mich doch noch aus dieser Ausweglosen Situation zu retten. Nichts wurde gesagt. Ich hörte wie sie alle keuchten, war ich doch wohl zu schwer. Jemand räusperte sich und es war das räuspern, dass ich jeden Morgen hörte. Frau Liebges sprach < Ihr könnt gehen ich bring sie jetzt weg.> Und ich spürte wie die Stimmung drückend wurde. Was war bloß los hier. Ich spürte wie ich in einen Rollstuhl gepackt wurde und dann schoben sie mich. Ich hörte die quietschende Tür die ich fast jedes halbe Jahr höre. Mein Herz stockte und mein Atem ging schneller, trotz der Betäubung meines Körpers. Ich wollte nicht schon wieder allein sein, was für eine grausame Art mir angeblich zu helfen. Ich spürte wie sie mich grob hoch nahm und mir die Jacke anzog. Dann setzte sie mich hinein und flüsterte zum Abschied < Das soll die eine Lehre sein mich zu veräppeln. Mach so was ja nie wieder oder du verbringst dein erbärmliches Leben hier. > und sie lachte auf. Ihr böses Lachen schallte im ganzen Raum. Ich wusste wo ich war. Doch ich war zu müde um mich einsam zu fühlen. Meine Augen fielen zu und ich war im Land der Träume wo ich allen begegnete, die ich so lange vermisst habe. Ich sah wie meine Mutter auf die Couch neben sich klopfte und sagte setz dich zu uns kleines. Ich wusste dass es ein Traum war und umso mehr genoss ich ihn. Meine Lieder wurden rot und ich verstand dass es Morgen war. Mir war es vollkommen egal, ich wollte sie alle behalten. Die Tür ging auf und ich wurde hoch gerissen. So sanft und vorsichtig wie es nur eine Person hier im Krankenhaus machen könnte. Mein Traum verpuffte und ich schluchzte auf und fragte mich warum ich noch leben musste. Meine Tränen rannen und tropften auf meine Jacke, die mich jetzt so gefangen hielt. Meine Arme kribbelten wegen der ungünstigen Position. Ich spürte wie sie mir abgenommen wurde. Ich bekam eine Tablette zwischen die Lippen geschoben und mir wurde sanft ein Glas an den Mund gehalten. Ich schluckte und akzeptierte die Tatsache, dass mein monatlicher Kampf umsonst war. Ich hörte wie mein Krankenpfleger seufzte, doch das interessierte mich nicht. Schließlich war ich diejenige, die jetzt hier bleiben musste. Meine Trauer verschlimmerte sich und ich kippte zur Seite. Ich wollte nur sterben, damit meine Schmerzen vorbei gingen. Mein Herz pochte und mein Atem ging unregelmäßig. Mein Herz klagte und schrie auf und ich stöhnte auf, weil es so weh tat. Ich spürte eine Hand auf meinem Rücken die mich zu versuchen beruhigte. Meine Wut stieg und mein Hass auch, aber auf mich. < Verschwinde schrie ich, hau ab! > und Tränen der Trauer, der Wut und des Hasses rannen an meinem Gesicht herab. Ich verbarg mein Gesicht in meinen Armen und drückte mich zusammen, weil der Schmerz so weniger Platz hatte, schien es mir. Ich hörte wie er wieder mal seufzte und die Tür schloss. Ich überließ mich meiner Wut und schmiss alles Mögliche gegen die Wand. Der Gefühlsstrom in meinem Inneren beruhigte sich und ich setzte mich an die Wand. Erst jetzt bemerkte ich, dass mein atmen so laut war. Es wurde von den Wänden abgeprallt. Man konnte es im ganzen Raum hören. Ich saß da und fragte mich wie lange ich hier wohl schon drin war. Auf einmal schloss sich die Tür auf und helles blendendes Licht kam rein. Ich zuckte zusammen und schützte meine Augen mit den Händen. Wischte die Tränen weg und stand auf. Jemand gab mir etwas in die Hand. ´War es etwa schon Morgen’ ´?
Ich blickte auf die hell erleuchtete Silhouette und stand auf um meine Medikamente zu nehmen. Auf einmal erfüllte ich die angeblichen Medikamente. Es fühlte sich kalt und an einer Seite scharf und an der anderen stumpf an. Es war ein Schlüssel. Ich blickte noch Mals auf und erkannte Adrian. Seine Augen waren getränkt von Angst und Fröhlichkeit. Eine eigenartige Mischung. Er nahm meine Hand und wir rannten los. Ohne Worte, ohne verschnaufen. Wir rannten nicht, nein wir liefen davon. Ich fühlte wie der kalte Boden unter meinen Sohlen praktisch mit mir zu verschmelzen schien. Er öffnete die innere Tür und schaute mich traurig an. < Versprich mir dass du nicht fangen lässt. Versprich es mir. > Ich verstand, ich schüttelte energisch den Kopf. < Du kommst mit, tue mir das nicht an. > Er lächelte ein trauriges lächeln, was ihn viel älter als 20 aussehen ließ. < Du willst mich nicht dabei haben und jetzt geh. Ich werde sie ablenken. Den Satz wollte ich eh schon immer mal verwenden. > Und sein Grinsen ging über das ganze Gesicht. Meine Hände zitterten und mein Atem ging jetzt flach und schnell. < Ich werde ohne dich nicht gehen > < Aber dann war alles umsonst. Sie würden uns trennen. > < Getrennt wären wir auch, wenn ich jetzt weg liefe. Ich bleibe bei dir, ich habe nur noch dich. > Die Trauer in seinem Gesicht schien anzuwachsen. Und er nickte und wir liefen los. Über meinen errungenen Sieg konnte ich mich nicht freuen, da das Personal direkt hinter uns war. Wir liefen in den Park und nahmen uns am Straßenrand einen Bus. Erst jetzt lächelte er froh auf. Und ich klammerte mich nur noch fester an seine Hand. Wir sprachen während der Busfahrt kein einziges Wort. Erst als wir ausstiegen und in einer Bahnhoftoilette uns einschlossen, fiel ich ihm um den Hals. < Danke, danke Adrian. > Erst jetzt bemerkte ich seinen Rucksack. Er hatte wohl vorgehabt mit zu fliehen. Aber warum hatte er sich so gesträubt. Völlig Verrückt. Wir zwei halt. Ich lächelte nach diesem Gedanken auf. Er nahm normale Kleidung raus und wir zogen sie an. Eine Jeans, ein weißes T-Shirt und ein paar gemütliche Turnschuhe deckten jetzt unsere Körper. Ich blickte ihn an und umklammerte wieder mal seine Hand.
< Wohin geht die Reise ´? > brachte ich endlich raus. Er seufzte. Ich fühlte mich, als hätte ich ihn bedrängt und fühlte sofort Schuld. < Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht, bedrängen. > Ich blickte traurig zu Boden. Er nahm meine Hand an sich und drückte sie ganz fest in seine. Ich blickte ihn an und er lächelte. < Ich mag diese Frage nicht. > < Darf ich wenigstens fragen warum > Er dachte nach, bis er sagte.
< Ich weiß die Antwort nicht. Ich wollte schon lange fliehen. Doch wollte ich dich nicht im Horrorhaus allein lassen. Ich fühlte mich verpflichtet dich zu retten. > Ich umarmte ihn nochmals. < Danke. Und mir ist egal wohin wir gehen. > < Heißt dass das du mitkommst ´? > Ich nickte und er lächelte über glücklich. Wir gingen durch die Gegend bis mein Magen laut auf knurrte. Er blickte mich von der Seite an und meinte < Wir können nicht in dieser Stadt bleiben. Wir müssen weiter. >
Ich nickte doch die vielen Restaurants an denen wir vorbei gingen, ließen mir das Wasser im Mund zusammen laufen. Nach dem die Sonne unter gegangen war und wir schon seit vielen Stunden liefen, blieben wir vor einer Imbissbude stehen.
< Ich habe etwas Geld für den Notfall dabei > sagte er lächelnd. Ich erwiderte sein Lächeln und wir gingen hinein. Es roch nach Bratfett und schlecht gekochtem Kaffee doch für mich war es wie im Paradies. Wir bestellten ein paar gebratene Würstchen mit Kartoffelpüree und Salat. Ich hätte noch dein Teller ausgeleckt wenn sie uns die Teller schon nicht weggenommen hätte. Adrian kaufte uns jeweils ein Eis, auf meine Frage wie viel Geld er denn hätte, antwortete er nicht. Er hatte nur gesagt, dass Leben ist da um es zu genießen. Auch flüsterte er zu sich selbst, man sollte im Jetzt leben und nicht im Damals. Ich konnte damit nicht viel anfangen, also saß ich still da und beobachtete seine markanten Gesichtszüge. Seine grell blauen Augen vielen auf mich und er strahlte ein so gutmütiges warmes lächeln aus, dass ich ihn am liebsten umarmt hätte. Nachdem wir fertig waren fuhren wir mit dem Bus eine sehr lange Strecke. Ich versuchte die ganze Zeit nicht einzuschlafen, aus Angst in der Hölle wieder zu erwachen. Wie jeden Morgen, vor diesem Tag. Irgendwann wurde alles schwarz und mein Kopf sank weg. Als ich meine Augen erschrocken aufschlug, war ich bereit aufzuspringen und davon zu laufen. Doch, ich fühlte wie eine warme Hand mich am Rücken tätschelte und wir ich auf etwas, nein auf jemanden lag. Meine Lippen spitzten sich zu einem Lächeln. Ich blickte hoch und sah seine Augen die auf mir wachsam ruhten. Er strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte mich an. < Morgen Schlafmütze > murmelte er mit einer lieben Stimme. < Morgen > brummelte ich verschlafen vor mich hin. < Wir sind fast da > sagte er beiläufig. Ich wollte fragen wo, doch war es mir jetzt unwichtig. Ich drehte meinen Kopf und sah aus dem Fenster. Die Sonne schien hell und zauberte mir ein Lächeln. Ich sah dass am Straßenrand viele schöne Blumen wuchsen. Alle waren bunt, groß und erinnerten mich an Menschen, die ihr Leben genießen. Dann sah ich auf das große Feld hinab und war beeindruckt, weil es alles gesätes Land war. Die Ackerfläche schien nicht zu enden, sie schien sich ganz weit hinten mit dem Himmel sich zu verbinden. Sie hatte einfach kein Platz mehr zum wachsen, dachte ich lächelnd. Ich bemerkte wie er mich nervös an sich zog und seine Muskeln anspannte. Ich deutete es als nichts Gutes. Ich folgte seinem von angst verzerrten Blick, auf einen Monitor. Es war ein Fernsehbildschirm. Es liefen gerade die Nachrichten und es wurde berichtet dass im anderen Bundesland ein Pärchen aus einer Irrenanstalt geflohen sei. Sie seien nicht gefährlich könnten aber Probleme machen. Und dann wurden ein paar Skizzen gezeigt. Die zwei Personen hatten minimale Ähnlichkeiten mit uns. Die Leute im Bus fingen an über diesen neuen Gesprächsstoff zu diskutieren. Ich blieb völlig still und Adrian auch.
Nach sehr langer Zeit brachte ich raus < Das waren wir, nicht ´? > er blieb still, doch aus dem Augenwinkel konnte ich sein Nicken sehen. Wir sprachen gar nicht mehr, ich dachte vielleicht wäre ich dran schuld. Doch als ich wegrücken wollte, zog er mich so nah an sich ran dass ich seinen Atem auf meinem Nacken spüren konnte. Mein Nacken überzog sich mit Gänsehaut und erst jetzt fragte ich mich wie wir wohl auf andere wirkten. Das alte Pärchen das gerade an uns vorbei ging lächelte uns an. Ich denke wir sahen nicht aus wie verrückte, nein, eher ein Pärchen. Ich wollte es Adrian berichten, doch bei dieser Vorstellung fingen meine Wangen an zu glühen. Ich vergrub mein Gesicht in seiner Schulter, doch er merkte die Veränderung und deutete sie zum Glück falsch. < Hab keine Angst, ich werde bei dir bleiben. Ich werde dich nicht allein lassen. > Meine Wangen glühten bei den Wörtern umso mehr und ein verräterisches Grinsen bildete sich in meinem Gesicht. Er hob mein Kopf sanft hoch und blickte mir verwirrt in die Augen. Ich versuchte mein Blick zu verbergen, doch als ich ihn ansah schien er zu verstehen. Er lächelte sanft. < Ich wollte nicht, ich mein,> ein Seufzer entglitt aus seiner Kehle < Ich fühle mich in deiner Nähe wohl. Und ich mag dich und ich hoffe diese Worte reichen dir. Da du ja nicht viel mit mir sprichst seit … unserem Aufbruch. > Ich blickte ihn ohne Regung an und konnte genau sehen wie er immer nervöser wurde. Ich musste lächeln, er der ruhige, unberechenbare Adrian wurde schwach, bei mir?
Ich lächelte in mich hinein. Ich kam näher an ihn gerückt und umarmte seinen Hals. <Ich hatte solche Worte von niemandem erwartet und von dir am aller wenigsten. > Ich lächelte. < Ich mag dich auch. Und ich bin froh dich zu haben.> Er schien was sagen zu wollen, doch unterbrach ich ihn. < Du hast mein Leben verändert Adrian. Und zwar bist du seit langem ein Lichtfunke in meinem traurigen Leben.> Ich schaute in seine Augen und sie wurden kalt und strahlten Hass aus. Ich erschrak und wendete mich von ihm ab und schaute verletzt aus dem Fenster. Er stand auf und ging sich die Beine vertreten. Ich versuchte mich inzwischen zu beruhigen, es klappte nicht. Tränen rannten über mein Gesicht und ich verfluchte jede einzelne von ihnen. Wie aus dem Nichts kam eine Hand und wischte eine von ihnen weg. Ich umklammerte die Hand fest und ließ sie nicht mehr los. < Also wenn du mir die Hand brechen willst, nur zu, aber bitte die linke. > ich ließ die Hand los ohne aufzuschauen. Adrian legte mir die andere Hand auf meine Schuler, ich schüttelte sie ab. Zusammen gerollt blickte ich aus dem Fenster. Er räusperte sich und kam näher gerückt, ich sagte nichts dazu. Er legte einen Arm um meine Schulter und seinen Kopf legte er auf meine andere Seite. So saßen wir da und sagten lange nichts. Irgendwann entspannte sich mein Körper unter dieser liebevollen Umarmung. Ich seufzte auf und drehte mich um. Ich wollte was sagen da drückte er mir seine weichen Lippen auf meine. Mein Herz schlug wie ein nach einem Marathon und es bildete sich eine Gänsehaut auf meinem Nacken. Es war eine angenehme Gänsehaut. Er zog sanft seine Lippen von meinen und unsere Lippen blieben aneinander kleben. Ich lächelte auf. < Also wir sollten uns viel öfter streiten. Wenn man denn das als Streit bezeichnen kann. > < Du bist nicht mehr böse ´? > Ich schüttelte den Kopf. So eine lange Zeit war ich einsam und hatte schon lange kein Grund gehabt auf zulächeln. Mein strahlendes Lächeln signalisierte ihm, dass ich überglücklich war. Es vergingen Wochen. Wir reisten überall herum. Wir waren in vielen Bundesländern. Und jedes Motel wurde für uns ein neues Zuhause. Jedes neue Bett und jede neue Gegend wurde unsere Heimat. Komischerweise genoss ich es. Ich liebte den Wechsel und das pure Adrenalin, wenn es durch meine Adern floss, weil die Angst entdeckt zu werden zu groß war. Doch die Klinik gab nicht auf, sie wollten uns fassen. Überall hangen Bilder von uns und unsere Namen. Die Tatsache dass wir wöchentlich unser äußeres änderten nützte nichts. Bald führten wir ein Gespräch wo vor wir, uns schon monatelang drückten. Ich lag auf seiner Brust und wir schauten irgendeine dieser Mitternachts Shows. Er seufzte laut auf und das war eine Andeutung dafür dass ich lieber still sein sollte und nicht nachfragen sollte. Doch ich tat es. Er schaute mir mit einem so traurigen Blick in die Augen dass ich ihn auch ohne Worte verstand. Er atmete einmal tief ein und aus und schob mich beiseite. Wir setzten uns auf und er blickte mir tief in die Augen um zu erfahren wie fit ich für das Gespräch war. Er entschied dass wir sprechen mussten, denn er fing an zu reden. < So kann es nicht weiter gehen. Das weißt du genauso wie ich. > Tränen rannen mir in die Augen. Komisch, ich hatte schon so lange nicht mehr geweint. Ich schüttelte energisch den Kopf. Er seufzte und sagte < Ich dachte wir könnten reden, aber du bist anscheinend noch nicht bereit, verständlich.> Ich atmete tief aus und flüsterte < Ich will nicht reden. Können wir nicht weiter leben, als wäre nichts. Wir können so weiter machen. > Ein Hoffnungsvolles Lächeln bildete sich in meinem Gesicht. Diesmal war er es der den Kopf schüttelte. < Das Geld, die Kraft, den Schutz. Woher soll das alles kommen.> Er umklammerte meinen Kopf zwischen seinen Händen und schaute mir tief in die Augen. Meine Begierde stieg, ich wollte seine Lippen auf mir spüren, ich kam näher gerückt, doch er schob mich weg. Mich verletzte dies, da er mich sonst nie weg schob. Er lächelte auf als er meine Miene sah. < Du kannst mich nicht immer verführen, wenn es darum geht über unsere Zukunft nach zu denken.> Ich grinste und hauchte auf seine Lippen. < Nicht ´? > Er drückte mich sanft weg und küsste mich zart auf die Wange und schaute mir liebevoll in die Augen. < Es geht nicht. Ich schlage vor, wir sollten einiges ändern. Ich werde arbeiten gehen oder mich ergeben und du bekommst das Geld, so schaffst du es ein paar Monate ohne mich. > Meine Stimme war kalt und ohne Regung. < Wer sagt dass ich es ohne dich schaffen will.> Er packte mich grob an den Schultern < Sag sowas nie wieder. Ich mache mir Sorgen um dich. Ich will nicht dass dir was zustößt. Also versprich mir du wirst ohne mich klar kommen. Versprich mir dass du nicht mich holen kommen wirst. Sag mir einfach dass du mich hasst und mich nicht brauchst. Bitte sag es einfach. > Eine einzelne Träne rann jeweils über unsere Wangen. Wir wischten sie gegenseitig weg. Ich vergrub mein Gesicht in seiner Handfläche und flüsterte < Das kann ich nicht. Du bedeutest mir schon viel zu viel. Und egal was dich zum Zweifeln bringt, dass wird sich nicht ändern, nie. > Er lächelte, ein trauriges verschlucktes Lächeln und murmelte < Das sagst du jetzt. > Und somit war das Gespräch für mich beendet.
Mehrere Tage danach beharrte er immer noch auf der Idee, sich selbst auszuliefern. Er ließ mich im Motel zurück und ging sich nach ein paar Jobs umschauen. Ich hielt es nicht mehr aus und ging hinaus um mich umzuschauen. An einer kleinen Bruchbude wo ekelhafter Kaffee mit verbrannten Speisen serviert wurde, sah ich ein Schild. Sie suchten nach einer Aushilfe, prompt ging ich hinein und stellte mich vor. Der übergewichtige Chef schaute mich von unten nach oben an und sagte nichts. Er hielt mir die Uniform hin und brummte nur ich solle sie anziehen. Als ich mich in der Umkleide betrachtete sah ich dass das Kleid viel zu kurz war und meine Beine viel zu viel Preis gab. Der Ausschnitt war sehr tief und zeigte auch zu viel, doch ich beklagte mich nicht. Ich öffnete mein gefärbtes Haar und zeigte mich meinem neuen Chef. Seine knallroten Wangen hoben sich an und seine kleinen Augen verkleinerten sich umso mehr. Er bat mich näher zu kommen, dem Einzigen den ich so viel Haut gezeigt hatte war Adrian, doch unter diesen Umständen war es verständlich. Ich stand direkt vor ihm und er berührte vorsichtig meine Oberschenkel und zupfte leicht am Kleid. Dann sagte er mir ich dürfe gleich anfangen. Ich dürfe auch alle Trinkgelder behalten und den normalen Lohn würde ich am Ende des Monats in einem Umschlag bekommen. Danach füllte ich noch ein paar Papiere aus und gab irgendwelche falschen Daten ein und fing an zu kellnern. Nach mehreren Stunden wusste ich wo alles stand und kannte alle Arbeiter beim Namen. Ich verdiente viel Trinkgeld, da ich stets lächelte und immer fröhlich umher hopste. Unangenehm war der Job trotzdem. Mehrfach ließen eklige Männer Geld fallen nur damit ich mich danach beugte oder fassten mich an. Ich sagte nichts, ich nahm es hin, in Gedanken war ich nur bei Adrian. Als ich dann am späten Nachmittag, so gegen sechs Uhr, den Müll rausbrachte stand mir ein junger Mann gegen über. Diesem hatte ich heute Nachmittag schon paar Mal was gebracht. Er gab mir auch reichlich Trinkgeld. Ich fand ihn nett. Doch der Schein trügt, daran dachte ich nicht. Er half mir beim wegwerfen und fragte mich ob er mich ausführen dürfe. Ich lächelte und lehnte so freundlich wie möglich ab, doch dies nahm der junge Mann viel zu persönlich. < Ist es weil ich nicht gut genug aussehe. Oder weil ich kein reicher Mann bin. Bin ich ihnen vielleicht zu dumm. Was ist los mit den guten Frauen, ihr könnt nichts schätzen.> Er kam schreiend auf mich zu. Und warf mich zu Boden. Er flüsterte mir noch ins Ohr < Denkst du ich kann dich nicht befriedigen, das werden wir sehen.> Ich begann zu verstehen und musste handeln. Ich spürte wie er mein Kleid hoch schob. Mein Körper kribbelte und meine Angst stieg. Ich strampelte und warf ihn von mir. Ich schüttelte immer wieder energisch den Kopf, brüllte laut auf und ging mit verweintem Gesicht wieder hinein. Viele Menschen bemerkten es und konnten es sich schon denken. Denn viele Männer standen auf und ihre Gesichter strahlten Zorn und Wut aus. Ich wollte sie zurück halten, doch meine Kraft reichte dafür nicht aus. Ich ging zum Chef zog mich um und sagte ich wisse nicht ob ich Morgen kommen könnte. Er nickte, sagte nichts doch ich sah wie sein Blick auf meinen neu hinzugefügten Flecken ruhte. Ich verabschiedete mich von allen und ging. Ich bemerkte wie draußen jemand rum schrie und andere Stimmen nur Beleidigungen hervorriefen. Mir war es egal. Ich ging wie benebelt zu dem Motel, dort angekommen duschte ich mich und versuchte mich zu beruhigen. Mitten beim Duschen brach ich zusammen und fing an zu weinen und zu schluchzen, ich hatte nicht bemerkt dass Adrian daheim war. Sonst hätte ich dies vermieden. Er kam ohne Schamgefühl hinein und legte eine Hand um meine Schulter. Er wollte das Wasser abschalten, doch ich war dagegen. Also setzte er sich zu mir in die Wanne drückte mich an sich und wir saßen so stundenlang. Irgendwann als mein Körper aufgehört hatte vor Trauer zu beben und meine Haut verschrumpelt und Wund aussah nahm er mich hoch und legte mich ins Bett. Statt mich auszufragen oder mich anzumeckern verschwand er aus dem Zimmer. Ich weiß nicht wie lange ich die Decke angestarrt hatte, aber irgendwann sind mir die Augen wohl zugefallen, denn ich wachte mitten in der Nacht auf. Geweckt von einem lauten Geräusch. Jemand ist gestürzt, sofort dachte ich an Adrian. Obwohl meine Beine nach jedem Schritt einknickten, trug ich ihn hinein. Halb über den Boden schleifend. Paar Mal stieß sein Kopf gegen die Inneneinrichtung. Ich frachtete ihn aufs Bett neben mir und küsste ihn sanft auf die Wange. Und jetzt roch ich den beißenden Geruch von Alkohol. Es waren viele Gerüche die sich in ihm vermischten und aufkamen. Ich rückte soweit wie möglich von ihm weg. Doch nach einer kurzen Weile roch es im ganzen Zimmer danach. Der beißende Geruch trieb mir Tränen in die Augen. Ich machte ein Fenster auf um zu lüften, da die stickige Luft den Duft noch besser verteilte. Ich krümmte meine Nase und versuchte nicht an Adrian zu denken, aber mein Herz fing an höher zu schlagen als ich bemerkte wie aschfahl er war. Als ich meine Hand auf seine schrumpelige Haut legte bemerkte ich seinen kalten Schweiß und wie komisch er sich verhielt. Ich machte mir Sorgen, ich hatte noch nie betrunkene Menschen erlebt, nur ein paar Mal im Fernseher gesehen. Ich rüttelte an seinen schlaffen Schultern und flüsterte ihm sanfte Liebesschwüre ins Ohr. Er zuckte auf und blickte mir mit einem so leidenschaftlichen Blick in die Augen dass meine Wangen erröteten und ich mich von ihm abwandte. Er drehte mich um und küsste mich wild und sehr heiß am ganzen Körper, ich spürte seine Hände und seine warmen Lippen und genoss es in vollen Zügen. Seine Wärme schien mit mir zu verschmelzen und alles in mir sich nach ihm zu sehnen, mein Körper wollte ihn und dies machte ich bemerkbar. Nach der Nacht blickte er mir in so sanft in die Augen dass ich mich wie im Paradies fühlte. Er lachte los und sagte < Ich fühl mich wie ein verliebter kleiner Junge, du machst mich verrückt. Ich liebe dich. > Die Worte regten in meinem Inneren einen großen Ansturm an. Ich zitterte auf und mein Herz schien wie ein Bulldozer zu laufen. Ich blickte ihm in die Augen und stürzte mich auf ihn und übersäte sein Gesicht mit meinen schnellen und zögerlichen Küssen. Er blieb ruhig dar liegen bis er mich an meinen Schultern nahm und an sich drückte. Mir schien all das wie ein Traum. < Ich liebe dich auch > flüsterte ich und er drückte mich noch fester an sich. Eine Freudenträne rann über meine Wange. Ich hob mein Gesicht und sah seine atemberaubenden Augen und lächelte. Ich sprang auf und zeigte ihm das viel verdiente Geld und statt zu meckern, lächelte er. < Wir können ein paar Tage hier bleiben, aber wenn einer dir zu nahe kommt dann sag es den Leuten in dem Restaurant.> Ich nickte energisch und strahlte über das Gesicht. Ich sprang fröhlich aufs Bett und fragte < Was wollen wir machen, Schatz ´? > das letzte Wort brachte ich schüchtern und verlegen raus. Er sprang auf warf sich auf mich und sagte völlig leise als könnte uns jemand hören. < Sag das noch Mal > und lächelte dabei. Ich wiederholte es so oft es ging und wurde von seinen Küssen übersät. Irgendwann schließlich stand ich leise auf und ging zur Arbeit. Mit so einem Grinsen hatte mich wohl niemand erwartet. Alle umarmten mich und versicherten mir dass sowas wie gestern nie wieder geschehen würde. Ich grinste nur. Und nickte, als sei gestern nichts geschehen.
Mein Tag verlief ruhig, bis zum Abend. Ich musste mit meinem Chef reden. Ich blickte ihn an und sagte leise < Ich arbeite nur diese Woche hier, dann muss ich weiter. > Er nickte nur und auf einmal drehte er sich um. < Ich denke ich habe dich in den Nachrichten gesehen. Warst du nicht die eine aus dem Irrenhaus.> Ich schluckte und schüttelte zögerlich den Kopf. Er nickte und sagte < Schau mal kleines, ich geb dir das Geld Übermorgen und dann verschwindest du von hier. Ich weiß dass du es nicht leicht hattest oder haben wirst. Aber versprich wenigstens ab und zu, an mich zu denken.> Ich wusste nicht warum er dies verlangte, aber ich nickte und umarmte ihn sehr stark und dankte ihm leise. Als ich aus dem Laden gehopst kam, fragte ich mich wie es wohl Adrian ging. Mit einem Mal schien meine Welt auf einmal so schön zu sein. Ich sah, dass er da wartete und mich anstrahlte. Ich hielt es nicht aus, rannte auf ihn zu. Sprang auf ihn und küsste ihn leidenschaftlich und heiß. Er lachte und fragte womit er dies verdient hätte. Ich lächelte ihn nur an und er fragte nicht weiter. Als wir ins Zimmer gingen wirkten wir wie ein richtiges Pärchen. Ich war noch nie in meinem Leben so glücklich gewesen wie in diesem Moment. Ich blickte in die strahlende Sonne und sie schien mich anzustrahlen und mich zu verstehen. Wir zwei verbrachten die nächsten zwei Nächte nur damit unsere Körper zu erforschen. Und von Nacht zu Nacht war ich immer glücklicher. Ich fühlte mich seiner Seele so nah, als könne ich sie berühren. Es kam der angekündigte Tag, ich verabschiedete mich von allen. Nahm das Geld und war sogar etwas traurig sie alle verlassen zu müssen. Die Menschen hier waren nett, sie sahen die Gegenwart nicht die Vergangenheit. Und dies machte mich darauf aufmerksam, dass es auch Menschen geben könnte die meine und Adrians Vergangenheit akzeptieren würden. Ich lächelte bei dem Gedanken auf. Bevor wir aufbrachen gingen wir zum Friseur. Ich bekam hellere Haare, viel heller, als meine Naturfarbe. Und er bekam dunklere. Wir beide zogen uns etwas buntere Kleidung an und gingen so in den Zug. Er schlug vor, dass wir die Welt bereisen sollten. Ich sagte ihm < Mir ist es egal wo wir sind, Hauptsache wir sind zusammen. > Daraufhin küsste er mich und sagte < Wir brauchen ein Gebrauchtwagen. Ohne wird es schwer durch Europa zu kommen. > Ich nickte. < Wir lassen uns etwas nieder und sparen etwas Geld, okay? > Mein Schulterzucken zeigte deutlich, dass es mir gleichgültig war, wo wir waren. Ich weiß nicht wie lange, wir wo verbrachten. Nur eins weiß ich sicher, wir reisten viel. Wir waren in Österreich, Frankreich, Schweiz und vielen anderen Ländern. Ich genoss die neuen Menschen und die neuen Städte, jedes Mal war ich eine neue Person mit einer neuen Persönlichkeit. Jedes Mal war ich anders und vorsichtiger, bloß nicht aufmerksam auf uns machen. Und ich wurde sehr gut. Niemand sah die kranke und gebrechliche hinter dieser Fassade, ich war stolz auf mich. Adrian war wie immer, niemand kannte ihn. Aber, ich wusste ich hatte seine wahre Seite paar Mal aufblitzen sehen. Ich sah dann seine Augen wie sie anders schauten, traurig, verletzlich und ängstlich, statt kalt und undurchlässig. Ich verlor den Überblick wohin wir fuhren und nachfragen hatte ich schon lange aufgegeben. Ich war froh, dass er alles plante, ohne ihn wäre ich deutlich aufgeschmissen. Meine Stärke war dies deutlich nicht. Mein letzter Anfall liegt jetzt schon zwei Jahre her und ich fühl mich in bester Verfassung, ich fühl mich fast normal. Und habe mit Allem abgeschlossen. Ich weiß nicht wo meine Augen hinblickten, die Gegend kannte ich nicht, sie war mir fremd. Wir fuhren langsamer, Adrian flüsterte mir zu, dass er hier noch was Altes erledigen müsste und lächelte mir mein Lächeln zu. Die Angst ihn nicht wiederzusehen stieg, ich schaute ihn mit meinen großen traurigen Augen an, um ihm zu zeigen, dass ich dies nicht wollte. Doch er ignorierte mich vollkommen. Komischerweise hatte er mir verboten mein Zimmer zu verlassen. Meine Fragen beantwortete er nicht und ging davon. Mich machte all dies sehr neugierig, ich würde raus gehen, dessen war ich mir bewusst. Kaum war er eine Stunde weg, die ich mit alten Talkshows und Studentenfutter verbracht hatte um mich abzulenken, schlich ich mich davon, könnte ja sein, dass mich jemand sieht. Ich ging durch die Gegend und es sah aus wie eine gewöhnliche Kleinstadt. Überall die kleinen Einfamilienhäuser mit ihren grünen Gärten und den großen Parkplätzen. Nichts kam mir sonderbar oder bekannt vor. Trotzdem war meine Neugierde immer noch vorhanden, wie ein Duft der schon längst verweht war. Ich ging an einer breiten Straße, nichts Besonderes. Ein paar Autos fuhren sogar vorbei. An einer Kreuzung vor einem leeren Gebäude, sah ich etwas in einer kleinen Wiese stecken. Etwas Holzähnliches mit einem Plastikkranz darum. Ich trat näher, ich ahnte nicht, dass dieser Platz mir bekannt vorkam. Ich berührte die verwesten Blumen, die Holzfasern und die Aufschrift. „Dem Tod zum Opfer gefallen, Vater Herr Wicher, Frau Wicher, Sohn Finn, Lena Michel, Hannah Reisig.“ Ich las all das mehrere Male, denn dies war mein Unfallort. Meiner! Der Schock saß in meinen Gliedmaßen wie Gift, ließ mich erstarren und ließ meine Augen auf diesen Punkt heften. Ich heulte auf, spürte den wiederkehrenden Schmerz, die Angst und die Schuld. Ich wollte davon laufen, weg gehen und nie wieder kommen, aber meine Beine schienen nicht mir zu gehören. Ich vergrub mein Gesicht in der Hocke, blieb am Rand liegen, stand da nicht auf. Wollte einfach nur weg. Als ich mich ausgeweint hatte, kamen die verdrängten Gefühle und Gedanken wie einen nicht endenden Strudel wegzusperren. Ich las wieder Mal die Namen und fing an zu überlegen. Warum stand Nick nicht auf dem Kreuz? Mein damaliger bester Freund, der einen zum lächeln brachte. Dessen Augen immer so aufleuchteten wenn er strahlte. Ich wollte ihn auf einmal sehen, ohne zu bedenken was ich tat, rannte ich los. Ich sprintete alle Straßen runter und ich wusste haargenau wo alles stand. Als wäre hier alles gleich geblieben. Meine Füße trugen mich, ich flog dahin, wie eine verrückte. Ich kam an einem Haus vorbei, dass mich anhielten ließ. Ich sah wie verwest und abgestanden es war. Niemand schien es haben zu wollen. Das verwilderte Gras und die verriegelten Türen zeigten, dass Niemand sich um das Haus kümmerte. Alle hatten wohl die Familie vergessen. Der Briefkasten lag auf dem Boden, aus dem Boden rausgeholt, rostete vor sich hin. Ich hob ihn auf, rieb zärtlich den Dreck weg und lächelte durch meine Tränen durch. Als die silberne Farbe durchschimmerte, warf ich ihn gegen eines der Fenster, mit Wut und Hass. Aber auf die Menschen die das Haus so verwildern ließen und nicht auf die alten Bewohner. Tränen rannten über mein Lächeln, ich griff nach allem was ich finden konnte, warf es auf das Haus. Erst als alle Fenster und viele Dielen kaputt waren, war meine Wut gedämpft. Ich hatte beim Laufen immer noch die Aufschrift des Briefkastens im Kopf, „Wicher“! An Nicks Haus hielt ich an. Blieb stehen, bedachte mein Vorgehen nicht. Klingelte und wartete ab. Meine Lungen brannten, die kalte Luft half nicht beim Beruhigen. Als die Tür sich öffnete, stand vor mir ein Mann. Ein junger Mann, um die 22, er hatte sehr helle Haare und seine grünen Augen, wirkten mehr abgestumpft, farblos, als leuchtend. Mein Lächeln zeigte sich wohl, denn der Mann starrte mich verwirrt an. <Sie wünschen´?> Erst jetzt wurde mir meine Dummheit bewusst. Was suchte ich hier. < Ehm, ich, … Könnte ich einen Nick Rehling sprechen´?> Die Augen des Mannes verengten sich, er biss sich mit den Vorderzähnen auf die Lippe und sagte schließlich < Wer sind sie´?> <Ich bin eine alte Bekannte, ich wollte ihn nur was fragen, wegen einem so kleinen Zwischenfall in der Vergangenheit.> Seine Miene wurde bösartig, er sah verärgert aus. < Wie immer also.> Und er schlug die Tür zu. Er wusste weswegen ich hier war, aber er wusste nicht wer ich war. Ich klingelte nochmals. Genervt und wütend öffnete er die Tür. Seine Miene war etwas mehr genervter als vorher. Sonst keine Regung, nichts hatte sich verändert, war er eigentlich schon vorher so gefühllos gewesen? < Du erkennst mich nicht, oder? Schau genau hin, wir zwei waren mal sehr gute Freunde, weißt du noch?> ich lächelte schüchtern auf. Seine Augen strengten sich an als könne er nichts erkennen. Auf einmal verengten sich seine Pupillen, sein Atem ging schneller und er verkrampfte. < Du…> stammelte er < Aber, sie sagten, du bist in der Klapse, aber, aber …> Ich lächelte auf und sagte locker < Regeln waren nie meine Stärke nicht wahr? > < Was willst du hier? Deinetwegen sehe ich so aus. Mein Leben ist eine Hölle, ich kenne mich nicht mehr. Jede Nacht sehe ich sie. Und ich komme nicht zu Recht und dann tauchst du hier fröhlich auf. Also was willst du von mir?> Die Sätze trafen mich wie Rasierklingen. Ich blutete innerlich, doch dies zuzugeben war ich zu stolz. < Ich möchte mit dir reden, ich habe niemanden mit dem ich reden kann. Niemanden der mich versteht.> sagte ich traurig. Ich wandte mich zum gehen ab, da ich seinen kalten Augen nicht mehr stand halten konnte. < Schön, gehen wir etwas spazieren. Aber nur etwas, ich muss noch einiges Erledigen.> log er, wie man deutlich heraushörte. Wir gingen meinen vorhin gerannten Weg entlang. Wir sprachen über seinen Job, in einem Callcenter. Über meine Flucht. Über unsere Familien. Und ich sah ihn lächeln und er schien mir aufzutauen. Der alte, mir bekannte Nick wachte aus der Trance auf. Ich war so froh ihn zu sehen. Wir waren am Unfallort und schwiegen. < Hat man den… Mörder gefasst´?> stammelte ich. Er schüttelte den Kopf und ich sah aus dem Augenwinkel, dass ihm das wohl auch an die Nieren ging. Keiner sagte was. Wir schwiegen, wir dachten an die Verstorbenen. < Ich bin froh dich besucht zu haben> brachte ich leise hervor. Und lächelte zaghaft. Er nickte kam auf mich zu, entschlossen und mutig. Ich war verwirrt. Sein Gesicht näherte sich meinem. Ich begann zu verstehen. Ich schüttelte energisch den Kopf. Drückte ihn weg. < Aber, aber wieso hast du mich dann aufgesucht? Nach so einer langen Zeit?> Ich überlegte nicht lang bis ich sagte < Ich habe meinen Freund vermisst. Den, der mich immer zum Lachen gebracht hatte und nicht der wie ein Zombie durch die Gegend läuft> versuchte ich zu scherzen. Der Witz ging daneben. < Ich habe mir was erhofft. Dachte du bist gekommen, weil du Jemanden suchst der dich versteht und du? Kommst hierhin, wühlst alles auf und verschwindest wieder.> Wut stieg in ihm auf. Seine Adern pochten. Er begann zu schreien < Mir kannst du gestohlen bleiben. Niemand denkt an dich und niemand wird es tun. Alle haben dich vergessen oder schon längst abgeschrieben und das ist auch gut so.> Die Worte brachten mich aus der Bahn. Sie verletzten mich. Zerrissen mein neues Selbstbewusstsein und mein neu aufgebautes Selbstwertgefühl. Ich wollte ihn anbrüllen, ihm sagen er sei nichts besseres, doch ich litt lieber im Stillen. Ich schaute ihn verachtend an und wollte gerade gehen. Als es ganz schnell geschah. Ich hörte etwas, ich weiß nicht wieso, aber dieses Geräusch kam mir bekannt vor. Wie ein Knall. Ich sah diese Farbe Rot, nein Blut, spritzen, wie aus einem Rasensprenger. Nick kippte um. Wie ein gefallener Baum. Er rührte sich nicht. Zuckte paar Mal auf, doch er war mehr Tod als lebendig, dies wusste ich, woher, war mir unverständlich.
Denn es war ein glatter Kopfschuss, bestimmt von einem Profi. Ich reagierte blitzschnell, folgte mit dem Kopf in Richtung Schuss. Und blickte auf das Dach, wo auch damals der Mörder gestanden hatte. Was ich sah, schnürte mir die Kehle zu. Meine Beine knickten ein und Tränen der Trauer und des Hasses rannen über meine Wangen. Auf dem Dach stand der Mörder, mit derselben Haltung, anscheinend derselben Waffe und denselben Augen. Doch eines war anders. Diese Kleinigkeit warf mich aus meinen Bannen. Mein Leben schien von einem Moment auf den anderen Belanglos, ich fühlte mich einfach falsch, unwichtig und wollte sterben. Denn der Mann der da oben stand, war meine große Liebe Adrian. Genau mit demselben Blick und diesmal ohne Gesichtsbedeckung, wie schon vor Jahren zuvor.


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Lektorat: Kritik wird dankbar angenommen. Und gerne angesehen. Kommentieren dürft ihr auch. Und hiermit möchte ich mich noch viel Mals für alle Rechtschreibfehler entschuldigen.
Tag der Veröffentlichung: 26.06.2012

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