Cover

Prolog


Wie kann es etwas geben, das so schön ist,dass es einem glatt das Herz zerreißt.
Etwas, was so faszinierend ist, das es wiederrum abschreckend wirkt.
Das einen in seinen Bann zieht indem es einem nur in die Augen schaut.
Dessen Berührung einen erschauern lässt.
Ein Wesen das schon seit Jahrhunderten bekannt ist und vor dem sich Millionen fürchteten.
Wie konnte so ein Wesen mir bloß so einen dummen Spitznamen verpassen?


Abschied


Ich war wie in Trance.
Wie hypnotisiert schaute ich auf mein Blatt und ließ meinen Stift darüber gleiten. Ich wusste nicht genau, was ich da zeichnete. Es überkam mich einfach. So zeichnete ich mit leerem Blick, etwas, das überhaupt keinen Sinn zu haben schien.
Nach einiger Zeit konnte man zwei Augen erkennen. Keins glich dem anderem.
Das eine, war offen, groß, freundlich und hatte eine schöne Form.
Das andere dagegen, war länger, die Enden waren spitzer, und es sah einfach furchteinflößend aus.
Während ich die Augen betrachtete, entglitt ich langsam wieder in einer Art Trance und musste an den Traum denken, der mir letzte Nacht den Schlaf geraubt hatte.
Es waren nur zwei Augen. Ein Augenpaar.
Zwei strahlend grüne Augen starrten mich aus der Dunkelheit an.
Sie zogen mich magisch an. Sie zogen mich in eine Art Bann.
Ich fühlte mich, als könnte ich mich nicht wiedersetzen. Und je mehr ich versuchte aus dem Bann zu fliehen, desto strahlender und anziehender wurden die Augen.
Ich wurde immer weiter und weiter hineingezogen. Die Blicke dieser zwei Augen umhüllten mich, hielten mich fest wie ein feines, festes Band. Ich hatte das Gefühl alle meine Sinne zu verlieren. All meine Willenskraft. Ich hatte das Gefühl, dass ich nicht mal mehr atmen konnte.
Doch das war nicht das erste Mal, dass ich von diesen Augen geträumt hatte. Es kam in letzter Zeit öfter vor, naja, es fing erst an als ich erfuhr, dass wir bald umziehen würden. Doch ich hatte es niemanden erzählt. Ich hatte auch schon so genug Probleme mit dem ganzem Umzug, da würde es nicht viel helfen, wenn sie mich für verrückt hielten. Doch diese Augen hatten etwas magisches an sich, doch ich kam nicht drauf was...
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen als jemand meine Schulter packte. Ich zog schnell die Luft ein, denn der Gedanke an diese Augen hatte mir mal wieder den Atem geraubt.
„Samantha“,sagte meine Lehrerin mir „Samantha, ich wollte dir noch einmal viel Glück wünschen und das du schnell viele neue Freunde finden wirst. Wir werden dich alle vermissen“, sagte sie mit weicher Stimme. Ihr ging das genau so nahe wie mir, denn ich kannte sie nun immerhin seit schon fast 4 Jahren. „Du solltest jetzt lieber deine Sachen packen“, ich hatte gar nicht bemerkt, das ich als letzte im Zimmer saß. Ich sah mich nochmal genauer um. Sind meine Freunde etwa gegangen ohne sich zu verabschieden? Obwohl ich heute noch das Land verlassen würde? Doch meine Lehrerin sah mein Gesicht und fügte schnell hinzu „Sie haben etwas für dich vorbereitet. Lass sie nicht warten“ Nachdem ich meine Sachen gepackt hatte, gab es noch schnell eine Umarmung von ihr. Langsam bewegte ich mich zur Tür, blieb jedoch an der Schwelle stehen, drehte mich um und sah mir den Raum zum allerletzten Mal an.
Der Flur sah aus wie immer. Die Wände rot, die Türen blau. Ich musste zugeben, es sah aus wie in einem Kindergarten aber das machte eben den Charme der Senktchowa-Schule aus. Ich konnte mich noch genau an meinen ersten Tag an dieser Schule erinnern. Ich kam in die fünfte Klasse, es war Herbst und meine Mutter begleitete mich wie jede andere Mutter eines Fünftklässlers natürlich.
Wie ich an der ca. 2 Meter hohen Mauer entlang lief und mich kurz darauf vor Lachen kaum auf den Beinen halten konnte weil meiner Mutter eine Kastanie samt stachliger Umhüllung auf ihren Kopf fiel. Ich freute mich an dem Tag all meine Freunde wieder zu sehen, da alle in den Ferien weg fuhren. Doch diesmal war ich die die weg fuhr, und zwar für eine sehr lange Zeit.
Doch sofort hörte ich mit diesen Gedanken auf. Ich wollte nicht an die alte Zeit denken. Sie machten mich nur noch trauriger und ich weiß nicht wie lang es noch bis zu den ersten Tränen dauerte. Ich war ziemlich nah am Wasser gebaut, konnte aber meine Gefühle kaum jemanden zeigen. Bis jetzt habe ich sie auch niemanden gezeigt. Nicht mal meiner besten Freundin Olga. Ich kannte sie seit der zweiten Klasse. Wir hatten in den Pausen immer miteinander gespielt. Ab der dritten Klasse saßen wir immer nebeneinander. Wir hatten viel gemeinsam, sie hatte lange schwarze Haare genau wie ich , sie hatte auch ein rundes Gesicht, sie hatte genau wie ich ein paar Kilo zu viel auf den Rippen aber das war uns egal. Wir mochten uns so wie wir waren. Es gab selten Streit. Um ehrlich zu sein, gab es nur einen Streit überhaupt und an den Grund konnte ich mich nicht mal mehr erinnern. Doch im Laufe der Jahre änderte sich ziemlich viel. Sie behielt ihre langen Schwarzen Haare, hatte immer noch ein rundes Gesicht obwohl sie ziemlich abgenommen hatte. Sie wurde richtig schlank. Im Gegensatz zu mir. Meine Haare färbten sich von schwarz auf dunkelbraun mit ein paar hellen Strähnen. Sie waren auch lang doch in letzter Zeit hatte ich oft das Verlangen sie mir einfach abzuschneiden. Mein Gesicht war immer noch rund, doch ich war nicht gerade die Dünnste. Doch eigentlich war ich immer noch zufrieden. Ich hatte zwar keine Größe 36 doch eigentlich war ich nicht so versessen drauf mich zu ändern. Ich war mit 42 zufrieden und wem das nicht passte, hatte eben Pech. Es hinderte mich auch kaum daran Freunde zu finden (obwohl ich ziemlich, sogar sehr schüchtern war). Ich hatte viele Freunde, die meisten weiblich doch es gab auch männliche. Ich hatte auch schon einen Freund. Doch es war nach zwei Monaten auch wieder zu Ende. Wir passten einfach nicht zusammen. Doch egal wie sehr wir uns verändert hatten, wir waren immer noch die besten Freunde.Ich war mir so sicher, dass wir ewig zusammen bleiben würden, doch jetzt musste ich umziehen, nach Schottland. Der Gedanke daran brachte mich den Tränen wieder ein Stück näher. Egal. Ich musste mich jetzt verabschieden. Als ich die Ausgangstür erreicht hatte, blieb ich für einen Moment stehen und atmete zwei Mal tief ein und aus. Als ich die Tür aufschlug konnte ich auch schon all meine Freunde sehen. Ich bekam einen Kloß im Hals der so groß war, dass ich schon das Gefühl bekam keine Luft mehr zu kriegen. Sie waren alle da. Alle Gesichter. Sogar von denen die die Schule schon verlassen hatten. Ein paar von ihnen lachten, ein paar schauten einfach nur traurig auf den Boden. Ich hätte nie gedacht, wie sehr sie mich vermissen würden. Ich konnte mich kaum rühren.
„Sam!“, rief Olga und stürzte sich mir um den Hals.“Oh Sam!Ich kann es immer noch nicht glauben!“ Ich hörte wie sie schluchzte.Und ich hielt meine Tränen zurück weil ich mal wieder zu stolz war, um meine Gefühle zu zeigen. „Ja Olga, ich auch nicht“ Diesmal ließ sie mich los und sah mir ins Gesicht und lachte leicht. „So kenn ich dich.Meine stolze Sam“, sagte sie lachend unter den Tränen, doch dann packte sie meine Hand und zog mich langsam aber bestimmt zu meinen Freunden. Als ich stehen blieb, konnte ich mir vor Umarmungen kaum retten. Die meisten weinten nicht, sondern lächelten nur schwach. Dann kam Olga mit drei Paketen auf mich zu und gab sie mir. „Wir alle haben dir etwas schenken wollen, damit du uns nie vergisst.“, jetzt fingen auch die anderen an zu schluchzen. „Mach bitte das hier auf!Die anderen bitte erst im Flugzeug!“ Ich nahm das oberste Paket und gab Olga die anderen zwei. Ich machte das Geschenk fast in Lichtgeschwindigkeit auf, denn egal in welcher Stimmung ich war liebte ich Geschenke. Nachdem ich das ganze Papier auf dem Boden verteilt hatte, kamen mir jetzt doch die Tränen. Sie hatten mir ein Fotoalbum geschenkt. Ich schlug es mit zitternden Händen auf. Klassenfotos, Fotos von Schulausflügen, Privatfotos. Wären die Schul- und- Ausflugfotos nicht da gewesen, wäre das Album nach wahrscheinlich fünf Seiten schon zu Ende. Ich hasste Fotos von mir doch diesmal war es mir egal. Wow, wie viele Erinnerungen solche Fotos mit sich bringen. Da war alles. Von der zweiten Klasse angefangen bis jetzt. Ich schaffte nicht mehr als ein zittriges „Danke“ auszustoßen.
Wir hatten gar nicht bemerkt, dass wir schon fast eine Stunde vor der Schule standen. Jetzt mussten sich unsere Wege doch leider trennen.


Heute nahm ich mir extra viel Zeit für den Nachhauseweg. Ich wollte noch mal einen letzten Blick von der Stadt in der ich aufgewachsen bin nehmen. Dann war ich auch schon zu Hause.
Und sofort kam auch schon meine Mutter aus der Küche.
„Hallo Sam, wir müssen in einer Stunde los. Bitte mach dich fertig!“ Wir wohnten in einer riesen Stadt verdammt nochmal! Konnte sie keinen Flug am Abend nehmen? Mein Vater hätte uns niemals einen Flug gebucht der so früh abging. Nur eine Stunde um sich auf einen stundenlangen Flug fertig zu machen. O ja. Mein Vater. Er ist vor zwei Monaten gestorben. Es war ein ziemlicher Schock für uns. Es kam mir vor, als würde meine Welt zusammenbrechen. Er war derjenige, der mich immer unterstützt hat, mir immer Geld gab wenn meine Mutter mal schlecht drauf war und mir nichts geben wollte, mich zu allen Sachen begleitete wenn ich mich nicht allein hintraute. Der Mann der mir das Fahrradfahren beibrachte. Der mich vor Schulschlägern schützte. Ja, der Mann war jetzt tot.
Noch nie hatte ich mich so allein gefühlt. Es war ja nicht so, dass ich meine Mutter nicht liebte und ihr vertraute aber es war was ganz anderes. Wir liebten uns gegenseitig und konnten nicht mit ansehen wenn eine von uns niedergeschlagen war. Doch bei meinem Vater hatte ich immer das Gefühl, dass er auf mich, uns aufpasste.
Doch das war ein für allemal vorbei. Ich versuchte es zu verdrängen und es klappte auch teilweise. Doch manchmal, wenn es still war, kamen wieder die Erinnerungen. Doch meiner Mutter ging's noch dreckiger. Das war auch der Grund weshalb ich mich nicht wehrte umzuziehen. Sie litt obwohl sie versuchte es mir nicht zu zeigen aber meine Mutter zeigte im Gegensatz zu mir ihre Gefühle ganz offen. Das war auch gut so.
„Sam!“, ich schreckte auf. „Ja?“ Und diesmal sah ich ihr ins Gesicht. Sie hatte ein schönes Gesicht. Rund natürlich. Sie war auch nicht die Dünnste aber sie war einer der letzten auf diesem Planeten der es etwas ausmachen würde. Sie lachte wieder was mich wiederum zum grinsen brachte.
„Sam geh bitte duschen, mach dir die Haare, zieh dich an und schmink dich!“ sagte sie während sie noch mal alle Fenster und Türen überprüfte.
„Nein weißt du ich wollte im Schlafanzug hingehen“ Der Sarkasmus musste einfach sein. Ohne ihn wäre ich einfach nicht ich.
Also ging ich ein bisschen hastig ins Bad und stellte mich unter die Dusche. Es dauerte nur 15 Minuten. Dann zog ich mich an, föhnte mich, schminkte mich. Das dauerte wiederum 30 Minuten. Also nahm ich mir schnell mein Glätteisen und machte mir ein paar kleine Locken ins Haar. Aber nur ein paar Strähnen. Würde ich das ganze Haar machen würde ich in zwei Stunden noch da stehen. So nahm ich alle meine Sachen stopfte sie in einen Koffer und das war's. Wir fuhren zum Flughafen.


Ich konnte es nicht glauben. Ich saß im Flugzeug. Seit schon ca. zwei Stunden. Ich schaute aus dem Fenster mit einem leerem Kopf. Ich weiß nicht über was ich nachdenken sollte. Es war wie ein Computer, dessen Dateien allesamt gelöscht wurden und er jetzt verzweifelt versuchte den Terminkalender für nächste Woche zu finden. Doch es gab nichts zu finden, weil alle anderen Sachen unwiederruflich gelöscht wurden. „Was sind das eigentlich für Pakete?“,fragte meine Mutter mich leise um mich abzulenken. Ach ja, die Geschenke. „Das sind Geschenke von Olga und den anderen Mom. Sie sagte ich soll es erst im Flugzeug aufmachen.“ „Dann mach doch!Ich will sehen was sie dir geschenkt haben“ Ich stand auf und holte die Pakete runter die neben meinem Handgepäck lagen. Diesmal machte ich das Geschenk langsam auf. Es waren ein Spiralblock und ein Stifteset mit allen Arten von Stiften. Aquarellstifte, Kohlestifte, Filzstifte, Radiergummis, Papierwischer usw.
Wow, dafür mussten sie wirklich viel Geld ausgeben. Ich hatte nämlich genau dieses Set meinen Freunden gezeigt als wir in einem Geschäft für Schreibwaren waren. Mir kamen wieder die Tränen. Sie wussten genau wie sehr ich es liebte zu zeichnen.



Neuanfang


Es war komisch. Die Leute hier im Flughafen sahen nicht anders aus als die im anderem. Doch ich fühlte mich hier ganz und gar nicht wohl. Nicht wegen der fremden Sprache. Nein. Ich sprach perfekt englisch. Darauf hatten meine Eltern schon immer viel Wert gelegt. Doch ich wusste, dass ich hier keinen kannte. Und in meinem neuen Zuhause würde es nicht anders sein. Ich wusste nichts über die Stadt in der wir leben würden. Außer, das es gar keine richtige Stadt war sondern schon fast ein Dorf. Kennwood. Also ich fand, dass die Stadt mehr nach einer Fernsehserie klang als nach einer Stadt aber was wusste ich schon.
Es dauerte zwei Stunden bis wir endlich aus dem Flughafen draußen waren. Mein Gott ich hasste diese Sicherheitsuntersuchungen. Ich blieb am Eingang stehen und wartete auf meine Mutter die gerade drei Koffer hinter sich mitschleifte. Also stand ich da mit dem Handgepäck, den Geschenken in der Tasche und mit meinem leeren Kopf. Es regnete leicht. Ob das üblich war? Naja eigentlich war es mir egal. Ich mochte beides. Regen und Sonne. Und besonders den Schnee.
Wenn es stark geschneit hat bin ich mit meinem Dad immer raus gegangen um in den frischen Schnee zu treten. Wir beide liebten das Geräusch von frischem Schnee. Es war herrlich. Ob es hier auch so schneien würde?
„Sam!Die Taschen sind viel zu schwer für dich!Gib sie mir!“ Ach mütterliche Fürsorge. Das wohl nervigste auf der Welt. „Nein, ich schaff das schon.“, sagte ich und ging ein Stück von ihr weg weil sie versuchte mir die Taschen abzunehmen. „Samantha!Ich will nicht, dass du später Rückenschmerzen kriegst!“ Gott, immer das Selbe. „Nein Mom! Du hast eh schon totale Rückenprobleme!Ich bin nicht so schwach wie ich aussehe!“ Damit gab sie auf. Ich konnte wenn ich wollte auch stur sein und das wusste sie. Tief einatmen. Ich schaffe das. So schlimm wird das nicht. Obwohl, was wenn mich meine neuen Mitschüler gar nicht mögen? Was, wenn ich gehänselt werde und langsam aber sichtlich zum emotionalen Krüppel werde und mich nie wieder aus dem Haus traue? Was ist, wenn...nein STOP!
Wieder musste ich tief einatmen.
„Oh Sam, du wirst unser neues Zuhause einfach lieben! Es ist groß, hell, die Zimmer sind auch schon eingerichtet und du bekommst sogar dein eigenes Badezimmer! Ist das nicht toll?“, fragte meine Mutter mich aufgeregt. Dann sah sie meine Miene und hielt sich zurück. „Sam, ich weiß, es ist schwer aber-“ „Wie kommen wir jetzt zu unserem neuem tollem Haus?“, unterbrach ich sie jetzt schnell. Ich konnte einfach nicht über das reden. Mit niemanden. „Nehmen wir ein Taxi oder wie?“
„Ja, es wird bald kommen“ „Wann hast du es denn bestellt?“ Ich hatte nicht bemerkt, wie sie jemanden angerufen haben soll. „Vor fünf Minuten“, sagte sie angespannt und betrachtete mich mit einem traurigem Blick und schaute wieder auf ihre Tasche um etwas raus zu holen. Natürlich schaute sie in ihren Geldbeutel um zu schauen wie viel Geld wir noch hatten. Es reichte locker um einen ganzen Monat davon zu leben. Ich hatte nie gewusst, warum meine Eltern so viel Geld hatten, denn wirklich alt waren sie nicht und meine Familie bestand nur aus meinem Vater, naja er würde immer zu Familie gehören, meiner Mutter und mir. Und soweit ich weiß, gab es da auch nie ein Erbe oder so. Sie waren einfach reich. Nicht zu reich, aber man konnte sich was leisten. Und plötzlich ging meine Mutter an mir vorbei und packte die Koffer in den Kofferraum des Taxi's. Sie schaute mich an, als müsste sie aufpassen, dass ich nicht gleich umkippe. Dann kam sie auf mich zu nahm mir die Taschen weg und legte sie zu den anderen Koffern. „Was stehst du noch so da? Komm steig ein! Das wird eine lange Fahrt!“ Ich stieg langsam ein. Mit dem Körper doch mein Bewusstsein starrte an einen Punkt in der Ferne, zwischen den ganzen Menschenmengen. Irgendetwas war da. Als ich endlich im Taxi saß, schaute meine Mutter mir ins Gesicht, seufzte und gab dem Fahrer die Adresse.


Sie hatte recht. Es war ein lange Fahrt. Vier Stunden um genau zu sein. Ich wollte nicht wissen, wie viel der Fahrer von ihr verlangte.
Es war schon dunkel und ich war fertig. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten. Und die warme Luft machte mich nur noch müder.
„Mom ich will schlafen!“, wenn ich müde war konnte ich leicht zickig werden. Sie kam sofort mit unseren Koffer zu mir und ging dann locker an mir vorbei. Ich hörte noch wie sie die Schlüssel raus holte und dann knarrte die Tür. Und wir traten ein.
Es war himmlisch! Die Müdigkeit war wie weggeblasen! Meine Mutter hatte recht, es war wunderschön! Nachdem sie das Licht anmachte konnte ich alles sehen. Die großen Fenster im Wohnzimmer waren fantastisch! Und der dunkle Boden gab einen tollen Kontrast mit der hellbraunen Wand. Es gab sogar eine kleine Sitzbank vor dem Fenster am linken Rand von dem man in den Garten schauen konnte der auch sagenhaft war. Viele Blumen, grünes Gras und viel, viel Platz, naja soweit ich es in der Dunkelheit sehen konnte. Ich rannte in die Küche. Das war mein Lieblingsort. Dort war es immer warm und man fühlte sich einfach geborgen. Ob das komisch ist? Bestimmt! Aber ich konnte jetzt nicht mehr daran denken, als ich die Küche betrat. Der Boden war alt, er knarrte unter meinen Füßen. Die Küche an sich war sehr altmodisch. Und ich liebte das. Die Wände waren in einem zartem Pfirsichton und die Theken waren weiß. Es gab keinen Elektroherd sondern nur einen einfachen Gasherd. Man die Dinger machten mir ein bisschen Angst aber ich würde das bestimmt hinkriegen. Mittlerweile kam auch meine Mutter grinsend zu mir in die Küche und schaute mir ins Gesicht. Ich konnte nicht anders als sie anzulachen. Ich konnte einfach nicht mehr warten und es platzte einfach aus mir raus „Wo ist mein Zimmer!?“ „Oben, das erste Zimmer links. Ich ging an ihrem grinsenden Gesicht vorbei und raste die Treppe hinauf, bog nach links ab und rieß die Tür auf.
Wow. Das war alles was mir in den Kopf kam. Wow.
Der Boden war sehr hell! Ein richtig schönes Hellbraun! Und die Wände waren blau. Ein sehr leichtes Blau. Es sah so aus, als wär die Farbe aus dem Himmel gezogen worden und einfach noch ein großer Schuss Weiß hinzugefügt worden. Und es war- klein?Nicht zu klein natürlich. Es war ein normales Zimmer. Das war nicht so schlimm. Ich mochte große Zimmer eh nicht. Ich hatte nicht so viel Zeugs das in meinem Zimmer sein konnte. Ich fühlte mich in kleinen Zimmern wohl. Große Zimmer gaben mir immer ein Gefühl der Leere, als würde etwas fehlen. Und wieder musste ich daran denken, wie ich heute vor dem Flughafen auf einem Punkt gestarrt hatte, den ich gar nicht erkennen konnte. Ich schüttelte meinen Kopf als ob ich damit den Gedanken rausschmeißen konnte.
Und dann sah ich endlich mal auf das riesengroße weiße Bett. Es war groß. Doppelt so groß wie mein altes Bett. Und es war auch altmodisch. Die Decke war ebenfalls von dem gleichem Blau wie die Wände. Ich konnte nicht anders. Ich musste mich hineinlegen. Und kaum lag ich im Bett, schlossen sich meine Augen.
Schon wieder war ich am Flughafen. Und schon wieder starrte ich in die Ferne. Als würde ich etwas in der Menschenmasse sehen. Als würde ich nur noch warten, dass es auf mich zukommt. Als würde da etwas sein, auf das ich warten würde.
Plötzlich riss ich meine Augen auf und merkte, dass es nur ein Traum war. Und dann rannte ich hinunter in die Küche. Ich hatte solch einen Durst. Es brannte förmlich in meinem Hals. Als ich in der Küche angekommen war, riss ich die Schränke auf und suchte verzweifelt nach etwas zum trinken. Nichts. Nicht mal ein Glas, verdammt, das ganze Geschirr kommt erst morgen Mittag. Also drehte ich das Wasser auf, legte meinen Kopf schräg und trank das Wasser aus dem Wasserhahn.
Nachdem ich meinen Durst gelöscht hatte, lehnte ich meinen Kopf gegen die Wand. Ich hatte plötzlich solche Kopfschmerzen.
Ich ging wieder in mein Zimmer und legte mich wieder ins Bett. Es dauerte keine zehn Sekunden bis ich wieder schlief.
„Sam!Sam!“, hörte ich eine Stimme. Ich öffnete die Augen und erschrak, als ich das Gesicht meiner Mutter sah das nur fünf Zentimeter von meinem entfernt war.
„Oh du bist wach!Trifft sich gut! Ich wollte gerade ein paar Freunde besuchen! Kommst du mit? Sie würden sich sehr freuen die endlich kennen zu lernen“ Ich starrte sie irritiert an. War das ihr Ernst? Und seit wann hatte sie Freunde hier? „Freunde?“, fragte ich noch wie eine gestörte. „Ja..“ sie rang mit sich „es sind sehr alte Freude deines Vaters“ „Mom, wir sind gestern erst hergezogen, ich glaub nicht, dass ich jetzt Lust hätte, irgendwelche Fremde zu besuchen“ „Aber sie hat eine Tochter in deinem Alter! Du wirst sie lieben!“, versuchte sie mich zu überreden. Als Antwort zog ich mir einfach die Decke über den Kopf. Es war noch viel zu früh. Doch meine Mutter ging einfach raus und rief noch „Ich bin da, sobald unsere Möbel kommen!“
Ach das wird heute ein langweiliger Tag. Und schlafen konnte ich jetzt auch nicht mehr. Ich stieg seufzend aus dem Bett und ging unter die Dusche. Nachdem ich mir die Haare geföhnt hatte zog ich mir meinem Lieblingsjeans an, die wie angegossen saß, und eine hellblaue Bluse. Ich schminkte mich noch schnell, zog meine Schuhe an und verließ das Haus. Ich würde bis zum Mittag wieder da sein. Ich musste mich ja in der Stadt auskennen und darum entschied ich mich einfach mal raus zu gehen.
Es war ein schön warmer Tag. Nicht zu heiß und nicht zu kalt. Die Luft war ziemlich trocken aber es fühlte sich einfach gut an und die Luft roch hier so schön sauber. Also verließ ich schnell den Vorgarten und lief die Straße entlang. Es war ruhig, denn unser Haus lag ziemlich abgelegen. Nach zwanzig Minuten hatte ich schon befürchtet, dass hier niemand mehr wohnte oder ich mich einfach verlaufen hatte was bei meinem Koordinationsvermögen nicht allzu überraschend gewesen wäre, als ich plötzlich wieder ein paar Häuser sah. Sie sahen nicht so alt aus wie unseres, aber zugegeben, es war eine schöne Gegend. So schön ruhig. Naja, ich hätte aber meine Freunde doch lieber hier. Mit einem seufzen setzte ich mich auf eine naheliegende Bank und musste an sie denken. Sollte ich sie anrufen? Nein, dafür war es zu früh. Ich wollte nicht wieder Trübsal blasen. Ich vermisste sie ja so. Als ich dann wieder nach Hause laufen wollte, sah ich ein Haus. Ein sehr, sehr großes Haus. Es lag auch ziemlich abgelegen und ich konnte es nur erkennen, weil es auf einem kleinem Berg lag. Wie benebelt beobachtete ich die bröckelige Fassade und lief darauf zu. Doch ich stoppte meinen Schritt, als ich merkte, dass ich schon im Wald war. Und ich hasste Wälder. Sie waren gruselig. Man wusste nie was auf einen wartete. Also ging ich wieder schnell aus dem Wald denn ich fühlte mich beobachtet. Als ich dann endlich wieder auf dem Asphalt war, stoppte ich. Auf der anderen Seite der Straße beobachte mich jemand. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm loslassen. Er war wunderschön. Nein, das war nicht mal ein Ausdruck dafür. Er war die Definition des Wortes Perfekt

. Er hatte stechend grüne Augen. Sie waren Dunkelgrün und seine Pupille war von einem leichtem Orange umrandet, dass sie an machen Stellen der Iris weiterverbreitete. Doch obwohl er im Schatten stand, und ich mir sicher war, dass er keinen Sonnenstrahl ins Auge bekam, leuchteten seine Augen einen so intensiven Farbton aus, als würde er direkt ins Licht sehen.. Doch er sah mich an. Und zwar ziemlich komisch. Es war kein wütender Blick, kein freundlicher. Er sah mich einfach an, als wäre sein Geist ganz wo anders. Seine perfekten, vollen Lippen zogen sich ganz leicht, kaum merkbar nach unten. Doch ich konnte mich auf nichts anderes konzentrieren als auf seine Augen die von langen,dichten,schwarzen Wimpern umgeben waren. Ich konnte einfach nicht wegschauen. Ihm schien es genau so zu gehen. Wir beide standen einfach da. Bis meine Beine einen Schritt nach vorne machten ohne das ich ihn aus den Augen ließ. Ich kam ihm immer näher,bis ich tollpatschig wie ich war, stolperte und seinen Blick verlor. Ich landete ziemlich unweich. In diesem Moment wollte ich einfach nur im Erdboden versinken. Das sowas immer nur mir passieren musste! Doch als ich aufblickte, war er weg.


Schule




Was? Wo ist er hin? Er kann doch nicht einfach so verschwunden sein!
Mein Blick wanderte durch die leere Straße aber nirgends war eine Spur von ihm. Hatte ich ihn mir nur eingebildet? Nein, das konnte nicht sein. So etwas schönes, perfektes konnte ich mir nicht einbilden. Wahrscheinlich war er einfach nur schnell. Sehr schnell. Langsam fing auch wieder mein Verstand an zu arbeiten. Erst jetzt merkte ich, dass ich immer noch auf dem Boden kniete und dann spürte ich auch schon ein brennen. Es war bestimmt aufgeschürft.
Also richtete ich mich auf und senkte meinen Blick, nachdem ich halbwegs sicher auf meinen Beinen stand, nach unten und erschrak. In meiner Jeans war ein riesiges Loch! Und es war ein bisschen mit Blut verschmiert. Ich wollte nicht wissen, wie es unter dem festen Stoff aussah aber es musste sein. Also zog ich das Hosenbein hoch und erschrak. Es war keine Wunde zu sehen. Die Stelle war nur ein bisschen gerötet. Als hätte man andauernd die selbe Stelle gekratzt. Wirklich seltsam.


Der Tag heute war wirklich anstrengend. Ich war vor meiner Mutter wieder daheim. Und leider war sie nicht pünktlich gekommen, was mich nicht allzu sonderlich überrascht hatte. Sie kam immer zu spät. Und deswegen musste ich mit dem Haufen Kartons alleine zurecht kommen. Nachdem ich zwei Stunden lang versucht hatte unsere Sachen zu ordnen, kam auch endlich meine Mutter wieder nach Hause die sich mit einem „Ich habe die Zeit vergessen! Tut mir Leid, Schätzchen!“ entschuldigt hatte. Von den dutzenden Kartons die jetzt im Wohnzimmer lagen, brachte ich nur zwei in mein Zimmer. Es waren hauptsächlich meine Bilder, Schulsachen und Bücher. Hmm, ich muss zugeben, bevor wir umgezogen sind habe ich mehr als die Hälfte meiner Sachen verschenkt oder in den Müll geworfen. Ich brauchte die Sachen nicht aber ich hatte nie Lust sie zu entsorgen. Doch jetzt hatte ich es endlich geschafft und mein Zimmer war sauber eingeräumt. „Der Zustand wird bestimmt nicht lange halten“, schallte es durch meinen Kopf während ich meine Bücher betrachtete, die nach der Größe und den jeweiligen Bändern geordnet waren. So alles war fertig. Okay, ich war definitiv KO. Ich schaffte es grad noch aufs Bett auf dem ich einschlief.

Dunkelheit umgab mich. Alles war in tiefes Schwarz getaucht. Doch ich konnte trotzdem die Person vor mir glasklar erkennen. Der Junge von heute Mittag. Ich musste schon den ganzen Tag an ihn denken und jetzt träumte ich noch von ihm. Das bedeutet bestimmt nichts Gutes. Aber in diesem Moment war es mir eigentlich ziemlich egal. Er war wunderschön. Seine leuchtend grünen Augen mit dem Farbtupfern, seine vollen, blassen Lippen, seine schönes, markantes Gesicht auf das jedes Model eifersüchtig gewesen wäre, raubten mir die Sinne. Seine zerzausten, braunen Haaren stachen einem sofort ins Auge. Sie standen in allen Himmelsrichtungen ab, es würde mich nicht wundern wenn er Stunden vor dem Spiegel gestanden hätte um sich zu frisieren. Doch das, was mich am meisten anzog, war die Wärme die ihn umgab. Er strahlte eine so unnatürliche Anziehung aus, dass es schon gruselig war.
Langsam bewegte er sich auf mich zu, packte meine Hand und sah mir in die Augen. Mir bliebe die Luft weg. Sein Blick bohrte sich in meinen.

Schweißgebadet schreckte ich aus meinem Schlaf. Was war bloß los mit mir? Meeein Gott, Ich kannte ihn nicht mal und träumte schon davon wie er mit mir Händchen hielt.


Es war soweit. Es war Montag und ich musste in die Schule. Und jedes Mal wenn ich daran dachte, blieb mir fast das Herz stehen vor Aufregung. Kaum hatte ich meine Schuhe gefunden musste ich schon aus dem Haus sprinten. Meine Mutter wollte mich eigentlich zur Schule fahren aber ich wollte heute so unauffällig wie möglich bleiben und nicht mitten im Schulhof aus einem Fabrikneuem Mercedes steigen. Ich rannte und rannte was nicht einer meiner Stärken war. Letzten Endes hatte ich die Schule erreicht und bereitete mich mental darauf vor, in meine neue Klasse zu gehen. „Okay, geh einfach rein! Die werden dich schon nicht beißen!“, versuchte ich mich selbst zu ermutigen. Mit kurzen, hastigen Schritten betrat ich die Klasse und steuerte die Lehrerin an bis ich abrupt stehen blieb und in ein paar dunkelblauer Augen blickte, über denen ein dunkler Lila Schatten lag. Die Augen des wunderschönen Mädchens waren so dunkel, dass sie nur ein paar Nuancen von Schwarz trennten. Sie erinnerte mich wieder an den Jungen. Okay es nervt mich gewaltig, dass ich seinen Namen nicht kenne! Ab sofort werde ich ihn „Grünauge“ nennen! Sie war genau so blass und wunderschön wie Grünauge. Ihre langen, tiefschwarzen Haare hingen ihr locker über die Schulter. Ihr Blick musterte mich erst überrascht, dann bekam sie den selben Blick wie er damals. Ich betete dafür, dass ich nicht wieder stolperte. Zu meiner Überraschung wurde ihr Blick erfreut. Verdutzt ging ich weiter.
„Hallo, ich bin Samantha Alchow“ „Oh hallo! Du kannst dich gleich vorstellen such dir bitte einen Platz!“ Etwas Unsicher schaute ich durch die Reihen. Alle starrten mich an. Langsam trat ich auf die Tische zu und suchte einen guten Platz. Mehrere Leute baten mich zu sich als würde ich sie schon seit Ewigkeiten kennen. „Samantha! Komm setz dich zu mir!“, sagte das blasse Mädchen mit dem dunklen Augen zu mir. Sie kannte meinen Namen? „Ich kenne deine Mutter! Du siehst ihr so ähnlich!“ Sie packte meine Hand und zog mich zu ihren Platz wobei ich fast stolperte. Mit einem atemberaubendem Lächeln ließ sie sich auf ihren Stuhl gleiten was bei ihr wie ein eingeübter Tanz aussah. Während sie ihre Sachen auspackte und ich mich auf meinen Stuhl setzte, erklärte sie mir wo alle Fächer waren die wir hatten.
In den nächsten drei Stunden redeten wir ununterbrochen. Unsere Lehrerin Ms.McClare interessierte sich mehr für den dreißig Jährigen Krieg als für uns. Ich erfuhr so einiges über sie. Ihre Name war Kim, sie war mit ihren 1.64m nur zwei Zentimeter größer als ich. Wir hatten die gleichen Hobbys und hörten die gleiche Musik. Wir hatten sogar den gleichen Lieblingssong. Sie hatte einen großen Bruder namens Aidan und lebte mit ihm und ihren Eltern in dem Haus das ich letztens von der Straße aus beobachtet hatte. Was man aber bei ihr gleich merkte war, das sie ein großes Temperament hatte und man aufpassen sollte was man sagt. Doch das was mich am meisten faszinierte war, dass sie die gleiche Anziehung umgab wie bei ihm, Grünauge.

Impressum

Texte: Alle Personen, Städte, Straßen ect. sind frei erfunden!
Tag der Veröffentlichung: 20.02.2010

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch widme ich meiner besten Freundin Kim. Die mir auch bei meinen Fehlern half und die mich manchmal auch inspirierte obwohl sie das bestimmt nicht mal mitbekommen hat.

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